803

# S T #

Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Übernahme der Verwaltung des Amortisationsfonds eines Prämienanleihens des schweizerischen Zentralvereins vom Roten Kreuz durch den Bund.

(Vom 15. Oktober 1909.)

Tit.

Mittelst Eingabe vom 3. Juli 1908 an das eidgenössische Finanzdepartement hat die Direktion des schweizerischen Zentralvereins vom Roten Kreuz das Gesuch gestellt, der Bund möchte sich grundsätzlich bereit erklären, den für die Ausrichtung der festgesetzten Prämien und die Rückzahlung der Anleihe erforderlichen Amortisationsfonds eines Prämienanleihens, das der Zentralverein vom Roten Kreuz zu emittieren beschlossen habe, in seine Verwaltung zu nehmen, und zwar auf der Grundlage eines Zinsfusses von 4 %.

Das Prämienanleihen, das nach einem von der Delegiertenversammlung des schweizerischen Zentral Vereins vom Roten Kreuz unterm 30. Juni 1807 gefassten Beschluss bis auf den Betrag von 31/2 Millionen Pranken gehen kann, mit einem verfugbaren Nettoertrag von einer Million Franken, ist nach den Angaben der Gesuchstellerin zu folgenden Zwecken bestimmt : 1. für die Erweiterung der vom schweizerischen Roten Kreuz im Jahre 1899 gegründeten Rot-Kreuz-Pflegerinnenschule in Bern und für den Ankauf eines eigenen Heims für dieselbe;

804

2. für MaterialanschaffuDgen für etwa zwanzig Sanitätshülfskolonnen des Roten Kreuzes, die im Kriege wie bei Massenunglück im Frieden, den Verwundetentransport zu besorgen haben ; 3. für Beschaffung von Spitalmaterial für eine grössere Zahl betriebsfähiger Spitalbetten. Diese Spitaleinrichtungen sollten sowohl im Frieden für die Krankenpflege bei grössern Epidemien, als namentlich für die ersten Bedürfnisse im Kriegebereitgestellt werden; 4. für die Einrichtung der nötigen Magazinräumlichkeiten zur sachgemässen Aufbewahrung und Besorgung dieses grossen und kostspieligen Materials.

Die Direktion des Roten Kreuzes hai sich mit führenden Bankinstituten in Verbindung gesetzt zum Zwecke der Bildung eines Banksyndikates, welches das projektierte Prämienanleihen fest übernehmen würde, und es ist ihr gelungen, die Kantonalbank von Bern für die Bildung eines solchen Syndikates zu gewinnen.

Diese Bank erklärt aber, weitere Schritte erst tun zu können^ wenn die Übernahme der Verwaltung des Amortisationsfonds durch den Bund gesichert sei. Nach der Ansieht-der in der Sache begrüssten Banken kann nämlich für diese Verwaltung nur die Eidgenossenschaft ernstlich in Frage kommen, da es sich hier um eine langfristige Operation von 50 oder 60 Jahren handelt, für deren Übernahme eine Bank kaum sich verpflichten könnte. Die Direktion des Zentralvereins vom Roten Kreuz erklärt, diese Ansicht auch noch aus dem Grunde zu teilen, weil der Zweck, der mit der Emission der Anleihe verfolgt werde, so sehr im Interesse des ganzen Landes liege, dass dieses grosse öffentliche Interesse an einer zweckmässigen und genügenden Vorsorge für die Organisation der freiwilligen Sanitätshülfe im Kriegsfall sich schon in der tatkräftigen Unterstützung der darauf zielenden Massnahmen des Roten Kreuzes durch den Bund dokumentieren sollte, tm fernem läge nach der Überzeugung der Gesuchstellerin in der Tatsache der Verwaltung des erwähnten Amortisationsfonds durch die eidgenössische Finanzverwaltung eine so sichere Garantie, dass dadurch die Emission selbst in hervorragender Weise gefördert, würde.

Mit Bezug auf den in Aussicht genommenen Zinsfuss VOD 4 °/o wird in der Eingabe bemerkt, dass bei einer solchen Verzinsung sich die Anleihe-Bedingungen günstiger stellen lassen, wogegen die Anlage des Fonds allerdings zu diesem Zinsfuss weniger leicht für die ganze Anlehensdauer effektuiert werden könne als, zu 33/4 »/o.

805

Bevor wir dem Gesuch der Direktion des Zentralvereins vom Roten Kreuz näher getreten sind, haben wir die Vorlage eines Amortisationsplanes für das Prämienanleihen verlangt. Dieser Plan ist von der Eantonalbank von Bern vorgelegt worden und zwar unter gleichzeitiger Mitgabe eines Verlosungsplanes. Die beiden Unterlagen, die Sie unter den Ihnen zur Verfügung gestellten Akten finden werden, sind sowohl von unserm Finanzdepartement ·als auch von der Nationalbank geprüft und in allen Teilen richtig Befunden worden.

Das Prämienanleihen, das der Zeutralverein vom Roten Kreuz aufnehmen will, beträgt Fr. 3,000,000, eingeteilt in 30,000 Serien von je 10 Losen à Fr. 10. -- Nach Abzug der Summe von einer Million Franken, welche als Nettoertrag des Arileihens für die hiervor aufgeführten Zwecke des Roten Kreuzes Verwendung finden «oll, und ferner von 20% = Fr. 600,000 für Emissionskosten und Provision, verbleiben als vom Bunde zu verwaltender Amortisationsfonds Fr. 1,400,000. Dieser Fonds soll nach dem Amortisationsplan bei halbjährlicher Gutschrift an Zins und Zinseszins zu 4°/o während eines Zeitraumes von 50 Jahren hinreichen, urn mittelst zwei Auslosungen per Jahr nicht nur das ursprüngliche Anleihen von Fr. 3,000,000, sondern noch dazu an Prämiengewinnen Fr. 1,356,000, zusammen Fr. 4,356,000, auszubezahlen.

Von den 300,000 Prämienlosen sind 284,100 Stück zum ^Nennwert von Fr. 10 rückzahlbar, was Fr. 2,841,000 ausmacht; auf die übrigen 15,900 Lose entfallen somit an Gewinnen Franken 1,515,000.

Was den Verlosungsplan anbelangt, der, wie bereits oben ·erwähnt, nach der mathematischen Seite hin zu keinen Aussetzungen Anlass gibt, so erhellt daraus, dass, wie es bei solchen Prämien·anleihen zu Reklamezwecken gewöhnlich geschieht, für die ersten Verlosungen grössere Gewinne vorgesehen sind (hier 2 à Fr. 60,000, l à Fr. 50,000, l à Fr. 35,000, l à Fr. 20,000, 3 à Fr. 10,000 usw.) ; ·es folgt darauf eine längere Periode mit schwachen Treffern, während derer sich der Amortisationsfonds infolge der zunehmenden Zinsvergütungen erholen kann. Gegen das Ende zu gibt es dann wieder einige grössere Gewinne (hier 10 à Fr. 10,000, l à Fr. 15,000, l à Fr. 20,000, l à Fr. 40,000 und 2 à Fr. 50,000), «m die Entwertung der Titel während der langen Wartezeit zu verhüten.

Wir stehen den Prämienanleihen nach der Art desjenigen, ·das uns hier beschäftigt, nicht sehr sympathisch gegenüber und möchten für gewöhnlich von irgendwelcher Beteiligung oder Mit-

806

wirkung des Bundes bei derartigen Operationen absolut nichtswissen. Es ist eine Erfahrungstatsache, dass sich Kapitalisten aß solchen Anleihen, bei denen mit einigen grossen Treffern an die Spielinstinkte des Publikums appelliert wird, nur in unbedeutendem Masse beteiligen und dass der Hauptabnehmer der Mittelstand und namentlich auch die ärmere Klasse ist, weshalb solcheAnleihen vom volkswirtschaftlichen Standpunkt aus eher zu verwerfen als zu empfehlen sind. Auf der ändern Seite muss aber zugegeben werden, dass manches nützliche und schöne, der Öffentlichkeit dienende Werk nur mit Hülfe von Losanleihen hat finanziert und unterhalten werden können, weshalb es begreiflich erscheint, dass diese und jene Kantonsregierung für ihr Gebiet derartigen Emissionen die Genehmigung erteilte oder sich sogar aktiv dabei beteiligte.

Um ein solches öffentliches und gemeinnütziges Werk handelt es sich auch im vorliegenden Falle und zwar ist das Unternehmen des schweizerischen Zentralvereios vom Roten Kreuz für unser gesamtes Vaterland von so grosser Bedeutung, dass sich nicht bloss die Emission eines Prämienanleihens ohne weiteres damit motivieren lässt, sondern dass auch die vom Bunde verlangte Mitwirkung durch Verwaltung des Amortisationsfonds des Anleihens sich rechtfertigt. In der Tat wird mit der Erfüllung der Aufgaben, welche der Zentralverein des Roten Kreuzes durch die Emission des Prämienanleihens ermöglichen will, der Allgemeinheit in unseren Lande ein so grosser Dienst geleistet, dass das Opfer, dashier vom Bunde verlangt wird, nicht als ein zu grosses erseheint,, wie es auch schon die bisherige Tätigkeit des mehrgenanntea Vereins rechtfertigt, dass der Bund ihm so weit als immer möglich entgegenkomme. Die Geschichte der letzten Kriege beweist, von.

welch unschätzbarem Wert die freiwillige Sanitätshülfe im Kriegsfall für ein Land ist.

Wir sind somit der Ansicht, es sollte dem Begehren der Direktion des Zentralvereins vom Roten Kreuz im Sinne einer Ausnahme entsprochen werden, indem die Verwaltung und die damit verbundene Garantie des Amortisationsfonds der bei einem Prämienanleihen von Fr. 3,000,000 zu Beginn einen Betrag von Fr. 1,400,000 erfordert.

Welches Risiko übernimmt damit der Bund? Das Schwergewicht fällt auf die Garantierung einer Verzinsung von 4 °/o. Die sichere Anlage einer Summe von
ein bis zwei Millionen Frankea zu 4 °/o während voller 50 Jahre dürfte zweifellos zeitweise Schwierigkeiten bereiten. Das ist auch die Ansicht der Geaeraldirektion der schweizerischen Nationalbank, die um ein Gut-

80T

achten über die Frage ersucht worden ist. Diese Behörde glaubt aber anderseits darauf hinweisen zu sollen, dass für eine längere Reihe von Jahren noch so bedeutende Ansprüche an den Geldmarkt werden gestellt werden, dass gute Anlagen zu 4 % dem Kapitalisten noch für eine gewisse Zeit gesichert sein dürften.

Wollte man dicre Garantiefrage rein geschäftlich behandeln, so müsste wohl der Zinsfuss von 4 °lo beanstandet und ein solcher von 38/(t %, vielleicht gar 3Va °/o vorgeschlagen werden. Die Folge jeglicher Zinsreduktion aber würde eine Erschwerung der Operation bedeuten, indem schon bei der Herabsetzung auf 33/4 °/o der Ziehungsplan erheblich modifiziert werden müsste. Damit aber wäre der Erfolg der Emission sehr in Frage gestellt.

Die Generaldirektion der schweizerischen Nationalbank äussert sich über das Gesuch ebenfalls in zustimmendem Sinne und sagt unter anderem, es dürfe zu Gunsten des vorliegenden Projektes noch vorgebracht werden, dass infolge der Schaffung von Losen à Fr. 10 sich die Emittenten an die besser situierten Kreise wenden.

Da die Auflage der Lose wohl im gesamten Gebiet der Eidgenossenschaft stattfinden werde, so erhalte die Operation eine breite Basisund dürfte gut gelingen, einerseits mit Rücksicht auf die ausgesetzten Prämien und da man anderseits in unserm ganzen Lande ein reges Interesse an den Bestrebungen des schweizerischen Zentralvereins vom Roten Kreuz voraussetzen dürfe. Für den Erfolg der Emission aber würde die Übernahme der Garantie für den Amortisationsfonds durch die Eidgenossenschaft einen mächtigen Stimulus bedeuten.

Das finanzielle Risiko für den Bund berechnet die Nationalbank wie folgt: ,,Wollte man mit einem Zinsfuss von 3Va % rechnen, der unseres Erachtens als niedrig zu bezeichnen ist, so müsste die Eidgenossenschaft jährliche Zuschüsse leisten, die im Minimum (1957): Fr. 3574.25, im Maximum (1951): Fr. 11,498.20, im Total für die gesamte Periode von 50 Jahren Fr. 369,500 betragen würden.

,,Nimmt man einen vielleicht der Wirklichkeit am nächsten kommenden Durchschnittszinsfuss von 33/4 % an, so reduzieren sich diese Zuschüsse auf die Hälfte (Fr. 1787.15 -- 5749.10 -- 184,700. --).«· Die finanziellen Opfer des Bundes wären somit auch int ungünstigsten Falle keine sehr erheblichen und es würde sie der äusserst gemeinnützige und wohltätige Zweck, für den sie gebracht werden, jederzeit vollauf rechtfertigen. Das finanzielle Risiko des-

808

Bundes lässt sich übrigens noch dadurch verringern, dass bestimmt wird, es habe der Gegenwert der nicht zur Vorweisung gelangenden Lose, deren es ganz ohne Zweifel auch bei diesem Anleihen geben würde, nach Ablauf der respektiven Verjährungsfristen der Eidgenossenschaft zuzufallen. Vom Vertreter des Zentralvereins des Roten Kreuzes ist unserer Wertscnriftenverwaltung eine vorläufige mündliche Zusage in diesem Sinne bereits erteilt worden.

Gestutzt auf das Vorgebrachte gestatten wir uns, Ihnen dea nachstehenden Beschlussentwurf zur gefälligen Annahme zu .empfehlen.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer vorzüglichen.

Hochachtung.

B e r n , den 15. Oktober

1909.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Deucher.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Blngier.

809

(Entwurf.)

Bundesbeschluss betreffend

die Übernahme der Verwaltung des Amortisationsfonds eines Prämienanleihens von 3 Millionen Franken des schweizerischen Zentral Vereins vom Roten Kreuz durch den Bund.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 15. Oktober 1909, beschliesst: 1. Der Bundesrat wird ermächtigt, die Verwaltung des Amortisationsfonds für das Prämienanleihen des schweizerischen Zentralvereins vom Roten Kreuz und die Garantie für diesen Fonds zu den mit der Direktion des genannten Vereins zu vereinbarenden nähern Bedingungen zu übernehmen.

2. Dieser Beschluss tritt, als nicht allgemein verbindlicher Natur, sofort in Kraft.

Bundesblatt. 61. Jahrg. Bd. IV.

59

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Übernahme der Verwaltung des Amortisationsfonds eines Prämienanleihens des schweizerischen Zentralvereins vom Roten Kreuz durch den Bund. (Vom 15. Oktober 1909.)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1909

Année Anno Band

4

Volume Volume Heft

42

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

20.10.1909

Date Data Seite

803-809

Page Pagina Ref. No

10 023 498

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.