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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend das Gesuch der Zuckerfabrik ,,Helvetia" in Monthey um Zollermäßigung für Rohzucker.

(Vorn 15. März 1895.)

Tit.

I.

Mit Eingabe an die Bundesversammlung vom 30. November vorigen Jahres stellt die Zuckerfabrik ,,Helvetia" in Monthey das Gesuch, es möchte der Eingangszoll auf Rohzucker für eine Dauer von längstens 5 Jahren von Fr. 7. 50 auf Fr. 4. 50 per q. erermäßigt werden.

Nach einigen einleitenden Worten über die volkswirtschaftlichen Vorteile der vor einigen Jahren gegründeten Zuckerindustrie wird zur Motivierung des Begehrens im wesentlichen folgendes vorgebracht.

Die Ausbreitung der Zuckerrübenkultur gehe bei dem Mangel au Routine und dem Mißtrauen der landwirtschaftlichen Bevölkerung gegen Neuerungen naturgemäß nur langsam von statten. Im ersten Betriebsjahr habe die Zuckerfabrik Monthey die Produktion von 150 ha., im zweiten Jahre von 280 ha. und im dritten Jahre von 400 ha. verarbeitet. Da aber ihre Raffinerie für Vorarbeitung der Produktion von 800 ha. eingerichtet sei, so müßte entweder während eines Teils des Jahres Arbeitseinstellung erfolgen oder aber es müsse der Ausfall an Rohzucker anderswoher bezogen «'erden.

1)88 In allen andern Ländern seien die Rohzuckerfabriken in viol größerer Zahl vorhanden als die Raffinerien, und es habe auch die Unternehmung "Helvetia" dio Absieht, nachdem einmal dio, Rübenkultur sich entwickelt, Rohzuckerfabriken in den verschiedenen Produktionscentren zu errichten.

Bei normalem Fabrikationsbetriebe werde sich das Ansgabenbudget auf mein- als 2 1/2 Millionen beziffern, nämlich Fr. 1,500,000 Tür Rübenankauf, Fr. 400,000 für Besoldungen und Löhnungen, Fr. 400,000 für Bahnfrachten und Fr. 250,000, welche den Wert der den Rübenlieferanten unentgeltlich überlassenen Abfälle repräsentieren.

Nun sehe sich aber, die Fabrik auf die Einfuhr von ausländischem Rohzucker 'zum Betriebe ihrer Raffinerie für so lange angewiesen, bis die inländische Rohzuckerproduktion den Bedarf zu decken im stände sei, was mit Sicherheit bei der fortschreitenden Entwicklung der Rübenkultur in einigen Jahren erwartet werden dürfe. Der Vorarbeitung ausländischen Rohzuckers seien aber dit; schweizerischen Zollverhältnisse hinderlich, indem nach dem schweizerischen Zolltarif zwischen Rohzucker und raffiniertem Zucker nur ein Zollunterschied von Fr. 1. 50 bestehe, während die ausländischen Raffinerien sich auf einen solchen vodurchschnittlichil Pr. 15 stützen können und überdies Ausfuhrprämien genießen.

Das Begehren um Zollermäßigung für Rohzucker stütze sich auf den Art. 29 der Bundcsverfassung, wonach die Zölle für die nötigen Rohstoffe der Industrie und der Landwirtschaft möglichst niedrig gehalten sein sollen. Rohzucker sei zwar freilich streng genommen kein Rohstoff, aber ein Halbfabrikat, das in der Schweiz nicht hergestellt werde.

Ferner wird an die Botschaft des Bundesrathes vom 16. Juni 1877, betreffend einen neuen Zolltarif, erinnert (Bundesbl. 1877, III, 231), beziehungsweise an das in derselben reproduzierte Schema grundsätzlicher Fragen, die der damaligenRevisionsarbeitt zur Grundlage dienen sollten, und worunter auch diejenige figuriert, ,,welches die Erzeugnisse seien, zu deren nutzbringender Herstellung unsere Industrie bei den jetzigen (damaligen) Tarifansätzen nicht befähigt sei, und welches in dieser Kategorie diejenigen Artikel seien, welche im Inland vorzugsweise einen erheblichen Absatzfindeni könnten". Damals habe der Bundesrat für Halbfabrikate eine um L °/o niedrigere Zollbelastung angenommen, als für die Fabrikate.

Es habe aber dieser Grundsatz beim Zucker keine Beachtung gefunden.

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Vom Augenblicke an, wo die schweizerische Industrio aus Halbfabrikaten ausländischer Herkunft fertige Produkte für den innern Konsum erstellen könne, sei die schweizerische Industrie zu begünstigen, soweit sich dies ohne Schädigung der Interessen anderer thun lasse. Eine Schädigung von landwirtschaftlichen Interessen sei nun im vorliegenden Falle ausgeschlossen, weil die Rübenproduktion bisher eine ungenügende gewesen. Überdies könne bei Reduktion des Zolles auf Fr. 4. 50 ein Gewinn nicht erzielt werden. Sie diene nur dazu, allzu große Verluste zu verhüten : die schweizerische Raffinerie werde daher in der Verarbeitung; einheimischer Rohstoffe größern Vorteil finden. Damit sei zum voraus auch dem Einwarf begegnet, daß die Zollermäßigung der Entstehimg neuer Raffinerien für ausländischen Rohzucker Vorschub leisten könnte.

Ebensowenig vermöge die Einfuhr ausländischen Rohzuckers auf den Preis der Zuckerrübe einen Einfluß auszuüben, besonders da derselbe sich nach dem Zuckergehalt dei- Rüben richte.

Besondere Protektion sei auch andern Industrien zu teil geworden, /,. B. dei- Fabrikation kondensierter Milch durch den Zuckerrückzoll, und ferner der Branntweinbrennerei ; bezüglich der letztern ergebe sich aus dem Jahresbericht der Alkoholverwaltung pro 1892, dass dieselbe durch eine Gebühr von Fr. 53. 68 geschützt sei, und daß die Eidgenossenschaft eine bedeutende Einbuße durch Ankauf von Inlandssprit erleide. Obschon nun der Staat sich bei Ankauf von ausländischen] Sprit besser stellen würde, habe er doch nicht Bedenken getragen, die Branntweinbrennerei dem Lande zu erhalten und dafür ein förmliches Opfer zu bringen, wobei er sogar die teilweise Verwendung- ausländischen Rohmaterials gestatte.

Es liege den Petenten ferne, diese Maßnahmen zu kritisieren, dagegen halten sie sich für berechtigt, den gleichen Sehute für die Anfangsperiode einer neu entstandenen Industrie beanspruchen zu dürfen; nicht ein Privilegium, nur Gleichbehandlung werde vorlangt.

Im weitem wird dann noch darauf hingewiesen, daß der Zoll auf Rohtabak 1/3 desjenigen für fabrizierten Tabak und 1/6 desjenigen für Cigarren betrage, ohne daß dadurch die einheimische Rohtabakproduktion behindert werde.

Das nämliche lasse sieh auch von andern Industrien sagen.

Freilich werde die anbegehrte Zollermäßigung einen etwelche Ausfall in den Zolleinnahmen zur Folge haben: dieser Ausfall sei

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aber ein bloß temporärer und vermindere sieh im gleichen Maße, wie die Rübenkultur an Ausdehnung gewinne. Derselbe habe finden Staat keine, für das Unternehmen aber eine sehr große Bedeutung.

Zum Schlüsse ihrer Ausführungen erklären sich die Potenten bereit, alle Kosten zu übernehmen, welche aus der zollamtlichen Kontrolle über die Verwendung des zu ermäßigtem Zolle eingeführten Rohzuckers entstehen sollten.

II.

Wir glauben vorerst daran erinnern zu sollen, daß die Zuckerfabrik ,,Helvetia" in Monthey bereits unterm 25. Mai 1893 an die Bundesversammlung das Gesuch um zeitweilige Reduktion des Rohzuckerzolles auf Fr. 4. 50 eingereicht hatte, daß aber nach wiederholten mündlichen Besprechungen zwischen den Vorstehern des Zoll- und des Landwirtschaftsdepartements einerseits und der Vertretung des genannten Unternehmens andererseits letztere in einer Zuschrift an den Bundesrat erklärt hat, ihren ,,Antrag vorläufig zurückzuziehen", wovon die Präsidien beider Räte durch Schreiben des Bundesrates vom 7. November 1893 in Kenntnis gesetzt wurden.

Wenn wir jene erste Eingabe in den Rahmen unseres heutigen Berichtes mit einschließen, so geschieht es namentlich deshalb, weil verschiedene Angaben derselben zu einer Vergleichung- mit denjenigen der neuesten Eingabe herausfordern.

In jener ersten Eingabe werden die Jahresausgaben bei vollem Botriebe auf l Million Franken beziffert, nämlich Fr. 600,000 für Rühenankauf, je Fr. 200,000 für Löhnungen und für Bahnfrachten, und auf Fr. 100,000 werden die Rübenschnitzel veranschlagt, welche die Lieferanten gratis, d. h. die Transportkosten zu ihren Lasten, zurückbeziehen können.

In der neuesten Eingabe vom 30. November 1894 steigen ' diese Ziffern, den gleichen Betriebsumfang (Verarbeitung der Zuckerrübenproduktion von 800 ha.) angenommen, nun plötzlich auf mehr als das Doppelte, nämlich auf Fr. 1,500,000 für Rübenankauf, Fr. 400,000 für Besoldungen und Löhnungen, Fr. 400,000 für Bahnfrachten und auf Fr. 250,000 sind die Rübenschnitzel resp. Abfalle gewertet.

In einer aus dein Jahre 1893 datierenden Vernehmlassung hatten die Petenten den Durchschnittsertrag per ha. Rüben -IM

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400 q. veranschlagt und den Durchschnittspreis zu Fr. 2. 50 per q., was auf 800 ha. gerechnet eine Rübenankaufsumme von Fr. 800,000 ergeben würde. Nun ist aber die Ziffer von 400 q. als Durchschnitt unbedingt zu hoch gegriffen. Nach den Angaben unseres Landwirtschaftsdepartements schwankt der Ertrag an Zuckerrübe« zwischen 160 bis 360 q. per ha. und kann unter besonders günstigen Verhältnissen sogar bis auf 500 q. steigen. Als Durchschnittsertrag wird daher die Zahl 270 angenommen und als hoch genug bezeichnet, so daß per ha. brutto Fr. 2. 50 X 270 = Fr. 675 zu rechnen wären oder für 800 ha. = Fr. 540,000.

Preußen, das die entwickeltste Zuckerrübenindustrie besitzt, rechnet laut dem Ministerialberichte über die landwirtschaftliche Verwaltung 1884--1887 nach zehnjährigem Durchschnitt den Ertrag an Zuckerrüben auf 300 q. per ha. Bei gewöhnlichen Runkelrüben beziffert sich laut der Erntestatistik des Kantons Zürich der jährliche Ertrag während eines Zeitraumes von acht Jahren durchschnittlich auf 264 q. per ha. ; an Zuckerrüben ist der Ertraggeringer, und zwar um so geringer, je zuckerreicher die Art der Zuckerrübe ist.

Wenn daher das Durchschnittserträgnis auf 270 q. veranschlagt wird, so ist dabei die höhere Ertragsfähigkeit des Bodens im Rhonethal und im Broye-Bezirk zur Genüge berücksichtigt, und es ist kaum anzunehmen, daß der in Preußen erzielte Durchschnitt von 300 q. erreicht oder gar überschritten wird.

Aber auch bei Annahme von 300 q. geht das finanzielle Bruttoerträgnis nicht höher als 300 X 2. 50 = Fr. 750, oder lür 800 ha. auf Fr. 600,000, wie in der ersten Petition angegeben.

Über die innert Jahresfrist entstandene Differenz von vollen Fr. 900,000 lür Rübenankauf vermögen wir keine Erklärung zu finden, ebensowenig mit Bezug auf die Steigerung der Besoldungen und Löhnungen und der Bahnfrachten von je Fr. 200,000 auf je Fr. 400,000 oder das Doppelte.

Da die Zahlenexempel des Ausgabenbudgets offenbar die volkswirtschaftliche Bedeutung des Unternehmens beleuchten sollen, so konnten wir nicht umhin, auf die differenziellen Angaben in der ersten und in der zweiten Eingabe, weil beidemal an die Spitze gestellt, auch im vorliegenden Berichte gleich von Anfang an hinzuweisen.

Nach der Eingabe vom 25-Mai 1893 wäre im ersten Betriebsjahr (1892) der Ertrag von 200 lia. inländischer Produktion gc-

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liefert worden. Laut der letzten Eingabe verarbeitete die Zuckerfabrik im ersten Jahr (1892) die Produktion von bloß 150, im zweiten Jahr (1893) von 280 und im dritten Jahr (1894) von 400 statt der nötigen 800 ha.

<" Hieraus ergiebt sich zunächst die Thatsache, daß das Unternehmen gegründet wurde, ohne bestimmte Garantien für Gewinnung des nötigen Rohmaterials im Inlande zu haben, und da dies zu einer Zeit geschah -- der Eintrag in das Handelsregister erfolgte am 5. Januar 1892 -- als das Inkrafttreten des neuen Zolltarifgesetzes vom 10. Marx. 1891 unmittelbar bevorstand (1. Februar 1892), so mußten den Interessenten auch die Zoll Verhältnisse bekannt sein, mit denen zu rechnen war.

Einer frühern mündlichen Mitteilung seitens eines Vertreters der Unternehmung zufolge hätte dieselbe seiner Zeit den Ertrag von 500 ha. kontraktlich zugesichert erhalten, es soll jedoch eine größere Zahl von Landwirten von der daherigen Verpflichtung zurückgetreten sein. Angenommen auch, dies sei thatsächlich deiFall gewesen, so mußte die Unternehmung von Anfang an darüber im klaren sein, daß das im Inlande zugesicherte Rohmaterial zum vollen Betriebe der Fabrikanlagen nicht hinreiche und daß der Bezug des zur konstanten Bethätigung der Raffinerie nötigen Zuschusses an Rohzucker aus dem Auslande nicht unter vorteilhaften Bedingungen stattfinden könne, weil der Zollunterschied bloß Fr. 1. 50 per q. ausmacht.

Wenn die Fabrik in Monthey unter solchen Auspicien gleichwohl in Betrieb gesetzt wurde, so mußten sich die Unternehmer auch der Konsequenzen bewußt sein, und es darf wohl als eine starke Zumutung an den Bund bezeichnet werden, ein auf ungenügenden Grundlagen ruhendes Privatunternehmen durch Verzichtleistung auf gesetzmäßige Einnahmen existenzfähig zu machen und ihm zur Rentabilität zu verhelfen.

Eine solche Verzichtleistung könnte übrigens nur geschehen durch eine den Zoll auf Rohzucker herabmindernde Gesetzesnovelle oder durch einen Bundesbeschluß für zeitweilige Zollreduktion, und unterläge in beiden Fällen dem Referenduni.

Man wird hier vielleicht einwenden wollen, daß eine solche Maßnahme nicht eigentlich dem Privatunternehmen zu gute komme, sondern daß damit in erster Linie der konstante Betrieb der Fabrikanlage gesichert und in weiterer Folge die Ausdehnung der Zuckerrübenkultur im Interesse der Volkswirtschaft bezweckt sei.

993 Ob die Rübenkultur volkswirtschaftlich den erwarteten Nutzen bringen wird, läßt sich nach der kurzen Zeit ihres Bestehens noch nicht mit Sicherheit feststellen, und es bedarf wohl mehrjähriger Erfahrung, um hierüber zu einem endgültigen Urteil gelangen zu können.

In der ersten Eingabe machten die Petenten geltend, daß die Zuckerindustrie dem Landwirt einen regelmäßigen lohnenden Ertrag sichere, daß ihm durch die Rübenschnitzel ein gutes Viehfutter verschafft und daß der Boden selbst durch die Rübenkultur verbessert werde.

Wir wollen einstweilen, und bevor die nötigen Erfahrungen gemacht sind, nicht bestreiten, daß die Zuckerindustrie für unser Land von Nutzen sein kann,i wenn hierfür auf die Dauer eigene O Bodenprodukte zur Verarbeitung gelangen und zu lohnenden Preisen abgenommen werden. Diese letzterwähnte Voraussetzung erscheint uns aber -- mögen die Petenten auch das Gegenteil behaupten -- unter allen Umständen in Frage gestellt, wenn durch Herabsetzung des Zolles der Bezug von Rohzucker aus dem Auslande erleichtert wird, indem es wohl keinem Zweifel unterliegen kann, daß die Einräumung günstigerer Bedingungen für den Bezug des Rollfabrikats ihre Rückwirkung auch auf das Angebot für das inländische Bodenprodukt ausüben wird.

Als Beweis hierfür möge folgende Betrachtung dienen : In Deutschland stellt sich der Preis für Zuckerrüben auf höchstens Mk. 1. 10 = Fr. 1. 37,5 frei Fabrik.

Um 100 kg. Rohzucker zu erstellen, bedarf es durchschnittlich 800 kg. Rüben à Mk. 1. 10 = Mk. 8. 80 oder Fr. 11. -- Rohzucker notiert zur Zeit durchschnittlich ab Fabrik inklusive Exportbonifikation Mk. 18 = . . ,, 22. 50 Verbleiben für Fabrikationskosten und Benefice Fr. 11. 50 Franko Monthey stellt sich der Preis für 100 kg.

deutschen Rohzucker wie folgt: Ankaufspreis ab Fabrik wie oben . Fr. 22. 50 Schweizerischer Zoll ,, 7. 50 Fracht Braunschweig-Monthey nach Specialtarif . . . . . " . . ,, 6 . 3 5 Zusammen

Fr. 36. 35 Übertrag

Bandesblatt. 4V. Jahrg. Bd. I.

Fr. 11. 50 67

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Übertrag Fr. 11. 50 In Monthey werden laut Angabe der Potenten im Geschäftsjahr 1894/95 per q. Zuckerrüben ab Versandstation Fr. 2. 75, beziehungsweise franko Fabrik Fr. 3. 40 bezahlt.

Zur Herstellung von 100 kg. Rohzucker bedarf es 800 kg. Rüben à Fr. 3. 40 = . . Fr. 27. 20 Wenn daher der Preis für inländischen Rohzucker sich nicht höher stellen soll, als für den importierten, nämlich auf . ,, 36. 35 so verbleiben für Fabrikationskosten und Benefice nur ,, 9. 15 d. h., es stellt sich der deutsche Produzent um . . Fr. 2. 35 günstiger, als die Rohzucker produzierende schweizerische Fabrik.

Dieses Resultat verschlimmert sich aber noch zu ungunstcn der schweizerischen Produktion durch den höhern Preis der im Fabrikationsbetriebe zur Vorwendung kommenden Steinkohlen, ganz abgesehen von den höhern Arbeiterlöhnungen, die wir hier gan/> beiseite lassen.

Wenn also offenbar die Konkurrenz zwischen Rohzucker von Monthey und deutschem Rohzucker schon jetzt zu gunsten des letztern ausfällt, so muß dies noch viel mehr der Fall sein, sobald der Preis für deutschen Rohzucker sich franko Monthey noch niedriger stellt, als gegenwärtig.

Würde der Zoll auf Rohzucker von Fr. 7. 50 auf Fr. 4. 50 ermäßigt, so käme der Preis franko Monthey statt auf Fr. 36. 35 auf bloß Fr. 33. 35 zu stehen ; für Fabrikationskosten und Benefice blieben also bei den gegenwärtigen Rübenpreisen bloß Fr. G. 15 verfügbar, gegenüber Fr. 11. 50 der deutschen Konkurrenz, und darum muß es einleuchten, daß die Zuckerfabrik ,,Helvetia" entweder, anstatt einheimische Zuckerrüben zu verarbeiten, den Rohzucker für ihre Raffinerie aus dem Auslande beziehen oder aber die Rübenpreise entsprechend herunterdrücken wird. Es steht somit für uns zweifellos fest, daß j e d e E i n f u h r v e r g ü n s t i g u n g für Rohzucker von entschiedenem Nachteil für den e i n h e i m i s c h e n R ü b e n b a u sein w i r d , s e i e s , i n d e m sich d i e N a c h f r a g e i n f o l g e B e z u g e s a u s l ä n d i s c h e n R o h z u c k e r s v e r m i n d e r t , sei es d u r c h He r a b d r ü c k e n des Preises der Zuckerrübe.

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Hiermit in Übereinstimmung steht eine vom landwirtschaftlichen Verein des freiburgischen Seebezirks im Februar 1895 an den Bundesrat zu Händen der h. Bundesversammlung gerichtete Petition gegen eine Herabsetzung des Rohzuckerzolles, als den landwirtschaftlichen Interessen widerstreitend. Die letztem sind ohnehin schon durch die angeregte Erhöhung der deutschen Zuckerexportprämie gefährdet,.indem dadurch einerseits der Marktpreis um den Betrag der deutschen Exportprämie heruntergedrückt und anderseits die deutsche Zuckerproduktion ins Ungemessene vermehrt würde, so daß bereits jetzt schon im Schöße der französischen Regierung, wie auch im Verein der österreichisch-ungarischen Zuckerfabriken auf Gegenmaßnahmen Bedacht genommen wird.

Die Bemühungen, eine Ermäßigung der Frachtsätze für Rohzuckerausfuhr aus Deutschland nach Monthey zu erwirken, haben bereits Erfolg gehabt, .indem ein Specialtarif Braunschweig-Monthey aufgestellt worden ist.

Auf die Verwertung der Rübenschnitze) als Viehfutter scheinen uns sodann die Petenten zu großes Gewicht zu legen. Abgesehen davon, daß diese Abfalle weder für die Milchproduktion, noch für die Mästung von besonderem Vorteil sind, werden dieselben wohl nur in die nächste Umgebung abgegeben werden können, da die Versendung auf weitere Entfernung -- beispielsweise naeh den Kantonen Bern und Solothurn -- sich der Transportspesen wegen kaum lohnen würde.

Nach diesen mehr allgemein gehaltenen Bemerkungen auf die weitem Ausführungen der Eingabe vom 30. November übergehend, könnten wir zunächst die Frage vorausschicken, warum die Fabrikanlage denn gleich von Anbeginn an für einen Großbetrieb erstellt wurde, anstatt in bescheidenem Dimensionen nach Maßgabe der für die ersten Jahre voraussichtlich zur Verarbeitung kommenden Mengen inländischer Zuckerrüben.

Wir lassen diese Frage für einstweilen unerörtert und beschränken uns auf eine kurze Beleuchtung der von den Petenten zu gunsten ihres Begehrens vorgebrachten Argurnente, soweit solche nicht bereits in den allgemeinen Bemerkungen hiervor berührt worden sind.

In betreff der Ausfuhrprämien an die ausländischen Raffinerien beschränken wir uns auf die Bemerkung, daß hierunter die Rückvergütung d e r i n n e r n Z u c k e r s t e u e r verstanden ist und daß den ausländischen Zuckerfabriken gegenüber der schweizerischen ein

996 effektiver Vorteil dadurch nur dann erwachsen würde, wenu die Exportbonifikation sich höher stellt als die innere Steuerbolastung.

Die Berufung auf Art. 29 der Bundesverfassung ist im vorliegenden Falle nicht zutreffend, indem der nötige Rohstoff der Zuckerrübenindustrie, nämlich die Zuckerrübe, thatsächlich mit keinem Zoll belastet ist; der Rohzucker kann, wie die Petenten selbst zugeben, nicht als Fabrikationsrohstoff angesehen werden, sondern es ist dies ein fertiges R o h f a b r i k a t , das nur noch der Veredlung durch das Raffinieren bedarf, um als konsumfähiges Erzeugnis in den Handel gebracht zu werden.

Die Botschaft vom 16. Juni 1877, betreffend einen neuen Zolltarif, welche ferner zu gunsten der Petition angerufen wird, ist längst überholt durch diejenigen von 1882, 1886/87 und 1890 zu den Tarifgesetzen von 1884, 1887 und 1891, und überdies ist zu bemerken, daß der Zuckerzoll von jeher als einer der wichtigsten Finanzzöllc gegolten hat und daß deshalb auch jede Herabsetzung oder auch nur Bindung in den Handelsverträgen abgelehnt wurde.

Die von den Petenten ausgesprochene Meinung, daß vom Augenblicke au, wo eine schweizerische Industrie ausländische Rohfabrikate für den inländischen Konsum weiter verarbeite, derselben besondere Vergünstigungen durch die Zollgesetzgebung einzuräumen seien, beruht auf einem vollkommenen Irrtum; ein Zolltarifgesetz kann nicht wegen jeder neu entstehenden Industrie abgeändert werden, ansonst die gesetzgebenden Behörden sich konsequenterweise fortwährend mit Tarif'revisionen zu befassen haben würden.

Am allerunzutreffendsten sind die Hinweise auf den Ruckzoll für kondensierte Milch und auf den Schutz der inländischen Branntweinbrennerei.

Bei der Gewährung eines zeitweiligen Zuckerrilckzolles für kondensierte Milch handelte es sich ausschließlich um Exportware, während der innere Konsum an dieser Vergütung nicht participiert hat. Ihr Zweck war lediglich, den Überschuß der inländischen Milchproduktion exportfähig zu machen.

Dem gegenüber muß sofort einleuchten, daß es eine volkswirtschaftlich verkehrte Maßregel wäre, durch autonome Zollherabminderung einem aus fremdländischen Bodenprodukten im Auslande hergestellten Rohfabrikat den Import zu erleichtern, einzig aus dem Grunde, weil es den Kouvenienzen einer Privatunternehmung dienlich ist.

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Bekanntlich hat die Vergütung des Zuckerrückzolles nur von Anfang 1890 bis Ende 1892 gedauert, eine Erneuerung derselben ist von den eidgenössischen Räten abgelehnt worden.

Was die Petition mit dem Hinweis auf die inländische Brennerei und den staatlichen Schutz, den diese genießt, besagen will, ist uns nicht verständlich. Hier handelt es sich in keiner Weise um einen Schutz der inländischen Branntweinbrennerei, sondern einfach um die Nutzbarmachung des Kartoffelüberschusses einzelner Landesgegenden zu gunsten der denselben produzierenden Landwirtschaft, wozu der Staat infolge der Einführung des Alkoholmonopols und der daherigen Unterdrückung der Privatbrennereien die Verpflichtung übernommen hat, also um materiell ganz differente Verhältnisse.

Daß in Jahren schlechter Inlandsernten jeweilen das Brennen ausländischer Rohstoffe gestattet worden ist, beruht ebenfalls auf den Konsequenzen des Alkoholgesetzes. Übrigens ist durch das neue Pflichtenheft vom 2. Juni 1894 für die Brenner -- mit Ausnahme der Jahresbetriebe -- der Bezug von Rohmaterial aus dem Auslande untersagt.

Die Verpflichtung, annähernd einen Vierteil des Bedarfes an gebrannten Wassern durch Abschluß von Lieferungsverträgen mit inländischen Produzenten zu beschaffen (Art. 2 des Alkoholgesetzes), war einer der grundlegenden Faktoren bei Aufstellung des Monopols, indem der Gesetzgeber eine ,,billige Vermittlung zwischen den widerstreitenden Interessen des Fiskus, der Konsumenten und der Landwirtschaft herzustellen'1 bemüht war.

Das Citât der Petenten betreffend den staatlichen Schutz der inländischen Brennerei ist aus demjenigen Teile des Jahresberichtes pro 1892 entnommen, der sich über das im Dezember 1890 aufgestellte Postulat: ,,Der Bundesrat ist eingeladen, zu untersuchen und Bericht zu erstatten, in welchem Maße die schweizerische Landwirtschaft aus der Anwendung des Art. 2 des Gesetzes betreffend gebrannte Wasser (Herstellung des Vierteils des Bedarfs an gebrannten Wassern im Inlande) Nutzen ziehe11, verbreitet und mit dei' Folgerung schließt, daß zur Ermöglichimg der Brennerei ein staatlicher Schutz bis auf cirka Fr. 45 per q. Spiritus 95/96 ° gewährt werden dürfe, und daß, da dieser Sät/, dermalen überschritten, auf eine entsprechende Reduktion Bedacht X.H nehmen sei.

998 Hier sind es aber nicht die Zollverhältnisse, durch welche der staatliche Schutz ausgedrückt und geregelt wird, sondern dio von der Monopolverwaltung für Inlandswar bezahlten Preise.

Eine Analogie der Verhältnisse zwischen der Raffinerie von Monthey und der inländischen Monopolbrennerei ist alsonicht im entferntesten vorhanden.

Ebensowenig läßt sich mit dem Zollunterschiede zwischen Rohtabak und fabriziertem Tabak exemplifizieren, da der Rohtabak der wirkliche Rohstoff ist, der zur Verarbeitung eingeführt wird, und nicht ein R o h f a b r i k a t , das zur Vollendung nur noch den Veredlungsprozeß durchzumachen hat.

Fassen wir das Gesagte in kurzen Wollen zusammen, so ergiebt sich aus demselben, daß die von den Petenten verlangte Herabsetzung des Zolles auf Rohzucker vom volkswirtschaftlichen Standpunkte nicht zu empfehlen ist und daß weder konstitutionelle noch gesetzliche Bestimmungen daherige Ansprüche zu begründen vermögen.

III.

Neben den volkswirtschaftlichen sind es aber auch die tiskalen Interessen, die ernstlich in Frage kommen und die hier ganz besonders ins Auge zu fassen sind.

In einem vom 15. Dezember 1894 datierten Berichte an den Präsidenten der ständerätlichon Kommission erklärton die Potenten, daß die Zuckerfabrik "Helvetia" auf eine jährliche Verarbeitung von 200,000 q. Ruhen und 44,000 q. Rohzucker eingerichtet sei, wobei angenommen werde, daß die Rohzuckerfabrik in Vorbindung mit der Raffinerie 100 Tage, die Raffinerie allein 200 Tage in vollem Betriebe stehen. Nach dieser Erklärung wäre sonach die Raffinerie im stando, neben dem aus jenen 200,000 q. Rüben gewonnenen Rohzucker = cirka 25,000 q. noch weitere 44,000 q.

oder zusammen 69,000 q. Rohzucker jährlich zu verarbeiten, was einem Quantum von 552,000 q. Rüben oder dem Ertrage von cirka 2000 ha. entsprechen würde.

Nach dem nämlichen Berichte wurden in Monthey im 1. Jahre 1892/1893 . . 33,903 q.

,, 2. ,, 1893/1894 . . 49,838 ,, ,, 3. ,, 1894/1895 cirka 90,000 ,, einheimische Ruhen verarbeitet und erwartet die Unternehmung in den künftigen Bctriebsjahren folgende Zunahme :

909 im 4. Jahre 1895/1896 auf . . . 120,000 q.

,, 5. ,, 1896/1897 ,, . . . 150,000 ,, ,, 6. ,, 1897/1898 ,, . . . 175,000 ,, ,, 7. ,, 1898/1899 ,, . . . 200,000 ,, ,, 8. ,, 1899/1900 .n . . . 200,000 ,, Um die Raffinerie im vollen Betriebe zu erhalten, wurde in jenem Berichte der Bedarf an ausländischem Rohzucker im 1. Jahre auf . . 62,260 q.

,, 2. ,, ,, . . 60,500,, ,, 3. ,, ,, . . 56,540,, ,, 4. ,, ,, . . 52,800,, ,, 5. ,, ,, . . 49,500,, ,, 6. ,, ,, . . 46,640,, »< 7. ,, ,, . . 44,000 ,, ,, 8. ,, ,, . . 44,000,, veranschlagt, welche Ziffern jedoch eine nachträgliche Änderung erfahren haben, indem die Potenten in einem Berichte vom 19. Februar 1895 mitteilen, daß sich der Bedarf an ausländischem Roh°für 1895/1896 nur auf. . . 40,000 q.

,, 1896/1897 ,, ,, . . . 36,000 ,, ., 1897/1898 ., ,, . . . 32,000 ,, ',, 1898/1899 ',, ,, . . . 28,000 ,, ,, 1899/1900 ,, ,, . . . 24,000 ,, beziffern lasse. Wir werden uns daher bei unseren weiteren Ausführungen an die korrigierten Zahlen halten.

Nach diesen letzteren würde der unmittelbare Zolhuisfall à 3 Fr. per q. sich belaufen im Jahre 1895/1896 auf . . Fr. 120,000 ,, ,, 1896/1897 ,, . . ,, 108,000 ,, ,, 1897/1898 ,, . . ,, 96,000 ,, ,, 1898/1899 ,, . . ,, 84,000 ,, ,, 1899/1900 ,, . . ,, 72,000 Zusammen Fr. 480,000 Für den Fiskus kommt aber nicht die Rohzuckoroinfuhr in Betracht, sondern der Ausfall, der sich auf der Mindcreinfuhr an raffiniertem Zucker ergiebt. Der letztere kann eingeführt werden in Form von Abfällen (déchets), verzollbar wie Jiolmickor à Fr. 7. 50, oder in Form von Brotzucker, verzollbar à Fr. 9. --, oder als geschnittener Zucker à Fr. 10. 50 per q.

lOdO Nehmen wir als Durchschnitt den Zoll für Brotzucker an, und ferner, daß aus 110 kg. Rohzucker 100 kg. Raffinade erhalten werden, so ergeben sich bei einer Zolldifferenz, von 9 -- 4. 50 = Fr. 4. 50 per ci. folgende Ziffern: 1895/1896 40,000 q- Rohzucker 36,363 fiRaffinade à Fr. 4. 50 Fr. 163,633. 50 32,727 n1896/1897 36,000 Q', Rohzucker Raffinade à Fr. 4. 50 147 ,271. 50 11 1897/1898 32,000
11 1898/1899 28,000
21,818 q1899/1900 24,000
Raffinade à Fr. 4. 50 ·n Zusammen Fr. 654,534. -- Während also die von den Petenten beanspruchte Zollermäßigung laut unsern vorangehenden Ausführungen eine Subventionierung der Unternehmung von Monthey im Betrage von0Fr. 480,000 bedeutet, entstünde für den Fiskus ein wirklicher Zollausf'all von Fr. 654,534.

Dieser Ausfall wäre um so empfindlicher, als durch die Einführung der Zuckerindustrie in der Schweiz ohnehin schon eine Mindereinnahme bewirkt wird, die wir auf Grund der von den Petenten selbst gegebenen Ziffern wie folgt berechnen :

Betriebsjahr

Verarbeitetes Ergebnis oder zu verarbelan tendes Quantum Rohzucker Raffinade RUben Inländl- (100kg. Rüben = (110kg. Rohscher Produktion 12,5 kg. Zucker) zucken-- 100 kg.

Raffinade) qqq-

1892/1893 1893/1894 1894/1895 cirka 1895/1896 T) 1896/1897 n 1897/1898 V) 1898/1899 ·n 1899/1900 ·n

33,903 49,838 90,000 120,000 150,000 175,000 200,000 200,000

4,237 6,229 11,250 15,000 18,750 21,875 25,000 25,000

3,852 5,663 10,228 13,636 17,045 19,886 22,727 22,727

Zollausfall Durchschnitt à Fr. 9 per q.

Fr.

34,668 50,967 92,052 122,724 153,404 178,974 204,543 204,543

Im weitern stehen wir auch vor der Frage, was dann nach Ablauf der fünf Jahre, für welche die Zollcrmäßigung nachgesucht wird, zu geschehen habe. Nach den Angaben der Petenten kann

1001

die Rohzuckerfabrik in Monthey im Maximum per Jahr 200,000 q.

Rüben verarbeiten, entsprechend cirka 25,000 q. Rohzucker, annähernd die Hälfte (nach frühern Angaben der Potenten ein Drittel) desjenigen Quantums, das die Raffinerie bei Vollbetrieb zu verarbeiten im stände ist, so daß immer noch nach den neuesten Angaben der Petenten 24,000 q. (nach frühern Angaben 44,000 q.)

Rohzucker aus dem Auslande bezogen werden mußten. Soll für dieses Quantum alsdann wieder der Zoll von Fr. 7. 50 in Anwendung kommen, oder glaubt die Unternehmung dasselbe eben falls durch schweizerische Produktion decken zu können? Für 50,000 q. Rohzucker bedarf es 400,000 q. Rüben oder ein Produktionsgebiet von annähernd 1500 ha.

Wir konstatieren, daß über diese zunächst liegende Frage die Petition vollständig im unklaren läßt.

Wir haben hiervor den direkten Zollausfall infolge der von der Zuckerfabrik in Monthey verlangten Zollermäßigung für die nächsten 5 Betriebsjahre auf Fr. 654,534 berechnet, wobei angenommen ist, daß nach der Supposition der Petenten die inländische Rübenproduktion sich jährlich um 25,000--30,000 q. steigern werde. Träfe diese Voraussetzung nicht ein, so müßte sich auch der Zollausfall entsprechend höher stellen, gar nicht zu reden von den Konsequenzen, welche durch Etablierung weiterer Raffinerien entstehen würden, wenn dieselben als gleichberechtigt wie Monthey ebenfalls auf Zollermäßigung für die Dauer von fünf Jahren Anspruch erheben wollten.

Wir sind dermalen überhaupt nicht im stände, die, ganze Tragweite der Petition von Monthey ermessen zu können. Diese, Petition verlangt Zollherabsetzung von Fr. 7. 50 auf Fr. 4. 50 nicht bloß auf dem zum Raffinieren bestimmten Rohzucker, sondern auf Rohzucker im allgemeinen, und sie bietet uns in ihren Ausführungen nur den Trost, daß der Rohzucker für keine andere Industrie als zu Raffinationszwecken Verwendung finden könne. Wir sind nicht in der Lage, uns heute ein klares Bild darüber zu machen, ob und inwieweit diese Behauptung zutrifft. Wir wollen aueh nicht untersuchen, ob nicht jetzt schon Rohzucker z. B. bei der Fabrikation von Kunstwein zur Verwendung gelangt, aber gedenkbar ist es immerhin,i daß gerade eine Herabsetzung; des Eineaneszolles um O O o O Fr. 3. -- per q. geeignet wäre, die Verwendung von Rohzucker zu fördern. Jede Vermehrung der
Rohzuckereinfuhr aber würde eine entsprechende Einfuhrverminderung von raffiniertem Zucker zur Folge haben und eine weitere heute nicht in Zahlen auszudrückende Schädigung der eidgenössischen Finanzen bedeuten.

1002 Und mit gleichem Rechte könnten sich in der Folge auch andere Etablissemente auf allen Gebieten industrieller Thätigkeit an die Bundesbehörden wenden, um durch Zollerlaß ihre Unternehmungen rentabel zu machen.

Einmal gewährt, würden ähnliche zeitweilige Vergünstigungen auch fernerhin bewilligt werden müssen, und damit wäre für unsere finanzielle Situation eine ganz unsichere Grundlage geschaffen.

Angesichts dieser Sachlage könnte unseres Erachtens von einem Eintreten auf das Begehren der Zuckerfabrik Monthey nur dann die Rede sein, wenn die Nachteile für die Bundesfinanzen durch besondere Vorteile für die Landwirtschaft aufgesogen würden, oder wenn im Falle der Nichtentsprechung eine Schädigung der landwirtschaftlichen Interessen zu befürchten "stünde.

Nachdem aber nach den Ausführungen in Abschnitt II hiervor ein Nutzen für die Landwirtschaft durch Ermäßigung des Zolles auf Rohzucker nicht nur nicht anerkannt, sondern in Frage gestellt wird, und diese gleiche Anschauung, wie bereits früher bemerkt, auch aus landwirtschaftlichen Kreisen petitionsweise beim Bundesrat zu Händen der Bundesversammlung zum Ausdruck gelangt ist, so können die Schlußfolgerungen des Bundesrates zu nichts anderem führen als zu dem Antrage : O Es sei auf das Gesuch der Zuckerfabrik "Helvetia" in Monthey um zeitweilige Ermäßigung des Einfuhrzolles für Rohzucker von Fr. 7. 50 auf Fr. 4. 50 nicht einzutreten.

Genehmigen Sie, Tit., die "Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 15. Marx. 1895.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der V i z e p r ä s i d e n t :

Lachenal.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft : Rillgier.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend das Gesuch der Zuckerfabrik ,,Helvetia" in Monthey um Zollermäßigung für Rohzucker. (Vorn 15. März 1895.)

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1895

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20.03.1895

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