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Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung zum Begnadigungsgesuch der wegen Teilnahme an der Fälschung von Noten der schweizerischen Nationalbank bestraften Frau Elise Oelhafen, geb. Köpfer, in Dietikon, Kanton Zürich.

(Vom 30. Oktober 1909.)

Tit.

Petentin verheiratete sich am 22. August 1903 mit dem Lithographen Arnold Oelhafen von Aarau, der am 9. Juli 1898 vom Kriminalgerichte seines Heimatkantons wegen Banknotenfälschung mit 4 Jahren und 2 Monaten Zuchthaus bestraft worden war und zur Zeit der Verehelichung in Zürich lebte. Aus dieser Ehe gingen fünf Kinder hervor, von denen zwei gestorben sind (siehe den Familienschein, der dem Begnadigungsgesuch beigelegt ist, und das Zeugnis des Gemeinderates Aarau, Nr. 50 der Strafuntersuchung gegen Arnold Oelhafen und Konsorten).

Im Laufe des Jahres 1908 begann der Ehemann Oelhafen neuerdings, Wertpapiere nachzuahmen, und im Dezember schritt er zur Fälschung von Fr. 100 Noten der schweizerischen NationalBundesblatt. 61. Jahrg. Bd. V.

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bank. Es gelang ihm, solche in grösserer Anzahl herzustellen und gegen 70 Stück mit Hülfe von Verwandten und Freunden in verschiedenen Kantonen der Schweiz abzusetzen. Auch seine Ehefrau beteiligte sich dabei, indem sie das zur Erstellung der Falsifikate nötige Papier in einer Papierhandlung in Zürich kaufte, ferner zusammen mit ihrem Bruder Theodor Köpfer die zur Herstellung der Falsifikate nötige Autographiepresse von Zürich nach Dietikon schaffte und den nur ihr und ihrem Ehemann bekannten Aufbewahrungsort der falschen Noten hütete, d. h.

als Gehülfin im Sinne der Art. 66 und 68 des Bundesgesetzes betreffend die schweizerische Nationalbank und des Art. 21 des Bundesstrafrechtes bei dem von ihrem Ehemann begangenen Verbrechen mitwirkte, endlich indem sie ihrem Bruder Wilhelm Köpfer eine nicht näher, zu bestimmende Anzahl falscher Noten zum Zwecke der Verbreitung übergab, ferner abredegemäss mindestens Fr. 700 in Verwahrung nahm, von denen sie wusste, dass sie aus vertriebenen Falsifikaten erlöst worden waren, und dazu mithalf, Fr. 1000 derartig erlösten Geldes zu einem Verwandten in den Kanton Aargau zu schaffen (Begünstigung im Sinne des Art. 23 des Bundesstrafrechtes -- siehe Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Zürich und Urteil des dortigen Obergerichtes bei den Akten).

Im gerichtlichen Verfahren erklärte sich Frau Oelhafen dieser Delikte ohne Vorbehalt schuldig, und sie wurde darauf am 6. Mai 1909 von der dritten Appellationskammer des Obergerichtes Zürich verurteilt zu acht Monaten Gefängnis, ab 16 Tage Untersuchungsverhaft, und zu Kostentragung. Der Ehemann Oelhafen wurde mit acht Jahren Zuchthaus, die andern Komplicen, darunter zwei Brüder und die Mutter der Petentin, je nach dem Grade ihres Verschuldens mit Freiheitsstrafen von drei Wochen Gefängnis bis zu 2 J /2 Jahren Zuchthaus bestraft.

Frau Oelhafen ersucht um Erlass der ihr auferlegten Strafe -t sie macht darauf aufmerksam, dass sie als Ehefrau des Haupttäters gehandelt habe, also in einer Eigenschaft, die ihr einen gewissen blinden Gehorsam zur Pflicht machte. Sie lässt auch durch ihren Vertreter behaupten, dass sie nach dem Strafgesetze des Kantons Zürich, das ihr gegenüber ganz wohl hätte subsidiär angewendet werden können, straflos geblieben wäre, soweit sie die Verbrechen ihres Ehemannes bloss begünstigt hatte. Endlich sei ihr Gesuch gerechtfertigt durch das wahrhaft tragische Geschick ihrer Familie, deren erwachsene Glieder sämtlich in das

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Schicksal des Arnold Oelhafen verwickelt seien, und durch die Rücksicht auf ihre drei unmündigen Kinder. Der kantonale Staatsanwalt beantragt Reduktion der Strafe der Frau^Oelhafen auf zwei Monate Gefängnis.

Was die strafrechtliche Beurteilung der Handlungenl^dev Frau Oelhafen anbetrifft, so dürfte ohne weitere Begründung klar sein, dass nur das Bundesstrafrecht zur Anwendung kommen konnte, weil einzig dieses übertreten wurde. Nach demselben zieht die Fälschung von Noten der schweizerischen Nationalbank und 'die Verbreitung solcher Falsifikate Zuchthaus von ein bis zwanzig Jahren, bezw. bis zu drei Jahren nach sieh, und ist die Gehülfenschaft mit höchstens drei Vierteilen, aber nicht mit weniger als einem Vierteil der den Urheber treffenden Strafe zu ahnden. Den Begünstiger soll höchstens die Hälfte der auf die Übertretung gesetzten Strafe treffen. Bei einer strengen Auslegung dieser Gesetze hätte demnach Frau Oelhafen mindestens zu einem Vierteil der Strafe von acht Jahren Zuchthaus verurteilt werden müssen, welche ihren Ehemann als Haupttäter trafen, und die ihr zur Last fallende Begünstigung, sowie die vielfache Wiederholung der Delikte in den verschiedenen Gestalten wären als Schärfungsgründe zu berücksichtigen gewesen.

Das urteilende Gericht hat indessen in milder Anwendung der Rechtsvorschriften und offenbar in Würdigung der ihm bereits bekannten Kommiserationsgründe lediglich die Minimalstrafandrohung des Spezialgesetzes der Ausmessung der Strafe wegen Gehülfenschaft zugrunde gelegt und auch hierbei nur ein Minimum angewendet. Es würde daher zu weit gehen, wenn, unter nochmaliger Rücksichtnahme auf die Familienverhältnisse, die Strafe der Hausmutter noch . weiter heruntergesetzt würde. Ihr war unzweifelhaft bekannt, dass ihr Ehemann ganz kurz vor der Heirat erst aus dem Zuchthaus entlassen worden, wo er wegen Banknotenfälschung eine schwere Strafe abgesessen ; wenn sie, wie tatsächlich geschehen, trotzdem in so intensiver Weise an der Wiederholung des Verbrechens sich beteiligte, so fällt die Verantwortlichkeit für die Folgen eben auf sie selbst. Sie wäre übrigens auch nach zürcherischem Gesetze keineswegs wegen der Begünstigung straffrei geblieben, da dieses in § 42 die Ehefrauen nur dann in dieser Weise bevorzugt, wenn sie bloss zum Schütze des Täters gegen Entdeckung oder gegen gerichtliche
Verfolgung gehandelt haben. Der Zweck der Petentin aber war die Verwertung der von ihrem Ehemann hergestellten Falsifikate und die Sicherung des verbrecherischen Gewinnes.

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Wir stellen daher den A n t r ag:

Es sei das Begnadigungsgesuch der Ehefrau Oelhafen abzuweisen.

B e r n , den 30. Oktober 1909.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Deucher.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

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Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung zum Begnadigungsgesuch der wegen Teilnahme an der Fälschung von Noten der schweizerischen Nationalbank bestraften Frau Elise Oelhafen, geb. Köpfer, in Dietikon, Kanton Zürich. (Vom 30. Oktober 1909.)

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03.11.1909

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