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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Konzession einer Schmalspurbahn, teilweise Strassenbahn, von Damvant über Pruntrut nach Lugnez.

(Vom 21. Dezember 1909.)

Tit.

Mit Bundesbeschluss vom 28. Juni 1902 (E. A. S. XVIII, 133) haben Sie einem durch die Herren Regierungsstatthalter Daucourt und Journalist Chavannes, beide in Pruntrut, vertretenen Initiativkomitee zu Händen einer zu bildenden Aktiengesellschaft die Konzession für den Bau und Betrieb einer N o r m a l s p u r b a h n von Pruntrut nach Damvant (Landesgrenze) erteilt.

Die in dieser Konzession angesetzte Frist zur Einreichung der technischen und finanziellen Vorlagen, sowie der Gesellschaftsstatuten, wurde durch Bundesbeschluss vom 1. Juli 1905 (B. A. S.

XXI, 180) um drei Jahre verlängert.

Da aber die Konzessionsinhaber unterlassen hatten, dem Bundesrate binnen der neuen Frist die vorschriftsmässigen Vorlagen zur Genehmigung einzureichen und rechtzeitig um eine neue Fristverlängerung nachzusuchen, so erfolgte der Hinfall dieser Konzession.

Mit Eingabe vom 11. September 1907 stellte nun das betreffende Komitee das Gesuch um Erneuerung der erloschenen Konzession, sowie mit nachträglicher Eingabe vom 26. September

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gleichen Jahres das weitere Gesuch um die Ermächtigung zur eventuellen Erstellung einer S c h m a l s p u r b a h n .

II.

Unterm 19. Juni 1903 unterbreitete ein durch Herrn Ingenieur Ritter, in Freiburg und Pruntrut, vertretenes Initiativkomitee ein Konzessionsprqjekt für den Bau einer S c h m a l s p u r b a h n , teilweise Strassenbahn, von Damvant über Pruntrut nach Lugnez. Dieses Projekt ist am 11./15. April 1905 durch ein anderes Projekt berichtigt und ergänzt worden, das von den Herren Gerichtspräsident Ceppi, Grossrat Henzelin, Gemeindepräsident Jolissaint, Architekt Vallat und Ingenieur Ritter unterschrieben ist. Der letztere hat als Projektverfasser gezeichnet.

Als das Normalbahnkomitee am 18. April 1904 das Gesuch um Fristverlängerung, das durch den erwähnten Bundesbeschluss vom 1. Juli 1905 seine Erledigung fand, eingereicht hatte, erhob das Komitee der Schmalspurbahn in einer Eingabe vom 23. September 1904, welche durch eine Reihe von unterm 25. Oktober 1904 eingesandten Beilagen ergänzt wurde, gegen die nachgesuchte Fristverlängerung Einspruch. Gleichzeitig stellte das Komitee das Gesuch, es möchte seinem Konzessionsgesuch Folge gegeben werden. Seine Einsprache und sein Gesuch sind aber aus den in der Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Fristverlängerung für eine Eisenbahn von Pruntrut nach Damvant vom 30. März 1905 angegebenen Gründen abgewiesen worden.

Nach dem erwähnten Hinfall der Konzession stellte das Komitee der S c h m a l s p u r b a h n neuerdings unterm 26. Oktober 1907 das Gesuch, es möchte sein Konzessionsgesuch berücksichtigt werden. In seiner daherigen Eingabe erklärt es, gegen die Erneuerung der Konzession für eine Normalbahn keine Einwendungen machen zu wollen, protestiert aber gegen das weitere Gesuch des Komitees der Normalbahn um Erlangung der Ermächtigung zur eventuellen Erstellung einer S c h m a l s p u r b a h n .

Es macht geltend, dass es sich zuerst um die Schmalspurbahn beworben habe.

III.

Bei dieser Sachlage glaubte das Eisenbahndepartement dahin wirken zu sollen, dass die beiden einander gegenüberstehenden Komitees sich verständigen und vereinigen, um ge-

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meinsam am Zustandekommen der projektierten Unternehmung zu arbeiten.

Auf Anregung des Eisenbahndepartements fand eine erste Unterredung zwischen den Vertretern der beiden Komitees am 18. Dezember 1907 in Bern, bei der Baudirektion des Kantons Bern statt. Diese Unterredung verlief aber resultatlos.

Da jedoch nicht jede Möglichkeit einer Verständigung ausgeschlossen war, ergriff der Herr Vorsteher des Eisenbahndepartements die Initiative zur Einberufung einer Konferenz, welche dann am 11. Oktober 1909 in Damvant stattgefunden hat. In dieser Konferenz kam schliesslich eine Einigung beider Komitees auf folgender Grundlage zustande : Konstituierung eines neuen Initiativkomitees mit der Aufgabe, ein n e u e s K o n z e s s i o n s g e s u c h für eine Schmalspurbahn, teilweise Strassenbahn, von Damvant über Pruntrut nach Lugnez vorzulegen; Wahl des Herrn Regierungsstatthalter Daucourt in Pruntrut als Präsident des neuen Komitees; Erstellung der Bahn in zwei Sektionen, nämlich: Pruntrut-Damvant und Pruntrut-Lugnez; Betriebssystem: Elektrizität oder Dampf; Ausrichtung einer Entschädigung an die Herren Vallat und Ritter für die Abfassung des von ihnen gemeinsam mit den Herren Ceppi und Konsorten eingereichten Projektes einer Schmalspurbahn, teilweise Strassenbahn, von Damvant über Pruntrut nach Lugnez. Das Protokoll dieser Konferenz liegt bei den Akten des" neuen Konzessionsgesuches.

Gestützt auf die erfolgte Verständigung hat nun das neu konstituierte Komitee unterm 11. Dezember 1909 beim Eisenbahndepartement das Gesuch gestellt, es möchte einem Initiativkomitee zu Händen einer zu bildenden Gesellschaft eine Konzession für den Bau und Betrieb einer Schmalspurbahn von Damvant über Pruntrut nach Lugnez erteilt werden. Zur Begründung dieses Konzessionsgesuches verweist das gesuchstellende Komitee bezüglich der projektierten Linie von Pruntrut nach Damvant auf die seinerzeit mit dem Gesuch um Erteilung einer Konzession für diese Linie eingereichten Pläne, Berichte und technischen Studien, und bezüglich der Sektion von Pruntrut nach Lugnez auf die dem Konzessionsgesuche der Herren Ritter und Konsorten beigelegten Akten.

Ein Mitglied des neuen Initiativkomitees hat sich geweigert, dieses neue Konzessionsgesuch zu unterzeichnen, indem es erklärte, dass das letztere so abgefasst sei, dass es sich vom alten Konzessionsgesuche für die nun infolge der Konferenz in Damvant

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dahingefallene Normalspurbahn nicht unterscheide. Die erwähnte Opposition ist am Fusse des neuen Konzessionsgesuches vorn 11. Dezember 1909, sowie in einem dem Eisenbahndepartemente zugestellten Schreiben vom 14. Dezember 1909 angeführt.

In den konferenziellen Verhandlungen über den nachstehenden Konzessionsentwurf, welche am 15. Dezember 1909 auf dem Eisenbahndepartement in Bern stattgefunden haben, hat dieses Komiteemitglied seine Einsprache zurückgezogen, jedoch unter der Bedingung, « dass die dem Konzessionsgesuche der Herren Ceppi und Konsorten (,,Projekt Ritter") beigelegten Akten und Pläne für das neue Konzessionsgesuch verwendet werden ».

"o^ Am 17. Dezember 1909 hat ein Mitglied des neuen Initiativkomitees auf dem Eisenbahndepartement,. namens des Komitees, die Erklärung abgegeben, es solle einfach in bezug auf die projektierte Linie Damvant-Pruntrut-Lugnez auf das von den Herren Ceppi und Konsorten eingereichte Projekt einer Schmalspurbahn (Projekt Ritter) abgestellt werden, wobei es jedoch beifügte, dass die in diesem Projekt enthaltenen Aussetzungen über das alte Projekt einer Normalspurbahn als ausgeschaltet zu betrachten seien. Das Eisenbahndepartement hat von dieser Erklärung sowie von diesem Vorbehalt Vormerk genommen.

IV.

Nach den Berichten und Plänen des unterm 19. Juni 1903 von den Herren Ritter und Konsorten eingereichten Projektes, welches in einem neuen Konzessionsgesuche vom 11./15. April 1905 berichtigt und ergänzt wurde, beginnt die Linie bei DamvantLandesgrenze und führt über Réclère, Rocourt, Chevenez und Courtedoux nach Pruntrut. Sie durchquere die Stadt Pruntrut und erreiche den Bahnhof Pruntrut, wo sich die Kopfstation befinde, bei Kilometer 17,ioo.

Von Pruntrut-Bahnhof an (Kilometer 0,oo für die Richtung Lugnez) werde die von Damvant kommende Linie bis PruntrutAbzweigung (Kilometer 0,36o, Richtung Lugnez, und Kilometer 17,7io, Richtung Damvant) benutzt, und es zweige dort die Bahn von der Linie Pruntrut-Damvant ab ; sie kreuze dann die Linie der Bundesbahnen mittelst Benützung einer Überführung.

Alsdann führe die Linie nach Cceuve und Damphreux, um ihren Endpunkt in Lugnez, bei Kilometer 8,775, zu erreichen. Es bestehen somit zwei Sektionen, nämlich Pruntrut-Bahnhof bis

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Damvant-Landesgrenze, mit einer Strecke von 17,100 m, und Pruntrut-Bahnhof bis Lugnez, mit einer Strecke von 8775 m.

Die Linie solle zum Teil auf der Staatsstrasse und zum Teil auf eigenem Bahnkörper erstellt werden.

Die technischen Berichte enthalten folgende Hauptangaben: Länge der Bahn : I. Sektion Pruntrut (Bahnhof)-Damvant (Landesgrenze) . . . 17,100 m II. Sektion Pruntrut (Abzweigung)Lugnez 8,415 m Spurweite: l m.

25,515 m.

Maximalsteigung: I. Sektion 61 °/oo.

II. Sektion 62,5 %<>· Höhekoten : Damvant (Landesgrenze) 613 m, Pruntrut (Bahnhof) 427 m, Lugnez 415 m.

Minimalradius : eigener Bahnkörper 60 m, Strassenstrecken 25 m.

Zwisehenstationen : I. Sektion 7.

II, Sektion 2.

Güterverkehr : vorgesehen.

Betriebssystem : Dampf oder Elektrizität.

Der Kostenvoranschlag setzt sich aus nachstehenden Posten zusammen : TM ...

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Zusammen : Dampfbetrieb I. und II. Sektion = . .

oder Fr. 47,000 per Bahnkilometer.

Elektrischer Betrieb I. und II. Sektion = oder Fr. 59,000 per Bahnkilometer.

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. Fr. 1,200,000 .

,, 1,500,000

In seinen Vernehmlassungen vom 3. Oktober 1907, 2. November 1907 und 15. April 1908 betreffend das Gesuch um Erneuerung und Abänderung der Konzession für eine Normalspurbahn von Pruntrut nach Damvant und das Gesuch um Erteilung einer Konzession für eine Schmalspurbahn von Damvant über Pruntrut nach Lugnez hat sich der Regierungsrat des Kantons Bern zugunsten des ersteren Gesuches ausgesprochen, mit dem Beifügen jedoch, dass er gegen die Erteilung der Konzession für die Schmalspurbahn von Pruntrut nach Lugnez nichts einzuwenden habe.

Anlässlich der am 15. Dezember 1909 abgehaltenen konferenziellen Verhandlungen wurde bei der allgemeinen Diskussion über die bereits in der Konferenz in Damvant erledigte Frage der an Herrn Vallai zu entrichtenden Entschädigung auf Verlangen desselben neuerdings verhandelt. Bezüglich der Entschädigung des Herrn Vallat kam es zu einer Verständigung, worüber eine von letzterem und vom Präsidenten des Initiativkomitees, Herrn E. Daucourfc, unterzeichnete Bescheinigung vorliegt. Dieses Aktenstück befindet sich bei den Akten. Vor der Konferenz hatte Herr Ritter dem Eisenbahndepartement telegraphisch mitgeteilt, dass er eine Barentschädigung von Fr. 7000 verlange. Bezüglich dieser Forderung sprachen sich die Konferenzmitglieder dahin aus, dass es bei den in der Konferenz in Damvant gefassten und im Protokoll derselben aufgenommenen Beschlüssen, wonach im Streitfalle der Baudirektor des Kantons Bern die Höhe der Entschädigung endgültig festzustellen habe, sein Bewenden haben müsse. Wir erlauben uns auf das bei den Akten liegende Protokoll zu verweisen.

Dem Konzessionsentwurfe des Eisenbahndepartements wurde mit einigen Abänderungen zugestimmt. Der Vertreter der Kantonsregierung erklärte, dass die Bewilligung zur Inanspruchnahme der öffentlichen Strassen für die Anlage der Bahn einzig für die Strecke von Pruntrut nach Damvant erteilt werden könne, da die Strasse von Pruntrut nach Lugnez zu schmal sei, um benützt werden zu können.

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Gestützt auf diese Ausführungen empfehlen wir Ihnen den nachstehenden Konzessionsentwurf zur Annahme und benützen auch diesen Anlass, Sie, Tit., unserer ausgezeichneten Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 21. Dezember 1909.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Deucher.

Der I. Vizekanzler: Scliatzmaiiu.

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(Entwurf.)

Bundesbeschluss betreifend

Konzession einer Schmalspurbahn, teilweise Strassenbahn, von Damvant über Pruntrut nach Lugnez.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1. einer Eingabe eines Initiativkomitees für eine Schmalspurbahn, teilweise Strassenbahn, von Damvant über Pruntrut nach Lugnez, vom 11. Dezember 1909; 2. einer Botschaft des Bundesrates vom 21. Dezember 1909, beschliesst: Einem durch die Herren E. D a u c o u r t , Regierungsstatthalter, C h a v a n n e s , Journalist, C e p p i , Gerichtspräsident, und V a 11 a t, Architekt, sämtlich in P r u n t r u t , vertretenen Initiativkomitee wird zu Händen einer zu bildenden Aktiengesellschaft die Konzession für den Bau und den Betrieb einer Schmalspurbahn, teilweise Strassenbahn, von D a m v a n t über P r u n t r u t nach L u g n e z unter den in den nachfolgenden Artikeln enthaltenen Bedingungen erteilt: Art. 1. Es sollen die jeweiligen Bundesgesetze, sowie alle übrigen Vorschriften der Bundesbehörden über den Bau und Betrieb der schweizerischen Eisenbahnen jederzeit genaue Beachtung finden.

Art. 2. Die Bahn wird als Nebenbahn im Sinne des Bundesgesetzes vom 21. Dezember 1899 erklärt.

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Art. 3. Die Konzession wird auf die Dauer von 80 Jahren, vom Inkrafttreten des gegenwärtigen Beschlusses an gerechnet, erteilt.

Art. 4.

Der Sitz der Gesellschaft ist in Pruntrut.

Art. 5.. Die Mehrheit der Direktion und des Verwaltungsrates oder weitern Ausschusses soll aus Schweizerbürgern, welche ihren Wohnsitz in der Schweiz haben, bestehen.

Art. 6. Es wird der Gesellschaft gestattet, die Linie in zwei Sektionen auszuführen, nämlich : I. Pruntrut-Damvant, II. Pruntrut-Lugnez.

Binnen einer Frist von 24 Monaten, vom Inkrafttreten des gegenwärtigen Beschlusses an gerechnet, sind dem Bundesrat die vorschriftsmässigen technischen und finanziellen Vorlagen für die I. Sektion nebst den Statuten der Gesellschaft zur Genehmigung einzureichen.

Innert 6 Monaten nach der Plangenehmigung ist mit den Erdarbeiten für die Erstellung der I. Sektion zu beginnen.

Binnen 2 Jahren, vom Beginn der Erdarbeiten an gerechnet, ist die I. Sektion zu vollenden und dem Betriebe zu übergeben.

Für die II. Sektion wird der Bundesrat die Fristen nach Anhörung der Bahngesellschaft und der Kantonsregierung festsetzen.

Die Nichteinhaltung der Fristen für eine Sektion hat nur den Hinfall der Konzession für die betreffende Sektion zur Folge.

Art. 7. Die Ausführung des Bahnbaues, sowie der zum Betrieb der Bahn erforderlichen Einrichtungen darf nur geschehen auf Grund von Ausführungsplänen, welche vorher dem Bundesrat vorgelegt und von diesem genehmigt worden sind. Der Bundesrat ist berechtigt, auch nach Genehmigung der Pläne eine Abänderung derselben zu verlangen, wenn eine solche durch die Fürsorge für die Sicherheit des Betriebes geboten ist.

Art. 8. Die Bahn wird mit Spurweite von l Meter und eingeleisig erstellt und mittelst Elektrizität oder Dampf betrieben.

In bezug auf die Benützung der öffentlichen Strassen für die Anlage und den Betrieb der Bahn gelten die von den zuständigen kantonalen Behörden aufzustellenden bezüglichen Vorschriften, soweit diese Vorschriften nicht mit der gegenwärtigen Konzession und der Bundesgesetzgebung im Widerspruch stehen.

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Art. 9. Gegenstände von wissenschaftlichem Interesse, welche durch die Bauarbeiten zutage gefördert werden, wie Versteinerungen, Münzen, Medaillen u. s. w., sind Eigentum des Kantons Bern und an dessen Regierung unentgeltlich abzuliefern.

Art. 10. Den eidgenössischen Beamten, welchen die Überwachung der Bahn hinsichtlich der Bauten oder des Betriebes obliegt, hat die Bahnverwaltung behufs Erfüllung ihrer Aufgabe zu jeder Zeit Einsicht von allen Teilen der Bahn, der Stationen und des Materials zu gestatten, sowie das zur Untersuchung nötige Personal und Material zur Verfügung zu stellen.

Art. 11. Der Bundesrat kann verlangen, dass Beamte oder Angestellte der Gesellschaft, welche in der Ausübung ihrer Funktionen zu begründeten Klagen Anlass geben und gegen welche die Gesellschaft nicht von sich aus einschreitet, zur Ordnung gewiesen, bestraft oder nötigenfalls entlassen werden.

Ebenso hat er das Recht, zu verlangen, dass Mitglieder der Verwaltung, welchen vorübergehend oder dauernd Funktionen eines Beamten oder Angestellten übertragen sind und die in der Ausübung derselben Anlass zu begründeten Klagen geben, dieser Funktionen enthoben werden.

Art. 12. Die Gesellschaft hat sich dem Transporti-eglement der schweizerischen Eisenbahn- und Dampfschiffunternehmungen zu unterziehen. Soweit sie Änderungen nötig findet, können solche erst eingeführt werden, nachdem sie vom Bundesrat genehmigt worden sind.

Art. 13. · Die Befördsrung von Personen nach beiden Richtungen, von einem Endpunkt der Bahn zum ändern und mit Anhalten auf allen Stationen soll täglich, im Sommer mindestens sechs mal und im Winter mindestens vier mal, erfolgen.

Die Fahrgeschwindigkeit der Züge wird vom Bundesrat festgesetzt.

Die Fahrpläne unterliegen der Genehmigung des Bundesrates.

Art. 14. Die Gesellschaft wird zur Personenbeförderung Wagen mit nur einer Klasse aufstellen, deren Typus vom Bundesrat genehmigt werden muss.

Die Gesellschaft hat dafür zu sorgen, dass alle auf einen Zug mit Personenbeförderung sich Anmeldenden, Wenn immer möglich, durch denselben, und zwar auf Sitzplätzen, befördert werden können. Auf Verlangen des Bundesrates sind auch mit Warenzügen Personen zu befördern.

679 Über die Einführung einer II. Wagenklasse entscheidet der Bundesrat.

Art. 15. Für die Beförderung von Personen können Taxen bis auf den Betrag von 10 Rappen per Kilometer der Bahnlänge bezogen werden.

Für Hin- und Rückfahrten sind die Personentaxen mindestens 20 °/o niedriger anzusetzen als für doppelte einmalige Fahrten.

Kinder unter vier Jahren sind gratis zu befördern, sofern für solche kein besonderer Sitzplatz beansprucht wird.

Für Kinder zwischen dem vierten und dem zurückgelegten zwölften Altersjahre ist die Hälfte der Taxe zu zahlen.

Die Gesellschaft ist verpflichtet, zu Bedingungen, welche im Einvernehmen mit dem Bundesrat aufzustellen sind, Abonnementsbillette zu reduzierter Taxe auszugeben.

Im Falle der Einführung einer zweiten Wagenklasse setzt der Bundesrat die Taxe fest.

Art. 16. Für die Beförderung von Armen, welche sich als solche durch Zeugnis der zuständigen Behörden ausweisen, ist die halbe Personentaxe zu berechnen.

Auf Anordnung eidgenössischer oder kantonaler Behörden sind auch Arrestanten zu transportieren.

Der Bundesrat wird hierüber die nähern Bestimmungen aufstellen.

Art. 17. Jeder Reisende ist berechtigt, 10 Kilogramm Reisegepäck taxfrei zu befördern, sofern es ohne Belästigung der Mitreisenden im Personenwagen untergebracht werden kann.

Für anderes Reisegepäck kann eine Taxe von höchstens 10 Rappen per 100 Kilogramm und per Kilometer bezogen werden.

Mit Zustimmung des Bundesrates kann für das Reisegepäck ein Abfertigungsverfahren mit einer einheitlichen Taxe eingeführt werden. In diesem Falle setzt der Bundesrat die Taxe fest.

Art. 18. Bei der Erstellung der Gütertarife ist im allgemeinen vom Gewicht und Umfang der Warensendungen auszugehen, aber, soweit es die Bedürfnisse von Industrie, Gewerbe, Handel und Landwirtschaft rechtfertigen, auch auf den Wert und die wirtschaftliche Bedeutung der Waren Rücksicht zu nehmen.

Es sind Klassen aufzustellen, deren höchste nicht über 5 Rappen und deren niedrigste nicht über 2*/2 Rappen per 100 Kilogramm und per Kilometer betragen soll.

Bundesblatt. 61. Jahrg. Bd. VI.

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Bine ganze Wagenladung (d. h. mindestens 50UO Kilogramm oder 5 Tonnen) hat gegenüber den Stücksendungen Anspruch auf Rabatt.

Bei Beförderung von Waren in Eilfracht kann die Taxe um 100°/o des gewöhnlichen Ansatzes erhöht werden.

Die für Industrie, Gewerbe und Landwirtschaft erforderlichen Rohstoffe sollen am niedrigsten taxiert werden.

Art. 19. Für den Transport von Edelmetallen, von barem Gelde und von Kostbarkeiten mit deklariertem Wert ist für Fr. 1000 per Kilometer höchstens 2Va Rappen zu erheben.

Art. 20. Traglasten mit landwirtschaftlichen und einheimischen gewerblichen Erzeugnissen, sowie Handwerkzeug für den persönlichen Gebrauch des Aufgebers, welche in Begleitung der Träger, wenn auch in besonderen Wagen, mit den Personenzügen transportiert und am Bestimmungsort sofort wieder in Empfang genommen werden, sind, soweit sie das Gewicht von 15 Kilogramm nicht übersteigen, frachtfrei. Für das Mehrgewicht ist die Taxe für Waren in gewöhnlicher Fracht zu erheben.

Art. 21. Beim Eintritt von Notständen, insbesondere bei ungewöhnlicher Teuerung der Lebens- und Futtermittel, sind für den Transport von Getreide, Mehl, Hülsenfrüchten, Kartoffeln, Futtermilch u.s.w. zeitweise niedrigere Taxen einzuführen, welche vom Bundesrate nach Anhörung der Bahnverwaltung festgesetzt werden.

Art. 22. Für den Transport lebender Tiere mit Güterzügen können Taxen erhoben werden, welche nach Klassen und Transportmengen (Stückzahl, Wagenladungen) abzustufen sind und den Betrag von 20 Rappen per Stück und Kilometer für die höchste und 5 Rappen für die niedrigste Klasse nicht übersteigen dürfen.

Bei Beförderung in Eilfracht kann ein Taxzuschlag bis auf 40% erhoben werden.

Art. 23. Für Gepäck-, Güter- und Tiersendungen kann eine Minimaltaxe erhoben werden, die aber den Betrag von 40 Rappen für eine einzelne Sendung nicht überschreiten darf.

Art. 24. Die vorstehenden Taxbestimmungen beschlagen bloss den Transport von Station zu Station. Die Waren sind von den Aufgebern an die Stationsverladplätze aufzuliefern und vom Adressaten auf der Bestimmungsstation abzuholen.

681 Das Auf- und Abladen der Waren ist Sache der Gesellschaft, und es darf eine besondere Taxe dafür in der Regel nicht erhoben werden. Ausnahmen hiervon sind nur mit Zustimmung des Bundesrates zulässig für einzelne Klassen von Wagenladungsgütern, für lebende Tiere und andere Gegenstände, deren Verladung mit besondern Schwierigkeiten verbunden ist.

Art. 25. Bei Festsetzung der Taxen werden Bruchteile eines Kilometers für einen ganzen Kilometer gerechnet.

Das Gewicht wird bei Gütersendungen bis auf 20 kg für volle 20 kg gerechnet und bei Gepäcksendungen bis auf 10 kg für volle 10 kg ; das Mehrgewicht wird nach Einheiten von je 10 kg berechnet, wobei jeder Bruchteil von 10 kg für eine ganze Einheit gilt.

Bei Geld- und Wertsendungen werden Bruchteile von Fr. 500 als volle Fr. 500 gerechnet.

Wenn die genaue Ziffer der so berechneten Taxe nicht ohne Rest durch 5 teilbar ist, so wird sie auf die nächsthöhere durch 5 teilbare Zahl aufgerundet, sofern der Rest mindestens einen Rappen beträgt.

Art. 26. Für die Einzelheiten des Transportdienstes -sind Réglemente und Tarife aufzustellen.

Art. 27. Sämtliche Réglemente und Tarife sind mindestens drei Monate, ehe die Eisenbahn dem Verkehr übergeben wird, dem Bundesrat zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 28. Wenn die Bahnunternehmung drei Jahre nacheinander einen sechs Prozent übersteigenden Reinertrag abwirft, so ist das nach gegenwärtiger Konzession zulässige Maximum der Transporttaxen verhältnismässig herabzusetzen. Kann hierüber eine Verständigung zwischen dem Bundesrat und der Gesellschaft nicht erzielt werden, so entscheidet die Bundesversammlung.

Reicht der Ertrag des Unternehmens nicht hin, die Betriebskosten, einschliesslich der Verzinsung des Obligationenkapitals, zu decken, so kann der Bundesrat eine angemessene Erhöhung obiger Tarifansätze gestatten. Solche Beschlüsse sind jedoch der Bundesversammlung zur Genehmigung vorzulegen Art. 29. Die Gesellschaft ist verpflichtet, für Äufnung genügender Erneuerungs- und Reservefonds zu sorgen und für das Personal eine Kranken- und Unterstützun"skasse einzurichten oder

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dasselbe bei einer Anstalt zu versichern. Die hierüber aufzustellenden besondern Vorschriften unterliegen der Genehmigung des Bundesrates.

Ferner sind die Reisenden und das Personal bei einer Anstalt bezüglich derjenigen Verpflichtungen zu versichern, welche aus dem Haftpflichtgesetz vom 28. März 1905 mit bezug auf Unfälle beim Bau, beim Betrieb und bei Hülfsgeschäften sich ergeben.

Art. 30. Für die Ausübung des Rückkaufsrechtes des Bundes oder, wenn er davon keinen Gebrauch machen sollte, des Kantons Bern gelten folgende Bestimmungen: a. Der Rückkauf kann frühestens 30 Jahre nach Eröffnung des Betriebes und von da an je auf 1. Januar .eines Jahres erfolgen. Vom Entschluss des Rückkaufes ist der Gesellschaft drei Jahre vor dem Eintritte desselben Kenntnis zu geben.

b. Durch den Rückkauf wird der Rückkäufer Eigentümer der Bahn mit ihrem Betriebsmateiial und allen übrigen Zugehören. Immerhin bleiben die Drittmannsrechte hinsichtlich des Pensions- und Unterstützungsfonds vorbehalten. Zu welchem Zeitpunkte auch der Rückkauf erfolgen mag, ist die Bahn samt Zugehör in vollkommen befriedigendem Zustande abzutreten. Sollte dieser Verpflichtung keine Genüge getan werden und sollte auch die Verwendung der Erneuerungs- und Reservefonds dazu nicht ausreichen, so ist ein verhältnismässiger Betrag von der Rückkaufssumme in Abzug zu bringen.

c. Die Entschädigung für den Rückkauf beträgt, sofern letzterer bis 1. Januar 1950 rechtskräftig wird, den 25fachen Wert des durchschnittlichen Reinertrages derjenigen zehn Kalenderjahre, die dem Zeitpunkte, in welchem der Rückkauf der Gesellschaft notifiziert wird, unmittelbar vorangehen ; -- sofern der Rückkauf zwischen dem 1. Januar i960 und 1. Januar 1965 erfolgt, den 221/2fachen Wert; -- wenn der Rückkauf zwischen dem 1. Januar 1965 und dem Ablauf der Konzession sich vollzieht, den 20fachen Wert des oben beschriebenen Reinertrages ; -- unter Abzug der Erneuerungsund Reservefonds.

Bei Ermittlung des Reinertrages darf lediglich die durch diesen Akt konzessionierte Eisenbahnunternehmung mit Ausschluss aller anderen etwa damit verbundenen Geschäftszweige in Betracht und Berechnung gezogen werden.

683 d. Der Reinertrag wird gebildet aus dem gesamten Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben, zu welch letztern auch diejenigen Summen zu rechnen sind, welche auf Abschreibungsrechnung getragen oder einem Reservefonds einverleibt wurden.

e. Im Falle des Rückkaufes im Zeitpunkte des Ablaufs der Konzession ist nach der Wahl des Rückkäufers entweder der Betrag der erstmaligen Anlagekosten für den Bau und Betrieb oder eine durch bundesgerichtliche Abschätzung zu bestimmende Summe als Entschädigung zu bezahlen.

f. Streitigkeiten, die über den Rückkauf und damit zusammenhängende Fragen entstehen, unterliegen der Entscheidung des Bundesgerichtes.

Art. 31. Hat der Kanton Bern den Rückkauf der Bahn bewerkstelligt, so ist der Bund nichtsdestoweniger befugt, sein Rückkaufsrecht, wie es im Art. 30 definiert worden, jederzeit auszuüben, und der Kanton hat unter den gleichen Rechten und Pflichten die Bahn dem Bunde abzutreten, wie letzterer dies von der konzessionierten Gesellschaft zu fordern berechtigt gewesen wäre.

Art. 32. Der Bundesrat ist mit dem Vollzuge der Vorschriften dieses Beschlusses, welcher am 1. Januar 1910 in Kraft tritt, beauftragt.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Konzession einer Schmalspurbahn, teilweise Strassenbahn, von Damvant über Pruntrut nach Lugnez. (Vom 21. Dezember 1909.)

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