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Schweizerisches Bundesblatt.

6l. Jahrgang. I.

No. 2

13. Januar 1909.

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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend den Freundschafts-, Niederlassungs- und Handelsvertrag mit der Republik Kolumbien vom 14. März 1908.

(Vom

31. Dezember 1908.)

Tit.

Mit Note vom 12. September 1907 fragte uns der Gesandte der Republik Kolumbien, Herr Quijano Wallis, an, · ob wir geneigt wären, mit Kolumbien einen Freundschafts-, Niederlassungs- und Handelsvertrag abzuschliessen. Er legte uns gleichzeitig den Entwurf zu einem solchen Vertrage vor.

Obwohl die Beziehungen der Schweiz zu Kolumbien nicht von grosser Bedeutung sind, gingen wir auf diesen Vorschlag ein, von der Ansicht ausgehend, dass es nur von Vorteil sein kann, den Verkehr mit diesem in der Entwicklung begriffenen Lande vertragsmässig zu sichern.

Der uns unterbreitete Vertragsentwurf erfuhr im Laufe der Verhandlungen verschiedene Änderungen und wurde schliesslich am 14. März 1908 in Paris von unserem Bevollmächtigten, Herrn Minister Lardy, und von dem Bevollmächtigten Kolumbiens, Herrn Quijano Wallis, unterzeichnet. Das Parlament und der Präsident der Republik Kolumbien haben diesen Vertrag bereits genehmigt.

Bundesblatt. 61. Jahrg. Bd. I.

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Kolumbien, das zweiundeinhalbmal grösser ist als das deutsche Reich, weist eine Bevölkerung von 4,141,791 Einwohnern auf.

Die Gesamteinfuhr betrag im Jahre 1907: 12,088,563, die Ausfuhr 13,791,442 Pesos Gold. Die hauptsächlichen Ausfuhrartikel sind: Kaffee, Edelmetalle, Tabak, Häute, Erze, Kautschuk, Baumwolle, vegetabilisches Elfenbein, Kakao. Der Kaffee geht zum grössten Teil nach den Vereinigten Staaten, der Tabak nach Deutschland, die Baumwolle nach Liverpool und Havre. Die hauptsächlichen Einfuhrartikel sind: Baumwollen-, Wollen- und Leinenstoffe, Metallwaren, Nahrungsmittel, geistige Getränke etc.

In welchem Masse die Schweiz an diesem Handel beteiligt ist, können wir nicht genau angeben. Die Zahlen der schweizerischen Handelsstatistik beziehen sich nicht auf Kolumbien allein, sondern auf das nördliche Südamerika: Kolumbien, Venezuela und Guyana. Die Einfuhr aus diesen Ländern in die Schweiz bezifferte sich 1907 auf Fr. 6,469,494, unsere Ausfuhr nach diesen Ländern auf Fr. 1,072,066.

Die Hauptposten der Einfuhr sind : Kaffee, roh Fr. 297,310 Kakaobohnen ,, 3,025,880 Gold, unbearbeitet ,, 3,093,888 v Wir haben im Jahre 1907 unter anderin ogeliefert: Kindermehl Fr.

16,639 Schokolade ,, 16,655 Milch, kondensierte, etc ,, 11,206 Hartkäse ,, 11,423 Gewebe ,, 218,183 Stickereien ,, 195,359 Waren aus Seide, Floretseide, Kunstseide ,, 83,587 Bänder ,, 45,164 Dynamo-elektrische Maschinen ,, 142,492 Uhren ,, 142,423 Zu einer kurzen Analyse des Vertrages übergehend, bemerken wir folgendes: Art. l enthält die herkömmliche Formel, dass zwischen der Schweiz und Kolumbien dauernd Friede und Freundschaft bestehen soll.

Art. 2 stellt den Grundsatz der gegenseitigen Behandlung auf dem Fusse der meistbegünstigten Nation fest, der sich erstreckt auf den Handel, die Zölle, die Schiffahrt, die Konsulate, die

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Niederlassung, die Ausübung kommerzieller und industrieller Berufe, den Schutz des gewerblichen Eigentums und des Urheberrechts an Schrift- und Kunstwerken. Hinsichtlich dieser Werke werden jedoch die Vorschriften der Gesetzgebung beider Länder ausdrücklich vorbehalten. Diese von Kolumbien verlangte Einschränkung des Grundsatzes der Meistbegünstigung erklärt sich daraus, dass nach den Gesetzen Kolumbiens die in spanischer Sprache geschriebenen Werke Begünstigungen gemessen, von denen die in einer anderen Sprache geschriebenen Werke ausgeschlossen sind. Das Gesetz vom 26. Oktober 1886 schreibt nämlich vor: ,,In den von der Regierung abgeschlossenen internationalen Übereinkünften darf das Übersetzungsrecht nicht vorbehalten werden, es sei denn, dass es sich um Werke handelt, die in einer fremden Sprache geschrieben und in einem Lande gedruckt sind, wo die spanische Sprache herrscht, wie die in Spanien gedruckten, in lateinischer, baskischer oder katalanischer Sprache geschriebenen Werke."1 Und Art. 39 bestimmt ferner : ,,Die Werke, deren Verfasser kein Kolumbianer ist und die in.einem Lande gedruckt sind, wo eine fremde Sprache gesprochen wird, dürfen ganz oder zum Teil frei übersetzt werden, unter der einzigen Bedingung, dass der Name des Verfassers nicht unterdrückt werde.a Die in der Schweiz in einer unserer Landessprachen gedruckten Werke werden also in Kolumbien nur einen beschränkten Schutz geniessen. Unsere Bemühungen, die uns nachteilige Klausel zu beseitigen, sind erfolglos geblieben, wie es denn auch anderen Staaten, so Deutschland, Frankreich und Italien, nicht gelungen ist, bei Abschluss ihrer Verträge günstigere Bestimmungen durchzusetzen.

Art. 3 setzt fest, dass die Angehörigen des einen Staates, die sich im anderen Staate niederlassen wollen, im Besitze von Ausweispapieren, d. h. von Pässen für die Kolumbianer, von Pässen oder Heimatscheinen für die Schweizer, sein müssen.

Art. 4 räumt beiden vetragschliessenden Teilen das Recht ein, gefährlichen Individuen den Aufenthalt auf ihrem Gebiete zu untersagen.

Art. 5 gewährleistet den Schweizern in Kolumbien und den Kolumbianern in der Schweiz die vollständigste Kultus- und Gewissensfreiheit. Der gleiche Grundsatz soll bei der Beerdigung

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der Angehörigen des einen Staates, die auf dem Gebiete des ändern sterben, Anwendung finden.

Art. 6 bestimmt, dass die Angehörigen des einen der beiden Länder, die in dem ändern wohnen, weder zu persönlichem Militärdienste irgendeiner Art, noch zu einer Ersatzleistung angehalten werden dürfen.

Dieser Vertrag wird hundert Tage nach dem Austausch der Ratifikationsurkunden in Kraft treten und bis zum Ablaufe eines Jahres von dem Tage an in Geltung bleiben, an dem der eine oder der andere der vertragschliessenden Teile ihn gekündet hat.

(Art. 7.)

Wir stellen den Antrag, Sie wollen dem am 14. März 1908 zwischen der Schweiz und der Republik Kolumbien abgeschlossenen Freundschafts-, Niederlassungs- und Handelsverträge durch Annahme des beiliegenden Beschlussentwurfes die Genehmigung erteilen.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer ausgezeichneten Hochachtung.

B^ern, den 31. Dezember 1908.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Brenner.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Bingier.

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(Entwurf.)

Bundesbeschluss betreffend

die Genehmigung des am 14. März 1908 zwischen der Schweiz und der Republik Kolumbien abgeschlossenen Freundschafts-, Niederlassungsund Handelsvertrages.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 31. Dezember 1908; in Anwendung von Art. 85, Ziffer 5, der Bundesverfassung, beschliesst: 1. Der zwischen der Schweiz und der Republik Kolumbien unterm 14. März 1908 abgeschlossene Freundschafts-, Mederlassungs- und Handelsvertrag wird hiermit genehmigt.

2. Der Bundesrat wird mit der Vollziehung dieses Beschlusses beauftragt.

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Originaltext.

Traité d'amitié, d'établissement et de commerce entre la

Confédération suisse et la République de Colombie.

Le Conseil fédéral de la Confédération suisse

et Son Excellence le Président de la République de Colombie, également animés du désir de conserver et de resserrer les liens d'amitié entre les deux pays, ainsi que d'accroître, par tous les moyens à leur disposition, les relations commerciales entre les citoyens des deux Etats, ont résolu de conclure un traité à ces fins et ont nommé, dans ce but, pour leurs Plénipotentiaires, savoir :

Le Conseil fédéral suisse: Monsieur Charles Lardy, Envoyé extraordinaire et Ministre plénipotentiaire de Suisse à Paris,

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Übersetzung.

Frenndschafts-, Niederlassung»- und Handelsvertrag zwischen

der schweizerischen Eidgenossenschaft und der Republik Kolumbien.

Der Bundesrat der schweizerischen Eidgenossenschaft und

Seine Exzellenz der Präsident der Republik Kolumbien, von dem Wunsche beseelt, die freundschaftlichen Beziehungen zwischen beiden Ländern zu erhalten und zu befestigen, sowie den Handelsverkehr zwischen den Angehörigen der beiden Staaten durch alle ihnen zur Verfügung stehenden Mittel zu entwickeln, sind übereingekommen, zu diesem Ende einen Vertrag abzuschliessen, und haben demgemäss zu ihren Bevollmächtigten ernannt: Der schweizerische Bundesrat: Herrn Karl Eduard L a r d y , ausserordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister der Schweiz in Paris, und

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Son Excellence le Président de la Eépublique de Colombie : Monsieur J. M. Quijano Wallis, Envoyé extraordinaire et Ministre plénipotentiaire de la République de Colombie à Berne, lesquels, après s'être communiqué leurs pleins pouvoirs, trouvés en bonne et due forme, sont convenus des dispositjons suivantes: Article premier.

Il y aura paix et amitié perpétuelle entre la Confédération suisse et la République de Colombie, comme aussi entre les ressortissants des deux Etats.

Article 2.

Les deux parties contractantes conviennent de s'accorder réciproquement les mêmes droits et avantages qui sont ou seraient accordés à l'avenir à la nation la plus favorisée, en ce qui concerne le commerce, les douanes et la navigation, les consulats, l'établissement, l'exercice des professions commerciales et industrielles et les taxes y relatives, la protection de la propriété industrielle (brevets d'invention, marques de fabrique, étiquettes, enseignes, noms des lieux ou indications de provenance), la protection de la propriété des oeuvres scientifiques, littéraires et artistiques, sous réserve, quant à ces oeuvres, des conditions établies par les lois de chaque Etat.

Article 3.

Tout citoyen de l'un des deux Etats qui voudra s'établir dans l'autre devra être porteur de certificats de nationalité, consistant en passeports pour les ressortissants colombiens et en actes d'origine ou en passeports pour les citoyens suisses.

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Seine Exzellenz der Präsident der Republik Kolumbien : Herrn J. M. Quijano Wal lis, außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister der Republik Kolumbien in Bern, welche, nach gegenseitiger Mitteilung ihrer in guter und gehöriger Form befundenen Vollmachten, folgende Bestimmungen vereinbart haben : Artikel 1.

Zwischen der Schweiz und der Republik Kolumbien, sowie auch zwischen den Angehörigen der beiden Staaten soll dauernd Friede und Freundschaft bestehen.

Artikel 2.

Die beiden vertragschliessenden Teile kommen überein, sich gegenseitig die gleichen Rechte und Vorteile zuzugestehen, die der meistbegünstigten Nation eingeräumt sind oder in Zukunft eingeräumt werden sollten, hinsichtlich des Handels, der Zölle, der Schiffahrt, der Konsulate, der Niederlassung, der Ausübung kommerzieller und industrieller Berufe und der hierfür zu entrichtenden Steuern, des Schutzes des gewerblichen Eigentums (Erfindungspatente, Fabrikmarken, Etiketten, Aushängeschilder, Namen der Herkunftsorte und Herkunftsbezeichnungen) und des Eigentums an Werken der Wissenschaft, der Literatur und Kunst, unter dem Vorbehalt, was diese Werke betrifft, der von den Gesetzen eines jeden Staates vorgeschriebenen Bedingungen.

Artikel -3.

Die Angehörigen des einen Staates, die sich in dem ändern niederlassen wollen, sollen mit Ausweispapieren, d. h. die Kolumbianer mit Pässen, die Schweizer mit Heimatscheinen oder Pässen, versehen sein.

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Article 4.

Chacune des parties contractantes se réserve le droit d'interdire son territoire aux ressortissants de l'autre qui, en raison de leurs antécédents ou de leur conduite, seraient considérés comme dangereux.

Article 5.

Les ressortissants des deux Etats jouiront, sur le territoire de l'autre, d'une liberté de conscience et de croyance pleine et entière. Le Gouvernement les protégera dans l'exercice de leur culte dans les églises, chapelles ou autres lieux affectés au service divin, pourvu qu'ils se conforment aux lois, usages et coutumes du pays. Ce même principe sera également mis en pratique lors de l'inhumation des ressortissants de l'un des deux Etats décédés sur le territoire de l'autre.

Article 6.

Les ressortissants de l'un des deux Etats établis dans l'autre demeurent soumis aux lois de leur patrie en ce qui concerne le service militaire et les prestations imposées par compensation pour le service personnel ; ils ne peuvent, en conséquence, dans le pays où ils sont établis, être astreints ni à un service militaire quelconque, ni aux prestations imposées par compensation pour le service personnel.

Article 7.

Le présent traité sera ratifié, et les ratifications en seront échangées à Paris le plus tôt que faire se pourra.

Il sera exécutoire dans les deux Etats dès le centième jour après l'échange des ratifications.

491 Artikel 4.

Jeder der vertragschliessenden Teile behält sich das Recht vor, Angehörigen des anderen Teiles, die wegen ihres Vorlebens oder ihres Verhaltens als gefährlich anzusehen sind, den Aufenthalt auf seinem Gebiete zu unterArtikel 5.

Die Angehörigen der beiden Staaten werden auf dem Gebiete des anderen Staates die vollständigste Gewissensund Glaubensfreiheit gemessen. Die Regierung wird sie bei der Ausübung ihres Kultus in den Kirchen, Kapellen und sonstigen für gottesdienstliche Zwecke bestimmten Orten schützen, vorausgesetzt, dass sie die Landesgesetze, Sitten und Gebräuche achten. Der gleiche Grundsatz soll bei der Beerdigung von Angehörigen des einen der beiden Staaten befolgt werden, die auf dem Gebiete des anderen sterben.

Artikel 6.

Die Angehörigen des einen der beiden Staaten, die in dem ändern wohnhaft sind, bleiben den Gesetzen ihres Vaterlandes über die Militärpflicht oder die an deren Stelle tretende Ersatzleistung unterworfen und können deshalb in dem Lande, wo sie sich aufhalten, weder zu persönlichem Militärdienste noch zu einer Ersatzleistung angehalten werden.

Artikel 7.

Der gegenwärtige Vertrag soll ratifiziert, und die Ratifikationsurkunden sollen sobald als möglich in Paris ausgetauscht werden. Er soll in beiden Staaten mit dem hundertsten Tage nach Auswechslung der Ratifikationen vollziehbar sein.

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Le présent traité restera en vigueur jusqu'à l'expiration d'une année à partir du jour où l'une ou l'autre des parties contractantes l'aura dénoncé.

En foi de quoi les Plénipotentiaires ont signé le présent traité et l'ont revêtu de leurs cachets.

Fait à Paris, le 14 mai 1908.

(L. S.) (Sig.) Lardy.

(L. S.) (Sig.) J. M. Quijano Wallis.

493 Der gegenwärtige Vertrag bleibt bis zum Ablaufe eines Jahres von dem Tage an in Geltung, wo der eine oder der andere der vertragsehliessenden Teile ihn gekündigt haben wird.

Zu Urkund dessen haben die Bevollmächtigten diesen Vertrag unterzeichnet und mit ihren Siegeln versehen.

So geschehen in P a r i s , den 14. März 1908.

(L. S.) (Gez.) Lardy.

(L. S.) (Gez.) J. M. Quijano Wallis.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend den Freundschafts-, Niederlassungs- und Handelsvertrag mit der Republik Kolumbien vom 14. März 1908.

(Vom 31. Dezember 1908.)

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13.01.1909

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