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Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung zum Begnadigungsgesuch des wegen Übertretung des Bundesgesetzes betreffend den Verkehr mit Lebensmitteln und Gebrauchsgegenständen bestraften Jules Eduard Humbert; Landwirt in Le Lode, Cernayes Nr. 10, Kts. Neuenburg.

(Vom 30. Oktober 1909.)

Tit.

Am 14. Juli 1909 konstatierte ein Polizeiagent, dass die Milch, welche Jules Eduard Humbert zum Verkaufe nach Le Locle brachte, in erheblichem Masse weniger Trockensubstanz und Fettgehalt aufwies als die Verordnung zum Lebensmittelgesetz vom 29. Januar 1909 verlangt, und eine Stallprobe, die am Vormittag des nächsten Tages erhoben wurde, ergab, dass die Kühe Milch von normaler Beschaffenheit lieferten. Der Polizeirichter von Le Locle verurteilte darauf den Humbert wegen fahrlässiger Übertretung des Art. 37 des Bundesgesetzes vom 8. Dezember 1905 zu Fr. 20 Geldbusse und Tragung der Kosten von Fr. 25. Humbert hatte weder gegenüber der Polizei noch im gerichtlichen Verfahren die im Polizeirapport enthaltenen Tatsachen bestritten, sondern lediglich behauptet, die beanstandete Milch habe von einer Kuh hergerührt, die, ohne dass er davon Kenntnis gehabt, ungewöhnlich geringe Milch gegeben.

F' l Gegenwärtig ersucht der Bestrafte um Erlass der Busse, indem er darauf aufmerksam macht und mit amtlichen Urkunden nachweist, dass in einem andern Falle unter ganz gleichartigen

72 tatsächlichen Verhältnissen, die Staatsanwaltschaft des Kantons Neuenburg das Strafverfahren, ohne Überweisung an den Richter deswegen eingestellt habe, weil die in Artikel 56 des eidgenössischen Lebensmittelpolizeigesetzes vorgesehenen Verordnungen vom Kanton Neuenburg noch nicht erlassen worden seien, demnach auch die Untersuchung der beanstandeten Milch nicht von kompetenter Stelle ausgegangen und nicht beweiskräftig sei.

Humbert findet, dieser spätere Entscheid der kantonalen Staatsanwaltschaft stehe in unerträglichem Widerspruch mit der Tatsache seiner Verurteilung durch den Polizeirichter, gegen welche er kein Rechtsmittel ergriffen habe, um Kosten zu ersparen, und es sei Sache der Begnadigungsinstanz, die gesetzwidrige Verurteilung aufzuheben. Der Polizeidirektor der Stadt Le Lode empfiehlt die Begnadigung.

Das schweizerische Gesundheitsamt konstatiert, dass der Kanton Neuenburg bis jetzt noch keine Verordnungen zum Lebensmittelpolizeigesetz erlassen habe, dass aber auch im Bundesgesetze die Kantone nicht angehalten werden, für die Ausführung des Gesetzes amtliche Organe neu zu bestellen, insbesondere wenn wie in Neuenburg bereits früher solche bestanden hätten. Diese Feststellung entspricht durchaus dem Wortlaute des Bundesgesetzes, und der Gesuchsteller kann sich um so weniger auf formelle Mängel im Konstatierungsverfahren berufen, als er selbst die Richtigkeit .der im Polizeirapport gegebenen Sachdarstellung nicht bestreitet.

Wir stellen daher den Antrag: Es sei das Begnadigungsgesuch des Jules Eduard Humbert abzuweisen.

B e r n , den 30. Oktober 1909.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Deucher.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

-äs-o-s;.

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Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung zum Begnadigungsgesuch des wegen Übertretung des Bundesgesetzes betreffend den Verkehr mit Lebensmitteln und Gebrauchsgegenständen bestraften Jules Eduard Humbert; Landwirt in Le Locle, Cernayes Nr. 10...

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1909

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03.11.1909

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