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Schweizerisches Bundesblatt.

6l. Jahrgang.

IV.

No 36

8. September 1909.

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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Konzession elektrischer Strassenbahnen von St. Gallen über Trogen und Heiden nach Walzenhausen, mit Abzweigung von Kaien nach Rehetobel und von Rheineck nach Heiden und nach Thal.

(Vom 3. September 1909.)

Tit.

I.

Mit Botschaft vom 4. Dezember 1908 (Bundesbl. 1908, VI, 183) haben wir Ihnen die Erteilung einer Konzession für eine elektrische Strassenbahn von St. Gallen über Trogen und Heiden nach Walzenhausen, mit Abzweigung von Kaien nach Rehetobel, beantragt. Dieses Geschäft wurde aber seinerzeit von der Eisenbahnkommission des Ständerates auf den Wunsch eines durch Herrn Oberrichter Hohl-Custer in Lutzenberg vertretenen Initiativkomitees vorläufig zurückgelegt, da dieses Komitee mit der Konzessionbewerberin (Trogenerbahn) behufs eventueller Angliederung einer Variante Heiden-Rheineck noch in Unterhandlungen treten wollte.

Unterm 17. Februar 1909 reichte nun das erwähnte Initiativkomitee ein eigenes Konzessionsgesuch für den Bau und Betrieb einer Bundesblatt. 61. Jahrg. Bd. IV.

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552 elektrischen Strassenbahn von Rheineck nach Heiden und nach Thal ein. Im allgemeinen Bericht wird ausgeführt, dass das Städtchen Rheineck den Verkehr des östlichen Teiles des industriellen und dicht bevölkerten Appenzellerlandes und der st. gallischen Gemeinde Thal mit den Bundesbahnen vermittle. Den Verhältnismassig hohen Rang, welchen die Station Rheineck im Personenund Güterverkehr der Bundesbahnen einnehme, verdanke sie zu einem bedeutenden Teile ihrem appenzellischen Hinterland. Trotz der Erstellung der Bergbahn Rorschach-Heiden, die den grössten Teil des Verkehrs der Gemeinde Heiden nach Rorschach abgelenkt habe, seien die Verkehrsbeziehungen zwischen Rheineck und dem appenzellischen Vorderland von Jahr zu Jahr intensiver geworden, wie aus der Frequenz der Post- und Àutornobilkurse Rheineck-Heiden, sowie der Drahtseilbahn Rheineck-Walzenhausen zahlenmässig hervorgehe. Als daher der Gedanke einer Strassenbahnverbindung zwischen Trogen und Heiden als Fortsetzung der bestehenden Linie St. Gallen-Trogen und das Projekt einer direkten Linie St. Gallen-Heiden (über Eggersriet) aufgetaucht seien, habe man auch die Verbindung der Gemeinden Wolfhalden, Lutzenberg, Rheineck und Thal mit dem projektierten appenzellischen Strassenbahnetz angestrebt.

Ob nun das Projekt von Trogen nach Heiden oder die direkte Linie St. Gallen-Heiden zur Ausführung komme, so werde es stets für die genannten Gemeinden ein dringendes Bedürfnis sein, Anschluss an diese Linie zu erhalten. Der Umstand, dass die Trogenerbahn ihre Linie über Heiden nach Walzenhausen auszudehnen gedenke, anstatt in Rheineck Anschluss an die Bundesbahnen zu suchen, habe das Initiativkomitee veranlasst, sein Konzessionsgesuch für die Linie Heiden-Rheineck-Thal einzureichen. Dabei gebe das Komitee die Erklärung ab, dass es bereit sei, die ihm zu erteilende Konzession an diejenige Bahngesellschaft, welche die Strecke TrogenHeiden oder die Linie St. Gallen-Heiden über Eggersriet betreiben werde, abzutreten. Wenn sich aber die Trogenerbahn innert nützlicher Frist dazu entschliessen könne, ihre Linie statt nach Walzenhausen über Wolfhalden nach Rheineck-Thal zu führen, so sei das Initiativkomitee bereit, sein Konzessionsgesuch zu ihren Gunsten unter noch zu vereinbarenden Bedingungen zurückzuziehen.

Was die Strecke Rheineck-Thal anbelange, so handle
es sich hauptsächlich um einen Tramverkehr zwischen der industriellen und bevölkerten Gemeinde Thal, sowie zwischen einem Teil von Lutzenberg und dem tiefer liegenden Teile der Gemeinde Wolfhalden mit Städtchen und Station Rheineck. Auf sich allein angewiesen, sei diese kurze Strecke kaum lebensfähig. Werde sie

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aber gemeinsam mit der Linie Rheineck-Heiden betrieben, so gestalte sich ihr Schicksal günstiger.

Nach dem technischen Berichte soll die projektierte Strassenbahn bei der Station Rheineck S. B. B. ihren Anfang^nehmen und durch die Hauptstrasse des Städtchens führen. Sodann benütze sie bis nach Heiden die Staatsstrasse II. Klasse Rheineck-Wolfhalden-Heiden. In Heiden suche sie Anschluss an die Bergbahn Rorschach-Heiden. Die Linie nach Thal verbleibe auf ihrer ganzen Lauge auf der Gemeindestrasse Rheineck-Thal und endige beim Postgebäude in Thal.

Die technischen Hauptangaben sind folgende: Länge der Bahn : Rheineck-Heiden Rheineck-Thal

6740 m 1867 ,, 8607 m

Spurweite: l m.

Maximalsteigung: 80 °/oo, Höhenkoten: Rheineck S. B. B. 403, Minimalradius: 25 m.

Zwischenstationen : Rheineck-Heiden Betriebssystem: Elektrischer Betrieb oder in Verbindung

Heiden 795,5, Thal 422,6.

6, Rheineck-Thal 2.

mit eigener Umformerstation mit der Bahn Trogen-Heiden.

Der summarische Kosten Voranschlag setzt sich aus folgenden Posten zusammen : Organisations- und Verwaltungskosten.

Expropriationen Unterbau Oberbau Hochbau Elektrische Einrichtungen Telegraph und Signale Kraftzentrale Rollmaterial Mobiliar und Gerätschaften

. . . Fr.

n

,, ,, ,, ,, ,, ,, ,, ,,

34,400 55,000 180,000 275,000 124,000 115,000 10,000 70,000 194,500 17,100

Total Fr. 1,075,000 oder Fr. 125,000 pro Bahnkilometer.

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n.

Die Gesellschaft der Strassenbahn St. Gallen-Speicher-Trogen, der das Konzessionsgesuch für die Strassenbahn Heiden-RheineckThal vom Eisenbahndepartement zur Kenntnis gebracht wurde, äusserte sich unterm 3. März 1909 dahin, dass sie sich zu einer Änderung ihrer Konzessionsvorlage vom 15. Oktober 1906/23. Februar 1907 im Sinne der Führung der von ihr projektierten Linie nach Rheineck statt nach Walzenhausen nicht entschliessen könne.

Von der Erklärung des Initiativkomitees, dass es bereit sei, die ihm zu erteilende Konzession eventuell der Trogenerbahn abzutreten, nehme die Bahngesellschaft gebührend Notiz.

In ihrer Vernehmlassung vom 13. März 1909 beantragte die Regierung des Kantons Appenzell A.-Rh., sowohl das Projekt der Trogenerbahn für die Linie nach Walzenhausen als die Strassenbahn Heiden-Rheineck zu konzessionieren und dabei nur diejenige Bahn bauen zu lassen, für welche der Finanzausweis zuerst geleistet werde. Auch der Regierungsrat des Kantons St. Gallen sprach sich unterm 19. Juni 1909 für die Konzessionierung der Linie Heiden-Rheineck-Thal aus, unter der Bedingung, dass in der Konzession die vom Grossen Rate aufgestellten Vorschriften für die Benützung der Strassen ausdrücklich vorbehalten würden. Als sodann der Regierungsrat des Kantons Appenzell A.-Rh. am 21. Juni 1909 noch mitgeteilt hatte, dass die Bewilligung zur Benützung der Strassen auf appenzellischem Gebiete vom Kantonsrate erteilt worden sei, konnte das Eisenbahndepartement den Konzessionsentwurf aufstellen. Für die Aufnahme der Alternativklausel in Dispositiv II desselben war der Umstand massgebend, dass das Projekt der Strassenbahn Heiden-Rheineck-Thal und die zweite Sektion Heiden-Walzenhausen der Konzessionsvorlage der Trogenerbahn vom 15. Oktober 1906/23. Februar 1907 (wir verweisen hierbei auf unsere eingangs erwähnte Botschaft vom 4. Dezember 1908) zwischen Heiden und Wolfhalden eine gemeinsame Strecke von etwas mehr als zwei Kilometer Länge haben.

Die konferenziellen Verhandlungen, an denen nur das Initiativkomitee für die Bahn Heiden-Rheineck-Thal und die Regierung des Kantons Appenzell A.-Rh. sich vertreten Hessen, fanden in Bern am 17. August 1909 statt; der Regierungsrat von St. Gallen und die Trogenerbahn hatten sich mit Sehreiben vom 14. beziehungsweise 12. August mit der Fassung des Konzessionsentwurfes
einverstanden erklärt. Bei der allgemeinen Diskussion über den Konzessionsentwurf äusserte sich der Vertreter der Konzessionsbewerber, Herr Oberrichter Hohl-Custer in Lutzenberg, dahin, dass er mit der in Dispositiv II vorgesehenen Alternativklausel nicht

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ganz einverstanden sei. Die von der Trogenerbahn projektierte Linie Heiden-Walzenhausen -und die zu erstellende Strassenbahn Heiden-Rheineck-Thal bedienen nach seiner Ansicht, abgesehen von der gemeinsamen Strecke Heiden-Wolfhalden, verschiedene Gegenden und sollten daher als selbständige Projekte betrachtet werden. Nachdem aber sowohl vom Delegierten der Kantonsregierung als von den Vertretern des Eisenbahndepartements betont worden war, dass vorläufig im volkswirtschaftlichen Interesse nur eine der beiden Linien Heiden-Walzenhausen und Heiden-Rheineck gebaut werden könne und dass daher beide Projekte gleichgestellt werden müssten, erklärte sich auch Herr Hohl-Custer mit der Alternativklausel einverstanden.

In der artikelweisen Beratung regte der Vertreter des Initiativkomitees bei Art. 15 die Erhöhung der Personentaxen und der Taxen überhaupt an. Diesem Begehren konnte aber keine Folge gegeben werden, weil im Konzessionsentwurf für die Linie der Trogenerbahn die gleichen Taxen vorgesehen sind und dem Konkurrenzprojekt nicht wohl höhere Taxen bewilligt werden könnten.

Im übrigen wurde darauf aufmerksam gemacht, dass unter den in Art. 28, Absatz 2, des Konzessionsentwurfes erwähnten Voraussetzungen die Taxen später, auf ein Gesuch der Bahngesellschaft hin, werden erhöht werden können.

Die eventuelleErstellung einerStrassenbahnverbindung'St.GallenTrogen-Heiden durch die Trogenerbahn veranlasst uns noch zu folgenden Bemerkungen. Mit Bundesbeschluss vom 26. Juni 1908 (E. A. S. XXIV, 250) haben Sie bereits eine Konzession erteity für den Bau und Betrieb einer direkten Linie St. Gallen (beziehungsweise NeudorfJ-Heiden mit Abzweigung von Riemen nach Rehetobel. Werden beide Linien erstellt, so entstehen zwei Strassenbahn Verbindungen zwischen St. Gallen und Heiden, die eine, direkte, über Eggersriet, die andere über Trogen. Wir vermögen in dieser doppelten Verbindung gleichwohl keine Konkurrenz zu erblicken. Der direkte Verkehr St. Gallen-Heiden wird sich naturgemäss nach der kürzesten Route über Eggersriet richten, und im übrigen werden beide Bahnen, die ganz verschiedene Gegenden durchfahren, dem lokalen Verkehr, beziehungsweise der Anwohnerschaft dienen.

In bezug auf den Konzessionsentwurf für die gesamte Linie St. Gallen-Trogen-Heiden-Walzenhausen, den wir Ihnen heute wieder vorlegen, haben wir
zu bemerken, dass derselbe durch die notwendig gewordene Alternativklausel im Dispositiv II ergänzt werden musste. Ferner wurde in Art. 3 der Ablauf der Konzession auf

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den 16. Mai 1949 festgesetzt, da die Benützung der Strasse auf st. gallischem Gebiete nur bis zu diesem Zeitpunkte bewilligt ist.

Wir empfehlen Ihnen die nachstehenden Konzessionsentwürfe zur Annahme und benützen auch diesen Anlass, Sie, Tit., unserer, ausgezeichneten Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 3. September 1909.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Vizepräsident:

Comtesse.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Riagier.

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(Entwurf.)

Bundeslbeschluss betreffend

Konzession einer elektrischen Strassenbahn von St. Gallen über Trogen und Heiden nach Walzenhausen, mit Abzweigung von Kaien nach Rehetobel.

Die Bundesversammlung d,er s c h w e i z e r i s c h e n E i d g e n o s s e n s c h a f t , nach Einsicht 1. zweier Eingaben des Herrn Karl Becker, Ingenieur in Speicher, vom 15. Oktober 1906 und 23. Februar 1907; 2. einer Botschaft des Bundesrates vom 3. September 1909, beschliesst: I. Der Strassenbahn St. Gallen-Speicher-Trogen A. G., mit Sitz in Trogen, wird eine einheitliche Konzession für den Bau und den Betrieb einer elektrischen Strassenbahn von St. Gallen über Trogen und Heiden nach Walzenhausen, mit Abzweigung von Kaien nach Rehetobel, unter den in den nachfolgenden Artikeln enthaltenen Bedingungen erteilt.

Gleichzeitig werden aufgehoben: o. der Bundesbeschluss vom 6. Oktober 1899 betreffend Konzession einer elektrischen Strassenbahn von St. Gallen über Speicher nach Trogen (E. A. S. XV, 729) ; b. der Bundesbeschluss vom 26. April 1902 betreffend Änderung der Konzession einer elektrischen Strassenbahn von St. Gallen über Speicher nach Trogen (E. A. S. XVIII, 86).

558 Art. 1. Es sollen die jeweiligen Bundesgesetze, sowie alle übrigen Vorschriften der Bundesbehörden über den Bau und Betrieb der schweizerischen Eisenbahnen jederzeit genaue Beachtung finden.

Art. 2. Die Bahn wird als Nebenbahn im Sinne des Bundesgesetzes vom 21. Dezember 1899 erklärt.

Art. 3. Die Konzession wird bis zum 16. Mai 1949 erteilt.

Art. 4. Der Sitz der Gesellschaft ist in Trogen.

"5' Art. 5. Die Mehrheit der Direktion und des Verwaltungsrates oder weitern Ausschusses soll aus Schweizerbürgern, welche ihren Wohnsitz in der Schweiz haben, bestehen.

Art. 6. Es wird der Gesellschaft gestattet, die Strecke Trogen-Heiden-Walzenhausen mit Abweigung von Eaien nach Rehetobel in zwei Sektionen auszuführen, nämlich: I. Trogen-Heiden mit Abzweigung von Eaien nach Rehetobel ; II. Heiden-Walzenhausen.

Binnen einer Frist von 30 Monaten, vom Inkrafttreten des gegenwärtigen Beschlusses an gerechnet, sind dem Bundesrat die vorschriftsmässigen technischen und finanziellen Vorlagen für die erste Sektion der Strecke Trogen-Heiden-Walzenhausen mit Abzweigung nach Rehetobel nebst den revidierten Statuten der Gesellschaft einzureichen.

Innert 6 Monaten nach der Plangenehmigung ist mit den Erdarbeiten für die Erstellung der ersten Sektion zu beginnen.

Binnen zwei Jahren, vom Beginn der Erdarbeiten an gerechnet, ist die I. Sektion zu vollenden und dem Betriebe zu übergeben.

Für die II. Sektion wird der Bundesrat die Fristen, nach Anhörung der Bahngesellschaft und dçr Kantonsregierung, festsetzen.

Die Nichteinhaltung der Fristen für eine Sektion hat nur den Hinfall der Konzession für die betreffende Sektion zur Folge.

Art. 7. Die Ausführung des Bahnbaues, sowie der zum Betrieb der Bahn erforderlichen Einrichtungen darf nur geschehen auf Grund von Ausfuhrungsplänen, welche vorher dem Bundesrat vorgelegt und von diesem genehmigt worden sind. Der Bundesrat ist berechtigt, auch nach Genehmigung der Pläne eine Abänderung derselben zu verlangen, wenn eine solche durch die Fürsorge für die Sicherheit des Betriebes geboten ist.

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Art. 8. Die Bahn wird mit Spurweite von einem Meter und eingeleisig erstellt und mittelst Elektrizität betrieben.

In bezug auf die Benützung der öffentlichen Strassen für die Anlage und den Betrieb der Bahn gelten die Vorschriften des Beschlusses des Grossen Rates des Kantons St. Gallen vom 16. Mai 1899, der Beschlüsse des Kantonsrates von Appenzell A.-Rh. vom 16. Mai 1899 und 23. Juli 1908, sowie des Beschlusses des Gemeinderates der Stadt St. Gallen vom 10. Mai 1899, soweit diese Vorschriften nicht mit der gegenwärtigen Konzession und der Bundesgesetzgebung im Widerspruch stehen.

Art. 9. Gegenstände von wissenschaftlichem Interesse, welche durch die Bauarbeiten zu Tage gefördert werden, wie Versteinerungen, Münzen, Medaillen u. a. w., sind Eigentum desjenigen Kantons, auf dessen Gebiet sie gefunden werden, und an dessen Regierung unentgeltlich abzuliefern.

Art. 10. Den eidgenössischen Beamten, welchen die Überwachung der Bahn hinsichtlich der Bauten oder des Betriebes obliegt, hat die Babnverwaltung behufs Erfüllung ihrer Aufgabe zu jeder Zeit Einsicht von allen Teilen der Bahn, der Stationen und des .Materials zu gestatten, sowie das zur Untersuchung nötige Personal und Material zur Verfügung zu stellen.

Art. 11. Der Bundesrat kann verlangen, dasa Beamte oder Angestellte der Gesellschaft, welche in der Ausübung ihrer Funktionen zu begründeten Klagen Anlass geben und gegen welche die Gesellschaft nicht von sich aus einschreitet, zur Ordnung gewiesen,, bestraft oder nötigenfalls entlassen werden.

Ebenso hat er das Recht, zu verlangen, dass Mitglieder der Verwaltung, welchen vorübergehend oder dauernd Funktionen eines Beamten oder Angestellten übertragen sind und die in der Ausübung derselben Anlass zu begründeten Klagen geben, dieser Funktionen enthoben werden.

Art. 12. Die Gesellschaft hat sich dem Transportreglement der schweizerischen Eisenbahn- und Dampfschiffunternehmungen zu unterziehen. Soweit sie Änderungen nötig findet, können solche erst eingeführt werden, nachdem sie vom Bundesrat genehmigt worden sind.

Art. 13. Die Beförderung von Personen soll auf der Strecke St. Gallen-Trogen täglich mindestens 8mal und auf der Strecke Trogen-Heiden-Walzenhausen mit Abzweigung von Kaien nach Rehetobel täglich mindestens 6mal nach beiden Richtungen, von

560 ·einem Endpunkt der Bahn zum ändern und mit Anhalten auf allen Stationen, erfolgen.

Die Fahrgeschwindigkeit der Züge wird vom Bundesrat festgesetzt.

Die Fahrpläne unterliegen der Genehmigung des Bundesrates.

Art. 14. Die Gesellschaft wird zur Personenbeförderung Wagen nach dem Durchgangssystem mit nur einer Klasse aufstellen.

Die Gesellschaft hat dafür zu sorgen, dass alle auf einen Zug mit Personenbefördernng sich Anmeldenden, wenn immer möglich, durch denselben, und zwar auf Sitzplätzen, befördert werden können.

Art. 15. Für die Beförderung von Personen können Taxen bis auf den Betrag von 12 Rappen per Kilometer der Bahnlänge bezogen werden.

Für Hin- und Rückfahrten sind die Personentaxen mindestens 20 % niedriger anzusetzen als für doppelte einmalige Fahrten.

Kinder unter vier Jahren sind gratis zu befördern, sofern für solche kein besonderer Sitzplatz beansprucht wird.

Für Kinder zwischen dem vierten und dem zurückgelegten .zwölften Altersjahre ist die Hälfte der Taxe zu zahlen.

Die Gesellschaft ist verpflichtet, zu Bedingungen, welche im Einvernehmen mit dem Bundesrat aufzustellen sind, Abonnementsbillette zu reduzierter Taxe auszugeben.

Art. 16. Für die Beförderung von Armen, welche sich als solche durch Zeugnis der zuständigen Behörden ausweisen, ist die halbe Personentaxe zu berechnen.

Auf Anordnung eidgenössischer oder kantonaler Behörden sind auch Arrestanten zu transportieren.

Der Bundesrat wird hierüber die nähern Bestimmungen aufstellen.

Art. 17. Jeder Reisende ist berechtigt, 10 Kilogramm Reisegepäck taxfrei zu befördern, sofern es ohne Belästigung der Mitreisenden im Personenwagen untergebracht werden kann.

Für anderes Reisegepäck kann eine Taxe von höchstens 12V2 Rappen per 100 Kilogramm und per Kilometer bezogen werden.

Mit Zustimmung des Bundesrates kann für das Reisegepäck ein Abfertigungsverfahren mit einer einheitlichen Taxe eingeführt werden. In diesem Falle setzt der Bundesrat die Taxe fest.

561 Art. 18. Bei der Erstellung der Gütertarife ist im allgemeinen vom Gewicht und Umfang der Warensendungen auszugehen, aber, soweit es die Bedürfnisse von Industrie, Gewerbe, Handel und Landwirtschaft rechtfertigen, auch auf den Wert und die wirtschaftliche Bedeutung der Waren Rücksicht zu nehmen.

Es sind Klassen aufzustellen, deren höchste nicht über 5 Rappen und deren niedrigste nicht über 2 Va Rappen per 100 kg. und per Kilometer betragen soll.

Eine ganze Wagenladung (d. h. mindestens 5000 Kilogramm oder 5 Tonnen) hat gegenüber den Stücksendungen Anspruch auf Rabatt.

Bei Beförderung von Waren in Eilfracbt kann die Taxe um 100 °/o des gewöhnlichen Ansatzes erhöht werden.

Die für Industrie, Gewerbe und Landwirtschaft erforderlichen Rohstoffe sollen am niedrigsten taxiert werden.

Art. 19. Für den Transport von Edelmetallen, von barem Gelde und von Kostbarkeiten mit deklariertem Wert ist für Fr. 1000 per Kilometer höchstens 2 Va Rappen zu erheben.

Art. 20. Traglasten mit landwirtschaftlichen und einheimischen gewerblichen Erzeugnissen, sowie Handwerkszeug für den persönlichen Gebrauch des Aufgebers, welche in Begleitung der Träger, wenn auch in besondern Wagen, mit den Personenzügen transportiert und am Bestimmungsort sofort wieder in Empfang genommen werden, sind, soweit sie das Gewicht von 15 Kilogramm nicht übersteigen, frachtfrei. Für das Mehrgewicht ist die Taxe für Waren ia gewöhnlicher Fracht zu erheben.

Art. 21. Beim Eintritt von Notständen, insbesondere bei ungewöhnlicher Teuerung.der Lebens- und Futtermittel, sind für den Transport von Getreide, Mehl, Hülsenfrüchten, Kartoffeln, Futtermitteln u. s. w. zeitweise niedrigere Taxen einzuführen, welche vom Bundesrat nach Anhörung der Bahnverwaltung festgesetzt werden.

Art. 22. Für den Transport lebender Tiere mit Güterzügen können Taxen erhoben werden, welche nach Klassen und Transportmengen (Stückzahl, Wagenladungen) abzustufen sind und den Betrag von 35 Rappen per Stück und Kilometer für die höchste und 1lk Rappen für die niedrigste Klasse nicht übersteigen dürfen.

Bei Beförderung in Eilfracht kann ein Taxzuschlag bis auf 40 °/o erhoben werden.

Art. 23. Für Gepäck-, Güter- und Tiersendungen kann eine Minimaltaxe erhoben werden, die aber den Betrag von 40 Rappen für eine einzelne Sendung nicht überschreiten darf.

562 Art. 24. Die vorstehenden Taxbestimmungen beschlagen bloss den Transport von Station zu Station. Die Waren sind von den Aufgebern an die Stationsverladplätze aufzuliefern und vom Adressaten auf der Bestimmungsstation abzuholen.

Auf den Hauptstationen sind jedoch Einrichtungen für das Abholen und die Ablieferung der Güter im Domizil des Aufgebers, beziehungsweise des Adressaten, zu treffen (Camionnagedienst).

Das Auf- und Abladen der Waren ist Sache der Gesellschaft, und es darf eine besondere Taxe dafür in der Regel nicht erhoben werden. Ausnahmen hiervon sind nur mit Zustimmung des Bundesrates zulässig für einzelne Klassen von Wagenladungsgütern, für lebende Tiere und andere Gegenstände, deren Verladung mit besondern Schwierigkeiten verbunden ist.

Art. 25. Bei Festsetzung der Taxen werden Bruchteile eines Kilometers für einen ganzen Kilometer gerechnet.

Das Gewicht wird bei Gütersendungen bis auf 20 kg. für volle 20 kg. gerechnet und bei Gepäcksendungen bis auf 10 kg. für volle 10 kg.; das Mehrgewicht wird nach Einheiten vonjelO kg. berechnet, wobei jeder Bruchteil von 10 kg. für eine ganze Einheit gilt.

Bei Geld- und Wertsendungen werden Bruchteile von Fr. 500 als volle Fr. 500 gerechnet.

Wenn die genaue Ziffer der so berechneten Taxe nicht ohne Rest durch 5 teilbar ist, so wird sie auf die nächsthöhere durch 5 teilbare Zahl aufgerundet, sofern der Rest mindestens einen Rappen beträgt.

Art. 26. Für die Einzelheiten des Transportdienstes sind Réglemente und Tarife aufzustellen.

Art. 27. Die Réglemente und Tarife für die neuen Strecken sind mindestens zwei Monate vor der Betriebseröffnung dem Bundesrat zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 28. Wenn die Bahnunternehmung drei Jahre nacheinander einen 4 Va Prozent übersteigenden Reinertrag abwirft, so ist das nach gegenwärtiger Konzession zulässige Maximum der Transporttaxen verhältnismässig herabzusetzen. Kanu hierüber eine Verständigung zwischen dem Bundesrat und der Gesellschaft nicht erzielt werden, so entscheidet die Bundesversammlung.

Reicht der Ertrag des Unternehmens nicht hin, die Betriebskosten, einschliesslich der Verzinsung des Obligationenkapitals, zu decken, so kann der Bundesrat eine angemessene Erhöhung obiger

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Tarifansätze gestatten. Solche Beschlüsse sind jedoch der Bundesversammlung zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 29. Die Gesellschaft ist verpflichtet, für Äufnung genügender Erneuerungs- und Reservefonds zu sorgen und für das Personal eine Kranken- und Unterstützungskasse einzurichten oder dasselbe bei einer Anstalt zu versichern. Die hierüber aufzustellenden besondern Vorschriften unterliegen der Genehmigung des Bundesrates.

Ferner sind die Reisenden und das Personal bei einer Anstalt bezüglich derjenigen Verpflichtungen zu versichern, welche aus dem Haftpflichtgesetz vom 28. März 1905 mit bezug auf Unfälle beim Bau, beim Betrieb und bei Hülfsgeschäften sich ergeben.

Art. 30. Für die Ausübung des Rückkaufsrechtes des Bundes oder, wenn er davon keinen Gebrauch machen sollte, der Kantone St. Gallen und Appenzell A.-Rh. gelten folgende Bestimmungen: a. Der Rückkauf kann frühestens 30 Jahre nach Eröffnung des Betriebes auf der Strecke Trogen-Heiden mit Abzweigung nach Rehetobel und von da an je auf 1. Januar eines Jahres erfolgen. Vom Entschluss des Rückkaufes ist der Gesellschaft drei Jahre vor dem Eintritte desselben Kenntnis zu geben.

b. Durch den Rückkauf wird der Rückkäufer Eigentümer der Bahn mit ihrem Betriebsmaterial und allen übrigen Zugehören. Immerhin bleiben die Drittmannsrechte hinsichtlich des Pensions- und Unterstützungsfonds vorbehalten. Zu welchem Zeitpunkte auch der Rückkauf erfolgen mag, ist die Bahn samt Zugehör in vollkommen befriedigendem Zustande abzutreten. Sollte dieser Verpflichtung kein Genüge getan werden, und sollte auch die Verwendung der Erneuerungs- und Reservefonds dazu nicht ausreichen, so ist ein verhältnismässiger Betrag von der Rückkaufssumme in Abzug zu bringen.

c. Die Entschädigung für den Ruckkauf beträgt, sofern letzterer bis 1. Januar 1945 rechtskräftig wird, den 25fachen Wert des durchschnittlichen Reinertrages derjenigen zehn Kalenderjahre, die dem Zeitpunkte, in welchem der Rückkauf der Gesellschaft notifiziert wird, unmittelbar vorangehen ; -- sofern der Rückkauf zwischen dem 1. Januar 1945 und dem Ablauf der Konzession sich vollzieht, den 221/2fachen Wert des oben beschriebenen Reinertrages ; -- unter Abzug der Erneuerungs- und Reservefonds.

Bei Ermittlung des Reinertrages darf lediglich die durch diesen Akt konzessionierte Eisenbahnunternehmung mit Aus-

564 schluss aller anderen etwa damit verbundenen Geschäftszweige in Betracht und Berechnung gezogen werden.

d. Der Reinertrag wird gebildet aus dem gesamten Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben, zu welch letztern auch diejenigen Summen zu rechnen sind, welche auf Abschreibungsrechnung getragen oder einem Reservefonds einverleibt wurden.

e. Im Falle des Rückkaufes im Zeitpunkte des Ablaufs der Konzession ist nach der Wahl des Rückkäufers entweder der Betrag der erstmaligen Anlagekosten für den Bau und Betrieb oder eine durch bundesgerichtliche Abschätzung zu bestimmende Summe als Entschädigung zu bezahlen.

f. Streitigkeiten, die über den Rückkauf und damit zusammenhängende Fragen entstehen, unterliegen der Entscheidung des Bundesgerichtes.

Art. 31. Haben die Kantone St. Gallen und Appenzell A.-Rh.

den Rückkauf der Bahn bewerkstelligt, so ist der Bund nichtsdestoweniger befugt, sein Rückkaufsrecht, wie es im Art. 30 definiert worden, jederzeit auszuüben, und die Kantone haben unter den gleichen Rechten und Pflichten die Bahn dem Bunde abzutreten, wie letzterer dies von der konzessionierten Gesellschaft zu fordern berechtigt gewesen wäre.

Art. 32. "Wird keine der beiden in Art. 5 hiervor bezeichneten Sektionen erstellt, so treten die eingangs erwähnten Bundesbeschlüsse vom 6. Oktober 1899 (E. A. S. XV, 729) und vom 26. April 1902 (E. A. S. XVIII, 86) wieder in Kraft.

II. Werden die in Art. 6 der Konzession einer elektrischen Strassenbahn von Rheineck nach Heiden und nach Thal vorgeschriebenen technischen und finanziellen Vorlagen, nebst den Statuten der Gesellschaft, zuerst eingereicht, so fällt die gegenwärtige Konzession für die in Art. 5 erwähnte zweite Sektion Heiden-Walzenhausen dahin.

III. Der Bundesrat ist mit dem Vollzuge der Vorschriften dieses Beschlusses, welcher am 1. November 1909 in Kraft tritt, beauftragt.

565.

(Entwurf.)

Bunclesbeschluss betreffend

Konzession einer elektrischen Strassenbahn von Rheineck nach Heiden und nach Thal.

Die B u n d e s v e r s a m m l u n g der schweizerischen Eidgenossen'scjihaft, nach Einsicht 1. einer Eingabe eines durch Herrn Oberrichter R. Hohl-Custer in Lutzenberg vertretenen Initiativkomitees, vom 17. Fer bruar 1909; 2. einer Botschaft des Bundesrates vom 3. September 1909,.

b e s c h l i e s s t: I. Einem durch Herrn Oberrichter R. H o h l - C u s t e r , itt Lutzenberg, vertretenen Initiativkomitee wird zu Händen einer zu bildenden Aktiengesellschaft die Konzession für den Bau und den Betrieb einer elektrischen Strassenbahn von R h e i n eck nach H e i d e n und nach T h a l unter den in den nachfolgenden Artikeln enthaltenen Bedingungen erteilt.

Art. 1. Es sollen die jeweiligen Bundesgesetze, sowie alle übrigen Vorschriften der Bundesbehörden über den Bau und Betrieb der schweizerischen Eisenbahnen jederzeit genaue Beachtung finden.

Art. 2. Die Bahn wird als Nebenbahn im Sinne des Bundesgesetzes vom 21. Dezember 1899 erklärt.

566

Art. 3. Die Konzession wird auf die Dauer von 50 Jahren, vom Inkrafttreten des gegenwärtigen Beschlusses an gerechnet, «rteilt.

Art. 4.

Der Sitz der Gesellschaft ist in Rheineck.

Art. 5. Die Mehrheit der Direktion und des Verwaltungsrates oder weiteren Ausschusses soll aus Schweizerbürgern, welche ihren Wohnsitz in der Schweiz haben, bestehen.

Art. 6. Binnen einer Frist von 30 Monaten, vom Inkrafttreten des gegenwärtigen Beschlusses an gerechnet, sind dem Bundesrat die vorschriftsmässigen technischen und finanziellen Vorlagen nebst den Statuten der Gesellschaft zur Genehmigung «inzureichen.

Innert 6 Monaten nach der Plangenehmigung ist mit den Erdarbeiten für die Erstellung der Bahn zu beginnen.

Binnen 18 Monaten, vom Beginn der Erdarbeiten an gerechnet, ist die ganze konzessionierte Linie zu vollenden und dem Betriebe zu übergeben.

Art. 7. Die Ausführung des Bahnbaues, sowie der zum Betrieb der Bahn erforderlichen Einrichtungen darf nur geschehen auf Grund von Ausführungsplänen, welche vorher dem Bundesrat vorgelegt und von diesem genehmigt worden sind. Der Bundesrat ist berechtigt, auch nach Genehmigung der Pläne eine Abänderung derselben zu verlangen, wenn eine solche durch die Fürsorge für die Sicherheit des Betriebes geboten ist.

Art. 8. Die Bahn wird mit Spurweite von einem Meter und ·eingeleisig erstellt und mittelst Elektrizität betrieben.

In bezug auf die Benützung der öffentlichen Strassen für die Anlage und den Betrieb der Bahn gelten die Vorschriften des Beschlusses des Kantonsrates von Appenzell A.-Rh., vom 21. Mai 1909, und des Beschlusses des Grossen Rates des Kantons St. Gallen, vom 25. Mai 1909, soweit diese Vorschriften nicht mit der gegenwärtigen Konzession und der Bundesgesetzgebung im Widerspruch ·stehen.

Art. 9. Gegenstände von wissenschaftlichem Interesse, welche ·durch die Bauarbeiten zu Tage gefördert werden, wie Versteinerungen, Münzen, Medaillen u. s. w., sind Eigentum des Kantons, auf dessen Gebiet sie gefunden werden, und an dessen Regierung unentgeltlich abzuliefern.

567 Art. 10. Den eidgenössischen Beamten, welchen die Überwachung der Bahn hinsichtlich der Bauten oder des Betriebes obliegt, hat die Bahnverwaltung behufs Erfüllung ihrer Aufgabe zu jeder Zeit Einsicht von allen Teilen der Bahn, der Stationen und des Materials zu gestatten, sowie das zur Untersuchung nötige Personal und Material zur Verfügung zu stellen.

Art. 11. Der Bundesrat kann verlangen, dass Beamte oder Angestellte der Gesellschaft, welche in der Ausübung ihrer Funktionen zu begründeten Klagen Anlass geben und gegen welche die Gesellschaft nicht von sich aus einschreitet, zur Ordnung gewiesen, bestraft oder nötigenfalls entlassen werden.

Ebenso hat er das Recht, zu verlangen, dass Mitglieder der Verwaltung, welchen vorübergehend oder dauernd Funktionen eines Beamten oder Angestellten übertragen sind und die in der Ausübung derselben Anlass zu begründeten Klagen geben, dieser Funktionen enthoben werden.

Art. 12. Die Gesellschaft hat sich dem Transportreglement der schweizerischen Eisenbahn- und Dampfschiffunternehmungen zu unterziehen. Soweit sie Änderungen nötig findet, können solche erst eingeführt werden, nachdem sie vom Bundesrat genehmigt worden sind.

Art. 13. Die Beförderung von Personen soll täglich mindestens viermal nach beiden Richtungen, von einem Endpunkt der Bahn zum ändern und mit Anhalten auf allen Stationen, erfolgen.

Die Fahrgeschwindigkeit der Züge wird vom Bundesrat festgesetzt.

Die Fahrpläne unterliegen der Genehmigung des Bundesrates.

Art. 14. Die Gesellschaft wird zur Personenbeförderung Wagen nach dem Durchgangssystem mit nur einer Klasse aufstellen.

Die Gesellschaft hat dafür zu sorgen, dass alle auf einen Zug mit Personenbeförderung sich Anmeldenden, wenn immer möglich, durch denselben, und zwar auf Sitzplätzen, befördert werden können.

Art. 15. Für die Beförderung von Personen können Taxen bis auf den Betrag von 12 Rappen per Kilometer der Bahnlänge bezogen werden.

Bundesblatt. 61. Jahrg. Bd. IV.

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Für Hin- und Rückfahrten sind die Personentaxen mindestens 20 °/o niedriger anzusetzen als für doppelte einmalige Fahrten, Kinder unter vier Jahren sind gratis zu befördern, sofern für solche kein besonderer Sitzplatz beansprucht wird.

Für Kinder zwischen dem vierten und dem zurückgelegten zwölften Altersjahre ist die Hälfte der Taxe zu zahlen.

Die Gesellschaft ist verpflichtet, zu Bedingungen, welche im Einvernehmen mit dem Bundesrat aufzustellen sind, Abonnementsbillette zu reduzierter Taxe auszugeben.

Art. 16. Für die Beförderung von Armen, welche sich als solche durch Zeugnis der zuständigen Behörden ausweisen, ist die halbe Personentaxe zu berechnen.

Auf Anordnung eidgenössischer oder kantonaler Behörden sind auch Arrestanten zu transportieren.

DerBundesrat wird hierüber die nähern Bestimmungen aufstellen.

Art. 17. Jeder Reisende ist berechtigt, 10 Kilogramm Reisegepäck taxfrei zu befördern, sofern es ohne Belästigung der Mitreisenden im Personenwagen untergebracht werden kann.

Für anderes Reisegepäck kann eine Taxe von höchstens 12 Va Rappen per 100 Kilogramm und per Kilometer bezogen werden.

Mit Zustimmung des Bundesrates kann für das Reisegepäck ein Abfertigungsverfahren mit einer einheitlichen Taxe eingeführt werden. In diesem Falle setzt der Bundesrat die Taxe fest.

Art. 18. Bei der Erstellung der Gütertarife ist im allgemeinen vom Gewicht und Umfang der Warensendungen auszugehen, aber, soweit es die Bedürfnisse von Industrie, Gewerbe, Handel und Landwirtschaft rechtfertigen, auch auf den Wert und die wirtschaftliche Bedeutung der Waren Rücksicht zu nehmen.

Es sind Klassen aufzustellen, deren höchste nicht über 5 Rappen und deren niedrigste nicht über 2 Va Rappen per 100 Kilogramm und per Kilometer betragen soll.

Eine ganze Wagenladung (d. h. mindestens 5000 Kilogramm oder 5 Tonnen) hat gegenüber den Stücksendungen Anspruch auf Rabatt.

Bei Beförderung von Waren in Eilfracht kann die Taxe um 100 °/o des gewöhnlichen Ansatzes erhöht werden.

Die für Industrie, Gewerbe und Landwirtschaft erforderlichen Rohstoffe sollen am niedrigsten taxiert werden.

569 Art. 19. Für den Transport von Edelmetallen, von barem Gelde und von Kostbarkeiten mit deklariertem Wert ist für Fr. 1000 per Kilometer höchstens 2J/2 Rappen zu erheben.

Art. 20. Traglasten mit landwirtschaftlichen und einheimischen gewerblichen Erzeugnissen, sowie Handwerkszeug für den persönlichen Gebrauch des Aufgebers, welche in Begleitung der Träger, wenn auch in besonderen Wagen, mit den Personenzügen transportiert und am Bestimmungsort sofort wieder in Empfang genommen werden, sind, soweit sie das Gewicht von 15 Kilogramm nicht übersteigen, frachtfrei. Für das Mehrgewicht ist die Taxe für Waren in gewöhnlicher Fracht zu erheben.

Art. 21. Beim Eintritt von Notständen, insbesondere bei ungewöhnlicher Teuerung der Lebens- und Futtermittel, sind für den Transport von Getreide, Mehl, Hülsenfrüchten, Kartoffeln, Futtermitteln u. s. w. zeitweise niedrigere Taxen einzuführen, welche vom Bundesrate nach Anhörung der Bahnverwaltung festgesetzt werden.

Art. 22. Für den Transport lebender Tiere mit Güterzügen können Taxen erhoben werden, welche nach Klassen und Transportmengen (Stückzahl, Wagenladungen) abzustufen sind und den Betrag von 35 Rappen per Stück und Kilometer für die höchste und 1lk Rappen für die niedrigste Klasse nicht übersteigen dürfen.

Bei Beförderung in Eilfracht kann ein Taxzuschlag bis auf 40°/o erhoben werden.

Art. 23. Für Gepäck, Güter- und Tiersendungen kann eine Minimaltaxe erhoben werden, die aber den Betrag von 40 Rappen für eine einzelne Sendung nicht übersehreiten darf.

Art. 24. Die vorstehenden Taxbestimmungen beschlagen bloss den Transport von Station zu Station. Die Waren sind von den Aufgebern an die Stationsverladplätze aufzuliefern und vom Adressaten auf der Bestimmungsstation abzuholen.

Auf den Hauptstationen sind jedoch Einrichtungen für das Abholen und die Ablieferung der Güter im Domizil des Aufgebers, beziehungsweise des Adressaten, zu treffen (Camionnagedienst).

Das Auf- und Abladen der Waren ist Sache der Gesellschaft, und es darf eine besondere Taxe dafür in der Regel nicht erhoben werden. Ausnahmen hiervon sind nur mit Zustimmung des Bundesrates zulässig für einzelne Klassen von Wagenladungsgütern, für lebende Tiere und andere Gegenstände, deren Verladung mit besondern Schwierigkeiten verbunden ist.

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Art. 25. Bei Festsetzung der Taxen werden Bruchteile eines Kilometers für einen ganzen Kilometer gerechnet.

Das Gewicht wird bei Gütersendungen bis auf 20 kg für volle 20 kg gerechnet und bei Gepäcksendungen bis auf 10 kg für volle 10 kg 5 das Mehrgewicht wird nach Einheiten von je 10 kg berechnet, wobei jeder Bruchteil von 10 kg für eine ganze Einheit gilt.

Bei Geld- und Wertsendungen werden Bruchteile von Fr. 500 als volle Fr. 500 gerechnet.

Wenn die genaue Ziffer der so berechneten Taxe nicht ohne Rest durch 5 teilbar ist, so wird sie auf die nächsthöhere durch 5 teilbare Zahl aufgerundet, sofern der Rest mindestens einen Rappen beträgt.

Art. 26. Für die Einzelheiten des Transportdienstes sind Réglemente und Tarife aufzustellen.

Art. 27. Sämtliche Réglemente und Tarife sind mindestens zwei Monate, ehe die Eisenbahn dem Verkehr übergeben wird, dem Bundesrat zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 28. Wenn die Bahnuntei-nehmung drei Jahre nacheinander einen sechs Prozent übersteigenden Reinertrag abwirft, so ist das nach gegenwärtiger Konzession zulässige Maximum der Transporttaxen verhältnistnässig herabzusetzen. Kann hierüber eine Verständigung zwischen dem Bundesrat und der Gesellschaft nicht erzielt werden, so entscheidet die Bundesversammlung.

Reicht der Ertrag des Unternehmens nicht hin, die Betriebskosten, einschliesslich die Verzinsung des Obligationenkapitals, zu decken, so kann der Bundesrat eine angemessene Erhöhung obiger Tarifansätze gestatten. Solche Beschlüsse sind jedoch der Bundesversammlung zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 29. Die Gesellschaft ist verpflichtet, für Äufnung genügender Erneuerungs- und Reservefonds zu sorgen und für das Personal eine Kranken- und Unterstützungskasse einzurichten oder dasselbe bei einer Anstalt zu versichern. Die hierüber aufzustellenden besondern Vorschriften unterliegen der Genehmigung des Bundesrates.

Ferner sind die Reisenden und das Personal bei einer Anstalt bezüglich derjenigen Verpflichtungen zu versichern, welche aus dem Haftpflichtgesetz vom 28. März 1905 mit Bezug auf Unfälle beim Bau, beim Betrieb und bei Hülfsgeschäften sich ergeben.

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Art. 30. Für die Ausübung des Rückkaufsrechtes des Bundes oder, wenn er davon keinen Gebrauch machen sollte, der Kantone St. Gallen und Appenzell A.-Rh. gelten folgende Bestimmungen : a. Der Rückkauf kann frühestens 30 Jahre nach Eröffnung des Betriebes und von da an je auf I.Januar eines Jahres erfolgen.

Vom Entschluss des Rückkaufes ist der Gesellschaft drei Jahre vor dem Eintritte desselben Kenntnis zu geben.

b. Durch den Rückkauf wird der Rückkäufer Eigentümer der Bahn mit ihrem Betriebsmaterial und allen übrigen Zugehören.

Immerhin bleiben die Drittmannsrechte hinsichtlich des Pensions- und Unterstützungsfonds vorbehalten. Zu welchem Zeitpunkte auch der Rückkauf erfolgen mag, ist die Bahn samt Zugehör in vollkommen befriedigendem Zustande abzutreten. Sollte dieser Verpflichtung kein Genüge getan werden, und sollte auch die Verwendung der Erneuerungsund Reservefonds dazu nicht ausreichen, so ist ein Verhältnismassiger Betrag von der Ruckkaufssumme in Abzug zu bringen.

c. Die Entschädigung für den Rückkauf beträgt, sofern letzterer bis 1. Januar 1950 rechtskräftig wird, den 25fachen Wert des durchschnittlichen Reinertrages derjenigen zehn Kalenderjahre, die dem Zeitpunkte, in welchem der Rückkauf der Gesellschaft notifiziert wird, unmittelbar vorangehen; -- sofern der Rückkauf zwischen dem 1. Januar 1950 und dem Ablauf der Konzession sich vollzieht, den 221/afachen Wert des oben beschriebenen Reinertrages; -- unter Abzug der Erneuerungs- und Reservefonds.

Bei Ermittlung des Reinertrages darf lediglich die durch diesen Akt konzessionierte Eisenbahnunternehmung mit Ausschluss aller anderen etwa damit verbundenen Geschäftszweige in Betracht und Berechnung gezogen werden.

d. Der Reinertrag wird gebildet aus dem gesamten Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben, zu welch letztern auch diejenigen Summen zu rechnen sind, welche auf Abschreibungsrechnung getragen oder einem Reservefonds einverleibt wurden.

e. Im Falle des Rückkaufes im Zeitpunkte des Ablaufs der Konzession ist nach der Wahl des Ruckkäufers entweder der Betrag der erstmaligen Anlagekosten für den Bau und Betrieb oder eine durch bundesgerichtliche Abschätzung zu bestimmende Summe als Entschädigung zu bezahlen.

572 f. Streitigkeiten, die über den Rückkauf und damit zusammenhängende Fragen entstehen, unterliegen der Entscheidung des Bundesgerichtes.

Art. 31. Haben die Kantone St. Gallen und Appenzell A.-Rh.

den Rückkauf der Bahn bewerkstelligt, so ist der Bund nichtsdestoweniger befugt, sein Rückkaufsrecht, wie es im Art. 30 definiert worden, jederzeit auszuüben, und die Kantone haben unter den gleichen Rechten und Pflichten die Bahn dem Bunde abzutreten, wie letzterer dies von der konzessionierten Gesellschaft zu fordern berechtigt gewesen wäre.

II. Wenn die Strassenbahn St. Gallen-Speicher-Trogen A.-G.

die technischen und finanziellen Vorlugen für die zweite Sektion (Heiden-Walzenhausen) der projektierten Fortsetzung ihrer Linie über Heiden nach Walzenhausen, mit Abzweigung von Kaien nach Rehetobel, zuerst einreicht, so fällt die gegenwärtige Konzession dahin.

III. Der Bundesrat ist mit dem Vollzuge der Vorschriften dieses Beschlusses, welcher am 1. November 1909 in Kraft tritt, beauftragt.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Konzession elektrischer Strassenbahnen von St. Gallen über Trogen und Heiden nach Walzenhausen, mit Abzweigung von Kaien nach Rehetobel und von Rheineck nach Heiden und nach Thal.

(Vom 3. ...

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