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2238 Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend den Entwurf zu einem Bundesgesetz über die Anlage der eidgenössischen Staatsgelder und Spezialfonds, (Vom 8. September 1927.)

I.

Am 80. Juni 1924 hat der Nationalrat folgendes Postulat seiner Finanzkommission gutgeheissen : «Der Bundesrat wird eingeladen, zu prüfen, ob, und wenn ja, auf welche Weise das Bundesgesetz vom 10. April 1891 betreffend die Anlage eidgenössischer Staatsgelder und der Spezialfonds den heutigen Verhältnissen angepasst werden könnte.» Die Prüfung der Frage überzeugte uns von der Zweckmässigkeit, der Anregung der Finanzkomnrission grundsätzlich stattzugeben. Immerhin scheint uns, dass die Schaffung eines neuen Gesetzes der blossen Abänderung des bestehenden, bereits durch eine Novelle vom Jahre 1895 ergänzten vorzuziehen sei. Wir unterbreiten Ihnen denn auch den beiliegenden Entwurf, begleitet von einer Botschaft, worin wir dem bemerkenswerten Problem der Kapitalanlage einige allgemeine Erwägungen widmen.

II.

In seiner Botschaft betreffend die Eevision des alten Anlagegesetzes hob der Bundesrat im Jahre 1891 hervor, mit welchen erheblichen Schwierigkeiten er zu kämpfen habe, um die verfügbaren Mittel in befriedigender Weise zinstragend anzulegen. Unter diesen Umständen schlug er vor, die der Kapitalanlage gesetzten gesetzlichen Schranken zu erweitern. Damals machte sich das Bedürfnis geltend, gewisse Einschränkungen fallen zu lassen und die Anlagegelegenheiten zu vermehren.

Heute ist die Sachlage ganz anders. Der Kapitalmarkt bietet zurzeit ein vollständig verändertes Bild. Schon ein flüchtiger Blick auf den Börsenkurszettel lehrt, dass es an vorteilhaften Anlagegelegenheiten wahrlich nicht fehlt.

In dieser Richtung braucht sich der Bundesrat keine Sorgen zu machen;

163 nicht um neue vorteilhafte Anlagemöglichkeiten zu schaffen, drängt sich die Eevision des Gesetzes auf. Anderseits kann man sich fragen, ob es nicht richtiger wäre, wenn der Bund alle seine verfügbaren Mittel behielte, um seine Verbindlichkeiten zu decken und seine Anleihen zurückzuzahlen, statt Wertpapiere anzukaufen. Es möchte in der Tat unlogisch scheinen, dass der Bund langfristige Titel kauft, anstatt seine Schulden abzutragen. Von welcher Seite man die Frage auch betrachten mag, so bleibt doch gewiss, dass die für Bechnung des Bundes zu machenden Anlagen auf lange Zeit hinaus wenig zahlreich sein werden. Man könnte sogar hinzufügen, dass sich künftig der Erwerb von Titeln auf eigene Bechnung des Bundes zu langfristiger Anlage nicht rechtfertigen lässt. Es ist jedoch zu beachten, dass es Zeiten geben kann, wo es unter Umständen nützlich ist, auf dem Markte zu intervenieren, um den Kurs unserer Staatstitel zu regulieren. Anders verhält es sich mit den kurzfristigen Geschäften. Die zur Tilgung der Staatsschuld bestimmten Steuererträgnisse müssen in der Tat gleich nach ihrem Eingang in die Staatskasse angelegt werden.

Da der Eingang der Gelder im allgemeinen nicht mit dem Verfall der Anleihen zusammenfällt, müssen die verfügbaren Mittel vorübergehend angelegt oder, je nach den Umständen, zum Eückkauf von Bundestiteln verwendet werden.

In allen diesen Fällen handelt es sich aber um kurzfristige Geschäfte.

Endlich darf nicht übersehen werden, dass, wenn die Bestimmungen des vorliegenden Gesetzentwurfes für die Verwaltung des eigenen Vermögens unmittelbar keinen grossen praktischen "Wert haben, sie doch auch auf die Anlagen der Spezialfonds anzuwenden sind. Das Vermögen der Spezialfonds erreicht gegenwärtig 200 Millionen Franken. Dieser wichtige Zweig der Bundesverwaltung wird denn auch dem neuen Gesetz ein bedeutendes Anwendungsgebiet darbieten.

Am 81. Dezember 1926 enthielten die Spezialfonds 148% Millionen Franken in schweizerischen und 8 Millionen Franken in ausländischen Wertpapieren.

Den Eest von 52% Millionen Franken schuldete ihnen der Bund. Von den 148% Millionen Franken, die in schweizerischen Wertschriften angelegt sind, entfallen 91 Millionen Franken auf eidgenössische und Bundesbahntitel, 17% Millionen Franken auf kantonale Papiere, 15% Millionen Franken auf Obligationen von
Kantonalbanken usw. Endlich sind 11% Millionen Franken gegen grundpfändliche Sicherheit ausgeliehen worden.

Im Laufe der letzten Jahre sind -Grundpfanddarlehen zumal an eidgenössische Dienstpflichtige gewährt worden ; es sollte ihnen der Erwerb und Bau von Eigenheimen erleichtert werden. Künftig wollen wir in der Gewährung von Hypothekarkredit noch weiter gehen, besonders auch zugunsten der Landwirtschaft. An dieser Stelle darf hervorgehoben werden, dass der Bund kein neues Geld mehr auf dem Anleihenswege aufzunehmen braucht, es sei denn, dass eine Krise oder Katastrophe dazwischenkomme. Im Gegenteil haben wir im Jahre 1925 damit begonnen, Schulden zurückzuzahlen. Da der Bund also den öffentlichen Kredit nur noch zur Konversion der bestehenden Anleihen beanspruchen muss,

164 so werden unsere Staatstitel höchstwahrscheinlich sehr gesucht bleiben. In Anbetracht dessen, dass der Bund sich weder an den Konversionsanleihen wird beteiligen müssen, um ihren Erfolg zu sichern, noch auf dem Markte im früheren Masse zu intervenieren braucht, um die Kurse zu halten, so werden ihm in viel grósserem Masse Mittel der Spezialfonds zur Verfugung bleiben, die er zu Grundpfanddarlehen an die Landwirtschaft verwenden kann. Zwar bringt uns das Grundpfandgeschäft vermehrte Arbeit, doch bieten erste Hypotheken den doppelten Vorteil der Sicherheit und grosser Kursstetigkeit. Indem wir dem Grundpfandkredit bedeutende Summen zur Verfügung stellen, hoffen wir, dem Hypothekarmarkt eine erhebliche Erleichterung zu verschaffen.

Ende 1913 war das Vermögen der Spezialfonds im Betrage von 170 Millionen Franken in Wertpapieren angelegt, ausgenommen 15% Millionen Franken Buchschuld der Staatskasse gegenüber den Spezialfonds. Diese Buchschuld vergrösserte sich in der Kriegs- und Nachkriegszeit ununterbrochen. Um der Staatskasse Mittel zuzuführen, wurden in der Tat alle fällig werdenden Wertpapiere einkassiert, so dass die Schuld des Bundes gegenüber den Spezialfonds ihren höchsten Stand im Jahre 1920 mit 150 Millionen Franken erreichte, während die Anlagen in Titeln von 154% Millionen Franken auf 82 Millionen Franken gefallen waren. Erst vom Jahre 1921 an wurde es uns wieder möglich, den Spezialfonds Titel zuzuwenden. Das entsprach den im Schosse der eidgenössischen Bäte wiederholt ausgesprochenen Wünschen. Die Finanzkommissionen haben dem Bundesrate nahegelegt, die verfügbaren Mittel der unantastbaren Spezialfonds in festverzinslichen Wertschriften anzulegen.

Die schlimmen Erfahrungen des Krieges haben bewiesen, dass man eher Grund hat, sich über die Sicherheit der Anlage zu beunruhigen als über den Ertrag. Vor allem muss das Bundesvermögen in Wertschriften von allererster Sicherheit angelegt sein. Wenn empfohlen wurde, das Augenmerk auf börsengängige, leicht veräusserliche Titel zu richten, damit der Bund über ein liquides Portefeuille verfüge, so hat die Erfahrung auch hierin gezeigt, dass die Bedeutung eines solchen Titelbestandes jedenfalls überschätzt wurde.

Tatsächlich war es in der kritischen Zeit des Jahres 1914 ausserordentlich schwierig, zur Beschaffung von flüssigen Mitteln für die
Bundeskasse Wertpapiere zu veräussern; denn die schweizerischen und ausländischen Börsen hatten ihre Tätigkeit unter der Wucht der allgemeinen Panik eingestellt oder zum mindesten stark eingeschränkt.

Alle diese finanziellen Erwägungen, zusammen mit den wirtschaftlichen Erfordernissen, rechtfertigen es, wenn künftig in grösserem Masse Grundpfanddarlehen gewährt werden. Wir kommen auf diese Weise zu einer sichern Anlage und erleichtern zugleich den Hypothekarkredit.

III.

Zu den einzelnen Bestimmungen des nachstehenden Gesetzentwurfes seien einige Bemerkungen angeführt. Vor allem möchten wir Ihre Aufmerksamkeit

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auf diejenige Bestimmung des geltenden Gesetzes hinlenken, die den Anlass zum Postulate des Nationalrates gegeben hat, nämlich die Möglichkeit der Anlage eidgenössischer Staatsgelder in ausländischen Wertpapieren.

Art. 3 des geltenden Gesetzes sieht die Möglichkeit vor, die verfügbaren Mittel des Bundes sowohl als der Spezialfonds in ausländischen Staatspapieren anzulegen, ohne dass der Umfang begrenzt wurde. Bei Begründung des Postulates vom 30. Juni 1924 hat der Präsident der Finanzkommission des Nationalrates die grossen, auf den ausländischen Wertschriften der Spezialfonds erlittenen Kursverluste eingehend erläutert. Wir wollen auf diese Kritik nicht zurückkommen und beschränken uns darauf, zu sagen, dass der Staat im allgemeinen gut daran tut. seine verfügbaren Mittel zum Bückkauf der von ihm ausgegebenen Anleihenstitel zu verwenden, und dass auch der Bund in grösserem Masse als früher in die Spezialfonds seine eigenen Obligationen legen sollte.

Warum sollte der Staat anderwärts einen Schuldner suchen, während er selbst den öffentlichen Kredit anruft ? Der Staat findet keinen sicherern Schuldner als sich selbst. Auch werden die Titel der Spezialfonds stets soviel wert sein, als in den Kursen zum Ausdruck kommt, zu denen sie auf der Passivseite der Bilanz aufgenommen sind. Werden bedeutende Vorräte an eidgenössischen Titeln gehalten, so gestattet das ausserdem, im Bedürfnisfalle wirksam auf dem Markte einzugreifen und zum mindesten die Kurse zu beeinflussen, wenn nicht, sie dauernd zu halten.

In seiner Botschaft vom 27. Mai 1884 rechtfertigte der Bundesrat den Erwerb ausländischer Wertpapiere insbesondere mit folgender Erwägung: «Wir werden zu diesen Vorschlägen nicht aus Gründen besserer Sicherung oder höhern Ertrages der Anlagen, sondern vornehmlich durch die Eücksicht auf sichere und rasche Bealisierung derselben im Ausland bewogen.» Wir wiederholen, dass sich in dieser Hinsicht die Erwartungen nicht erfüllt haben. Als der Weltkrieg ausbrach und man sich hätte flüssige Mittel in Form von Devisen verschaffen sollen, schloss die Mehrzahl der ausländischen Börsen ihre Pforten. ' Es war daher äusseisi schwierig, ausländische Titel zu veräussern, und sozusagen unmöglich, einen grössern Vorrat daran abzustossen.

Nach alledem liesse sich denn auch leicht begründen, die Anlage der eidgenössischen
Staatsgelder in ausländischen Wertpapieren künftig schlechthin zu verbieten. Nach reiflicher Überlegung glauben wir jedoch nicht, dass man so weit gehen sollte. Wir schlagen Ihnen deshalb vor, die Möglichkeit grundsätzlich beizubehalten, ausländische Staatstitel zu erwerben. Immerhin soll diese Anlage nur ausnahmsweise und in beschränktem Masse in Betracht kommen. Der Grundsatz wird beibehalten, aber seine Anwendung durch den vorliegenden Entwurf eingeschränkt.

Art. 7 sieht denn auch vor. dass höchstens ein Fünftel des Vermögens eines Spezialfonds in ausländischen Staatstiteln angelegt werden darf. Nach Art. 5 bezeichnet der Bundesrat die zur Anlage geeigneten ausländischen Wertschriften.

166 Es sei Ihre Aufmerksamkeit nochmals besonders auf die neue Bestimmung über die Grundpfandanlagen gelenkt. Was für das Vermögen des Bundes sowohl als auch für dasjenige der Spezialfonds vor allem wichtig ist, das ist die Sicherheit der Anlage. In dieser Hinsicht bietet die Anlage in ersten Hypotheken .jede Garantie. Aus diesem Grunde und um den Hypothekarrnarkt zu entlasten, glauben wir, dass unser Bodenkreditgeschäft in Zukunft auf viel breiterer Grundlage ausgeübt werden sollte. Wir haben daher im Gesetzesentwurf vorgesehen, dass mindestens ein Drittel des Vermögens der Spezialfonds .in Grundpfandtiteln oder Obligationen von Grundpfandinstituten anzulegen ist. Wir wissen zwar,, dass dieses Geschäft viel umständlicher ist als die Anlage in Titeln> finden aber, dass seine Vorteile die grössere Arbeit wert sind. Grundpfanddarlehen dürfen nur auf inländische Unterpfänder gemacht werden und nur bis zu zwei Drittem des amtlich oder fachmännisch ermittelten Wertes,, wie das bereits im geltenden Gesetze geregelt ist.

·' I V .

···

-

Sehen wir uns nun der Eeihe nach die wichtigsten Bestimmungen des Entwurfes an.

Nach Art. 2 des Gesetzes vom 10. April 1891 hat die Staatskasse jederzeit in bar die nötigen Summen zur Bestreitung der laufenden Ausgaben und ausserdem. einen Betrag von mindestens 10 Millionen Franken als Eeserve für die ersten,Kosten*eines allfälligen Truppenaufgebotes bereit zu halten.

Im August 1914 bestand diese Rücklage in Gold und wurde der Nationalbank, in deren Gewahrsam sie seit 1913 lag, gegen Gutschrift abgetreten.

Ausser dieser Goldreserve verfügte die eidgenössische Staatskasse auf Ende Juli 1914 über einen Bestand von Fr. 1,500,000 in silbernen Fünffrankenstücken und Fr. 10,600,000 in silbernen und nickeinen Scheidemünzen.

Die im Jahre 1914 gemachten Erfahrungen haben bewiesen, dass es nicht nötig ist, einen Goldbestand zu halten, um den ausserordentlichen Bedürfnissen eines Truppen auf ge botes zu begegnen. Dagegen haben sie die Notwendigkeit dargetan, stets einen starken Vorrat an Scheidemünzen bereit zu halten.

Trotzdem die eidgenössische Staatskasse bei Kriegsausbruch, wie schon erwähnt, einen Bestand von Fr. 10,600,000 in Scheidemünzen besass, stellte sich rasch ein fühlbarer Mangel an Münzen ein. Die Aufspeicherung von Münzen durch die Bevölkerung hatte sogleich zur Folge, dass eine grosse Menge Geldes aus dem Verkehr verschwand. Da unsere Geldinstitute der Nachfrage nach Scheidemünzen nicht mehr genügen konnten, wandten sich das Publikum, die Industriellen, Kaufleute und selbst die Banken unmittelbar an die eidgenössische Staatskasse. Wohl nie dürfte die eidgenössische Staatskasse einen solchen Ansturm auf ihre Schalter zum Bezug von Scheidemünzen erfahren haben, um einen geordneten Zahlungsdienst aufrecht zu erhalten, musstèn an jenen Tagen militärische Posten aufgestellt werden.

167 In den letzten Jahren schwankt der Vorrat an Scheidemünzen bei der eidgenössischen Staatskasse immer zwischen 13 und 15 Millionen Franken.

Es darf deshalb damit gerechnet werden, dass die in Art. l vorgeschlagene Bestimmung, wonach in der eidgenössischen Staatskasse jederzeit wenigstens 10 Millionen Franken in Scheidemünzen vorhanden sein sollen, keine Neuprägungen nötig machen wird.

Art. 2 umschreibt die verschiedenen Anlagemöglichkeiten für die verfügbaren Gelder. Er enthält gegenüber der gegenwärtigen Gesetzgebung einige Änderungen, auf die wir besonders aufmerksam machen.

In Buchstabe a sehen wir die Anlage in verzinslicher Eechnung bei der Schweizerischen Nationalbank vor. Wir stehen mit der Nationalbank schon Seit langem in einem Kontokorrentverhältnis; sie besorgt den gesamten Zahlungsdienst des Bundes, soweit er nicht im Postcheckverkehr abgewickelt wird.

Der Umsatz der Staatskasse ist denn auch äusserst beschränkt.

Buchstabe d sieht neu die Möglichkeit vor, von schweizerischen Gemeinden ausgegebene oder garantierte Obligationen zu erwerben. Der stark erweiterte Markt der Gemeindeanleihen rechtfertigt diese Neuerung vollauf. "Übrigens gestatten die Vorschriften bereits diese Art der Anlage für die verfügbaren Gelder im Postcheckverkehr.

Buchstabe e tritt an Stelle des Bundesgesetzes vom 5. April 1895 betreffend Ergänzung des Anlagegesetzes vom 10. April 1891. Wir beantragen in diesem Artikel, die Anlage in Obligationen und Pfandbriefen von Bodenkreditanstalten auf jene Institute zu beschränken, deren Aktiven zu mehr als sechzig vom hundert der Bilanzsumme aus Forderungen bestehen, die im Bodenkreditgeschäft erworben sind.

Buchstabe g sieht vor, dass vorübergehende Depositen, ausser bei kantonalen Kassen und näher bezeichneten Banken, auch bei Gemeindekassen und öffentlichen Verwaltungen des Bundes gemacht werden können. Art. 5 verlangt immerhin, dass für Depositen bei kantonalen und Gemeindekassen sowie bei Privatbanken die ausdrückliche Zustimmung des Bundesrates erforderlich ist.

Die übrigen Bestimmungen in Art. 2 geben zu Bemerkungen nicht Anlass.

Zu erwähnen bleibt jedoch, dass wir die im gegenwärtigen Gesetze enthaltene Bestimmung über den Erwerb von Obligationen schweizerischer Eisenbahnen nicht beibehalten haben. Da die Hauptlinien verstaatlicht worden sind, stellen wir
die Obligationen der schweizerischen Bundesbahnen unter die Bestimmungen von Buchstabe d.

Auch die Sonderbestimmung über die Anlagen der Spezialfonds, wofür ausschliesslich Grundpfandtitel oder Staats- und Eisenbahnobligationen in Frage kommen (Art. 4, erster Absatz des geltenden Gesetzes), haben wir nicht in den yorliegenden Entwurf aufgenommen. Es erscheint uns in der Tat nicht gerechtfertigt, für die Anlage des Vermögens der Spezialfonds strengere Vorschriften aufzustellen, da auch die verfügbaren Staatsgelder nur in mündelsichern Papieren angelegt werden dürfen.

168 . In den Art. 8, 9 und 10 wird die Mitwirkung der Schweizerischen Nationalbank sowohl bei der Anlage der Staatsgelder, als auch bei der Aufbewahrung und Verwaltung der Wertschriften festgesetzt. Nach dem Wortlaut des Gesetzes über die Schweizerische Nationalbank ist diese übrigens gehalten, die dem Bunde gehörenden oder ihm anvertrauten Titel und Werte kostenlos aufzubewahren und zu verwalten, soweit es der Bund wünscht.

Schon jetzt beanspruchen wir die Nationalbank in allen Geschäften, die die Mitwirkung eines Geldinstitutes erheischen. Wir stellen mit Befriedigung fest, dass uns die Nationalbank gute Dienste bei der Anlage der verfügbaren Gelder leistet. Immerhin schlagen wir vor, die Mitwirkung der Nationalbank auf jene Anlagen zu beschränken, deren Betrag 100,000 Franken übersteigt.

Das Verwaltungsgetriebe soll niclnVunnötigerweise umständlich gestaltet werden.

Endlich muss nach Art. 5 jedesmal die Zustimmung des Bundesrates eingeholt werden, wenn die Anlage nach Art. 2, Buchstaben b, o und e, 500,000 Pranken übersteigt. " Dagegen, haben wir die im bisherigen Art. 7 enthaltenen weitern einschränkenden Vorschriften fallen gelassen, weil ihnen keine praktische Bedeutung mehr zukommt.

Wir empfehlen Ihnen den nachstehenden Gesetzentwurf zur Annahme und benützen den Anlass, Sie unserer ausgezeichneten Hochachtung zu versichern.

Bern, den 8. September 1927.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der V i z e p r ä s i d e n t :

Schulthess.

Der Bundeskanzler: Kaeslin.

169 (Entwurf.)

Bundesgesetz betreffend

die Anlage der eidgenössischen Staatsgelder und Spezialfonds.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 8. September 1927, beschliesst: Art. 1. Die eidgenössische Staatskasse hält den nötigen Münzvorrat zur Deckung des laufenden Münzbedarfes und ausserdem eine besondere Rücklage von wenigstens zehn Millionen Franken in Silberscheide- und Nickelmünzen, um den ersten Bedürfnissen bei ausserordentlichen Ereignissen zu genügen.

Art. 2. Die verfügbaren Staatsgelder und die Spezialfonds sind zinstragend anzulegen: a. in laufender Eechnung bei der Schweizerischen Nationalbank; b. gegen grundpfändliche Sicherheit an Private, Korporationen, Gemeinden oder Kantone; c. gegen faustpfändliche Sicherheit, geleistet durch Grundpfandtitel oder durch Obligationen und Staatspapiere, die den Vorschriften der Buchstaben d, e und / entsprechen; d. in Obligationen, die von der Eidgenossenschaft, Kantonen oder schweizerischen Gemeinden ausgegeben oder garantiert sind; e. in Obligationen und Pfandbriefen schweizerischer Bodenkreditanstalten, deren Aktiven nach ihrer Bilanz zu mehr als 60 % aus Forderungen bestehen, die im inländischen Bodenkreditgeschäft erworben worden sind ; /. ausnahmsweise in ausländischen Staatspapieren ; g. in Depositen bei den Kassen der Kantone und der Gemeinden, bei öffentlichen Verwaltungen des Bundes, ferner bei schweizerischen Banken, deren Organisation und Geschäftstätigkeit volle Gewähr bieten;

170 h. in Wechseln auf schweizerische und ausländische Bankplätze mit höchstens drei Monaten Laufzeit und mit wenigstens zwei voneinander unabhängigen und als zahlungsfähig bekannten Unterschriften. Auf schweizerischen Wechseln kann die zweite Unterschrift durch Bestellung eines Faustpfandes ersetzt werden. Ausländische Wechsel müssen mindestens eine schweizerische Unterschrift tragen.

Art. 8. Bei Anlagen gegen grundpfändliche Sicherheit (Art. 2, Buchstabe V) sind folgende Vorschriften zu beobachten: a. die Belehnung ist auf inländische Unterpfänder beschränkt; b. das Darlehen darf höchstens zwei Drittel des amtlich oder fachmännisch ermittelten Wertes betragen; c. alle Gebäude müssen gegen Brandschaden versichert sein; d. bei Belehnung von Waldungen, einzeln oder als Bestandteile des Unterpfandes, ist nur der Bodenwert in Betracht zu ziehen; e. industrielle Anlagen, Bergwerke oder Steinbrüche dürfen nicht belehnt werden.

Art. 4. Die Bestimmungen von Art. 3 gelten auch für die Grundpfandtitel, die als Faustpfand angeboten werden.

Art. 5. Die Zustimmung des Bundesrates ist nötig für: a. den Erwerb der Gemeindeobligationen; "b. die Errichtung von Depositen bei den kantonalen und Gemeindekassen Sowie den Privatbanken; c. die Anlage in ausländischen Wertschriften; à. die Geschäfte nach Art. 2, Buchstaben b, c und e, sofern das Darlehen 500,000 Franken übersteigt.

Art. 6. Wertschriften, die Bestandteile von Schenkungen, Stiftungen oder Vermächtnissen bilden, können mit Bewilligung des Bundesrates behalten werden, auch wenn sie den vorstehenden Bedingungen nicht entsprechen.

Art. 7. Das Vermögen eines Spezialfonds darf höchstens bis zu einem Fünftel seines Betrages in ausländischen Staatspapieren angelegt werden.

Das Vermögen der Spezialfonds ist bis zu mindestens einem Drittel in Grundpfandtiteln, in Pfandbriefen oder Obligationen schweizerischer Bodenkreditanstalten anzulegen.

Art. 8. Bei allen Anlagen, ausser bei denen gegen Grundpfand, lässt sich das Finanzdepartement von der Schweizerischen Nationalbank beraten, sobald der Betrag der Anlage Fr. 100,000 übersteigt.

Art. 9. Die Wertschriften des Bundes und der Spezialfonds werden bei der Schweizerischen Nationalbank in offenem Depot aufbewahrt. Im Einvernehmen mit dem Finanzdepartement besorgt die Schweizerische Nationalbank auch die Verwaltung.

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Art. 10. Die Schweizerische Nationalbank hat die bei ihr in Depot gegebenen Wertschriften mit derselben Sorgfalt zu verwahren wie ihre eigenen Werte. Sie ist für den Bestand des übernommenen Depots verantwortlich.

Die Aufbewahrung und Verwaltung dieser Wertschriften ist gebührenfrei.

Art. 11. Das Finanzdepartement hat dem Bundesrat wenigstens einmal halbjährlich über die An- und Verkäufe, den Bestand der Anlagen in Wertschriften sowie über die Depositen, das Wechselportefeuille und die Kasse Bericht zu erstatten.

Diese Anlagen sind für die Jahresbilanz nach den Vorschriften zu bewerten, die der Bundesrat in der Vollziehungsverordnung aufstellen wird.

Der Bundesrat prüft alljährlich auf Grund des ihm vom Finanzdepartement vorzulegenden Inventars, ob die Anlagen den gesetzlichen Vorschriften entsprechen. Die Schweizerische Nationalbank prüft durch ihre eigenen Kontrollorgane die für Eechnung des Bundes und der Spezialfonds verwahrten Wertschriften und teilt jeweilen das Ergebnis dem Finanzdepartement schriftlich mit.

Nach Genehmigung durch den Bundesrat ist das Inventar, zusammen mit der eidgenössischen Staatsrechnung, den Finanzkommissionen der eidgenössischen Bäte vorzulegen.

Art. 12. Mit dein Inkrafttreten dieses Gesetzes sind aufgehoben: Das Bundesgesetz betreffend die Anlage eidgenössischer Staatsgelder und der Spezialfonds vom 10. April 1891; das Bundesgesetz über die Ergänzung des Gesetzes vom 10. April 1891, betreffend die Anlage eidgenössischer Staatsgelder und der Spezialfonds, vom 5. April 1895.

Art. 18. Der Bundesrat bestimmt den Zeitpunkt des Inkrafttretens.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend den Entwurf zu einem Bundesgesetz über die Anlage der eidgenössischen Staatsgelder und Spezialfonds. (Vom 8.

September 1927.)

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14.09.1927

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