123

# S T #

Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend die Eingabe des Regierungsrates des Kantons St. Gallen vom 22. September/8. Oktober 1908, um Übernahme der Mehrkosten des Diepoldsauerdurchstiches durch den Bund.

(Vom 6. März 1909.)

Tit.

Unterm 22. September 1908 haben Landammann und Regierungsrat des Kantons St. Gallen an den Bundesrat der schweizerischen Eidgenossenschaft in Bern, in Sachen des Diepoldsauer Rheindurchstiches, zu Händen der Bundesversammlung das Gesuch gerichtet : ,,Es möge dieselbe beschliessen : die den Voranschlag von Fr. 9,169,000 übersteigenden Mehrkosten des DiepoldsauerDurchstiches zu Lasten des Bundes zu übernehmen."

Indem die betreffende Eingabe von der Regierung des Kantons St. Gallen den Mitgliedern der Bundesversammlung direkt zugestellt worden ist, so können wir sie als bekannt voraussetzen und wollen daher gleich zur Besprechung derselben übergehen, wobei jedoch nur die hauptsächlichsten Punkte behandelt werden sollen.

I. In t e c h n i s c h e r B e z i e h u n g ist folgendes zu bemerken : Gegenüber den am Anfang der Eingabe unter I angeführten Bedenken bezüglich der Ausführung des Diepoldsauer-Durch-

124

Stiches, der Befürwortung einer Normalisierung des Rheinbettes längs der Hohenemser-Bucht und der Hervorhebung der sehr bedeutenden Mehrkosten ist vor allem darauf aufmerksam zu machen, dass vor dem Beginn der Unterhandlungen in Wien die Frage aufs eingehendste erörtert worden ist, ob die Schweiz als Gegenleistung für die Erstellung des Fussacher-Durchstiches, den Diepoldsauer-Durchstich in Kauf nehmen wolle oder nicht, und dass man damals, ganz in Übereinstimmung mit der Regierung des Kantons St. Gallen, zum Schlüsse gelangt war, dasä in Berücksichtigung der Notlage, in der man sich in den 90er Jahren des vorigen Jahrhunderts befand, die Frage zu b e j a h e n sei.

Hierauf erfolgte der Abschluss des Staatsvertrages, welcher die technische Möglichkeit der Ausführung beider Durchstiche sicherte und ein rationelles Bauprogramm aufstellte.

Auf die grossen Schwierigkeiten in der Ausführung des Diepoldsauer-Durchstiches wurde damals im erläuternden Berichte zum Staatsvertrage eindringlich hingewiesen, besonders in der folgenden Stelle : ,,Es wird darauf aufmerksam gemacht, dass bedeutende Senkungen der Dämme an beiden Durchstichen, besonders aber am obern Diepoldsauer-Durchstiche wegen der eigenartigen ausserordentlich schlechten Bodenbeschaffenheit stattfinden können." Somit kann man sich nicht darauf berufen, dass man gegenwärtig unerwarteten Schwierigkeiten gegenüber gestellt sei.

Hierbei ist noch zu bemerken, dass die Leitwerke, das Vorland und die Hochwasserdämme auf eben demselben Terrain ausgeführt werden sollen, wie dasjenige ist, auf welchem die gegenwärtigen Rheindämme jetzt stehen. Hat man also dieselben bis jetzt halten können, so kann man auch die neuen, welche aus gleichartigerem, besserem Material und mit äusserster Sorgfalt ausgeführt werden sollen, so erstellen, dass sie nach menschlicher Voraussicht gegen die Hochwasser des Rheins Schutz bieten werden.

Das Verhalten des Probedammes gibt hierfür auch eine Gewähr, indem nach den starken Setzungen der ersten Jahre nunmehr ein Zustand der Beruhigung eingetreten ist, so dass die jährlichen Setzungen gegenwärtig als unbedeutend bezeichnet werden dürfen.

Die internationale Expertenkommission des Jahres 1903 sprach sich in ihrem Berichte ganz entschieden dahin aus, dass, wenn die Abänderungen am Normalprofile der Hochwasser-

125 dämme und der Leitwerke am Diepoldsauer-Durchstiche, welche sie angeben und die im definitiven Projekte nun berücksichtigt sind, bei der Ausführung stattfinden, die Sicherheit dieser Bauten die gleiche sein werde wie beim Fussacher-Durchstiche.

Die österreichischen Experten vom Jahre 1907 bemerken, dass unter der Voraussetzung einer soliden Ausführung das geplante Werk als vollkommen sicher betrachtet werden könne.

Der Ausführung des Werkes könne mit umso grösserer Beruhigung entgegen gesehen werden, als nach Eröffnung des Diepoldsauer-Durchstiches das alte Rheinbett längere Zeit offen belassen, daher entlastend wirken werde, so dass in der ersten Zeit die höchsten Wasserstände im Durchstiche niemals eintreten werden und die günstige Gelegenheit somit geboten erscheint, Beobachtungen vorzunehmen, auf dass allenfalls sich als wünschenswert herausstellende Ergänzungen und Verbesserungen noch vor Eintritt der höchsten Wasser, beziehungsweise noch vor der grössten Inanspruchnahme der Werke vollzogen werden können.

Was nun die gegenwärtige Vertiefung des Flussbettes anbelangt, so ist zu konstatieren, dass dieselbe nicht über das Mass desjenigen hinausgeht, was im Staatsvertrage hierfür angenommen wurde, nämlich am obern Ende des Fussacher-Durchstiches zirka 2 m, am obern Ende der Zwischenstrecke zirka 1,30 m un(l oben am Diepoldsauer-Durchstich zirka 3,60 m.

Gemäss dem letzten Jahresberichte der internationalen Rheinregulierungskommission vom Jahre 1907 beträgt die Vertiefung der Rheinsohle bei der Brücke von St. Margrethen 2,30 m, an der Widnauerbrücke (oberes Ende der Zwischenstrecke) 0,C5 m, im Jahre 1905/1906 1,0 m und bei der Schmitterbrücke noch 0,10 m. Spuren derselben reichen jedoch bis gegen die Oberriederbrücke hinauf. Nimmt man auch an, dass die Vertiefung noch weitere Fortschritte machen werde, und dass durch eine Normalisierung die Ergebnisse noch bedeutend verbessert werden könnten, so lässt sich doch nicht in Abrede stellen, dass das Resultat der Normalisierung bei weitem nicht die Höhe erreichen würde, welche durch den Diepoldsauer-Durchstich zu erzielen sein wird, und doch hat die Schweiz, mehr noch als Österreich, ein Interesse an einer möglichst weitgehenden Vertiefung der Rheinsohle, weil ihr Gebiet weiter hinaufreicht, als das österreichische.

Ein Beweis für diese Behauptung liegt in dem Umstände, dass die Lage der Rheinebene bei Buchs jetzt noch eine recht

126

gefährliche ist, da die Unterkante der Brückenkonstruktion der Bisenbahnbrücke daselbst tiefer steht als die Krone des Hochwasserdammes und bei früheren Rheinhochwassern daselbst nur durch Aufbieten äusserster Kraftanstrengung ein Rheineinbruch verhütet worden ist. Die Rheinsohle hat sich daselbst seither nicht vertieft, sondern eher erhöht, ein Grund mehr die grösstmöglichstc Vertiefung von unten herauf zu erlangen.

Was dann die Kostenfrago anbelangt, so muss zugegeben werden, dass man bei Abschluss des Staatsvertrages nicht mit so hohen Kostenüberschreitungen gerechnet hat. Schweizerischerseits wurde der Kostenvoranschlag für den DiepoldsauerDurchstich durch den damaligen Oberingenieur der st. gallischen Rheinkorrektion und dessen Adjunkt aufgestellt ; wenn diese Vorlage sich nicht als zutreffend erwiesen hat, so waren verschiedene Verumständungen daran schuld, von denen wenigstens die nunmehrige Annahme von Eisenkonstruktionen für die Brücken, statt Holz und die starken Lohnerhöhungen damals nicht vorausgesehen werden konnten.

Ein Grund für das Nichtausführen des Diepoldsauer-Durchstiches kann daraus wohl kaum abgeleitet werden, beteiligt sich doch Österreich nach Staatsvertrag mit der Hälfte an diesen Mehrkosten, wie auch die Schweiz an die Mehrkosten des Fussacher-Durchstiches die Hälfte beiträgt. Wenn daher ein Interessent bisher loyal seinen Verpflichtungen nachgekommen ist, so besteht für den ändern Interessenten doch wohl auch die Pflicht, das nämliche zu tun und sein gegebenes Versprechen zu halten.

II. In r e c h t l i c h e r B e z i e h u n g ist darauf aufmerksam zu machen, dass die Regierung von St. Gallen in ihrem Berichte an den Grossen Rat des Kantons St. Gallen vom 18. April 1893 den Abschluss des Staatsvertrages sehr begrüsst hat ; sie bemerkte damals folgendes : ,,Die in hohem Grade erfreuliche Tatsache, dass die beiden beteiligten Staaten sich über die zweckmässige und den bestmöglichsten Erfolg verheissende Regulierung des untern Rheinlaufes mittelst zweier Durchstiche geeinigt haben, wurde durch die hochherzige Mitwirkung der eidgenössischen Räte und des Bundesrates bei der Frage der Kostenbeteiligung der Eidgenossenschaft an den daherigen Bauten glücklicherweise zu einem Ereignis gestaltet, welches trotz der grossen Anstrengungen, welche dem Kanton und dem Rheintale noch zu erfüllen verbleiben, geeignet ist, uns zu wärmstem Danke gegenüber dem patriotischen Brudersinn unserer Miteidgenossen zu verpflichten."1

127

Und ferner : ,,Der Staatsvertrag über die Rheinregulierung vom 30. Dezember 1892 und der Bundesbeschluss vom 27. März 1893 überbinden dem Kanton St. Gallen eine Reihe von Verpflichtungen, welche wir in Art. 2 unseres Vorschlages unter lit. a bis m zusammengestellt haben.

Die Art. l und 2 des Beschlussvorschlages lauten : Art. 1. Der Kanton St. Gallen übernimmt unter Vorbehalt der verfassungsmässigen Inanspruchnahme der Beteiligten alle demselben in dem Bundesbeschlusse betreffend die Rheinregulierung von der Illmündung bis zum Bodensee und den Binnenkanal von Sennwald bis Bruggerhorn (Rheintaler Binnenkanal) vom 27. März 1893 überbundenen Verpflichtungen, sowie auch den Bau und Unterhalt der bisherigen Teilstrecke der Rheinkorrektion von der Tardisbrücke bis zum Monstein.

. Art. 2. In diesem Sinne übernimmt der Kanton : a. 20 % der Baukosten des' Fussacher-Durchstiches, d. h. von der schweizerischen Hälfte, im Kostenvoranschlage von Franken 3,219,000 Fr.

b. 20 % der Zwischenstrecke, d. h. von der schweizerischen Hälfte, im Kostenvoranschlage von Fr. 296,500 ,, c. 20 % der Baukosten des DiepoldsauerDurchstiches, d. h. von der schweizerischen Hälfte, im Kostenvoranschlage von Fr. 4,584,500 ,, d. 20 % der Baukosten der obern Strecke, d. h. von der schweizerischen Hälfte, im Kostenvoranschlage von Fr. 180,000 . . ,, e. 20 % der Baukosten des Rinnsales im alten Rheinbett im Kostenvoranschlagi von von Fr. 160,000 ,, f. 20 % der Baukosten der Ableitung des Diepoldsauerwassers. im, Kostenvoranschlag von Fr. 165,000 ,, g. 20 % der Kosten der Vorarbeiten im- Betrage von Fr. 31,500 ,, Total lit. a bis g

643,800 59,300

916,900 36,000 32,000 33,000 6,300

Fr. 1,727,300

128

h. den Bau des rheintalischen Binnenkanales (Art.28) ; i. allfällige Mehrkosten bei den unter lit. a bis h aufgeführten Objekten, soweit diese Mehrkosten nicht von der Eidgenossenschaft bestritten werden ; k. den Unterhalt des Diepoldsauer-Durchstiches (lit. c), der Diepoldsauer-Wasserableitung auf schweizerischem Gebiet (lit. f) und des Rheintalischen Binnenkanals (lit. h) ; l. den Unterhalt der Schutzbauten am linken Ufer bei der Zwischenstrecke (lit. &), der obern Strecke (lit. d) und des Rinnsals im alten Rheinbett (lit. e) ; m. die Vergütung, welche nach Art. 8, Absatz 4, des Staatsvertrages über die Rheinregulierung für den Unterhalt des Diepoldsauer-Überleitungskanals auf österreichischem Gebiete an die österreichische Regierung zu bezahlen ist; n. den Bau und Unterhalt der bisherigen Rheinkorrektionsstrecke Tardisbrücke-Monstein.

Am Schlüsse ihres Berichtes bemerkt die Regierung noch : ,,Zur hocherfreulichen Befriedigung über den Abschluss des Staatsvertrages hat sich rasch eine mächtige und dankerfüllte Befriedigung über die kräftige und freudige Mitwirkung der tt Eidgenossenschaft gesellt Unterm 16. Mai 1893 hat dann der Grosse Rat des Kantons St. Gallen diesen Beschluss-Entwurf zum Beschluss erhoben, worauf der Staatsvertrag seitens der Schweiz am 26. Juni 1893 durch die Bundesversammlung genehmigt worden ist.

Aus Art. 2, AI. i, geht klar und deutlich hervor, dass der Kanton St. Gallen sich gegenüber der Eidgenossenschaft verpflichtet hat, allfällige Mehrkosten bei den Objekten der Rheinregulierung und beim rheintalischen Binnenkanal zu übernehmen, soweit diese Mehrkosten nicht von der Eidgenossenschaft bestritten werden.

Da über einen allfälligen Betrag dieser Mehrkosten nichts gesagt wird, so ist diesfalls auch keine Beschränkung derselben anzunehmen, der Kanton St. Gallen hat einfach dieselben nach Abzug des von der Eidgenossenschaft bewilligten Beitrages zu übernehmen.

Beim Fussacher-Durchstich und bei der untern Zwischenstrecke sind bei der Ausführung ebenfalls bedeutende Mehrkosten entstanden, der Kanton St. Gallen hat diesfalls keine Einwendungen erhoben ; nur beim Diepoldsauer-Durchstich,

129

welcher doch auch unbestritten einen integrierenden Bestandteil des Staatsvertrages und der vom Grossen Rate des Kantons .St. Gallen anerkannten Bauten bildet, wird der bedeutenden Mehrkosten wegen die Übernahme derselben der Eidgenossenschaft allein zugewiesen.

Im Bundesbeschluss vom 27. März 1893 wird nun das Beitragsverhältnis zu 80 % für den Bund und zu 20 % für den Kanton St. Gallen festgesetzt, welches Beitragsverhältnis vom 'Grossen Rate des Kantons St. Gallen in seinem Beschlüsse vom 16. Mai 1893 ohne irgend welchen Vorbehalt angenommen worden ist.

Der Kanton St. Gallen hat also gar k e i n R e c h t einen ändern Verteilungsmodus zu verlangen und ohne neuen Bundesi>eschluss ist es auch dem Bundesrate nicht möglich das Gesuch ·desselben zu berücksichtigen.

Die Regierung von St. Gallen macht nun aber geltend, 'dass nicht nur die Rheinregulierungsarbeiten seit Abschluss des ·Staatsvertrages bedeutend höhere Summen erheischen, als damals angenommen wurde und die weitern Bauten ebenfalls sehr viel bedeutendere Kosten erfordern werden, sondern, dass auch die Anforderungen an Staat und Gemeinden infolge der ausgeführten und noch auszuführenden Verbauungs- und Entsumpfungsarbeiten, sowie notwendiger verkehrspolitischer Strassen- und Eisenbahnbauten sehr wesentliche Opfer verlangen, welche das Budget des ganzen Staatswesens auf Jahre hinaus in hohem Masse in Mitleidenschaft ziehen werden.

III. Um uns nun ein Urteil über die f i n a n z i e l l e n V e r h ä l t n i s s e des Kantons St. Gallen und der beteiligten Rheingemeinden bilden zu können, haben wir uns das zur Prüfung der Frage erforderliche Material beschafft, soweit uns solches nicht schon von der Regierung von St. Gallen in ihrer Eingabe vom 22. September 1908 mitgeteilt worden war. Daraus haben wir ersehen, dass die finanzielle Lage des Kantons zwar keine rosige ist, dass sie aber auch nicht ungünstiger oder ·doch nicht wesentlich ungünstiger ist, als diejenige anderer Kantone mit ähnlichen Verhältnissen.

Der Kanton St. Gallen bezieht eine Staatssteuer von 2,4 %0 für das Vermögen und 2,4 % für das Einkommen, in beiden Fällen mit Progression, und es erreichen seine festen Staatsanleihen auf Ende 1907 den verhältnismässig nicht zu hohen Beirag von Fr. 36,000,000. Die Rechnungsergebnisse der letzten.

Bundesblatt. 61. Jahrg. Bd. II.

9

130

Jahre verzeigen Aktivsaldi, wenn auch zum Teil bescheidene.

St. Gallen dürfte in finanzieller Hinsicht unter den Kantonen, immer noch ungefähr denselben Rang einnehmen, der ihm im Bundesgesetz betreffend die eidgenössische Geldskala vom, 9. März 1875 (A. S. n. F. I, 503) zugeschieden war, wo es in: der 5. Klasse rangiert.

Ein wesentlich ungünstigeres Bild ergeben die finanziellen.'

Verhältnisse der st. gallischen Rheingemeinden, die in der Mehrzahl mit Steuern wirklich ungemein stark belastet sind. Es sind da Gemeinden mit Steueransätzen von 12 % bis 15 °/00 und sogar solche mit Ansätzen von über 15 °/00. Dazu kommen erst noch die Beiträge, welche die Ortsgemeinden und Private in der Rheinebene an Rhein-, Kanal- und Bach-Perimetersteuern zu leisten haben. Die Rhein-Perimeterschuld beträgt laut Nachweisen der Regierung des Kantons St. Gallen zurzeit über Fr. 2,000,000. Das sind für die in Frage stehenden Gemeinden, die in den früheren Jahren unter den Verheerungen des Rheins so viel zu leiden hatten, dass sie finanziell nie zu erstarken vermochten, erdrückende Lasten und es darf der Regierung von St. Gallen Glauben geschenkt werden, wenn sie in ihrer Eingabe erklärt, der Kanton werde voraussichtlich genötigt sein, einen Teil der erwähnten, fortwährend wachsenden Rhein-Perimeterschuld den Pflichtigen abzunehmen, da es diesen einfach unmöglich sein werde, ihrer Pflicht voll nachzukommen..

Wenn nun aber der Bundesrat auch der Ansicht ist, dass dem Kanton St. Gallen kein Recht zusteht, vom Bunde eine andere Verteilung der Mehrkosten des Diepoldsauer-Durchstiches zu verlangen, so möchte er aus Büligkeitsrücksichten und hauptsächlich um den Kanton diese Entlastung der Rheingemeinden eher zu ermöglichen, demselben noch in etwas weitgehenderem Sinne die grossen Lasten der Rheinregulierungskosten tragen helfen und von den auf die Schweiz fallenden Mehrkosten des Diepoldsauer-Durchstiches weitere 10 % auf die Bundeskasse übernehmen.

Den Kanton St. Gallen ganz von den Mehrkosten zu entlasten, erachtet der Bundesrat als ein zu weit gehendes Entgegenkommen und der Konsequenzen wegen untunlich. Es würde dies auch dem bisherigen Usus in Subventionsangelegenheiten zuwidergehen, indem bis jetzt stets bestimmt wurde, dass der bauausführende Kanton ebenfalls an die Kosten der Arbeiten beizutragen habe, indem derselbe hieran das erste Interesse hat.

131

Der vom Bunde zu bezahlende Mehrbetrag würde sich demnach wie folgt berechnen : Kostenvoranschlag des) Ausführungsprojektes Fr. 18,100,000 Kostenvoranschlag des Staafevertrages . . ,, 9,169,000 Differenz

Fr.

8,931,000

Von diesen bezahlt Österreich die Hälfte mit Von der schweizerischen Hälfte übernimmt der Bund 90% oder

Fr.

4,465,500

,,

4,018,950

Dem Kanton St. Gallen verbleiben 10 % oder

Fr.

446,550

Der vom Bunde zu übernehmende Mehrbetrag beträgt somit auch Fr. 446,550.

Wir beantragen Ihnen daher, auf das Gesuch der Regierung des Kantons St. Gallen vom 22. September 1908 unter nachfolgenden Bedingungen, die im Bundesbeschluss-Entwurf aufgenommen sind, einzutreten.

Somit erlauben wir uns, den eidgenössischen Räten folgenden Beschlussentwurf zu unterbreiten und zur Genehmigung zu empfehlen.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 6. März 1909.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Deucher.

Der I. Vizekanzler :

Schatzmann.

132

(Entwurf.)

Bundesbeschluss betreffend

die Eingabe des Regierungsrates des Kantons St. Gallen, vom 22. September/8. Oktober 1908 um Übernahme der Mehrkosten des DiepoldsauerDurchstiches durch den Bund.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Eingabe des Regierungsrates des Kantons St. Gallen, vom 22. September/8. Oktober 1908 betreffend Übernahme der Mehrkosten des Diepoldsauer-Durchstiches durch den Bund, über den im ursprünglichen Kostenvoranschlage angegebenen Betrag von Fr. 9,169,000; einer Botschaft des Bundesrates vom 20. Oktober 1908 betreffend die Fortsetzung der Regulierungsarbeiten am Rhein zwischen der Illmündung und dem Bodensee; einer Botschaft des Bundesrates vom 6. März 1909 betreffend die Eingabe des Regierungsrates des Kantons St. Gallen vom 22. September/8. Oktober 1908, beschliesst: Art. 1. Dem Kanton St. Gallen wird die Hälfte der Kosten, soweit diese den Betrag der im internationalen

133

Staatsvertrage vom 30. Dezember 1892 für die Erstellung des Diepoldsauer-Durchstiches vorgesehenen Summe von Fr. 9,169,000 übersteigen, erlassen.

Art. 2. Die schweizerische Eidgenossenschaft übernimmt diesen Teil der Kosten, wodurch der Kanton St. Gallen davon befreit wird.

--·$>&-

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend die Eingabe des Regierungsrates des Kantons St. Gallen vom 22. September/8. Oktober 1908, um Übernahme der Mehrkosten des Diepoldsauerdurchstiches durch den Bund. (Vom 6. März 1909.)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1909

Année Anno Band

2

Volume Volume Heft

10

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

10.03.1909

Date Data Seite

123-133

Page Pagina Ref. No

10 023 248

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.