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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Ratifikation zweier mit der Französischen Regierung zum Zwecke der Feststellung der Bau- und Betriebsbedingungen der Eisenbahn von Nyon nach Divonneles-Bains und von Martigny nach Chamonix abgeschlossenen Übereinkünfte.

(Vom 26. Februar 1909.)

Tit.

Die Eisenbahnen von Nyon nach Divonne-les-Bains und von Martigny nach Chamonix wurden auf Grundlage der von jedem der beteiligten Staaten bis zur Landesgrenze erteilten Konzessionen erstellt. Beide sind dem Betriebe übergeben worden, der sich heute in befriedigenden Verhältnissen abwickelt. Es handelt sich jetzt bloss noch darum, die zwischen den Regierungen und Eisenbahnverwaltungen zur Sicherung des Baues und des guten Betriebes der beiden Linien getroffenen Abkommen durch eine doppelte internationale Übereinkunft zu bestätigen.

Die folgende kurze Beschreibung der beiden Linien und ihrer Betriebsverhältnisse wird zum Verständnis des Wesens der Übereinkünfte, die wir Ihrer Ratifikation unterbreiten, beitragen.

Bundesblatt. 61. Jahrg. Bd. I.

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Linie Nyon--Divonne-les-Bains.

Diese normalspurige Linie ist auf schweizerischem Gebiete der Gesellschaft der Nyon--Crassier-Bahn und auf französischem Gebiete der Gesellschaft der Paris--Lyon--Mittelmeerbahnen konzessioniert worden; sie wird durch die schweizerischen Bundesbahnen betrieben. Die Linie beginnt in Nyon, Station der schweizerischen Bundesbahnen, und überschreitet die Grenze bei Grassier, wo sich das eidgenössische Zollamt befindet. Von der Grenze an gehört die Linie der Paris-Lyon-Mittelmeerbahn; die schweizerischen Züge werden jedoch bis Divonne-les-Bains geführt, welches der internationale Betriebsanschlussbahnhof ist.

Es gibt kein französisches Zollamt, indem Divonne-les-Bains in der internationalen Freizone des Pays de Gex liegt.

In umgekehrter Richtung bildet die Linie Nyon--Divonneles-Bains die Fortsetzung der Linie der P. L. M., welche als normalspurige Regionalbahn in Collonges vom Eisenbahnknotenpunkte Bellegarde abzweigt, das Pays de Gex bedient und das Gebiet des Kantons Genf umfährt.

Linie Martigny--Chamonix.

Es handelt sich hier um eine elektrische Schmalspurbahn, für welche die Konzession in der Schweiz der Gesellschaft der Eisenbahn Martigny--Châtelard und in Frankreich der Gesellschaft der P. L. M. erteilt worden ist. Die Linie beginnt in Martigny, Station der schweizerischen Bundesbahnen, und benutzt bis Vernayaz die Strasse, wobei ihr der elektrische Strom durch eine Luftleitung zugeführt wird. In Vernayaz tritt ein Wechsel des Systems ein : Auf eigenem Bahnkörper beginnt hier die Zahnstangenstrecke, und die Stromabnahme erfolgt miltelst Reibung auf einer dritten Schiene. Von Salvan bis zur Grenze ist die Linie Adhäsionsbahn mit Stromzuführung durch die dritte Schiene. In Chatelard-Trient, der letzten schweizerischen Station, befinden sich die eidgenössischen Zoll- und Postbureaux. Von der Grenze an fahren die schweizerischen Züge auf der Linie P. L. M. weiter bis zum internationalen Bahnhof Vallorcine, der auf französischem Gebiete, aber diesseits der Wasserscheide, liegt. Von Vallorcine aus tritt die Linie in den Tunnel der Montets, den sie bei Montroc im Tale der Arve verlässt, um Argeritieres und weiterhin Chamonix zu bedienen und in Le Fayet--St. Gervais zu endigen, wo sie mit der Normalspurbahn La Fayet--St. Gervais--La Röche--Annemasse--Genevö

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(Eaux-Vives) zusammentrifft. Sie befindet sich somit von der Grenze an auf dem Gebiete der grossen Freizone von Hochsavoyen. Der schweizerische Betrieb, den die Gesellschaft Martigny--Châtelard den schweizerischen Bundesbahnen übertragen hat, erstreckt sich bis zum internationalen Bahnhof Vallorcine. Es ist noch zu bemerken, dass während des Winters der Betrieb zwischen Vernayaz und Chamonix wegen der hohen Lage der Linie eingestellt ist.

In bezug auf die k i l o m e t r i s c h e L ä n g e der Linien dürfte die Angabe nachstehender Zahlen genügen : a. Linie Nyon--Divonne-les-Bains : Nyon--Grassier (Grenze) . .

Crassier (Grenze)--Divonne-les-Bains.

b. Linie Martigny--Chamonix: Martigny--Châtelard (Grenze) Chatelard (Grenze)--Vallorcine Vallorcine--Chamonix

.

.

.

6.940 km 8.209 ,, 19.132 ,, 2.517 ,, 15.100 ,,

Aus vorstehender Beschreibung ist leicht zu ersehen, dass die Linien Nyon--Divonne-les-Bains und Martigny--Chamonix in bezug auf ihre internationalen Bau- und Betriebsverhältnisse gemeinsame Merkmale aufweiseu, nämlich : B e z ü g l i c h des E i g e n t u m s , den Wechsel des Eigentümers an der Grenze, wo die Gesellschaft der P. L. M. auf die schweizerische Gesellschaft folgt j b e z ü g l i c h des B e t r i e b e s , die Ausdehnung des schweizerischen Betriebes auf das französische Gebiet; bezüglich der i n t e r n a t i o n a l e n B a h n h ö f e , die Erstellung dieser Bahnhöfe auf französischem Gebiet, wobei die Gesellschaft der P. L. M., als Eigentümerin der Anlagen, sich in deren Benützung mit der schweizerischen Gesellschaft teilt; b e z ü g l i c h der Z o l l v e r h ä l t n i s s e , die Lage der internationalen Bahnhöfe in einer zollfreien Zone ; endlich die Tatsache, dass der Betrieb der Linien Nyon-- Divonne-les-Bains und Martigny--Vallorcine gegenwärtig den s c h w e i z e r i s c h e n B u n d e s b a h n e n übertragen ist.

Es erschien daher angezeigt, den beiden internationalen Übereinkünften die gleiche allgemeine Fassung zu geben, wobei es sogar gelang, die beiden Texte artikelweise miteinander in Übereinstimmung zu bringen.

Ferner hat mau sich bestrebt, dem Texte der Übereinkünfte eine möglichst elastische Fassung zu geben, um ihn den Bedürfnissen der Zukunft anzupassen und dessen Revision zu vermeiden für den Fall, dass die gegenwärtigen Verhältnisse gewisse Änderungen erfahren sollten. So z. B. gebrauchen die Übereinkünfte die allgemeine Bezeichnung : ,,die schweizerische Eisenbahn", um der Möglichkeit Rechnung zu tragen, dass die schweizerischen Gesellschaften den Betrieb ihrer Linien selbst zu übernehmen wünschten; sodann schliessen die Übereinkünfte, um dem Verkehrsandrang oder der Bequemlichkeit der Reisenden Rechnung zu tragen, die Verlegung des schweizerischen Zollamtes auf die internationalen Bahnhöfe nicht aus.

Nach diesen Ausführungen gehen wir zur artikelweisen Prüfung der Übereinkommen über, wobei wir uns auf einige kurze Bemerkungen beschränken.

Art. l verpflichtet die Regierungen zur Sicherung des Betriebes beider Linien auf Grund der zwischen ihnen bereits erfolgten Verständigungen und auf Grund der den beteiligten Gesellschaften beiderseits erteilten Konzessionen.

Art. 2 sieht den Anschluss der Linien an der Grenze vor.

Art. 3 regelt den Bau der Eisenbahnstrecke zwischen der schweizerischen Grenze und dem internationalen Bahnhof gemäss dea Entscheidungen der zuvor eingesetzten internationalen Kommissionen.

Art. 4 bestimmt die Lage der internationalen BetriebsanschlussBahnhöfe.

Art. 5 handelt von den Einrichtungen dieser Bahnhöfe, welche im Einverständnis zwischen der französischen Gesellschaft und der schweizerischen Eisenbahn bestimmt werden.

Art. 6 erklärt als Sache der beteiligten Eisenbahnverwaltungen die direkte Regelung ihrer aus der gemeinschaftlichen Benutzung der internationalen Bahnhöfe hervorgehenden finanziellen Beziehungen.

Art. 7 bestimmt dasselbe in bezug auf die Einzelheiten des Betriebsdienstes der internationalen Bahnhöfe und verbietet die Anstellung rechtsgültig Verurteilter.

Art. 8 regelt die Stellung unserer Landesangehörigen, welche

889 auf den internationalen Bahnhöfen im Dienste der schweizerischen Verwaltungen stehen, und sorgt dafür, dass sie sich gänzlich ihrem Eisenbahndienste widmen können, indem er vorsieht, dass sie in Frankreich vom Militärdienste und von jedem ändern gleichartigen Dienste befreit werden.

Art. 9 bestimmt, dass die internationalen Bahnhöfe beiden Ländern für die Beförderung von Reisenden und den Transport nicht verbotener Güter offen stehen sollen.

Art. 10 bezieht sich auf die schweizerische Zollbehandlung und regelt bis auf weiteres Interessen, die sich schwer vereinbaren lassen. Einerseits haben die Eisenbahnen und das Publikum tatsächlich ein Interesse daran, dass die schweizerische Zollbehandlung auf dem internationalen Bahnhofe erfolge, wo gleichzeitig Zugs- und Personalwechsel stattfindet. Auf diese Weise wird der von Frankreich nach der Schweiz kommende Reisende nur einmal belästigt, während dies zweimal geschieht, wenn die Zollbehandlung auf schweizerischem Gebiete vorgenommen wird.

Umgekehrt liegt es im Interesse unserer Zollverwaltung, sich weder in Divonne-les-Bains noch in Vallorcine einzurichten, da, abgesehen von der Kostenfrage, die Stellung ihrer in einer Freizone isolierten Beamten eine schwierige wäre. Es ist indessen möglich, dass man später unserer Zollverwaltung alle wUnschbaren Garantien für die richtige Ausübung ihrer Verrichtungen in den internationalen Bahnhöfen bieten wird ; in diesem Falle und wenn die Bedürfnisse des Personen- und Güterverkehrs es verlangen, wäre es von wirklichem Vorteil, wenn die schweizerische Zollverwaltung den Sitz ihrer Tätigkeit ohne weiteres nach Divonneles-Bains und Vallorcine verlegen könnte. In gegenseitigem Einverständnis hat daher der Art. 10 folgenden Wortlaut erhalten: ,,Die Verrichtungen der schweizerischen Zollverwaltung finden auf schweizerischem Gebiete statt, solange nichts anderes bestimmt wird.tt Diese Fassung hat den Vorzug, dass sie der schweizerischen Zollverwaltung gestattet, ihre Verrichtungen auf der Grenzstation, unterwegs oder auf einer ändern im Innern gelegenen Station zu vollziehen. Auf der Linie Chamonix--Martigny, welche durch den Transport des grossen Touristengepäcks stark in Anspruch genommen ist, könnte beispielsweise die schweizerische Zollverwaltung die Zollabfertigung in Martigny vor der Durchfahrt der Simplon-Schnellzüge vornehmen.

Art. 11 überträgt der schweizerischen Eisenbahn den Betrieb der Strecke zwischen der Grenze und dem internationalen Bahn-

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hof und verweist die beteiligten Verwaltungen auf eine direkte Verständigung über ihre daherigen finanziellen Interessen.

Art. 12 stellt den Grundsatz auf, dass die Tarife P. L. M.

für die Strecke zwischen der schweizerischen Grenze und dem internationalen Bahnhof massgebend sein sollen.

Art. 13 bezieht sich auf die Bisenbahnpolizei auf dieser Strecke.

Art. 14 bestimmt, dass die schweizerischen Angestellten auf französischem Gebiet in bezug auf das französische Strafgesetz kein Vorrecht gemessen sollen.

Art. 15 bezweckt die Herstellung guter Zugsverbindungen in den internationalen Bahnhöfen.

Art. 16 regelt grundsätzlich die Frage des Postdienstes (Briefe, Poststiicke und Fahrposlstüeke).

Art. 17 bezweckt, den Telegraphen- und Telephondienst im Interesse der Reisenden zu entwickeln.

Art. 18 sieht nötigenfalls die Genehmigung der von den beteiligten Verwaltungen geschlossenen direkten Übereinkünfte durch die Regierungen vor.

Art. 19 handelt von den Ratifikationen.

Indem wir nun einen Rückblick auf die Verhandlungen werfen, die zum Abschlüsse der vorliegenden in Paris am 16. Dezember 1908 von den Herren Lardy und Pichon unterzeichneten Übereinkünfte geführt haben, konstatieren wir mit Vergnügen, 'dass ihr glückliches Zustandekommen dem vortrefflichen Geiste der Verständigung und des Entgegenkommens zu verdanken ist, welcher die beteiligten Eisenbahngesellschaften und die zum Zwecke der bestmöglichen Regelung des Betriebes beider neuen internationalen Linien eingesetzten internationalen Kommissionen beseelt hat.

Wir erachten die Übereinkünfte für beide Länder als vorteilhaft und beantragen Ihnen, sie gemäss dem beiliegenden Bundesbeschluss-Entwurf zu genehmigen.

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Wir benützen den Anlass, Sie, Tit., unserer ausgezeichneten Hochachtung zu versichern.

Bern, den 26. Februar 1909.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Deucher.

Der I. Vizekanzler: Schatzmann.

Beilagen : Bundesbeschluss-Entwurf mit 1. Internationaler Übereinkunft Nyon--Divonne-les-Bains.

2. Internationaler Übereinkunft Martigny--Chamonix.

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(Entwurf.)

Bwndesbeschluss betreffend

die Ratifikation der zwischen der Schweiz und Frankreich behufs Festsetzung der Bau- und Betriebsbedingungen der Eisenbahnen Nyon--Divenneles-Bains und Martigny--Chamonix abgeschlossenen Obereinkünfte.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht der beiden zwischen der Schweiz und Frankreich am 16. Dezember 1908 abgeschlossenen Übereinkünfte zur Festsetzung der Bau- und Betriebsbedingungen a. einer normalspurigen Eisenbahn zwischen Nyon (Kanton Waadt) und Divonne-les-Bains (Département de l'Ain) ; b. einer schmalspurigen Eisenbahn zwischen Martigny (Kanton Wallis) und Chamonix (Departement Hochsavoyen), sowie einer Botschaft des Bundesrates vom 26. Februar 1909, beschliesst: 1. Den beiden vorgenannten Übereinkünften wird die Genehmigung erteilt.

2. Der Bundesrat ist mit der Vollziehung und Inkraftsetzung dieses Beschlusses beauftragt.

893 Überseteung.

Beilage L

Übereinkunft zwischen

der Schweiz und Frankreich betreifend

die Festsetzung der Bau- und Betriebsbedingungen einer Eisenbahn zwischen Nyon (Kanton Waadt) und Divonne-les-Bains (Departement de l'Ain).

Der schweizerische Bundesrat und

der Präsident der französischen Republik, von dem nämlichen Wunsche beseelt, die Verbindungen zwischen den beiden Staaten zu erleichtern, haben beschlossen, eine Übereinkunft abzuschliessen, um die Bauund Betriebsbedingungen einer Eisenbahn zwischen Nyon (Kanton Waadt) und Divonne-les-Bains (Departement de l'Ain) festzustellen; sie haben zu diesem Zwecke zu ihren Bevollmächtigten ernannt : Der schweizerische Bandesrat: Herrn Dr. Karl Eduard L a r d y , ausserordentlicher Gesandter und bevollmächtigter Minister der schweizerischen Eidgenossenschaft in Paris, und Der Präsident der französischen Republik: Herrn Stephen P i c h on, Senator, Minister der auswärtigen Angelegenheiten,

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welche, nach gegenseitiger Mitteilung ihrer in guter und gehöriger Form befundenen Vollmachten, folgende Bestimmungen vereinbart haben:

Art. 1.

Die beiden Regierungen verpflichten sich, den Betrieb der normalspurigen Eisenbahn von Nyon (Schweiz) nach Divonne-les-Bains (Frankreich) auf Grund der zwischen ihnen bereits erfolgten Verständigungen, sowie auf Grund der in der Schweiz der Gesellschaft der Nyon-Crassierbahn für die Strecke von Nyon bis zur französischen Grenze und in Frankreich der Gesellschaft der Paris-Lyon-Mittelmeerbahnen für die Strecke von Divonne-les-Bains bis zur schweizerischen Grenze erteilten Konzessionen zu sichern.

Art. 2. ' Der Anschluss des schweizerischen und des französischen Teilstücks der Linie erfolgt an der Grenze der beiden Staaten; der Anschlusspunkt ist mit Merkzeichen zu versehen.

Art. 3.

Der Bau der Eisenbahnstrecke zwischen Divonne-lesBains und Crassier wird durch Art. 7 des Sitzungsprotokolls der zur Festsetzung der technischen Bedingungen des Anschlusses am 9. August 1904 in Genf zusammengetretenen internationalen Kommission geregelt.

Art. 4.

Der von der französischen Gesellschaft der P. L. M.

betriebene Bahnhof Divonne-les-Bains wird internationaler Betriebsanschluss-Bahnhof der Linie des Pays de Gex, für

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welche die Konzession der P. L. M. erteilt worden ist, öowie der Linie Nyon-Divonne-les-Bains, welche durch eine schweizerische Eisenbahn betrieben wird.

Art. 5.

Die französische Gesellschaft wird im Einverständnis mit der schweizerischen Eisenbahn dafür besorgt sein, dass der internationale Bahnhof Divonne-les-Bains mit allen für einen guten Betrieb notwendigen Einrichtungen versehen ist.

Art. 6.

Der internationale Bahnhof Divonne-les-Bains wird von der französischen Gesellschaft verwaltet, welche sich mit der schweizerischen Eisenbahn über die Bedingungen der Mitbenutzung des Bahnhofes direkt verständigen wird.

Art. 7.

Die Einzelheiten des Bahnhofbetriebsdienstes werden zwischen der französischen Gesellschaft und der schweizerischen Eisenbahn direkt geregelt.

Es wird von vornherein festgestellt, dass solche Personen, die in einem oder dem ändern Lande wegen gemeinrechtlicher Verbrechen und Vergehen und wegen Zuwiderhandlung gegen die Gesetze und Réglemente über das Zollwesen rechtsgültig verurteilt worden sind, im Bahnhofe nicht verwendet werden dürfen.

Art. 8.

Die im Dienste der schweizerischen Verwaltungen auf dem Bahnhofe Divonne-les-Bains zu verwendenden Angestellten schweizerischer Nationalität dürfen, mit Rücksicht

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auf die von ihnen daselbst auszuübenden Funktionen, in Frankreich keiner persönlichen Steuer unterworfen werden.

Desgleichen sind diese Angestellten in Frankreich von jedem Militärdienst, welcher Art er auch sei, befreit.

Art. 9.

Der Bahnhof Divonne-les-Bains soll beiden Ländern zur Beförderung von Personen und nicht verbotenen Gütern offen sein.

Art. 10.

Die Verrichtungen der schweizerischen Zollverwaltung finden auf schweizerischem Gebiet statt, solange nichts anderes bestimmt wird.

Art. 11.

Die französische Eisenbahnstrecke zwischen Divonneles-Bains und der schweizerischen Grenze wird von der schweizerischen Eisenbahn betrieben, in deren Besitz oder Betrieb sich die Linie Nyon-Crassier befindet.

Die sich aus diesem Betriebe ergebenden finanziellen Fragen werden durch Verständigung zwischen der französischen Gesellschaft und der schweizerischen Eisenbahn geregelt.

Art. 12.

Auf die französische Strecke Divonne-les-Bains--Schweizergrenze sollen die für die Linie des Pays de Gex massgebenden Tarife Anwendung finden.

Die schweizerische Eisenbahn hat die auf Sendungen in Eil- und gewöhnlicher Fracht zu gunsten des französischen Staates erhobenen Steuern direkt zu entrichten.

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Art. 13.

Für den Betrieb der Strecke Divonne-les-Bains -- Schweizergrenze gelten die französischen Gesetze und Réglemente über die Bahnpolizei. Die Polizei in den Zügen wird jedoch von den Angestellten der schweizerischen Bahn ausgeübt, deren Protokolle in Frankreich Rechtskraft haben sollen.

Art. 14.

Die auf der Strecke Divonne-les-Bains--Schweizergrenze oder im internationalen Bahnhof Divonne-les-Bains bediensteten schweizerischen Angestellten geniessen keinerlei Vorrecht in Ansehung des französischen Strafgesetzes.

Art. 15.

Die beiden Regierungen werden in gemeinsamem Einverständnis dahin wirken, dass die auf dem internationalen Bahnhof Divonne-les-Bains nach oder von Bellegarde und Njon abgehenden oder ankommenden Züge soweit als möglich Anschlüsse haben.

Art. 16.

Die schweizerische Eisenbahn ist 'auf der von ihr betriebenen französischen Strecke in gleicher Weise zur Besorgung des Postdienstes verpflichtet wie auf der schweizerischen Strecke.

· Die Postverwaltungen der beiden Staaten sollen im Einvernehmen mit. den Eisenbahnverwaltungen den Briefpostund Poststückdienst zwischen den Grenzstationen regeln.

Die Übergabe der Fahrpoststücke wird den Gegenstand einer besondern Verständigung zwischen der Gesellschaft der P. L. M. und der schweizerischen Postverwaltung bilden.

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Art. 17.

Für den Eisenbahndienst werden elektromagnetische Verbindungen (Telegraph, Telephon) erstellt.

Ferner sollen die Bahnhöfe von Nyon und Divonneles-Bains ein Aufgabetelegraphenbureau und eine mit der Zentralstation des Ortes verbundene Telephonzelle erhalten, sobald die beteiligten Verwaltungen der beiden Staaten es für notwendig erachten und sich in dieser Beziehung mit den betriebsführenden Verwaltungen der beiden Linien verständigt haben.

Art. 18.

In bezug auf die gemäss Art. 5, 6, 7 und 11 dieser Übereinkunft von der französischen Gesellschaft und der schweizerischen Eisenbahn direkt zu treffenden Vereinbarungen wird für den Fall, dass die innere Gesetzgebung dies verlangt, die Genehmigung der beteiligten Regierungen vorbehalten.

Art. 19.

Die vorliegende Übereinkunft ist zu ratifizieren, und die Ratifikationen sind sobald als möglich in Paris auszuwechseln.

Sie tritt am Tage des Austausches der Ratifikationsurkunden in Kraft. · So geschehen zu Paris in doppelter Ausfertigung am 16. Dezember 1908.

(L. S.)

Lardy.

(L. S.)

S. Pichon.

899 Übersetzung.

Beilage II.

Übereinkunft zwischen

der Schweiz und Frankreich betreffend

die Festsetzung der Bau- und Betriebsbedingungen einer Eisenbahn zwischen Martigny (Kanton Wallis) und Chamonix (Departement Hoch-Savoyen).

Der schweizerische Bundesrat und der Präsident der französischen Republik, von dem nämlichen Wunsche beseelt, die Verbindungen zwischen den beiden Staaten zu erleichtern, haben beschlossen, eine Übereinkunft abzuschliessen, um die Bauund Betriebsbedingungen einer Eisenbahn zwischen Martigny (Kanton Wallis) und Chamonix (Departement HochSavoyen) festzustellen; sie haben zu diesem Zwecke zu ihren Bevollmächtigten ernannt: Der schweizerische Bundesrat: Herrn Dr. Karl Eduard L a r d y , ausserordentlicher Gesandter und bevollmächtigter Minister der schweizerischen Eidgenossenschaft in Paris, und Der Präsident der französischen Republik: Herrn Stephen P i c h o n , Senator, Minister der auswärtigen Angelegenheiten,

900

welche, nach gegenseitiger Mitteilung ihrer in guter und gehöriger Form befundenen Vollmachten, folgende Bestimmungen vereinbart haben :

Art. 1.

Die beiden Regierungen verpflichten sich, den Betrieb der schmalspurigen Eisenbahn von Martigny (Schweiz) nach Chamonix (Frankreich) auf Grund der zwischen ihnen bereits erfolgten Verständigungen, sowie auf Grund der in der Schweiz der Gesellschaft der Martigny-Chatelard-Bahn für die Strecke von Martigny bis zur französischen Grenze und in Frankreich der Gesellschaft der Paris-Lyon-Mittelmeerbahnen für die Strecke von Chamonix bis zur schweizerischen Grenze erteilten Konzessionen zu sichern.

Art. 2.

Der Anschluss des schweizerischen und des französischen Teilstücks der Linie erfolgt an der Grenze der beiden Staaten; der Anschlusspunkt ist mit Merkzeichen xu versehen.

Art. 3.

Der Bau der Eisenbahnstrecke zwischen ChâtelardTrient und Vallorcine wird durch Artikel 4 des Sitzungsprotokolls der zur Festsetzung der technischen Bedingungen des Anschlusses am 7. April 1903 in Martigny zusammengetretenen internationalen Kommission geregelt.

Art. 4.

Der von der französischen Gesellschaft der P. L. M.

betriebene Bahnhof Vallorcine wird internationaler Betriebsanschluss-Bahnhof der Linie von Chamonix, für welche die Konzession der P. L. M. erteilt worden ist, sowie der Linie Martigny-Vallorcine, welche durch eine schweizerische Eisenbahn betrieben wird.

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Art. 5.

Die französische Gesellschaft wird im Einverständnis mit der schweizerischen Eisenbahn dafür besorgt sein, dass der internationale Ëahnhof Vallorcine mit allen für einen guten Betrieb notwendigen Einrichtungen versehen ist.

Art. 6.

Der internationale Bahnhof Vallorcine wird von der französischen Gesellschaft verwaltet, welche sich mit der schweizerischen Eisenbahn über die Bedingungen der Mitbenutzung des Bahnhofes direkt verständigen wird.

Art. 7.

Die Einzelheiten des Bahnhofsbetriebsdienstes werden zwischen der französischen Gesellschaft und der schweizerischen Eisenbahn direkt geregelt.

Es ist von vornherein festgestellt, dass solche Personen, die in dem einen oder dem ändern Lande wegen gemeinrechtlichen Verbrechen oder Vergehen und wegen Zuwiderhandlung gegen die Gesetze und Réglemente über das Zollwesen rechtsgültig verurteilt worden sind, im Bahhhofe nicht verwendet werden dürfen.

Art. 8.

Die im Dienste der schweizerischen Verwaltungen auf dem Bahnhofe Vallorcine zu verwendenden Angestellten schweizerischer Nationalität dürfen, mit Rücksicht auf die von ihnen daselbst auszuübenden Funktionen, in Frankreich keiner persönlichen Steuer unterworfen werden.

Desgleichen sind diese Angestellten in Frankreich von jedem Militärdienst, welcher Art er auch sei, befreit.

Bundesblatt. 61. Jahrg. Bd. I.

59

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Art. 9.

Der Bahnhof Vallorcine soll beiden Ländern zur Beförderung von Personen und nicht verbotenen Gütern offen sein.

Art. 10.

Die Verrichtungen der schweizerischen Zollverwaltungfinden auf schweizerischem Gebiet statt, solange nicht» anderes bestimmt wird.

Art. 11.

Die französische Eisenbahnstrecke zwischen Vallorcine.

und der schweizerischen Grenze wird von der schweizerischen Eisenbahn betrieben, in deren Besitz oder Betrieb sich die Linie Martigny-Châtelard befindet.

Die sich aus diesem Betriebe ergebenden finanziellen Fragen werden durch Verständigung zwischen der französischen Gesellschaft und der schweizerischen Eisenbahn geregelt.

Art. 12.

Auf die französische Strecke Vallorcine-Schweizergrenze sollen die für die Linie von Chamonix massgebenden Tarife Anwendung finden.

Die schweizerische Eisenbahn hat die auf Sendungen in Eil- und gewöhnlicher Fracht zugunsten des französischen Staates erhobenen Steuern direkt zu entrichten.

Art. 13.

Für den Betrieb der Strecke Vallorcine - Schweizergrenze gelten die französischen Gesetze und Réglemente über die Bahnpolizei. Die Polizei in den Zügen wird jedoch von den Angestellten der schweizerischen Bahn ausgeübt, deren Protokolle in Frankreich Rechtskraft haben sollen.

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Art. 14.

Die auf der Strecke Vallorcine-Schweizergrenze oder im internationalen Bahnhof Vallorcine bediensteten schweizerischen Angestellten gemessen keinerlei Vorrechte in Ansehung des französischen Strafgesetzes.

Art. 15.

Die beiden Regierungen werden in gemeinsamem Einverständnis dahin wirken, dass die auf dem internationalen Bahnhof Vallorcine nach oder von Martigny und Chamonix abgehenden oder ankommenden Züge soweit als möglich Anschlüsse haben.

Art. 16.

Die schweizerische Eisenbahn ist auf der von ihr betriebenen französischen Strecke in gleicher Weise zur Besorgung des Postdienstes verpflichtet wie auf der schweizerischen Strecke.

Die Postverwaltungen der beiden Staaten sollen im Einvernehmen mit den Eisenbahnverwaltungen den Briefpost- und Poststückdienst zwischen den Grenzstationen regeln.

Die Übergabe der Fahrpoststücke wird den Gegenstand einer besondern Verständigung zwischen der Gesellschaft der P. L. M. und der schweizerischen Postverwaltung bilden.

Art. 17.

Für den Eisenbahndienst werden elektro-magnetische Verbindungen (Telegraph, Telephon) erstellt.

Ferner sollen die Bahnhöfe von Martigny, Vallorcine und Chamonix ein Aufgabetelegraphenbureau und eine mit der Zentralstation des Ortes verbundene Telephonzelle erhalten, sobald die beteiligten Verwaltungen der beiden Staaten 00 für notwendig erachten und sich in dieser Be-

904

ziehung mit den betriebsführenden Verwaltungen der beiden Linien verständigt haben.

Art. 18.

In bezug auf die gemäss Art. 5, 6, 7 und 11 dieser Übereinkunft von der französischen Gesellschaft und der schweizerischen Eisenbahn direkt zu treffenden Vereinbarungen wird für den Fall, dass die innere Gesetzgebung dies verlangt, die Genehmigung der beteiligten Regierungen vorbehalten.

Art. 19.

Die vorliegende Übereinkunft ist zu ratifizieren, und die Ratifikationen sind sobald als möglich in Paris auszuwechseln.

Sie tritt am Tage des Austausches der Ratifikationsurkunden in Kraft.

So geschehen zu Paris in doppelter Ausfertigung am 16. Dezember 1908.

(L. S.) Lardy.

(L. S.) S. Pichon.

-~S^~-

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03.03.1909

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