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Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung zum Begnadigungsgesuch des wegen Übertretung des Bundesgesetzes über Jagd und Vogelschutz bestraften Joseph Barth, Landwirt, in Corban, Kanton Bern.

(Vom 5. November 1909.)

Tit.

Joseph Barth wurde von einem bernischen Jagdaufseher den Strafbehörden verzeigt, weil er nach eigener Beobachtung des Denunzianten im Walde bei dem Bauernhof Chenal nahe dem Dorfe Corban zu geschlossener Zeit mit einer Flinte jagte.

Er behauptete, er habe auf Ansuchen des Pächters des erwähnten Bauernhofes einem Marder nachgestellt, der im Hühnerhof mehrfach Schaden angerichtet, und er sei deswegen nicht strafbar.

Nach durchgeführter Untersuchung verurteilte der Polizeirichter von Münster den Joseph Barth, gestützt auf Art. 21, Ziff. 5 a, des eidgenössischen Jagdgesetzes zu Fr. 40 Busse und Tragung eines Kostenanteiles von Fr. 34. 15. Nunmehr ersucht der Bestrafte um Nachlass der Busse durch Begnadigung, indem er wiederholt behauptet, auf Geheiss des Pächters und nur in dessen Grundstück das Raubwild gejagt zu haben, was ihm Straffreiheit hätte sichern sollen. Der Gemeinderat von Corban empfiehlt das Gesuch des gutbeleumdeten Petenten angelegentlich.

Die Strafe, um deren Erlass nachgesucht wird, hat der Richter ausgesprochen in Anwendung des eidgenössischen Gesetzes.

Dagegen basiert Joseph Barth sein Gesuch darauf, dass er hätte straffrei gelassen werden sollen, mit Rücksicht auf die kantonale Gesetzgebung, welcher Art. 4 des Bundesgesetzes vom 24. Juni

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1904 überlässt zu bestimmen, unter welchen Bedingungen Raubwild und nicht geschützte Vögel, welche dem Besitzer von Gebäulichkeiten und Liegenschaften Schaden zufügen, mit oder ohne Bewilligung unschädlich gemacht werden dürfen. Die bernische Vollziehungsverordnung zu diesem Bundesgesetze schreibt nun in Art. 12 vor: ^Einern jeden Grundbesitzer oder Nutzmesser von Grundeigentum soll erlaubt sein, selbst oder durch seine Pächter oder seine Leute, jedoch ohne Hunde zu gebrauchen, Raubwild und nicht geschützte Vögel, durch welche seinen Gütern Schaden zugefügt wird, innert den Marken derselben, jedoch mit Ausschluss der Waldungen, Gemeinde und Privatweiden, zu erlegen und zu behändigen.tfDiese Vorschrift ist ihrer Natur nach enge zu -interpretieren, und kann nicht als zutreffend anerkannt werden, denn Barth stund keineswegs als Pächter oder in anderer Eigenschaft in dem von der Vollziehungsverordnung1 umschriebenen Verhältnis zu dem ,,Fermier"1 Neuenschwander, und durch den Verzeiger und den urteilenden Richter ist im weitern festgestellt, dass er die Jagd in einer Waldung ausgeübt hat, also an einem verbotenen Ort.

Die Behauptung, es habe sich um straffreies Jagen von Raubwild gehandelt, ist demnach nicht zu hören, im übrigen aber liegen keine genügenden Gründe vor, um die vom Richter auf das gesetzliche Mindestmass beschränkte Busse gänzlich oder zum Teil zu erlassen.

Wir stellen daher den Antrag: Es sei das Begnadigungsgesuch des Joseph Barth abzuweisen.

B e r n , den 5. November 1909.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Deucher.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Bingier.

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Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung zum Begnadigungsgesuch des wegen Übertretung des Bundesgesetzes über Jagd und Vogelschutz bestraften Joseph Barth, Landwirt, in Corban, Kanton Bern. (Vom 5. November 1909.)

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1909

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10.11.1909

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105-106

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