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Schweizerisches Bundesblatt.

6l. Jahrgang.

I.

No. 4

27. Januar 1909.

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Druck und Expedition der Buchdruckerei Stämpfli & de. in Bern.

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Bundesratsbeschluss betreffend

Unterstellung von ,,Directrices" einer Damenschneiderei unter das Fabrikgesetz von 1877 und das Samstagsarbeitsgesetz von 1905.

(Vom 15. Januar 1909.)

Der schweizerische Bundesrat: nach Einsicht 1. eines Gesuches des Rechtsanwalts Dr. J. Maag, in Zürich I, vom 2. Dezember 1908, 2. der Vernehmlassung der Direktion der Volkswirtschaft des Kantons Zürich, vom 12. Dezember 1908, 3. des Berichts der eidgenössischen Fabrikinspektoren, vom 24. Dezember 1908, in Erwägung: Das Gesuch ist veranlasst durch eine Verfügung des Statthalteramts Zürich, wonach die Inhaberin eines Damenschneid ereigeschäftes wegen Übertretung des Samstagsarbeitsgesetzes durch zwei Arbeiterinnen (Directrices) gebüsst wurde, und geht dahin, der Bundesrat wolle entscheiden, ob selbständige Directrices eines Damenschneidereiateliers den Bestimmungen des Fabrikgesetzes von 1877 und speziell des Samstagsarbeitsgesetzes von 1905 unterstellt seien.

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Die gleiche Frage besteht für andere derartige Geschäfte in Zürich und anderswo, sowie für Betriebe anderer Art.

Es handelt sich um Personen, die auf die eine oder andere Art die Stellung von Vorgesetzten bekleiden. Auf den Titel kommt es hinsichtlich der Anwendbarkeit der Fabrikgesetzgebung nicht an, sondern einzig auf die Beschäftigung. Diese ist sehr mannigfaltig, je nach den Verhältnissen des einzelnen Geschäftes.

Es gibt Directrices und, z. B. in Geschäften der Herrenschneidern, Direktoren, die eine leitende Stellung einnehmen, don Verkehr mit den Kunden besorgen, im Bureau und Laden kaufmännisch sich betätigen. Andere sind Vorgesetzte im Atelier, wo sie das Personal beaufsichtigen, anleiten und auch selbst Hand anlegen.

Oft wirkt aber die gleiche Person sowohl kommerziell, wie technisch mit.

Der reine Bureau- und kaufmännische Dienst wird allgemein als nicht unter der Fabrikgesetzgebung stehend angesehen (vergi.

Kekurs-Entscheid des Bundesrates vom 15. Mai 1888, Kommentar S. 32"). Sie erstreckt sich also nicht auf Directrices, die nur in solcher Weise verwendet werden.

Dagegen findet die Schutzgesetzgebung Anwendung, wenn und soweit sich die Directrices am technischen Teil des Geschäftes beteiligen. Hierzu ist auch das Zuschneiden und das Garnieren zu rechnen. Gegenüber dem Gesetze bilden sie einen Teil der Arbeiter- bezw. Angestelltenschaft, zu deren gunsten es erlassen worden ist. Hinsichtlich der Unterstellung unter dasselbe werden nach konstanter Praxis sämtliche industriell betätigten Personen gezählt, die nicht der Geschäftsflrma angehören.

Sollte die Absicht bestehen, für die Directrices im allgemeinen eine Ausnahme deshalb zu beanspruchen, damit sie über die gesetzliche Grenze hinaus arbeiten können, so ist zu entgegnen, dass diese Absicht derjenigen der Schutzgesetzgebung widerspricht.

Diejenigen Personen, die dein Fabrikgesetze von 1877 unterstellt sind, stehen auch unter dem Samstagsarbeitsgesetze von 1905 (Art. l des letztern). Ausnahmen von den Bestimmungen dieses Gesetzes dürfen für die Industrie der Anfertigung von Kleidern nach Massgabe von Ziffer III des Kreisschreibens des Bundesrates, vom 20. Dezember 1905 (Bundesblatt VI, 572), von den Kantonsregierungen bewilligt werden ; b eschliesst :

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Die vom Gesuchsteller aufgeworfene Frage kann nicht allgemein, sondern nur von Fall zu Fall entschieden werden.

B e r n , den 15. Januar 1909.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Deucher.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

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Bundesratsbeschluss betreffend Unterstellung von ,,Directrices" einer Damenschneiderei unter das Fabrikgesetz von 1877 und das Samstagsarbeitsgesetz von 1905. (Vom 15. Januar 1909.)

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1909

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27.01.1909

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