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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Kon-zession einer elektrischen Drahtseilbahn von Chur auf den Mittenberg.

(Vom 16. November 1909.)

Tit.

Für eine elektrische Drahtseilbahn von C h u r auf dea.

M i t t e n b e r g sind sukzessive zwei Konzessionsgesuche eingereicht worden, das erste unterm 23. Juli 1908 von den Herren S t r u b , P e t e r und W i l d b e r g e r in Zürich und Chur und das zweite unterm 31. August 1908 von einem aus den Herren Lorenz H u n g e r , C. W o l f , Gr. B r a u n , Kilian H i t z , sämtlich in Chur, und Ing. F. D ü r r er in Luzern bestehenden Initiativkomitee. Da auf Grund einer Verständigung zwischen den beiden Gruppen der Konzessionsbewerber das erste Konzessionsbegehren nachträglich zurückgezogen wurde, gestatten wir uns,, von einer nähern Beschreibung des Projektes der Herren Strub, Peter und Wildberger Umgang zu nehmen und auf das Konzessionsgesuch selbst, das bei den Akten liegt, zu verweisen.

In dem, seinem Konzessionsbegehren beigegebenen allgemeinen Bericht geht das Initiativkomitee, welches das zweite Projekt einer Drahtseilbahn von Chur auf den Mittenberg eingereicht hat, davon aus, dass man vom Mittenberg, einer schönen Bergterrasse östlich von Chur, eine grossartige Rundsicht auf das · Rhein- und Schanfiggtal gemesse. .Man gelange aber nur durch steile Fusswege auf dieses Hochplateau. Da der Bau eines

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grösseren Hotels auf dem Mittenberg vorgesehen sei und man?

annehmen müsse, dassb ald Privatvillen und Chalets erstellt würden, müsse auch für eine bessere Verbindung mittelst einer Drahtseilbahn gesorgt werden. Auch der Stadt Chur werde dieseBahn nicht zu unterschätzende Vorteile bringen, da sie den Fremden einen schönen Aussichtspunkt leicht zugänglich mache.

Dem technischen Bericht entnehmen wir folgende Angaben : Länge der Bahn: 900 m horizontal gemessen, 1028 m schief gemessen.

Spurweite : l m.

Höhenkoten : Untere Station 596 in, Obere Station 1093,4o m..

Minimalradius: 300m.

Betriebsysstem : Elektrizität. Kraftbezug vom Elektrizitätswerk Chur.

Die Bahn soll nebst der Beförderung von Personen auch den Transport von Gütern übernehmen.

Der Kostenvoranschlag setzt sich aus folgenden Posten zusammen : Projektstudien, Kapitalbeschaffung, Bauzinsen und Bauleitung Fr. 50,000 Grunderwerb ,, 5,000Unterbau ,, 160,000Oberbau und Kabel ,, 34,000 Hochbau ,, 30,000 Rollmaterial ,, 25,000 Antriebstation und elektrische Einrichtungen . . ,, 37,000 Mobiliar und Gerätschaften ,, 2,000 Unvorhergesehenes ,, 27,000 Total Fr. 370,000> oder Fr. 360,000 per Kilometer schiefer Länge.

In seiner Vernehmlassung vom 6. Oktober 1908 befürwortete^ der Kleine Rat des Kantons Graubünden die Erteilung der nachgesuchten Konzession.

In den konferenziellen Verhandlungen, welche arn 11. Oktober 1909 in Bern stattfanden, wurde dem vom Eisenbahndepartement vorgelegten Konzessionsentwurf zugestimmt. Ein von den Vertretern der Konzessionsbewerber gestellter Antrag betreffend Erhöhung der Taxen für den Personentransport wurde nachträglich mit Zuschrift des Initiativkomitees vom 20. Oktober 1909 zurückgezogen.

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Indem wir Ihnen den nachstehenden Beschlussesentwurf zur Annahme empfehlen, benützen wir auch diesen Anlass, Sie, Tit., unserer ausgezeichneten Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 16. November 1909.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Deucher.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

705 (Entwurf.)

Bundesbeschluss betreffend

Konzession einer elektrischen Drahtseilbahn von Chur auf den Mittenberg.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1. einer Eingabe eines Initiativkomitees vom 31. August 1908; 2. einer Botschaft des Bundesrates vom 16. November 1909, beschliesst: Einem aus den Herren Lorenz H u n g e r , C. W o l f , Gottfried B r a u n , Architekt, Kilian Hi t z, Agent, sämtlich in Ghur, und Ingenieur F. D u r r e r in Luzern bestehenden Initiativkomitee wird zu handen einer zu bildenden Aktiengesellschaft die Konzession für den Bau und den Betrieb einer e l e k t r i s c h e n D r a h t s e i l * b a h n von C h u r auf den M i t t e n b e r g unter den in den nachfolgenden Artikeln enthaltenen Bedingungen erteilt.

Art. 1. Es sollen die jeweiligen Bundesgesetze, sowie alle übrigen Vorschriften der Bundesbehörden über den Bau und Betrieb der schweizerischen Eisenbahnen jederzeit genaue Beachtung finden.

Art. 2. Die Bahn wird als Nebenbahn im Sinne des Bundesgesetzes vom 21. Dezember 1899 erklärt.

Art. 3. Die Konzession wird auf die Dauer von 80 Jahren, vom Inkrafttreten des gegenwärtigen Beschlusses an gerechnet, ·erteilt.

Bundesblatt. 61. Jahrg. Bd. V.

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Art. 4.

Der Sitz der Gesellschaft ist in Chur.

Art. 5. Die Mehrheit der Direktion und des Verwaltungsrates oder weitern Ausschusses soll aus Schweizerbürgern, welche ihren Wohnsitz in der Schweiz haben, bestehen.

Art. 6. Binnen einer Frist von 24 Monaten, vom Inkrafttreten des gegenwärtigen Beschlusses an gerechnet, sind demBundesrat die vorschriftsmässigen technischen und finanziellen Vorlagen nebst den Statuten der Gesellschaft zur Genehmigung einzureichen.

Innert 6 Monaten nach der Plangenehmigung ist mit den Erdarbeiten für die Erstellung der Bahn zu beginnen.

Binnen 2 Jahren, vom Beginn der Erdarbeiten an gerechnet,, ist die ganze konzessionierte Linie zu vollenden und dem Betrieber zu übergeben.

Art. 7. Die Ausführung des Bahnbaues, sowie der zum Betrieb der Bahn erforderlichen Einrichtungen darf nur geschehen auf Grund von Ausführungsplänen, welche vorher dem Bundesrat vorgelegt und von diesem genehmigt worden sind. Der Bundesrat ist berechtigt, auch nach Genehmigung der Pläne eine Abänderung derselben zu verlangen, wenn eine solche durch die Fürsorge für die Sicherheit des Betriebes geboten ist.

Art. 8. Die Bahn wird mit Spurweite von l Meter und eingeleisig erstellt und mittelst Elektrizität betrieben.

Art. 9. Gegenstände von wissenschaftlichem Interesse, welche?

durch die Bauarbeiten zu Tage gefördert werden, wie Versteinerungen, Münzen, Medaillen u. s. w., sind Eigentum des KantonsGraubünden und an dessen Regierung unentgeltlich abzuliefern..

Art. 10. Den. eidgenössischen Beamten, welchen die Überwachung der Bahn hinsichtlich der Bauten oder des Betriebesobliegt, hat die Bahnverwaltung behufs Erfüllung ihrer Aufgabezu jeder Zeit Einsicht von allen Teilen der Bahn, der Stationen, und des Materials zu gestatten, sowie das zur Untersuchung nötige Personal und Material zur Verfügung zu stellen.

Art. 11. Der Bundesrat kann verlangen, dass Beamte oder Angestellte der Gesellschaft, welche in der Ausübung ihrer Funktionen zu begründeten Klagen Anlass geben und. gegen welche die Gesellschaft nicht von sieh aus einschreitet, zur Ordnung gewiesen,, bestraft oder nötigenfalls entlassen werden.



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Ebenso hat er das Recht, zu verlangen, dass Mitglieder der Verwaltung, welchen vorübergehend oder dauernd Funktionen eines Beamten oder Angestellten übertragen sind und die in der Ausübung derselben Anlass zu begründeten Klagen geben, dieser Funktionen enthoben werden.

Art. 12. Die Gesellschaft hat sich dem Transportreglement der schweizerischen Eisenbahn- und Dampfschiffunternehmungen zu unterziehen. Soweit sie Änderungen nötig findet, können solche erst eingeführt werden, nachdem sie vom Bundesrat genehmigt worden sind.

Art. 13. Die Gesellschaft übernimmt die Beförderung von Personen, Gepäck und Gütern. Zur Beförderung von lebenden Tieren ist sie nicht verpflichtet.

Art. 14. Die Beförderung von Personen soll täglich mindestens sechsmal nach beiden Richtungen erfolgen.

Die Fahrgeschwindigkeit wird vom Bundesrate festgesetzt.

Die Fahrpläne unterliegen der Genehmigung des Bundesrates.

Art. 15. Die Gesellschaft wird zur Personenbeförderung Wagen mit zwei Klassen aufstellen, deren Typus vom Bundesrat genehmigt werden muss.

Art. 16. Für die Beförderung von Personen können Taxen bis auf den Betrag folgender Ansätze bezogen werden: Bergfahrt Fr.

Talfahrt Fr.

Berg- u. Talfahrt Fr.

I I . Klasse . . .

2.-- 1.40 2.80 IH. Klasse . . .

1. 30 --. 90 1.80 Kinder unter vier Jahren sind gratis zu befördern, sofern für solche kein besonderer Sitzplatz beansprucht wird.

Für Kinder zwischen dem vierten und dem zurückgelegten zwölften Altersjahre ist in beiden Wagenklassen die Hälfte der Taxe zu zahlen.

Die Gesellschaft ist verpflichtet, zu Bedingungen, welche im Einvernehmen mit dem Bundesrat aufzustellen sind, Abonnementsbillette zu reduzierter Taxe auszugeben.

Art. 17. Jeder Reisende ist berechtigt, 10 Kilogramm Reisegepäck taxfrei zu befördern, sofern es ohne Belästigung der Mitreisenden im Personenwagen untergebracht werden kann.

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Für anderes Reisegepäck kann eine Taxe von höchstens Fr. l per 100 Kilogramm für die Berg- oder die Talfahrt bezogen werden.

Art. 18. Für die Beförderung von Gütern können per 100 Kilogramm höchstens 80 Rappen für die Berg- oder die Talfahrt bezogen werden.

Art. 19. Für Gepäck- und Gütersendungen kann eine Minimaltaxe erhoben werden, die aber den Betrag von 40 Rappen für eine einzelne Sendung nicht übersehreiten darf.

Art. 20. Die vorstehenden Taxbestimmungen beschlagen bloss den Transport von Station zu Station. Die Waren sind von den Aufgebern an die Stationsverladplätze aufzuliefern und vom Adressaten auf der Bestimmungstation abzuholen.

Das Auf- und Abladen der Waren ist Sache der Gesellschaft, und es darf eine besondere Taxe dafür in der Regel nicht erhoben werden.

Art. 21. Das Gewicht wird bei Gütersendungen bis auf 20 kg für volle 20 kg gerechnet und bei Gepäcksendungen bis auf 10 kg für volle 10 kg; das Mehrgewicht wird nach Einheiten von je 10 kg berechnet, wobei jeder Bruchteil von 10 kg für eine ganze Einheit gilt.

Wenn die genaue Ziffer der so berechneten Taxe nicht ohne Rest durch 5 teilbar ist, so wird sie auf die nächsthöhere durch '5 teilbare Zahl aufgerundet, sofern der Rest mindestens einen Rappen beträgt.

Art. 22. Für die Einzelheiten des Transportdienstes sind Réglemente und Tarife aufzustellen.

Art. 23. Sämtliche Réglemente und Tarife sind mindestens drei Monate, ehe die Eisenbahn dem Verkehr übergeben wird, dem Bundesrat zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 24. Wenn die Bahnunternehuiung drei Jahre nacheinander einen sechs Prozent übersteigenden Reinertrag abwirft, so äst das nach gegenwärtiger Konzession zulässige Maximum der Transporttaxen verhältnismässig herabzusetzen. Kann hierüber eine Verständigung zwischen dem Bundesrat und der Gesellschaft nicht erzielt werden, so entscheidet die Bundesversammlung.

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Reicht der Ertrag des Unternehmens nicht hin, die Betriebskosten, einschliesslich die Verzinsung des Obligationenkapitals, zu decken, so kann der Bundesrat eine angemessene Erhöhung obiger Tarifansätze gestatten. Solche Beschlüsse sind jedoch der Bundesversammlung zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 25. Die Gesellschaft ist verpflichtet, für Äufnung genügender Erneuerungs- und Reservefonds zu sorgen und für das Personal eine Kranken- und Unterstützungskasse einzurichten oder dasselbe bei einer Anstalt zu versichern. Die hierüber aufzustellenden besondern Vorschriften unterliegen der Genehmigung des ßundesrates.

Ferner sind die Reisenden und das Personal bei einer Anstalt bezüglich derjenigen Verpflichtungen -zu versichern, welche aus dem Haftpflichtgesetz vom 28. März 1905 mit Bezug auf Unfälle beim Bau, beim Betrieb und bei Hülfsgeschäften sich ergeben.

Art. 26. Für die Ausübung des Rückkaufsrechtes des Bundes oder, wenn er davon keinen Gebrauch machen sollte, des Kantons Grauhünden gelten folgende Bestimmungen : a. Der Rückkauf kann frühestens 30 Jahre nach Eröffnung des Betriebes und von da an 'je auf 1. Januar eines Jahres erfolgen. Vom Entschluss des Rückkaufes ist der Gesellschaft drei Jahre vor dem Eintritte desselben Kenntnis zu b. Durch den Rückkauf wird der Rückkäufer Eigentümer der Bahn mit ihrem Betriebsrrmterial und allen übrigen Zugehören. Immerhin bleiben die Drittmannsrechte hinsichtlich des Pensions- und Unterstützungsfonds vorbehalten. Zu welchem Zeitpunkte auch der Rückkauf erfolgen mag, ist die Bahn samt Zugehör in vollkommen befriedigendem Zustande abzutreten. Sollte dieser Verpflichtung kein Genüge getan werden, und sollte auch die Verwendung der Erneuerungs- und Reservefonds dazu nicht ausreichen, so ist ein verhältnismässiger Betrag von der Rückkaufssumme in Abzug zu bringen.

c. Die Entschädigung für den Rückkauf beträgt, sofern letzterer bis 1. Januar 1950 rechtskräftig wird, den 25fachen Wert des durchschnittlichen Reinertrages derjenigen zehn Kalenderjahre, die dem Zeitpunkte, in welchem der Ruckkauf der Gesellschaft notifiziert wird, unmittelbar vorangehen; -- sofern der Ruckkauf zwischen dem 1. Januar 1950 und 1. Januar 1965 erfolgt, den 22V2fachen Wert; -r- wenn der

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Rückkauf zwischen dem 1. Januar 1965 und dem Ablauf der Konzession sich vollzieht, den 20faehen Wert des oben beschriebenen Reinertrages; -- unter Abzug der Erneuerungsuud Reservefonds.

Bei Ermittlung des Reinertrages darf lediglich die durch diesen Akt konzessionierte Eisenbahnunternehmung mit Ausschluss aller anderen etwa damit verbundenen Geschäftszweige in Betracht und Berechnung gezogen werden.

d. Der Reinertrag wird gebildet aus dem gesamten Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben, zu welch letztern auch diejenigen Summen zu rechnen sind, welche auf Abschreibungsrechnung getragen oder einem Reservefonds einverleibt wurden.

e. im Falle des Rückkaufes im Zeitpunkte des Ablaufs der Konzession ist nach der Wahl des R'ückkäufers entweder der Betrag der erstmaligen Anlagekosten für den Bau und Betrieb oder eine durch bundesgerichtliche Abschätzung zu bestimmende Summe als Entschädigung zu bezahlen.

/. Streitigkeiten, die über den Rückkauf und damit zusammenhängende Fragen entstehen, unterliegen der Entscheidung des Bundesgerichtes.

Art. 27. Hat der o Kanton Graubünden den Rückkauf der Bahn bewerkstelligt, so ist der Bund nichtsdestoweniger befugt, sein Rückkaufsrecht, wie es im Art. 26 definiert worden, jederzeit auszuüben, und der Kanton hat unter den gleichen Rechten und Pflichten die Bahn dem Bunde abzutreten, wie letzterer dies von der konzessionierten Gesellschaft zu fordern berechtigt gewesen wäre.

Art. 28. Der Bundesrat ist mit dem Vollzuge der Vorschriften dieses Beschlusses, welcher am 1. Januar 1910 in Kraft tritt, beauftragt.

-rs-O-sä-

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Konzession einer elektrischen Drahtseilbahn von Chur auf den Mittenberg. (Vom 16. November 1909.)

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1909

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24.11.1909

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