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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Aenderung der Konzession der Bodensee-Toggenburgbahn und Ausdehnung derselben auf die Linie EbnatNesslau.

(Vom 13. August 1909.)

Tit.

Die Gesellschaft der Bodensee-Toggenburgbahn stellte unterm 29. Januar 1909 an den Bundesrat zuhanden der Bundesversammlung das Gesuch, es sei ihre Konzession vom 11. April 1907 (XXIII, 72) auf die Linie Ebnat-Nesslau auszudehnen, unter gleichzeitiger Aufhebung der für diese letztere Linie unterm 1. Juli 1898 (E. A. S. XV, 191) erteilten Konzession.

Die Bahngesellschaft macht zur Begründung ihres Gesuches geltend, dass die vom Regierungsrate des Kantons St. Gallen für den Bau der Linie Ebnat-Nesslau als erforderlich betrachtete Summe in Aktien aufgebracht sei. Die Bodensee-Toggenburgbahn müsse nun die nötigen Anstalten treffen, um den schon statutarisch vorgesehenen Übergang dieser Bahnlinie an ihre Gesellschaft zu verwirklichen. Dabei scheine es angezeigt, die Ausdehnung der Konzession der Bodensee-Toggenburgbahn, welche nach dem neuen Konzessionsschema erstellt worden sei, auf die zu übernehmende Linie nachzusuchen, da bei einer Übertragung der Konzession der Linie Ebnat-Nesslau auf die Gesuchstellerin, diese sich im Besitze zweier Konzessionen mit verschiedenartigen Bestimmungen befinden würde.

Ferner müsse die Bahngesellschaft den Wunsch äussern, dass im Ausdehnungsbeschluss die Linie Ebnat-Nesslau ausdrücklich als Nebenbahn erklärt werde.

419 Am 3. Februar 1909 sandte sodann die Gesellschaft noch eine Bescheinigung der Konzessionäre der Bahn Ebnat-Nesslau ein, gemäss welcher dieselben den Verzicht auf die ihnen unterm 1. Juli 1898 erteilte Konzession zugunsten der Bodensee-Toggenburgbahn erklären.

Mit der gewünschten Konzessionsausdehnung erklärten sich die zur Vernehmlassung eingeladenen Regierungen der beteiligten Kantone St. Gallen, Appenzell A.-Rh. und Thurgau in ihren Rückäusserungen vom 26. Februar, 8. April und 10. Mai 1909 einverstanden. Der Regierungsrat des Kantons St. Gallen bemerkte ferner in seiner Vernehmlassung, dass -die Bahn Ebnat-Nesslau eine Verlängerung der Linie Wil-Ebnat, resp. nach Eröffnung der Rickenbahn der Linie Wattwil-Ebnat um 8 km talaufwärts bilde. Da die Anschlussstrecke Wattwil-Ebnat Nebenbahn sei, unterliege keinem Zweifel, dass der Linie Ebnat-Nesslau ebenfalls der Charakter einer Nebenbahn zukomme.

Wir erachten die Auffassung der Regierung des Kantons St. Gallen als zutreffend, und es hätte Ihnen das Konzessionsausdehnungsgesuch der Bodensee-Toggenburgbahn, welche die vorschriftsmässigen technischen und finanziellen Vorlagen für die Linie Ebnat-Nesslau schon eingereicht hatte, bereits in der ordentlichen Sommer-Session in empfehlendem Sinne vorgelegt werden können, wenn nicht inzwischen die Bahngesellschaft ein weiteres Begehren um Gewährung eines Distanzzuschlages gestellt haben würde. Das Eisenbahndepartement zog es im Einverständnis mit der Bahngesellschaft vor, beide Geschäfte in ein und derselben Vorlage zu behandeln.

Mittelst Zuschrift vom 28. Mai 1909 stellte nun die BodenseeToggenburgbahn das weitere Gesuch um Änderung ihrer Konzession und schlägt dabei für den Art. 23 folgende Fassung vor : ,,Für die Linie Romanshorn-St. Gallen kann der Bundesrat bei Strecken mit Steigungen über 12 °/oo eine Erhöhung der Taxen im Sinne der Botschaft betreffend die Taxerhöhungen für Eisenbahnen mit grösseren Steigungen, vom 11. September 1873, bewilligen.

,,Für die Linien von St. Gallen nach Wattwil und von Ebnat nach Nesslau ist der Gesellschaft gestattet, die in Art. 14 und 16 bis 18 aufgestellten Taxen bis auf 40 °/o zu erhöhen."

Zur Begründung dieses Gesuches führt die Bahngesellschaft folgendes aus.

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Für die Strecke St. Gallen-Romanshorn werde eine Änderung nicht beantragt. Auch für diese Linie hätte sich zwar die Bahn gerne die Möglichkeit gesichert, eventuell Distanzzuschläge anzuwenden. Da aber diese Strecke eine Hauptbahn sei und nicht sehr schwierige Bau- und Betriebsverhältnisse aufweise, wolle sich die Bahngesellschaft mit den in der bisherigen Fassung des Art. 23 vorgesehenen Taxerhöhungen vorläufig begnügen. Je nach den Erfahrungen, die im Betriebe gemacht würden, werde man sich alsdann schlüssig machen müssen, ob der Art. 28 der Konzession, der unter Umständen die Erhöhung der Taxen gestatte, in Anwendung zu bringen sei.

Für die Linie St. Gallen-Wattwil seien laut Konzession bereits 3 km Zuschlag bewilligt. Die Bahngesellschaft habe aber die Überzeugung gewonnen, dass diese Zuschläge, angesichts der hohen Baukosten dieser Strecke (zirka 1/s Million pro km) und des kostspieligen Betriebes, nicht hinreichen würden, um eine einigermassen befriedigende Rendite zu sichern. Anderseits habe sich das Budget der Bahn aus verschiedenen Gründen den ursprünglichen Annahmen gegenüber wesentlich verschlechtert. So habe der den Bundesbahnen bewilligte Zuschlag für den Rickentunnel die Stellung der Bodensee-Toggenburgbahn für die Konkurrenz im Güterverkehr ungünstig beeinflusst. Ferner würden der Bahn aus den teurer gewordenen Gemeinschaftsbahnhöfen, aus den infolge gestiegener Löhne und Materialpreise höher zu veranschlagenden Betriebsausgaben, und durch die sicher zu erwartende Überschreitung des Baubudgets weitere schwere Lasten erwachsen.

In Anbetracht dieser Tatsachen glaube die Bahngesellschaft für ihre Linie St. Gallen-Wattwil einen weitern Zuschlag beanspruchen zu dürfen. Diesen Zuschlag habe sie sich in der Form gedacht, dass unter Zugrundelegung der effektiven Meterdistanzen eine Majoration eintreten könnte, die im Maximum 40 °/o betragen würde. Vorderhand solle aber versucht werden, mit einem Zuschlag von 31 °/o auszukommen. Auf diese Weise ergebe sich für die ganze Linie St. Gallen-Wattwil eine Erhöhung der effektiven Meterdistanzen um 10 km, d. h. 7 km mehr, als bereits bewilligt sei. Für Wattwil-Romanshorn betrage alsdann die Tarifdistanz 12 km mehr als die effektive.

In bezug auf die Linie Ebnat-Nesslau sei zu bemerken, dass diese Nebenbahn eine nicht gerade verkehrsreiche Gegend
dem Eisenbahnverkehre erschliesse. Von besonders schwierigen Bauund Betriebsverhältnissen könne, abgesehen von den grösserea Steigungen, hier nicht die Rede sein. Trotzdem betrage das durch-

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schüittliche kilometrische Anlagekapital zirka Fr. 220,000 ohne Rollmaterial, was für eine Nebenbahn eine recht hohe Summe sei. Der Einfachheit halber und um der Gegend möglichst entgegenzukommen, werde die Bahn für diese Linie, deren Rendite sicher eine schlechte sein werde, die niedrigen Bundesbahntaxen anwenden. Die zu bewilligenden Distanzzuschläge würden dafür gewissermassen ein Äquivalent bilden und die schlechten Rentabilitätsaussichten dieser Strecke kompensieren. Für diese Linie müsse sieh die Bahngeselischaft aber den Entscheid noch vorbehalten, ob sie den Zuschlag voll oder nur zum Teil anwenden wolle.

Mit diesem Konzessionsänderungsgesuche haben sich die Regierungen der Kantone Thurgau und St. Gallen unterm 12. resp.

22. Juni 1909 vorbehaltlos einverstanden erklärt. Der Regierungsrat des Kantons St. Gallen insbesondere betont, dass infolge der ausserordentlich hohen Baukosten der Bodensee-Toggenburgbahn auf die Vermehrung der Betriebseinnahmen Bedacht genommen werden müsse. Eine gestützt auf die neuesten Tatsachen aufgestellte Betriebsrechnung habe ergeben, dass bei Behaltung der in der gegenwärtig zu Recht bestehenden Konzession vorgesehenen Tarifdistanzen der Einnahmenüberschuss nicht einmal zur Verzinsung des Obligationenkapitals genügen würde. Auch die st. gallischen Subventionsgemeinden hätten sieh mit dem Konzessionsänderungsgesuch einverstanden erklärt.

In seiner Vernehmlassung vom 3. Juli 1909 äussert sich der Regierungsrat des Kantons Appenzell A.-Rh. dahin, dass es angesichts der grossen Baukosten und des teuren Betriebes notwendig sei, die Einnahmen zu vermehren, und dass nur ein Distanzzuschlag das Unternehmen von Anfang an lebensfähig zu gestalten vermöge. Dieser Zuschlag solle aber 31 °/o im Maximum nicht übersteigen. Nach Berechnungen von Fachleuten werde dieser Ansatz für vermehrte Bau- und Betriebskosten ausreichen.

Der Gemeinderat von Herisau habe den für diese Ortschaft bei einem Distanzzuschlage von 31 °/o entstehenden Ausfall auf Fr. 30,000 jährlich berechnet und wünsche dringend, dass der Gemeinde kein weitergehendes Opfer zugemutet werde. Wenn dem Gesuche der Bodensee-Toggenburgbahn entsprochen werde, so könne dieselbe jederzeit ohne weiteres eine Erhöhung des Distanzzuschlages von 31 auf 40 °/o vornehmen. Das müsse verhütet werden. Dieser von der Gemeindebehörde Herisau gemachten Restriktion pflichte die Regierung vollständig bei. Sie müsse daher empfehlen, die Konzessionsänderung auf der Basis

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eines .Distanzzuschlages von 31 °/o zu bewilligen, jedes weitere Zugeständnis aber auszuschliessen.

Wir halten dafür, dass dem Gesuche der Bodensee-Toggenburgbahn entsprochen werden sollte, und zwar in allen Teilen.

Sowohl die Bau- als die Betriebskosten werden allem Anscheine nach so hoch zu stehen kommen, dass eine beträchtliche Vermehrung der Betriebseinnahmen angestrebt werden muss. Dies geschieht am besten durch Anwendung der vorgeschlagenen Distanzzuschläge. Dabei dürfte es sich empfehlen, jetzt schon das Maximum derselben auf 40 % festzusetzen, damit, wenn die Verhältnisse sich noch ungünstiger gestalten oder die im Betriebe gemachten Erfahrungen es verlangen sollten, die Bahnverwaltung eine angemessene Erhöhung der Taxen eintreten lassen kann, ohne wieder ein Begehren um Änderung der Konzession einreichen zu müssen. Es wird im eigenen Interesse der Bahn liegen, von dieser Befugnis nur dann, wenn es ihre finanzielle Lage unbedingt erfordert, Gebrauch zu machen; denn durch Anwendung von zu hohen Taxen dürfte die normale Entwicklung des Verkehrs gehemmt und damit auch das Gedeihen des Bahnunternehmens, welches an der Verkehrsentwicklung das Hauptinteresse hat, in Frage gestellt werden.

Wir haben noch zu bemerken, dass, der Klarheit halber, auch Art. 13 der Konzession der Bodensee-Toggenburgbahn durch die Erwähnung der Strecke Ebnat-Nesslau ergänzt werden muss; denn nach der für diese letztere Linie erteilten Konzession vom 1. Juli 1898 sind auch auf derselben nur Wagen zweier Klassen zu führen.

Wir empfehlen Ihnen den nachstehenden Beschlussesentwurf zur Annahme und benützen auch diesen Anlass, Sie, Tit., unserer ausgezeichneten Hochachtung zu versiehern.

B e r n , den 13. August 1909.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Vizepräsident:

Comtesse.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Billgier.

423 (Entwurf.)

ßundesbeschluss betreffend

Aenderung der Konzession der Bodensee-Toggenburgbahn und Ausdehnung derselben auf die Linie Ebnat-Nesslau.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1. zweier Eingaben der Bodensee-Toggenburgbahn, vom 29. Januar und vom 28. Mai 1909 ; 2. einer Botschaft des Bundesrates vom 13. August 1909, beschliesst: 1. Die durch Bundesbeschluss vom 11. April 1907 (E. A.

S. XXIII, 72) erteilte Konzession einer Bodensee-Toggenburgbahn wird auf die Linie Ebnat-Nesslau, unter gleichzeitiger Aufhebung der für letztere unterm 1. Juli 1898 (E. A. S. XV, 191) erteilten Konzession, ausgedehnt.

2. Für die Linie Ebnat-Nesslau, welche als Nebenbahn im Sinne des Bundesgesetzes vom 21. Dezember 1899 erklärt wird, werden folgende Fristen bestimmt.

Innert 6 Monaten nach der Plangenehmigung ist mit den Erdarbeiten für die Erstellung der Bahn zu beginnen.

Binnen zwei Jahren, vom Beginn der Erdarbeiten an gerechnet, ist die Linie zu vollenden und dem Betriebe zu übergeben.

Bundesblatt. 61. Jahrg. Bd. IV.

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3. Der erste Absatz des Artikels 13 der Konzession der Bodensee-Toggenburgbahn erhält folgende Fassung : ,,Die Gesellschaft wird zur Personenbeförderung Wagen nach dem Durchgangssystem mit drei Klassen aufstellen. Sie ist berechtigt, auf den Strecken St. Gallen-Wattwil und Ebnat-Nesslau nur Wagen II. und III. Klasse zu führen. a 4. Art. 23 erhält folgende Fassung: ,,Für die Linie Romanshorn - St. Gallen kann der Bundesrat bei Strecken mit Steigungen über 12 °/oo eine Erhöhung der Taxen im Sinne der Botschaft betreffend die Taxerhöhungen für Eisenbahnen mit grösseren Steigungen, vom 11. September 1873, bewilligen.

,,Für die Linien von St. Gallen nach Wattwil und von Ebnat nach Nesslau ist der Gesellschaft gestattet, die in Art. 14 und 16 bis 18 aufgestellten Taxen bis auf 40 °/o zu erhöhen. "· 5. Für die Ausübung des Rückkaufsrechtes bildet das Netz der Bodensee-Toggenburgbahn mit der Linie Ebnat-Nesslau ein einziges Rückkaufsobjekt.

6. Der Bundesrat ist mit dem Vollzuge des gegenwärtigen Beschlusses, welcher am 1. November 1909 in Kraft tritt, beauftragt.

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Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung über die Beschwerde des Jakob Haas-Jörin in Basel gegen zwei Beschlüsse des Bundesrates betreffend Handelsregister.

(Vom 10. August 1909.)

Tit.

Jakob Haas-Jörin in Basel hatte bei den basellandschaftlichen Handelsregisterbehörden das Begehren gestellt, der Direktor der basellandschaftlichen Hypothekenbank in Liestal, Dr. Heinrich Buser, habe seine im Handelsregister deponierte Unterschrift daselbst neu zu zeichnen, da seine jetzige Unterschrift mit der seinerzeit abgegebenen nicht mehr genau übereinstimme.

Sein Begehren wurde durch Beschluss des Regierungsrates des Kantons Basellandschaft vom 3. März 1909 als unbegründet abgewiesen.

Haas wandte sich deshalb mit Eingabe vom 8. März 1909 beschwerend an den Bundesrat. Er machte im wesentlichen geltend, dass die Unterschrift, welche Dr. Buser gegenwärtig im Geschäftsverkehr führe, sowohl in den Dimensionen als in der Linienführung des ersten Buchstabens von der im Handelsregister gezeichneten Unterschrift abweiche. Art. 653 des Obligationenrechtes, wie auch die Verkehrssicherheit verlangen, dass er seine gegenwärtige Unterschrift wiederum im Handelsregister zeichne.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Aenderung der Konzession der Bodensee-Toggenburgbahn und Ausdehnung derselben auf die Linie Ebnat-Nesslau. (Vom 13. August 1909.)

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1909

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18.08.1909

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