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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Aenderung der Konzession einer elektrischen Drahtseilbahn von Linthal nach Braunwald.

(Vom 15. März 1909.)

Tit.

Der Verwaltungsrat der Braunwaldbahngesellschaft teilte dorn Eisenbahndepartement unterm 7. Oktober 1908 mit, dass er sich durch die Erfahrungen im Betriebe veranlasst finde, genauere Bestimmungen über die Berechnung der Ladgebühren zu verlangen. In einer weitern Eingabe vom 25. November 1908 an das Eisenbahndepartement regte die Bahngesellschaft bezw.

deren Verwaltungsrat eine Änderung der Konzession an im Sinne der Aufnahme einer Bestimmung betreffend den Wagenladungsgüterverkehr, und führte kurz folgendes aus: Der Verwaltungsrat gebe ohne weiteres zu, dass die Bahn nach den Vorschriften der Konzession verpflichtet sei, das Aufund Abladen der Güter selbst zu übernehmen. Es habe sich aber ehemals nur um den Transport von kleinen Gütern (Postsachen, Gepäck und Lebensmittel) gehandelt. Die Bahn sei weder durch die Bestimmungen ihrer Konzession, noch durch ihren Tarif verpflichtet, Güter, die infolge ihrer Dimensionen

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nicht auf die Plattformen der Wagen gestellt werden können, zu befördern. Nun hätten sich die Verhältnisse seit der Erteilung der Konzession in ungeahnter Weise geändert. Statt einzelner Stückgüter seien allmählich ganze Wagenladungen von Bauholz, Ziegelsteinen, Eisenbalken ' etc. zum Transport aufgegeben worden, so dass die Bahn, um den Anwohnern entgegeny.ukommen, einen eigentlichen Güterbetrieb durch Anschaffung eioes Rollwagens eingerichtet und sogar die umständlichsten Güter befördert habe. Da die Verladung von gewissen Gütern, z. B. von langen und ausserordentlich schweren Baumaterialien, insbesondere aber das Abladen auf dem steilen Abhang der obern Station unter Umständen 5 bis 6 Mann erfordere, seien der Bahn Verwaltung bisher einzelne Bauleute freiwillig durch Mithülfe entgegengekommen, andere hätten aber jede Hülfe unter Hinweis auf den Tarif verweigert. Dadurch sei die Bahn in nicht geringe Verlegenheit gebracht worden; denn man könne ihr doch nicht zumuten, auf jeder Station ein spezielles Güterpersonal von 5 bis 6 Mann, das nur gelegentlich Verwendung fluden würde, für alle Eventualitäten bereit zu halten. In Anbetracht der veränderten Verhältnisse, stelle daher die Bahngesellschaft das Gesuch, es möchte die in Art. 20, Absatz 2, ihrer Konzession (E. A S.

XXI, 62) enthaltene ßestimmaag-betreffend den Auf- und Ablad der Gütersendungen geändert werden.

Zum Schlüsse erklärte noch der Verwaltungsrat, die Transporttaxe, die ohnehin für ganze Wagenladungen noch ermässigt sei, reiche nicht hin, für solche Güter die Selbstkosten zu decken.

Sollte die gewünschte Konzessionsänderung nicht gewährt werden, so müsste sich die Bahn in Zukunft strikte an ihre Konzession halten, den Rollwagenverkehr, zu dem sie nicht verpflichtet sei, einstellen und alle grossen Güter, die nicht auf den Plattformen Platz finden könnten, zurückweisen.

Zur Vernehmlassung über dieses Konzessionsänderungsgesuch «ingeladen, teilte der Regierungsrat des Kantons Glarus dem Eisenbahndepartement unterm 21. Januar 1909 mit, dass er gegen ·die nachgesuchte Änderung der Konzession keine Einwendungen erhebe, sofern gleichzeitig in die Konzession Bestimmungen im Sinne der Gewährung angemessener Taxreduktionen für die Anwohnersclial't aufgenommen würden. Die in den Tarifbestimmungen für die ßraunwaldbahn enthaltenen Begünstigungen . in Form von Abonnementen seien unzulänglich. Wenn auch die Voraussetzungen, unter welchen nach § 24 der Konzession eine ver-

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hältnismässige Reduktion der Maximaltaxen eintreten soll, zurzeit noch nicht vorhanden seien, so habe sich die finanzielle Lage der Bahn doch schon derart gestaltet, dass eine bessere Berücksichtigung der Anwohnerschaft hinsichtlich der Taxen am Platze scheine. Dieses Begehren entspreche auch der Tendenz, die von den eidgenössischen Räten einigemale schon gutgeheissen worden sei, wonach den Anwohnern die Benützung einer Bahnverbindungmöglichst erleichtert worden solle. Die vornehmste Zweckbestimmung neuer Bahnverbindungen sei, den Verkehr zwischen einzelnen Punkten des Landes zu erleichtern. Durch hohe Taxen werde diese Zweckbestimmung einer Bahn insbesondere für die Anwohnerschaft teilweise illusorisch gemacht.

Der Verwaltungsrat der Braunwaldbahn, dem das Eisenbahndepartement von dem Begehren der Regierung des Kantons Glarus Kenntnis gegeben hatte, sprach sich unterm 24. Februar gegen die Gewährung reduzierter Taxen zu gunsten der Anwohnorschaft aus, und begründete seine Stellungnahme folgendermassen : Von den Vertretern des Regierungsrates des Kantons Glarus sei schon anlässlich der Konzessionsverhandlungen vom 7. Dezember 1904 in Bern dasselbe Verlangen gestellt worden, ßundesrat und Bundesversammlung hätten sich aber gegen dieses Begehren ausgesprochen. Die Frage der Taxreduktion sei ferner hinreichend durch § 24 der Konzession geregelt, und die Bahnverwaltung gebe gerne die Zusicherung, dass unter den darin bestimmten Voraussetzungen die Taxreduktion in erster Linie den Anwohnern zugute kommen solle. Diese Voraussetzungen seien aber heute bei weitem noch nicht erreicht und nur durch äusserst sparsame Verwaltung gelinge es, eine bescheidene Verzinsung des angelegten Kapitals zu erzielen.

Die Bahngesellschaft betonte ferner, dass sie den Anwohnern stets soweit als möglich entgegengekommen sei. So habe sie letztes Jahr freiwillig die Familienabonnements in der Weise ausgedehnt, dass nun auch die ersten Verwandten und zwei Dienstboten des Abonnementsinhabers das Benutzungsrecht haben.

Wir halten den Standpunkt der Bahn ver waltung' für richtig. Es ist zu beachten, dass es sieh heute nicht um Erteilung einer n e u e n Konzession handelt, sondern nur um Abänderung einer bestehenden. Die von der Bahn gewünschte Aufhebung der Verpflichtung zum Verlad der Wagenladungsgüter und derjenigen Gegenstände, deren Verlad mit besondern Schwierigkeiten verbunden ist, liegt ebensowohl im Interesse des Publikums als Bundesblatt. 61. Jahrg. Bd. II.

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4'22 der Bahnverwaltung, denn letztere wird nur in dem Falle für Wagenladungsgüter eine billigere Taxe bewilligen können als für Stückgüter, wenn sie vom Verlad befreit ist. Es ist nun nicht wohl tunlich, neben der Begünstigung, welche für das Publikum in der Gewährung reduzierter Taxen für Wagenladungsgüter liegt, noch eine weitere Begünstigung für den Personenverkehr zu verlangen, für welchen die Bahn bereits billige und kleine Abonnemente zur Verfügung gestellt hat. Die Taxen der LinthalBraunwald-Bahn können übrigens nicht als sehr hohe bezeichnet werden. Sie stellen sich für die ganze Linie in III. Klasse wie folgt: Bergfahrt

Talfahrt

Gewöhnliche Billette . . . Fr. 2.-- Fr. 1.50 An r ' Auffahrt, Pfingsten und lokalen Festtagen . . .

-- -- Unter Benützung von Abonnements mit 75 Coupons zu Fr. 30 ,, 1.20 ,, 0.80 Unter Benützung von Abonnements mit 250 Coupons zu Fr. 70 ,, 0 . 8 4 ,, 0.56

Hin- und RUckfahrt

Fr. 2.80 n

2. --

,, 2.--

,, 1.40

Die Abonnements sind auch gültig für die Familienangehörigen des Besitzers. Kinder im Alter von 4--12 Jahren bezahlen halbe Taxe ; bei Abonnements wird für sie die Hälfte der Felder coupiert. Letztere Begünstigung wird auch den Sekundarschülern zugestanden.

Wir sind aus den vorstehenden Gründen der Ansicht, dass dem Gesuch der Bahngesellschaft ohne weiteres entsprochen und die Frage der Einführung des Güterverkehrs in Wagenladungen nicht von der Gewährung weiterer Ermässigungen der Personentaxen für die Anwohner abhängig gemacht werden sollte.

Es ist allerdings etwas Aussergewöbnliches, bei einer Seilbahn Wagenladungsgüterverkehr zu finden. Hätte ein Bedürfnis für einen solchen anlässlich der Konzessionserteilung vorausgesehen werden können, so wäre ohne Zweifel die diesbezügliche Vorschrift, deren Einschaltung jetzt vorgeschlagen wird, damals schon ohne Anstand in die Konzession aufgenommen worden.

Der nachstehende Beschlussesentwurf, der dem Gesuche der Braunwaldbahn Rechnung trägt, gibt uns zu weiteren Bemer-

423 kungen nicht Anlass. Wir empfehlen Ihnen denselben zur Annahme, und benützen auch diesen Anlass, Sie, Tit., unserer ausgezeichneten Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 15. März 1909.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Dencher.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

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(Entwurf.)

ßun desb escili iiss betreffend

Aenderung der Konzession einer elektrischen Drahtseilbahn von Linthal nach Braunwald.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1. zweier Eingaben des Verwaltungsrates der Braunwaldbahngesellschaft, vom 7. Oktober bezw. 25. November 1908; 2. einer Botschaft des Bundesrates vom 15. März 1909, b eschliesst: I. Der zweite Absatz des Artikels 20 der durch Bundesbeschluss vom 31. März 1905 (E. A. 8. XXI, 62) erteilten Konzession einer elektrischen Drahtseilbahn von Linthal nach Braunwald erhält folgende Fassung: ,,Das Auf- und Abladen der Waren ist Sache der Gesellschaft und es darf eine besondere Taxe dafür in der Regel nicht erhoben werden. Ausnahmen hiervon sind nur mit Zustimmung des Bundesrates für Güter, welche in Wagenladungen zu ermässigten Taxen befördert werden, sowie für Gegenstände zulässig, deren Verlad mit besondern Schwierigkeiten verbunden ist."

II. Der Bundesrat ist mit der Vollziehung dieses Beschlusses, welcher am 15. April 1909 in Kraft tritt, beauftragt.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Aenderung der Konzession einer elektrischen Drahtseilbahn von Linthal nach Braunwald. (Vom 15. März 1909.)

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24.03.1909

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