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Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung zum Begnadigungsgesuch der wegen Übertretung des Bundesgesetzes über die Viehseuchenpolizei bestraften Gottfried Seiler, Landwirt und Viehinspektor in Leimiswil, Kanton Bern, und Johann Appoloni, Landwirt und Viehinspektor in Bleuen zu Öschenbach, Kanton Bern.

(Vom 23. Oktober 1909.)

Tit.

Im Frühjahr 1909 stellten die Petenten in ihrer Eigenschaft als Viehinspektoren je einen Gesundheitsschein für ein Tier aus dem Rindviehgeschlecht aus, das zu Markte geführt werden sollte.

Dabei unterliessen sie, in den Urkunden vorschriftsgemäss die Gültigkeitsdauer in der hierzu offen gelassenen Rubrik anzugeben.

Wegen dieser Unterlassung verzeigt, brachten sie zur Entschuldigung vor, dass früher in den Formularen, die sie amtlich bezogen, die fragliche Notiz bereits ausgefüllt gewesen sei und dass sie die Neuerung der offenen Rubrik aus blossem Versehen nicht beachtet hätten. Der Polizeirichter von Aarwangen sprach sie von Schuld und Strafe frei, die Strafkammer des bernischen Obergerichtes aber qualifizierte die Handlung als Formaldelikt und verhängte über jeden der Verzeigten eine Geldbusse von Fr. 5, indem sie ihnen die erst- und zweitinstanzlichen Gerichtskosten überband.

Dabei beschloss die Strafkammer als Anhang zum Urteil, der

872 kompetenten Behörde die vollständige Begnadigung der Angeschuldigten zu beantragen.

Gestützt auf diese Empfehlung ersuchen die Verurteilten um Erlass von Busse und Kosten. Über die letztern hat aber nicht die Bundesversammlung, sondern die kantonale Behörde zu entscheiden, da gemäss Art. 157 des Bundesgesetzes über die Bundesrechtspflege in Prozessen dieser Art keine Kostenvergütung seitens des Bundes stattfindet. Was die Busse anbetrifft, so haben die Bestraften unzweifelhaft, wenn auch nur aus Fahrlässigkeit, eine bestehende und für sie als Beamte verbindliche Gesetzesvorschrift verletzt, und die vom Gerichte auf das zulässige Minimum angesetzte Busse ist so geringfügig, dass ihre Aufhebung durch Begnadigung nicht am Platze wäre.

Wir stellen daher den Antrag: Es sei das Begnadigungsgesuch des Gottfried Seiler und des Johann Appoloni abzuweisen, soweit es sich auf die Geldbusse bezieht ; im übrigen sei auf dasselbe nicht einzutreten.

B e r n , den 23. Oktober

1909.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Deucher.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Eingier.

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Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung zum Begnadigungsgesuch der wegen Übertretung des Bundesgesetzes über die Viehseuchenpolizei bestraften Gottfried Seiler, Landwirt und Viehinspektor in Leimiswil, Kanton Bern, und Johann Appoloni, Landw...

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Bundesblatt

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Jahr

1909

Année Anno Band

4

Volume Volume Heft

43

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---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

27.10.1909

Date Data Seite

871-872

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