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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend den Erlass eines Bundesbeschlusses über die Gewährung einer ausserordentlichen Subvention an die anerkannten Krankenkassen.

(Vom 21. März 1927.)

I.

Durch Bundesbeschluss vom 21. Dezember 1923 wurde den anerkannten Krankenkassen eine einmalige ausserordentliche Subvention des Bundes im Gesamtbetrage von drei Millionen Franken gewahrt, die zu gleichen Teilen in den Jahren 1924, 1925 und 1926 ausgerichtet worden ist.

Zweck dieses ausserordentlichen Bundesbeitrages war, einer Revision des Bundesgesetzes über die Kranken- und Unfallversicherung unvorgreiflich, den Kassen die Anpassung an die gesteigerten finanziellen Anforderungen der Versicherung zu erleichtern und ihnen insbesondere zu helfen, Rückschläge in Einnahmen und Vermögen infolge der vorangegangenen Wirtschaftskrise auszugleichen. Daher wurden die Vollziehungeinstanzen im Bundesbeschlusse ermächtigt, die Ausrichtung des Beitrages an eine Kasse von eigenen Sanierungsmassnahmen der Kasse abhängig zu machen, über die Verwendung der Subvention Weisungen zu erteilen und im weitern Zuschläge zum ausserordentlichen Bundesbeitrage zugunsten besonders notleidender und finanziell in ihrem Bestände bedrohter Kassen zu gewahren. Die Hilfeleistung hat im ganzen in Verbindung mit der Besserung der wirtschaftlichen Verhältnisse ihren unmittelbaren Zweck erreicht. Während nach den Feststellungen der Botschaft vom 18. Juni 1923 zum Bundesbeschlusse über die ausserordentliche Subvention (Bundesbl. 1923, II, S. 529) auf Ende des Jahres 1921 einer gesamten Jahresausgabe von Fr. 32,298,815 aller damals anerkannten Kassen ein Vermögen von bloss Fr. 28,324,724. 32 gegenüberstand, trifft es Ende des Jahres 1925 auf eine Gesamtausgabe aller Kassen von Fr. 39,764,747 ein Vermögen von Fr. 45,861,503. 27. Geht man davon aus, dass das Bundesamt für Sozialversicherung von den Kassen als Sicherheit regeU mässig ein Vermögen in der Höhe einer durchschnittlichen Jahresausgabe

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·verlangt, so hat sich der mittlere Ausfall von rund 12 °/o des Vermögens gegenüber jener Ausgabe im Jahre 1921, heute in einen Ueberschuss des Vermögens von etwa 12 °/o verwandelt. Wir haben in der zitierten Botschaft a. a. 0. darauf hingewiesen, dass nach einer Zusammenstellung des Bundesamtes anfangs des Jahres 1923 bei 198 Kassen die Reserven unter einer durchschnittlichen Jahresausgabe standen. An 104 Kassen von den erwähnten 198 Kassen wurden Zuschlage zu der ausserordentlichen Subvention ausgerichtet. Während diese 104 Kassen zu Ende des Jahres 1923 ein Vermögen von Fr. 2,126,369. 47 aufwiesen, betrug dieses zu Ende 1925 Fr. 3,517,466. 38 und ist somit um Fr. 1,391,096. 91 angewachsen.

Dürfen auch die genannten Zahlen als Zeichen einer erfreulichen Besserung bewertet werden, so wäre es doch verfehlt, daraus den Schiuse zu ziehen, als ob die Krankenversicherung nunmehr konsolidiert wäre und einen befriedigenden Stand erreicht hätte. Gegen einen solchen Schluss spricht schon die Tatsache, dass, nach dem eine ganze Reihe früher notleidender Kassen aus den grössten Schwierigkeiten heraus ist, die Lage anderer sich ohne ihr Verschulden verschlechtert hat. Die Forderung der Aufsichtsbehörde auf Bestellung einer durchschnittlichen Jahresausgabe als Reserve ist aus der obligatorischen deutschen Krankenversicherung herübergenommen worden und darf für die schweizerische, von Bundeswegen auf Freiwilligkeit beruhende Versicherung als ein striktes Minimum bezeichnet werden, mit dem man sich anfangs aus Sozialpolitischen "Gründen begnügen musste, über das man aber allmählich unbedingt hinausgelangen sollte.

Bestehen bleibt endlich die Tatsache, dass die im Jahre 1911 (Bun·desgesetz über die Kranken- und Unfallversicherung, Art. 35) als Kopfbeiträge von Fr. 3.50--Fr. 5.50 festgelegten ordentlichen Bundesleistungen an die Krankenkassen infolge ihrer absoluten Berechnung sich der starken Verteuerung der Krankenversicherung nicht anpassen konnten und bis heute nicht erhöht worden sind. So sank in der Krankenpflegever.sicherung das bei Erlass des Bundesgesetzes bestehende Verhältnis zwischen Bundesbeitrag und durchnittlichen Auslagen von 57--65 °/o sukzessive auf 18--20°/o oder auf l/t--V8 der früheren Prozentsätze herunter. Die Mehrbelastung musste somit zum grössten Teil durch die Versicherten übernommen
werden. Es haben sich denn auch im Durchschnitt sämtlicher Krankenpflege- und Krankengeldkassen die vom Mitglied selber aufzubringenden Beiträge von Fr. 20.25 jährlich im Jahre 1914 auf Fr. 29.82 im Jahre 1925 erhöht.

Dies ist nicht nur einer Verbesserung des Inhaltes der Krankenpflegeversicherung und einer Erhöhung der Taggelder in der Krankengeldversicherung äusserst hinderlich; es setzt auch der Ausdehnung der Krankenversicherung und der Ausübung der Aufsicht darüber Schwierig-

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keiten entgegen. So nahm der Mitgliederbestand im Jahre 1924 nur uro 60,373, im Jahre 1925 sogar nur um 48,256 Personen zu. Wenn dieseVerringerung des Zuwachses gegenüber früher wohl zum guten Teil darauf beruht, dass auf Ende 1925 mit 1,160,716 Kassenmitgliedern ein nicht unansehnlicher Teil unserer Bevölkerung versichert ist, so mag esdaneben doch die Folge einer manchmal im Verhältnis zu den Prämien unigenügenden inhaltlichen Ausgestaltung der Versicherung sein. Dabei lehrt die Erfahrung, dass oft gerade die bedürftigsten Schichten der Bevölkerung den Krankenkassen fernbleiben. Wenn auch in den nächsten Jahren infolge der Einführung des Obligatoriums durch einige weitereKantone mit einer Erhöhung dieser Zahlen zu rechnen sein wird, so bleibt es doch eine Aufgabe des Gesetzgebers, mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln gerade die freiwillige Versicherung der ökonomisch Schwächsten soweit möglich zu: fördern. Zum Vergleiche möge hier auf Dänemark hingewiesen werden, wo, gegenüber nicht ganz 30°/o in der Schweiz, Ende 1924 etwas mehr als 40°/o der Gesamtbevölkerung oder 62 °/o der Erwachsenen auf dem Boden der Freiwilligkeit in anerkannten Krankenkassen versichert waren und wo die Subventionen des Staates und der Gemeinden fast 13 Millionen Kronen erreichten (l dänische Krone damals = Fr. --.92).

II.

Die angemessene Erhöhung der Subventionssätze des geltenden Bundesgesetzes bildet daher eine alte Forderung der Krankenkassen. Nachdem sie schon in den Beratungen der Expertenkommission für die Totalrevision der Krankenversicherung in den Jahren 1921 und 1922 verfochten wurde, ist sie als Begehren nach einer vorgängigen Sonderrevision der speziell die Subventionssätze betreffenden Art. 35 und 36 des Bundesgesetzes in einer gemeinsamen Eingabe der drei Krankenkassenverbände: Konkordat schweizerischer Krankenkassen! Fédération des Sociétés de secours mutuels de la Suisse romande und Federazione Ticinese delle Casse malati einlässlich begründet worden. Sie hat ferner in verschiedenen Postulaten ihren Ausdruck in den eidgenössischen Räten gefunden. Dabei wurde stets die besondere Belastung der Krankenkassen durch die Versicherung der Frauen und die Wochenbettleistungen besonders betont und deren Mehrkosten gegenüber der Versicherung der Männer hervorgehoben. E& wurde geltend gemacht, dass jene sich als nicht unwesentlich teurer herausgestellt habe als seinerzeit in der Botschaft des Bundesrates vom 10. Dezember 1906 zum geltenden Bundesgesetze angenommen worden.

war und dass sie durch diel geringe Erhöhung des Kopfbeitrages für weibliche Kassenmitglieder gegenüber dem Beitrage für Männer bei weitem nicht ausgeglichen werde. Die unverhältnismässige Mehrbelastung wird von den Kassen um so stärker empfunden und wirkt gegenüber der

409 Entwicklung der Krankenversicherung um so nachteiliger, als Art. 6 des Bundesgesetzes von den Kassen die Gleichbehandlung der Männer und der Frauen in der Versicherung verlangt.

Nachdem die ausserordentliche Subvention auf Grund des Bundesbeschlusses vom Jahre 1923 den Kassen eine gewisse Retablierung der Finanzen gestattet hat, ohne aber eine dauernde Entspannung zu schaffen und das geltende Subventionssystem den Erfahrungen und den veränderten Verhältnissen anzupassen, was auch nicht ihre Aufgabe war, traten naturgemäss die Begehren auf dauernde Besserstellung zum mindesten biß zur Revision des Bundesgesetzes im Wege einer Fortsetzung der ausserordentlichen Subvention wieder hervor. Durch Postulat vom 9. Februar 1926 im Nationalrat luden die Herren Hunziker und Mitunterzeichner dea Bundesrat ein, die Frage zu prüfen, in welcher Form den anerkannten Krankenkassen die durch Bundesbeschluss vom 21. Dezember 1923 für die Jahre 1924--1926 gewährte ausserordentliche Subvention des Bundes über diesen Zeitpunkt hinaus sichergestellt werden könnte. Das Postulat wurde bei Beratung des bundesrätlichen Geschäftsberichtes im Juni 1926 von der Geschäftsprüfungskommission empfohlen und nach einer Erklärung des Herrn Vorstehers des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes, wonach der Bundesrat das Postulat unpräjudizierlich zur Prüfung entgegennehme, angenommen. Bei Behandlung des Voranschlages des Volkswirtschaftsdepartementes für das Jahr 1927 wurde der Gedanke einer Fortsetzung der bisher gewährten ausserordentlichen Bundesleistung von Herrn Nationalrat Wattenhofer wieder aufgegriffen und dabei die Notwendigkeit einer besseren Berücksichtigung der Frauenversicherung hervorgehoben. Von Seiten des Vorstehers des Volkswirtschaftsdepartementes wurde, unter Vorbehalt der Stellungnahme des Bundesrates, eine zustimmende Vorlage in Aussicht gestellt. Die Krankenkassenverbände wandten sich am 8. Juni 1926 mit einer gemeinsamen Eingabe direkt an den Bundesrat.

Sie machten geltend, dass die bisherige ausserordentliche Subvention denKassen bloss gestattete, die unerlässliche minimale Sicherheit wieder herzustellen, dass aber im übrigen die gespannte Finanzlage, die durch dauernde Faktoren bedingt sei, fortbestehe. In dieser Richtung weisen sie auf diestarke Verteuerung der Krankenpflege hin, zu der die vermehrte
physikalische Heilbehandlung beitrage, und die sich in der Versicherung der Frauen besonders auswirke. Wenn sich die Verhältnisse in der Krankengeldversicherung günstiger gestalten, so liege das daran, dass hier die meisten Krankenkassen die Taggelder niedrig und weit unter dem Bedürfnis der arbeitsunfähigen Kranken halten, wodurch aber diese Versicherungsart wesentlich an Wert einbüsse. Sodann wird geltend gemacht, dass die jetzige ungünstige Lage der Krankenpflege Versicherung die wünschbare Ausdehnung des Obligatoriums dieser in den Gemeinden auf Grund kantonaler Gesetzgebung stark beeinträchtige. Eine finanzielle Stärkung deranerkannten Krankenkassen sei aber nicht nur hinsichtlich ihrer jetzigen.

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Pflichtleistungen notwendig, sondern um sie in den Stand zu setzen, ihre Leistungen auch hinsichtlich der Dauer ihrer Gewährung, speziell bei schweren und chronischen Krankheiten, zu erweitern.

III.

Der Bundesrat hat sich gegenüber einer auf die Erhöhung der Subventionssätze beschränkten Revision des jetzigen Bundesgesetzes über die Krankenversicherung von jeher ablehnend verhalten. Dabei verschliesst er sich der Erkenntnis nicht, dass die Voraussetzungen, unter denen jene Kopfbeiträge seinerzeit festgesetzt wurden, durch die Ereignisse und durch die Erfahrungen zu gutem Teile überholt worden sind. In dieser Erkenntnis wurden denn auch den Krankenkassen wiederholt ausserordentliche Zuwendungen des Bundes bewilligt, wenn die Verhältnisse solche erforderten.

Es sei neben der letzten ausserordentlichen Subvention vom Jahre 1923 auf die Leistung des Bundes an die den Kassen aus der Grippeepidemie des Jahres 1918 erwachsenen Kosten erinnert, sowie an einen ausserordentlichen Beitrag an die Kosten der Frauenversicherung gemäss Bundesratsbeschluss vom 8. Juli 1918 im Betrag von rund Fr. 490,000. Ausserdem sind die Gebirgsgegenden im Sinne von Art. 37 des Kranken- und Unfallversicherungsgesetzes wiederholt ausgedehnt worden, womit die besonderen Subventionen zugunsten der in diesen Gegenden wohnenden Kassenmitglieder und vo,n Einrichtungen für die Verbilligung der Krankenpflege vermehrt worden sind. Um den Kassen die sehr wünschbare zeitliche Erweiterung ihrer Leistungen zu erleichtern, ist in den Entwurf eines Tuberkulosegesetzes des Bundes eine Ermächtigung an den Bundesrat zur Gewährung von besonderen Beiträgen an die Kosten solcher Mehrleistungen bei Tuberkulose aufgenommen worden. Dagegen darf die Frage einer dauernden Erhöhung der Subventionssätze durch Abänderung des Bundesgesetzes über die Kranken- und Unfallversicherung nicht aus dem Zusammenhang mit der ganzen Subventionsordnung und dem Problem der Revision der die Krankenversicherung überhaupt betreffenden Bestimmungen des Bundesgesetzes gelöst werden. Je nachdem die Krankenversicherung von Bundes wegen obligatorisch wird oder freiwillig bleibt, wird sich auch die Subventionsordnung gestalten. MUSS auch als Endziel am bundesrechtlichen Obligatorium der Versicherung festgehalten werden, so legt heute doch ·die starke Inanspruchnahme des Bundes durch andere soziale Aufgaben, in der Sozialversicherung speziell durch das grosse Werk der Alters- und Hinterlassenenversicherung, eine weise Beschränkung nahe. Dies um so mehr, wenn die
Erwartung nicht von der Hand gewiesen werden kann, dass auch die freiwillige Krankenversicherung bei geeigneter gesetzlicher Regelung und Förderung noch einer weitern Entwicklung nach Versicherungsbestand und Inhalt fähig ist. Bei Beibehaltung der Freiwilligkeit der Versicherung wird jedoch nach einer Regelung der Bundesbeiträge gesucht werden

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müssen, die besser den Leistungen der Krankenkassen angepasst ist und mehr dem sozialen Charakter der Krankenversicherung entspricht. In diesem Falle wird vor allem geprüft werden müssen, ob nicht durch eine zweckmässigere Verteilung der Bundessubvention für eine vermehrte Tätigkeit der Kantone und Gemeinden im Gebiete der obligatorischen Versicherung gesorgt werden kann, sowie dafür, dass immer mehr die bedürftigsten Schichtem der Bevölkerung von der Krankenversicherung «rfasst werden.

Zu der Auffassung, von Bundes wegen vorläufig bei der freiwilligen 'Versicherung zu verbleiben, hat sich auch die beim eidgenössischen Volkswirtschaftedepartement bestehende, aus Vertretern der Krankenkassenverbände und Krankenkassen, der Berufsverbände der Ärzte und Apotheker, sowie der grossen schweizerischen Wirtschaftsverbände zusammengesetzte konsultative eidgenössische Krankenversicherungskommission bekannt. Sie hat an ihrer letzten Tagung vom Mai 1926 eine Entschliessung angenommen, wonach mit Rücksicht auf die obwaltenden Verhältnisse zur Zeit auf die Einführung eines bundesrechtlichen Obligatoriums der Krankenversicherung verzichtet werden, diese Einführung aber auf einen spätem Zeitpunkt im Auge behalten werden soll. Dagegen hält die Kommission eine umfassende Revision der Krankenversicherung auch auf dem Boden des jetzigen Systems, unter Loslösung der Krankenversicherung von der Unfallversicherung, für dringlich. Die Revision hätte sich zu erstrecken auf eine Neuordnung der Leistungen und der Leistungsdauer der Krankenkassen ,im Sinne der Verbesserung und grösseren Anpassungsfähigkeit an die verschiedenartigen Bedürfnisse, auf eine Verbesserung der mangelhaften Bestimmungen über die Freizügigkeit, auf eine Neuregelung des Verhältnisses zwischen Ärzten und Kassen zwecks besserer Zusammenarbeit im Interesse einer sachgemässen Krankenversicherung, grundsätzlich auf dem Boden der freien Ärztewahl, auf eine Verbesserung der Wochenbettversicherung und auf die Neuordnung des Subventionswesens.

IV.

Die Beschlüsse der Kommission, die auf eine weitgehende gesetzliche Neuordnung des Krankenversicherungswesens zielen, decken sich mit der Auffassung des Bundesrates, dass eine Neubelebung nicht einseitig von 'einer Vermehrung der Subventionen erwartet werden kann, sondern dass ·es gelte den Hebel tiefer anzusetzen, bei Bestimmungen, durch deren Änderung die Versicherung nicht nur psychologisch und ökonomisch rationeller gestaltet, sondern vermittelst der Beseitigung von Auswüchsen und Lücken auch populärer gemacht werden kann. Zugleich zeigt aber die Liste der zu revidierenden Punkte, dass diese Revision eine sehr almfassende ist und so auch, wenn sie, wie beabsichtigt, in nächster Zeit

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an die Hand genommen wird, weitreichender Studien, Besprechungen mit den Interessenten und anderer Vorbereitungen bedürfen wird.

Unter diesen Umständen gewinnt die Frage der Gewährung einer weitern ausserordentlichen Hilfeleistung des Bundes an Bedeutung. Wenn eine Revision der Subventionsbestimmungen des Bundesgesetzes allein aus grundsätzlichen Erwägungen untunlich erscheint, die notwendige umfassende Revision aber geraume Zeit verlangen dürfte, so wird man sich einer solchen Hilfeleistung gegenüber nicht wohl ablehnend verhalten können, sofern sie notwendig ist und auch finanziell eine Lösung getroffen werden kann, welche auf die derzeitige Finanzlage des Bundes Rücksicht nimmt.

Wir haben darauf hingewiesen, dass die bereits gewährte ausserordentliche Subvention natürlich eine dauernde Entspannung in der finanziellen Lage der Krankenkassen nicht bringen konnte, sondern nur die> dringendsten Bedürfnisse befriedigen wollte. Die Spannung dürfte sich, abgesehen von andern Gründen, noch insofern verschärfen, als infolge der statistisch nachweisbaren Verschiebung der Altersschichtung unserer Bevölkerung im Sinne einer stärkern Besetzung der altern Jahrgänge, mit einer etwas grösseren durchschnittlichen Zahl von Krankentagen in Zukunft wird gerechnet werden müssen.

Sodann haben wir auf die starke Belastung der Kassen durch die Versicherung der Frauen und die Wochenbettleistungen aufmerksam gemacht, die auch schon wiederholt den Hauptgrund für eine ausserordentliche Unterstützung seitens des Bundes gebildet hat. Feststellungen und Berechnungen, die das Bundesamt für Sozialversicherung in dieser Hinsicht gemacht hat, ergeben folgende Werte: 1. Krankengeldversicherung: a. UnterstütEungsdauer von 180 Tagen während 360 Kalendertagen.

aa. Zahl der durchschnittlich auf l Mitglied entfallenden Krankentage nach den Geschäftsberichten des Amtes für die Jahre 1920 bis 1925: Männer 7,46 Tage = 100% Frauen (ohne Wochenbett) . . . . 8,93 ,, = 119,7i °/o bb. Zahl der durchschnittlich auf l Mitglied entfallenden Krankentage nach den Erfahrungen der Krankenkasse Helvetia, Ostschweiz. Krankenkassenverband, Kantonale Krankenkasse Solothurn, Krankenkasse Schönenwerd, in den Jahren 1920 bis 192oi Männer 9,22 Tage = 100 % Frauen (ohne Wochenbett) . . . . 11,55 ,, = 125,ä7 %» Die Grenzwerte (ohne Wochenbett) sind: Minimum = 112,ia % (Ostschweiz. Krankenkassenverband), Maximum= 140,67 % (Kant.Krankenkasse Solothurn).

413 h. Unterstützungsdauer von 360 während 540 Kalendertagen.

aa. Zahl der durchschnittlich auf l Mitglied entfallenden Krankentage nach den Geschäftsberichten des Amtes für die Jahre 1920 bis 1925 : Männer 8,8i Tage = 100 °/o Frauen (ohne Wochenbett) . . . . 10,2o ,, =115,78% ob. Zahl der durchschnittlich auf l Mitglied entfallenden Krankentage nach den Erfahrungen der Krankenkasse Konkordia, Christlich-soziale Krankenkasse, Schweiz. Grütlikrankenkasse, Krankenkasse für den Kanton Bern, Société vaudoise de secours mutuels, Union philanthropique (Genève), in den Jahren 1920 bis 1925: Männer 8,73 Tage = 100 % Frauen (ohne Wochenbett) . . . . 10,59 f l = 121,3i % Die Grenzwerte (ohne Wochenbett) sind : Minimum = 69,36 % (Union philanthropique), Maximum 192,48 % (Christlich-soziale Krankenkasse).

2. Krankenpflegeversicherung : a, Unterstützungsdauer von 180 Tagen während 360 Kalendertagen.

aa. Durchschnittlich auf l Mitglied entfallende Kosten nach den Geschäftsberichten des Amtes für die Jahre 1920 bis 1925: Männer Fr. 15.49 = 100 % Frauen (ohne Wochenbett) . . . .

,, 21.84 = 140,99 % bb. Durchschnittlich auf l Mitglied entfallende Kosten nach den Erfahrungen der Krankenkasse Helvetia, Ostschweiz. Krankenkassenverband, Krankenkasse Schönenwerd, in den Jahren 1920 bis 1925: Männer Fr. 14.89 = 100 °/0 Frauen (ohne Wochenbett) . . . .

,, 22.11 = 148,49 °/o Die Grenzwerte (ohne Wochenbett) sind : Minimum = 135,7i %> (Krankenkasse Schönenwerd), Maximum= 163,43 °/o (Krankenkasse Konkordia).

e. Unterstützungsdauer von 360 Tagen während 540 Kalendertagen.

aa. Durchschnittlich auf l Mitglied entfallende Kosten nach den Geschäftsberichten des Amtes für die Jahre 1920 bis 1925: Männer Fr. 17.30= 100% Frauen (ohne Wochenbett) . . . .

,, 21.70 = 125,43 % bb. Durchschnittlich auf l Mitglied entfallende Kosten nach den Erfahrungen der Krankenkasse Konkordia, Christlich - soziale Krankenkasse, Grütlikrankenkasse, Kantonale Krankenkasse Solothurn, Krankenkasse Union Zürich und Union philanthropique (Genève), in den Jahren 1920 bis 1925:

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Männer Fr. 17.76 = 100 °/o Frauen (ohne Wochenbett) . . . .

,, 25.48 = 143,46 °/o Die Grenzwerte (ohne Wochenbett) sind : Minimum = 116,01 % (Grütlikrankenkasse), Maximum = 182,go °/o (Union philanthropique).

Diese Mehrbelastung der Frauenversicherung gegenüber der Versicherung der Männer, im Ausmass von gegen 50 % ohne Berücksichtigung der Wochenbettleistungen ; von 60 °/o wenn diese hinzugerechnet werden, ist durch den geringen Mehrbetrag der Bundessubvention für die weiblichen Mitglieder von 50 Rappen oder von etwa 12--'15% des Kopfbeitrages für Männer bei weitem nicht ausgeglichen. Verschärfend wirken auf diese Sachlage ein das starke Steigen der Krankenpflegekosten, das sich natürlich hauptsächlich in der Krankenpflegeversicherung auswirkt, und die stärkere Zunahme der Zahl der versicherten Frauen gegenüber derjenigen der Männer, letzteres zwar ein erfreuliches soziales Zeichen, zum Teil wohl aber die Folge der gesetzlichen Pflicht zur Gleichstellung der Frauen mit den Männern hinsichtlich der Versicherungsbedingungen.

Die wachsende Bedeutung der Frauenversicherung zeigt sich darin, dase der Anteil der Frauen im Alter von mehr als 14 Jahren an der Gesamtzahl der Kassenmitglieder gestiegen ist von 25,93% im Jahre 1914 auf 34,07% im Jahre 1925.

In bezug auf das Ansteigen der Krankenpflegekosten mögen folgende vom Bundesamt für Sozialversicherung ermittelte Zahlen angeführt werden: Die Kosten betrugen auf das Mitglied gerechnet im Jahre 1925 im Vergleiche zu den Kosten des Jahres 1914, die mit 100?/o eingesetzt sind, bei der : Öffentlichen Krankenkasse Baselstadt 146,so% Allgemeinen Krankenpflege Basel 153,90% Krankenpflege Zürich 183,0*% im Durchschnitt der drei Kassen . . . . 153,ia% In welchem Masse die Krankenkassen durch das Wochenbett belastet werden, ist aus den nachfolgenden Angaben ersichtlich : l. Krankengeld v ersicherung : a. Die Zahl der auf Grund der Geschäftsberichte 1920--1925 ermittelten Krankentage für weibliche Mitglieder über 14 Jahre ist durchschnittlich um 2,57 zu erhöhen.

&. Die Zahl der Krankentage, die auf Grund von Angaben der auf Seiten 412 und 413 erwähnten Krankenkassen für die Jahre 1920 bis 1925 für weibliche Mitglieder ermittelt wurde, ist durchschnittlich um 3,52 zu erhöhen.

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2. Krankenpflegeversicherung : a. Die durchschnittlichen Kosten für ein Wochenbett betragen nach den Geschäftsberichten 1920--1925 des Amtes Fr. 36.17. Werden die Gesamtkosten für die Versicherung des Wochenbettes auf die weiblichen Mitglieder über 14 Jahre umgelegt, so ergeben sich durchschnittlich Fr. 1. 91.

b. Die für die Jahre 1920--1925 ermittelten durchschnittlichen Kosten für ein Wochenbett betragen nach den Angaben der auf Seiten 412 und 413 erwähnten Krankenkassen Fr. 32. 07. Werden die Gesamtkosten für die Versicherung des Wochenbettes auf die weiblichen Mitglieder über 14 Jahre umgelegt, so ergeben sich · durchschnittlich Fr. 2. 56.

V.

Die vorstehenden Angaben über die Entwicklung der Belastung der Krankenkassen, speziell in der Krankenpflegeversicherung, dürften eine weitere der Gesetzesrevision vorangehende ausserordentliche Massnahme des Bundes voll rechtfertigen. Die Feststellungen betreffend die Versicherung der Frauen und speziell die Kosten des Wochenbettes zeigen zugleich die Richtung an, in welcher sich diese Massnahme zu bewegen hat. Die grosse Zahl anerkannter Krankenkassen, der bedeutende Umfang, den die Frauenversicherung angenommen hat und die Grosse des Bedürfnisses, verlangen eine Zuwendung des Bundes, die dazu in einem angemessenen Verhältnis steht. Anderseits soll sie ein Beitrag zu einer Versicherung bleiben, die zwar wohl vom Staate gefördert wird, die aber im wesentlichen von den Beteiligten selber getragen und unterhalten werden muss. Gleichzeitig ist bei der Bemessung des Beitrages auf die Finanzlage des Bundes Rücksicht zu nehmen. Eine Summe in der Höhe der bisher gewährten ausserordentlichen Subvention von l Million Franken jahrlich dürfte den verschiedenartigen Verhaltnissen gerecht werden. Doch sollte bei der heutigen Finanzlage des Bundes eine Belastung der Verwaltungsrechnung mit dieser Ausgabe vermieden werden. Wir schlagen Ihnen deshalb vor, zu ihrer Bestreitung, wie bei der im Jahre 1923 beschlossenen Subvention, auf den eidgenössischen Versicherungsfonds zu greifen, der auf Ende 1925 mit Fr. 12,808,191 ausgewiesen ist und der seinerzeit zu dem Zwecke angelegt und geäufnet wurde, an die Belastung des Bundes durch die Subventionen aus dem Bundesgesetze über die Kranken- und Unfallversicherung beizutragen. Der Beitrag soll gewährt werden bis nach Neuordnung des Subventionssystems auf dem Wege der in Aussicht genommenen Gesetzesrevision, längstens aber für die Dauer von fünf Jahren, in welcher Zeit es möglich sein sollte, diese Revision in der Hauptsache durchzuführen.

Anderseits verlangt die notwendige Beschränkung der jährlichen Beitragssumme, dass sie nicht zersplittert werde, sondern dort Verwendung

416 finde, wo sie am nötigsten ist. Dies trifft auf die Frauenversicherung sowie auf die Kosten des Wochenbettes zu. Um der Förderung der Familienversicherung willen und aus volkshygienischen Gründen wird der Frauenversicherung die Kinderversicherung gleichgestellt. Wir geben uns Rechenschaft, dass speziell in der Krankenpflegeversicherung die Kosten am meisten gestiegen sind und dass die modernen physikalischen Heilmethoden neue Belastungen schaffen, somit eine allgemeine Berücksichtigung aller Versicherter wünschbar wäre. In diesem Sinne hat sich das Konkordat schweizerischer Krankenkassen noch besonders verwendet. Wenn wir uns nicht entschliesseu können, so weit zu gehen, so ist vor allem die Erwägung massgebend, dass nach Abzug der für die Erhöhung des Wochenbettbeitrages verwendeten erheblichen Summe eine allgemeine Verteilung des Subventionsrestes zu der zu vermeidenden starken Zersplitterung und in gewissen Fällen zur Ausrichtung von Beiträgen führen müsste, denen irgendwelcher sozialer Wert nicht mehr beigemessen werden kann. Der Erhöhung des Wochenbettbeitrages des Bundes, die übrigens grundsätzlich von keiner Seite bestritten ist, darf aber um so mehr Bedeutung beigemessen werden, als sie dazu dienen wird die in unserer Krankenversicherung enthaltenen Ansätze zur Mutterschaftsversicherung zu entwickeln und diese Fürsorge besser mit dem im Fabrikgesetz enthaltenen Verbot der Wöchnerinnenarbeit in Einklang zu bringen.

Dazu kommt schliesslich der Umstand, dass der erhöhte Beitrag an ·die Frauen- und Kinderversicherung indirekt auch den Männern zugute kommen wird, sei es, dass er sie als Versicherte von dem zum Teil ihnen überbundenen höhern Krankheitsrisiko der Frau entlastet, sei es, dass er es den Familienvätern ermöglicht, mehr noch als bisher Frau und Kinder angemessen zu versichern, was unsere Krankenversicherung immer mehr zur Volks- und Familienversicherung werden lässt.

Da die Subvention u. a. zum Ausgleich eines in den gesetzlichen Subventionssätzen ungenügend berücksichtigten Risikounterschiedes zwischen Mann und Frau dient, so soll sie allen Kassen zugute kommen, die von ·den bestehenden gesetzlichen Verhältnissen betroffen werden. Auch Kassen, die erst während der Subventionsdauer anerkannt werden, sollen somit subventionsberechtigt sein, bei Anerkennung im Verlaufe eines
Subventionsjahres pro rata temporis.

Wie oben bemerkt, stellt die Bundesleistung eine Hilfe dar zur Stützung und zur Förderung, die aber die unmittelbar Beteiligten der eigenen Anstrengung nicht entheben soll. Es empfiehlt sich deshalb, auch in diesem Subventionsbesehluss den Bundesrat zu ermächtigen, die Ausrichtung der ausserordentlichen Subvention an Bedingungen zu knüpfen, insbesondere sie von finanziellen Massnahmen der Kassen abhängig zu machen und bezüglich ihrer Verwendung bestimmte Weisungen zu erteilen.

Die richtige Überwachung der Kassen hinsichtlich ihrer Sicherheit, ihre Beratung in Fragen der Festsetzung von Versicherungsleistungen und

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Beiträgen setzt die Erfassung der Erfahrungen in Form einer geeigneten Kassen- und Krankheitsstatistik voraus. Diese statistischen Feststellungen sollen auch Grundlagen für die Neuordnung der Gesetzgebung liefern.

Zu diesem Zwecke, insbesondere zur Erstellung einer neuen, amtlichen und möglichst zutreffenden Morbiditätsstatistik, hat das Volkswirtschaftsdepartement sein Bundesamt für Sozialversicherung ermächtigt, den ganzen Versicherungsbestand einiger geeigneter Kassen während einiger Jahre eingehend beobachten, statistisch erfassen und das gewonnene Material aufarbeiten zu lassen. Diese Aufgabe bedingt bei den mitwirkenden Kassen eine nicht unerhebliche Verwaltungsarbeit, die mit besonderen Kosten verbunden ist. Es ist deshalb billig, sie dafür aus Bundesmitteln zu entschädigen. Ein bescheidener Betrag ist in den Voranschlag des Bundes bereits eingestellt worden. Er dürfte sich aber als unzulänglich erweisen. Es erscheint nun richtig, den Kassen, die sich für solche umfassende Arbeiten zur Verfügung stellen, einen Zuschlag aus der ausserordentlichen Subvention zu gewähren. Damit wird der besondere Posten im Verwaltungsbudget des Bundes wegfallen.

VI.

Wie derjenige vom Jahre 1923 beschränkt sich auch der neue Bundesbeschluss auf die Aufstellung der grundlegenden Verteilungsuormen, während die nähere Regelung einer Verordnung des Bundesrates überlassen bleibt. Da es sich nicht um eine blosse Sanierungsmassnahme, sondern um eine gewisse Korrektur dauernder Belastungsunterschiede handelt, und daher auch neu wahrend der Subventionsperiode anerkannte Krankenkassen an der Verteilung teilnehmen, so werden sich gròssere Differenzen der Subventiousanteile in den verschiedenen Jahren herausstellen als bisher. Aus der gesamten Subventionssumme von l Million Franken im Jahr soll zunächst der erhöhte Beitrag des Bundes an die Wochenbettleistung geschöpft werden, wahrend der Rest für die allgemeine Versicherung der Frauen und Kinder Verwendung finden soll.

Gemäss Art. 14 des Bundesgesetzes über die Kranken- und Unfallversicherung haben die Kassen der Wöchnerin die im Krankheitsfalle versicherten Leistungen zu gewahren. Die Übernahme von Hebammenkosten gehört somit nicht zu den gesetzlichen Pflichtleistungen der Kassen; dagegen werden solche Kosten in den Kassenstatuten häufig freiwillig übernommen. Die
gesetzliche Ordnung bedingt eine sehr verschiedenartige Belastung der Kassen durch das Wochenbett. Sie fehlt vollständig bei Krankenpflegekassen, die keine Hebammenkosten übernehmen, in den Fällen, da der Arzt nicht zugezogen wurde und steigt, je nach der Bedeutung der ärztlichen Intervention, oder der Hebammentaxen bei Uebernahme der Hebammenkosten. Am stärksten ist die Belastung bei den Krankengeldkassen und den Kassen, welche die Wöchnerin zugleich auf Kranken-

Bundesblatt. 79 Jahrg. Bd. I.

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418 pflege und Krankengeld versichern, indem in diesen Fällen während sechs Wochen mindestens ein tägliches Krankengeld von Fr. 1.-- bezahlt werden muss, insgesamt also im Minimum Fr. 42.-- für das Wochenbett zur Ausrichtung gelangen. Wir nehmen daher für die Verordnung Zusehläge zum gesetzlichen ordentlichen Wochenbettheitrage von Fr. 20.-- in Aussicht, die nach gewissen Grenzwerten der Belastung abgestuft sind, 100% aber nicht übersteigen sollen.

Auf diese Weise wird von der jährlichen Subventionssumme von l Million Franken ein Betrag von rund Fr. 200,000--300,000 auf das Wochenbett entfallen, mit Binschluss des oben genannten Betrages für statistische Arbeiten geeigneter Kassen, während der Restbetrag von Fr. 700,000--800,000 zur Verwendung für die gewöhnliche Versicherung der Frauen und Kinder frei bleibt. Die Verteilung soll wieder nach Punkten erfolgen, wobei die einzelne auf Krankengeld versieherte Frau mit einem Punkt, die auf Krankenpflege versicherte Frau und die Kinder mit 2 und die auf beides versicherten Frauen mit 3 Punkten zählen sollen.

Eine vorläufige Rechnung ergibt unter Zugrundelegung der Zahl der auf Ende 1925 versicherten Frauen und Kinder einen Quotienten von 70 bis 80 Rappen. Darnach würde der Zuschlag für eine auf Krankenpflege versicherte Frau oder ein Kind Fr. 1.40--1.60, für eine auf beide Leistungen versicherte Frau aber Fr. 2.10--2.40 betragen. Anderseits würde bei Einrechnung der Männer in die Verteilung der Quotient bloss etwa 15--20 Rappen betragen, womit der Risikounterschied zwischen Frauen und Männern auch nicht annähernd berücksichtigt wäre. Würdigt man, dass nach den oben angegebenen Zahlen das Mehrrisiko der Frau sich in einer durchschnittlichen Mehrbelastung von etwa 50°/o gegenüber der Versicherung der Männer auswirkt, so ist mit dem vorgeschlagenen Verteilungsmodus nicht nur dieser Unterschied ausgeglichen, sondern es entfällt u. U. noch ein Teil auf die höhere Belastung durch die Krankenpflege überhaupt. Da die Bundessubvention nicht den einzelnen Mitgliedern gewährt wird, diese vielmehr nur Berechnungsfaktor sind, die Subvention aber der Kasse zufliesst und die weit überwiegende Mehrzahl der Kassen Männer und Frauen versichert, so kommt die Leistung des Bundes nicht nur der Frauenversicherung, sondern indirekt überhaupt der gesamten Krankenversicherung
zugute.

Wir ersuchen Sie deshalb, dem beigelegten Entwurf eines Bundesbeschlusses zustimmen zu wollen.

B e r n , den 21. März 1927.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Motta.

Der Bundeskanzler: Eaeslin.

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(Entwurf.)

Bundesbeschluss über

die Gewährung einer ausserordentlichen Subvention an die anerkannten Krankenkassen.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf Art. 34bis der Bundesverfassung nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 21. März 1927, beschliesst: Art. 1. Der Bund gewährt den anerkannten Krankenkassen aus dem eidgenössischen Versicherungsfonds bis zur Revision des Bundesgesetzes über die Kranken- und Unfallversicherung, Teil Krankenversicherung, längstens aber auf die Dauer von fünf Jahren, eine ausserordentliche Subvention von jährlich einer Million Franken.

Die Subvention wird erstmalig für das Jahr 1927 ausgerichtet.

Art. 2. An der Subvention nehmen alle Krankenkassen teil, die im einzelnen Subventionsjahre anerkannt sind. Bei Anerkennung im Laufe des Jahres ist der Anspruch für den Rest des Jahres erworben. Entsprechend wird bei Auflösung der Kasse oder bei Verlust der Anerkennung im Laufe des Jahres die Subvention im Verhältnis der abgelaufenen Zeit ausgerichtet.

Art. 3. Die Subvention wird auf die Versicherung der Frauen und der Kinder beschränkt. Sie wird gewährt: 1. als Zuschlag zum ordentlichen Wochenbettbeitrag des Bundes, abgestuft nach den Aufwendungen der Kassen für das Wochenbett; 2. als Zuschlag zu den ordentlichen Beiträgen an die Krankenversicherung der Frauen und Kinder. Dieser Zuschlag wird für die Krankengeldund die Krankenpflegeversicherung im Verhältnis von l : 2 Zuschlagsanteilen abgestuft. Für seine Berechnung ist die Zahl der ganzjährigen Mitgliedschaften von Frauen und Kindern massgebend.

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Art. 4. Die Subvention gemäss diesem Bundesbeschlusse wird jedes Jahr auf Grund der Mitgliedsohaftsverhältnisse in den Krankenkassen neu berechnet und zusammen mit den ordentlichen Subventionen des Bundes ausgerichtet.

Art. 5. Der Bundesrat ist befugt, die Ausrichtung der ausserordentlichen Subvention an eine Kasse an Bedingungen zu knüpfen, im besondern ihre Gewährung von Sanierungsmassnahmen der Kasse abhängig zu machen, oder bezüglich der Verwendung;ö der Subvention bestimmte Weisungen zu O O erteilen. Besonders geeignete Kassen können gegen einen ihrer Mehrarbeit entsprechenden Zuschlag zur Subvention zur Lieferung der nötigen Unterlagen behufs Erstellung einer sachdienlichen Statistik über den Verlauf der Krankenversicherung verpflichtet werden.

Art. 6. Der Bundesrat setzt die nähern Grundsätze über die Verteilung und die Ausrichtung der Subvention im Sinne der vorstehenden Bestimmungen fest. Er ist befugt, nach Verlauf des ersten Jahres seine bezügliche Verordnung den gewonnenen Erfahrungen anzupassen.

Art. 7. Der Bundesrat wird beauftragt, auf Grundlage der Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 17. Juni 1874 betreffend Volksabstimmung über Buudesgesetze und Bundesbeschlüsse die Bekanntmachung dieses Bundesbeschlusses zu veranstalten und den Zeitpunkt seines Inkraftretens festzusetzen.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend den Erlass eines Bundesbeschlusses über die Gewährung einer ausserordentlichen Subvention an die anerkannten Krankenkassen. (Vom 21. März 1927.)

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Jahr

1927

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13

Cahier Numero Geschäftsnummer

2191

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

30.03.1927

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406-420

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