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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Konzession einer elektrischen Strassenbahn von Bern nach Zollikofen, mit Abzweigung von der Tiefenaubrücke - nach Worblaufen.

(Vom 18. Juni 1909.)

Tit.

Ein durch die Herren Nationalrat Jenny in Worblaufen und Baumeister Leder in Bern vertretenes Initiativkomitee ersucht mittelst Eingabe vom 11. Mai 1909 an das Eisenbahndepartement zuhanden der Bundesversammlung um Erteilung einer Konzession für den Bau und Betrieb einer elektrischen Strassenbahn von Bern nach Zollikofen, mit Abzweigung von der Tiefenaubrücke nach Worblaufen.

Im allgemeinen Berichte führendie Konzessionsbewerber aus, dass sich die Bevölkerung des Aaretales zwischen Bern und Zollikofen schon vor mehreren Jahren mit dem Projekte einer Strassenbahn zwischen diesen Ortschaften beschäftigt habe. Da aber damals nur Personenbeförderung vorgesehen worden sei, habe das Projekt wegen der geringen Aussicht auf genügenden Verkehr nicht verwirklicht werden können. In letzter Zeit sei die Idee einer Strassenbahnverbindung zwischen Bern und Zollikofen wieder aufgenommen worden und ausser dem Personenverkehr beabsichtige man auch die Beförderung von Gütern zu übernehmen. In dem

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Initiativkomitee, das sich gebildet habe, seien die verschiedenen industriellen Unternehmungen von Zollikofen, Worblaufen und der Felsenau vertreten. Ein jedes dieser Etablissemente habe sich einerseits zu einer Aktienbeteiligung und anderseits zur Übernahme der Kosten des eigenen Anschlussgeleises verpflichtet.

Das von den Konzessionsbewerbern in Aussicht genommene Tracé beginnt in Bern, Tierspital (Henkerbrünnli), führt auf der Staatsstrasse nach der Tiefenaubrücke und von da zur Station Zollikofen der Bundesbahnen. Bei der Tiefenaubrücke zweigt eine Linie in die Worblaufenstrasse ab, führt durch das Dorf Worblaufen, biegt nach Überbrückung der Worblen in den Papiermühleweg ein und endigt beim Eingang zum Areal der eidgenössischen Pulverfabrik.

Dem technischen Bericht sind folgende Hauptangaben zu entnehmen : Länge der Bahn : Linie Bern-Zollikofen 6 km, Abzweigung nach Worblaufeu 0,söo, Totallänge 6,300 km.

Spurweite : l m.

Maximalsteigung: Hauptlinie 28 °/oo, Abzweigung 38 °/oo.

Höhencoten : Zollikofen S.ß. B. 563,3, Tiefenaubrücke523, Bern540, Worblaufen 505.

Minimalradius: 18 m.

Zwischenstationen: Hauptlinie 5, Abzweigung 1.

Güterverkehr: Transport von Normalbahnwagen auf Rollschemeln.

Betriebssystem : Elektrische Traktion. Trambetrieb für den Personenverkehr.

Der summarische Kostenvoranschlag setzt sich aus folgenden Posten zusammen : Organisations- u n d Verwaltungskosten . . . . F r . 12,000 Kapitalbeschaffung und Verzinsung des Baukapitals ,, 5,000 Grunderwerb ,, 22,000 Unterbau ,, 79,700 Oberbau ,, 188,900 Hochbau ,, 32,000 Rollmaterial ,, 175,000 Elektrische Ausrüstung und Signale ,, 94,400 Mobiliar und Gerätschaften ,, 5,000 Unvorhergesehenes u n d Betriebsfonds . . . . ,, 36,000 Total oder zirka Fr. 93,000 per Bahnkilometer.

Fr. 650,000

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Auf Grund der vorgelegten Rentabilitätsberechnung soll sich nach Ansicht der Konzessionsbewerber ein jährlicher Betriebsüberschuss von Fr. 5000 ergeben, der vorderhand zur Speisung eines Erneuerungsfonds verwendet würde.

In seiner Vernehmlassung vom 9. Juni 1909 erklärte der Regierungsrat des Kantons Bern, dass von keiner Seite Einwendungen gegen die Konzessionserteilung erhoben worden seien.

Die Stadt Bern, welche kraft der ihr erteilten Konzession vom 6. Oktober 1899 (E. A. S., XV, 721) ein Vorrecht im Falle der Konzessionierung von Strassenbahnen im Gebiete der Gemeinde Bern habe, sei mit der Erteilung der nachgesuchten Konzession einverstanden, falls das Initiativkomitee durch Vertrag folgende Verpflichtungen eingehen wolle: 1. Die Gemeinde Bern behalte sich das Recht vor, unter noch näher zu vereinbarenden Bedingungen die Bahn ganz oder teilweise zurückzukaufen.

2. Der Gemeinde Bern sei das Recht einzuräumen, in ihrem Gemeindegebiet jederzeit auf den Geleisen der Bahn, unter noch zu vereinbarenden Bedingungen, einen Tramwaybetrieb einzurichten.

3. Für allfällige, von der Gemeinde Bern noch zu bauende Konkurrenzlinien könne sie zu keiner Entschädigung angehalten werden.

4. Über die Wahl der Stromart und der Spannung, sowie über die Lieferung des Betriebsstromes auf der Strecke Tierarzneischule-Tiefenau habe sich die zu bildende Aktiengesellschaft mit der Gemeinde Bern zu verständigen.

5. Für die im Gemeindegebiet der Stadt Bern liegenden Bahnanlagen und elektrischen Einrichtungen seien dem Gemeinderat besondere Pläne vorzulegen und es dürfe der Bau der Anlagen nur im Einverständnis mit dieser Behörde erfolgen.

Der Regierungsrat fügte bei, dass er gegen die Berücksichtigung des ersten Begehrens der Gemeinde Bern nichts einzuwenden habe, sofern für den Rückkauf durch die Gemeinde keine anderen Bedingungen aufgestellt würden, als diejenigen, die in der Konzession für den Rückkauf durch den Bund und den Kanton zu bestimmen seien.

Die zweite der gestellten Bedingungen aber werde vom Initiativkomitee aus folgenden Gründen als unannehmbar bezeichnet. Für die projektierte Strassenbahn sei 30 Minutenbetrieb, also in gewissem Sinne Trambetrieb vorgesehen. Ausserdem

138 werde der Güterverkehr nach und von den beteiligten industriellen Etablissementen eine nicht unbedeutende Rolle spielen. Dieser letztere Umstand insbesondere würde für den Fall eines Doppelbetriebes Schwierigkeiten aller Art im Gefolge haben, ganz abgesehen von den finanziellen Nachteilen, die dem zu gründenden Unternehmen aus einem derartigen Betrieb erwachsen müssten.

Diese Gründe seien stichhaltig, weshalb auch der Regierungsrat die zweite Bedingung der Stadt Bern als unannehmbar bezeichnen müsse.

Gegen den dritten Vorbehalt der Gemeinde sei nichts einzuwenden, die Aufnahme einer diesbezüglichen Bestimmung in der Konzession sei aber nicht erforderlich.

Ferner sei das Initiativkomitee bereit, inbezug auf die Lieferung des Betriebsstromes der Gemeinde Bern ein Vorrecht einzuräumen und dem Begehren der Stadt um Vorlage der Pläne werde wohl nach Massgabe von Art. 14, Absatz 2, des Eisenbahngesetzes vom 23. Dezember 1872 seinerzeit zu entsprechen sein.

Unterm 9. Juni erklärte der Gemeinderat der Stadt Bern in einem Schreiben an die Konzessionsbewerber auf die sub Ziffer 2 hiervor erwähnte Bedingung zu verzichten und als Rückkaufsbestimmungen die durch die Konzession festzusetzenden Normen anzunehmen.

Die konferenziellen Verhandlungen über den vom Eisenbahndepartement aufgestellten Konzessionsentwurf haben am 16. Juni in Bern stattgefunden. Auf den Antrag der Konzessionsbewerber und in Anbetracht der vorliegenden besonderen Verhältnisse wurde eine kleine Erhöhung der Taxen für den Personen-, Gepäck- und Güterverkehr (Art. 16, 17 und 18) zugestanden. Bei Art. 28 äusserte der Vertreter des Gemeinderates Bern den Wunsch, dass für die Gemeinde Bern, die zugunsten der Initianten auf das ihr gemäss Konzession vom 6. Oktober 1899 zustehende Vorrecht auf die Konzessionserteilung für die auf Gemeindegebiet gelegene Strecke verzichte, besondere günstigere Rückkaufsbestimmungen festgesetzt würden. Derselbe erklärte sich aber schliesslich mit der Fassung des Art. 28, durch welche das Rückkaufsrecht der Gemeinde Bern nach den gleichen Normen wie für Bund und Kanton geregelt wird, im Prinzip einverstanden, nachdem der Vertreter der Konzessionsbewerber betont hatte, dass bei Anlass späterer Verhandlungen mit der Gemeinde Bern über den Anschluss der Bahn an das Netz der städtischen Strassenbahn und

139 den damit im Zusammenhang stehenden Fragen eventuell für die Gemeinde Bern besondere Rückkaufsbestimmungen vereinbart werden könnten. Durch derartige Bestimmungen dürfen selbstverständlich die Rückkaufsrechte des Bundes und des Kantons in keiner Weise berührt werden.

Weitere Bemerkungen haben wir nicht anzubringen Wir empfehlen Ihnen den nachstehenden Beschlussentwurf ·zur Annahme und benützen auch diesen Anlass, Sie, Tit., unserer ausgezeichneten Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 18. Juni 1909.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Deucher.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

140 (Entwurf.)

Bundesbeschluss betreffend

Konzession einer elektrischen Strassenbahn von Bern nach Zollikofen, mit Abzweigung von der Tiefenaubrücke nach "Worblaufen.

Die Bundesversammlung der s c h w e i z e r i s c h e n E i d g e n o s s e n s c h a f t , nach Einsicht 1. einer Eingabe eines Initiativkomitees, datiert vom 11. Mai 1909; 2. einer Botschaft des Bundesrates vom 18. Juni 1909, beschliesst: Einem durch die Herren Nationalrat J . J e n n y , in Worblaufen, und F. L e d e r , Baumeister in Bern, vertretenen Initiativkomitee wird zu Händen einer zu bildenden Aktiengesellschaft die Konzession für den Bau und den Betrieb einer elektrischen Strassenbahn von B e r n (Tierspital) nach Z o l l i k o f e n (Station 8. B. B.), mit Abzweigung von der T i e f e n a u b r ü c k e nach W o r b l a u f e n , unter den in den nachfolgenden Artikeln enthaltenen Bedingungen; erteilt.

Art. 1. Es sollen die jeweiligen Bundesgesetze, sowie alle übrigen Vorschriften der Bundesbehörden über den Bau und Betrieb der schweizerischen Eisenbahnen jederzeit genaue Beachtung finden.

Art. 2. Die Bahn wird als Nebenbahn im Sinne des Bundesgesetzes vom 21. Dezember 1899 erklärt.

Art. 3. Die Konzession wird auf die Dauer von 80 Jahren, vom Inkrafttreten des gegenwärtigen Beschlusses an gerechnet, erteilt.

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Art. 4.

Der Sitz der Gesellschaft ist in Bern.

Art. 5. Die Mehrheit der Direktion und des Verwaltungsrates oder weitern Ausschusses soll aus Schweizerbürgern, welche ihren Wohnsitz in der Schweiz haben, bestehen.

Art. 6. Binnen einer Frist von 24 Monaten, vom Inkrafttreten des gegenwärtigen Beschlusses an gerechnet, sind dem Bundesrat die vorschriftsmässigen technischen und finanziellen Vorlagen nebst den Statuten der Gesellschaft zur Genehmigung einzureichen.

Innert 6 Monaten nach der Plangenehmigung ist mit den Erdarbeiten für die Erstellung der Bahn zu beginnen.

Binnen 18 Monaten, vom Beginn der Erdarbeiten an gerechnet, ist die ganze konzessionierte Linie zu vollenden und dem Betriebe zu übergeben.

Art. 7. Die Ausführung des Bahnbaues, sowie der zum Betrieb der Bahn erforderlichen Einrichtungen darf nur geschehen auf Grund von Ausführungsplänen, welche vorher dem Bundesrat vorgelegt und von diesem genehmigt worden sind. Der Bundesrat ist berechtigt, auch nach Genehmigung der Pläne eine Abänderung derselben zu verlangen, wenn eine solche durch die Fürsorge für die Sicherheit des Betriebes geboten ist.

Art. 8. Die Bahn wird mit Spurweite von l Meter und eingeleisig erstellt und mittelst Elektrizität betrieben.

In bezug auf die Benützung der öffentlichen Strassen für die Anlage und den Betrieb der Bahn gelten die Vorschriften der vom Grossen Rate des Kantons Bern unterm 25. Mai 1909 genehmigten Bewilligung betreffend Benützung der Staatsstrasse und des Beschlusses der Viertelsgemeinde Ittigen, vom 12. Juni 1909, soweit diese Vorschriften nicht mit der gegenwärtigen Konzession und der Bundesgesetzgebung im Widerspruch stehen.

Art. 9. Gegenstände von wissenschaftlichem Interesse, welche durch die Bauarbeiten zu Tage gefördert werden, wie Versteinerungen, Münzen, Medaillen u. s. w., sind Eigentum des Kantons Bern und an dessen Regierung unentgeltlich abzuliefern.

Art. 10. Den eidgenössischen Beamten, welchen die Überwachung der Bahn hinsichtlich der Bauten oder des Betriebes obliegt, hat die Bahnverwaltung behufs Erfüllung ihrer Aufgabe

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zu jeder Zeit Einsicht von allen Teilen der Bahn, der Stationen und des Materials zu gestatten, sowie das zur Untersuchung nötige Personal und Material zur Verfügung zu stellen.

Art. 11. Der Bundesrat kann verlangen, · dass Beamte oder Angestellte der Gesellschaft, welche in der Ausübung ihrer Funktionen zu begründeten Klagen Anlass geben und gegen welche die Gesellschaft nicht von sich aus einschreitet, zur Ordnung gewiesen, .bestraft oder nötigenfalls entlassen werden.

Ebenso hat er das Recht, zu verlangen, dass Mitglieder der Verwaltung, welchen vorübergehend oder dauernd Funktionen eines Beamten oder Angestellten übertragen sind und die in der Ausübung derselben Anlass zu begründeten Klagen geben, dieser Funktionen enthoben werden.

Art. 12. Die Gesellschaft übernimmt die Beförderung von Personen und Gepäck, sowie auf der Strecke Felsenau-Zollikofen und auf der Abzweigung nach Worblaufen auch von Gütern. Zum Transport lebender Tiere ist sie nicht verpflichtet.

Art. 13. Die Gesellschaft hat sich dem Transportreglement ·der schweizerischen Eisenbahn- und Dampfschiffunternehmungen zu unterziehen. Soweit sie Änderungen nötig finde), können solche erst eingeführt werden, nachdem sie vom Bundesrat genehmigt worden sind.

Art. 14. Der Gesellschaft ist im allgemeinen anheimgestellt, die Zahl der täglichen Züge und deren Kurszeiten zu bestimmen.

Immerhin sind alle daherigen Projekte, soweit es sich um fahrplanmässige Züge handelt, dem Eisenbahndepartement vorzulegen und dürfen vor ihrer Genehmigung nicht vollzogen werden.

Die Fahrgeschwindigkeit der Züge wird vom Bundesrat festgesetzt.

Die Fahrpläne unterliegen der Genehmigung des Bundesrates.

Art. 15. Die Gesellschaft wird zur Personenbeförderung Wagen mit nur einer Klasse aufstellen, deren Typus vom Bundesrat genehmigt werden muss.

Art. 16. Für die Beförderung von Personen können Taxen bis auf den Betrag von 10 Rappen per Kilometer der Bahnlänge bezogen werden.

Für Hin- und Rückfahrten sind die Personentaxen mindestens 20 °/o niedriger anzusetzen als für doppelte einmalige Fahrten.

143 Kinder unter vier Jahren sind gratis zu befördern, sofern für solche kein besonderer Sitzplatz beansprucht wird.

Für Kinder zwischen dem vierten und dem zurückgelegten zwölften Altersjahre ist die Hälfte der Taxe zu zahlen.

Die Gesellschaft ist verpflichtet, zu Bedingungen, welche im Einvernehmen mit dem Bundesrat aufzustellen sind, Abonnementsbillette zu reduzierter Taxe auszugeben.

Art. 17. Jeder Reisende ist berechtigt, 10 Kilogramm Reisegepäck taxfrei zu befördern, sofern es ohne Belästigung der Mitreisenden im Personenwagen untergebracht werden kann.

Für anderes Reisegepäck kann eine Taxe von höchstens 10 Rappen per 100 Kilogramm und per Kilometer bezogen werden.

Mit Zustimmung des Bundesrates kann für das Reisegepäck ein Abfertigungsverfahren mit einer einheitlichen Taxe eingeführt werden. In diesem Falle setzt der Bundesrat die Taxe fest.

Art. 18. Bei der Erstellung der Gütertarife ist im allgemeinen vom Gewicht und Umfang der Warensendungen auszugehen, aber, soweit es die Bedürfnisse von Industrie, Gewerbe, Handel und Landwirtschaft rechtfertigen, auch auf den Wert und die wirtschaftliche Bedeutung der Waren Rücksicht zu nehmen.

Es sind Klassen aufzustellen, deren höchste nicht über 5 Rappen und deren niedrigste nicht über 2,5 Rappen per 100 Kilogramm und per Kilometer betragen soll.

Eine ganze Wagenladung (d. h. mindestens 5000 Kilogramm oder 5 Tonnen) hat gegenüber den Stücksendungen Anspruch auf Rabatt.

Bei Beförderung von Waren in Eilfracht kann die Taxe um 100 % des gewöhnlichen Ansatzes erhöht werden.

Die für Industrie, Gewerbe und Landwirtschaft erforderlichen Rohstoffe sollen am niedrigsten taxiert werden.

Art. 19. Traglasten mit landwirtschaftlichen und einheimischen gewerblichen Erzeugnissen, sowie Handwerkszeug für den persönlichen Gebrauch des Aufgebers, welche in Begleitung der Träger, wenn auch in besonderen Wagen, mit den Personenzügen transportiert und am Bestimmungsort sofort wieder in Empfang genommen werden, sind, soweit sie das Gewicht von 15 Kilogramm nicht übersteigen, frachtfrei. Für das Mehrgewicht ist die Taxe für Waren in gewöhnlicher Fracht zu erheben.

144 Art. 20. Beim Eintritt von Notständen, insbesondere bei ungewöhnlicher Teuerung der Lebens- und Futtermittel, sind für den Transport von Getreide, Mehl, Hülsenfrilchten, Kartoffeln, Futtermitteln u. s. w. zeitweise niedrigere Taxen einzuführen, welche vom Bundesrate nach Anhörung der Bahnverwaltung festgesetzt werden.

Art. 21. Für Gepäck- und Gütersendungen kann eine Minimaltaxe erhoben werden, die aber den Betrag von 20 Rappen für eine einzelne Sendung nicht überschreiten darf.

Art. 22. Die vorstehenden Taxbestimmungen beschlagen bloss den Transport von Station zu Station. Die Waren sind von den Aufgebern an die Stationsverladplätze aufzuliefern und vom Adressaten auf der Bestimmuugstation abzuholen.

Das Auf- und Abladen der Waren ist Sache der Gesellschaft, und es darf eine besondere Taxe dafür in der Regel nicht erhoben werden. Ausnahmen hiervon sind nur mit Zustimmung des Bundesrates zulässig für einzelne Klassen von Wagenladungsgütern und andere Gegenstände, deren Verladung mit besondern Schwierigkeiten verbunden ist.

Art. 23. Bei Festsetzung der Taxen werden Bruchteile eines Kilometers für einen ganzen Kilometer gerechnet.

Das Gewicht wird bei Gütersendungen bis auf 20 kg für volle 20 kg gerechnet und bei Gepäcksendungen bis auf 10 kg für volle 10 kg; das Mehrgewicht wird nach Einheiten von je 10 kg berechnet, wobei jeder Bruchteil von 10 kg für eine ganze Einheit gilt.

Wenn die genaue Ziffer der so berechneten Taxe nicht ohne Rest durch 5 teilbar ist, so wird sie auf die nächsthöhere durch 5 teilbare Zahl aufgerundet, sofern der Rest mindestens einen Rappen beträgt.

Art. 24. Für die Einzelheiten des Transportdienstes sind Réglemente und Tarife aufzustellen.

Art. 25. Sämtliche Réglemente und Tarife sind mindestens drei Monate, ehe die Eisenbahn dem Verkehr übergeben wird r dem Bundesrat zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 26. Wenn die Bahnunternehmuag drei Jahre nacheinander einen sechs Prozent übersteigenden Reinertrag abwirft, so

145 ist das nach gegenwärtiger Konzession zulässige Maximum der Transporttaxen verhältnistnässig herabzusetzen. Rann hierüber eine Verständigung zwischen dem Bundesrat und der Gesellschaft nicht erzielt werden, so entscheidet die Bundesversammlung.

Reicht der Ertrag des Unternehmens nicht hin, die Betriebskosten, einschliesslich die Verzinsung des Obligationenkapitals, zu decken, so kann der Bundesrat eine angemessene Erhöhung obiger Tarifansätze gestatten. Solche Beschlüsse sind jedoch der Bundesversammlung zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 27. Die Gesellschaft ist verpflichtet, für Äufnung genügender Erneuerungs- und Reservefonds zu sorgen und für das Personal eine Kranken- und Unterstützungskasse einzurichten oder dasselbe bei einer Anstalt zu versichern. Die hierüber aufzustellenden besondern Vorschriften unterliegen der Genehmigung des B Lindesrates.

Ferner sind die Reisenden und das Personal bei einer Anstalt bezüglich derjenigen Verpflichtungen zu versichern, welche aus dem Haftpflichtgesetz vom 28. März 1905 mit Bezug auf Unfälle beim Bau, beim Betrieb und bei Hülfsgeschäften sich ergeben.

Art. 28. Für die Ausübung des Rückkaufsrechtes des Bundes ·oder, wenn er davon keinen Gebrauch machen sollte, des Kantons Bern, sowie der Stadt Bern, gelten folgende Bestimmungen : a. Der Rückkauf kann frühestens 30 Jahre nach Eröffnung des Betriebes und von da an je auf 1. Januar eines Jahres erfolgen. Vom Entschluss des Rückkaufes ist 'der Gesellschaft drei Jahre vor dem Eintritte desselben Kenntnis zu geben.

b. Durch den Rückkauf wird der Rückkäufer Eigentümer der Bahn mit ihrem Betriebsmaterial und allen übrigen Zugehören. Immerhin bleiben die Drittmannsreehte hinsichtlieh des Pensions- und Unterstützungsfonds vorbehalten. Zu welchem Zeitpunkte auch der Rückkauf erfolgen mag, ist die Bahn samt Zugehör in vollkommen befriedigendem Zustande abzutreten. Sollte dieser Verpflichtung kein Genüge getan werden, und sollte auch die Verwendung der Erneuerungs- und Reservefonds dazu nicht ausreichen, so ist ein verhällnismässiger Betrag von der Rückkaufssumme in Abzug zu bringen.

, c. Die Entschädigung für den Rückkauf beträgt, sofern letzterer bis 1. Januar 1950 rechtskräftig wird, den 25fachen Wert des durchschnittlichen Reinertrages derjenigen zehn Kalender-

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jähre, die dem Zeitpunkte, in welchem der Ruckkauf der Gesellschaft notifiziert wird, unmittelbar vorangehen; -- sofern der Rückkauf zwischen dem 1. Januar 1950 und 1. Januar 1965 erfolgt, den 221/afachen Wert; -- wenn der Rückkauf zwischen dem 1. Januar 1965 und dem Ablauf der Konzession sich vollzieht, den 20fachen Wert des oben beschriebenen Reinertrages; -- unter Abzug der Erneuerungsund Reservefonds.

Bei Ermittlung des Reinertrages darf lediglich die durch, diesen Akt konzessionierte Eisenbahnunternehmung mit Ausschluss aller anderen etwa damit verbundenen Geschäftszweige in Betracht und Berechnung gezogen werden.

d. Der Reinertrag wird gebildet aus dem gesamten Überschus» der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben, zu welch letztern auch diejenigen Summen zu rechnen sind, welche auf Abschreibungsrechnung getragen oder einem Reservefonds einverleibt wurden.

e. Im Falle des Rückkaufes im Zeitpunkte des Ablaufs der Konzession ist nach der Wahl des Rückkäufers entweder der Betrag der erstmaligen Anlagekosten für den Bau und Betrieb oder eine durch bundesgerichtliche Abschätzung zu bestimmende Summe als Entschädigung zu bezahlen.

f. Streitigkeiten, die Über den Rückkauf und damit zusammenhängende Fragen entstehen, unterliegen der Entscheidung des Bundesgerichtes.

Art. 29. Haben der Kanton oder die Stadt Bern den Rückkauf der Bahn bewerkstelligt, so ist der Bund nichtsdestoweniger befugt,, sein Rückkaufsrecht, wie es im Art. 28 definiert worden, jederzeit auszuüben, und der Kanton bezw. die Stadt Bern haben unter den gleichen Rechten und Pflichten die Bahn dem Bunde abzutreten, wie letzterer dies von der konzessionierten Gesellschaft zu fordern berechtigt gewesen wäre.

Art. 30. Der Bundesrat ist mit dem Vollzuge der Vorschriften dieses Beschlusses, welcher am 15. Juli 1909 in Kraft, tritt, beauftragt.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Konzession einer elektrischen Strassenbahn von Bern nach Zollikofen, mit Abzweigung von der Tiefenaubrücke nach Worblaufen. (Vom 18. Juni 1909.)

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Jahr

1909

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25

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23.06.1909

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135-146

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10 023 392

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