14.057 Informatikprojekt INSIEME der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) Bericht der Finanz- und der Geschäftsprüfungskommissionen der eidgenössischen Räte vom 21. November 2014

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Übersicht Ausgangslage Im Jahr 2001 lancierte die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) das Informatikprojekt INSIEME mit dem Ziel, ein alle Steuerarten übergreifendes IT-Gesamtsystem zu schaffen und damit die veralteten Informatiksysteme der ESTV abzulösen.

Im September 2012 entschied die Vorsteherin des Eidgenössischen Finanzdepartements (EFD), das Vorhaben abzubrechen. Das Departement beurteilte die Weiterführung von INSIEME als zu risikoreich: Die bis dahin angefallenen Kosten standen in einem deutlichen Missverhältnis zum Projektfortschritt. Bei einer Fertigstellung des Projekts hätte nur ein kleiner Teil des ursprünglich geplanten Leistungsumfangs realisiert werden können. Ausserdem hätte das fertige Produkt unverhältnismässig hohe Wartungskosten nach sich gezogen und sich allenfalls als nicht wartungsfähig erwiesen. INSIEME verursachte während der zwölfjährigen Projektlaufzeit Ausgaben von 115,9 Millionen Franken.1 Unzulänglichkeiten im Projekt INSIEME zeichneten sich bereits früh ab: In den Jahren 2005 und 2006 beanstandete die Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK) verschiedene Mängel. 2006 erhielt die Unisys (Schweiz) AG im Rahmen einer WTOAusschreibung den Zuschlag für die Realisierung des Projekts. Im Frühjahr 2007 ­ noch während der Vertragsverhandlungen und ersten Realisierungsarbeiten ­ zeigte ein Auditbericht einer externen Beratungsfirma, dass INSIEME ohne wesentliche Änderungen den geplanten Zeit- und Finanzmittelbedarf deutlich übersteigen würde.

Im August 2007 widerrief die ESTV den Zuschlag an Unisys. INSIEME wurde sistiert und im September 2007 neu lanciert.2 Die Schwierigkeiten im Projekt nahmen nach dem Relaunch von INSIEME mit dem Bundesamt für Informatik und Telekommunikation (BIT) als neuem Realisierungspartner nicht ab: Prüf- und Audit-Berichte der EFK, des Finanzinspektorats der ESTV (FISP ESTV) und von externen Beratungsfirmen zeigten zwischen 2008 und 2011 unter anderem bedeutende Probleme bei der Projektorganisation, beim Projektmanagement und beim Beschaffungswesen auf. Nach einer Verschlechterung der Kosten- und Terminsituation wurde der Gesamtprojektleiter (GPL, 2007­2011) im Februar 2011 abgesetzt. Neue negative Prüfungsbefunde der EFK veranlassten das EFD Anfang 2012, eine Administrativuntersuchung zu den Beschaffungsprozessen im Projekt INSIEME einzuleiten.3
Gestützt auf deren Ergebnisse erstattete das EFD im Mai 2012 Strafanzeige bei der Bundesanwaltschaft (BA). Diese eröffnete in der Folge eine Untersuchung gegen den Leiter der Leistungsbezügerorganisation (LBO) der ESTV und unbekannte Täterschaft wegen Verdachts auf Korruption und ungetreue Amtsführung. Das Strafverfahren war bis zur Publikation des vorliegenden Berichts noch nicht abgeschlossen. Es gilt die Unschuldsvermutung. Ferner wurde der Direktor der ESTV 1 2 3

Kapitel 1.1.

Kapitel 2.1.

Kapitel 2.2.

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(2000­2012) freigestellt. Nach einer Situationsanalyse durch das EFD entschied dessen Vorsteherin (seit 2010) im September 2012, das Projekt abzubrechen. Ihren Entscheid teilte sie am 19. September 2012 der Finanzdelegation (FinDel) mit und das EFD orientierte tags darauf die Öffentlichkeit.4 Im Frühjahr 2013 nahm die ESTV mit dem Programm FISCAL-IT das Nachfolgeprojekt von INSIEME in Angriff. Das Parlament sprach dafür in der Wintersession 2013 einen Verpflichtungskredit von 85,2 Millionen Franken.

Untersuchung der Finanz- und Geschäftsprüfungskommissionen Im Dezember 2012 beschlossen die Finanzkommissionen (FK) und Geschäftsprüfungskommissionen (GPK) des National- und des Ständerats, INSIEME gründlich aufzuarbeiten, um Lehren für künftige Informatikprojekte zu ziehen. Dazu setzten sie die Arbeitsgruppe INSIEME (AGI) ein, in welche sie Mitglieder aus allen vier Kommissionen wählten, und gaben dieser einen Untersuchungsauftrag.5 Mit ihrer Untersuchung bezweckten die FK und GPK, ­

Transparenz über die Projektführung und die Aufsicht durch die vorgesetzten Stellen über alle Hierarchiestufen bis zum Gesamtbundesrat zu schaffen;

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die Verantwortlichkeiten der involvierten Bundesstellen sowie der externen Leistungserbringer festzustellen und zu beurteilen;

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die Funktion und Rolle der EFK als oberstes Finanzaufsichtsorgan sowie der parlamentarischen Oberaufsichtsorgane im Projekt INSIEME zu klären.

Gegenstand der Untersuchung waren das Projektmanagement von INSIEME, die Aufsicht und Führung in der Linie, die Verantwortung des Bundesrats, die Aufsicht durch die EFK sowie die Rolle der parlamentarischen Oberaufsicht.6 Nicht untersucht wurden hingegen die bereits verschiedentlich aufgearbeiteten Geschehnisse rund um die Beschaffungen im Projekt INSIEME sowie der Abbruchentscheid der Vorsteherin des EFD (seit 2010) vom September 2012.7 Die Aufarbeitung von INSIEME fand unter erschwerten Bedingungen statt. Der Bundesrat musste den FK und GPK bereits im Vorfeld der Untersuchung erhebliche Mängel in Bezug auf die Dokumentation bekannt geben; so waren diverse Unterlagen nicht bzw. nicht mehr vorhanden oder konnten aufgrund ungeordneter umfangreicher Dokumentenbestände nicht in angemessener Form bereitgestellt werden.

Angesichts der desolaten Dokumentenlage entschieden die FK und GPK im Mai 2013, von einer umfassenden Auswertung des lückenhaften Dokumentenbestands abzusehen und sich stattdessen auf Anhörungen von Schlüsselpersonen sowie auf gezielt eingeforderte Dokumente zu stützen. Die vorgefundenen Mängel bei der Aktenführung in der ESTV und im BIT veranlassten die FK und GPK zu einer Emp-

4 5 6 7

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Kapitel 1.3.2 und 1.3.4.

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fehlung an den Bundesrat im Bereich der Aktenführung und Archivierung (vgl.

Empfehlung 1).8 Weiter entschieden sich die FK und GPK für eine geteilte Aufarbeitung von INSIEME durch den Bundesrat und die AGI. Sie beauftragten den Bundesrat mit einer Berichterstattung zu den Systemanforderungen (organisatorische Aspekte), zum Beizug externer Experten, zur Flexibilisierung des Beschaffungsverfahrens und Förderung der Beschaffungskompetenz sowie zur Projektführung und Aufsicht unterhalb der Direktionsstufe. Demgegenüber befasste sich die AGI mit den Systemanforderungen (fachliche und technische Aspekte), der Aufsicht ab Direktionsstufe, der Verantwortung des Bundesrats, der Aufsicht durch die EFK sowie mit der parlamentarischen Oberaufsicht.9 Die Mitarbeit des Bundesrats bei der Aufarbeitung von INSIEME beurteilen die FK und GPK kritisch: In einem ersten Bericht des Bundesrats vom Februar 2013 übernahm er teils widersprüchliche Sachverhaltsdarstellungen und Wertungen von projektinvolvierten Verwaltungseinheiten, ohne sich dabei selber zu positionieren; auch war der Bericht zu wenig breit abgestützt. Die weiteren Berichte des Bundesrats vom November 2013 und Januar 2014, die er zu einzelnen Untersuchungsfragen vorlegte, waren lückenhaft. Zudem erwies sich die Weitergabe von gezielt eingeforderten Dokumenten durch den Bundesrat an die AGI als unvollständig. So muss im vorliegenden Bericht der FK und GPK an diversen Stellen auf ausstehend gebliebene Informationen und Beurteilungen des Bundesrats hingewiesen werden.10 Zwischen Mai 2013 und März 2014 führte die AGI im Rahmen von zehn Sitzungen 29 Anhörungen mit folgenden Personen durch: mit den während der Projektlaufzeit von INSIEME amtierenden Vorstehenden des EFD sowie mit ehemaligen und aktuellen Vertreterinnen und Vertretern des Generalsekretariats des EFD (GS EFD), der ESTV, des BIT, des Bundesamts für Bauten und Logistik (BBL), des Informatikrats des Bundes (IRB), des Informatiksteuerungsorgans des Bundes (ISB) und der EFK.

Zudem wurden die Präsidenten der FinDel der Jahre 2003, 2004, 2007, 2010, 2011 und 2013 angehört. Die AGI richtete ausserdem schriftliche Fragen an die Eidgenössische Finanzverwaltung (EFV) und nahm Einsicht in rund 750 Dokumente.11 Nachfolgend werden die wichtigsten Resultate der Untersuchung der FK und GPK zusammengefasst. Diese
Übersicht kann die Lektüre des Berichts jedoch nicht ersetzen. Der Bericht enthält umfangreiche Sachverhaltsdarstellungen, welche die Schlussfolgerungen der FK und GPK nachvollziehbar machen.

Projekt INSIEME ­

Rahmenbedingungen

Das Projekt INSIEME startete inmitten des Programms für die Reorganisation der Bundesinformatik (NOVE-IT, 1998­2003). Gemäss Bundesrat wurden damit im Jahr 2000 die meisten Informatikmitarbeitenden der ESTV gemeinsam mit der IKT8 9 10 11

Kapitel 1.4.1 sowie Anhang 3 (Liste der Empfehlungen und Vorstösse).

Kapitel 1.4.2.

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Infrastruktur der ESTV ins BIT transferiert. Die Reorganisation ging nicht spurlos an INSIEME vorbei, mussten doch die neu geschaffenen Rollen des Leistungsbezügers und Leistungserbringers mit den damit verbundenen Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortungen erst umgesetzt werden. Dabei gab es nicht primär technische, sondern vor allem zwischenmenschliche Probleme, welche die Zusammenarbeit zwischen der ESTV und dem BIT erschwerten. Nach Ansicht der Oberaufsichtskommissionen unterschätzte der Bundesrat bei seiner Beschlussfassung zu NOVE-IT die Konsequenzen des Transfers der IKT-Mitarbeitenden und deren Know-how aus den Leistungsbezügerorganisationen ins BIT.12 Ferner stellten die FK und GPK fest, dass INSIEME zwischen 2009 und 2010 als Folge der gleichzeitig durchgeführten Mehrwertsteuer-Reform in Schieflage geriet.13 Die Probleme im Zusammenhang mit dem Milleniumswechsel hingegen wurden rechtzeitig angegangen und gelöst.14 ­

Projektmanagement gespiegelt an der Methodik von HERMES

Die Vorgaben für die Projektführung und Systementwicklung in der Bundesverwaltung werden seit 1995 in Form einer technischen Weisung erlassen. Die entsprechende Projektführungsmethode HERMES war für die gesamte Projektlaufzeit von INSIEME verbindlich.15 Aus den Berichten des Bundesrats geht hervor, dass für die Zeitperiode 2001­2007 keine aufschlussreichen Dokumente vorlagen, die eine Beurteilung der Projektführung ermöglicht hätten. Für die Zeitperiode 2008­Herbst 2011 ist nach Beurteilung des Bundesrats eine Vorgehensweise nach HERMES nicht oder nur ansatzweise erkennbar. HERMES wurde erst konsequent angewandt, nachdem im Herbst 2011 ein neuer GPL die Leitung des Projekts übernommen hatte.

Die FK und GPK fordern den Bundesrat auf, unverzüglich dafür zu sorgen, dass IKT-Projekte der Bundesverwaltung zwingend nach der Projektführungsmethode HERMES abgewickelt werden. Die vom Bundesrat eingeleiteten Massnahmen für künftige IKT-Projekte (Umsetzung der revidierten Bundesinformatikverordnung sowie der IKT-Strategie des Bundes 2012­2015, Überarbeitung von HERMES und Etablierung eines Projektleiterpools)16 sind aus Sicht der FK und GPK richtig und dringend erforderlich. Der Bundesrat wird zudem beauftragt, eine Evaluation von HERMES (vgl. Postulat 1)17 sowie Vorgaben für Projektassessments und -evaluationen (vgl. Postulat 2)18 zu prüfen.

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Systemanforderungen

In Bezug auf die organisatorischen Aspekte der Systemanforderungen kam der Bundesrat zum Schluss, dass die im Rahmen von INSIEME definierten Prozesse nicht HERMES entsprachen. Weiter hielt er fest, dass ein kohärentes, über das

12 13 14 15 16 17 18

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Kapitel 3.2.4.3.

Kapitel 3.2.4.2.

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Kapitel 3.3.2.8.

Kapitel 3.3.3.

Kapitel 3.3.3.

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ganze Projekt gelegtes, koordiniertes und fachgerecht geführtes Anforderungs- und Änderungsmanagement nicht dokumentiert sei.19 Die von den FK und GPK selbst geführte Untersuchung über die fachlichen und technischen Systemanforderungen bzw. die System- und Projektkonzeptionen ergab ein identisches Bild. Der Bundesrat wurde ersucht, den FK und GPK entsprechende Schlüsseldokumente (Pflichtenhefte, Projekt- und Betriebshandbücher, Änderungsund Risikomanagementmassnahmen sowie Berichte zur Projektschlussbeurteilung) für jedes Teilprojekt von INSIEME auszuhändigen. Die Oberaufsichtskommissionen beabsichtigten, die Leistungen, welche die ESTV ursprünglich anforderte bzw.

während der Umsetzung änderte, bei jedem einzelnen Teilprojekt mit den jeweiligen Ergebnissen zu vergleichen. Die zur Verfügung gestellten Unterlagen entsprachen jedoch mehrheitlich nicht den Forderungen der FK und GPK oder lagen nur als Entwurf vor: Von den insgesamt 21 analysierten Projekten waren lediglich zwei vollständig dokumentiert. Die Oberaufsichtskommissionen erachten dies als inakzeptabel. Während der ersten Hälfte der Projektlaufzeit fehlten zudem verlässliche und aussagekräftige Unterlagen. Dies verstösst gegen die Aufbewahrungsvorschriften für Bundesakten (vgl. Empfehlung 1)20 und verunmöglichte der parlamentarischen Oberaufsicht eine inhaltliche Beurteilung der Teilprojekte von INSIEME.

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Rolle des internen Leistungserbringers (BIT)

Laut Organisationsverordnung des EFD hatte das BIT als interner IKT-Leistungserbringer die Leistungsbezüger des EFD gemäss ihren Bedürfnissen bzw. Anforderungen mit Informatik- und Telekommunikationsdienstleistungen zu versorgen. Die NOVE-IT-Konzeption sah vor, dass der interne Leistungserbringer Lösungen entwickelt, die IKT-Infrastruktur bereitstellt und betreibt sowie die Benutzerunterstützung sicherstellt.

In der Beurteilung des Bundesrats war die Koordination und Zusammenarbeit zwischen der ESTV und dem BIT problematisch. Die Rolle des internen IKTLeistungserbringers BIT in Bezug auf INSIEME war während der gesamten Projektdauer unklar. Die Verantwortlichkeiten waren ungenügend geregelt und die Zusammenarbeit wurde durch persönliche Animositäten und unterschiedliche Auffassungen zu Lösungsansätzen erschwert.21 Die Misstrauenskultur zwischen der ESTV und dem BIT gründete aus Sicht der FK und GPK auch in der nicht konsequenten Umsetzung von NOVE-IT, in den Schwierigkeiten im Zusammenhang mit dem Projekt «Migration BS2000» und in den Betriebsstörungen der bestehenden Informatiksysteme. Die FK und GPK stellten fest, dass die Rolle des BIT von den angehörten Personen unterschiedlich interpretiert wurde bzw. wird. Deshalb fordern sie den Bundesrat auf, die Aufgabenteilung zwischen Leistungsbezüger und Leistungserbringer klar und einheitlich zu definieren und durchzusetzen (vgl. Empfehlung 2).22

19 20 21 22

Kapitel 3.4.2 und 3.4.3.

Kapitel 1.4.1.

Kapitel 3.5.4.1.

Kapitel 3.5.4.2.

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Rolle der externen Leistungserbringer (externe Experten)

Die Rolle der externen IKT-Leistungserbringer konnte der Bundesrat mangels Dokumentation erst ab 2008 beurteilen. Laut seinen Aussagen verfügte die ESTV für INSIEME nicht über die erforderlichen personellen Ressourcen, da sich die Mehrheit der internen Mitarbeitenden um den Erhalt und Support der bestehenden IKTLandschaft kümmerte. Für die Umsetzung von INSIEME benötigte die ESTV deshalb weitreichende Kapazitäten von externen Experten.23 Die FK und GPK untersuchten die vom Bundesrat zur Verfügung gestellten Informatikdienstleistungsverträge und kamen zum Schluss, dass Schlüsselpositionen wie Projekt- bzw. Teilprojektleitungen praktisch während des gesamten Projektverlaufs mehrheitlich mit externen Experten besetzt waren. Dies brachte die ESTV in eine Dauerabhängigkeit von externen Experten, was letztlich zu erheblichen Mehrkosten führte. Die Untersuchung ergab weiter, dass die ESTV Dutzende von Verträgen knapp unter dem WTO-Schwellenwert freihändig vergeben hatte. Die FK und GPK verurteilen diese Praxis aufs Schärfste und fordern den Bundesrat auf, dies künftig zu unterbinden. Das vom Bundesrat beschlossene flächendeckende Vertragsmanagement und Beschaffungscontrolling gilt es nun rasch umzusetzen. Die Oberaufsichtskommissionen fordern den Bundesrat auf, Projektmanagementkenntnisse verstärkt zu fördern, damit die Fach- und Organisationsentwicklung ­ die eigentlichen Kernaufgaben der Bundesverwaltung ­ von bundesinternen Mitarbeitenden geführt werden kann (vgl. Empfehlung 3).24 ­

Beschaffungswesen

Im Rahmen der Administrativuntersuchung25 von 2012 kam das GS EFD zum Schluss, dass die ESTV Beschaffungen systematisch und willentlich widerrechtlich ­ d. h. unter Verstoss gegen das Beschaffungsrecht des Bundes sowie gegen die WTORegeln ­ durchgeführt hatte.

Das BBL hatte während der Laufzeit von INSIEME zum einen die Rolle der zentralen Beschaffungsstelle inne, zum anderen diejenige des Beratungsorgans. Seine Rolle als zentrale Beschaffungsstelle für IKT-Dienstleistungen für die ESTV konnte das BBL nicht wahrnehmen. Die ESTV beschaffte ihre IKT-Dienstleistungen eigenständig und ohne die dafür erforderliche Delegation der Beschaffungskompetenz vom BBL an die ESTV. Das BBL wurde nicht beigezogen und hatte bis 2012 keine Kenntnis von den Beschaffungen der ESTV. Der Bundesrat beurteilte in seinem Bericht die ungenügende Zusammenarbeit und Koordination der ESTV mit dem BBL als nicht den beschaffungsrechtlichen Vorgaben entsprechend. Nach Einschätzung des Bundesrats hätten die aufgetretenen beschaffungsrechtlichen Probleme mit der Einhaltung der Zuständigkeitsordnung wohl vermieden werden können.26 Die FK und GPK fordern den Bundesrat auf, sicherzustellen, dass die zentralen Beschaffungsstellen ihre Kontrollfunktion in Bezug auf die Einhaltung der beschaffungs23 24 25 26

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Kapitel 3.6.5.3.

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Kapitel 3.7.4.3.

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rechtlichen Bestimmungen wahrnehmen (vgl. Empfehlung 4).27 Bezüglich der Rolle des BBL als Beratungsorgan sind die FK und GPK der Ansicht, dass die ESTV die Beratungsdienstleistungen des BBL vermehrt hätte in Anspruch nehmen sollen.

Die Oberaufsichtskommissionen forderten vom Bundesrat eine Berichterstattung über seine gegenwärtigen Arbeiten in Bezug auf die Flexibilisierung des Beschaffungsverfahrens sowie über die ergriffenen Massnahmen zur Förderung der Beschaffungskompetenzen. Der Bundesrat liess die FK und GPK wissen, dass es für verbindliche Äusserungen zu den Auswirkungen der getroffenen Massnahmen noch zu früh sei, die ersten Erfahrungen jedoch positiv seien. Die Oberaufsichtsorgane werden sich über die diesbezügliche Entwicklung informieren lassen und zu gegebener Zeit Stellung nehmen.

Aufsicht und Führung in der Linie ­

Aufsicht und Führung durch die ESTV

Die Direktorinnen und Direktoren der Bundesämter sind gegenüber den Departementsvorstehenden für die Führung der ihnen unterstellten Verwaltungseinheiten sowie für die Erfüllung der ihnen übertragenen Aufgaben verantwortlich.

Die FK und GPK teilen die Einschätzung des Bundesrats, dass die Delegation der Kompetenzen des Auftraggebers ­ also des Direktors der ESTV ­ an den Gesamtprojektausschuss (GPA) und GPL zu Kompetenzabgrenzungsproblemen sowie zu einer unzureichenden Beschäftigung des Auftraggebers mit INSIEME führte. Die Oberaufsichtskommissionen stellen fest, dass während der gesamten Laufzeit von INSIEME Unklarheiten in Bezug auf die verschiedenen Entscheidinstanzen auf Stufe Direktion der ESTV bestanden und es in verschiedener Hinsicht an Kontinuität fehlte. Zum einen befassten sich mehrere Gremien (Geschäftsleitung Informatik, Lenkungsausschuss, GPA, Projektausschuss Apollo) teils nacheinander, teils parallel mit INSIEME, ohne dass die jeweiligen Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortlichkeiten verbindlich festgelegt worden wären. Zum anderen wechselte die Zusammensetzung dieser Gremien ohne ersichtliche fachliche Gründe. Die FK und GPK erachten den Umstand, dass es an einer von allen Beteiligten gleich verstandenen Definition der Rollen und Zuständigkeiten der erwähnten Gremien fehlte, als schwerwiegenden Mangel. Ferner war der Direktor der ESTV zugleich Auftraggeber von INSIEME (gemäss HERMES) und hatte demnach sowohl die oberste Führungsfunktion in der Linie wie auch im Projekt inne. Die FK und GPK erachten die Vermischung der obersten Hierarchie der Stamm- mit der Projektorganisation als problematisch (vgl. Empfehlung 5).28 Das Silodenken der beiden Hauptabteilungen der ESTV, das von der Direktion nicht aufgebrochen werden konnte, verhinderte die unerlässliche Gesamtsicht auf INSIEME. Auch die Konflikte innerhalb der Direktion der ESTV, die aus Loyalität gegenüber dem Direktor der ESTV nicht auf Stufe Departement eskaliert wurden, prägten den Projektverlauf auf negative Art und Weise.29 27 28 29

Kapitel 3.7.4.4.

Kapitel 4.3.1.1.

Kapitel 4.3.1.2.

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Aussagekräftige und verlässliche Informationen über den Projektverlauf lagen der Direktion der ESTV (sowie dem EFD) nur beschränkt vor.30 Die Qualität der Projektinformationen konnte während der Laufzeit von INSIEME kaum verbessert werden. Der Direktor der ESTV setzte sich zwar für eine Verbesserung des Berichtswesens innerhalb der ESTV ein, konnte aber nicht dafür sorgen, dass es inhaltlich und formell seinen Anforderungen entsprach.

Die 2001 konzipierte und in ihrem Ansatz überzeugende IT-Vision wurde nicht hinlänglich mittels einer Umsetzungsstrategie und eines Masterplans präzisiert. Die ESTV lancierte Projekte, erarbeitete Konzepte und begann, die IT-Vision auf operationeller Ebene umzusetzen, ohne einem systematischen Ansatz zu folgen.31 Die FK und GPK teilen die Einschätzung des Bundesrats, dass die ESTV der Komplexität von INSIEME nicht genügend Rechnung trug und dass die Schaffung eines einheitlichen Informatiksystems sehr hohe Anforderungen an die Beteiligten stellte. Die Direktion der ESTV entschied sich bewusst gegen ein mit den beschaffungsrechtlichen Vorgaben konformes Vorgehen. In Bezug auf die für IKT-Projekte vorgeschriebene Projektmethodik HERMES hat sie in Kauf genommen, dass diese bis Ende 2011 nicht zur Anwendung gelangte. Sie hat kaum etwas unternommen, um den Einsatz von HERMES bei den IKT-Projekten von INSIEME durchzusetzen. Die FK und GPK kritisieren diese Verhaltensweise.

INSIEME war weiter geprägt von fehlenden Kompetenzen bei den Projektbeteiligten sowie von einem unzureichenden Personalmanagement. Zentrale Personalentscheide, insbesondere die Ernennungen des Programmkoordinators (2005­2007) und des GPL (2007­2011), sind für die FK und GPK nicht nachvollziehbar. Auch aus Sicht des Bundesrats ist es rückblickend offensichtlich, dass der GPL (2007­2011) für die Führung von INSIEME nicht geeignet war. Die ESTV hatte INSIEME über Jahre nicht in den Griff bekommen, ohne dass die Departementsspitze nachweislich nennenswerten Druck auf deren Direktor ausgeübt hätte. Nach Überzeugung der Oberaufsichtskommissionen hätten weder der Direktor der ESTV noch die Departementsführung zulassen dürfen, dass INSIEME während rund dreieinhalb Jahren von einem GPL geführt wurde, der offensichtlich seinen Aufgaben nicht gewachsen war.

Schliesslich stellte die Vorsteherin des EFD (seit 2010)
den Direktor der ESTV (2000­2012) im Sommer 2012 aufgrund der Verstösse gegen das Beschaffungsrecht frei.32 Die FK und GPK vertreten die Ansicht, dass die zur Verfügung stehenden Instrumente der Personalführung bei INSIEME vermehrt hätten zur Anwendung gelangen sollen.33 Weiter stellten die FK und GPK fest, dass die ESTV den EFK-Prüfberichten nicht das erforderliche Gewicht beimass und die Umsetzung der EFK-Empfehlungen nachweislich unzureichend war.34 Dem FISP ESTV als Führungsinstrument kam bei INSIEME keine bedeutende Rolle zu.35 30 31 32 33 34 35

Kapitel 4.3.1.3, 4.4.2.1 und 4.4.2.2.

Kapitel 4.3.1.4.

Kapitel 4.4.3.4.

Kapitel 4.3.1.5 und 4.4.3.4.

Kapitel 4.3.2.3.

Kapitel 4.3.3.

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Die ESTV nahm ihre Informationspflicht gegenüber dem Departement36 und gegenüber den parlamentarischen Oberaufsichtsorganen37 ungenügend wahr. Die Unterlagen bildeten teilweise nicht die wahren Gegebenheiten ab und die ESTV rückte INSIEME entweder durch Beschönigungen oder über Verbesserungsversprechen in ein zu gutes Licht. Die FK und GPK halten jedoch fest, dass es an der hierarchisch übergeordneten Ebene bzw. an den Empfängern der Informationen liegt, diejenigen Informationen einzufordern, die sie benötigen, um ihre Rolle und Verantwortung wahrnehmen zu können.

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Aufsicht und Führung durch die Departementsführung des EFD

Die Departementsvorstehenden führen die Departemente und tragen die politische Verantwortung für die Erfüllung der verfassungsmässigen und gesetzlichen Aufgaben. Innerhalb ihres Departements verfügen sie grundsätzlich über uneingeschränkte Weisungs-, Kontroll- und Selbsteintrittsrechte. Die Leitungs- und Aufsichtsverantwortung der Departementsvorstehenden ist nicht delegierbar.

Betreffend das Rollenverständnis und die damit verbundene Aufgabenteilung innerhalb der Departementsführung stellten die FK und GPK grosse Unterschiede während der Projektlaufzeit von INSIEME fest. Sie weisen darauf hin, dass der Generalsekretär bzw. die Generalsekretärin keine Linienführungsfunktion über Bundesämter ausüben sollte.38 Auch die Rolle des Generalsekretärs bzw. der Generalsekretärin in Bezug auf den IRB-Vorsitz wurde je nach Leitung des GS EFD unterschiedlich verstanden.39 Das EFD verfügte während der Laufzeit von INSIEME nicht über angemessene Ressourcen und Instrumente für eine effektive und effiziente Aufsicht. Die dafür notwendigen Kapazitäten wurden ­ nachdem um das Jahr 2006 entschieden worden war, auf Stufe Departement auf eine Ressourcen-Governance zu verzichten ­ erst ab 2009 schrittweise wieder aufgebaut.40 Das GS EFD sandte zuerst einen und ab 2011 zwei Vertreter in den Lenkungsausschuss bzw. GPA, ohne jedoch die Rolle dieser Vertreter zu definieren.41 Die Vertreter des GS EFD im GPA sahen sich lediglich in einem Beobachterstatus. Die Oberaufsichtskommissionen sind überzeugt, dass sowohl die ungeklärte Rolle des EFD in Bezug auf INSIEME als auch die mangelhaften Aufsichtsinstrumente auf Stufe Departement dazu führten, dass die Missstände im Projekt über lange Zeit unbeachtet blieben. Die FK und GPK fordern daher die Entwicklung und Anwendung eines gemeinsamen Aufsichtskonzepts mit Standardinstrumenten auf Stufe der Departemente. Insbesondere gilt es, die Kriterien festzulegen, anhand derer die Departemente entscheiden, ob ein Generalsekretariat Einsitz in Projekt- bzw. Programmausschüsse nimmt oder nicht (vgl. Empfehlung 6).42 36 37 38 39 40 41 42

Kapitel 4.3.2.2.

Kapitel 4.3.4.

Kapitel 4.4.1.1.

Kapitel 4.4.1.2.

Kapitel 4.4.1.3.

Kapitel 4.4.2.3 und 4.4.2.4.

Kapitel 4.4.1.3.

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Die Departementsleitung stützte sich für die Ausübung ihrer Aufsichts- und Führungsfunktion auf Informationen der ihr unterstellen Bundesämter, der Ressourcenabteilung des GS EFD, der EFK und der parlamentarischen Oberaufsichtsorgane sowie auf die bei den Stabübergaben erhaltenen Auskünfte, wobei letztere jeweils nur spärlich ausfielen.

Die FK und GPK stellten fest, dass das Departement während des Projektverlaufs auf unterschiedliche Art und Weise über die Prüfberichte der EFK informiert wurde.

Aufgrund der ungenügenden Auseinandersetzung mit den EFK-Berichten zu INSIEME von 2005, 2006 und 2008 sowie der fehlenden Kontrolle über den Stand der EFK-Empfehlungen war der Departementsleitung über lange Zeit nicht bewusst, dass die ESTV ­ entgegen ihren eigenen Aussagen ­ einen Grossteil der EFKEmpfehlungen nicht umsetzte. Um diesbezügliche Mängel rechtzeitig erkennen zu können, fordern die FK und GPK die Schaffung eines Umsetzungscontrollings der EFK-Empfehlungen auf Stufe der Departemente (vgl. Empfehlung 7).43 Weiter regen sie an, dass den Departementsvorstehenden anstelle der Berichtszusammenfassungen jeweils die vollständigen Prüfberichte der EFK zugestellt werden (vgl.

erster Punkt der Motion 1).44 Der lückenhafte Informationsfluss bei den Stabübergaben auf Stufe der Departementsspitze führte dazu, dass die relevanten Erkenntnisse in Bezug auf INSIEME nur unvollständig weitergegeben wurden. Deshalb halten die FK und GPK den Bundesrat an, die Geschäftskontinuität und den Wissenstransfer bei Stabübergaben zu gewährleisten (vgl. Empfehlung 8).45 Ab dem Widerruf des WTO-Zuschlags an Unisys im August 2007 bis zum Jahr 2010 vernachlässigte die Departementsspitze das Projekt INSIEME auf folgenschwere Art und Weise. Durch den Leiter IKT des EFD fand ab Mitte 2009 zwar wieder eine Auseinandersetzung des GS EFD mit INSIEME statt, die Departementsleitung mass den erkannten Missständen aber nicht die notwendige Bedeutung zu und leitete auch keine Massnahmen ein. Nach dem Stabwechsel Ende 2010 setzte sich das Departement vertieft mit INSIEME auseinander, jedoch unter der Maxime, dass das GS EFD keine operationelle Verantwortung für ein Amtsprojekt übernimmt und daher auch über keine Entscheidkompetenzen verfügt.46 Während die Departementsspitze bis Ende 2010 wenig Wert auf ein HERMES-konformes Vorgehen legte,
wurde danach wiederholt die Einhaltung der Projektvorgaben der Bundesverwaltung gefordert, jedoch erst gegen Projektende durchgesetzt.47 Die ESTV-internen Konflikte wurden vom Departement kaum aufgegriffen, obwohl sie auch ohne eingehende Beschäftigung mit INSIEME erkennbar gewesen wären.

Aus Sicht der FK und GPK wäre es klar in der Führungsverantwortung der jeweiligen Departementsvorstehenden gelegen, die notwendigen Massnahmen zu ergreifen, um eine Verbesserung der Situation zu erreichen. Ebenso hätte die Departe43 44 45 46 47

Kapitel 4.4.2.5.

Kapitel 4.4.2.5 und 6.7.

Kapitel 4.4.2.7.

Kapitel 4.4.3.1.

Kapitel 4.4.3.3.

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mentsspitze auf eine reibungslose Zusammenarbeit zwischen den an INSIEME beteiligten Ämtern hinwirken müssen, namentlich durch die Klärung der jeweiligen Rollen sowie durch eine verbesserte Koordination (insbesondere im Finanzbereich48). Die FK und GPK fordern den Bundesrat auf, der intra- und interdepartementalen Zusammenarbeit künftig einen höheren Stellenwert einzuräumen und dabei insbesondere den kulturellen Aspekten der Zusammenarbeit mehr Gewicht beizumessen (vgl. Empfehlung 9).49 Die FK und GPK stellten zudem fest, dass die Departementsspitzen den Gesamtbundesrat50 und die parlamentarischen Oberaufsichtsorgane51 nicht angemessen über INSIEME informierten.

Die Aufarbeitung der Geschehnisse rund um INSIEME lassen erkennen, dass das Verständnis der Aufsichts- und Führungsfunktion sehr personenabhängig war und dass keine systematische Aufsicht bestand. Die Oberaufsichtskommissionen kommen zum Schluss, dass weder der Direktor der ESTV noch die jeweiligen Vorstehenden des EFD ihre Führungs- und Aufsichtsfunktionen auf zufriedenstellende Art und Weise ausübten.

Rolle des Bundesrats Der Bundesrat hat als oberstes Aufsichtsorgan die Aufgabe, eine ständige und systematische Aufsicht über die Bundesverwaltung auszuüben und für eine ordnungsgemässe Haushaltsführung zu sorgen. In Bezug auf INSIEME hatte er also den ihm gemeldeten Mittelbedarf zu überprüfen. Als oberstes Steuerungsorgan war der Bundesrat dafür verantwortlich, die IKT-Strategie und die Risikopolitik des Bundes festzulegen.

Mit INSIEME befasste sich der Bundesrat lediglich an jenen Sitzungen etwas eingehender, an denen die Verpflichtungskredite (Juni 2005) bzw. die Zusatzkredite (Juni 2010) beraten wurden. An der Sitzung im Juni 2010 beauftragte der Bundesrat das EFD (ESTV), in Zusammenarbeit mit der EFK und dem IRB eine eingehende Nachkontrolle und ein strenges Monitoring des Projekts vorzunehmen.

Die FK und GPK mussten feststellen, dass dieser Beschluss des Bundesrats nicht korrekt umgesetzt wurde. Nach dem Entscheid der EFK, sich aus Gründen der Unabhängigkeit nicht an diesem Verfahren zu beteiligen, bestand die Umsetzung faktisch lediglich aus der Weiterleitung von Quartalsberichten an den IRB. Der IRB wiederum war sich nicht bewusst, wie umfangreich der Auftrag war, der ihm vom Bundesrat erteilt worden war, da ihm dieser vom
Departement und vom Präsidenten des IRB nicht richtig kommuniziert wurde. Dies führte dazu, dass kein echtes Monitoring und keine Nachkontrolle stattfanden.52 Ausserdem überprüfte der Bundesrat in der Folge nie, ob und wie sein Auftrag umgesetzt wurde.

48 49 50 51 52

Kapitel 4.4.3.2.

Kapitel 4.4.3.5.

Kapitel 4.4.4.

Kapitel 4.4.5.

Kapitel 5.3.1.3.

6388

Des Weiteren führten die zwischen der EFK und dem Bundesrat bestehenden Auslegungsdifferenzen hinsichtlich des Informationsverfahrens und der Umsetzung der Revisionspendenzen53 sowie die Nichtaufnahme des INSIEME-Projekts in das Risikoreporting des Bundes54 dazu, dass der Bundesrat nie Kenntnis von den Problemen bei diesem Projekt erlangte und folglich nicht über die Informationen verfügte, die zur ordnungsgemässen Wahrnehmung seiner Aufsichts- und Steuerungsfunktion notwendig gewesen wären. Gleiches gilt für die Vergabe der für das Projekt erforderlichen Kredite. Die Aufsichtskommissionen haben deshalb Empfehlungen betreffend die Risikopolitik sowie die Beziehungen zwischen Bundesrat und EFK formuliert, deren Umsetzung zu einer besseren Information des Bundesrats führen sollte (vgl. Empfehlungen 11, 15 und 16).55 Ausserdem muss der Bundesrat in den Augen der Aufsichtskommissionen bei der Vergabe von Krediten für Projekte deutlich mehr Informationen über den Stand dieser Projekte haben:56 Orientiert werden sollte er insbesondere über die verschiedenen Evaluationen, die zum betreffenden Geschäft durchgeführt wurden, und über den Stand der Umsetzung allfälliger Empfehlungen der EFK.

Die Aufsichtskommissionen sind zudem der Ansicht, dass es dem ISB57 und dem IRB58 aufgrund der früheren Organisation des IKT-Bereichs nicht möglich war, ihre Aufgaben effektiv und effizient zu erfüllen. Dies hatte wiederum zur Folge, dass der Bundesrat aufgrund seiner Abhängigkeit von den Informationen dieser beiden Organe in der Wahrnehmung seiner Steuerungsfunktion eingeschränkt war.59 Die Fähigkeiten des ISB wurden in der Verwaltung nicht ausreichend genutzt, und sowohl das ISB als auch der IRB verfügten nicht über die notwendigen Instrumente, um ihre Aufgaben optimal erfüllen zu können.

Die Aufsichtskommissionen stellten ausserdem fest, dass es Missverständnisse über die Verteilung der Aufgaben und Kompetenzen aller an der Führung, Steuerung oder Beaufsichtigung der IKT-Projekte beteiligten Organe gab, und dass die in den letzten Jahren in diesem Bereich vorgenommenen Änderungen nicht unbedingt zu mehr Klarheit innerhalb der Verwaltung führten. Sie empfehlen dem Bundesrat deshalb, hier Abhilfe zu schaffen und dafür zu sorgen, dass die Zuständigkeiten im IKT-Bereich klar festgelegt sind (vgl. Empfehlungen 10 und 13)60,
dass die beteiligten Organe über die für die Erfüllung ihrer Aufgaben notwendigen Mittel verfügen (vgl. Empfehlung 12)61 und dass die einschlägigen Rechtsnormen bekannt sind und angewendet werden (vgl. Empfehlung 14)62.

Darüber hinaus mussten die Aufsichtskommissionen im Rahmen der INSIEMEInspektion erneut feststellen, wie wichtig die Bundesratsprotokolle für die Ge53 54 55 56 57 58 59 60 61 62

Kapitel 5.3.2.2.

Kapitel 5.4.4.2.

Kapitel 5.3.2.2, 5.4.3.2 und 5.4.4.2.

Kapitel 5.3.1.2 und 5.3.2.1.

Kapitel 5.4.1.3.

Kapitel 5.4.2.3.

Kapitel 5.4.3.2.

Kapitel 5.3.1.3 und 5.4.1.3.

Kapitel 5.4.1.3.

Kapitel 5.4.3.2.

6389

schäftsführung des Bundesrats sind. Obwohl die GPK in Inspektionen vergangener Jahre bereits mehrfach Verbesserungen angemahnt haben, sind die Bundesratsprotokolle nach wie vor noch nicht dazu geeignet, die Nachvollziehbarkeit der Beschlüsse zu gewährleisten. Sie erfüllen folglich derzeit die ihnen zugedachte Aufgabe nicht.63 Aufsicht durch die Eidgenössische Finanzkontrolle Die EFK setzte sich in ihrer Funktion als oberstes Finanzaufsichtsorgan des Bundes während der gesamten Projektlaufzeit mehrfach mit INSIEME auseinander: In den Jahren 2005, 2006, 2008 und 2011/12 führte sie Projektprüfungen zu INSIEME durch und beanstandete zahlreiche Mängel, insbesondere in Bezug auf die Projektorganisation und das Projektmanagement, die Mittelbedarfsplanung und die Kostenkontrolle sowie die Einhaltung der beschaffungsrechtlichen Bestimmungen.64 In ihren Projektprüfungen konzentrierte sich die EFK nicht nur auf die Kontrolle des Finanzgebarens, sondern auch auf Aspekte der Geschäftsführung. Ihre Feststellungen zu wesentlichen Mängeln in der Geschäftsführung gelangten aber nicht an die GPK. Die FK und GPK regen an, dass die EFK künftig die GPK bzw. die Geschäftsprüfungsdelegation (GPDel) über alle festgestellten wesentlichen Mängel in der Geschäftsführung informiert (vgl. zweiter Punkt der Motion 1).65 Im Rahmen ihrer Projektprüfung von 2005 nahm die EFK einen Prüfauftrag der ESTV an, der ihre Unabhängigkeit und Unvoreingenommenheit bei einer allfälligen späteren Beschaffungsprüfung potenziell gefährdet hätte. Zur Stärkung der Unabhängigkeit der EFK regen die FK und GPK an, dass die EFK in Zukunft Sonderaufträge ablehnen kann, welche die Unabhängigkeit und Unvoreingenommenheit ihrer künftigen Prüftätigkeiten gefährden (vgl. dritter Punkt der Motion 1).66 Die EFK formulierte in ihren Prüfberichten zu INSIEME diverse Empfehlungen zuhanden der ESTV und liess die Berichte dem Direktor der ESTV (2000­2012) zur Stellungnahme zukommen. Gemäss gängiger Praxis gewichtete sie ihre Empfehlungen mit unterschiedlichen Prioritäten, wobei die Mehrzahl der Empfehlungen zu INSIEME die Priorität 1 erhielt.67 Die EFK priorisiert ihre Beanstandungen und Empfehlungen grundsätzlich im Rahmen jedes einzelnen Prüfauftrags. Daher ist es möglich, dass bei einer Prüfung aus einer Beanstandung eine Empfehlung abgeleitet wird, jedoch die
gleiche oder ähnliche Beanstandung in einer anderen Prüfung zu keiner Empfehlung führt. Um eine Einheitlichkeit bei den Empfehlungen zu gewährleisten, empfehlen die FK und GPK der EFK, in Zusammenarbeit mit Vertretern der Ämter, der Departemente und der FinDel ein System zur Gewichtung ihrer Empfehlungen und Beanstandungen zu definieren, welches auf einheitlichen und prüfungsunabhängigen Kriterien basiert, und dieses konsequent anzuwenden (vgl. Empfehlung 17).68 63 64 65 66 67 68

Kapitel 5.1.2.

Kapitel 6.3.2, 6.3.4, 6.4.1 und 6.4.5.

Kapitel 6.6.2.1 und 6.7.

Kapitel 6.6.2.2 und 6.7.

Kapitel 6.3.2, 6.3.4, 6.4.1 und 6.4.5.

Kapitel 6.6.3.

6390

Der Direktor der ESTV (2000­2012) nahm zu allen Empfehlungen der EFK betreffend INSIEME Stellung, und gemäss Auskünften der EFK gegenüber den FK und GPK akzeptierte er alle Empfehlungen. Die FK und GPK stellten jedoch fest, dass die Stellungnahme der ESTV zu einzelnen Empfehlungen unklar ausfiel. In diesen Fällen verzichtete die EFK darauf, eine nachträgliche Klarstellung einzufordern. So verpasste sie es, die faktische Rückweisung von Empfehlungen festzustellen, um in der Folge an das Departement bzw. an den Gesamtbundesrat zu gelangen. Diese sind gemäss Artikel 12 Absatz 3 des Finanzkontrollgesetzes (FKG) für den Entscheid über die Annahme oder Ablehnung von zurückgewiesenen Empfehlungen zuständig. Nach Ansicht der FK und GPK sollte die EFK zukünftig unklare Stellungnahmen zu wichtigen Empfehlungen immer klären und sich gegebenenfalls an das im FKG vorgesehene Verfahren halten.69 Wie vom FKG vorgegeben, stellte die EFK den Vorstehenden des EFD nach Abschluss ihrer Projektprüfungen zu INSIEME jeweils eine Zusammenfassung der Prüfungsergebnisse zu. Für die Prüfungen von 2008 und 2011/12 liess sie ihnen zusätzlich die vollständigen Prüfberichte sowie die Stellungnahmen der ESTV zukommen. Dieses Vorgehen ­ d. h. die Zustellung der vollständigen Prüfberichte an die betroffenen Departementsvorstehenden ­ ist seit 2007 ein fester Bestandteil der allgemeinen Praxis der EFK. Die FK und GPK erachten diese Praxis als sinnvoll und aus Sicht der Wahrnehmung der departementalen Aufsichtsverantwortung als konsequent; deshalb regen sie ihre Verankerung im FKG an. Die Zustellung der vollständigen Prüfberichte an die Departementsvorstehenden soll gleichzeitig mit der Zustellung an die geprüften Verwaltungseinheiten erfolgen, jedoch ohne separate Zusammenfassungen (vgl. erster Punkt der Motion 1).70 Abgesehen von der Berichtszustellung gelangte die EFK im Zusammenhang mit INSIEME nicht direkt an die Vorstehenden des EFD bzw. an den Gesamtbundesrat.

Sie informierte diese auch nicht gezielt ­ in Anwendung von Artikel 15 Absatz 3 FKG ­ über die festgestellten grundsätzlichen Mängel im Projekt. INSIEME ist in dieser Hinsicht kein Einzelfall: Zwischen 2001 und 2012 meldete die EFK den betroffenen Departementsvorstehenden oder dem Gesamtbundesrat insgesamt nur zwei Mal besondere Vorkommnisse oder Mängel von grundsätzlicher
oder erheblicher finanzieller Bedeutung; in allen anderen Fällen bestand laut EFK keine Dringlichkeit, die Mängel zu melden. Die FK und GPK empfehlen der EFK, Artikel 15 Absatz 3 FKG künftig unabhängig von der Dringlichkeit und nicht nur bei der Feststellung von wichtigen Mängeln im Finanzgebaren, sondern auch in der Geschäftsführung, systematisch anzuwenden (vgl. Empfehlung 18).71 In Bezug auf die Zusammenarbeit der EFK mit den Querschnittsämtern stellten die FK und GPK fest, dass die EFK weder das ISB über die festgestellte Nichtanwendung der Projektmanagementmethode HERMES, noch das BBL über die erkannte Nichteinhaltung der beschaffungsrechtlichen Bestimmungen informierte. Die FK und GPK regen an, dass die EFK künftig alle betroffenen Querschnittsämter und 69 70 71

Kapitel 6.6.4.

Kapitel 6.6.5 und 6.7.

Kapitel 6.6.6.

6391

-organe über Mängel in der Organisation, Verwaltungsführung oder Aufgabenerfüllung unterrichtet (vgl. vierter Punkt der Motion 1).72 Die FinDel wurde von der EFK mittels Zustellung der Prüfberichte und Zusammenfassungen über die Ergebnisse ihrer Projektprüfungen zu INSIEME informiert.

Ausserdem war der Direktor der EFK (1998­2013) an den Sitzungen der FinDel anwesend, um einzelne Aspekte der Prüfungen mündlich auszuführen und die Einschätzungen der EFK zum Handlungsbedarf der FinDel darzulegen. Diese Einschätzungen waren aber mehrheitlich nicht angemessen: So wies der Direktor der EFK (1998­2013) die FinDel in den Jahren 2005, 2006 und 2008 darauf hin, dass für sie kein Handlungsbedarf bei INSIEME bestehe, da die ESTV die Empfehlungen der EFK akzeptiert habe. Auch die Zusammenfassungen der EFK zuhanden der FinDel benannten nicht alle festgestellten wesentlichen Mängel bei INSIEME.73 Generell leistet die EFK für die FinDel umfassende Unterstützungsarbeiten: Sie kennzeichnet ihre Berichte zuhanden der FinDel mit Prioritäten, die der FinDel bei der Auswahl der zu behandelnden Berichte dienlich sind. Zudem nimmt der Direktor der EFK an allen Sitzungen der FinDel teil, um die Sichtweise der EFK und ihre Einschätzung zum Handlungsbedarf der FinDel in die Diskussion einzubringen. Um künftig das Risiko zu verringern, dass die FinDel Fehleinschätzungen bzw.

-gewichtungen der EFK übernimmt, schlagen die FK und GPK eine Entflechtung der Aufgabenwahrnehmung der EFK und der FinDel vor: Bei ihrer Unterstützung der FinDel soll sich die EFK künftig vorwiegend auf die Informationsbereitstellung aufgrund ihrer schriftlichen Berichterstattung konzentrieren und weniger auf eine Informationsselektion und -bewertung zuhanden der FinDel.74 Die Umsetzung ihrer Empfehlungen von 2005 kontrollierte die EFK anlässlich der Projektprüfung von 2006; eine Nachkontrolle zu den Empfehlungen von 2008 fand im Rahmen der Projektprüfung von 2011/12 statt. Weitere Nachkontrollen führte die EFK nicht durch. So erkannte sie erst 2011/12, dass die ESTV einen Grossteil ihrer Empfehlungen von 2008, die auf Mitte 2009 terminiert waren, nicht umgesetzt hatte.75 Die FK und GPK regen an, dass die EFK die Umsetzung ihrer Empfehlungen generell besser kontrolliert. Dafür sollen die geprüften Stellen neu dazu verpflichtet werden, der EFK den Stand
aller wichtigen offenen Empfehlungen jährlich sowie unmittelbar nach Ablauf der Umsetzungsfristen mitzuteilen (vgl. fünfter Punkt der Motion 1).76 Diese Mitteilungen sollen durch die EFK plausibilisiert werden und zusammen mit den Feststellungen aus allfälligen Folgeprüfungen der EFK als Informationsgrundlage für die Jahresberichterstattung über Umsetzungspendenzen («Revisionspendenzen») dienen.

Die EFK wies den Gesamtbundesrat nicht auf bestehende Pendenzen der ESTV bei der Umsetzung von Empfehlungen zu INSIEME hin. Dies lag zum einen daran, dass die EFK gemäss gängiger Praxis keine jährlichen bzw. systematischen Nachkontrol72 73 74 75 76

Kapitel 6.6.7 und 6.7.

Kapitel 6.3.2, 6.3.4, 6.4.1 und 6.4.5.

Kapitel 6.6.8.

Kapitel 6.3.4, 6.3.5, 6.4.1, 6.4.5 und 6.6.9.2.

Kapitel 6.6.9.1, 6.6.10 und 6.7.

6392

len durchführte und daher über längere Zeit keine Kenntnis vom Umsetzungsstand ihrer Empfehlungen besass. Zum anderen legt die EFK die Bestimmung im FKG zur jährlichen Berichterstattung über Umsetzungspendenzen («Revisionspendenzen») generell sehr restriktiv aus und hat daher seit 2003 nie mehr über solche berichtet.

Die FK und GPK empfehlen der EFK, zukünftig alle wichtigen offenen Empfehlungen ­ d. h. nicht nur solche, die seit mehreren Jahren hängig sind ­ als Umsetzungspendenzen («Revisionspendenzen») in ihren Jahresberichten aufzuführen (vgl. Empfehlung 19).77 Darüber hinaus fordern sie den Bundesrat auf, die so kommunizierten Umsetzungspendenzen («Revisionspendenzen») im Rahmen des Risikomanagements des Bundes sowie im jährlichen Risikoreporting des Bundesrates an die GPK zu berücksichtigen (vgl. Empfehlung 20).78 Bezüglich des Umgangs der EFK mit wichtigen Umsetzungspendenzen («Revisionspendenzen»), die nicht innerhalb der empfohlenen Frist erledigt werden oder voraussichtlich nicht erledigt werden können, sehen die FK und GPK Anpassungsbedarf im FKG: Ihrer Ansicht nach genügt es nicht, wenn die EFK nur in ihren Jahresberichten über solche kritischen Pendenzen («Revisionspendenzen») informiert. Sie regen an, dass die EFK bei der Feststellung von Umsetzungspendenzen («Revisionspendenzen»), die nicht innerhalb der empfohlenen Frist erledigt werden oder voraussichtlich nicht erledigt werden können, künftig unmittelbar auf Stufe Departement bzw. Bundesrat eskaliert (vgl. sechster Punkt der Motion 1).79 Die Departementsvorstehenden und der Gesamtbundesrat sollen damit stärker in die Umsetzungsverantwortung eingebunden werden.

Nebst der Durchführung von Prüfungen und der Berichterstattung an die vorgesehenen Organe besitzt die EFK gemäss FKG auch eine Beratungsfunktion bei Kreditgeschäften. Die EFK wies die FK und die FinDel nicht auf bestehende Umsetzungspendenzen («Revisionspendenzen») hin, als diese sich mit dem Verpflichtungskredit 2005 sowie mit dem Zusatz- und Nachtragskredit 2010 zu INSIEME befassten. Die FK und GPK empfehlen der EFK, den FK und der FinDel wichtige Umsetzungspendenzen («Revisionspendenzen») künftig anlässlich ihrer Beratungen zu Kreditbegehren und zum Voranschlag zur Kenntnis zu bringen. Zur besseren Unterstützung des Bundesrats sollen ausserdem alle Stellungnahmen der
EFK aus der Ämterkonsultation in den Anträgen der Departemente an den Bundesrat ausgewiesen werden (vgl. Empfehlungen 21 und 22).80 Auch in Bezug auf die Koordination und Zusammenarbeit der EFK mit den internen Revisionsstellen der Departemente und Verwaltungsstellen ­ den sogenannten FISP ­ erkennen die FK und GPK Verbesserungsbedarf. Bei INSIEME bestand die im FKG vorgesehene Koordination durch die EFK in erster Linie aus der Zustellung der jährlichen Prüfprogramme an das FISP ESTV. Darüber hinaus fanden keine nennenswerten Koordinationsleistungen und keine eigentliche Zusammenarbeit statt. Dies genügt nach Ansicht der FK und GPK nicht: Sie halten eine Abstimmung der Risikobeurteilungen sowie eine Absprache der Prüfungsplanung zwischen den 77 78 79 80

Kapitel 6.6.10 und 6.7.

Kapitel 6.6.10.

Kapitel 6.6.10 und 6.7.

Kapitel 6.6.11.

6393

beiden Finanzaufsichtsorganen für zweckmässig. Die FK und GPK orten diesbezüglich Handlungsbedarf seitens der EFK.81 Neben ihrem gesetzlichen Finanzaufsichtsauftrag erfüllt die EFK eine weitere Funktion: Sie führt die offizielle Anlaufstelle der Bundesverwaltung für das Whistleblowing. Im Fall von INSIEME erwies sich das Bestehen einer solchen Stelle als positiv. Ihre Ansiedlung bei der EFK ist grundsätzlich als zweckmässig zu beurteilen.82 Parlamentarische Oberaufsicht Die parlamentarische Oberaufsicht hat zwei wesentliche Funktionen: Einerseits zwingt sie die Regierung zur Rechenschaftsablage; andererseits soll sie dazu dienen, das Vertrauen in die Regierung und Verwaltung zu erhalten und zu stärken. Dabei üben die FinDel und die FK die Oberaufsicht über den Finanzhaushalt des Bundes, die GPK die Oberaufsicht über die Geschäftsführung von Bundesrat und Bundesverwaltung aus.

­

Oberaufsicht durch die Finanzdelegation

Die FinDel setzte sich in der ersten Phase von INSIEME mit übergeordneten Fragen zur Informatik des Bundes auseinander, wobei vor allem die Informatiksicherheit, die Informatikstrategie des Bundes und die diesbezüglichen, verschiedenen Rollen der Einheiten der Bundesverwaltung im Fokus ihres Interesses standen. Entsprechend bezeichneten die angehörten ehemaligen Präsidenten der FinDel die 2005 von der EFK angebrachte Kritik als eigentlichen Ausgangspunkt ihrer Befassung mit INSIEME.

Eigenen Handlungsbedarf in Bezug auf INSIEME erkannte die FinDel ­ weitgehend gestützt auf entsprechende Einschätzungen des damaligen Direktors der EFK (1998­2013) ­ lange nicht. Im Zusammenhang mit dem 2010 beantragten dringlichen Nachtragskredit für INSIEME wurde die FinDel aktiv und beschloss, die weiteren Arbeiten eng zu begleiten. Die daraufhin verlangten Quartalsberichte der Projektleitung blieben jedoch in der Folge weitgehend ungenutzt. Dass tatsächlich schwerwiegende Probleme bestanden, erkannte die FinDel erst Mitte 2011. Ab Anfang 2012 beurteilte sie die Situation auf der Basis des Berichts der EFK als kritisch, trat entsprechend in der Öffentlichkeit auf und befasste sich in der Folge an beinahe jeder Sitzung mit INSIEME. Für die FinDel standen weniger die Kriterien der parlamentarischen Oberaufsicht, sondern viel mehr Kostenüberlegungen und die Sicherstellung der Einnahmen des Bundes im Zentrum der Begleitung von INSIEME. In Bezug auf die Behandlung der Voranschläge in den FK stellte die FinDel während der gesamten Laufzeit von INSIEME nie einen Antrag und gab auch keine Empfehlungen ab.83

81 82 83

Kapitel 6.6.12.

Kapitel 6.6.13.

Kapitel 7.2.2.1.

6394

Die FK und GPK stellten fest, dass sich die FinDel bei ihrer Befassung84 mit INSIEME weitgehend auf Informationen abstützte, die sie von der EFK sowie vom EFD und von der ESTV erhalten hatte. Dabei vertraute sie während der gesamten Dauer von INSIEME darauf, dass die vonseiten der Verwaltung erhaltenen Informationen auch den Tatsachen entsprochen hatten oder dass die EFK ansonsten interveniert hätte. Die Möglichkeit, die erhaltenen Informationen z. B. über eine Auftragsvergabe an externe Sachverständige auf ihre Richtigkeit bzw. Plausibilität hin überprüfen zu lassen, wurde in der FinDel nicht thematisiert.85 Dabei beachtete die FinDel zu wenig, dass sie und die EFK unterschiedliche Aufgaben und damit auch andere Zielsetzungen zu verfolgen haben. Die EFK ist nicht Teil der parlamentarischen Oberaufsicht und nicht legitimiert, den politischen Handlungsbedarf der FinDel zu beurteilen.

Nach Ansicht der FK und GPK konnte sich die FinDel letztlich nur schwer ein Bild von den tatsächlich bestehenden Problemen bei INSIEME machen.

Die FK und GPK sind dezidiert der Ansicht, dass für die Zukunft eine klarere Trennung der Funktionen und Rollen der FinDel und EFK vorzunehmen ist. Dabei soll die FinDel ihre Informationsbasis verbreitern und sich nicht mehr wie bis anhin weitgehend auf die EFK als Quelle abstützen. Sie soll zudem eigenständig darüber entscheiden, wie sie ihre Informationsrechte wahrnimmt, und selbst beurteilen, inwieweit aus Sicht der parlamentarischen Oberaufsicht Handlungsbedarf besteht.

Die FinDel stützte sich darüber hinaus stark auf die EFK ab, ohne dass ihr hinreichend klar war, wie diese ihre Aufgaben tatsächlich erfüllte. Sie nutzte deren Erkenntnisse zudem nur konsequent, wenn die EFK sie selbst einbrachte.86 Das Sekretariat der parlamentarischen Aufsicht über Finanzen und AlpTransit (SPFA) stand der FinDel bei ihrer Aufgabenerfüllung unterstützend zur Seite. Dabei standen die ordentlichen Aufgaben der Parlamentsverwaltung gemäss Artikel 64 des Parlamentsgesetzes (ParlG) sowie die Koordination mit der EFK im Zentrum. Mit deren Erfüllung waren die angehörten Vertreter der Oberaufsicht stets zufrieden.

Die FK und GPK stellten allerdings fest, dass bis ins Jahr 2009 verschiedene Beschlüsse der FinDel nicht umgesetzt wurden. Dass nicht nachvollziehbar ist, was mit den genannten Beschlüssen
der FinDel geschehen ist, erachten die Oberaufsichtskommissionen als sehr problematisch.87 Im Hinblick auf die Bewältigung zukünftiger Situationen gilt es nach Ansicht der Oberaufsichtskommissionen dafür zu sorgen, dass die EFK und die FinDel stärker und konsequenter auf ihre jeweilige Aufgabe fokussieren (vgl. auch erster Punkt der Motion 1),88 dass die FinDel in Bezug auf ihr Arbeitsvolumen entlastet wird und Schwerpunkte setzt, und dass zwischen der FK und der FinDel eine klare Aufgabenteilung vorgenommen wird. Dass bereits erste Massnahmen in diese Richtung ergriffen wurden, nehmen die Oberaufsichtskommissionen mit Befriedigung zur 84 85 86 87 88

Kapitel 7.2.1.

Kapitel 7.2.2.2.

Kapitel 7.2.2.3.

Kapitel 7.2.2.4.

Kapitel 4.4.2.5, 6.6.5 und 6.7.

6395

Kenntnis. Für die FK und GPK ist von grundlegender Bedeutung, dass die FinDel die ihr zur Verfügung stehenden Instrumente und Mittel systematisch und aktiv nutzt, um die Verwaltungsführung in Zukunft stärker in die Verantwortung zu nehmen und zur getreuen Rechenschaftsablage zu zwingen.89 ­

Oberaufsicht durch die Finanzkommissionen

In Bezug auf die FK des Nationalrats (FK-N) stellten die FK und GPK fest, dass sich diese im Wesentlichen bei der Vorberatung der Voranschläge mit INSIEME befasste90 und sich dabei weitgehend auf Informationen abstützte, die sie von der ESTV und vom EFD erhalten hatte. Bis zum Antrag für den Nachtragskredit 2010 beurteilte insbesondere die zuständige Subkommission der FK-N das Projekt INSIEME als auf gutem Weg befindlich. Ab Herbst 2010 zeigte sich die Subkommission kritischer. Sie verfolgte die Problematik aber nicht mehr weiter, nachdem u. a.

an den Sitzungen der FK-N mehrfach festgehalten worden war, dass sich die FinDel um INSIEME kümmere. Diese Zurückhaltung seitens der FK-N beurteilen die Oberaufsichtskommissionen als unangebracht, hatten doch die FinDel und die FK-N keine entsprechende Aufgabenteilung vereinbart.

Die FK des Ständerats (FK-S) befasste sich sehr selten und ihre zuständige Subkommission nur am Rande mit INSIEME.91 Die zum Informatikprojekt erhaltenen Informationen wurden nie angezweifelt und die den FK zur Verfügung stehenden Instrumente und Mittel nicht genutzt. Die FK-S wurde von der FinDel über ihre Tätigkeitsberichte über die Aktivitäten im Zusammenhang mit INSIEME informiert; eine mündliche Berichterstattung über INSIEME fand nicht statt. Die FK und GPK bemängeln, dass sich die FK-S nie nach dem Stand von INSIEME erkundigte, obwohl ihr bekannt war, dass sich die FinDel mit dem Projekt auseinandersetzte.92 Aus Sicht der FK und GPK war es nicht zielführend, dass zwischen der FK und der FinDel bezüglich INSIEME keine klar definierte Aufgabenteilung bestand.93 So war nicht sichergestellt, dass die FK-S bzw. ihre Subkommissionen an die Informationen gelangten, die sie für die Beurteilung der ­ insbesondere finanziellen ­ Situation bei INSIEME gebraucht hätten. Die FK und GPK laden die FinDel dazu ein, aktiv auf die FK zuzugehen. Ebenso sollte die EFK die FK vermehrt über ihre Feststellungen und Beurteilungen in Kenntnis setzen. Die FK wiederum werden dazu aufgefordert, die ihr zur Verfügung stehenden Instrumente und Mittel aktiver zu nutzen als bisher.

Die Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen der FinDel und den FK erachten die Oberaufsichtskommissionen als wichtige Massnahme zur Verbesserung der Wahrnehmung der finanziellen Oberaufsicht.

­

Oberaufsicht durch die Geschäftsprüfungskommissionen

Die Oberaufsichtskommissionen stellten fest, dass sich die GPK des Nationalrats (GPK-N) kaum und die GPK des Ständerats (GPK-S) überhaupt nicht mit INSIEME 89 90 91 92 93

Kapitel 7.2.2.5.

Kapitel 7.3.1.

Kapitel 7.3.1.

Kapitel 7.3.2.2.

Kapitel 7.3.2.3.

6396

befassten;94 eine Tatsache, die von den Oberaufsichtskommissionen rückblickend als kritisch beurteilt wird. Die Ursache dafür liegt u. a. im fehlenden Informationsfluss zwischen der EFK und den GPK ­ ein solcher soll nun ermöglicht werden95 ­ und in der mangelhaften Koordination zwischen FinDel/FK und den GPK auf Stufe der Organe.96 ­

Zusammenarbeit und Koordination zwischen den parlamentarischen Oberaufsichtsorganen

Die FK und GPK nahmen zur Kenntnis, dass weder die FinDel noch die FK die GPK von sich aus über die bestehenden Geschäftsführungsprobleme bei INSIEME informierten. Auf der anderen Seite luden die GPK die FinDel oder die FK nie ein, sie über INSIEME zu informieren, und sie prüften auch nie aus eigener Initiative, ob bei diesem derart lange andauernden Projekt Probleme bei der Geschäftsführung bestanden. Während eines Grossteils der Laufzeit von INSIEME fand kein Austausch statt. Aufgrund der mit INSIEME gemachten Erfahrungen sind die FK und GPK klar der Ansicht, dass die Koordination zwischen den verschiedenen Organen der Oberaufsicht verbessert werden muss.97 Schlussfolgerungen und weiteres Vorgehen Die lückenhafte Dokumentationslage verhinderte eine vollständige Aufarbeitung der Geschehnisse, die zum Scheitern von INSIEME geführt hatten. So war es den Oberaufsichtskommissionen nur teilweise möglich, Transparenz in Bezug auf die Projektführung und die Aufsicht durch die vorgesetzten Stellen über alle Hierarchiestufen bis hin zum Gesamtbundesrat zu schaffen. Auch eine Beurteilung der Rolle der externen Leistungserbringer konnte nur teilweise vorgenommen werden.

Was die Verantwortlichkeiten der involvierten Bundesstellen betrifft, kamen die FK und GPK zum Schluss, dass die ESTV die Hauptverantwortung für das Scheitern von INSIEME trägt, weil sie das Projekt ungenügend führte und beaufsichtigte sowie klare Vorgaben insbesondere bezüglich der Projektführung und der Beschaffungen missachtete. Das EFD trägt aufgrund seiner Aufgaben und Funktion aber klar eine Mitverantwortung, weil es seine Aufsichts- und Führungsfunktion über weite Strecken zu wenig wahrnahm. Und auch der Bundesrat trägt nach Ansicht von FK und GPK eine gewisse, übergeordnete Verantwortung dafür, dass INSIEME nicht erfolgreich war: Er hat es verpasst, klare Rahmenbedingungen zu schaffen und wirkungsvolle Vorgaben zu machen.

Die Untersuchung hat gezeigt, dass auch bei der Wahrnehmung der parlamentarischen Oberaufsicht Verbesserungsbedarf vorhanden ist. Die Organe der parlamentarischen Oberaufsicht trugen aber nur schon aufgrund ihrer Rolle weder die Verantwortung für INSIEME, noch tragen sie eine solche für das Scheitern des Projekts: Sie können weder Beschlüsse von Verwaltungsbehörden aufheben oder

94 95 96 97

Kapitel 7.4.1.

Kapitel 6.6.2.1.

Kapitel 7.4.2.

Kapitel 7.5.

6397

ändern noch anstelle dieser Behörden handeln oder ihnen verbindliche Weisungen erteilen.

Die EFK, die weder Teil der Verwaltungshierarchie noch der parlamentarischen Oberaufsicht ist, trägt nach Ansicht der FK und GPK ebenfalls keine direkte Verantwortung für das Scheitern von INSIEME. Die EFK muss sich jedoch daran messen lassen, inwieweit sie den Bundesrat und die Bundesversammlung angemessen unterstützt hat. Die FK und GPK kommen zum Schluss, dass ihre Unterstützung des Bundesrats nicht angemessen war. Auch betreffend Bundesversammlung war die Unterstützung nicht durchgehend adäquat.

Aus Sicht der Oberaufsichtskommissionen waren für das Scheitern von INSIEME fünf übergeordnete Gründe entscheidend: ­

Die Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten der betroffenen Stellen und damit die eigentlich wahrzunehmenden Rollen waren wiederholt unklar.

­

Regeln wurden von den verschiedenen Akteuren nicht eingehalten, Vorgaben ­ teils bewusst, teils aus Unkenntnis ­ oft nicht befolgt, ohne dass dies sanktioniert worden wäre.

­

Informationen wurden ohne Bezugnahme auf die Rolle der Empfänger breit gestreut.

­

Informationen wurden in aller Regel entgegengenommen, ohne sie auch nur stichprobenmässig auf ihre Plausibilität hin zu überprüfen.

­

Auf vorhandene Fähigkeiten und Fachkenntnisse ausserhalb der eigenen Linie wurde nur ungenügend zurückgegriffen.

Nach Ansicht der FK und GPK braucht es auf allen Stufen zwingend klare Vorgaben ­ insbesondere in Bezug auf die Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortlichkeiten aller Akteure. Die FK und GPK haben zur Kenntnis genommen, dass der Bundesrat seit dem Abbruch von INSIEME insbesondere im Bereich des Beschaffungsrechts und der Projektvorgaben bereits erste Massnahmen ergriffen hat.

Notwendig ist auch eine funktionsfähige und wirksame Aufsicht sowohl auf Amtsals auch auf Departementsstufe, die insbesondere Verletzungen von Vorgaben aufdeckt und ahndet. Dass Vorgaben eingehalten werden, ist aber nicht nur eine Frage von Kontrolle und Aufsicht: Die Oberaufsichtskommissionen erachten auch kulturelle Aspekte als entscheidend.

Nachdem die FK und GPK ihre Arbeiten abgeschlossen und den Handlungsbedarf aufgezeigt haben, obliegt es nun den betroffenen Behörden, insbesondere dem Bundesrat und der EFK ­ und in einer zweiten Phase dem Gesetzgeber ­, die notwendigen Massnahmen zu ergreifen. Die Oberaufsichtskommissionen erwarten bis Ende Februar 2015 deren Stellungnahmen zu ihrer Untersuchung und ihren 22 Empfehlungen. Die Oberaufsichtsorgane befassen sich ihrerseits mit den sie betreffenden Feststellungen.

6398

Inhaltsverzeichnis Übersicht

6378

1

Einleitung 1.1 Ausgangslage 1.2 Untersuchungsmandat 1.3 Ziele und Gegenstand der Untersuchung 1.3.1 Untersuchungsziele 1.3.2 Untersuchungsgegenstand 1.3.3 Eingrenzung einzelner Untersuchungsthemen 1.3.3.1 Beschaffungswesen 1.3.3.2 Aufsicht und Führung in der Linie 1.3.4 Untersuchungsfragen 1.4 Vorgehensweise 1.4.1 Informationsbeschaffung unter erschwerten Bedingungen: lückenhafte und ungeordnete Dokumentenbestände in der ESTV und im BIT 1.4.2 Geteilte Aufarbeitung von INSIEME durch die AGI und den Bundesrat 1.4.3 Würdigung der Mitarbeit des Bundesrats 1.4.4 Untersuchungsarbeiten der AGI

6407 6407 6409 6410 6410 6410 6411 6411 6412 6412 6413

Sachverhalt 2.1 Phase 1: Projektkonzeption bis Abbruch der Verhandlungen mit Unisys (2001­August 2007) 2.2 Phase 2: Projektneustart bis Einleitung der Administrativuntersuchung (September 2007­Januar 2012) 2.3 Phase 3: nach Einleitung der Administrativuntersuchung bis Projektabbruch (Februar 2012­September 2012)

6418

2

3

Projekt INSIEME 3.1 Einleitung 3.2 Rechtsgrundlagen, Aufgabenteilung und Rahmenbedingungen 3.2.1 Rechtsgrundlagen 3.2.1.1 Projektmanagement 3.2.1.2 Beschaffungswesen 3.2.2 Aufgabenteilung 3.2.2.1 Regelung der IKT-Aufgaben gemäss Bundesinformatikverordnung 3.2.2.2 Informatikprozesse der Bundesverwaltung 3.2.3 Rahmenbedingungen: Fragestellung gemäss Untersuchungskonzept 3.2.4 Rahmenbedingungen: Würdigung des Berichts des Bundesrats durch die FK und GPK 3.2.4.1 Reorganisation der Informatik in der Bundesverwaltung von 1997­2003 (NOVE-IT)

6413 6415 6415 6417

6418 6419 6421 6422 6422 6423 6423 6423 6424 6424 6424 6425 6425 6426 6426

6399

3.2.4.2

3.3

3.4

3.5

6400

Milleniumsproblematik MOLIS und STOLIS (Jahr-2000-Tauglichkeit) 3.2.4.3 Neues Mehrwertsteuergesetz (Reform der MWST) Projektmanagement gespiegelt an der Methodik von HERMES 3.3.1 Fragestellung gemäss Untersuchungskonzept 3.3.2 Projektmanagement gespiegelt an HERMES: Bericht des Bundesrats 3.3.2.1 Zeitperiode Januar 2001­Juli 2007 3.3.2.2 Zeitperiode August 2007­Juni 2009 3.3.2.3 Zeitperiode Juli 2009­November 2010 3.3.2.4 Zeitperiode Dezember 2010­Januar 2011 3.3.2.5 Zeitperiode Februar 2011­September 2011 3.3.2.6 Zeitperiode Oktober 2011­September 2012 3.3.2.7 Einfluss auf das Scheitern des Projekts 3.3.2.8 Massnahmen des Bundesrats für künftige IKTProjekte 3.3.3 Projektmanagement gespiegelt an HERMES: Würdigung des Berichts des Bundesrats durch die FK und GPK Systemanforderungen 3.4.1 Fragestellung gemäss Untersuchungskonzept 3.4.2 Systemanforderungen: Bericht des Bundesrats 3.4.2.1 Allgemein 3.4.2.2 Zeitperiode 2005­2007: WTO-Ausschreibung 3.4.2.3 Zeitperiode 2008­2009: Relaunch INSIEME 3.4.2.4 Zeitperiode 2009­2011: Gesamtvorhaben INSIEME 3.4.3 Systemanforderungen: Beurteilung des Bundesrats 3.4.4 Untersuchung der FK und GPK über vorliegende Systembzw. Projektkonzeptionen 3.4.4.1 Allgemein 3.4.4.2 INSIEME-Projekte der Phase 1: Projektkonzeption bis Abbruch der Verhandlungen mit dem Generalunternehmer (Januar 2001­August 2007) 3.4.4.3 INSIEME-Projekte der Phase 2: Projektneustart bis Einleitung der Administrativuntersuchung (September 2007­Januar 2012) 3.4.4.4 INSIEME-Projekte der Phase 3: nach Einleitung der Administrativuntersuchung bis Projektabbruch (Februar 2012­September 2012) 3.4.4.5 Schlussfazit der FK und GPK zu ihrer Untersuchung über vorliegende System- bzw.

Projektkonzeptionen Rolle des internen Leistungserbringers (Bundesamt für Informatik und Telekommunikation) 3.5.1 Fragestellung gemäss Untersuchungskonzept 3.5.2 Rechtsgrundlagen und Vorgaben

6427 6427 6428 6428 6428 6428 6428 6429 6430 6430 6431 6431 6431 6432 6435 6435 6436 6436 6436 6437 6437 6439 6439 6439

6443 6451 6454 6455 6455 6455 6456

3.5.3

3.6

3.7

Sachverhaltsdarstellung der Rolle des BIT 3.5.3.1 Vorbelastetes Verhältnis zwischen ESTV und BIT 3.5.3.2 Das BIT als strategischer Partner der ESTV 3.5.3.3 Direktionswechsel im BIT 3.5.4 Beurteilung der Rolle des BIT 3.5.4.1 Beurteilung durch den Bundesrat 3.5.4.2 Beurteilung durch die FK und GPK Rolle der externen Leistungserbringer (externe Experten) 3.6.1 Fragestellung gemäss Untersuchungskonzept 3.6.2 Ursachen für den Einbezug externer Experten 2001­2012: Bericht des Bundesrats 3.6.2.1 Einleitung 3.6.2.2 Eingekaufte Rollen 2008­2013 3.6.2.3 Auftragsvergabe 3.6.2.4 Lehren in Bezug auf die Beschaffung von Ressourcen 3.6.3 Ursachen für den Einbezug externer Experten 2001­2012: Beurteilung des Bundesrats 3.6.4 Ursachen für den Einbezug externer Experten 2001­2012: Würdigung der Beurteilung des Bundesrats durch die FK und GPK 3.6.5 Untersuchung der FK und GPK über die Rolle und Verantwortlichkeiten (Einfluss) der externen Experten 2001­2012 auf Basis der Expertenverträge 3.6.5.1 Einfluss externer Experten auf die INSIEMEProjekte 3.6.5.2 Einfluss externer Experten auf die Systemanforderungen 3.6.5.3 Analyse der INSIEME-Dienstleistungsverträge Beschaffungswesen 3.7.1 Fragestellung gemäss Untersuchungskonzept 3.7.2 Rechtsgrundlagen 3.7.3 Beschaffungsrechtliche Verstösse bei INSIEME 3.7.3.1 EFD-Adminstrativuntersuchung vom Juni 2012 3.7.3.2 Laufendes Strafverfahren der Bundesanwaltschaft 3.7.3.3 Bericht des Bundesrats vom Februar 2013 3.7.3.4 Beurteilung durch den Bundesrat 3.7.3.5 Beurteilung durch die FK und GPK 3.7.4 Rolle des Bundesamts für Bauten und Logistik (BBL) 3.7.4.1 Das BBL als zentrale Beschaffungsstelle 3.7.4.2 Das BBL als Beratungsorgan 3.7.4.3 Beurteilung durch den Bundesrat 3.7.4.4 Beurteilung durch die FK und GPK 3.7.5 Abklärungen des Bundesrats im Bereich des Beschaffungswesens 3.7.5.1 Flexibilisierung des Beschaffungsverfahrens

6456 6456 6458 6461 6463 6463 6464 6467 6467 6468 6468 6468 6470 6470 6470 6471 6472 6472 6472 6473 6473 6473 6474 6475 6475 6476 6476 6477 6477 6478 6478 6481 6482 6482 6484 6484 6401

3.8 4

3.7.5.2 Förderung der Beschaffungskompetenzen 3.7.5.3 Beurteilung durch die FK und GPK Zwischenfazit zum Projekt INSIEME

Aufsicht und Führung in der Linie 4.1 Einleitung 4.2 Rechtsgrundlagen 4.2.1 Aufsicht und Führung im Allgemeinen 4.2.2 Aufsicht und Führung im Bereich der Finanzen 4.3 Aufsicht und Führung durch die ESTV 4.3.1 Befassung der Direktion der ESTV mit INSIEME 4.3.1.1 Entscheidinstanzen auf Stufe Direktion der ESTV 4.3.1.2 Konflikte innerhalb der Direktion der ESTV 4.3.1.3 Informationsbasis der Direktion der ESTV 4.3.1.4 Fachliche Entscheide der Direktion der ESTV 4.3.1.5 Personalpolitische Entscheide der Direktion der ESTV 4.3.2 Zusammenarbeit und Koordination 4.3.2.1 Zusammenarbeit und Koordination der ESTV mit dem BIT und dem BBL 4.3.2.2 Zusammenarbeit und Koordination der ESTV mit dem Departement 4.3.2.3 Zusammenarbeit und Koordination der ESTV mit der EFK 4.3.3 Finanzinspektorat der ESTV (FISP ESTV) 4.3.4 Informationen der ESTV an die parlamentarischen Oberaufsichtsorgane 4.4 Aufsicht und Führung durch die Departementsführung des EFD 4.4.1 Ausgestaltung der Aufsichts- und Führungsfunktion 4.4.1.1 Aufgabenteilung der Departementsführung 4.4.1.2 IRB-Vorsitz 4.4.1.3 Ressourcen-Governance im GS EFD 4.4.2 Informationsquellen der Departementsführung 4.4.2.1 Reporting der ESTV 4.4.2.2 Führungsgespräche mit den Amtsdirektoren 4.4.2.3 Vertreter des GS EFD im LAS bzw. GPA 4.4.2.4 Kontakte mit der Abteilung Ressourcen des EFD 4.4.2.5 Prüfberichte und Kontakte mit der EFK 4.4.2.6 Beratung in den parlamentarischen Oberaufsichtsorganen 4.4.2.7 Stabübergaben 4.4.3 Einflussnahme der Departementsführung auf INSIEME 4.4.3.1 Stellenwert von INSIEME 4.4.3.2 Finanzen 4.4.3.3 Projektvorgaben der Bundesverwaltung

6402

6485 6486 6486 6488 6488 6489 6489 6492 6493 6493 6493 6500 6502 6503 6506 6509 6509 6509 6511 6513 6515 6518 6518 6518 6520 6521 6522 6522 6524 6525 6529 6530 6534 6535 6536 6536 6539 6543

4.4.3.4

4.5 5

Personalpolitische und organisatorische Entscheide des Departements 4.4.3.5 Koordination und Zusammenarbeit der bei INSIEME involvierten Ämter 4.4.4 Informationen des Departements an den Gesamtbundesrat 4.4.5 Informationen des Departements an die parlamentarischen Oberaufsichtsorgane Zwischenfazit zur Aufsicht und Führung in der Linie

Verantwortung des Bundesrats 5.1 Einleitung 5.1.1 Gegenstand der Inspektion 5.1.2 Protokolle der Bundesratssitzungen zum INSIEME-Projekt 5.2 Rechtsgrundlagen 5.2.1 Aufsichtsfunktion des Bundesrats 5.2.2 Zusammenarbeit mit der EFK und Zuständigkeit des Bundesrats für das Risikomanagement 5.2.3 Rolle des Bundesrats im IKT-Bereich 5.3 Rolle des Gesamtbundesrats als oberstes Aufsichtsorgan 5.3.1 Rolle des Bundesrats als verantwortliche Stelle für die Verpflichtungs- und Zusatzkredite 5.3.1.1 Sachverhalt 5.3.1.2 Vergabe der Verpflichtungs-, Nachtrags- und Zusatzkredite 5.3.1.3 Nachkontrolle und beabsichtigtes Monitoring des Bundesrats 5.3.2 Überwachung der Umsetzung der Empfehlungen der EFK und Zusammenarbeit zwischen EFK und Bundesrat im Rahmen des INSIEME-Projekts 5.3.2.1 Rolle des Bundesrats bei der Überwachung der Umsetzung der Empfehlungen der EFK 5.3.2.2 Auslegungsdifferenzen zwischen der EFK und dem Bundesrat 5.4 Rolle des Gesamtbundesrats als oberstes führendes Organ des Bundes: strategische Verantwortung 5.4.1 Rolle des ISB 5.4.1.1 Rechtsgrundlagen 5.4.1.2 Sachverhalt 5.4.1.3 Beurteilung der Rolle des ISB 5.4.2 Rolle des IRB 5.4.2.1 Rechtsgrundlagen 5.4.2.2 Sachverhalt 5.4.2.3 Beurteilung der Rolle des IRB 5.4.3 Rolle des Bundesrats als oberstes Organ der strategischen Steuerung 5.4.3.1 Einleitung und Sachverhalt

6545 6548 6552 6553 6555 6557 6557 6557 6557 6558 6558 6559 6560 6561 6561 6561 6563 6564 6566 6566 6567 6570 6570 6570 6572 6573 6578 6578 6579 6580 6584 6584

6403

5.4.3.2

5.5 6

Beurteilung der Rolle des Bundesrats als oberstes Organ der strategischen Steuerung 5.4.4 Risikomanagement 5.4.4.1 Ziele und Zuständigkeiten 5.4.4.2 Risikomanagement beim INSIEME-Projekt Zwischenfazit zur Verantwortung des Bundesrats

Aufsicht durch die Eidgenössische Finanzkontrolle 6.1 Einleitung 6.2 Rechtsgrundlagen 6.2.1 Stellung und Aufgaben der EFK 6.2.2 Prüfungsbefunde und Empfehlungen 6.2.3 Berichterstattung an weitere Aufsichts- und Oberaufsichtsorgane 6.2.4 Meldung an den Departementsvorsteher und den Bundespräsidenten bzw. an den Bundesrat 6.2.5 Zusammenarbeit mit Querschnittsämtern 6.2.6 Stellungnahme in Mitberichtsverfahren und in der Ämterkonsultation 6.2.7 Beratung zu Kreditbegehren 6.2.8 Koordination der Prüftätigkeiten mit den FISP sowie Stellung und Aufgaben der FISP 6.2.9 Anlaufstelle Whistleblowing 6.3 Phase 1: Projektkonzeption bis Abbruch der Verhandlungen mit Unisys (2001­August 2007) 6.3.1 Ausgangslage: Meldung an den Bundespräsidenten im März 2002 6.3.2 Prüfung der EFK zu INSIEME von 2005 6.3.3 Verpflichtungskredit INSIEME 2005 6.3.4 Prüfung der EFK zu INSIEME von 2006 6.3.5 Verschobene Prüfung der EFK von 2007 6.4 Phase 2: Projektneustart bis Einleitung der Administrativuntersuchung (September 2007­Januar 2012) 6.4.1 Prüfung der EFK von 2008 6.4.2 Informationsbesuch bei der ESTV 2009 6.4.3 Zusatz- und Nachtragskredit zu INSIEME von 2010 6.4.4 Bundesratsbeschluss vom 18. Juni 2010: INSIEME als Gegenstand eines rigorosen Monitorings 6.4.5 Prüfung der EFK von 2011 6.5 Phase 3: Nach Einleitung der Administrativuntersuchung bis Projektabbruch (Februar 2012­September 2012) 6.5.1 Folgen der Prüfung der EFK von 2011 6.6 Zwischenfazit zur Aufsicht durch die EFK 6.6.1 Unterstützung des Bundesrats und der Departemente 6.6.2 Prüfungen der EFK 6.6.2.1 Prüfung des Finanzgebarens und der Geschäftsführung

6404

6585 6588 6588 6589 6591 6592 6592 6593 6593 6594 6595 6595 6596 6596 6596 6597 6597 6598 6598 6599 6601 6601 6603 6605 6605 6609 6609 6611 6612 6614 6614 6616 6616 6619 6619

6.6.2.2 Übernahme und Ablehnung von Prüfaufträgen Mitteilung der Prüfungsbefunde an die ESTV: Gewichtung der Empfehlungen 6.6.4 Stellungnahmen der ESTV zu den Empfehlungen der EFK 6.6.5 Mitteilung der Prüfungsbefunde an das EFD 6.6.6 Meldungen an die Departementsvorstehenden und an den Bundesrat sowie an die FinDel 6.6.7 Meldungen an Querschnittsämter und -organe 6.6.7.1 Meldungen der EFK an das ISB 6.6.7.2 Meldungen der EFK an das BBL 6.6.8 Mitteilung der Prüfungsbefunde der EFK an die FinDel 6.6.9 Nachverfolgung der Umsetzung der Empfehlungen durch die EFK 6.6.9.1 Nachkontrollen der EFK 6.6.9.2 Verschiebung von Folgeprüfungen infolge externer Audits 6.6.10 Umgang der EFK mit Umsetzungspendenzen («Revisionspendenzen») 6.6.11 Stellungnahme und Beratung der EFK zu Kreditgeschäften 6.6.11.1 Stellungnahme in der Ämterkonsultation 6.6.11.2 Beratung der EFK zu Kreditbegehren 6.6.12 Koordination der Prüfungstätigkeiten der EFK mit dem FISP ESTV 6.6.12.1 Prüfungstätigkeiten des FISP ESTV im Rahmen der eigenen Prüfungsplanung 6.6.12.2 Koordination durch die EFK und Zusammenarbeit mit dem FISP ESTV 6.6.13 Anlaufstelle Whistleblowing der EFK Motion betreffend die Aufsicht durch die EFK: Änderung des Finanzkontrollgesetzes

6621

6.6.3

6.7 7

Parlamentarische Oberaufsicht 7.1 Rechtsgrundlagen, Aufgabenteilung und Rahmenbedingungen 7.1.1 Parlamentarische Oberaufsicht und Finanzkompetenzen der Bundesversammlung 7.1.2 Organe der parlamentarischen Oberaufsicht 7.1.3 Mittel und Instrumente der parlamentarischen Oberaufsicht 7.1.4 Kriterien der parlamentarischen Oberaufsicht 7.1.5 Feststellungen und Empfehlungen 7.1.6 Koordination der verschiedenen Oberaufsichtsorgane der Bundesversammlung 7.2 Rolle der Finanzdelegation 7.2.1 Wahrnehmung der Oberaufsichtsfunktion bei INSIEME 7.2.1.1 Phase 1: Projektkonzeption bis Abbruch der Verhandlungen mit Unisys (2001­August 2007)

6622 6625 6626 6628 6633 6633 6635 6637 6640 6640 6643 6644 6650 6650 6652 6654 6654 6658 6660 6661 6662 6662 6662 6664 6665 6667 6667 6668 6669 6669 6669

6405

7.2.1.2

7.3

7.4

7.5 7.6 8

Phase 2: Projektneustart bis Einleitung der Administrativuntersuchung (September 2007­Januar 2012) 7.2.1.3 Phase 3: nach Einleitung der Administrativuntersuchung bis Projektabbruch (Februar 2012­September 2012) 7.2.2 Beurteilung der parlamentarischen Oberaufsicht der FinDel 7.2.2.1 Informationsbasis und Aktivität der FinDel 7.2.2.2 Selbstverständnis der FinDel 7.2.2.3 Rolle und Funktionsweise der EFK 7.2.2.4 Rolle und Aufgaben des SPFA 7.2.2.5 Zwischenfazit Rolle der Finanzkommissionen 7.3.1 Wahrnehmung der Oberaufsichtsfunktion bei INSIEME 7.3.1.1 Phase 1: Projektkonzeption bis Abbruch der Verhandlungen mit Unisys (2001­August 2007) 7.3.1.2 Phase 2: Projektneustart bis Einleitung der Administrativuntersuchung (September 2007­ Januar 2012) 7.3.1.3 Phase 3: nach Einleitung der Administrativuntersuchung bis Projektabbruch (Februar 2012­September 2012) 7.3.2 Beurteilung der parlamentarischen Oberaufsicht der FK 7.3.2.1 Informationsbasis und Aktivität der FK-N 7.3.2.2 Informationsbasis und Aktivität der FK-S 7.3.2.3 Aufgabenteilung zwischen der FinDel und den FK Rolle der Geschäftsprüfungskommissionen 7.4.1 Wahrnehmung der Oberaufsichtsfunktion bei INSIEME 7.4.2 Beurteilung der parlamentarischen Oberaufsicht der GPK Zusammenarbeit und Koordination zwischen den parlamentarischen Oberaufsichtsorganen Zwischenfazit zur parlamentarischen Oberaufsicht

Schlussfolgerungen und weiteres Vorgehen 8.1 Schlussfolgerungen 8.2 Weiteres Vorgehen

6673 6676 6679 6679 6682 6687 6693 6695 6698 6698 6698 6700 6703 6705 6705 6710 6712 6712 6712 6713 6715 6716 6718 6718 6723

Materialienverzeichnis

6724

Abkürzungsverzeichnis

6731

Anhänge: 1 Liste der angehörten Personen 2 An der Berichtserstellung beteiligte Personen des Sekretariats GPK und des SPFA 3 Liste der Empfehlungen und Vorstösse 6406

6735 6737 6738

Bericht 1

Einleitung

1.1

Ausgangslage

Am 20. September 2012 gab die Vorsteherin des EFD (seit 2010) mit einer Medienmitteilung ihren Entscheid bekannt, das Informatikprojekt INSIEME der ESTV abzubrechen. Zu diesem Zeitpunkt lief das Projekt98 bereits seit zwölf Jahren und hatte Ausgaben von rund 105 Millionen Franken verursacht.99 Das Projekt INSIEME war im Jahr 2001 von der ESTV mit dem Ziel lanciert worden, ein steuerartenübergreifendes IT-Gesamtsystem zu schaffen, das die veralteten Informatiksysteme MOLIS und STOLIS100 ablösen sollte. Dank der Bereitstellung von Informationen und Diensten über das Internet sollte eine Verbesserung der Leistungen für Steuerzahler, Behörden und Organisationen erzielt werden. Ausserdem rechnete die ESTV aufgrund der angestrebten Verbesserung bei der Zusammenarbeit zwischen den Steuerhauptabteilungen und einer Optimierung der Risikoanalyse bei der Steuerinspektion mit Steuermehrerträgen von 200 Millionen Franken pro Jahr.101 Vor seinem Abbruch geriet INSIEME über seine gesamte Projektlaufzeit wiederholt in Schwierigkeiten. Der Projektabschluss war ursprünglich für das Jahr 2009 vorgesehen, musste aber im Jahr 2007 aufgrund eines Widerrufs des WTO-Zuschlags für den technischen Realisierungsauftrag und des daraus resultierenden weitgehenden Projektneustarts ins Jahr 2013 verschoben werden. Im Jahr 2010 kam es zu Verzögerungen im Projekt und der damalige Gesamtprojektleiter wurde abgesetzt. INSIEME wurde in der Folge redimensioniert und der Abschlusstermin erneut nach hinten verschoben. Im Juni 2012 sorgte das Projekt für Schlagzeilen in den nationalen Medien, als die Vorsteherin des EFD (seit 2010) die Ergebnisse einer Administrativuntersuchung zu den Beschaffungen im Projekt INSIEME präsentierte und die Bundesanwaltschaft (BA) eine Strafuntersuchung gegen den Leiter der Leistungsbezügerorganisation (LBO) der ESTV und unbekannte Täterschaft wegen Verdachts

98

INSIEME wurde über seine gesamte Laufzeit unterschiedlich bezeichnet, unter anderem als «Projekt», als «Projekt ­ Programm», als «Vorhaben» oder als «Gesamtvorhaben». Da es sich bei INSIEME um mehrere gleichartige Projekte mit gleichem Ziel handelte, wäre die zutreffende Bezeichnung gemäss Informatik-Terminologie des Bundes «Programm».

Wie in Kapitel 3.3 des vorliegenden Berichts ausgeführt, wurde INSIEME allerdings zu weiten Teilen nicht im Sinne eines «Programms» geführt. In Abgrenzung zum Begriff «Programm» wird deshalb im vorliegenden Bericht durchgehend der Begriff «Projekt» verwendet.

99 Kosten der Phase 1 von INSIEME (2001 bis Aug. 2007): 13,6 Millionen Franken; Kosten der Phasen 2 und 3 von INSIEME (Sept. 2007 bis Sept. 2012): 92 Millionen Franken (Bericht der ESTV [stv. Direktor ESTV seit 1995] vom 25. Jan. 2013, Teil 1, S. 58; Protokoll der FinDel vom 19. Sept. 2012, S. 8 [Vorsteherin EFD seit 2010]).

100 MOLIS: Mehrwertsteuer-Online-Informationssystem, STOLIS: Stempelabgaben-OnlineInformationssystem.

101 Die Schätzung von 200 Millionen Franken gab die ESTV erstmals im Jahr 2005 gegenüber dem Bundesrat und dem Parlament bekannt. 2012 wurde die Realisierung der geschätzten Steuermehrerträge von 200 Millionen Franken pro Jahr von der EFK und dem EFD schliesslich angezweifelt (EFK-Bericht vom Januar 2012, S. 19; Protokoll der FK-N vom 3./4. Sept. 2012, S. 6­7 [Vorsteherin EFD seit 2010]).

6407

auf Korruption und ungetreue Amtsführung eröffnete.102 Im Zuge dieser Ereignisse wurde der Direktor der ESTV (2000­2012) freigestellt. Weiter forderte das EFD bei der ESTV eine Standortbestimmung zu INSIEME ein. Diese offenbarte im September 2012, dass die bisher angefallenen Kosten in deutlichem Missverhältnis zum Projektfortschritt standen: Während bereits rund 105 Millionen Franken des bewilligten Kostenrahmens von 155 Millionen Franken ausgegeben waren, waren erst etwa 10 Prozent der Programmierarbeiten für die Ablösung der Altsysteme, welche den Kernbestandteil des Projekts INSIEME darstellten, ausgeführt.103 Für die Vorsteherin des EFD (seit 2010) sprachen schliesslich mehrere Gründe für den Abbruch des Projekts. Zum einen hätte selbst bei einer Fertigstellung von INSIEME nur ein kleiner Teil des bei der Kreditgenehmigung vorgesehenen Leistungsumfangs realisiert werden können. Zum anderen hätte die Bereinigung der bestehenden beschaffungsrechtlichen Probleme zu Verzögerungen geführt, so dass nicht sichergestellt gewesen wäre, dass die bis Ende 2015 gesprochenen Mittel genügt hätten. Weiter ging das BIT davon aus, dass das fertige Produkt infolge mehrfacher Methodik- und Softwarewechsel im Laufe des Projekts unverhältnismässige Wartungskosten nach sich gezogen oder es sich unter Umständen sogar als nicht wartungsfähig erwiesen hätte.104 Vor diesem Hintergrund erachtete die Vorsteherin des EFD (seit 2010) die Weiterführung des Projekts als zu risikoreich und traf Mitte September 2012 ihren Abbruchentscheid.

Im April 2013 konnten die Abschlussarbeiten für den Abbruch von INSIEME offiziell beendet werden. Unter anderem wurden die Altsysteme gesichert und bereits begonnene WTO-Ausschreibungen abgebrochen. Die Gesamtkosten des gescheiterten Projekts INSIEME beliefen sich nach Beendigung der Abbrucharbeiten auf 115,9 Millionen Franken.105 Angesichts der weiterhin bestehenden Notwendigkeit einer Ablösung der längst veralteten Kerninformatiksysteme der ESTV bewilligten der Bundesrat und das Parlament mit Beschlüssen vom 10. April 2013 respektive 12. Dezember 2013 Mittel in der Höhe von 85,2 Millionen Franken zur Finanzierung eines Folgeprojekts von INSIEME mit dem Namen FISCAL-IT. Dieses soll im Jahr 2019 abgeschlossen werden.106

102

103 104 105

106

Strafanzeigen der EFK vom 25. Jan. 2012 und des GS EFD vom 11. Mai 2012. Das Verfahren ist bis zur Publikation des vorliegenden Berichts noch nicht abgeschlossen worden. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Protokoll der FinDel vom 19. Sept. 2012, S. 7­8 (Vorsteherin EFD seit 2010).

1. BR-Bericht vom 27. Febr. 2013, S. 47­48.

Kosten der Phase 1 von INSIEME (2001 bis Aug. 2007): 13,6 Millionen Franken; Kosten der Phasen 2 und 3 sowie der Abschlussphase von INSIEME (Sept. 2007 bis April 2013): 102,3 Millionen (Bericht der ESTV [stv. Direktor ESTV seit 1995] vom 25. Jan. 2013, Teil 1, S. 58; Kreditüberwachung INSIEME vom 31. Aug. 2013). Bei den angegebenen 115,9 Millionen Franken handelt es sich um finanzierungswirksame Aufwände. In den Phasen 2 und 3 fielen zusätzliche 36,2 Millionen Franken interne Kosten an. Für die Phase 1 von INSIEME können die internen Kosten von der ESTV nicht mehr eruiert werden (Kreditüberwachung INSIEME vom 31. Dez. 2012; Bericht der ESTV [stv. Direktor ESTV seit 1995] vom 25. Jan. 2013, Teil 1, S. 58).

Medienmitteilung des Bundesrats vom 10. April 2013.

6408

1.2

Untersuchungsmandat

Vor dem Hintergrund der dargelegten Ereignisse beschlossen die FK und GPK beider Räte am 9. bzw. 13. November 2012, das gescheiterte Projekt INSIEME gründlich aufzuarbeiten, um Lehren für künftige Informatikprojekte ziehen zu können. Da die Untersuchung sowohl Themen des Finanzhaushalts als auch der Geschäftsführung betraf, fiel sie gemäss Parlamentsgesetz (ParlG) sowohl in die Zuständigkeit der FK als auch der GPK.107 Die FK und GPK beider Räte beschlossen deshalb, eine gemischte Arbeitsgruppe für eine gemeinsame Inspektion einzusetzen. Sie wählten am 6. Dezember 2012 siebzehn Mitglieder aus allen vier Oberaufsichtskommissionen108 in die neu gebildete Arbeitsgruppe INSIEME (AGI).109 Diese gemeinsame Arbeitsform ist insofern aussergewöhnlich, als dass eine solche gemischte Arbeitsgruppe von FK und GPK in Vergangenheit erst ein einziges Mal ­ nämlich anlässlich der Abklärungen der parlamentarischen Oberaufsicht betreffend die IT des Bundesgerichts in den Jahren 2007 und 2008 ­ zum Einsatz kam.110 Die FK und GPK beauftragten die AGI am 6. Dezember 2012, den Untersuchungsgegenstand in Form eines Untersuchungskonzepts zu konkretisieren und es ihnen zur Genehmigung vorzulegen. Gleichzeitig forderten die FK und GPK beim Bundesrat einen umfassenden schriftlichen Bericht ein, der den Projektverlauf von INSIEME seit 2001 detailliert beschreiben und aufarbeiten sollte. Auf der Basis dieses Berichts und erster Anhörungen erarbeitete die AGI im März und April 2013 ihr Untersuchungskonzept zuhanden der FK und GPK. Angehört wurden in dieser frühen Phase die Vorsteherin des EFD (seit 2010) und Vertreter des GS EFD zur Führung und Aufsicht von INSIEME und den bereits getroffenen Massnahmen des Bundesrats sowie Vertreter der EFK zu den Ergebnissen ihrer bisherigen Prüfungen.

Die FK und GPK verabschiedeten das Untersuchungskonzept an ihren Sitzungen vom 6. und 7. bzw. 16. Mai 2013. Mit Bezug auf das Konzept, welches unter anderem die Aufarbeitung der parlamentarischen Oberaufsicht bezüglich INSIEME vorsah, erteilte die FinDel der AGI ihre Zustimmung, die Rolle der FinDel betreffend INSIEME zu untersuchen.111 Weiter ermächtigte sie ihre zwei Vertreter in der AGI112, die Haltung der FinDel zu den diesbezüglichen Untersuchungserkenntnissen in der AGI zu vertreten. Vor der ersten Lesung des Kapitels 7 in der AGI wurde die FinDel konsultiert, damit sie eine konsolidierte Haltung zu den sie betreffenden 107 108 109

Art. 50 und 52 ParlG (SR 171.10).

FK-S, FK-N, GPK-S, GPK-N.

Die AGI besteht aus den folgenden Mitgliedern: Ständerat Paul Niederberger (Präsident der AGI, Mitglied der GPK-S), Nationalrätin Barbara Gysi (Vize-Präsidentin der AGI, Mitglied der FK-N); Mitglieder aus der FK-S: Ständeräte Werner Hösli (ab 19. Juni 2014), This Jenny (bis 13. Febr. 2014), Urs Schwaller und Roberto Zanetti; Mitglieder aus der FK-N: Nationalrätinnen und Nationalräte Roland Fischer, Petra Gössi, Alois Gmür, Rosmarie Quadranti und Pirmin Schwander; Mitglieder aus der GPK-S: Ständeräte Joachim Eder, Alex Kuprecht und Hans Stöckli; Mitglieder aus der GPK-N: Nationalrätin und Nationalräte Yvonne Feri, Alfred Heer, Hugues Hiltpold und Ueli Leuenberger.

In der Sitzung der AGI vom 26. März 2014 nahm Ständerat Urs Schwaller in seiner Funktion als ehemaliger Präsident der FinDel Stellung zur Oberaufsichtstätigkeit der FinDel während seines Präsidialjahrs 2012.

110 Die gemischte Arbeitsgruppe von 2007/2008 umfasste je ein Mitglied aus den FK und den GPK (vgl. Informationsnotiz des SPFA zuhanden ihrer Kommissionen bzw. Delegation vom 8. Nov. 2012, S. 3).

111 Formeller Beschluss der FinDel in der Sitzung vom 18. Dez. 2013.

112 Mitglieder der FinDel in der AGI: Ständerat Urs Schwaller und Nationalrat Pirmin Schwander.

6409

Feststellungen festlegen und ihre Mitglieder in der AGI entsprechend instruieren konnte. Diese vertraten die Haltung der FinDel im Rahmen der ersten Lesung des Kapitels 7.

Für die Untersuchung der AGI bewilligte das Parlament im Rahmen des Voranschlags 2013 einen Kredit über 1,5 Millionen Franken.113

1.3

Ziele und Gegenstand der Untersuchung

1.3.1

Untersuchungsziele

Im Rahmen der Verabschiedung des Untersuchungskonzepts zur Inspektion INSIEME legten die FK und GPK im Mai 2013 folgende Ziele fest: ­

Schaffen von Transparenz über die Projektführung und die Aufsicht durch die vorgesetzten Stellen über alle Hierarchiestufen bis zum Gesamtbundesrat (Sachverhaltsabklärung: Wer hat was warum und wann unternommen bzw.

entschieden?);

­

Feststellung und Beurteilung der Verantwortlichkeiten der involvierten Bundesstellen sowie der externen Leistungserbringer (Informationsfluss und Reporting, Controlling und Aufsicht, Zusammenarbeit zwischen ESTV, BIT, BBL und GS EFD);

­

Klärung der Funktionen und Rollen der EFK als oberstes Finanzaufsichtsorgan sowie der parlamentarischen Oberaufsichtsorgane im Projekt INSIEME.

Mit der Untersuchung von INSIEME beabsichtigten die FK und GPK, ergänzend zu den Schlussfolgerungen bisheriger Untersuchungsberichte zusätzliche Erkenntnisse zu gewinnen. Entsprechend sollten die bereits erfolgten Untersuchungen des EFD, der EFK und des FISP ESTV sowie bisherige Prüfungen von externen Firmen wie Capgemini, Accenture und SQS nicht erneut aufgerollt werden.114 Im Zentrum der Aufarbeitung von INSIEME stand ausserdem die Absicht, aus den Erkenntnissen Lehren für die Zukunft zu ziehen. Die Zuschreibung von persönlichen Verantwortlichkeiten für das Scheitern des Projekts war kein primäres Anliegen der Untersuchung.

1.3.2

Untersuchungsgegenstand

Unter Berücksichtigung der oben genannten Ziele wurden die folgenden thematischen Schwerpunkte als Untersuchungsgegenstand definiert: ­

113 114

Projekt INSIEME: In Bezug auf den Themenbereich Projekt INSIEME sollten namentlich Fragen zum Projektmanagement, zu den Systemanforderungen, zur Rolle des BIT in seiner Funktion als interner Leistungserbringer,

Bundesbeschlüsse zum Voranschlag 2013, S. 18 (AB 2012 S 1069 und 2012 N 1874).

EFD-Administrativuntersuchung vom 13. Juni 2012; EFK-Berichte vom 25. Febr. 2005, 29. Mai 2006, 18. Dez. 2008 und Jan. 2012; Bericht des FISP ESTV vom 11. Juli 2011; Audit-Bericht Capgemini vom 22. März 2007; Audit-Bericht Accenture vom April 2009; Audit-Bericht SQS vom 17. Nov. 2010.

6410

zur Rolle der externen Leistungserbringer und zum Beschaffungswesen untersucht werden.

­

Aufsicht und Führung in der Linie: Bei der Untersuchung der Aufsicht und Führung in der Linie richtete sich der Fokus sowohl auf die ESTV als auch das EFD.

­

Verantwortung des Bundesrats: Die Befassung mit der Verantwortung des Bundesrats erfolgte einerseits in Bezug auf seine Rolle als oberstes Aufsichtsorgan, andererseits in Bezug auf seine Rolle als oberstes führendes Organ mit strategischer Verantwortung.

­

Aufsicht durch die EFK: Die Untersuchung der Aufsicht durch die EFK sollte die Rolle der EFK als oberstes Finanzaufsichtsorgan in den verschiedenen Projektphasen von INSIEME klären.

­

Parlamentarische Oberaufsicht: In Bezug auf die parlamentarische Oberaufsicht fand eine Befassung mit den Rollen der FinDel, der FK und der GPK im Projekt INSIEME statt.

1.3.3

Eingrenzung einzelner Untersuchungsthemen

1.3.3.1

Beschaffungswesen

Die FK und GPK beschlossen im Rahmen der Verabschiedung des Untersuchungskonzepts, sich in Bezug auf das Thema Beschaffungswesen vorwiegend auf die neu eingeleiteten Massnahmen des Bundesrats in diesem Bereich sowie auf seine Abklärungen bezüglich des Beschaffungsrechts zu konzentrieren.

Von einer Aufarbeitung der Geschehnisse rund um die Beschaffungen im Projekt INSIEME sahen sie ab, da diese in der Vergangenheit bereits detailliert untersucht wurden. Zum einen prüfte die EFK im Rahmen ihrer Berichterstattungen zu INSIEME vom Dezember 2008 und Januar 2012 einzelne Aspekte der Beschaffungen der ESTV und des BIT (vgl. Kapitel 6.4.1 und 6.4.5), zum anderen nahm das GS EFD eine detaillierte Aufarbeitung und Würdigung der Beschaffungsprozesse von INSIEME im Rahmen der Administrativuntersuchung des EFD von 2012 vor.

In seinem Bericht vom 13. Juni 2012 zog das EFD die Schlussfolgerung, dass die ESTV wiederholt und «bewusst» gegen beschaffungsrechtliche Vorgaben verstossen und bestehende Prozesse und Kompetenzordnungen nur teilweise eingehalten hatte.

Als Gründe für die Verfehlungen nannte das EFD unter anderem eine fehlende Sensibilität für die Wichtigkeit der Einhaltung beschaffungsrechtlicher Regeln beim Direktor der ESTV (2000­2012) sowie bei weiteren am Projekt beteiligten Personen, das Fehlen eines geeigneten Kontrollumfelds sowie die mangelnde frühzeitige Berücksichtigung der Beschaffungsprozesse in der Projektplanung.115

115

Vgl. EFD-Administrativuntersuchung vom 13. Juni 2012, S. 22­23.

6411

1.3.3.2

Aufsicht und Führung in der Linie

Im Rahmen der Untersuchung zur Aufsicht und Führung in der Linie wurde von einer Prüfung und Beurteilung des Führungsentscheids der Vorsteherin des EFD (seit 2010) über den Projektabbruch von INSIEME abgesehen. Gleichzeitig zur Untersuchung der AGI war die Begleitung des Nachfolgeprojekts von INSIEME, FISCAL-IT, durch die FinDel im Gange. Diese wird erst zukünftig abgeschlossen werden. Eine Beurteilung der Zweckmässigkeit des Abbruchs von INSIEME und der Lancierung des neuen Projekts FISCAL-IT wird erst zu einem späteren Zeitpunkt im Zusammenhang mit den Erkenntnissen aus den laufenden Arbeiten der FinDel zu FISCAL-IT möglich sein.

1.3.4

Untersuchungsfragen

Im Rahmen der Verabschiedung des Untersuchungskonzepts legten die FK und GPK im Mai 2013 folgende Untersuchungsfragen fest: Projekt INSIEME Wie zeichnete sich das Projektmanagement aus? Was waren die ursprünglichen Systemanforderungen an INSIEME und wie bzw. weshalb veränderten sich diese im Verlaufe des Projekts? Welches waren die Ursachen für den Einbezug externer Experten und welche Rollen kamen ihnen zu? Was war die Rolle des BIT im Projekt INSIEME? Welche Massnahmen ergriff der Bundesrat im Bereich des Beschaffungswesens und welche rechtlichen Abklärungen nahm er diesbezüglich vor?

Aufsicht und Führung in der Linie Welche Aufgaben kamen im Rahmen der Projektführung sowie der Aufsicht den verschiedenen Hierarchiestufen zu? Wurden diese von den dafür vorgesehenen Personen und Hierarchiestufen wahrgenommen? Welche Rollen nahmen das BIT und das BBL in den einzelnen Projektphasen wahr? Wie ist die Koordination und Zusammenarbeit der drei EFD-Ämter ESTV, BIT und BBL zu beurteilen? Welche Führungsrolle nahm die Departementsleitung (Vorstehende und GS des EFD) ein?116 Verantwortung des Bundesrats Was war die Rolle des Gesamtbundesrats als oberstes Aufsichtsorgan? Wie nahm der Gesamtbundesrat seine Aufgabe als vorausschauende, oberste leitende Behörde wahr? Verfuhr der Gesamtbundesrat angemessen mit der strategischen Bedeutung des Projekts (Risikomanagement)?117

116

Im Verlauf der Untersuchungen der FK und GPK zeigte sich, dass der Informatikrat des Bundes (IRB) ein weiterer relevanter Akteur mit Bezug zum Projekt INSIEME war. Zum Themenbereich «Aufsicht und Führung in der Linie» wurde deshalb nachträglich eine Frage zur Rolle des IRB hinzugefügt.

117 Im Verlauf der Untersuchungen der FK und GPK zeigte sich, dass das Informatiksteuerungsorgan des Bundes (ISB) ein weiterer relevanter Akteur mit Bezug zum Projekt INSIEME war. Zum Themenbereich «Verantwortung des Bundesrats» wurde deshalb nachträglich eine Frage zur Rolle des ISB hinzugefügt.

6412

Aufsicht durch die EFK Welche Prüftätigkeiten übte die EFK im Projekt INSIEME aus? Wie gewährleistete die EFK, dass ihre Prüfergebnisse und Empfehlungen ernst genommen und umgesetzt wurden? Erfolgte diesbezüglich eine Kontrolle der EFK? War die Begleitung des Projekts durch die EFK angemessen?118 Parlamentarische Oberaufsicht Wie nahmen die FinDel, die FK und die GPK ihre parlamentarische Oberaufsicht beim Projekt INSIEME wahr? Wie war die Aufgabenteilung zwischen diesen Organen und wie muss sie rückblickend beurteilt werden?

1.4

Vorgehensweise

1.4.1

Informationsbeschaffung unter erschwerten Bedingungen: lückenhafte und ungeordnete Dokumentenbestände in der ESTV und im BIT

Bereits im Vorfeld der Untersuchung der AGI musste der Bundesrat den FK und GPK erhebliche Mängel in Bezug auf die Dokumentation des Projekts INSIEME bekannt geben. In seinem ersten Bericht zuhanden der FK und GPK vom 27. Februar 2013 konstatierte er, dass in der ESTV eine einheitliche und geordnete Dokumentation des Projekts INSIEME erst ab dem Jahr 2007 bestand.119 Diese umfasst rund 90 000 elektronische Dokumente.120 Das BIT verfügte gemäss Angaben des Bundesrats für den gesamten Untersuchungszeitraum von 2001­2012 weder über ein einheitliches Ordnungssystem noch über eine entsprechende physische bzw.

elektronische Ablage. Im Anhang des Berichts des Bundesrats vom 27. Februar 2013 hielt das BIT diesbezüglich fest: «Relevante Unterlagen wurden teils zentral, teils dezentral, teils lokal aufbewahrt und, sofern überhaupt, nach unterschiedlichen Ordnungssystemen erschlossen [...]. Oft wurden elektronische Dokumente einfach gelöscht, insbesondere anlässlich des Austritts von Mitarbeitenden.»121 Im Rahmen seiner Berichterstattung vom 27. Februar 2013 teilte der Bundesrat den Oberaufsichtskommissionen deshalb mit, dass er nicht in der Lage sei, alle verwaltungsinternen Unterlagen zu INSIEME sicherzustellen und diese der AGI innert erforderlicher Frist zukommen zu lassen, wie er dazu mit Schreiben der FK und der GPK am 6. Dezember 2012 aufgefordert worden war.122 Angesichts dieser desolaten Dokumentenlage beschlossen die FK und die GPK im Rahmen der Verabschiedung des Untersuchungskonzepts im Mai 2013, von einer systematischen Auswertung aller noch vorhandenen Dokumente abzusehen. Eine solche Auswertung hätte angesichts des äusserst umfangreichen und ungeordneten Dokumentenbestandes eine grosse Zahl an Ressourcen erfordert, jedoch aufgrund der erheblichen Dokumentationslücken nur eine unzureichende Klärung des Sach118

119 120 121 122

Im Verlauf der Untersuchungen der FK und GPK zeigte sich, dass das Finanzinspektorat der ESTV (FISP ESTV) ein weiterer relevanter Akteur mit Bezug zum Projekt INSIEME war. Zum Themenbereich «Aufsicht durch die EFK» wurde deshalb nachträglich eine Frage zur Koordination der Prüftätigkeiten der EFK und des FISP ESTV hinzugefügt.

1. BR-Bericht vom 27. Febr. 2013, S. 5.

KPMG-Bericht vom 11. Juni 2012, S. 78.

Bericht des BIT vom 25. Jan. 2013, S. 3.

1. BR-Bericht vom 27. Febr. 2013, S. 5­6.

6413

verhalts ergeben. Die FK und GPK beauftragten die AGI deshalb, sich bei der Untersuchung auf die Anhörung von Schlüsselpersonen und auf beim Bundesrat gezielt eingeforderte Dokumente abzustützen.

Die FK und GPK sind der Ansicht, dass die Mängel bezüglich der Aktenführung in der ESTV und im BIT gravierend sind. Für die Führung und Archivierung von Dokumenten gelten die Vorgaben des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes (RVOG)123 sowie des Bundesgesetzes über die Archivierung (BGA)124 und deren Ausführungsbestimmungen. Die ESTV und das BIT waren verpflichtet, einen Nachweis über die eigene Geschäftstätigkeit aufgrund einer systematischen Aktenführung zu gewährleisten und für die Nachvollziehbarkeit ihrer Tätigkeit zu sorgen.125 Für die entsprechende Umsetzung lagen mit den «Weisungen vom 13. Juli 1999 über die Aktenführung in der Bundesverwaltung» detaillierte Bestimmungen vor. Ausserdem bestanden bezüglich der Erstellung und Führung von spezifischen Projektdokumenten Vorgaben aufgrund der für die Bundesverwaltung verbindlichen Projektmanagement-Methode HERMES.126 Diese Bestimmungen wurden zu wesentlichen Teilen nicht eingehalten. Die Nachweisbarkeit und Nachvollziehbarkeit der Projekt- und Aufsichtstätigkeit zu INSIEME ist aufgrund der Dokumentenlage nur bedingt gegeben. Die Verantwortlichkeit für die Organisation der Aktenführung lag bei den Amtsleitungen der ESTV und des BIT.127 Für die Aufsicht über den Vollzug waren der Bundesrat bzw. auf Anordnungen der Departementsvorstehenden das GS EFD zuständig.128 Empfehlung 1: Aktenführung und Archivierung Die FK und GPK fordern den Bundesrat auf, den Vollzug der Rechtsvorgaben betreffend Aktenführung und Archivierung zu gewährleisten und zu beaufsichtigen. Insbesondere hat er die Nachvollziehbarkeit und Nachweisbarkeit der Geschäftstätigkeit in den Unterlagen der Verwaltungseinheiten zukünftig sicherzustellen.

123 124 125

Art. 24, 43 und 47 RVOG (SR 172.010).

Art. 1­9 BGA (SR 152.1).

Art. 22 Abs. 1 der Regierungs- und Verwaltungsorganisationsverordnung (RVOV; SR 172.010.1): «Die Verwaltungseinheiten führen den Nachweis über die eigene Geschäftstätigkeit aufgrund einer systematischen Aktenführung»; Art. 3 Abs. 1 der Verordnung zum Bundesgesetz über die Archivierung (VBGA; SR 152.11): «Die anbietepflichtigen Stellen sorgen für die Nachvollziehbarkeit und Nachweisbarkeit ihrer Geschäftstätigkeit in ihren Unterlagen. Sie treffen die organisatorischen, administrativen und technischen Massnahmen, die für die Bildung und Führung von archivfähigen Unterlagen erforderlich sind.» 126 Vgl. HERMES, Ausgabe 2003, S. 127­239.

127 Art. 5 Abs. 2 der Weisungen vom 13. Juli 1999 über die Aktenführung in der Bundesverwaltung (BBl 1999 5428).

128 Art. 8 und Art. 42 RVOG (SR 172.010).

6414

1.4.2

Geteilte Aufarbeitung von INSIEME durch die AGI und den Bundesrat

Die FK und GPK fassten im Mai 2013 den Beschluss, die Aufarbeitung von INSIEME zwischen der AGI und dem Bundesrat aufzuteilen. Zusätzlich zum ersten Bericht vom 27. Februar 2013 sollte der Bundesrat im Rahmen einer weiteren Berichterstattung für einen Teil der Untersuchungsfragen eine vertiefte Aufarbeitung des Sachverhalts sowie eine Beurteilung vornehmen, die im vorliegenden Bericht durch die FK und GPK gewürdigt werden sollten. Dies betraf in erster Linie Untersuchungsfragen, deren Beantwortung angesichts des lückenhaften Dokumentenbestands zu INSIEME einen massgeblichen Beitrag von Beteiligten auf den tieferen Hierarchiestufen der Bundesverwaltung erforderte, sowie Fragen zu geplanten und laufenden Massnahmen des Bundesrats. Zu diesem Zweck forderte die AGI den Bundesrat am 4. und 10. Juni 2013 gestützt auf Artikel 153 ParlG auf, ihr bis Ende November 2013 vier zusätzliche Berichte zu den folgenden Themen vorzulegen: ­

Definition der Systemanforderungen, diesbezügliche Anpassungsprozesse sowie Rolle und Verantwortlichkeiten der externen Mitarbeitenden auf organisatorischer Ebene (Projekt INSIEME);

­

Ursache für den Einbezug externer Experten (Projekt INSIEME);

­

Angekündigte Massnahmen und Abklärungen des Bundesrats im Beschaffungswesen (Projekt INSIEME);

­

Projektführung und Aufsicht unterhalb der Direktionsstufe (Aufsicht und Führung in der Linie).

Mit den restlichen Untersuchungsfragen befasste sich die AGI auf der Grundlage einer eigenen vertieften Aufarbeitung des Sachverhalts. Dies betraf die folgenden fünf Untersuchungsthemen: ­

Definition der Systemanforderungen und deren Übereinstimmung mit den tatsächlichen Bedürfnissen der ESTV auf fachlicher und technischer Ebene (Projekt INSIEME);

­

Aufsicht ab Direktionsstufe (Aufsicht und Führung in der Linie);129

­

Verantwortung des Bundesrats;

­

Aufsicht durch die EFK;

­

Parlamentarische Oberaufsicht.

1.4.3

Würdigung der Mitarbeit des Bundesrats

Aufgrund der geteilten Aufarbeitung von INSIEME war dem Bundesrat im Rahmen der Inspektion eine relevante Rolle zugedacht. Mit dem ersten eingeforderten Bericht vom 27. Februar 2013 lieferte er der AGI eine ausreichende Informationsgrundlage für die Erarbeitung des Untersuchungskonzepts. Die FK und GPK kritisieren jedoch das Vorgehen des Bundesrats bei der Erstellung dieses Berichts.

129

Gemäss Beschluss der FK und GPK vom Mai 2013 wurden die Untersuchungsfragen zur Aufsicht ab Direktionsstufe nur für den Zeitraum 2007­2012 systematisch beurteilt; dies mit Ausnahme der Stabübergaben.

6415

Anstelle einer eigenen Aufarbeitung der Geschehnisse stützte sich der Bundesrat auf die von den involvierten Verwaltungseinheiten verfassten Sachverhaltsdarstellungen und Wertungen. So resultierte eine Gegenüberstellung der verschiedenen, teils widersprüchlichen Sichtweisen ohne diesbezügliche Positionierung des Bundesrats.

Umso problematischer ist daher die Tatsache, dass der Bericht des Bundesrats vom Februar 2013 nicht genügend breit abgestützt ist. Beispielsweise wurden der Direktor der ESTV (2000­2012), der Direktor des BIT (1999­2011) sowie die Vizedirektorin des BIT (2007­2012) nicht konsultiert.130 Ferner wurden die Sichtweisen des BBL sowie des GS EFD nur marginal erwähnt. Die Verfasser seitens der ESTV waren in erster Linie Personen, die bei INSIEME Schlüsselfunktionen innehatten.

Zum Beispiel beschrieben und analysierten der Vizedirektor der ESTV (seit 2008), d. h. der Leiter des Gesamtprojektausschusses (GPA) bzw. zwischenzeitlich der Gesamtprojektleiter (GPL) ad interim sowie der GPL (2011­2012) den Projektverlauf und ihre damaligen Entscheidungen. Ergo erhielten stark involvierte Personen eine Deutungshoheit nicht nur über den Sachverhalt, sondern auch über dessen Beurteilung aus der Sicht des Bundesrats.

Den Aufträgen der AGI vom 4. und 10. Juni 2013 zur Erstattung von vier weiteren Berichten kam der Bundesrat unvollständig nach: In seinen Berichten vom 13. November 2013 ging er auf einen wesentlichen Teil der an ihn übertragenen Untersuchungsfragen zu den Themen «Systemanforderungen», «Ursachen für den Einbezug externer Experten», «Beschaffungswesen» sowie «Projektführung und Aufsicht unterhalb der Direktionsstufe» gar nicht ein.131 Eine Beurteilung der Sachverhalte nahm der Bundesrat im November 2013 für keinen der vier zugewiesenen Themenbereiche vor. Auf eine schriftliche Nachforderung der AGI im Dezember 2013132 reichte der Bundesrat mit einem ergänzenden Bericht vom 15. Januar 2014 seine Beurteilungen in den vier Themenbereichen nach. Diese brachten jedoch im Wesentlichen keine zusätzlichen Erkenntnisse zu den im Bericht des Bundesrats vom 27. Februar 2013 bereits dargelegten Schlüsse.133 Die FK und GPK stellen fest, dass die Berichterstattung des Bundesrats im November 2013 respektive Januar 2014 lückenhaft erfolgte. Eine Würdigung der Erkenntnisse des Bundesrats in den
vier Themenbereichen «Systemanforderungen», «Ursachen für den Einbezug externer Experten», «Beschaffungswesen» sowie «Projektführung und Aufsicht unterhalb der Direktionsstufe» durch die FK und GPK ist nur soweit möglich, als die erhaltenen Informationen es erlauben. Entsprechend muss in einzelnen Kapiteln des vorliegenden Berichts darauf verwiesen werden, dass eine Würdigung der Erkenntnisse des Bundesrats nicht oder nur begrenzt möglich ist.

Nebst der lückenhaften Berichterstattung erfolgte auch die Weitergabe von gezielt eingeforderten Dokumenten an die AGI unvollständig. Im Jahr 2013 forderte die AGI mehrmals Schlüsseldokumente beim Bundesrat respektive beim EFD ein, die in zahlreichen Fällen nicht ausgehändigt werden konnten. Als Gründe dafür wurden unter anderem angeführt, dass die eingeforderten Dokumente nicht vorhanden seien (z. B. Führungshandbücher zur Stabübergabe im EFD), dass die verlangten Informa130

Protokoll der AGI vom 10. Juni 2013, S. 66 (Direktor ESTV 2000­2012), S. 41 (Direktor BIT 1999­2011) und S. 26 (Vizedirektorin BIT 2007­2012).

131 Vgl. 2. BR-Bericht vom 13. Nov. 2013; Arbeitspapier der Sekretariate zuhanden der Mitglieder der AGI vom 4. Dez. 2013.

132 Schreiben der AGI an den Bundesrat vom 2. Dez. 2013.

133 Vgl. 3. BR-Bericht vom 15. Jan. 2014.

6416

tionen nicht schriftlich dokumentiert wurden (z. B. Zielvereinbarungen betreffend INSIEME zwischen der Vorsteherin des EFD [seit 2010] und den Amtsdirektoren der ESTV und des BIT) oder dass Dokumente teils entgegen den geltenden Bestimmungen nicht erstellt worden waren (z. B. Projektphasenberichte gemäss HERMES). Auf Nachfrage der AGI konnten einzelne der ausstehenden Dokumente nachträglich eingeholt werden (z. B. Quartalsberichte INSIEME 2010). Eine vollständige Weitergabe aller eingeforderten Schlüsseldokumente an die AGI konnte der Bundesrat jedoch mitunter aufgrund der desolaten Dokumentenlage (vgl. Kapitel 1.4.1) nicht sicherstellen. In einzelnen Kapiteln des vorliegenden Berichts wird deshalb auf fehlende relevante Dokumente verwiesen.

1.4.4

Untersuchungsarbeiten der AGI

Die AGI konzentrierte sich in ihrer Untersuchung auf die Anhörung von Schlüsselpersonen und auf die Auswertung gezielt ausgewählter Dokumente (vgl. Kapitel 1.4.1). Sie führte im Zeitraum zwischen dem 28. Mai 2013 und dem 26. März 2014 zehn Sitzungen durch und hörte 29 Personen an. Der Kreis der angehörten Personen setzte sich aus den während der Projektlaufzeit von INSIEME amtierenden Vorstehenden des EFD sowie aus ehemaligen und aktuellen Vertreterinnen und Vertretern des GS EFD, der Bundesämter ESTV, BIT und BBL, des IRB und des ISB sowie der EFK zusammen. Ausserdem wurden die Präsidenten der FinDel der Jahre 2003, 2004, 2007, 2010, 2011 und 2013 angehört (vgl. Liste der angehörten Personen in Anhang 1). Darüber hinaus richtete die AGI Mitte November 2013 schriftliche Fragen zum Verpflichtungskredit von INSIEME sowie zum Risikomanagement des Bundes an die Eidgenössische Finanzverwaltung (EFV), die von der EFV mit schriftlichem Bericht vom 6. Januar 2014 beantwortet wurden.

Weiter nahm die AGI Einsicht in rund 750 Dokumente, welche sie beim Bundesrat oder weiteren Aufsichts- bzw. Oberaufsichtsorganen (z. B. EFK, FinDel) einholte oder im Anschluss an Anhörungen direkt von den angehörten Personen einforderte.

Darüber hinaus forderte die AGI sämtliche Verträge mit externen Experten sowie Pflichtenhefte, Betriebshandbücher, Offerten, Risikobewertungen und Projektabschlussberichte zu den verschiedenen IT-Teilprojekten von INSIEME zur Auswertung durch das Sekretariat der parlamentarischen Aufsicht über Finanzen und AlpTransit (SPFA) ein. Dabei handelte es sich um mehr als 1000 Dokumente.

Die AGI liess dem Bundesrat im Oktober 2014 die Kapitel 1­5 und der EFK das Kapitel 6 ihres Berichtsentwurfs zukommen und forderte sie dazu auf, Korrekturanträge für allfällige formelle oder materielle Fehler zu stellen sowie Publikationsvorbehalte zu vertraulichen Informationen geltend zu machen. Im Rahmen der Verabschiedung des vorliegenden Berichts wurden die Anträge des Bundesrats und der EFK von den FK und GPK berücksichtigt, sofern es sich nicht um Eingaben zur Änderung materieller Beurteilungen handelte.134

134

Vgl. Schreiben der EFK an die AGI vom 20. Okt. 2014, Schreiben des Bundesrats an die AGI vom 22. Okt. 2014 (sowie separates Schreiben des Vorstehers des EFD [2004­2010] an die AGI vom 20. Okt. 2014).

6417

2

Sachverhalt

Das vorliegende Kapitel fasst die zentralen Ereignisse rund um das Projekt INSIEME zusammen. Das Gesamtvorhaben INSIEME kann in drei Phasen aufgeteilt werden: Die erste Phase umfasst die Zeit von der Konzeption und Planung des Projekts bis zum Abbruch der Verhandlungen mit der Firma Unisys (2001­August 2007). Die zweite Phase dauert vom Neustart des Vorhabens bis zur Einleitung der Administrativuntersuchung durch die Vorsteherin des EFD (September 2007­Januar 2012). Die letzte Phase endet mit dem definitiven Projektabbruch im September 2012.

2.1

Phase 1: Projektkonzeption bis Abbruch der Verhandlungen mit Unisys (2001­August 2007)

Die notwendige Ablösung von MOLIS (Mehrwertsteuer-Online-Informationssystem) und STOLIS (Stempelabgaben-Online-Informationssystem) stand am Anfang der Überlegungen in Bezug auf ein neues IT-System der ESTV. Die Hauptabteilung Mehrwertsteuer (HA MWST) und die Hauptabteilung Direkte Bundessteuer, Verrechnungssteuer und Stempelabgaben (HA DVS) der ESTV verwendeten mit MOLIS und STOLIS je eigene Informatiksysteme. Die Systeme waren bereits um die Jahrtausendwende überholt und entsprachen je länger je weniger den Bedürfnissen einer leistungsfähigen Steuerverwaltung. Zudem nahm der Aufwand für den Betrieb und die Weiterentwicklung der veralteten Systeme MOLIS und STOLIS sukzessive zu. Zu dieser Zeit wurde mit dem vom ISB geleiteten Programm NOVEIT die bundesweite Informatik reformiert und teilweise ins BIT integriert.

Die im November 2001 von der Geschäftsleitung der ESTV verabschiedete ITVision beabsichtigte eine weitgehende Harmonisierung der Applikationslandschaft der ESTV. Im März 2003 wurde der damalige Projektausschuss beauftragt, planerische und konzeptionelle Vorarbeiten für die Umsetzung der IT-Vision zu erarbeiten.

Das Ziel des Vorhabens war die Errichtung eines einzigen Systems für die gesamte ESTV (daher der Name INSIEME: gemeinsame IT-Systeme ESTV). Dadurch sollten einerseits der Betrieb und der Unterhalt der IT vereinfacht und andererseits eine effiziente, qualitativ bessere, flexible und partnerorientierte Geschäftsabwicklung etabliert werden. Unabhängig davon, welche Steuerart bei einem Kundenanliegen betroffen ist, sollte der Kunde zukünftig eine einzige Ansprechperson erhalten.

Gesamthaft versprach sich die ESTV eine Produktivitätssteigerung um 20 Prozent und folglich einen nachhaltigen Steuer-Mehrertrag von jährlich rund 200 Millionen Franken.

INSIEME ist ein Sammelbegriff für zahlreiche Projekte (vgl. Kapitel 3.3). Die Entwicklung eines neuen Prozess- und Datenmodells für die ESTV war Inhalt des ursprünglich mit INSIEME betitelten, später dann in INSIEME-Basis unbenannten Projekts. Die 2004 vorliegenden Ergebnisse machten deutlich, dass eine Strukturanpassung der ESTV nötig war, um reibungslose Prozessabläufe zu gewährleisten. Mit den Projekten FITIN 1, 2 und 3 (Fitte Organisation für INSIEME) wurde deshalb ab März 2004 die Organisationsstruktur der ESTV schrittweise umgebaut. Diese
Reorganisation wurde nicht in allen Abteilungen konsequent umgesetzt. Das im Juni 2004 lancierte Projekt INISCH (INSIEME in Schwung) hatte zum Ziel, die neue 6418

IT-Architektur zu definieren und die WTO-Ausschreibung durchzuführen. Des Weiteren wurden zahlreiche andere Projekte gestartet (INSIEME-Forma, INSIEMESecurity, INSIEME-UseCase, INSIEME-Data, INSIEME-Contracting, INSIEMEPro, INSIEME-Real). Um das festgestellte koordinatorische Manko zwischen diesen Projekten zu beheben, bestimmte die ESTV Anfang 2005 einen Programmkoordinator.

Die EFK führte 2005 die erste explizite Prüfung von INSIEME durch. Nebst einem Mangel an Koordination stellte sie unter anderem fest, dass bis dahin sämtliche Aufwände über reguläre Budgetposten und nicht über einen Verpflichtungskredit finanziert wurden. Zudem kam die EFK zum Schluss, dass das Interne Kontrollsystem (IKS) der ESTV lückenhaft sei und dass eine eingehende Prüfung der Risiken, welche die umfassende Informatikarchitektur von INSIEME mit sich bringe, bislang nicht erfolgt sei.

Der Direktor der ESTV (2001­2012) präsentierte INSIEME im Jahr 2005 in den zuständigen Subkommissionen der Finanzkommissionen und verwies insbesondere auf den Nutzen des neuen IT-Systems. Mit dem Voranschlag 2006 beantragte der Bundesrat dem Parlament einen Verpflichtungskredit von 71 Millionen Franken für INSIEME. Der Kredit basierte auf den eingegangenen Offerten externer Anbieter und wurde vom Parlament gesprochen.

Im März 2006 erhielt Unisys (Schweiz) AG den Zuschlag für die WTO-Ausschreibung vom März 2005.

Die EFK schätzte im Rahmen einer Folgeprüfung Mitte Mai 2006 die Voraussetzungen für eine erfolgreiche und effiziente Realisierung von INSIEME als gut ein, erkannte jedoch Risiken in den Bereichen des IKS, des Qualitätsmanagements und der IT-Sicherheit.

Ein von der ESTV in Auftrag gegebener Auditbericht der Firma Capgemini kam im Frühjahr 2007 zum Schluss, dass INSIEME ohne wesentliche Änderungen den geplanten Zeit- und Finanzmittelbedarf deutlich übersteigen werde. Capgemini empfahl unter anderem, einen abgestimmten Masterplan zu erstellen und die Rollenbeschreibungen zu vervollständigen.

Da sich Unisys und der Bund auch nach langwierigen Vertragsverhandlungen nicht einigen konnten, widerrief das BBL im Auftrag der ESTV Ende August 2007 den WTO-Zuschlag. In der Folge kam es zu einem Unterbruch des Projekts, das sich zu diesem Zeitpunkt bereits in der Realisierungsphase befand. Unisys reichte daraufhin eine Beschwerde beim
Bundesverwaltungsgericht ein. Schliesslich einigten sich die Parteien aussergerichtlich, wobei der Bund eine Entschädigungszahlung von 3,9 Millionen Franken leistete und Unisys die erhobenen Rechtsmittel zurückzog.

2.2

Phase 2: Projektneustart bis Einleitung der Administrativuntersuchung (September 2007­Januar 2012)

Anfang 2008 wurde entschieden, INSIEME neu aufzusetzen. Aufgrund der Erfahrungen mit Unisys wollte die ESTV kein Generalunternehmen mehr beauftragen und setzte vermehrt auf interne und nachfolgend auch auf externe Fachspezialisten. Das BIT wurde neuer strategischer Partner für die Realisierung von INSIEME. Zur 6419

Regelung der Zusammenarbeit wurde im Februar 2008 eine Absichtserklärung zwischen der ESTV und dem BIT unterzeichnet. Die Planung sah vor, das neue Projekt INSIEME in mehreren Etappen bis Anfang 2013 zu realisieren.

Das Vorhaben stiess auch im zweiten Anlauf auf erhebliche Schwierigkeiten. Endtermine der einzelnen Etappen wurden mit fortschreitender Projektdauer immer weiter verschoben und Teilbereiche aus dem Leistungsumfang entfernt. Die zur Unterstützung des internen GPL (2007­2011) eingesetzten Coaches wurden wiederholt ausgewechselt, was zu abrupten Kurswechseln in der Projektführung, in der Vorgehensmethodik und teilweise auch in den technischen Grundlagen führte.

Der Prüfbericht der EFK vom 18. Dezember 2008 beanstandete die Projektorganisation, das Projektmanagement, das Projektcontrolling sowie die Mittelbedarfsplanung und hielt ausserdem fest, dass externe Dienstleistungen nicht vorschriftsgemäss beschafft wurden. Im Zusammenhang mit dem EFK-Prüfbericht erkannte die FinDel im April 2009 Probleme beim Projektmanagement, insbesondere auf den hohen Hierarchiestufen, und stellte Mängel beim Controlling und der Kostenführung fest.

Die EFK sah keinen Handlungsbedarf für die FinDel, da die ESTV bekräftigte, die Empfehlungen umzusetzen.

Im Frühjahr 2009 überprüfte die externe Beratungsfirma Accenture das ProjektSetup sowie die Planung von INSIEME. Sie kam zum Schluss, dass keine realistische Planung und keine vollständige Kostenschätzung vorlagen und Anpassungen an der Organisationsstruktur notwendig waren.

Anlässlich einer Informationssitzung der zuständigen Subkommission der FK-N im August 2009 zeigte sich die Subkommission zufrieden mit den von der ESTV ergriffenen Massnahmen und begrüsste, dass die EFK gemäss eigener Auskunft das Projekt weiterverfolgen und ihm eine besondere Aufmerksamkeit zukommen lassen würde. Ende 2009 stellte die FK-N fest, dass eine verstärkte Führung von Informatikprojekten durch das oberste Management der ESTV nötig sei. Diese Aufgabe werde zu oft und zu weitgehend den Informatikern überlassen.

Mitte 2010 ermächtigte der Bundesrat die ESTV, einen Zusatz- und einen Nachtragskredit für INSIEME in der Höhe von 56,5 respektive 12,2 Millionen Franken beim Parlament anzubegehren, und beschloss, dass INSIEME künftig Gegenstand eines rigorosen Monitorings durch die ESTV
in Zusammenarbeit mit dem IRB und der EFK sein sollte. Die FinDel kam anlässlich einer Aussprache mit dem damaligen Vorsteher des EFD (2004­2010) und der damaligen Generalsekretärin des EFD (2007­2010) zum Schluss, dass weniger ein Informatikproblem bestehe als vielmehr klare Regeln darüber fehlen würden, wer führe und die Verantwortung trage.

Die FinDel stimmte schliesslich dem Vorschuss von 8 Millionen Franken zum Nachtragskredit für INSIEME zu und beschloss, das Projekt zukünftig eng zu begleiten. Sie verlangte in einem Schreiben an den damaligen Vorsteher des EFD (2004­2010), dass die ESTV künftig mittels vierteljährlicher Standberichte über den Projektfortschritt sowie die Kosten- und Terminentwicklung Bericht erstatten solle.

Zudem beschloss die FinDel, der ESTV im kommenden Jahr einen Informationsbesuch abzustatten. Im November 2010 genehmigte das Parlament den Zusatz- und Nachtragskredit zu INSIEME.

Angesichts der immer gravierenderen Projektverzögerung und Kostenentwicklung enthob der Direktor der ESTV Anfang März 2011 den GPL seiner Aufgabe. Erneut wurden daraufhin das bisherige Vorgehen sowie die eingesetzte Technologie infrage gestellt (Individualentwicklung versus Standardsoftware). Der GPA entschied sich 6420

letztlich für die Fortsetzung der Individualentwicklung. Die externen Ressourcen (inkl. BIT) wurden im Verlauf des Jahres 2011 um rund 60 Prozent reduziert.

Im Juni 2011 liess sich eine Subdelegation der FinDel an ihrem Informationsbesuch bei der ESTV über den Stand des Projekts informieren und war alarmiert, dass elementare Projektgrundlagen erneut hinterfragt wurden. Sie teilte ihre Erkenntnisse der Vorsteherin des EFD (seit 2010) mit und beschloss eine diesbezügliche Aussprache.

Der neue GPL nahm am 1. Oktober 2011 seine Arbeit auf. Unter seiner Leitung erfolgte eine erneute Reorganisation des Projekts und die Erarbeitung eines Pflichtenhefts INSIEME.

Anfang 2012 legte die EFK einen weiteren Prüfbericht zu INSIEME vor und hielt darin fest, dass ihre Empfehlungen von 2008 mit wenigen Ausnahmen nicht umgesetzt worden waren. Sie erachtete es als zweifelhaft, ob die einst definierten, übergeordneten Prozesse von INSIEME implementiert und die angestrebten Synergien realisiert werden können. Weiter stellte sie gravierende Mängel bei der Beschaffung externer Ressourcen fest. Gestützt auf die Empfehlung der EFK ordnete die Vorsteherin des EFD Anfang 2012 eine Administrativuntersuchung zu den Beschaffungsprozessen der ESTV im Bereich INSIEME an.

2.3

Phase 3: nach Einleitung der Administrativuntersuchung bis Projektabbruch (Februar 2012­September 2012)

Die EFD-Administrativuntersuchung vom 13. Juni 2012 bestätigte die von der EFK erkannten Mängel im Bereich des Beschaffungswesens. Trotz der Weisung der Departementsvorsteherin vom Dezember 2010 wurden die Beschaffungen weiterhin systematisch und willentlich nicht WTO-konform durchgeführt. Dies wurde seitens der ESTV nicht bestritten. Die ESTV legitimierte ihren Entscheid damit, dass das Projekt innerhalb des gegebenen zeitlichen und finanziellen Rahmens nur realisiert werden könne, wenn die WTO-Vorgaben missachtet würden. Aufgrund der Erkenntnisse der Administrativuntersuchung stellte die Vorsteherin des EFD den Direktor der ESTV vom Amt frei und verlangte eine Neuausschreibung der nicht WTO-konform beschafften Aufträge. Zudem beauftragte das EFD die ESTV mit der Ausarbeitung eines Analyseberichts, der als Basis für den Grundlagenentscheid über eine Weiterführung oder einen Abbruch des Projekts dienen sollte.

Im Rahmen der Administrativuntersuchung wurden zudem strafrechtlich relevante Sachverhalte entdeckt, die dazu führten, dass die Bundesanwaltschaft ein Strafverfahren gegen den Leiter der LBO der ESTV sowie gegen unbekannte Täterschaft wegen Verdachts auf Korruption und ungetreue Amtsführung eröffnete. Das Verfahren ist bis zur Publikation des vorliegenden Berichts noch nicht abgeschlossen worden. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Im Juni 2012 besuchten die zuständige Subdelegation der FinDel und die zuständige Subkommission der FK-N die ESTV und liessen sich über den Stand und die Risiken von INSIEME informieren. Die Mitglieder gewannen den Eindruck, dass das Projekt in technischer Hinsicht grundsätzlich auf gutem Wege sei und dass sich die Zusammenarbeit mit dem BIT stark verbessert habe.

6421

Das EFD fand im Rahmen seiner vertieften Abklärungen heraus, dass eine korrekte Kostenplanung erst seit Oktober 2011 geführt worden war. Vor diesem Zeitpunkt gab es keine detaillierte Kostenrechnung, die es erlaubt hätte, die bisher angefallenen Kosten bestimmten Systemteilen zuzuweisen bzw. auf einzelne Projektteile aufzuschlüsseln. Zudem wurde festgestellt, dass von den Gesamtkosten rund 80 Prozent für die Peripheriesysteme und lediglich rund 20 Prozent für die Ablösung der Altsysteme MOLIS und STOLIS eingesetzt worden waren. Damit war die ESTV nicht in der Lage, die genauen Folgekosten eines Abbruchs zu beziffern.

Am 20. September 2012 orientierte die Departementsvorsteherin des EFD die Öffentlichkeit über ihren Entscheid, das Projekt INSIEME abzubrechen.

3

Projekt INSIEME

3.1

Einleitung

Im Rahmen des Untersuchungsauftrags135 der FK und GPK setzte sich die AGI zum Ziel, Transparenz zu schaffen über die Rahmenbedingungen des Projekts INSIEME, die Projektinitialisierung und die Projektführung mittels Projektorganisation sowie die Verantwortlichkeiten der involvierten internen und externen Leistungserbringer festzustellen und zu beurteilen. Die FK und GPK einigten sich, abgesehen von zwei Ausnahmen136 auf eine eigene vertiefte Untersuchung zu verzichten und stattdessen die vom Bundesrat erstellten Berichte zu würdigen.

Folgende Fragen sollen im vorliegenden Kapitel beantwortet werden:

135 136

­

Welchen Einfluss hatten NOVE-IT, die Milleniumsproblematik, das neue Mehrwertsteuergesetz sowie die Wechsel in der Departementsleitung, in der Leitung des GS EFD und auf Stufe Direktion der ESTV auf das Projekt INSIEME (Rahmenbedingungen)?

­

Wie wurde das Projekt INSIEME geplant und in den verschiedenen Phasen organisiert, geführt und kontrolliert? Ab wann hatte es den Status eines Projekts?

­

Welches waren die Ursachen für den Einbezug externer Experten und für die Entwicklung in diesem Bereich?

­

Welche externen Beschaffungen wurden wann, durch wen, bei wem und wie vorgenommen? Welche Rolle spielte das BBL bei den Beschaffungen bzw.

bei der Einhaltung der beschaffungsrechtlichen Vorgaben?

Untersuchungskonzept der FK und GPK vom 3. Mai 2013, S. 15­16.

Betreffend die Systemanforderungen und externen Experteneinsätze untersuchten die FK und GPK eigenständig die ursprünglichen Anforderungen an das zu erstellende IKT-System und deren Änderungen im Laufe des Projekts INSIEME, die Anpassungsprozesse sowie die Rolle und Verantwortlichkeiten der externen Experten.

6422

3.2

Rechtsgrundlagen, Aufgabenteilung und Rahmenbedingungen

3.2.1

Rechtsgrundlagen

3.2.1.1

Projektmanagement

Zur Abwicklung von Informatikprojekten existiert in der Bundesverwaltung seit bald 40 Jahren die Projektführungsmethode HERMES. Sie wurde in dieser Zeit laufend weiterentwickelt (HERMES 1975 1986 1995 2003 5) und findet ihre Nutzung heute auch ausserhalb der Bundesverwaltung.137 1986 wurde eine grössere Revision von HERMES abgeschlossen und dessen Anwendung für alle Informatikprojekte verbindlich. Etliche Kantone führten HERMES, Ausgabe 1986, mit kleinen Änderungen unter der Bezeichnung POSAT ein.

Das damalige Bundesamt für Informatik (BFI) erliess, gestützt auf Artikel 3 der Verordnung des Bundesrats über das BFI und über die Koordination der Informatik in der Bundesverwaltung vom 11. Dezember 1989, auf das Informatikleitbild Bund (ILB) vom 8. Juli 1994 und auf den Beschluss der Informatikkonferenz Bund (IKB) vom 19. April 1995 eine technische Weisung138 zur Projektführung und Systementwicklung in Informatikprojekten.

Diese Weisung, enthalten in der Handbuchausgabe von HERMES 1995,139 regelte die Führung von Informatikprojekten in der Bundesverwaltung mit der Projektführungsmethode HERMES. Mit der Ausgabe von HERMES 2003140 wurde die Weisung durch die Richtlinien für Projektführung in Informatikprojekten141 abgelöst.

Das Projektführungssystem HERMES war damit ­ nebst einer Anleitung zur Durchführung von Informatikprojekten ­ als Instrument des Prozesses P05 («Lösungen entwickeln und einführen») in die Informatikprozesse der Bundesverwaltung integriert.

Für das Projekt INSIEME bedeutete dies, dass sowohl HERMES 1995 (2001­2003) als auch HERMES 2003 (2004­2012) als verbindliche Projektführungsmethoden zum Einsatz kommen mussten. HERMES 5,142 die aktuellste Ausgabe, steht seit April 2013 zur Verfügung.

137 138 139 140 141 142

User group of HERMES (abrufbar unter: www.eco-hermes.ch [Stand: 31. Aug. 2014]).

Technische Weisung Nr. 16 (TW 16), Projektführung und Systementwicklung in Informatikprojekten, Ausgabe vom 19. April 1995, Bundesamt für Informatik (BFI).

HERMES, Führen und Abwickeln von Informatikprojekten, Ausgabe 1995, Bundesamt für Informatik (BFI).

HERMES, Führen und Abwickeln von Projekten der IKT, Systementwicklung, Ausgabe 2003, Informatikstrategieorgan Bund (ISB).

P007 ­ Richtlinien für Projektführung in Informatikprojekten vom 13. März 2003, Version 2.0 ff., Informatikrat Bund (IRB), S. 4.

HERMES 5, Projektmanagementmethode für alle Projekte, Referenzhandbuch, Ausgabe 2013, Informatiksteuerungsorgan des Bundes (ISB).

6423

3.2.1.2

Beschaffungswesen

Das öffentliche Beschaffungswesen richtet sich nach dem BöB143, der VöB144 und der Org-VöB145. In Art. 9 der Org-VöB bzw. in deren Anhang werden alle zu beschaffenden zivilen wie militärischen Güter und Dienstleistungen den jeweiligen zentralen Beschaffungsstellen des Bundes zugeteilt. Für die Beschaffung von Informatik- und Telekommunikationsmitteln sowie Informatikdienstleistungen der zivilen Bundesverwaltung ist das Bundesamt für Bauten und Logistik (BBL) zuständig, sofern es seine Beschaffungskompetenzen nicht an eine andere Dienststelle der Bundesverwaltung delegiert hat.

Eine Delegation der Beschaffungkompetenzen an die ESTV bestand nicht, was für das Projekt INSIEME bedeutete, dass die Beschaffung von Informatikmitteln und -dienstleistungen über die zentrale Beschaffungsstelle BBL zu erfolgen hatte.

3.2.2

Aufgabenteilung

3.2.2.1

Regelung der IKT-Aufgaben gemäss Bundesinformatikverordnung

Die Bundesinformatikverordnung (BinfV)146 regelt Aufgaben und Zuständigkeiten bei der Planung und beim Einsatz der IKT in der Bundesverwaltung. Die Informatikvorgaben der BinfV umfassen a.

die Informatikstrategie;

b.

die Informatikprozesse;

c.

die Informatikarchitekturen und -standards;

d.

die Vorgaben über die Informatiksicherheit;

e.

das Informatikcontrolling.

Die Informatikprozesse legen fest, wie Informatikaufgaben erfüllt werden.

143

Bundesgesetz über das öffentliche Beschaffungswesen (BöB) vom 16. Dez. 1994 (SR 172.056.1).

144 Verordnung über das öffentliche Beschaffungswesen (VöB) vom 11. Dez. 1995 (SR 172.056.11).

145 Verordnung über die Organisation des öffentlichen Beschaffungswesens der Bundesverwaltung (Org-VöB) vom 24. Okt. 2012 (SR 172.056.15).

146 Verordnung über die Informatik und Telekommunikation in der Bundesverwaltung (Bundesinformatikverordnung, BinfV) vom 9. Dez. 2011 (SR 172.010.58), Art. 1, 3 und 18­23.

6424

3.2.2.2

Informatikprozesse der Bundesverwaltung

Das Programm NOVE-IT147 hatte die Informatikprozesse148 anhand von Prozessbeschreibungen, Aktivitätenlisten sowie Rollenbeschreibungen detailliert umschrieben.

Eine Prozesslandkarte149 veranschaulicht die nachfolgenden IKT-Prozesse: ­

Prozess P01: Informatik steuern

­

Prozess P02: Fähigkeiten entwickeln

­

Prozess P03: Güter und Dienstleistungen beschaffen

­

Prozess P04: Informatik führen

­

Prozess P05: Lösungen entwickeln und einführen

­

Prozess P06: IKT-Infrastrukur und -Services betreiben

­

Prozess P07: Benutzer unterstützen

­

Prozess P08: IKT-Prozesse pflegen

­

Prozess P09: Finanzielle Führung unterstützen

Der Prozess P05 dient der Entwicklung und Einführung von IKT-Lösungen. Nebst dem eigentlichen Prozessbeschrieb150 (IKT-Projekt initialisieren, Lösungsvorschläge skizzieren, Lösung designen, Lösung realisieren, Lösung einführen und IKT-Projekt abschliessen) sind die dazu erforderlichen Aktivitätenlisten151 (Rollen, Aktivitäten/Hinweise und Ergebnisse) sowie Rollenbeschreibungen152 (Aufgaben/Tätigkeiten, Verantwortung, Kompetenzen, fachliche Kenntnisse) definiert. In den Aktivitätenlisten wird an den jeweils erforderlichen Stellen auf die Projektmanagementmethode HERMES sowie auf das Informatikcontrolling (ICO) referenziert. In der Prozessbeschreibung sind zudem die Schnittstellen zu den anderen Prozessen ­ z. B.

P03: Güter und Dienstleistungen beschaffen ­ definiert.

3.2.3

Rahmenbedingungen: Fragestellung gemäss Untersuchungskonzept

Gemäss dem Untersuchungskonzept153 wollen die FK und GPK erfahren, welchen Einfluss NOVE-IT, die Milleniumsproblematik, das neue Mehrwertsteuergesetz und die Personalwechsel in der Departementsleitung des EFD, in der Leitung des GS EFD sowie in der Direktion der ESTV auf das Projekt INSIEME hatten (Rahmenbedingungen).

147 148 149 150 151 152 153

Reorganisation der Informatik des Bundes von 1997­2003 (abrufbar unter: www.isb.admin.ch > Archiv > NOVE-IT [Stand: 21. Aug. 2014]).

Abrufbar unter: www.isb.admin.ch > Themen > Prozesse > Prozessdokumentation > CD ROM «Informatikprozesse Release 3.00» [Stand: 21. Aug. 2014].

Informatikprozesse der Bundesverwaltung: Erweiterte Prozesslandkarte, ISB, Prozessrelease 3.00, Version vom 5. Jan. 2012.

Prozessbeschreibung «P05: Lösungen entwickeln und einführen», ISB, Prozessrelease 3.00 vom 5. Jan. 2012.

Aktivitätenlisten des Prozesses «P05: Lösungen entwickeln und einführen», ISB, Prozessrelease 3.00 vom 5. Jan. 2012.

Rollenbeschreibung zum Prozess «P05: Lösungen entwickeln und einführen», ISB, Prozessrelease 3.00 vom 5. Jan. 2012.

Untersuchungskonzept der FK und GPK vom 3. Mai 2013, S. 16.

6425

Die FK und GPK beschlossen, die diesbezüglichen Erkenntnisse aus dem Bericht des Bundesrats vom 27. Februar 2013 zu würdigen.

3.2.4

Rahmenbedingungen: Würdigung des Berichts des Bundesrats durch die FK und GPK

Die FK und GPK würdigen an dieser Stelle die Themenbereiche NOVE-IT, Milleniumsproblematik und neues Mehrwertsteuergesetz. Der Einfluss der Personalwechsel auf Stufe der Departementsleitung des EFD, der Leitung des GS EFD sowie der Amtsleitung der ESTV wird in Kapitel 4 thematisiert.

3.2.4.1

Reorganisation der Informatik in der Bundesverwaltung von 1997­2003 (NOVE-IT)

Die FK und GPK entnehmen dem Bericht des Bundesrats,154 dass als Folge von NOVE-IT die meisten der damaligen Informatik-Mitarbeitenden der ESTV Mitte 2000 zur neu gegründeten Verwaltungseinheit BIT transferiert wurden und das BIT die technische Infrastruktur der ESTV übernahm. NOVE-IT hatte u. a. zum Ziel, eine Optimierung und Konzentration der Systemplattformen (Harmonisierung der IKT-Basisinfrastruktur) herbeizuführen. So wurden bis Mitte 2004 alle auf Siemens BS2000 basierenden Applikationen ­ insbesondere auch MOLIS und STOLIS ­ auf eine Unix-Systemplattform des BIT migriert.

Der Bericht zeigt zudem unmissverständlich auf, dass es zwischenmenschliche155 und technische156 Probleme zu überwinden gab. Die neuen Rollen Leistungsbezüger und Leistungserbringer mit den dazugehörigen Aufgaben, Verantwortungen und Kompetenzen157 mussten erst verstanden, umgesetzt und gelebt werden. Diese neue Rollenteilung stellte für das Projekt INSIEME immer wieder eine Herausforderung dar, was sich auf die Zusammenarbeit der beiden Ämter ESTV und BIT bis auf Stufe Direktion158 belastend auswirkte.

Beurteilung der FK und GPK Der Beschluss, NOVE-IT in der Bundesverwaltung einzuführen und umzusetzen, wurde vom Bundesrat gefällt. Nach Ansicht der FK und GPK hat dieser die Konsequenzen seines Entscheids in Bezug auf den Transformationsprozess und den Abfluss des Know-hows aus den einzelnen Departementen und Ämtern bei seiner Beschlussfassung zu wenig berücksichtigt.

154 155 156 157 158

1. BR-Bericht vom 27. Febr. 2013, S. 7­8.

1. BR-Bericht vom 27. Febr. 2013, S. 8­9, 22­24, 28, 32, 35 und 38­39.

1. BR-Bericht vom 27. Febr. 2013, S. 8­9.

1. BR-Bericht vom 27. Febr. 2013, S. 11 und 28.

1. BR-Bericht vom 27. Febr. 2013, S. 11­12 und 38­39.

6426

3.2.4.2

Milleniumsproblematik MOLIS und STOLIS (Jahr-2000-Tauglichkeit)

Zur Milleniumsproblematik der beiden Fachanwendungen MOLIS und STOLIS machte der Bundesrat in seinem Bericht keine konkreten Angaben.

Die FK und GPK ermittelten jedoch im Rahmen ihrer Untersuchungen über die Systemanforderungen,159 dass die Informatikdienste der ESTV die Problematik rechtzeitig angingen bzw. aufarbeiteten und den Betrieb der Fachanwendungen über den Jahrtausendwechsel unterbruchsfrei sicherstellen konnten.

3.2.4.3

Neues Mehrwertsteuergesetz (Reform der MWST)

Das revidierte Mehrwertsteuergesetz (MWSTG)160 und die Mehrwertsteuerverordnung (MWSTV)161 wurden im Juni 2009 bzw. im Dezember 2009 verabschiedet und auf den 1. Januar 2010 in Kraft gesetzt.

Die FK und GPK erachten den Einfluss der Revision auf das Projekt INSIEME als nicht unbedeutend. Aus dem Bericht des Bundesrats geht hervor,162 dass sich der Leistungsumfang der Etappe 1 von INSIEME aus dem Partnerportal der MWST und der Stammdatenverwaltung der DVS zusammensetzte. Das Partnerportal der MWST163 ­ die Grundlage für die informatikmässige Umsetzung des neuen MWSTG ­ bekam damit einen hohen Stellenwert, so dass die Ablösung von MOLIS und STOLIS in den Hintergrund rückte.

Die Erstanalyse des neuen GPL164 zum Stand der Softwareentwicklung von INSIEME Ende 2011 weist darauf hin, dass lediglich zwei Komponenten als ITSysteme hatten gebaut werden können, nämlich das Partnerportal der MWST im Pilotbetrieb sowie die Stammdatenverwaltung der DVS-Erhebung. Dies zeigt unmissverständlich, dass die Bedeutung bzw. Priorisierung des Spezialprojekts ­ zu ungunsten von INSIEME ­ bis im Herbst 2011 im Vordergrund stand.

Beurteilung der FK und GPK Aus Sicht der FK und GPK trug diese Vorgehensweise, beschlossen am 3. Juni 2008 durch den Lenkungsausschuss (LAS), massgeblich dazu bei, dass INSIEME in Schieflage geriet und schliesslich abgebrochen werden musste. Einem bereits gescheiterten Projekt, das sich in der Wiederaufbauphase befand, eine zusätzliche Last in der Form eines Spezialprojekts aufzuerlegen, war hochriskant und ist für die FK und GPK aus heutiger Sicht nur schwer nachvollziehbar. Im Projektantrag INSIEME-Relaunch165 wurde zudem explizit darauf hingewiesen, dass die veränderten Prioritäten aufgrund des Umfeldeinflusses der MWST-Reform die Nichterrei-

159 160 161 162 163 164 165

Vgl. Kapitel 3.4.4.2.

Bundesgesetz über die Mehrwertsteuer (Mehrwertsteuergesetz, MWSTG) vom 12. Juni 2009 (SR 641.20).

Mehrwertsteuerverordnung (MWSTV) vom 27. Nov. 2009 (SR 641.201).

1. BR-Bericht vom 27. Febr. 2013, S. 28, 29 und 42.

MWST-Online-Einreichung bzw. -Anmeldung (IPOM).

1. BR-Bericht vom 27. Febr. 2013, S. 42.

INSIEME-Relaunch, Antrag für die Freigabe der 1. Etappe der IT-Gesamterneuerung vom 3. Juni 2008, S. 9.

6427

chung des terminlichen Etappenziels sowie die Überschreitung des finanziellen Rahmens zur Folge haben könnten, was letztlich auch eintrat.

Dass der Entscheid zur Priorisierung des Spezialprojekts und der entsprechenden Zuteilung der Ressourcen innerhalb der Projektorganisation gefällt wurde, bedeutet für die FK und GPK jedoch keineswegs, dass dem LAS die gesamte Verantwortung aufgebürdet werden kann. Als letztes Glied in der Kette verfügte der LAS nicht über viele Alternativmöglichkeiten. Dass das neue MWSTG und dessen Beratung in den eidgenössischen Räten zu Änderungen führen würde, die auch Auswirkungen auf die Informatik bzw. INSIEME haben würden, hätte der Direktion der ESTV (Stammorganisation) und dem Departement bereits viel früher klar sein müssen, waren sie doch in die Vorbereitungen der neuen Mehrwertsteuergesetzgebung direkt involviert. Sie hätten es in der Hand gehabt, geeignete organisatorische, finanzielle und personelle Massnahmen zu treffen. Aus Sicht der FK und GPK tragen die Direktion der ESTV, das Departement und der Bundesrat eine Mitverantwortung.

3.3

Projektmanagement gespiegelt an der Methodik von HERMES

3.3.1

Fragestellung gemäss Untersuchungskonzept

Bei der Klärung des Einsatzes der HERMES-Methodik standen für die FK und GPK die Fragen im Zentrum, wie das Projekt INSIEME geplant und in den verschiedenen Phasen organisiert, geführt und kontrolliert wurde sowie ab wann es den Status eines Projekts hatte. Konkret ging es darum zu klären, ob HERMES nachweislich und dokumentiert angewendet wurde.

Die FK und GPK beschlossen im Rahmen ihres Untersuchungskonzepts, auf eigene Abklärungen zu verzichten und stattdessen die diesbezüglichen Erkenntnisse aus dem Bericht des Bundesrats vom 27. Februar 2013 zu würdigen.166

3.3.2

Projektmanagement gespiegelt an HERMES: Bericht des Bundesrats

3.3.2.1

Zeitperiode Januar 2001­Juli 2007

Laut Bundesrat ist eine Beschreibung bzw. Beurteilung des Projektmanagements sowie der Projektführung und -initialisierung mangels verlässlicher bzw. aufschlussreicher Dokumente in der Zeitperiode bis Juli 2007 nicht möglich.167

3.3.2.2

Zeitperiode August 2007­Juni 2009

Gemäss den Angaben des Bundesrats war in der Zeitperiode von Mitte 2007 bis Mitte 2009 kein Ansatz eines Vorgehensmodells erkennbar, d. h. HERMES wurde nicht angewandt. Zwar soll in einigen Berichten «HERMES-Konformität» erwähnt

166 167

Untersuchungskonzept der FK und GPK vom 3. Mai 2013, S. 16.

3. BR-Bericht vom 15. Jan. 2014, S. 1­2.

6428

worden sein; die geforderten Strukturen, Rollen, Aktivitäten und Ergebnisse wurden jedoch nie etabliert.168 Als GPL mit umfassenden Kompetenzen amtierte ein ESTV-Mitarbeiter aus dem mittleren Kader. Gemäss Bundesrat trug dieser die Gesamtverantwortung für INSIEME und war für die Projektergebnisse (Planung, Organisation, Führung und Überwachung) verantwortlich. Zur Begleitung des Projekts wurde unter dem Vorsitz des Chefs der Hauptabteilung MWST ein Lenkungsausschuss etabliert, in den unter anderem die Geschäftsleitung der ESTV (GL ESTV) eingebunden war.169 Nach Ansicht des Bundesrats verfügte der GPL offensichtlich nicht über die erforderlichen Projektmanagement- und Managementkompetenzen.170 Während der gesamten Zeitperiode wurden monatlich Projektcontrolling-Berichte (PCO-Berichte) zuhanden des GPL und des ISB erstellt. Parallel dazu verfasste der Projektcontroller INSIEME bis Mitte 2008 monatlich interne ProjektcontrollingBerichte zuhanden des Auftraggebers (Direktor der ESTV), des GPL und des LAS.

Der Bundesrat legt in seinem Bericht an die FK und GPK dar, dass sich der PCOBericht und der interne Projektcontrolling-Bericht von Ende Juli 2008 widersprachen. Während im internen Projektcontrolling-Bericht der Status des Gesamtprojekts auf «Rot» stand, wurde derselbe Status im PCO-Bericht mit «Grün» ausgewiesen.

Der Bundesrat kommt zum Schluss, dass die PCO-Berichte die Projektsituation nicht vollständig wiedergaben oder diese teilweise beschönigten.171

3.3.2.3

Zeitperiode Juli 2009­November 2010

Obwohl der Auftraggeber dem GPL Ende Januar 2009 den Auftrag erteilte, im Projekt INSIEME-Relaunch ein Vorgehen nach HERMES umzusetzen, sind laut Bundesrat keine entsprechenden Strukturen, Rollen, Aktivitäten und Ergebnisse erkennbar. Er stellt fest, dass ein Vorgehensmodell nach HERMES nicht angewandt wurde.172 Nach Ansicht des Bundesrats fehlte dem GPL der Überblick über das Projekt: Er stellte dem GPA die Projektsituation unvollständig dar und beschönigte sie teilweise.173 So wurden während der gesamten Zeitperiode nebst den monatlichen PCOBerichten monatliche Management-Reporte des GPL an den GPA, Quartalsreporte des GPL an den GPA und das GS EFD sowie Qualitäts- und Risikomanagementberichte (QM-/RM-Berichte) an den GPA erstellt.174 Der Bundesrat hält in seinem Bericht fest, dass insbesondere das Reporting gegenüber dem GPA teilweise nicht den Tatsachen entsprach und die vermittelten Stati der Teilprojekte im Nachhinein nicht mehr nachvollziehbar sind.

Auch im Bereich der RM-Berichte stellt der Bundesrat grosse Abweichungen fest.

So wies beispielsweise die Risikoliste der Teilprojekte gegen Ende 2009 vollkommen andere Risiken aus als dem GPA präsentiert wurden. Andererseits muss gemäss 168 169 170 171 172 173 174

1. BR-Bericht vom 27. Febr. 2013, S. 27.

1. BR-Bericht vom 27. Febr. 2013, S. 20.

1. BR-Bericht vom 27. Febr. 2013, S. 25.

1. BR-Bericht vom 27. Febr. 2013, S. 23­24.

1. BR-Bericht vom 27. Febr. 2013, S. 31­32.

1. BR-Bericht vom 27. Febr. 2013, S. 30.

1. BR-Bericht vom 27. Febr. 2013, S. 29­30.

6429

Bundesrat klar festgestellt werden, dass sowohl in den Management-Reporten und vor allem in den Quartalsberichten Hinweise auf den desolaten Zustand des Projekts vorhanden waren. Dies veranlasste den GPA denn auch zu diversen Massnahmen, wie z. B. die Durchführung eines Audits durch eine externe Firma.175 Der Bundesrat erkennt im Projekt INSIEME infolge mangelhafter Führung die Entwicklung einer starken Eigendynamik, so dass sich die Beteiligten kaum mehr an einem Gesamtresultat orientierten. Insbesondere bildeten sich innerhalb des Projekts isolierte Teilbereiche, in denen man unkoordiniert agierte.176

3.3.2.4

Zeitperiode Dezember 2010­Januar 2011

Ein Vorgehensmodell nach HERMES lag nach Aussage des Bundesrats nicht vor.177 Die Projektberichterstattungen und -reporte liefen wie in der vorherigen Zeitperiode weiter. Ein durch den GPL im Herbst 2010 in Auftrag gegebenes Audit zeigte gravierende Mängel im Bereich Projektmanagement, Rollen und Verantwortlich-keiten sowie in weiteren Bereichen, welche den GPA gemäss Bundesrat zu entsprechenden Massnahmen veranlasste (Reorganisation INSIEME, Definition Auftraggeber, Reorganisation Reporting, Neuaufsetzung QM und RM, sofortiges Planungsreview, etc.). Der Bundesrat erachtet die vom GPL getroffene Wahl der Auditfirma, welche auch mit der Umsetzung der aus dem Audit abgeleiteten Sofortmassnahmen mandatiert wurde, aus heutiger Sicht als fragwürdig, da diese nicht auf Projektaudits spezialisiert war.178

3.3.2.5

Zeitperiode Februar 2011­September 2011

In dieser Zeitperiode wurde gemäss Bundesrat versucht, HERMES-Konformität herzustellen. Die vorhandenen Lieferergebnisse wurden auf die von HERMES geforderten Ergebnisse referenziert und die neue Planung erfolgte auf der Basis von HERMES.179 Die Projektberichterstattungen und -reporte liefen analog zur vorherigen Zeitperiode weiter. Aufgrund erneuter Verzögerungen und Mehrkosten Anfang 2011, des geringen realisierten Umfangs von INSIEME sowie der Tatsache, dass die Umsetzung der Audit-Massnahmen nicht wie geplant vonstattenging, beantragte der Vorsitzende des GPA beim Direktor der ESTV die Absetzung des GPL und die Ernennung eines erfahrenen GPL. Der Direktor, als Auftraggeber von INSIEME, enthob den GPL im März 2011 seiner Aufgabe.180 Die Verantwortung über die Gesamtprojektleitung von INSIEME konnte ab dem 1. Oktober 2011 an einen neu rekrutierten GPL übertragen werden. In der dazwischenliegenden Zeit übernahm der Vorsitzende des GPA ad interim die Verantwortung über die Gesamtprojektleitung.

175 176 177 178 179 180

1. BR-Bericht vom 27. Febr. 2013, S. 30.

1. BR-Bericht vom 27. Febr. 2013, S. 30.

1. BR-Bericht vom 27. Febr. 2013, S. 34.

1. BR-Bericht vom 27. Febr. 2013, S. 33­34.

1. BR-Bericht vom 27. Febr. 2013, S. 40.

1. BR-Bericht vom 27. Febr. 2013, S. 34.

6430

3.3.2.6

Zeitperiode Oktober 2011­September 2012

Der Bundesrat beurteilt in seinem Bericht an die FK und GPK den Zustand des Projekts Ende 2011 als sehr schlecht.181 Aus einer ersten Analyse des neuen GPL geht hervor, dass die Projektmethode HERMES nicht angewandt wurde.182 Es fehlte ein Pflichtenheft, die Planung war ungenügend oder fehlte zum Teil, die Berichterstattung war inkonsistent und auf die Projektorganisation anstatt auf die Lieferobjekte (Produkte) ausgerichtet. Im Rahmen der Projektführung war unklar, wer entscheidet, da sowohl innerhalb des Projekts (z. B. technische Entscheide) als auch innerhalb der ESTV Verantwortungen und Kompetenzen verteilt waren.

Die Projektberichterstattungen und -reporte liefen gemäss den vorherigen Zeitperioden weiter. Die vom neuen GPL 2012 eingeleiteten Massnahmen führten sehr rasch zu einer deutlichen Verbesserung der Situation. Damit wurden gemäss Bundesrat die Rahmenbedingungen für die weitere Entwicklung der anstehenden BusinessReleases geschaffen.

Wenn auch die Beschaffungen im Laufe des Jahres 2012 WTO-konform vorgenommen wurden, so konnten sie laut Bundesrat mit dem Projekt nicht Schritt halten, was unweigerlich zu Verzögerungen führte. Die Umsetzung des letzten BusinessReleases183 hätte aus damaliger Sicht nicht mehr planmässig auf Ende 2014 realisiert werden können.184

3.3.2.7

Einfluss auf das Scheitern des Projekts

Nach Beurteilung des Bundesrats scheiterte das Projekt INSIEME unter anderem aufgrund der während längerer Zeit (2007­2011) fehlbesetzten Schlüsselposition des GPL sowie der mehrfachen Methodenwechsel und damit der Nichtanwendung eines übergreifenden Vorgehensmodells nach HERMES. Dies führte mit zum Entscheid vom 19. September 2012, das Projekt abzubrechen.185

3.3.2.8

Massnahmen des Bundesrats für künftige IKT-Projekte

Bereits vor dem Abbruch von INSIEME leitete der Bundesrat übergeordnete Massnahmen wie die Umsetzung der revidierten BinfV und der IKT-Strategie des Bundes 2012­2015 ein. Er beabsichtigte damit, die Führung von Grossprojekten zu stärken und die Projektrisiken deutlich zu reduzieren.

In diesem Zusammenhang wurde auch die Projektmethodik HERMES hinsichtlich folgender Punkte überarbeitet: ­

Verstärkte Verantwortung der Linie und klarere Rollenbeschriebe mit expliziter Beschreibung und Zuweisung der Aufgaben zu den drei Ebenen Steue-

181 182

1. BR-Bericht vom 27. Febr. 2013, S. 49.

Bericht der ESTV (neuer GPL 2011­2012), Teil 3, S. 3 (Beilage 1c zum 1. BR-Bericht vom 27. Febr. 2013).

183 Ablösung von STOLIS.

184 1. BR-Bericht vom 27. Febr. 2013, S. 49­50.

185 1. BR-Bericht vom 27. Febr. 2013, S. 32 und 52­53.

6431

rung, Führung und Ausführung. Der Auftraggeber trägt die Gesamtverantwortung für das Projekt und ist für die projektbezogenen Steuerungsentscheide an den Phasenmeilensteinen (Initialisierung, Konzept, Realisierung und Einführung) zuständig.

­

Verstärkter Fokus auf die Projektinitialisierung und die rechtlichen Abklärungen, verstärkter Einbezug der Vorgaben der Stammorganisation, frühzeitiger Einbezug der Amts-, IT- und Servicearchitektur sowie der IT-Sicherheit und des Datenschutzes. Zudem wurde die Überprüfung der Wirtschaftlichkeit explizit für die gesamte Projektdauer festgelegt.

­

Vereinfachung und Aktualisierung der Projektmethodik HERMES durch Reduktion des Dokumentenumfangs, modularen Aufbau, vorgefertigte Projektszenarien (z. B. für die Beschaffungen im Projekt) und verbesserte Toolunterstützung. Ferner wurden ­ in Absprache mit der EFK ­ in der Methodik die Minimalanforderungen an das Reporting gemäss COBIT186 definiert, damit nicht unnötige Pro-forma-Ergebnisse dokumentiert werden.

­

Zur Stärkung der Führung, Steuerung und Kontrolle der Schlüsselprojekte sollen diese in Zukunft einem projektexternen Prüfprozess unterliegen. Die Resultate der Prüfung fliessen in das strategische IKT-Controlling zuhanden des Bundesrats ein. Die Prüfung wird durch die EFK organisiert und durchgeführt.

Gestützt auf eine Motion187 der FK beider Räte ist der Bundesrat schliesslich daran, einen Pool von IKT-Projektleiterinnen und -Projektleitern zu schaffen, damit grosse IKT-Projekte von erfahrenen Projektleitenden aus diesem Pool geleitet oder beraten werden können.188

3.3.3

Projektmanagement gespiegelt an HERMES: Würdigung des Berichts des Bundesrats durch die FK und GPK

Gestützt auf die Feststellungen und Beurteilungen des Bundesrats kommen die FK und GPK zu einem äusserst ernüchternden Schluss: Während gut der Hälfte der Projektdauer von INSIEME fehlen verlässliche und aussagekräftige Unterlagen (Januar 2001­Juli 2007). Dies verstösst gegen die Aufbewahrungsvorschriften für Bundesakten und verunmöglicht der parlamentarischen Oberaufsicht eine inhaltliche Beurteilung. Für die FK und GPK ist dies inakzeptabel, zeigt sich doch dasselbe Bild auch in vielen weiteren Bereichen der Untersuchung zu INSIEME.189 Dort, wo aufgrund vorhandener Unterlagen eine Beurteilung möglich ist, zeigt sich, dass die für die Führung von Projekten des Bundes seit 1995 vorgeschriebene Methodik HERMES nicht oder nur ansatzweise (August 2007­September 2011) angewendet wurde. Erst ab Oktober 2011, mehr als 10 Jahre nach dem Startschuss von INSIEME, kam HERMES vorschriftskonform zur Anwendung. Für die FK und 186

COBIT: Control Objectives for Information and Related Technology (internationale Audit-Standards).

187 Mo. FK-N/S «Pool von Informatikprojektleiterinnen und -leitern» vom 09. bzw. 13. Nov.

2011 (12.3986 / 12.3987).

188 1. BR-Bericht vom 27. Febr. 2013, S. 53­54.

189 Vgl. Empfehlung 1 (Kapitel 1.4.1).

6432

GPK wäre es die Aufgabe der zuständigen Führungs-, Steuerungs- und Aufsichtsorgane gewesen, diesem Missstand Einhalt zu gebieten.

Die von den FK und GPK geführten Untersuchungen über die Systemanforderungen bzw. System- und Projektkonzeptionen190 zeigen ein ebenso desolates Bild: Von den zwanzig analysierten INSIEME-Projektkonzeptionen bedienten sich lediglich deren zwei191 nachweislich dokumentiert der HERMES-Methodik.

Besorgniserregend ist für die FK und GPK zudem, dass das mehrstufige und aufwendige Berichts- und Rapportierungswesen bei INSIEME zu keiner Wende zum Guten führte. Ab Mitte 2007 wurden monatliche PCO-Berichte sowie periodische QM- und RM-Berichte erstellt, ab 2010 kamen Management- und Quartalsberichte hinzu. Offensichtlich mangelte es nicht so sehr an deren Quantität, sondern an der Qualität, Vollständigkeit und Kohärenz. Hier stellen sich die FK und GPK die Frage, inwiefern das Berichts- und Reportingwesen zwischen 2007 und 2011 überhaupt professionell praktiziert wurde. Wenn, wie der Bundesrat feststellte,192 die Berichte und Reporte keinen transparenten Bezug auf die betroffenen Projekte bzw. Teilprojekte auswiesen, muss angenommen werden, dass diese kaum tatsachengerecht verfasst wurden und damit einen viel zu grossen Spielraum für abweichende Beurteilungen und absichtliche Beschönigungen zuliessen.

Für den Projekterfolg ist es allerdings auch unabdingbar, dass die Empfänger von Berichten und Reporten (Aufsicht, Strategieorgan, Auftraggeber, GPA und GPL) diese auch lesen, verstehen, im Zweifelsfall nachhaken und bei Handlungsbedarf die richtigen Massnahmen ableiten und umsetzen. Die Feststellung, dass Berichte teils beschönigt wurden, entbindet die Empfänger der Reportingberichte nicht von ihrer Verantwortung, sich durch Nachfragen und Zuhilfenahme alternativer Informationskanäle ein realistisches Bild vom Projektstand und von den Risiken zu machen.

Andererseits entbindet dies die Absender von Berichten und Reporten nicht von ihrer Pflicht, nachzuhaken, wenn sie den Eindruck haben, dass der Empfänger nicht oder nicht adäquat reagiert. Optimal ist nach Ansicht der FK und GPK, wenn sich beide Seiten gemeinsam und partnerschaftlich zugunsten des Projektfortschritts einbringen. Nur so kann verhindert werden, dass ­ wie der Bundesrat richtig feststellt193 ­ die Projektführung
so mangelhaft wird, dass eine starke Eigendynamik entsteht, welche kaum zu Gesamtresultaten führt.

Die Antwort auf die Fragestellung, ab wann INSIEME den Status eines Projekts nach HERMES innehatte, geht aus dem Bericht des Bundesrats klar hervor: Erst mit der Ablösung des ungenügend qualifizierten GPL im Herbst 2011 wurden die Rahmenbedingungen für die projektmässige Weiterentwicklung von INSIEME nach den Vorgaben von HERMES geschaffen. Diese Erkenntnis teilen die FK und GPK, zeigen doch ihre eigenen Untersuchungen der Systemanforderungen194 bzw. System- und Projektkonzeptionen ein identisches Bild. Mit dem neuen GPL wurde nicht nur HERMES-Konformität erreicht, sondern auch eine wahrnehmbare Projektführung und die durch sie zu verantwortende korrekte Projektdokumentation. Der neue GPL sorgte für die erforderliche Verbindlichkeit, indem Schlüsseldokumente 190 191

Vgl. Kapitel 3.4.

Bei diesen zwei Projekten handelte es sich um die Vormigration BS2000 aus dem Jahr 2004 (vgl. Kapitel 3.4.4.2) und um die Neuausrichtung INSIEME aus dem Jahr 2011 bzw. 2012 (vgl. Kapitel 3.4.4.3).

192 Vgl. Kapitel 3.3.2.3.

193 Vgl. Kapitel 3.3.2.3.

194 Vgl. Kapitel 3.4.

6433

(Pflichtenheft, Konzepte, Detailspezifikationen, Berichte, etc.) in schriftlicher Form vorlagen und von den dafür zuständigen Projektmitarbeitenden (Fachbereichsverantwortliche, Informatiker, Controller, etc.) mit Datum und Unterschrift versehen wurden.

Die FK und GPK gehen mit dem Bundesrat einig, dass die zu lange Fehlbesetzung des GPL-Postens sowie die nicht einheitliche und konsequente HERMESAnwendung zum Scheitern des Projekts beitrugen. Die bisher daraus abgeleiteten Massnahmen des Bundesrats sind aus Sicht der FK und GPK richtig und dringend erforderlich. Inwiefern die getroffenen Massnahmen die erhoffte deutliche Reduktion der Projektrisiken sicherstellen werden, wird sich in den nächsten Jahren weisen.

Der Bundesrat ist aufgefordert, die Umsetzung der Massnahmen genau zu verfolgen.

Die FK und GPK fordern den Bundesrat auf, dafür zu sorgen, dass Projekte (IKTund Organisationsprojekte) in der Bundesverwaltung zwingend nach der vorgeschriebenen Projektmethodik HERMES abgewickelt werden. Dabei soll er insbesondere darauf achten, dass projektbegleitende Ergebnisse wie Konfigurations- bzw.

Änderungsmanagement, Qualitätssicherung und Risikomanagement lückenlos angewendet werden.

Postulat 1: Evaluation von HERMES 5 Die FK und GPK beauftragen den Bundesrat, zu prüfen und Bericht zu erstatten, inwiefern es zweckmässig ist, die überarbeitete Projektführungsmethode HERMES 5, welche u. a. auf den Erkenntnissen aus INSIEME basiert und im Frühjahr 2013 in der Bundesverwaltung eingeführt wurde, nach drei Jahren auf deren Umsetzungswirkung zu evaluieren.

Postulat 2: Evaluation von (Gross-)Projekten Die FK und GPK beauftragen den Bundesrat, bis Ende 2015 zu prüfen und Bericht zu erstatten, ob er für künftige (Gross-)Projekte während des Projektverlaufs sogenannte Projektassessments sowie nach Abschluss der Projekte sogenannte Projektevaluationen vorgeben will.

Projektassessments zeigen den Projektauftraggebenden und Projektleitenden die aktuelle Situation ihres Projekts bzw. ihrer Projekte auf (während oder am Ende jeder Projektphase) und bieten ihnen damit die Möglichkeit, zielgerichtet und priorisiert Verbesserungen oder Optimierungen vorzunehmen. Die FK und GPK sind der Meinung, dass sich ein solches Instrument bei INSIEME als nützlich erwiesen hätte.

(Gross-)Projekte ­ insbesondere Reorganisationen, wie sie auch im Rahmen von INSIEME vorgenommen wurden ­ sind oft nach Projektende noch instabil und weisen die Gefahr auf, dass sich das Ergebnis wieder dem ursprünglichen Zustand annähert. Es kann deshalb Sinn machen, nach ein bis zwei Jahren eine Projektevaluation vorzunehmen, um zu prüfen, ob die Ziele definitiv erreicht wurden.

6434

3.4

Systemanforderungen

3.4.1

Fragestellung gemäss Untersuchungskonzept

Die FK und GPK beschlossen, die ursprünglichen Anforderungen an das zu erstellende IT-System (Systemanforderungen) und deren Änderungen im Verlauf des Projekts INSIEME zu untersuchen.195 Die AGI forderte den Bundesrat in einem Schreiben196 auf, Klarheit zu schaffen, wie und durch wen die Systemanforderungen definiert wurden und ob diese stets mit den tatsächlichen Bedürfnissen der ESTV übereinstimmten. In diesem Zusammenhang sollte der Bundesrat die Definition der Systemanforderungen und die diesbezüglichen Anpassungsprozesse auf organisatorischer Ebene in einem Bericht zu den Systemanforderungen 2001­2012 im Detail aufzeigen und beurteilen. Die FK und GPK wollten in Kenntnis gesetzt werden, nach welchem Modell das Anforderungsmanagement aufgebaut war und inwiefern in der Umsetzung von diesen Vorgaben abgewichen wurde. Es sollten auch Antworten auf folgende Fragen gegeben werden: Wie und von wem wurde dieses Modell während des Projektverlaufs gesteuert und durchgesetzt? Wann und warum wurde es geändert? Wie und in welchen Phasen beeinflussten externe Mitarbeitende die festgelegten Prozesse? Wie war das Änderungsmanagement gestaltet und wie beurteilt der Bundesrat die Prozesse über den Projektverlauf?

Die AGI ihrerseits nahm sich der Thematik auf fachlicher und technischer Ebene an.

Ihr Ziel war es zu klären, wie auf diesen beiden Ebenen die Systemanforderungen definiert wurden und inwiefern diese mit den tatsächlichen Bedürfnissen der ESTV übereinstimmten. Zu diesem Zweck verlangte sie vom Bundesrat alle während der gesamten Projektdauer erstellten Unterlagen zu den fachlichen und technischen Anforderungen an das System sowie sämtliche in diesem Zusammenhang stehenden Änderungsbeschlüsse. Sie versprachen sich, mit deren Hilfe die konkrete Umsetzung der Änderungen bzw. Systemanforderungen analysieren und nachvollziehen zu können.197 Die vom Bundesrat Mitte 2013 eingereichten Unterlagen198 im Umfang von über 600 MB bzw. über 44 000 Dateien in 2400 Unterverzeichnissen waren in keiner einheitlich dokumentierten Form vorliegend. Aufgrund der Tatsache, dass weder Programm- bzw. Datenbankdesignbeschreibungen mitgeliefert werden konnten noch die Zusammenhänge bzw. Abhängigkeiten unter den Programmcodes dokumentiert vorhanden waren, verzichtete die AGI auf die Untersuchung auf Programmierungsebene.
Die AGI entschied, die Untersuchung auf der weniger detaillierten Ebene der System- bzw. Projektkonzeption weiterzuführen. Den Bundesrat forderte sie auf, alle INSIEME-Projekte von 2001­2012 gestützt auf ein von ihr vordefiniertes Raster199 auszuweisen und zu dokumentieren.

195 196

Untersuchungskonzept der FK und GPK vom 3. Mai 2013, S. 16.

Informatikprojekt INSIEME der ESTV: Einfordern von einem Bericht und Dokumenten, Brief der AGI vom 10. Juni 2013.

197 Schreiben der AGI an den Bundesrat vom 13. Sept. 2013.

198 DVD mit 666 MB Daten, unterteilt in Verzeichnis 1 «Anforderungen Phase GU» mit 6 MB, Verzeichnis 2 «Hauptergebnisse Anforderungen 2009­2011» mit 600 MB und Verzeichnis 3 «Hauptergebnisse 2011­2012» mit 60 MB.

199 Untersuchung INSIEME, Tabelle «Zusätzlich einzufordernde Dokumente » der AGI vom 13. Sept. 2013.

6435

3.4.2

Systemanforderungen: Bericht des Bundesrats

3.4.2.1

Allgemein

Der Bundesrat lieferte die von der FK und GPK verlangten Unterlagen und legte seine Erkenntnisse in einem Bericht200 dar. Darin führte er aus, dass er für seine Recherche Gespräche mit Fachspezialisten führte, welche seit 2007 am Projekt beteiligt waren. Daraus sei eine gezielte Dokumentensuche im Archiv erfolgt. Aufgrund der knappen Zeitspanne, die zur Verfügung stand, könne der Bundesrat für die Recherche allerdings keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben. Trotzdem seien in ihr die wichtigen Momente der wiederholten Anpassungen an Systemarchitektur und -anforderungen zwischen 2005 und 2011 erfasst.

Die folgenden Kapitel 3.4.2.2­3.4.2.4 geben die wichtigsten Punkte, die der Bundesrat in seinem Bericht bezüglich Systemanforderungen aufführt, zusammengefasst wieder.

3.4.2.2

Zeitperiode 2005­2007: WTO-Ausschreibung

Laut Bundesrat erstellte die ESTV im Rahmen des Pflichtenhefts201 für das ITGesamtsystem der ESTV von Anfang 2005 eine technische Architektur, welche die wesentlichen Bestandteile des Gesamtvorhabens umfassten.

Wie aus dem Bericht des Bundesrats hervorgeht, war die Architektur massgeblich durch folgende fachlichen Einflussfaktoren geprägt: ­

Gesamtsicht der Geschäftspartner;

­

Kommunikation mit den Steuerzahlenden;

­

Schnittstellen zu den Kantonen;

­

ausländische Behörden;

­

Unabhängigkeit gegenüber den Steuerarten;

­

rasche Nutzung neuer Funktionen.

Das technische Architekturmodell basierte laut Bundesrat auf folgenden Annahmen und daraus abgeleiteten Anforderungen:

200 201

­

Aufgrund der Resultate einer kurzen Marktanalyse war anzunehmen, dass kein releasefähiges Standard-Produkt am Markt verfügbar war, welches die Anforderungen der ESTV an eine künftige Lösung vollständig abdeckte.

Daher wurde eine Lösung angestrebt, mit der mehrere unabhängige Lösungsteile nahtlos zu einem Ganzen zusammengefügt werden sollten.

­

Die Migration vom damaligen Zustand zur neuen Lösung sollte in mehreren Schritten erfolgen. Folglich hätte der gleichzeitige Betrieb von bestehenden und neuen Lösungsteilen wahrscheinlich über eine längere Zeitspanne sichergestellt werden müssen.

2. BR-Bericht vom 13. Nov. 2013, S. 21­26.

INSIEME: Pflichtenheft für IT-Gesamtsystem der ESTV vom 23. Febr. 2005.

6436

­

Die Lösung sollte mit der E-Government-Strategie des Bundes kompatibel sein.

­

Das Pflichtenheft beinhaltete ferner viele detaillierte Informationen zu betrieblichen Umgebungen (Applikationsserver, Datenbanken, Arbeitsplätze der Endbenutzer, usw.), auf welchen das zu realisierende System hätte betrieben werden sollen.

Die Zeitperiode endete im August 2007 mit dem Abbruch der Verhandlungen mit dem Generalunternehmer (GU), welche im Rahmen der WTO-Vergabe stattfanden.

3.4.2.3

Zeitperiode 2008­2009: Relaunch INSIEME

In der Zeitspanne von 2008­2009 konnten gemäss Bundesrat keine wesentlichen Dokumente zum Thema Systemanforderungen eruiert werden. Den Dokumenten und Gesprächen entnahm der Bundesrat, dass experimental vorgegangen wurde.

Dieses Vorgehen richtete sich am TOGAF-Modell202 aus. Andererseits arbeitete man an der Erstellung von Prototypen und Machbarkeitsabklärungen. Da das Projekt noch nicht formell institutionalisiert war, ist für den Bundesrat nachvollziehbar, dass die Systemanforderungen zu jenem Zeitpunkt nicht im Vordergrund standen. Einige Arbeiten aus dieser Phase wurden jedoch in der folgenden Periode als Zwischenresultate übernommen.

3.4.2.4

Zeitperiode 2009­2011: Gesamtvorhaben INSIEME

Der Bundesrat unterteilt die Zeitspanne von 2009­2011 in zwei Etappen. In der Etappe 1 befasste sich das Projekt Gesamtvorhaben INSIEME mit der Thematik der DVS-Erhebung mit der Partnerverwaltung sowie mit dem Partner-Portal für die MWST. In der Etappe 2 wurde die Thematik der MWST- und DVS-Rückerstattungen bearbeitet.

Etappe 1 In der ersten Etappe übernahm die ESTV laut Bundesrat formell die Verantwortung für die Gesamtprojektleitung, die Lösungs- und Facharchitektur, die Konzeption (Business-Analyse) sowie das Veränderungsmanagement.

Die Analyse der Dokumentation durch den Bundesrat zeigt auf, dass der Start dieser Etappe mitten in der HERMES-Phasierung203 stattfand. Es lassen sich Entwürfe der technologischen Architektur finden, die vor dem Start der Etappe 1, d. h. in der Zeitperiode 2008­2009, erarbeitet wurden, welche aber über ein Jahr länger nachbearbeitet wurden.

Die für die Umsetzung notwendigen Spezifikationen wurden gemäss Bundesrat in einem mehrstufigen Verfahren (Visionsmodell Geschäftsanalysemodell Systemmodell) erstellt. Die zugehörigen Prozesse wurden dokumentiert und die Arbeiten zeitlich in fünf Etappen gegliedert. Die Erstellung der Spezifikationen folgte 202

The Open Group Architecture Framework (TOGAF) bietet einen Ansatz für Entwurf, Planung, Implementierung und Wartung von Unternehmensarchitekturen.

203 Zwischen den Phasen Konzeption und Realisierung.

6437

dieser Arbeitsweise, d. h. die Spezifikationen wurden nicht zu Beginn komplett erstellt («Wasserfallvorgehen»), sondern entstanden schrittweise nach Bedarf. Die übergeordnete fachliche Architektur diente dabei als Basis für die weiteren Verfeinerungsschritte.

Neben der Fach- und Lösungsarchitektur wurde auch die technische Architektur konzipiert. Realisiert wurde ein Prototyp unter Anwendung diverser technischer Basiskomponenten, der die technische Machbarkeit aufzeigte.

Die Projektmitarbeitenden wurden schrittweise auf diesen Technologien geschult.

Dies war gleichzeitig ein Wendepunkt, an dem externe Mitarbeitende204 begannen, die technische Konzeption und die Vorgaben des BIT zu hinterfragen und Alternativen zu präsentieren.

Im März 2010 entschied das Architekturbüro INSIEME205, nicht das Java-Framework206 des BIT zu nutzen, sondern eine Eigenentwicklung zu starten.

Als weiteres Resultat der Spezifikationsarbeiten entstanden die nicht funktionalen Anforderungen,207 welche für die Betriebsumgebung und -organisation zentral waren.

Neben den üblichen Spezifikationsdokumenten wurde konsequent mit HTMLPrototypen208 gearbeitet. Diese erlaubten eine frühe Validierung209 der Abläufe des IT-Systems durch die Fachbereiche und stellten gleichzeitig eine detaillierte Vorlage für die eigentlichen Umsetzungsarbeiten dar. Die Arbeiten basierten auf den Spezifikationen zum grundsätzlichen Aufbau der Benutzeroberflächen und auf den Vorgaben zur Benutzbarkeit.

Weiter wurden Business-Entity-Modelle210 und Fachdatenmodelle im Werkzeug Enterprise Architect211 durch die Mitarbeitenden des Teams Anforderungsanalysen erfasst und gepflegt.

Nach Abschluss der ersten Spezifikationsphase begannen im April 2010 die Realisierungsarbeiten für die Etappe 1. Im Rahmen der Architekturkonformitätsprüfung wurde dem Projekt eine Konformität mit den Architekturvorgaben des BIT von 95,8 Prozent attestiert; dieses Kriterium wurde als vollständig erfüllt beurteilt. Als Basis der Prüfung wurden Spezifikationen auf den verschiedenen Detaillierungsstufen beigezogen. Der Inhalt einer Etappe wurde mittels Leistungsumfangs-Beschreibungen festgelegt, welche sowohl Ziele wie Abnahmekriterien enthielten.

204 205 206

207 208

209 210 211

Vgl. Kapitel 3.6.

Das Architekturbüro INSIEME bestand aus externen Experten und Vertretern der ESTV und des BIT. Geleitet wurde es von einem externen Experten.

Framework (englisch für Rahmenstruktur) ist ein Programmiergerüst, das in der Softwaretechnik, insbesondere im Rahmen der objektorientierten Softwareentwicklung, verwendet wird. Im allgemeineren Sinn und nicht als dezidiertes Softwareprodukt verstanden, bezeichnet man mit Framework auch einen Ordnungsrahmen.

Anforderungen an Betriebszeit, Servicezeit, Systemverfügbarkeit und -zuverlässigkeit, Systemperformance, Monitoring, etc.

Hypertext Markup Language (HTML) ist eine textbasierte Auszeichnungssprache zur Strukturierung von digitalen Inhalten wie Texten, Bildern und Hyperlinks in elektronischen Dokumenten.

Beweisführung, dass ein System die Anforderungen in der Praxis erfüllt.

Geschäftsentitätsmodelle.

Enterprise Architect (EA) ist ein Softwaremodellierungswerkzeug.

6438

Etappe 2 Laut Bundesrat wurden die Planungsarbeiten ab August 2010 intensiviert und gegen Ende Jahr abgeschlossen. Der Leistungsumfang basierte wiederum auf Visionsdokumenten, dem Business-Entity-Modell und Fachdatenmodell aus der Etappe 1 sowie der fachlichen Zielarchitektur.

Für die Realisierung der Etappe 2 wurde zudem eine Workflow-Komponente benötigt. Analog zu anderen Komponenten zog man verschiedene Produkte in Betracht und fällte im Rahmen einer formalen Evaluation die Produktentscheidung.

Bei der Realisierung der Etappe 1 waren Schwierigkeiten im Zusammenspiel zwischen den verwendeten Java-Frameworks und der Betriebsplattform zOS/DB2 aufgetreten. Die Integration der verwendeten Java-Frameworks lief nicht reibungslos und verursachte gemäss Kalkulation des Projektteams wesentliche Mehrkosten. Auf Drängen des Projektteams wurde der Entscheid für die Betriebsplattform überprüft und das BIT arbeitete optimierte Lösungen aus. Im November 2011 beschloss der GPA eine Anpassung der Betriebsplattform.

Im Laufe des Jahres 2011 wurden der eingeschlagene Weg und die Systemanforderungen grundsätzlich hinterfragt: Man beschrieb, analysierte und bewertete die beiden Architekturvarianten Ready-Made-Architektur (RMA) mit überwiegendem Einsatz von SAP-Standardmodulen sowie Custom-Made-Architektur (CMA) mit individueller Entwicklung und nur wenigen Standardkomponenten. Am 21. Juni 2011 traf der GPA einen Entscheid zugunsten der CMA und damit für die Weiterführung der bisherigen Arbeiten.212

3.4.3

Systemanforderungen: Beurteilung des Bundesrats

Das Anforderungs- und Änderungsmanagement ist gemäss Beurteilung des Bundesrats am verbindlichen Standard HERMES zu messen. Die in INSIEME definierten Prozesse entsprachen bis 2011 nicht diesem Standard. Ob die stattdessen verwendeten Methoden und Ansätze grundsätzlich geeignet gewesen wären, kann der Bundesrat nicht beurteilen. Ein kohärentes, über das ganze Projekt gelegtes, koordiniertes und fachgerecht geführtes Anforderungs- und Änderungsmanagement ist nicht dokumentiert.213

3.4.4

Untersuchung der FK und GPK über vorliegende System- bzw. Projektkonzeptionen

3.4.4.1

Allgemein

Da der Bundesrat den FK und GPK eine weder vollständige noch einheitliche Systemdokumentation vorlegen konnte, konzentrierte sich die AGI in ihrer Untersuchung der Systemanforderungen auf die Ebene der System- und Projektkonzeptionen (vgl. Kapitel 3.4.1). Sie erstellte hierzu ein Raster,214 in dem die INSIEME212 213 214

Meeting-Protokoll GPA vom 21. Juni 2011.

3. BR-Bericht vom 15. Jan. 2014, S. 4.

Untersuchung INSIEME, Tabelle «» der AGI vom 13. Sept. 2013.

6439

Projekte (Informatik- und Organisationsentwicklungsprojekte) von 2001­2012, die aus dem Bundesratsbericht vom 27. Februar 2013 hervorgingen, aufgelistet wurden.

Zu jedem einzelnen INSIEME-Projekt erstellte sie eine Liste mit folgenden Schlüsseldokumenten: «Pflichtenheft bzw. Projekthandbuch», «Betriebshandbuch», «Offerte des internen und/oder externen Leistungserbringers», «Änderungsmanagement aus Konfigurationsmanagement», «Risikobewertung und davon abgeleitete bzw.

umgesetzte Massnahmen aus dem Risikomanagement» und «Bericht Projektschlussbeurteilung».

Die FK und GPK forderten den Bundesrat auf, gestützt auf dieses Raster zu prüfen, ob jedes einzelne Schlüsseldokument vorhanden ist. Bei Vorhandensein sollten diese den FK und GPK für deren Inspektion zur Verfügung gestellt werden. Allfällige weitere INSIEME-Projekte, die im Raster nicht berücksichtigt waren, sollte der Bundesrat ebenfalls aufnehmen.

In Bezug auf die einzelnen Schlüsseldokumente verfolgten die FK und GPK folgende Untersuchungszwecke: ­

Pflichtenheft:215 Überprüfung der beschriebenen Ziele, die mit der angestrebten Lösung erreicht werden sollten, sowie der Anforderungen an das künftige System;

­

Projekthandbuch:216 Überprüfung der einheitlichen Handlungsgrundlage für alle Projektbeteiligten sowie des festgelegten, allgemein gültigen technischen und organisatorischen Rahmens;217

­

Betriebshandbuch: Überprüfung der Informationen, die benötigt werden, um das System ordnungsgemäss zu betreiben und im Falle von Problemen richtig zu reagieren;

­

Offerte des internen/externen Leistungserbringers: Überprüfung der Leistungserbringerofferte auf Basis des Pflichtenhefts. Die Offerte bildet die Grundlage für einen Vertrag bzw. eine Vereinbarung zwischen Auftraggeber und Leistungserbringer;

­

Änderungsmanagement aus Konfigurationsmanagement: Überprüfung der Aktivitäten «Änderungsmeldung bewerten», «Änderungsvorgehen entscheiden», «Änderung durchführen und abschliessen»;

­

Risikobewertung und davon abgeleitete bzw. umgesetzte Massnahmen aus dem Risikomanagement: Überprüfung rechtzeitig ermittelter, beurteilter und analysierter Projektrisiken und der daraus abgeleiteten Massnahmen zur Risikominimierung bzw. Risikoverhinderung;

215

Das Pflichtenheft regelt Vorgehen und Form der Angebotseinreichung und dient als Grundlage für Offertanfragen bzw. Ausschreibungen.

216 Das Projekthandbuch darf ­ gemäss HERMES ­ nie weggelassen werden.

217 Der Rahmen umfasst folgende Elemente: Projektbeschreibung, Vorgehensmodell, Lieferergebnis, Methoden und Werkzeuge, Standards und Richtlinien sowie Anhang mit ergänzenden Projektvereinbarungen wie Projektorganisation und -planung, Qualitätssicherung, Risikomanagement, Konfigurationsmanagement, Projektrahmenbedingungen und Sicherheit.

6440

­

Bericht Projektschlussbeurteilung: Überprüfung des Soll/Ist-Vergleichs der sachlichen, terminlichen und finanziellen Projekt- und Vorgehensziele mit Management-Übersicht, Ausgangslage, Zielen und Lösungen, Mittelbedarf, Planung und Organisation, Wirtschaftlichkeit, Konsequenzen und Antrag Projektabschluss.

Der Aufforderung der FK und GPK, ihnen die gemäss vordefiniertem Raster218 aufgeführten Schlüsseldokumente zur Inspektion zur Verfügung zu stellen, konnte der Bundesrat nur sehr beschränkt nachkommen: Die Hälfte der Schlüsseldokumente fehlte, da sie nach Aussage des Bundesrats bzw. der ESTV nicht existierten oder nicht mehr vorhanden waren.

Mit den vom Bundesrat eingereichten Unterlagen219 im Umfang von über 1000 Dateien erstellten die FK und GPK eine physische INSIEME-Projektablage im Umfang von 25 Bundesordnern.

Die Projektablage zeigte klar auf, dass bei den meisten Projekten die Qualität der Dokumente stark zu wünschen übrig liess. Entweder waren es nicht die eigentlich geforderten Schlüsseldokumente, sondern allenfalls vorgelagerte Arbeitspapiere, oder aber die Schlüsseldokumente waren unfertig bzw. nicht freigegeben.

Nachfolgende Tabelle bietet eine Übersicht über die INSIEME-Projekte 2001­2012, nach Auswertung bzw. Beurteilung der einzelnen Projekte duch die FK und GPK.

Die Untersuchung der einzelnen Projekte erfolgt im Anschluss an die Tabelle in den Kapiteln 3.4.4.2­3.4.4.4.

218

Untersuchung INSIEME, Tabelle «Zusätzlich einzufordernde Dokumente » der AGI vom 13. Sept. 2013.

219 DVD mit 909 MB Daten, unterteilt in 25 Verzeichnisse gemäss Raster Tabelle «Zusätzlich einzufordernde Dokumente » der AGI vom 13. Sept.

2013.

6441

Tabelle 1 Übersicht INSIEME-Projekte 2001­2012 1999

INSEIME-Projekte [Total 21]

AG

AN

Milleniumsproblematik

C HA DVS

S C IT

aBudget

Migration BS2000

BIT

Extern

INSIEME-Vorprojekt

C HA MWS T C LBO

125'000

INSIEME-Basis

C HA MWS T Extern

1'500'000

Vormigration BS2000

GS EFD

Extern

2'900'000

FITIN 1

DIR ES TV

Extern

50'000

INISCH

DIR ES TV

Extern

1'800'000

KAVOR BS2000

C HA MWS T Extern+BIT

FITIN 2

DIR ES TV

INSIEME-Data (INISCH)

C HA MWS T Extern

3'400'000

INSIEME-UseCase (INISCH)

C HA MWS T Extern

1'600'000

INSIEME-Forma (INISCH)

C HA MWS T Extern

600'000

FITIN 3

DIR ES TV

INSIEME-Security (INISCH)

C HA MWS T Extern

200'000

INSIEME-Contracting

P K INS IEME Extern

1'200'000

INSIEME-PRO, REAL 1

P K INS IEME MA LBO

INSIEME-RE 1 (+)

C HA MWS T Extern

INSIEME-Relaunch Gesamtvorhaben INSIEME

DIR ES TV

GP L

18'600'000

DIR ES TV

GP L

62'430'000

Neuausrichtung INSIEME Apollo Gesamtauftrag

DIR ES TV

GP L neu

2001

2002

2003

2004

2005

2006

2007

2008

2009

2010

2011

1'200'000

C HA DVS /MWS T

300'000

P K INS IEME

Phase 2: Projektneustart bis Einleitung der Administrativuntersuchung

?

0 1'900'000

?

?

Phase 1: Projektkonzeption bis Abbruch der Verhandlungen mit GU (Januar 2001 - August 2007)

Abteilung Erhebung

Projekte abgeschlossen

AG

Auftraggeber

Projekte abgebrochen bzw. vorzeitig abgeschlossen

AN

Auftragnehmer (PL)

Projekte mangels Dokumentation nicht beurteilbar

aBudget

ausgabewirksames Budget

C

Chef

IT

Informatikdienste ESTV

LBO

Leistungsbezügerorganisation ESTV

MA

Mitarbeiter

PK

Projekt-Koordinator

SC

Sektionschef

bis 3.2013 bis 12.2014 bis 12.2014

Quelle: Zusammenstellung der FK und GPK aufgrund der vom Bundesrat am 4. Oktober 2013 eingereichten Systemkonzeption 2001­2012

6442

2012

Phase 3: nach Einleitung Administrativuntersuchung bis Projektabbruch (Februar 2012 - September 2012)

13'000'000

C HA MWS T S tv. C A MWS T

Legende: A

2000

2'000'000 s eit 1997

3.4.4.2

INSIEME-Projekte der Phase 1: Projektkonzeption bis Abbruch der Verhandlungen mit Unisys (2001­ August 2007)

In den nachfolgenden drei Kapiteln werden von den einzeln untersuchten INSIEMEProjekten zu Beginn die jeweiligen Projektbasisinformationen220 aus den vom Bundesrat zur Verfügung gestellten Projektanträgen aufgeführt. Anschliessend folgen die vereinbarten Projektziele221 und die Untersuchungsergebnisse der FK und GPK.

Jede Phase endet mit einem Zwischenfazit. Ein Schlussfazit folgt in Kapitel 3.4.4.5.

Milleniumsproblematik MOLIS/STOLIS ­

Projektbasisinformationen: IT-Projekt; Auftraggeber: Chef der Hauptabteilung DVS; Auftragnehmer: Informatikdienste ESTV; ausgabewirksames Budget: 2 Millionen Franken; geplante Projektdauer: Dez. 1997­Jan. 2000.

­

Projektziele: Die Anwendungen der ESTV, insbesondere die Fachanwendungen MOLIS und STOLIS, sollten unterbruchsfrei über den Jahrtausendwechsel funktionieren.

­

Untersuchungsergebnis: Unter den vom Bundesrat zur Verfügung gestellten Unterlagen waren keine der von der AGI angeforderten Schlüsseldokumente. Aus diversen Unterlagen (Grobkonzept, Erhebungsfragebogen, Konzept Anwendungen, etc.) konnten die oben aufgeführten Projektbasisinformationen ermittelt werden. Einem vom Leiter Informatikdienst und Hauptabteilungsleiter DVS verfassten Jahr-2000-Bericht222 vom 19. Januar 2000 (ohne Unterschriften) war zu entnehmen, dass das Projekt J2000 (inkl.

MOLIS/STOLIS) erfolgreich abgeschlossen wurde. Das Projekt wurde gemäss Grobkonzept ESTV2000223 nach HERMES 95 abgewickelt.

Migration BS2000 (Nove-IT-Harmonisierungsprojekt)

220 221 222 223 224

­

Projektbasisinformationen: IT-Projekt; Auftraggeber: BIT; Auftragnehmer: extern; ausgabewirksames Budget: 13 Millionen Franken; geplante Projektdauer: Dez. 2001­Aug. 2003.

­

Projektziel: Die Systemplattform (Siemens) von MOLIS und STOLIS sollte durch die Systemplattform (IBM) des BIT abgelöst werden.

­

Untersuchungsergebnis: Die meisten224 der angeforderten Schlüsseldokumente konnten zur Verfügung gestellt werden und waren ordnungsgemäss erstellt. Das Projekt, eine fehlerfreie Migration zu bewerkstelligen, scheiterte letztlich an der Konvertierungssoftware des externen Auftragnehmers. Das Projekt wurde nach HERMES 95 abgewickelt. Anstelle einer Projektschluss-

Projekttyp, Auftraggeber, Auftragnehmer, ausgabewirksames Budget und geplante Projektdauer.

Aus den jeweiligen Projektanträgen.

Jahr-2000-Bericht der ESTV vom 14. Jan. 2000, S. 6.

Grobkonzept ESTV2000 vom 15. Dez. 1997, S. 19.

Ausnahmen: Schlüsseldokumente zum Änderungsmanagement und zur Projektschlussbeurteilung.

6443

beurteilung lag eine Vereinbarung225 (Vergleich) zum Abbruch des Projekts Migration BS2000 zwischen dem GS EFD und dem externen Auftragnehmer vor.226 INSIEME-Vorprojekt227 (Prozess-Landkarte der ESTV, Analyse der Gemeinsamkeiten bezüglich der Leistungs- und Subprozesse der ESTV) ­

Projektbasisinformationen: Organisationsentwicklungsprojekt; Auftraggeber: Chef der Hauptabteilung MWST; Auftragnehmer: Leiter LBO; ausgabewirksames Budget: 0,125 Millionen Franken; geplante Projektdauer: April 2002­Aug. 2002.

­

Projektziele: Bestimmung des GPL, Anfertigung des Projektauftrags, Ernennung der Geschäftsprozessverantwortlichen pro Hauptabteilung/Abteilung, Aufnahme der Prozess-Landkarte, Aufzeigen von Gemeinsamkeiten sowie Definition der Personalbedürfnisse mit Pflichtenheften.

­

Untersuchungsergebnis: Von den angeforderten Schlüsseldokumenten konnten keine zur Verfügung gestellt werden.

Eine Überprüfung der Zielerreichung war mangels Dokumentation nicht möglich.

INSIEME-Basis228 (neues Prozess- und Datenmodell)

225 226

227

228

229

­

Projektbasisinformationen: IT-Projekt; Auftraggeber: Chef der Hauptabteilung MWST; Auftragnehmer: extern; ausgabewirksames Budget: 1,5 Millionen Franken; geplante Projektdauer: Jan. 2003­Sept. 2004.

­

Projektziele: Es galt, gesamtheitliche Lösungskonzepte für die ESTV zu erarbeiten ­ konkret ging es um die Entwicklung eines neuen Prozess- und Datenmodells.

­

Untersuchungsergebnis: Von den angeforderten Schlüsseldokumenten konnten keine zur Verfügung gestellt werden. Im Rahmen der fortdauernden Analyse war in einer E-Mail229 eines externen Experten nachzulesen, dass die INSIEME-Basisprozesse unzureichend spezifiziert, d. h. zu generisch, steuerartenunabhängig bzw. ohne Geschäftsbezug modelliert waren.

Vereinbarung zum Abbruch des Projekts BS2000-Migration/Nr. 4122 vom 31. Aug.

2004.

Empfehlungen aus dem EFK-Bericht vom 5. Nov. 2003 zur Migration BS2000: HERMES als Projektführungsinstrument immer richtig einsetzen; Überprüfen der Zusammensetzung des Projektausschusses; Einfordern einer klaren Stellungnahme der ESTV zugunsten der Migration BS2000; Einsetzen von Projektcontrollinginstrumenten für den Projektausschuss; zwingender Einbezug des Host BS2000 ins Umsetzungskonzept Katastrophenvorsorge (KaVor) Bund zur Gewährleistung der erforderlichen Betriebssicherheit.

Die Informationen hierzu stammen aus dem Dokument «Informatikvorhaben INSIEME der ESTV», Phase I: Start bis Widerruf des Zuschlags an die Firma Unisys, Autor: Hauptabteilungschef DVS, S. 10 ff.

Die Informationen hierzu stammen aus dem Dokument «Informatikvorhaben INSIEME der ESTV», Phase I: Start bis Widerruf des Zuschlags an die Firma Unisys, Autor: Hauptabteilungschef DVS, S. 17 ff.

E-Mail vom 6. Sept. 2011 des externen INSIEME-Projektmanagers an den Direktor des BIT, die Vizedirektorin des BIT und den Gesamtprojektleiter von INSIEME (Vizedirektor der ESTV).

6444

Eine Überprüfung der Zielerreichung war mangels Dokumentation nicht möglich.230 Vormigration BS2000 (Nachfolgeprojekt zur Migration BS2000) ­

Projektbasisinformationen: IT-Projekt; Auftraggeber: GS EFD; Auftragnehmer: extern; ausgabewirksames Budget: 2,9 Millionen Franken; geplante Projektdauer: Nov. 2003­Juni 2004.

­

Projektziel: Die Systemplattform (Siemens) von MOLIS und STOLIS sollte durch eine Unix-Systemplattform abgelöst werden.

­

Untersuchungsergebnis: Die meisten231 der angeforderten Schlüsseldokumente konnten zur Verfügung gestellt werden und waren in Ordnung. Das Projekt wurde nach HERMES 95 abgewickelt.

Die Migration des alten ESTV-Siemens-Grossrechners (BS2000) auf ein neues Unix-System (SX140) konnte realisiert werden.

FITIN Schritt 1 (FITte Organisation für INSIEME, Level «TOP») ­

Projektbasisinformationen: Organisationsentwicklungsprojekt; Auftraggeber: Direktor der ESTV; Auftragnehmer: extern; ausgabewirksames Budget: 50 000 Franken; geplante Projektdauer: März 2004­Sept. 2004.

­

Projektziele: Ausrichtung der Organisation auf die in INSIEME definierten Geschäftsprozesse, Verbesserung der Produktivität um 20 Prozent, drastische Verkürzung der Durchlaufzeiten sowie Überprüfung/Redimensionierung des Aufgabenkatalogs gemäss den Vorgaben des EP 04232.

­

Untersuchungsergebnis: Von den angeforderten Schlüsseldokumenten konnten keine zur Verfügung gestellt werden. Aus diversen Arbeitspapieren (GLBeschlüsse,233 Auftragsanalyse FITIN Schritt 1234 und Schlussbericht FITIN Schritt 1235) konnten die oben aufgeführten Projektbasisinformationen ermittelt werden. Das Projekt wurde ­ da kein IT-Projekt ­ nicht nach HERMES abgewickelt.

Eine Überprüfung der Zielerreichung war mangels Dokumentation nicht möglich. Gemäss Schlussbericht konnte eine Prozessorganisation «TOP» vorgeschlagen werden, die von der GL ESTV am 4. November 2004 grundsätzlich genehmigt wurde. Das Gros der Ziele sollte mit FITIN Schritt 2 und 3 erreicht werden.236

230 231 232 233 234 235 236

Gemäss EFK-Bericht vom 25. Febr. 2005 wurde das Projekt INSIEME-Basis abgeschlossen.

Ausnahmen: Betriebshandbuch und Änderungsmanagement.

Entlastungsprogramm 2004 des Bundes (BBl 2005 759) sowie Aufgabenverzichtsplanung (AVP) des Bundes.

Beschluss der GL ESTV vom 26. März 2004 zum Projekt FITIN sowie Beschlüsse der GL ESTV vom 4. Nov. 2004 zum Schlussbericht FITIN Schritt 1.

Auftragsanalyse FITIN ESTV (Schritt 1) vom 28. März 2004, erstellt durch den externen Auftragnehmer.

FITIN Schritt 1, Schlussbericht vom 21. Sept. 2004, erstellt durch den externen Auftragnehmer.

Gemäss EFK-Bericht vom 25. Febr. 2005 wurde das Projekt FITIN 1 abgeschlossen.

6445

INISCH (INSIEME In SCHwung, WTO-Ausschreibung) ­

Projektbasisinformationen: IT-Beschaffungsprojekt; Auftraggeber: Direktor der ESTV; Auftragnehmer: extern; ausgabewirksames Budget: 1,8 Millionen Franken; geplante Projektdauer: Juni 2004­April 2005.

­

Projektziel: Erstellung der WTO-Ausschreibung.

­

Untersuchungsergebnis: Eine vollständige WTO-Dokumentation (Ausschreibungsunterlagen inkl. Lieferantenofferte) im Umfang von fünf Bundesordnern konnte zur Verfügung gestellt werden. Die Hauptaufgabe ­ gemäss Projektabschlussbericht INISCH237 ­ war die Bereitstellung der notwendigen Vorgaben und Dokumente für die WTO-Ausschreibung. Das Projekt INISCH empfahl dem Auftraggeber im Weiteren projektabhängige Massnahmen zur vorgezogenen Bearbeitung. Dies waren im Speziellen die Projekte INSIEME-Data (Dokumentation und Bereinigung der IST-Datenbestände sowie Definition des SOLL-Datenmodells), INSIEME-UseCase (Erarbeitung der Anwendungsfälle, massgeschneidert auf die INSIEMEProzesse), INSIEME-Forma (Erneuerung/Reduktion der Formularlandschaft) und INSIEME-Security (Erarbeitung des IT-Sicherheitskonzepts).

In Zusammenarbeit mit dem BBL und dem BIT konnten die Projektziele erreicht werden.

KAVORBV BS2000 (Katastrophenvorsorge Bundesverwaltung) ­

Projektbasisinformationen: IT-Projekt; Auftraggeber: Chef der Hauptabteilung MWST; Auftragnehmer: BIT; ausgabewirksames Budget: 1,2 Millionen Franken; geplante Projektdauer: Aug. 2004­Jan. 2005.

­

Projektziel: Inbetriebnahme eines Parallelsystems zu MOLIS und STOLIS unter Unix (SX140).

­

Untersuchungsergebnis: Von den angeforderten Schlüsseldokumenten konnten keine zur Verfügung gestellt werden. In den von der Bundesanwaltschaft zur Verfügung gestellten Informatik-Dienstleistungsverträgen der ESTV war eine Offerte des externen Lieferanten zum Projekt KAVORBV BS2000 enthalten. Anhand dieser Offerte konnten die oben aufgeführten Projektbasisinformationen ermittelt werden.238 Gestützt auf diese Offerte wird angenommen, dass die Inbetriebnahme des Parallelsystems im Frühjahr 2005 erfolgt sein muss.

FITIN Schritt 2 (FITte Organisation für INSIEME, Level Hauptabteilungen) ­

237

Projektbasisinformationen: Organisationsentwicklungsprojekt; Auftraggeber: Direktor der ESTV; Auftragnehmer: Chef der Hauptabteilung DVS und Chef der Hauptabteilung MWST; ausgabewirksames Budget: 0,3 Millionen Franken; geplante Projektdauer: Dez. 2004­Dez. 2007.

Projektabschlussbericht INISCH vom 11. April 2005, erstellt durch den externen Auftragnehmer.

238 Empfehlung aus dem EFK-Bericht vom 28. Juli 2005 zu KAVORBV BS2000: Die Problematik Systemausfall BS2000 ist auf Departementsstufe zu thematisieren und die notwendigen Mittel zur Beschaffung eines zweiten Systems sind freizugeben, da über BS2000 nahmhafte Finanzeinnahmen des Bundes getätigt werden.

6446

­

Projektziele: Analog denjenigen von FITIN Schritt 1. Im Weiteren sollten die beiden Hauptabteilungen DVS und MWST der ESTV reorganisiert werden.

­

Untersuchungsergebnis: Von den angeforderten Schlüsseldokumenten konnten keine zur Verfügung gestellt werden. Aus diversen Arbeitspapieren (Projektantrag,239 Masterplan FITIN 2, Organigramme der Hauptabteilungen DVS und MWST) konnten die oben aufgeführten Projektbasisinformationen ermittelt werden.

Eine Überprüfung der Zielerreichung war mangels Dokumentation nicht möglich.

INSIEME-Data (Dokumentation und Bereinigung der IST-Datenbestände sowie Definition des SOLL-Datenmodells) ­

Projektbasisinformationen: IT-Projekt; Auftraggeber: Chef der Hauptabteilung MWST; Auftragnehmer: extern; ausgabewirksames Budget: 3,4 Millionen Franken; geplante Projektdauer: Febr. 2005­Juni 2006.

­

Projektziele: Schaffung der Basis für eine möglichst reibungslose Migration der Daten, Erarbeitung eines lösungsneutralen fachlichen SOLL-Datenmodells sowie Bereinigung der Daten bestehender Anwendungen.

­

Untersuchungsergebnis: Von den angeforderten Schlüsseldokumenten konnten keine zur Verfügung gestellt werden. Aus diversen Arbeitspapieren (Studiencontrolling-Bericht, HERMES-Projektauftrag,240 über 40 unvollständige bzw. nicht abgenommene Spezifikationsdokumente, etc.) konnten die oben aufgeführten Projektbasisinformationen ermittelt werden.

Eine Überprüfung der Zielerreichung war mangels Dokumentation nicht möglich.

INSIEME-UseCase (Anwendungsfälle aus der Steuerumwelt) ­

Projektbasisinformationen: IT-Projekt; Auftraggeber: Chef der Hauptabteilung MWST; Auftragnehmer: extern; ausgabewirksames Budget: 1,6 Millionen Franken; geplante Projektdauer: März 2005­Dez. 2005.

­

Projektziel: Modellierung der Anwendungsfälle (UseCases), damit externe Anspruchsgruppen (Bürger, Kantone, Unternehmen, etc.) mit INSIEME systemmässig arbeiten können.

­

Untersuchungsergebnis: Von den angeforderten Schlüsseldokumenten konnten keine zur Verfügung gestellt werden. Aus diversen Arbeitspapieren (Studiencontrolling-Bericht, HERMES-Projektantrag,241 über 70 unvollständige bzw. nicht abgenommene Spezifikationsdokumente, etc.) konnten die oben aufgeführten Projektbasisinformationen ermittelt werden. INSIEMEUseCase war eine zwingende Voraussetzung für die anstehenden Realisie-

239

HERMES-Projektantrag FITIN 2 vom 11. Mai 2005, erstellt durch den ProjektKoordinator INSIEME.

240 HERMES-Projektauftrag INSIEME-Data vom 27. Jan. 2005, erstellt durch den externen Auftragnehmer.

241 HERMES-Projektantrag INSIEME-UseCase vom 28. Febr. 2005, erstellt durch den externen Auftragnehmer.

6447

rungsprojekte mit dem gewählten GU, was für die ESTV bedeutete, dass sie zu Projektbeginn 130­180 relevante UseCases zu modellieren hatte.

Eine Überprüfung der Zielerreichung war mangels Dokumentation nicht möglich.

INSIEME-Forma (Erneuerung und Reduktion der Formularlandschaft) ­

Projektbasisinformationen: IT-Projekt; Auftraggeber: Chef der Hauptabteilung MWST; Auftragnehmer: extern; ausgabewirksames Budget: 0,6 Millionen Franken; geplante Projektdauer: April 2005­Sept. 2005.

­

Projektziele: Erhebliche Reduktion der ESTV-Formulare, auf INSIEMEProzesse massgeschneiderte SOLL-Formulare, Standardisierung der SOLLFormulare, komplette Dokumentation der SOLL-Formulare für den GU sowie Abgleich der SOLL-Formulare mit dem SOLL-Datenmodell.

­

Untersuchungsergebnis: Von den angeforderten Schlüsseldokumenten konnten keine zur Verfügung gestellt werden. Aus diversen Arbeitspapieren (Studiencontrolling-Bericht, HERMES-Projektantrag,242 unvollständige bzw. nicht abgenommene Spezifikationsdokumente bzw. Konzepte, etc.)

konnten die oben aufgeführten Projektbasisinformationen ermittelt werden.

INSIEME-Forma war eine zwingende Voraussetzung für die anstehenden Realisierungsprojekte mit dem gewählten GU.

Eine Überprüfung der Zielerreichung war mangels Dokumentation nicht möglich.

FITIN Schritt 3 (FITte Organisation für INSIEME, Level Rest der Organisationseinheiten) ­

Projektbasisinformationen: Organisationsentwicklungsprojekt; Auftraggeber: Direktor der ESTV; Auftragnehmer: Projekt-Koordinator INSIEME; ausgabewirksames Budget: 0 Franken; geplante Projektdauer: Nov. 2005­ April 2006.

­

Projektziele: Analog denjenigen von FITIN Schritt 1. Im Weiteren war das Ziel die Anpassung der Strukturen und Abläufe aller Organisationseinheiten ausserhalb der beiden Hauptabteilungen an die in INSIEME-Basis und INSIEME-FITIN 1 und 2 gewonnenen Erkenntnisse und getroffenen Entscheide.

­

Untersuchungsergebnis: Von den angeforderten Schlüsseldokumenten konnten keine zur Verfügung gestellt werden. Aus diversen Arbeitspapieren (Projektantrag,243 Beschlüsse der Geschäftsleitung Informatik [GL-i], Vorgehensplan) konnten die oben aufgeführten Projektbasisinformationen ermittelt werden.

Eine Überprüfung der Zielerreichung war mangels Dokumentation nicht möglich.

242 243

HERMES-Projektantrag INSIEME-Forma vom 12. Jan. 2005.

HERMES-Projektantrag INSIEME-FITIN 3 vom 15. Nov. 2005.

6448

INSIEME-Security (IT-Sicherheitskonzept INSIEME) ­

Projektbasisinformationen: IT-Projekt; Auftraggeber: Chef der Hauptabteilung MWST; Auftragnehmer: extern; ausgabewirksames Budget: 0,2 Millionen Franken; geplante Projektdauer: Dez. 2005­April 2006.

­

Projektziel: Erarbeitung eines umfassenden IT-Sicherheitskonzepts für die ESTV.

­

Untersuchungsergebnis: Von den angeforderten Schlüsseldokumenten konnten ausser einem Entwurf des Projekthandbuchs keine zur Verfügung gestellt werden. Aus diversen Arbeitspapieren (Studiencontrolling-Bericht, Projektantrag,244 unvollständige bzw. nicht abgenommene Spezifikationsdokumente bzw. Konzepte) konnten die oben aufgeführten Projektbasisinformationen ermittelt werden. INSIEME-Security war eine zwingende Voraussetzung für die anstehenden Realisierungsprojekte mit dem gewählten GU.

Eine Überprüfung der Zielerreichung war mangels Dokumentation nicht möglich.245

INSIEME-Contracting (Werkvertragserstellung und -verhandlungen mit dem GU) ­

Projektbasisinformationen: IT-Beschaffungsprojekt; Auftraggeber: ProjektKoordinator INSIEME; Auftragnehmer: extern; ausgabewirksames Budget: 1,2 Millionen Franken; geplante Projektdauer: Mai 2006­Aug. 2007.

­

Projektziel: Erstellung eines Werkvertrags mit dem GU.

­

Untersuchungsergebnis: Von den angeforderten Schlüsseldokumenten konnten ausser einem Abschlussbericht246 keine zur Verfügung gestellt werden.

Aus dem Abschlussbericht konnten die oben aufgeführten Projektbasisinformationen ermittelt werden. INSIEME-Contracting hatte zum Ziel, die Erstellung des Werkvertrags durch das Bereitstellen von fachlichen und technischen Inhalten zu unterstützen. Zahlreiche dieser Inhalte wurden anstelle der angeforderten Schlüsseldokumente zur Verfügung gestellt, wobei sie jedoch nicht den Dokumenten-Status «freigegeben» hatten. INSIEME-Contracting war (zusammen mit den Teilprojekten INSIEME-Data, -UseCase, -Forma und -Security) eine zwingende Voraussetzung für die anstehenden Realisierungsprojekte mit dem gewählten GU. Die Vertragsverhandlungen führten zu keinem unterschriftsreifen Werkvertrag, weshalb das Projekt beendet wurde.

Das Ziel, einen gegenseitig unterzeichneten Werkvertrag zu erarbeiten, wurde nicht erreicht. Die Vertragsverhandlungen wurden Ende August 2007 abgebrochen und das Projekt damit beendet.

INSIEME-PRO (Verfeinerung bzw. Konkretisierung der Prozesse von INSIEMEBasis) ­

Projektbasisinformationen: IT-Projekt; Auftraggeber: Programm-Koordinator INSIEME; Auftragnehmer: ESTV-Mitarbeitende; ausgabewirksames

244 245

HERMES-Projektantrag INSIEME-Security vom 20. Dez. 2005.

Empfehlung aus dem EFK-Bericht vom 29. Mai 2006 zu INSIEME-Security: Produktive Daten sind zu Test- und Schulungszwecken unbedingt zu anonymisieren.

246 Abschlussbericht INSIEME-Contracting vom 19. Okt. 2007.

6449

Budget: nicht eruierbar; geplante Projektdauer: Mai 2006­März 2007 (REAL 1) bzw. Dez. 2008 (REAL 2 und 3).

­

Projektziele: Abschliessende Festlegung der fachlichen Detailanforderungen für die IT-Realisierung, einheitliche Beschreibung der fachlichen Begriffe, Konkretisierung und steuerartenspezifische Verfeinerung der INSIEMEBasis-Prozesse, Definition der steuerartenspezifischen Regelwerke nach dem Grundsatz «nur wo nötig» für die Geschäftsfälle sowie Erarbeitung eines verfeinerten Rollenmodells.

­

Untersuchungsergebnis: Von den angeforderten Schlüsseldokumenten konnten keine zur Verfügung gestellt werden. Aus diversen Arbeitspapieren (Projektantrag,247 Ergebnisliste, Änderungsantrag auf Endterminverschiebung, Risikokatalog exkl. Massnahmenumsetzung) konnten die oben aufgeführten Projektbasisinformationen ermittelt werden.

Eine Überprüfung der Zielerreichung war mangels Dokumentation nicht möglich.

INSIEME-RE 1 (+) (Führung der ESTV-seitigen IT-fokussierten Tätigkeiten) ­

Projektbasisinformationen: IT-Projekt; Auftraggeber: Chef der Hauptabteilung MWST; Auftragnehmer: extern; ausgabewirksames Budget: 1,9 Millionen Franken; geplante Projektdauer: Nov. 2006­April 2008.

­

Projektziele: Inhaltliche Führung und Kontrolle des GU und des BIT, Erarbeitung von Detailspezifikationen und Übergangsprozessen, Review und Freigabeempfehlungen von Konzepten und Spezifikationen seitens des GU und des BIT sowie inhaltliche und terminliche Abstimmung zwischen GU/BIT und der ESTV.

­

Untersuchungsergebnis: Von den angeforderten Schlüsseldokumenten konnten ausser dem Abschlussberichtsentwurf248 keine zur Verfügung gestellt werden. Aus diversen Arbeitspapieren (Projektantrag,249 Antrag zur Projektfreigabe,250 GL-Protokoll,251 nicht freigegebene Konzepte bzw. Spezifikationen,252 Risikokatalog253 mit Massnahmenumsetzungen in Arbeit) konnten die oben aufgeführten Projektbasisinformationen ermittelt werden. Das Projekt wurde aufgrund der abgebrochenen Vertragsverhandlungen mit dem GU per 31. Juli 2007 abgeschlossen.

Eine Überprüfung der Zielerreichung war mangels Dokumentation nicht möglich.

247 248 249 250 251 252

HERMES-Projektantrag INSIEME-PRO vom 17. Mai 2006.

Entwurf Abschlussbericht INSIEME-RE 1(+) vom 24. Okt. 2007.

HERMES-Projektantrag INSIEME-RE 1 (+) vom 17. Nov. 2006.

INSIEME-RE1 (+), Antrag zur Projektfreigabe vom 22. Nov. 2006.

Protokoll der GL-i-Sitzung vom 12. Sept. 2007.

Spezifikation für MOLIS und STOLIS RE 1 (+)????, Testkonzept INSIEME, A43: Schnittstellen mit neuem Rechnungsmodell, INSIEME-Anforderungen an die Basissicherheitsinfrastruktur.

253 Risikokatalog Projekt INSIEME-Real vom 31. Jan. 2007.

6450

Zwischenfazit der FK und GPK zu Phase 1 Von den siebzehn untersuchten System- bzw. Projektkonzeptionen aus den Jahren 2001­2007 waren nur gerade zwei254 dokumentiert. Für diese beiden Projekte ist belegt, dass sie realisiert bzw. abgeschlossen werden konnten. Bei den restlichen Projekten mussten die FK und GPK aufgrund des völlig unzureichenden Dokumentationszustands (z. B. fehlende und/oder unfertige Schlüsseldokumente) davon ausgehen, dass sie scheiterten oder allenfalls undokumentiert umgesetzt wurden.

Drei Viertel der eingesetzten Projektleiter waren externe Experten. Die FK und GPK folgern daraus, dass die Projektauftraggebenden der ESTV ihre Rolle ­ gemäss Rollenbeschreibung HERMES ­ nicht wahrgenommen haben.

3.4.4.3

INSIEME-Projekte der Phase 2: Projektneustart bis Einleitung der Administrativuntersuchung (September 2007­Januar 2012)

INSIEME-Relaunch (1. Etappe der IT-Gesamterneuerung) ­

Projektbasisinformationen: IT-Projekt; Auftraggeber: Direktor der ESTV; Auftragnehmer: GPL; ausgabewirksames Budget: 0 Franken; geplante Projektdauer: Juni 2008­Dez. 2009.

­

Projektziele: Realisierung und Einführung der Verrechnungssteuer-Erhebung (VST_E) von A bis Z mit den Projekten «Bereitstellung technische SOLL-IT-Architektur», «Supportprozesse», «Partnerverwaltung», «Kundenbuchhaltung», «Fachfunktionen der Steuerart VST_E» sowie dem Spezialprojekt «Portal MWST».

­

Untersuchungsergebnis: Von den angeforderten Schlüsseldokumenten konnten ­ mit Ausnahme zahlreicher BIT-Vereinbarungen ­ keine zur Verfügung gestellt werden. Aus diversen Arbeitspapieren (durch den Projektausschuss freigegebener Antrag der 1. Etappe255 mit Freigabe von sechs Projekten, Projektorganigramm, Planungsentwurf der 1. Etappe, etc.) konnten die oben aufgeführten Projektbasisinformationen ermittelt werden. INSIEME-Relaunch wurde auf Anfang 2010 in das Nachfolgeprojekt «Gesamtvorhaben INSIEME» überführt.

Eine Überprüfung der Zielerreichung war mangels Dokumentation nicht möglich.

Gesamtvorhaben INSIEME (Etappen 1­5)

254 255

­

Projektbasisinformationen: IT-Projekt; Auftraggeber: Direktor der ESTV; Auftragnehmer: GPL; ausgabewirksames Budget: 62,4 Millionen Franken; geplante Projektdauer: Jan. 2010­März 2013.

­

Projektziel: Einführung von INSIEME über fünf Etappen bis ins Jahr 2013.

Aus Gründen der Risikominimierung sollte die Etappe 1 mit einem kleinen, überschaubaren Umfang für einen kleinen Benutzerkreis definiert werden.

Projekte «Vormigration BS2000» und «INISCH».

Antrag für die Freigabe der 1. Etappe der IT-Gesamterneuerung vom 3. Juni 2008.

6451

­

Untersuchungsergebnis: Von den angeforderten Schlüsseldokumenten standen das Projekthandbuch (Exkl. zahlreicher Anhänge), zahlreiche BITVereinbarungen (mehrheitlich aus dem Projekt INSIEME-Relaunch übernommen) sowie die Projektschlussbeurteilung der Etappe 1256 zur Verfügung. Aus dem vom Direktor der ESTV unterzeichneten Projektantrag257 konnten die oben aufgeführten Projektbasisinformationen ermittelt werden.258 Etappe 1: Das Schwergewicht lag beim Aufbau der INSIEME-Plattform, auf welcher erste Fachfunktionen für beide Hauptabteilungen zur Verfügung gestellt werden sollten. Diesbezüglich waren die Funktionalitäten «Übernahme von Neuzugängen und Mutationen von Partnern der DVS-Erhebung aus dem Betriebs- und Unternehmensregister (BUR)», «Anlegen und Verwalten von Stammdaten» sowie «Mehrwertsteuerpflichtige können Online-Deklarationen abgeben» bereitzustellen.

Die Projektschlussbeurteilung der Etappe 1 zeigte auf, dass lediglich die konzeptionellen Arbeiten auf den 3. November 2010 vorlagen, jedoch die geplante Umsetzung bzw. Betriebsbereitstellung der Etappe 1 auf das 3. Quartal 2010 nicht erfolgen konnte.

Die Realisierung der Etappe 1 verzögerte sich um über ein Jahr. Sie ist dokumentiert mit verschiedenen Abnahme-Releases (1.0­1.2 bzw. 1.3­1.4.1 mit einer zusätzlichen Etappe 1.5), welche von den jeweiligen ESTVFachverantwortlichen mit Datum und Unterschrift als «Abnahme ist bestanden» abgenommen wurden.

Etappe 2: Das Schwergewicht lag auf der Einführung der Stammdatenverwaltung und Unterstellung MWST, der erweiterten Stammdatenverwaltung für DVS_Erhebungen inkl. Kapitaldaten bzw. Kapitaleinlagen, der Weiterentwicklung des Partnerportals sowie dem Aufbau der Geschäftsverwaltung INSIEME (GVI).

Die Realisierung der Etappe 2 wurde in die Etappen 2a und 2b aufgeteilt.

Etappe 2a (erweiterte Stammdatenverwaltung für DVS_E inkl. Kapitaldaten bzw. Kapitaleinlagen und Weiterentwicklung des Partnerportals) verzögerte sich um zirka zwei Jahre. Sie ist dokumentiert mit verschiedenen AbnahmeReleases (1.5­1.7.7), welche von den jeweiligen ESTV-Fachverantwortlichen mit Datum und Unterschrift als «Abnahme ist bestanden» abgenom-

256 257 258

Projektschlussbeurteilung «Konzeption Etappe 1» vom 3. Nov. 2010.

Projektantrag «Gesamtvorhaben INSIEME» vom 17. Dez. 2009.

Empfehlungen aus dem EFK-Bericht vom 18. Dez. 2008 zum Gesamtvorhaben INSIEME: Beizug externer Experten hinsichtlich Projektunterstützung und Coaching bzw. Stellvertretung des GPL sowie des Projektcontrollings; Unterstellung von Vertragswesen, Finanzen, Terminplanung und Kommunikation unter den LAS; Projektphasen und Pflichtdokumente gemäss HERMES konsequent durchsetzen; Projektführungsrollen gemäss HERMES in der Projektorganisation anpassen ­ zentrale Funktionen direkt dem LAS unterstellen; vakante Projektrollen raschmöglichst besetzen; Projektplanung überarbeiten; aktive Zusammenarbeit des LAS mit dem BIT zur WTO-Ausschreibung für die Beschaffung der notwendigen IKT-Spezialisten; Erstellung einer fundierten Mittelbedarfsplanung nach Projektphasen und Unterprojekten gemeinsam mit dem BIT; Etablieren eines wirksamen Projektcontrollings; Ausschöpfen der buchhalterischen Behandlung der Projektkosten im SAP-System; Aufwanderfassung nach aktivierbarem bzw. nicht aktivierbarem Aufwand; externe Dienstleistungen sind nach den Vorschriften des BöB und der VöB zu beschaffen.

6452

men wurden. Das Gesamtabnahmeprotokoll INSIEME Release 1.7.7 datiert vom 20. März 2013. Die Etappe 2b wurde gegen Ende 2011 in das Nachfolgeprojekt «Neuausrichtung INSIEME» überführt.

Etappe 3 (MWST & DVS: Deklaration und Kundenbuchhaltung), Etappe 4 (MWST & DVS: Steuerüberwachung und Rechstfallbearbeitung) und Etappe 5 (MWST & DVS: Information und Kommunikation sowie Führungsprozesse) waren in der Roadmap des Projektantrags skizziert, wurden jedoch während des Projektverlaufs nicht weiter bearbeitet.

Neuausrichtung INSIEME (Etappen 2b und 3) ­

Projektbasisinformationen: IT-Projekt; Auftraggeber: Direktor der ESTV; Auftragnehmer: neuer GPL; ausgabewirksames Budget: im Rahmen des Projekts «Gesamtvorhaben INSIEME»; geplante Projektdauer: Sept. 2011­ Jan. 2015.

­

Projektziel: Ziel war die Ablösung von MOLIS und STOLIS auf Basis einer INSIEME-Neupriorisierung von Mitte 2011.

­

Untersuchungsergebnis: Von den angeforderten Schlüsseldokumenten standen das Pflichtenheft259 (erstellt und geprüft durch vier externe Experten, abgenommen durch den neuen GPL und die Fachbereichsverantwortlichen MWST und DVS, freigegeben durch den Leiter des GPA und den Direktor der ESTV) und das Projekthandbuch260 zur Verfügung.261 Etappe 2b: Sie entsprach dem Release 1.8 (Realisierung der Stammdatenverwaltung und Unterstellung für die MWST auf Basis der GVI). Der Abschluss der Etappe 2b war für Anfang 2013 geplant.

Etappe 3: Sie entsprach den Releases 1.9, 1.10 und 1.11 und beinhaltete die Realisierung von Deklaration und Kundenbuch für die MWST (Ablösung aller MOLIS-Funktionen), die Integration der Stammdatenverwaltung DVS_Erhebung in die GVI (Übernahme der Stammdatenverwaltung DVS_Erhebung für DVS_Rückerstattung) und Realisierung von Unterstellung, Deklaration und Kundenbuch für DVS_Erhebung und DVS_Rückerstattung (Ablösung aller STOLIS-Funktionen). Die Etappe 3 sollte nach der Etappe 2b gestartet werden und innerhalb von zwei Jahren, d. h. bis Ende 2014, realisiert werden. Mit dem Abschluss der Etappe 3 hätten MOLIS und STOLIS abgelöst werden sollen.

Die Etappe 2b konnte infolge des INSIEME-Projektabbruchs vom 19. September 2012 nicht abgeschlossen werden. Nach der Neuausrichtung im Herbst 2011 wurden die Anforderungen in sogenannten Geschäftsanalyse-

259

Pflichtenheft INSIEME Etappe 2b/3 (Ablösung MOLIS und STOLIS) vom 15. Dez. 2011.

260 INSIEME-Projekthandbuch vom 1. Mai 2012.

261 Empfehlungen aus dem EFK-Bericht vom Januar 2012 zur Neuausrichtung INSIEME: Die Berichterstattung des GPL muss vom GPA mit einer Beurteilung des Projektstandes aus strategischer Sicht ergänzt werden; die Unterschriftenregelung der ESTV für den IKT-Bereich sollte der definierten, generellen Regelung für Vertragsabschlüsse entsprechen; es ist eine Administrativuntersuchung über die ESTV-Beschaffungen zu veranlassen; der GPA ist den Vorgaben von HERMES entsprechend auf das notwendige Minimum an Entscheidungsträgern zu reduzieren; innerhalb der Projektorganisation ist eine Instanz zu ernennen, welche die Entscheidungskompetenz über finale Prozesse und Detailspezifikationen hat.

6453

modellen (basierend auf IST-Situation, SOLL-Situation, SOLL-Geschäftsfallprozessen und -Applikationsprozessen, fachlichem Datenmodell sowie organisatorischen Auswirkungen) konzeptionell aufgenommen. Diese Dokumente wurden von der Leitung Werkdefinition (Informatik) in enger Zusammenarbeit mit den Themenverantwortlichen aus dem jeweiligen Fachbereich DVS und MWST erstellt. Im Sommer 2012 lagen für sämtliche im Pflichtenheft vorgesehenen Geschäftsfälle entsprechende Konzepte vor, welche durch die Themenverantwortlichen reviewt und abgenommen wurden.

Der damals etablierte Prozess sah die Freigabe der Dokumente durch die Fachbereichsverantwortlichen DVS und MWST vor. Bei allen für den Release 1.8 vorgesehenen Geschäftsanalysedokumenten erfolgte die Freigabe im Frühling 2012. Im Anschluss an die Konzeption der Geschäftsanalysemodelle begannen die Systemspezialisten mit der Erstellung der Detailspezifikationen.

Zwischenfazit der FK und GPK zu Phase 2 Die FK und GPK stellen fest, dass der Neustart von INSIEME zwischen 2008 und 2012 mit grossen Schwierigkeiten verbunden war. Trotz der Einsetzung eines internen Projektleiters schaffte es die ESTV bis Mitte 2011 nicht, das Projekt realistisch aufzugleisen und auf stabilen Kurs zu bringen. Erst nach der Rekrutierung eines neuen Projektleiters auf Ende 2011 wurde mit dem Projekt «Neuausrichtung INSIEME» die Arbeitsweise professionalisiert bzw. die HERMES-Systementwicklungsmethodik konsequent angewandt.

Für die FK und GPK ist es unverständlich, weshalb der Direktor der ESTV als Auftraggeber über dreieinhalb Jahre mit der Auswechslung des Projektleiters zuwartete:262 Er hat es zu verantworten, dass das Projekt während des erwähnten Zeitraums kaum Fortschritte erzielte.

3.4.4.4

INSIEME-Projekte der Phase 3: nach Einleitung der Administrativuntersuchung bis Projektabbruch (Februar 2012­September 2012)

Apollo Gesamtauftrag (fachliche und organisatorische Entscheidungen der ESTV zugunsten der Realisierung von INSIEME)

262

­

Projektbasisinformationen: Organisationsentwicklungsprojekt; Auftraggeber: Chef der Hauptabteilung MWST; Auftragnehmer: stv. Abteilungsleiter Erhebung MWST; ausgabewirksames Budget: nicht eruierbar; geplante Projektdauer: Jan. 2012­Dez. 2014

­

Projektziele: Es sollten plausible und fortschrittliche Beschlüsse für die Realisierung von INSIEME gefasst und Antworten auf organisatorischen und gegebenenfalls fachlichen Entscheidungsbedarf gegeben werden. In den verschiedenen Projekten sollten Strukturen für die Überführung von INSIEME in den operativen Betrieb geschaffen werden. Dabei waren die Abbildung einheitlicher Prozesse, die Erstellung der Aufgabenbeschriebe, die SchafVgl. Kapitel 4.3.1.5.

6454

fung der Aufbauorganisation, die organisatorische Migration, die fachliche Schulung und die in den einzelnen Projektaufträgen definierten Ziele zu erfüllen. Im Weiteren umfasste das Projekt die Teilprojekte «zentrales Inkasso», «Finanzen und Kundenbuch», «Formulare, Scanning und Printing», «Anwendersupport», «hauptabteilungsübergreifende Stammdatenbewirtschaftung», «Multiprojektmanagement», «Helpdesk für Partner und Steuerzahler» und «E-Government».

­

Untersuchungsergebnis: Von den angeforderten Schlüsseldokumenten konnten keine zur Verfügung gestellt werden. Aus diversen Arbeitspapieren (Projektauftrag,263 Entwurf des Dokuments «Apollo und IT-Strategie ESTV», «Management-Report Projektausschuss Apollo») konnten die oben aufgeführten Projektbasisinformationen ermittelt werden. Der Projektausschuss Apollo beschloss am 1. Oktober 2012 als Folge des Projektabbruchs von INSIEME auch den Abbruch von Apollo.

Eine Überprüfung der Zielerreichung war mangels Dokumentation nicht möglich.

Zwischenfazit der FK und GPK zu Phase 3 Die FK und GPK betrachten das Projekt «Apollo Gesamtauftrag» als letzten Kraftakt, INSIEME noch retten zu können. Die Anstrengungen waren jedoch vergebens: Mit dem Abbruch des Projekts INSIEME im September 2012 musste auch das Projekt Apollo beendet werden. Ergebnisse daraus waren keine erkennbar.

3.4.4.5

Schlussfazit der FK und GPK zu ihrer Untersuchung über vorliegende System- bzw. Projektkonzeptionen

Die in Kapitel 3.4.3 dargelegte Beurteilung des Bundesrats über die Systemanforderungen von INSIEME deckt sich mehrheitlich mit den Erkenntnissen aus der Untersuchung der FK und GPK. Die FK und GPK sind erstaunt, dass der Bundesrat ihnen für die Analyse der Systemanforderungen nur eine unvollständige und lückenhafte Projektdokumentation zur Verfügung stellen konnte, die sich erst noch in einem sehr schlechten Zustand befand. Bei einem Projekt, das sich über einen Zeitraum von 12 Jahren erstreckte, mehrmals abgebrochen werden musste und die Steuerzahlenden 115,9 Millionen Franken kostete, ist dies für die FK und GPK unverständlich.

3.5

Rolle des internen Leistungserbringers (Bundesamt für Informatik und Telekommunikation)

3.5.1

Fragestellung gemäss Untersuchungskonzept

Im Untersuchungskonzept der FK und GPK vom 3. Mai 2013 stehen in Bezug auf das BIT folgende Fragen im Zentrum: Welche Aufgaben kamen den verschiedenen Hierarchiestufen im Rahmen der Projektführung bzw. Aufsicht zu? Wurden diese von den dafür vorgesehenen Personen und Hierarchiestufen wahrgenommen? Welche Rollen nahmen das BIT und das BBL in den einzelnen Projektphasen wahr? Wie 263

Projektauftrag «Apollo Gesamtauftrag» von Anfang 2012.

6455

ist die Koordination und Zusammenarbeit der drei EFD-Ämter ESTV, BIT und BBL zu beurteilen? Die AGI beschloss, die diesbezügliche Aufarbeitung wie folgt zwischen ihr und dem Bundesrat aufzuteilen: Die AGI klärt und beurteilt für den Zeitraum 2007­2012 die Frage der Aufsicht ab Direktionsstufe. Der Bundesrat klärt und beurteilt für den Zeitraum 2001­2012 die Frage der Projektführung unterhalb der Direktionsstufe, inklusive der Aufarbeitung der Rolle des BIT bzw. der Koordination und Zusammenarbeit zwischen der ESTV, dem BIT und dem BBL.

3.5.2

Rechtsgrundlagen und Vorgaben

Gemäss der Organisationsverordnung für das EFD (OV-EFD)264 hatte das BIT als interner Leitungserbringer Informatik- und Telekommunikationsleistungen zur Unterstützung der Geschäftsprozesse der Leistungsbezüger zu erbringen und die erforderliche Sicherheit für Informatikmittel und Daten zu gewährleisten.265 Weiter sollte das BIT sein Angebot auf die Bedürfnisse der Leistungsbezüger ausrichten und die verfügbaren Mittel wirtschaftlich und wirksam einsetzen.266 Gestützt auf diese rechtlichen Grundlagen sah die Konzeption von NOVE-IT (vgl. Kapitel 3.2) vor, dass der Leistungsbezüger seinen Bedarf festlegt, die Anforderungen formuliert, Projekte priorisiert und den Einsatz der Informatik steuert. Der Leistungserbringer entwickelt Lösungen, stellt die IT-Infrastruktur bereit, betreibt Anwendungen und stellt die Benutzerunterstützung sicher.267

3.5.3

Sachverhaltsdarstellung der Rolle des BIT

3.5.3.1

Vorbelastetes Verhältnis zwischen ESTV und BIT

Die bereits unter Kapitel 3.2 erwähnten Rahmenbedingungen waren ausschlaggebend für die seit jeher problembehaftete Zusammenarbeit zwischen der ESTV und dem BIT. Im Rahmen der Realisierung von NOVE-IT wurde die Informatik der ESTV im Verlauf des Jahres 2000 schrittweise in das neu gegründete BIT überführt.

Gestützt auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Service-Level-Agreements für die bundesinterne Erbringung von Informatikleistungen (SLA-AGB)268 unterzeichneten die ESTV und das BIT im Jahr 2001 einen Rahmenvertrag, der die Zusammenarbeit zwischen Leistungserbringer und Leistungsbezüger in Ergänzung zu den AGB regelt sowie die durch den Leistungserbringer erbrachten Leistungen definiert.

264 265 266 267

268

Organisationsverordnung für das Eidgenössische Finanzdepartement vom 17. Febr. 2010 (SR 172.215.1).

Art. 16 OV-EFD vom 17. Febr. 2010 (SR 172.215.1) bzw. Art. 21 OV-EFD vom 11. Dez.

2000 (AS 2001 267).

Art. 16 OV-EFD vom 17. Febr. 2010 (SR 172.215.1) bzw. Art. 21 OV-EFD vom 11. Dez.

2000 (AS 2001 267).

Botschaft über die Finanzierung der Reorganisation der Informatik und Telekommunikation in der Bundesverwaltung (NOVE-IT) vom 23. Febr. 2000, S. 10­11 (BBl 2000 1641).

SLA-AGB für die bundesinterne Erbringung von Informatikleistungen vom 23. Sept. 1999; gestüzt auf die Verordnung über das Bundesamt für Informatik und über die Koordination der Informatik in der Bundesverwaltung (VINFBV) vom 11. Dez. 1989 (AS 1990 1537).

6456

Die Betriebsstörungen der Systeme MOLIS und STOLIS sowie die schwierige Zusammenarbeit bei zwei Projekten (Migration BS2000 und KVORBV) wirkten sich negativ auf das Verhältnis zwischen der ESTV und dem BIT aus. Die Beziehung zwischen den zwei Bundesämtern wurde zusätzlich erschwert, da der Leiter der LBO ­ die wichtigste Ansprechperson der ESTV für das BIT ­ die neu etablierten Strukturen ablehnte und sich im Umgang mit dem BIT, aber auch mit ESTVMitarbeitenden, inadäquat verhielt.269 Der Leiter der LBO war direkt dem Direktor der ESTV unterstellt, der sich vorbehaltslos hinter ihn stellte.

Im Rahmen der Vorarbeiten zu INSIEME wurde entschieden, das Vorhaben nicht bundesverwaltungsintern durch das BIT, sondern extern entwickeln zu lassen. Das BIT wurde diesbezüglich nicht konsultiert. Die ESTV führte eine entsprechende WTO-Ausschreibung durch. Ob dieser Entscheid von der ESTV oder vom Departement getroffen wurde, konnte im Rahmen der Untersuchungen der AGI nicht geklärt werden. Gemäss dem Direktor der ESTV (2000­2012) war es damals aufgrund der mangelnden Fähigkeiten des BIT undenkbar, INSIEME mit dem BIT zu realisieren.270 Demnach war das BIT bis zum Abbruch der Vertragsverhandlungen mit Unisys nur am Rande in das Projekt INSIEME involviert. Aus Sicht der ESTV gab es faktisch eine Null-Zusammenarbeit zwischen der ESTV und dem BIT.271 Das BIT unterstützte nach eigenen Angaben die ESTV und das BBL in den Vertragsverhandlungen mit Unisys in fachtechnischer und juristischer Hinsicht.272 Gemäss BIT zog die ESTV das BIT auch bei der Erstellung des Pflichtenhefts und der Ausschreibungsunterlagen nicht bei.273 Aufgrund der schwierigen Zusammenarbeit mit der ESTV war die «WTO-Ausschreibung in ESTV-Eigenregie» aus Sicht des BIT keine Überraschung.274 Anlässlich der INSIEME-Prüfung von 2006 empfahl die EFK, das BIT als bisherigen und künftigen Leistungserbringer frühzeitig in die Projektorganisation sowie in die Führungs- und Kommunikationsstrukturen einzubinden.275 Die Frage, ob das BIT nach Abschluss der INSIEME-Entwicklung den Betrieb, die Pflege und Weiterentwicklung der Anwendung übernehmen würde, war lange Zeit unklar. Im INSIEME-Pflichtenheft vom Februar 2005 war festgehalten, dass der Betrieb des zu beschaffenden Systems «durch den IT-Leistungserbringer (gegenwärtig BIT) betrieben werden kann».276
Aus Sicht des BIT bestand trotz dieser vagen Formulierung ein nicht schriftlich festgehaltener Konsens, dass das BIT den Betrieb von INSIEME übernehmen werde.277 In Bezug auf die Pflege und Weiterentwicklung der Anwendung führten die konträren Interessen und Erwartungen der ESTV, des BIT und von Unisys zu Auseinandersetzungen.278 Der Direktor des BIT (1999­ 2011) sagte gegenüber der AGI aus, dass die ESTV und das BIT während den Vertragsdiskussionen mit Unisys übereingekommen seien, dass das BIT das zu erstellende Informatiksystem betreiben und weiterentwickeln werde.279 Wann es zu dieser 269 270 271 272 273 274 275 276 277 278 279

Bericht des BIT vom 25. Jan. 2013, S. 6; Protokoll der AGI vom 10. Juni 2013, S. 61­62 (Direktor ESTV 2000­2012).

Protokoll der AGI vom 10. Juni 2013, S. 58 (Direktor ESTV 2000­2012).

Protokoll der AGI vom 10. Juni 2013, S. 58 (Direktor ESTV 2000­2012).

Bericht des BIT vom 25. Jan. 2013, S. 7.

Bericht des BIT vom 25. Jan. 2013, S. 6.

Bericht des BIT vom 25. Jan. 2013, S. 6.

EFK-Bericht vom 29. Mai 2006, S. 7­8.

Pflichtenheft INSIEME vom 23. Febr. 2005.

Bericht des BIT vom 25. Jan. 2013, S. 8.

Bericht des BIT vom 25. Jan. 2013, S. 8.

Protokoll der AGI vom 10. Juni 2013, S. 31 (Direktor BIT 1999­2011).

6457

Einigung kam und ob die ESTV diese auf gleiche Weise deutete, konnte nicht in Erfahrung gebracht werden.

Das Beratungs- und IT-Dienstleistungsunternehmen Capgemini hielt in seinem Auditbericht vom März 2007 fest, dass Massnahmen zu treffen seien, um die Akzeptanz des BIT in der ESTV zu erhöhen. Weiter empfahl Capgemini, die Rolle des BIT bei INSIEME-Real zu klären und eine ganzheitliche Planung aus BIT-Perspektive zu erstellen.280 Die BIT-Planung blieb jedoch fragmentarisch. Die effektive Klärung scheiterte gemäss BIT an den von der ESTV wiederholt geäusserten Bedenken bezüglich der Qualität der BIT-Serviceleistungen.281

3.5.3.2

Das BIT als strategischer Partner der ESTV

Der Abbruch der Vertragsverhandlungen mit Unisys im August 2007 hatte einen Projektneustart zur Folge. Die Geschäftsleitung der ESTV beauftragte die Arbeitsgruppe INSIEME-Relaunch (AIR), ein Konzept zu erarbeiten, «wie die bestehende IT mit einem pragmatischen Vorgehen auf die aktuellen und zukünftigen Bedürfnisse unserer Kunden/Partner ausgerichtet werden könnte».282 Die AIR wurde unter anderem angewiesen, die Rollen der beteiligten Partner bezüglich Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortung auszugestalten und das Zusammenspiel der Hauptbeteiligten festzulegen.283 Der von der AIR Mitte Oktober 2007 vorgelegte Berichtsentwurf hielt unter anderem fest, dass das BIT im Projektausschuss und auf Projektebene vertreten sein müsse, die technische Infrastruktur in der Verantwortung des BIT liege und dass es einer Klärung der vertraglichen Regelungen zwischen BIT und ESTV bedürfe.284 Nach der negativen Erfahrung mit Unisys entschied die ESTV nach Absprache mit dem EFD, keine neue WTO-Ausschreibung vorzunehmen, sondern INSIEME verwaltungsintern zu realisieren, mit dem BIT als strategischem Partner.285 Gegenüber der AGI begründete der damalige Direktor der ESTV diesen Entscheid mit der Erfahrung des BIT in der Personalbeschaffung, die innerhalb der ESTV nicht in gleichem Masse vorhanden gewesen sei.286 Auf Druck des damaligen Departementsvorstehers des EFD287 unterzeichneten die ESTV und das BIT Anfang 2008 die Absichtserklärung zur strategischen Zusammenarbeit für das Projekt INSIEME. Zielsetzung der Absichtserklärung war die gegenseitige Willensbekräftigung, im Projekt INSIEME partnerschaftlich zusammenzuarbeiten.288 Darin wurde auch klar festgehalten: «Das BIT tritt nicht als GU 280 281 282 283 284 285

Audit-Bericht Capgemini vom 22. März 2007, S. 57.

Bericht des BIT vom 25. Jan. 2013, S. 11.

Projektauftrag an die AIR vom 14. Sept. 2007, S. 2.

Projektauftrag an die AIR vom 14. Sept. 2007, S. 3.

Ergebnisse der AIR vom 15. Nov. 2007, S. 8, 15 und 20.

Protokoll der GL-i vom 15. Nov. 2007, S. 1; Ergebnisse der AIR vom 15. Nov. 2007, S. 8; Absichtserklärung zur strategischen Zusammenarbeit zwischen ESTV und BIT vom 11. Febr. 2008.

286 Protokoll der AGI vom 10. Juni 2013, S. 58 (Direktor ESTV 2000­2012).

287 Protokoll der AGI vom 8. Nov. 2013, S. 29 (Vorsteher EFD 2004­2010): «Als das Projekt INSIEME in Schwierigkeiten geriet, erzwang ich, dass die ESTV und das BIT eine Vereinbarung abschlossen.» 288 Absichtserklärung zur strategischen Zusammenarbeit zwischen ESTV und BIT für das Projekt INSIEME vom 11. Febr. 2008, S. 4.

6458

auf, wird jedoch als Realisierungspartner berücksichtigt, wenn das BIT die Leistungserbringung in Bezug auf Know-how und Ressourcen bewältigen kann.»289 Die in der Absichtserklärung in Aussicht gestellten Programm- bzw. Dienstleistungsvereinbarungen bezweckten eine Konkretisierung der zu erbringenden Leistungen.

Diese waren nicht Gegenstand der Untersuchung der FK und GPK.

Die ESTV und das BIT teilen im Nachhinein die Einschätzung, dass die Vereinbarung sehr allgemein gehalten war. Der damalige Direktor des BIT wertete es grundsätzlich als Erfolg, dass die ESTV den Willen äusserte, mit dem BIT zusammenzuarbeiten.290 Er hatte nicht darauf gedrängt, die Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortung präziser zu definieren, was retrospektiv «vermutlich ein Fehler» war.291 Aus Sicht des Direktors des BIT (1999­2011) entsprach die Vereinbarung nicht der Konzeption von NOVE-IT, wodurch eine Rolle des BIT als umfassender Realisierungspartner explizit ausgeschlossen worden sei.292 Uneinigkeit besteht im Nachhinein dazu, ob die ESTV das BIT angefragt hatte, die Gesamtverantwortung für INSIEME zu übernehmen. Laut dem Direktor der ESTV (2000­2012) bot die ESTV dem BIT die Gesamtverantwortung an, aber «das BIT konnte uns zu diesem Zeitpunkt nicht sagen, wie es das machen würde.»293 Der Direktor des BIT (1999­2011) hingegen gab zu Protokoll, dass das BIT nach dem Abbruch der Vertragsverhandlungen mit Unisys die Generalunternehmer-Rolle angenommen hätte, wenn es angefragt worden wäre.294 Auf Wunsch der ESTV295 bestimmte der Direktor des BIT (1999­2011) die Vizedirektorin des BIT (2007­2012) und Hauptabteilungsleiterin des Lösungszentrums als Vertreterin des BIT im LAS.296 Sie hatte den Einsitz im LAS, beziehungsweise ab Ende 2009 im GPA, bis im August 2011 inne. In der Absichtserklärung zur strategischen Zusammenarbeit zwischen der ESTV und dem BIT für das Projekt INSIEME wurde festgehalten, dass das BIT beabsichtigt, eine Projektorganisation aufzubauen, die derjenigen der ESTV entspricht.297 Auf dem Organigramm fungiert die Vizedirektorin (2007­2012) als Auftraggeberin seitens des BIT.

Die EFK kam in ihrem Bericht vom 18. Dezember 2008 unter anderem zum Schluss, dass die Zusammenarbeit zwischen der ESTV und dem BIT durch vertragliche und finanzielle Probleme behindert wurde.298 Sie hielt fest, dass die für das BIT
notwendigen Finanzmittel ­ einerseits für die interne Leistungsverrechnung und andererseits für die Entschädigung der mit einer WTO-Ausschreibung zu findenden Entwickler ­ termingerecht sichergestellt werden müssten, da sonst eine Realisierung verzögert oder sogar blockiert werden könnte.299 Aufgrund dieser Empfehlung der EFK wurde die Absichtserklärung zur strategischen Zusammenarbeit zwischen der 289 290 291 292 293 294 295 296 297 298 299

Absichtserklärung zur strategischen Zusammenarbeit zwischen ESTV und BIT für das Projekt INSIEME vom 11. Febr. 2008, S. 7.

Protokoll der AGI vom 10. Juni 2013, S. 36 (Direktor BIT 1999­2011).

Protokoll der AGI vom 10. Juni 2013, S. 38 (Direktor BIT 1999­2011).

Protokoll der AGI vom 10. Juni 2013, S. 30 (Direktor BIT 1999­2011).

Protokoll der AGI vom 10. Juni 2013, S. 46 (Direktor ESTV 2000­2012).

Protokoll der AGI vom 10. Juni 2013, S. 35 (Direktor BIT 1999­2011).

Absichtserklärung zur strategischen Zusammenarbeit zwischen ESTV und BIT für das Projekt INSIEME vom 11. Febr. 2008, S. 6.

Protokoll der AGI vom 10. Juni 2013, S. 30 (Direktor BIT 1999­2011).

Absichtserklärung zur strategischen Zusammenarbeit zwischen ESTV und BIT für das Projekt INSIEME vom 11. Febr. 2008, S. 6.

EFK-Bericht vom 18. Dez. 2008, S. 16.

EFK-Bericht vom 18. Dez. 2008, S. 4­5.

6459

ESTV und dem BIT für das Projekt INSIEME komplettiert. Die Ergänzung trat Ende April 2009 in Kraft und regelte «den Bezug, den Einsatz und die Abgeltung des externen Personals für den Projektverlauf INSIEME sowie den Einsatz des internen Personals».300 Jedoch führte auch dieses Vertragswerk keine Rollenklärung herbei, sondern war vielmehr Quelle von neuen Missverständnissen.

Im Bundesratsbericht vom 27. Februar 2013 erläutert das BIT sein Rollenverständnis ab dem Zeitpunkt der Unterzeichnung der Ergänzung zur Absichtserklärung wie folgt: «Das BIT sieht seine Verantwortung fortan auf die beschaffungsrechtlich korrekte Verpflichtung von externen Personalverleih-Firmen, den Abschluss der entsprechenden Verträge, und in Bezug auf die externen Mitarbeitenden die Prüfung der Qualifikationen, die Einsatzplanung und administrative Aufgaben (wie Zeitbuchungen, Sicherheitsprüfungen, Ferienabwesenheiten) beschränkt. Eine fachliche (Mit-)Verantwortung des BIT für IT-Aspekte und den Projektverlauf ist gemäss den Ausführungen des BIT de facto kein Thema mehr.»301 Aus Sicht der Vizedirektorin war diese fachliche Mitverantwortung ohnehin nie ein Thema.302 Der damalige Vorsitzende der GL-i nahm jedoch das BIT «immer als treibende Kraft wahr, was Architektur und Projektverlauf betraf».303 Ende 2008 beauftragte die ESTV das Beratungsunternehmen Accenture, unter anderem den geplanten Einbezug des BIT als Umsetzungspartner zu bewerten.304 Im Schlussbericht vom April 2009 eruierte Accenture diesbezüglich das Risiko, dass das BIT mit hohen Eigeninteressen an Aspekten der technischen Lösung arbeitet, ohne der ESTV gegenüber den Nutzen und die Konsequenzen für die Gesamtlösung darzustellen.305 Weiter ergab die Analyse von Accenture, dass das BIT plante, eine modellgetriebene Software-Entwicklungsmethode zu verwenden, die das BIT noch nie umgesetzt hatte und mit der es folglich noch keine Erfahrungen gemacht hatte.306 Die zentrale Empfehlung von Accenture in diesem Zusammenhang war, die durch das BIT in den Projektphasen zu erbringenden Leistungen anhand von Arbeitsergebnissen, Aktivitäten und Rollen zu definieren.307 Im Herbst 2010 kam ein Audit der Beratungsfirma SQS zum Schluss, dass weder die ESTV noch das BIT intern über ausreichende und erfahrene Ressourcen verfügten, um ein Grossprojekt wie INSIEME durchzuführen.308
Der GPA leitete Ende 2010 auf der Basis des SQS-Audits eine Vielzahl von Massnahmen ein; unter anderem wurde abermals eine Klärung der Rolle des BIT angestrebt.

Ende Oktober 2010 kündete der damalige Direktor BIT aufgrund unüberbrückbarer Meinungsverschiedenheiten mit dem Departementsvorsteher seinen Rücktritt für das kommende Jahr an. Im Dezember informierte er die neue Departementsvorsteherin über die unterschiedlichen Auffassungen zwischen ihm und dem Direktor der ESTV.309 Ende April 2011 trat der damalige Direktor des BIT zurück.

300 301 302 303 304 305 306 307 308 309

Ergänzung 1 zur Absichtserklärung zur strategischen Zusammenarbeit zwischen ESTV und BIT für das Projekt INSIEME vom 28. April 2009, S. 4.

1. BR-Bericht vom 27. Febr. 2013, S. 22­23.

Protokoll der AGI vom 10. Juni 2013, S.13 (Vizedirektorin BIT 2007­2012).

Protokoll der AGI vom 13. Sept. 2013, S. 21 (Vizedirektor ESTV seit 2008).

Audit-Bericht Accenture vom April 2009, S. 5.

Audit-Bericht Accenture vom April 2009, S. 23.

Audit-Bericht Accenture vom April 2009, S. 13.

Audit-Bericht Accenture vom April 2009, S. 39.

Audit-Bericht SQS vom 17. Nov. 2010, S. 5.

Protokoll der AGI vom 28. März 2013, S. 10 (Vorsteherin EFD seit 2010).

6460

Die Grundsatzfrage, mit welcher Technologie INSIEME gebaut werden sollte, führte immer wieder zu Diskussionen innerhalb der ESTV (vgl. Kapitel 4.3.1.4).

Das BIT bezog dazu ebenfalls Stellung. Nachdem die ESTV im Jahr 2008 entschied, INSIEME mittels Eigenentwicklungen zu realisieren, kam es im Jahr 2010 zu einer erneuten Grundsatzdebatte, die Mitte 2011 mit dem Entscheid zugunsten der Fortsetzung der Individualentwicklung beendet wurde. Das BIT stimmte damals an der GPA-Sitzung für die Individuallösung.310 Die Vizedirektorin des BIT (2007­2012) begründete den damaligen Entscheid gegenüber der AGI nicht mit einer Technologiepräferenz, sondern damit, dass für eine Standardlösung ihrer Ansicht nach der organisatorische Grundbau nicht vorhanden gewesen sei und deshalb eine Standardlösung «hochgradig riskant und nicht adäquat erschien».311 Seitens der ESTV wurde der Verdacht geäussert, dass sich die damalige Vizedirektorin des BIT aufgrund ihrer Funktion als Hauptabteilungsleiterin des Lösungszentrums für die Individuallösung stark gemacht habe.312

3.5.3.3

Direktionswechsel im BIT

Nach der interimistischen Amtsleitung durch den damaligen stellvertretenden Direktor des BIT übernahm am 15. August 2011 der neue Direktor die Führung des BIT und leitete in der Folge eine umfassende Reorganisation des Bundesamts ein.313 Der neue Direktor des BIT setzte sich anhand von zahlreichen Sitzungen mit dem damaligen Vorsitzenden des GPA und dem externen operativen Projektleiter über den Stand von INSIEME in Kenntnis.314 Zudem habe er Absprachen zwischen den Bereichen Entwicklung und Betrieb eingeleitet315 und einen vormals externen Mitarbeiter zum Programmleiter seitens des BIT berufen.316 Die bedeutendste Massnahme stand jedoch im Zusammenhang mit der vermeintlichen Neudefinition der Rolle des BIT: Im Rahmen der GPA-Sitzung vom 17. August 2011 verabschiedete der GPA mehrere Reorganisationsmassnahmen, welche die ESTV in Zusammenarbeit mit dem BIT erarbeitet hatte, namentlich auch folgende: «Übergabe der Verantwortung für die IKT-Leistungen INSIEME an das BIT. Mit Übertragung der Verantwortung der IKT-Leistungen an das BIT übernimmt dieses, nach einer Analysephase, als Leistungserbringer gegenüber dem Kunden, der ESTV, auch die alleinige Kostenverantwortung für die Umsetzung.»317 Die von der Vizedirektorin des BIT (2007­2012) gegebene Zusage bezog sich nach eigenen Angaben aber lediglich auf die Migration der Altsysteme und nicht auf das Gesamtvorhaben INSIEME.318 Gegenüber der AGI erläuterte sie, sie habe den Schritt unternommen, um der aus ihrer Sicht ineffizienten Steuerung durch eine Vielzahl von externen Lieferanten mit Partikularinteressen entgegenzuwirken.319 Die Zusage sei nach Absprache mit dem Generalsekretär und der Departementsvor310 311 312 313 314 315 316 317 318 319

GPA-Protokoll vom 21. Juni 2011, S. 5.

Protokoll der AGI vom 10. Juni 2013, S.22 (Vizedirektorin BIT 2007­2012).

Protokoll der AGI vom 13. Sept. 2013, S. 33 (Vizedirektor ESTV seit 2008).

Vgl. Kapitel 3.2.4.1.

Protokoll der AGI vom 28. Mai 2013, S. 32 (Direktor BIT seit 2011).

Protokoll der AGI vom 28. Mai 2013, S. 31 (Direktor BIT seit 2011).

Protokoll der AGI vom 28. Mai 2013, S. 32 (Direktor BIT seit 2011).

GPA-Protokoll vom 5. Okt. 2011, S. 3.

Protokoll der AGI vom 10. Juni 2013, S.13 (Vizedirektorin BIT 2007­2012).

Protokoll der AGI vom 10. Juni 2013, S.13 (Vizedirektorin BIT 2007­2012).

6461

steherin erfolgt. Die ehemalige Vizedirektorin präzisierte weiter, dass seitens des Departements eine Zustimmung zur Prüfung der Übernahme vorlag, jedoch noch keine Zustimmung zur Übernahme.320 Die Vizedirektorin des BIT (2007­2012) hatte diese Zusage betreffend die Übernahme einer Generalunternehmer-Rolle ohne vorgängige Absprache mit der Geschäftsleitung oder mit dem Direktor des BIT gegeben.321 Der Direktor des BIT stand nicht hinter der erwähnten Zusage und entzog der Vizedirektorin infolgedessen den Einsitz im GPA und wurde an ihrer Stelle GPA-Mitglied. An der darauffolgenden Sitzung revidierte er den Entscheid betreffend Übernahme der Verantwortung für die IKT-Leistungen im Rahmen von INSIEME durch das BIT.322 In der Folge nahm der Direktor des BIT an den zwei GPA-Sitzungen im Oktober und November 2011 teil. In ihrem Bericht vom Januar 2012 empfahl die EFK, den GPA auf das notwendige Minimum an Entscheidungsträgern zu reduzieren und den Direktor des BIT nur dann beizuziehen, «sofern er durch den Entscheid als zukünftiger Betreiber betroffen ist.»323 Gestützt auf die EFK-Empfehlung schlug der Leiter des GPA anlässlich der Sitzung vom März 2012 vor, den GPA-Teilnehmerkreis einzuschränken und auf eine BIT-Vertretung im GPA zu verzichten.324 Aufgrund einer Diskussion im GPA und insbesondere einer Anmerkung des GS-Vertreters entschied der GPA schliesslich, den Direktor des BIT künftig als ständigen Gast zu den GPA-Meetings einzuladen.325 Dieser Einladung kam der Direktor des BIT im Folgenden jedoch nicht nach, so dass die restlichen GPA-Sitzungen ohne BITVertretung stattfanden.

Gefragt nach der Definition der Zusammenarbeit im Projekt INSIEME antwortete der Amtsdirektor des BIT der AGI, dass bei seinem Amtsantritt Mitte August 2011 ­ abgesehen von dem kleinen «Zwischenfall», als die Vizedirektorin des BIT (2007­ 2012) der ESTV die Generalunternehmerrolle anbot ­ das gemeinsame Verständnis bestanden habe, dass der ESTV die Kontrolle über die gesamte Projektdurchführung oblag und das BIT das notwendige Personal entweder selber stellte oder mittels WTO-Ausschreibungen am Markt beschaffte.326 Die Projektsteuerung, sowohl auf der Projektführungs- als auch auf der Programmierungsebene, sei vollständig unter der Kontrolle der ESTV gewesen.327 Die EFK sah in ihrem Bericht vom Januar 2012 die anhaltenden
Reibereien zwischen dem BIT und der ESTV als einen gewichtigen Faktor für den weiteren Projektverlauf. Sie hielt diesbezüglich fest: «Beide Seiten beschuldigen sich gegenseitig, für Fehlentwicklungen und Terminverschiebungen verantwortlich zu sein.

Lösungen wurden nur schwer gefunden, und eine Vertrauensbasis konnte bis heute nicht vollständig erreicht werden.»328 Weiter führte die EFK aus, dass das BIT als Entwickler und späterer Betreiber die optimale Architektur und Basisplattform wählen sollte.329 320 321 322 323 324 325 326 327 328 329

Protokoll der AGI vom 10. Juni 2013, S.14 (Vizedirektorin BIT 2007­2012).

Bericht des BIT vom 25. Jan. 2013, S. 16.

GPA-Protokoll vom 5. Okt. 2011, S. 3.

EFK-Bericht vom Januar 2012, S. 20.

GPA-Protokoll vom 1. März 2012, S. 2.

GPA-Protokoll vom 1. März 2012, S. 3.

Protokoll der AGI vom 28. Mai 2013, S. 31 (Direktor BIT seit 2011).

Protokoll der AGI vom 28. Mai 2013, S. 31 (Direktor BIT seit 2011).

EFK-Bericht vom Januar 2012, S. 12.

EFK-Bericht vom Januar 2012, S. 12.

6462

Nach eingehender Analyse sprach sich der Direktor des BIT im September 2012 gegenüber der Departementsleitung für den Projektabbruch aus.330 Er begründete seine Abbruchsempfehlung gegenüber der AGI wie folgt: «Angesichts der architektonischen Grundlage, auf welche dieses gebaut war, konnte ich mir nicht vorstellen, dass man dieses System über eine so lange Zeit wirtschaftlich würde betreiben können. Dies bewog mich zur Empfehlung, INSIEME abzubrechen und ein neues Projekt zu starten.»331

3.5.4

Beurteilung der Rolle des BIT

3.5.4.1

Beurteilung durch den Bundesrat

Im Bericht des Bundesrats vom 27. Februar 2013 wurde die Zusammenarbeit zwischen der ESTV und dem BIT aus der Perspektive der beiden betroffenen Ämter erläutert, ohne dass der Bundesrat selbst dazu Stellung nahm. Einzig im Zusammenhang mit den Erkenntnissen im Hinblick auf FISCAL-IT äusserte sich der Bundesrat zur Zusammenarbeit zwischen der ESTV und dem BIT. Er hielt dabei Folgendes fest: «Die Verantwortlichkeiten und die Kompetenzen müssen zu Beginn eines neuen Projekts klar festgelegt und dürfen nicht laufend geändert werden. Dazu wurde vereinbart, dass die Gesamtverantwortung für das neue Projekt bei der ESTV liegt. Das BIT ist für die technische Umsetzung und den späteren Betrieb und die Wartung verantwortlich. Dazu wird ein gemeinsames Architekturkonzept erarbeitet, das einerseits den fachlichen Bedürfnissen der ESTV und andererseits den Bedürfnissen für die technische Umsetzung, den Betrieb und die Wartung durch das BIT gerecht wird. Auf Basis des gemeinsam erarbeiteten Architekturkonzepts wird die Planung der Teilprojekte vorgenommen. Die Aufteilung der Aufgaben zwischen der ESTV und dem BIT sowie das Zusammenarbeitsmodell werden entsprechend erstellt.»332 Im Juni 2013 mandatierte die AGI den Bundesrat, die Koordination und die Zusammenarbeit zwischen der ESTV, dem BIT und dem BBL unterhalb der Direktionsstufe von 2001­2012 aufzuarbeiten und zu beurteilen. Im bundesrätlichen Bericht vom November 2013 wurden diesbezüglich jedoch keine Angaben gemacht. Der Bundesrat verwies erneut auf das Programm FISCAL-IT, bei dem die Verantwortlichkeiten im Programmhandbuch und in einem Rahmenvertrag zwischen der ESTV, dem BIT und dem GS EFD klar geregelt sind.333 Ferner erwähnte er, dass der Direktor des BIT im Programmausschuss von FISCAL-IT Einsitz hat.334 Anfang Dezember 2013 wandte sich die AGI erneut an den Bundesrat und bat noch einmal um eine Beurteilung der Zusammenarbeit zwischen den Bundesämtern. Der Bundesrat antwortete diesbezüglich: «Die Koordination zwischen der ESTV und dem BIT wird als problematisch beurteilt. Die Verantwortlichkeiten der beiden Ämter waren ungenügend geregelt. Zudem wurde die Zusammenarbeit durch per-

330 331 332 333 334

Bericht des BIT vom 25. Jan. 2013, S. 18.

Protokoll der AGI vom 28. Mai 2013, S. 34 (Direktor BIT seit 2011).

1. BR-Bericht vom 27. Febr. 2013, S. 55.

2. BR-Bericht vom 13. Nov. 2013, S. 27.

2. BR-Bericht vom 13. Nov. 2013, S. 27.

6463

sönliche Animositäten und unterschiedliche Auffassungen zu den zu verfolgenden Lösungsansätzen erschwert.»335 Aufgrund der vom Bundesrat erhaltenen Informationen können die FK und GPK keine Beurteilung der Rolle des BIT unterhalb der Direktionsstufe vornehmen. Das nachstehende Kapitel beschränkt sich demnach auf die Beurteilung der Rolle des BIT ab 2007, insbesondere auf die Koordination und Zusammenarbeit zwischen der ESTV und dem BIT, ab Direktionsstufe.

3.5.4.2

Beurteilung durch die FK und GPK

Die in Kapitel 1.4.1 erläuterte Problematik in Bezug auf die Informationsbeschaffung trifft in besonderem Masse auf die Dokumentation des BIT zu. Die AGI hatte nur sehr beschränkt Einsicht in die INSIEME-Dokumente des BIT, da das BIT für die Zeitspanne von INSIEME nach eigenen Angaben «weder über ein einheitliches Ordnungssystem noch über eine entsprechende physische/elektronische Ablage» verfügte.336 Die Verifizierung der während der Anhörungen gemachten Aussagen anhand von Unterlagen war demnach über weite Teile nicht möglich.

Aus Sicht der FK und GPK ist es nicht nachvollziehbar, dass für die Erstellung des bundesrätlichen Berichts vom Februar 2013 weder der Direktor des BIT (1999­ 2011) noch die Vizedirektorin des BIT (2007­2012) befragt wurden. Die Schilderungen des BIT stammen vom Leiter des Rechtsdienstes des BIT, der vom Direktor beauftragt wurde, INSIEME aus der Perspektive des BIT aufzuarbeiten.337 Die FK und GPK konstatieren, dass die bei INSIEME festgestellten unklaren Zuständigkeiten im IT-Bereich zwischen der ESTV und dem BIT eine lange Geschichte haben. Die Misstrauenskultur zwischen der ESTV und dem BIT, die INSIEME während der gesamten Projektdauer prägte, gründete aus Sicht der FK und GPK einerseits in der verfehlten Umsetzung von NOVE-IT und andererseits in den Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der BS2000-Migration und den Betriebsstörungen der Systeme MOLIS und STOLIS. Zudem wurden die Beziehungen zwischen der ESTV und dem BIT durch den Leiter der LBO der ESTV nachhaltig belastet.

Die Umstrukturierung der Informatik mit NOVE-IT bedeutete einen Paradigmenwechsel, der nicht von allen Mitarbeitenden getragen wurde. Der ehemalige Generalsekretär des EFD sagte gegenüber der AGI aus, dass es viel Engagement gebraucht habe, um die ESTV vom Rollenverständnis gemäss NOVE-IT zu überzeugen.338 Der ehemalige Direktor der ESTV gab zu Protokoll, dass er wohl der Einzige in der ESTV war, der NOVE-IT begrüsst habe.339 Die von der Arbeitsgruppe «IT-Zuständigkeiten der ESTV» erkannten Unklarheiten und Diskrepanzen zwischen Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortungen innerhalb der ESTV wirkten sich auch auf die Zusammenarbeit mit dem BIT aus. Die Arbeitsgruppe kam in ihrem Bericht von 2003 zum Schluss, dass die Hauptursache für die IT-Probleme und -Reibungsflächen innerhalb der ESTV in der mangelnden Kenntnis der mit 335 336 337 338 339

3. BR-Bericht vom 15. Jan. 2014, S. 3.

Bericht des BIT vom 25. Jan. 2013, S. 3.

Bericht des BIT vom 25. Jan. 2013, S. 3.

Protokoll der AGI vom 28. Okt. 2013, S. 41 (Generalsekretär EFD 1996­2007).

Protokoll der AGI vom 10. Juni 2013, S. 52 (Direktor ESTV 2000­2012).

6464

NOVE-IT neu gestalteten Abläufe und Rollen sowie in der mangelnden Abgrenzung der einzelnen Stellen liege.340 Die FK und GPK stellen fest, dass die durch NOVEIT festgelegte Konzeption der Aufgabenteilung zwischen Leistungsbezüger und Leistungserbringer während der gesamten Projektdauer von INSIEME nicht wie vorgesehen umgesetzt wurde.

Die FK und GPK nehmen zur Kenntnis, dass das BIT entgegen den Bestimmungen der damals gültigen Bundesinformatikverordnung341 vor der WTO-Ausschreibung 2005 nicht konsultiert wurde. Ob dies mit oder ohne Billigung des Departements geschah, bleibt unklar. Der Entscheid, ob die IKT-Leistungen intern oder extern bezogen werden sollen, hätte gemäss der Bundesinformatikverordnung im Departement gefällt werden müssen. Jedoch gilt es festzuhalten, dass der eigentliche Entscheid, das IT-System nicht intern entwickeln zu lassen, durchaus zulässig war. Die Anhörungen haben klar ergeben, dass die ESTV eine Zusammenarbeit mit dem BIT zu diesem Zeitpunkt kategorisch ausschloss. Die ESTV umging mit der Ausschreibung das BIT, stellte ihm aber nach langem Hin und Her die Rolle des künftigen Betreibers und Weiterentwicklers der IT-Systeme in Aussicht.

Nach dem Widerruf des WTO-Zuschlags an Unisys wurde im Frühling 2008 die Absichtserklärung zur strategischen Zusammenarbeit zwischen der ESTV und dem BIT für das Projekt INSIEME unterzeichnet. Dieses Memorandum of Understanding war rechtmässig, liess aber zweifellos einen zu grossen Interpretationsspielraum offen und wies somit letztlich keinen konkreten Mehrwert auf. Die durch die Ergänzung der Absichtserklärung beabsichtigte klarere Definition der Zusammenarbeit wurde nicht erreicht. Die gänzlich unterschiedliche Lesart dieser Ergänzung führte dazu, dass die Vorstellungen über die Rolle des jeweils anderen Amts weiter divergierten. Die ESTV verstand die Ergänzung als eine weiterführende Regelung eines Aspekts der Absichtserklärung, ohne dass diese in irgendeiner Art und Weise an Gültigkeit verlöre. Das BIT jedoch interpretierte die Ergänzung als eine grundsätzliche Umdefinierung seiner Rolle. Die FK und GPK nehmen zur Kenntnis, dass im Nachhinein sowohl die ESTV wie auch das BIT die Regelung ihrer Zusammenarbeit als ungenügend einstuften.

Die FK und GPK stellen fest, dass das Rollenverständnis des BIT bis zum Projektabbruch zwischen
«Generalunternehmer» und «Personalvermittler» schwankte. Aus der Perspektive des BIT beschränkte sich die Rolle des BIT während der gesamten Projektdauer in erster Linie auf die Ressourcenbeschaffung.342 Eine gegenteilige Einschätzung lag jedoch innerhalb der ESTV vor: Die ESTV wurde als Bauherr und das BIT als Generalunternehmer verstanden.343 Umso erstaunter war die ESTV, als der neue Direktor des BIT erklärte, das BIT sei nicht Generalunternehmer und auch

340 341

Bericht der Arbeitsgruppe «IT-Zuständigkeiten der ESTV» vom 15. Dez. 2003, S. 8.

«Das Departement oder die Bundeskanzlei, beziehungsweise bei Querschnittsleistungen der IRB, entscheidet nach Konsultation des internen Leistungserbringers und der betroffenen Verwaltungseinheiten: a. ob eine IKT-Leistung intern bezogen oder öffentlich ausgeschrieben wird; b. bei welchem internen Leistungserbringer die IKT-Leistung gegebenenfalls bezogen wird» (Art. 7 BinfV vom 26. Sept. 2003, AS 2003 3687); vgl. auch Kapitel 4.2.

342 Protokolle der AGI vom 28. Mai 2013, S. 30 (Direktor BIT seit 2011); vom 10. Juni 2013, S. 11 (Vizedirektorin BIT 2007­2012); und vom 10. Juni 2013, S. 30 (Direktor BIT 1999­2011).

343 Standortbestimmung INSIEME vom 31. Juli 2012, S. 5; Protokoll der AGI vom 28. Mai 2013, S. 21 (stv. Direktor ESTV seit 1995).

6465

nicht gewillt, Generalunternehmer zu werden.344 Aus Sicht der FK und GPK ist es unverständlich, dass es bis zum Projektabschluss nicht gelang, diesbezüglich eine Klärung herbeizuführen, obwohl sämtliche externen Projektaudits sowie die EFK in ihren Berichten von 2006, 2008 und 2012 die mangelhafte Definition der Rolle des BIT monierten.345 Die in Kapitel 4.3.1.4 beschriebene Technologie-Debatte ist auch im Zusammenhang mit dem auf beiden Seiten unklaren Rollenverständnis von ESTV und BIT zu verstehen: Eigentlich hätte sich die ESTV die Frage «SAP oder Eigenentwicklung» gar nicht stellen sollen, da es gemäss NOVE-IT und der Projektmethodik HERMES in der Zuständigkeit des Leistungserbringers gelegen wäre, zu bestimmen, wie ­ d. h. unter anderem auch auf welcher technologischen Grundlage ­ INSIEME realisiert werden sollte.346 Die FK und GPK sind weiter der Meinung, dass die fehlende Präzisierung der zu erbringenden Leistungen die wechselnden Anforderungen vonseiten der ESTV an das zu erstellende IT-System begünstigte347 und eine Angleichung der gegenseitigen Erwartungen verunmöglichte. Die Tatsache, dass es keine gemeinsame Projektplanung gab, insbesondere auch keine frühzeitige Koordination der notwendigen Personalressourcen, beweist das Fehlen einer Gesamtsicht auf INSIEME.

An den Anhörungen der AGI stellten die Vertreter des BIT unmissverständlich klar, dass das BIT nicht die Rolle einnehmen konnte, die es einnehmen wollte. Der ehemalige Direktor des BIT sagte gegenüber der AGI: «Es ist sicher nicht einfach, wenn man am Grundgefüge, also an der Aufgabenteilung, nichts gross ändern kann.»348 Aus der Sicht der FK und GPK wäre es aber an der BIT-Direktion gelegen, auf die Aufgabenteilung gemäss NOVE-IT zu drängen. Die FK und GPK stellen jedoch auch fest, dass das adäquate Rollenverständnis in Bezug auf das BIT im Departement wohl nicht immer vorhanden war.349 Beispielsweise habe der Generalsekretär des EFD (1996­2007), gemäss Aussage des Direktors der ESTV (2000­2012), demselben erläutert, seine Aufgabe gegenüber dem BIT sei es, «zu fluchen und zu fordern».350 Die FK und GPK brachten zudem in Erfahrung, dass dem ehemaligen Departementsvorsteher (2004­2010) die Rolle des BIT nicht ausreichend bewusst war.351 Die interne Fragmentierung sowohl der ESTV wie auch des BIT erklärt einerseits die
Konfliktsituationen zwischen den Hauptabteilungen und andererseits auch, dass die Interessen der Hauptabteilungen teilweise über die Projektinteressen gestellt wurden. Die Konflikte wurden äusserst emotional geführt, was eine sachliche Auseinandersetzung verunmöglichte.

Das bei der ESTV konstatierte Spannungsfeld zwischen Projektverantwortung und Loyalität ist auch innerhalb des BIT erkennbar. Missstände wurden zwar festgestellt, aber aus Loyalitätsgründen gegenüber dem direkten Vorgesetzten nicht nach oben

344 345 346 347 348 349 350 351

Protokoll der AGI vom 28. Mai 2013, S. 20 (stv. Direktor ESTV seit 1995).

Vgl. Kapitel 6.3.4, Kapitel 6.4.1 sowie Kapitel 6.4.5.

Vgl. Kapitel 3.2, Kapitel 3.3 sowie Kapitel 3.5.2.

Vgl. Kapitel 3.4.

Protokoll der AGI vom 10. Juni 2013, S. 41 (Direktor BIT 1999­2011).

Vgl. Kapitel 4.4.

Protokoll der AGI vom 10. Juni 2013, S. 52 (Direktor ESTV 2000­2012).

Vgl. Kapitel 4.4.3.5 und 5.4.3.2.

6466

eskaliert. Dies führte zu einem blockierten Informationsfluss zwischen Amt und Departement.

Zusammenfassend stellen die FK und GPK fest, dass die angehörten Personen betreffend die Rolle des BIT unterschiedliche Auffassungen hatten und in retrospektiver Beurteilung weiterhin haben. Zwischen der ESTV und dem BIT herrschte während der gesamten Projektlaufzeit kein gemeinsames Verständnis über Umfang und Form der Zusammenarbeit.

Empfehlung 2: Aufgabenteilung zwischen Leistungsbezüger und Leistungserbringer Die FK und GPK fordern den Bundesrat auf, für die gesamte Bundesverwaltung die Aufgabenteilung zwischen Leistungsbezüger und Leistungserbringer klar und einheitlich zu definieren und durchzusetzen.

3.6

Rolle der externen Leistungserbringer (externe Experten)

3.6.1

Fragestellung gemäss Untersuchungskonzept

Bei der Klärung der Rolle, welche die externen Leistungserbringer bei INSIEME spielten, stand für die FK und GPK die Frage im Zentrum, welches die Ursachen für den Einbezug externer Experten und die diesbezügliche Entwicklung waren.352 Die FK und GPK verlangten vom Bundesrat, für die gesamte Dauer des Projekts zu untersuchen, nach welchen Kriterien externe Experten rekrutiert wurden, wie sich deren Einfluss während des Projektverlaufs entwickelte und wer die Entscheidung fällte, externe Experten einzusetzen.353 Konkret erwarteten die FK und GPK vom Bundesrat eine Aufschlüsselung nach der Art der Aufgaben, welche den externen Mitarbeitenden übertragen wurden, sowie nach deren Einsatz und Funktion. Daraus erhofften sie sich, Rückschlüsse auf den Einfluss der Externen auf das Projekt und die Systemanforderungen ziehen zu können. Ferner sollte die Koordination und Zusammenarbeit der Ämter ESTV, BIT und BBL hinsichtlich des Einbezugs der externen Mitarbeitenden dargelegt und beurteilt werden. Schliesslich wünschten die FK und GPK, dass der Bericht des Bundesrats auch den Zusammenhang zwischen der Rolle der externen Mitarbeitenden im Projekt INSIEME und den bisher gezogenen Lehren des Bundesrats aufzeigt.

Die FK und GPK ihrerseits nahmen sich der Thematik der Informatikdienstleistungsverträge an. Ihr Ziel war es zu klären, wie die Expertenverträge abgeschlossen wurden und inwiefern sie mit den tatsächlichen Bedürfnissen der ESTV übereinstimmten. Ein weiteres Anliegen war die Untersuchung der Anforderungen, die an die Rolle und die Verantwortlichkeiten der externen Mitarbeitenden gestellt wurden.

Gemeint sind damit unter anderem die von den Externen übernommenen Funktionen im Projekt, die Stundenansätze für die einzelnen Expertenprofile, die Beauftragung und Betreuung seitens der ESTV sowie das Vertragsvolumen. Sie verlangten dazu 352 353

Untersuchungskonzept der FK und GPK vom 3. Mai 2013, S. 17.

Untersuchungskonzept der FK und GPK vom 3. Mai 2013, S. 17.

6467

vom Bundesrat alle über die gesamte Projektdauer von INSIEME in einer Vertragsablage erfassten Verträge.

3.6.2

Ursachen für den Einbezug externer Experten 2001­2012: Bericht des Bundesrats

3.6.2.1

Einleitung

Der Bericht des Bundesrats354 umfasst den Einbezug externer Experten im Projekt INSIEME von 2008­2013. Zur Beschaffung der externen Mitarbeitenden gab es eine grosse Anzahl von Dokumenten, die im Auftrag der FK und GPK gesichtet und bewertet wurden. Um die Übersicht zu vereinfachen, wurde pro Kalenderjahr eine Tabelle erstellt, in der die relevanten Informationen ­ sofern diese noch zur Verfügung standen ­ aufgelistet wurden. Sie umfasste folgende Angaben: beschaffungstechnische Identifikationsnummer, Vertragsbezeichnung, Mitarbeitername, Aufgabe, Vertragsgegenstand, Firma, Vertragslaufzeit, Kostendach, Ressourcenantrag, Verweis auf Vertragsunterlagen und Unterzeichner der Verträge. Dem Bericht wurden die entsprechenden Vertragsdokumente beigefügt.

3.6.2.2

Eingekaufte Rollen 2008­2013

Die ESTV verfügte nur über beschränkte Kapazitäten für die Umsetzung von IKTProjekten. Diese wurden grösstenteils zum Erhalt und Support der bestehenden IKTLandschaft eingesetzt.355 Für die Umsetzung des Projekts INSIEME waren weitreichende Kapazitäten für den methodischen und operativen Aufbau der Projektorganisation sowie für die Anforderungserhebung, Architekturentwicklung, Softwareentwicklung, Softwaretests und die Administration eines so grossen Projekts nötig. Aus diesem Grund verpflichtete die ESTV externe Experten mit unterschiedlichem Fachwissen bzw. unterschiedlichen Rollen.

Die im Bericht des Bundesrats aufgelisteten rund 200 unterschiedlichen Rollenbezeichnungen sind in der «Übersicht INSIEME-Expertenrollen 2008­2013» verdichtet und deren Einsatz auf die einzelnen Jahre aufgegliedert (vgl. Tabelle 2).

354 355

2. BR-Bericht vom 13. Nov. 2013, S. 11 ff.

2. BR-Bericht vom 13. Nov. 2013, S. 12.

6468

Tabelle 2 Übersicht INSIEME-Expertenrollen 2008­2013 2008

2009

2010 Anwaltliche Leistungen WTO Art Director Kommunikation

Berater

Bauleiter Berater Business-Analyst

Bauleiter Berater Business-Analyst

Dipl. Mathematiker

Dipl. Mathematiker

GEVER-Experte

GEVER-Experte

Informatiker

IKT-Architekt Informatiker

IKT-Architekt Informatiker Leiter Architekturbüro Leiter und Stv. Leiter Baubüro

Projektleiter/-manager

Leiter PMO Leiter Technische Architektur Leiter Test Master of Science PMO-Experte Projektleiter/-manager

Leiter PMO Leiter Technische Architektur Leiter Test Master of Science PMO-Experte Projektleiter/-manager Projektmitarbeiter Projektoffice-Assistent Projektplaner/-controller Prozessverantwortlicher QS/RM-Beauftragter Release-Manager Requirement Engineer Rollout-Manager

2011

2012

Art Director Kommunikation Auditor

Art Director Kommunikation Auditor

Berater Business-Analyst Defect-Manager

Berater Business-Analyst

Gesamtprojektleiter GEVER-Experte

Gesamtprojektleiter

IKT-Architekt Informatiker Leiter Architekturbüro Leiter Baubüro Leiter Entwicklung Leiter Konzeption Leiter PMO Leiter Technische Architektur Leiter Test

IKT-Architekt Informatiker

2013

Bauleiter Berater Business-Analyst Dipl. Mathematiker GEVER-Experte

Programm-Koordinator

Projektoffice-Assistent Projektplaner/-controller

Requirement Engineer

Wirtschaftsinformatiker

Software-Engineer Usability-Experte Wirtschaftsinformatiker

Software-Engineer Usability-Experte Wirtschaftsinformatiker WTO-Experte

PMO-Experte Projektleiter/-manager Projektmitarbeiter Projektoffice-Assistent Projektplaner/-controller Prozessverantwortlicher

Requirement Engineer Rollout-Manager Software-Engineer

IKT-Architekt Informatiker

Projektleiter/-manager

Leiter PMO Leiter Technische Architektur Leiter Test Master of Science PMO-Experte Projektleiter

Projekt-Assistent Projektcontroller

Projekt-Assistent Projektcontroller

Release-Manager Requirement Engineer

Requirement Engineer

Leiter Test

SAP-Experte Software-Engineer

Software-Engineer Usability-Experte Wirtschaftsinformatiker

WTO-Experte

Quelle: Zusammenstellung der FK und GPK aufgrund der Angaben im Bericht des Bundesrats zuhanden der FK und GPK vom 13. Nov. 2013

6469

3.6.2.3

Auftragsvergabe

Für die Beschaffung der Ressourcen war die LBO verantwortlich. Das Anbegehren der Ressourcen erfolgte in der Regel durch die Gesamtprojektleitung.356

3.6.2.4

Lehren in Bezug auf die Beschaffung von Ressourcen

Gemäss Bericht des Bundesrats haben der Bundesrat und die zuständigen Stellen folgende Lehren gezogen und daraus abgeleitete Massnahmen ergriffen:357 ­

Mit dem bis Ende 2015 flächendeckend eingeführten Vertragsmanagement besteht gemäss Bundesrat ein Vertragscontrolling, mit dem alle Beschaffungen zentral überwacht werden können.

­

Die Einführung einer neuen Einheit «Einkaufskoordination» in der ESTV sorgt dafür, dass alle Beschaffungen über einem Wert von 5000 Franken koordiniert mit den ESTV-Bedarfsträgern über das BBL beschafft werden.

­

Die IKT der ESTV bestand aus vier unabhängigen Teams (INSIEME; Analyse, Projekte, Risikoerkennung MWST; DVS Projekte und LBO). Diese wurden ab 2013 in der neuen Organisationseinheit «Informatik» zusammengefasst und unter die einheitliche Führung eines Chief Information Officers (CIO) gestellt. Die Informatik ist ins neue Programm FISCAL-IT (Nachfolgevorhaben von INSIEME) eingebunden und die Linienvorgesetzten in der Informatik leiten die notwendigen externen Ressourcen analog den internen Ressourcen. Der Bedarf an Ressourcen wird an die Informatik-Linie gemeldet. Der Einsatz von internen oder externen Ressourcen wird aus der Informatik gesteuert.

­

Im Rahmen des Programms FISCAL-IT wurden die Aufgaben für die Beschaffung von IKT-Leistungen zwischen der ESTV und dem BIT in einer Rahmenvereinbarung festgehalten. Technologische Beschaffungen (ITDienstleistungen, Software, Hardware) werden vom BIT durchgeführt, während die ESTV für die Beschaffung von notwendigem Fachbereichspersonal zuständig ist. Dies betrifft beispielsweise die Projektleitung, BusinessAnalyse, Fachtester und Unternehmensarchitekten.

3.6.3

Ursachen für den Einbezug externer Experten 2001­2012: Beurteilung des Bundesrats

Die Koordination und Zusammenarbeit zwischen der ESTV und dem BIT beurteilt der Bundesrat hinsichtlich des Einbezugs der externen Experten als problematisch.

Die Verantwortlichkeiten der beiden Ämter waren ungenügend geregelt. Zudem wurde die Zusammenarbeit durch persönliche Animositäten und unterschiedliche Auffassungen zu den zu verfolgenden Lösungsansätzen erschwert. Die Koordination und Zusammenarbeit zwischen der ESTV und dem BBL entsprachen gemäss Bundesrat nicht den beschaffungsrechtlichen Vorgaben. Die ESTV beschaffte die benö356 357

2. BR-Bericht vom 13. Nov. 2013, S. 16.

2. BR-Bericht vom 13. Nov. 2013, S. 27­28.

6470

tigten Ressourcen ­ obwohl keine Delegation der Beschaffungskompetenzen vorlag ­ in eigener Regie und ohne systematischen Beizug des BBL.358 Ob und in welchem Masse externe Ressourcen beigezogen werden, so der Bundesrat, müsse auch in Zukunft in den einzelnen Projekten entschieden werden. Das neu eingeführte Beschaffungscontrolling diene ihm und den Departementen heute als wichtiges Instrumentarium, um Fehlentwicklungen rechtzeitig zu erkennen und damit das Beschaffungswesen ordentlich, d. h. gemäss den geltenden Vorschriften des BöB und der VöB, abzuwickeln.359 Das sich in Umsetzung befindliche bundesweite Beschaffungscontrolling mit Vertragsmanagement soll einen massgebenden Beitrag dazu leisten, die beschaffungsrechtlichen Vorgaben nicht nur in der ESTV, sondern in der gesamten Bundesverwaltung besser durchzusetzen.

3.6.4

Ursachen für den Einbezug externer Experten 2001­2012: Würdigung der Beurteilung des Bundesrats durch die FK und GPK

Die von den FK und GPK gestellten Fragen (vgl. Kapitel 3.6.1) konnte der Bundesrat für die Zeitperiode 2001­2007 nicht, für die Zeitperiode 2008­2013 hingegen zu einem grossen Teil beantworten. Nicht aufzeigen und beurteilen konnte er die Entwicklung des Einflusses der Experteneinsätze während dieser Periode.

Die vom Bundesrat gezogenen Lehren bzw. die daraufhin ergriffenen Massnahmen360 zielen in die richtige Richtung. Eine Verbesserung und Durchsetzung des öffentlichen Beschaffungsrechts des Bundes ist mit vertretbarem Aufwand nur zu bewältigen und umzusetzen, wenn flächendeckend verbindlich eingesetzte Instrumente dies effizient unterstützen bzw. steuern.

Die Aussage des Bundesrats, dass der Einsatz externer Ressourcen auch in Zukunft projektspezifisch entschieden werden muss, stellen die FK und GPK nicht infrage.

Sie empfehlen jedoch dringend, dass Projekte im Fach- und Organisationsentwicklungsbereich ­ dem eigentlichen Kerngeschäft eines Fachamtes ­ durch bundesinterne Mitarbeitende geführt werden. Ansonsten besteht die Gefahr ­ wie die Erfahrungen im Projekt INSIEME zeigen ­, dass die Abhängigkeit von externen Experten übermässig hoch und von sehr langer Dauer werden kann.

Die seitens der ESTV getroffenen Massnahmen waren dringend erforderlich. Mit der vollzogenen Reorganisation und der Zentralisierung der IKT der ESTV in einer Abteilung Informatik sind Aufgaben, Verantwortung und Kompetenzen heute klar geregelt, nicht zuletzt auch im Bereich der IKT-Ressourcenbeschaffung.

358 359 360

3. BR-Bericht vom 15. Jan. 2014, S. 3.

3. BR-Bericht vom 15. Jan. 2014, S. 3.

2. BR-Bericht vom 13. Nov. 2013, S. 27.

6471

3.6.5

Untersuchung der FK und GPK über die Rolle und Verantwortlichkeiten (Einfluss) der externen Experten 2001­2012 auf Basis der Expertenverträge

Die vom Bundesrat eingereichten Unterlagen zu den INSIEME-Dienstleistungsverträgen waren umfangreich. Die FK und GPK mussten zuerst eine Vertragsablage im Umfang von 15 Bundesordnern erstellen, um einen Gesamtüberblick über die mehr als 300 Verträge aus den Jahren 2008­2012 zu erlangen.

Ein zentrales Anliegen der FK und GPK war die Untersuchung der Anforderungen an die Rolle und Verantwortlichkeiten der externen Experten. Dabei stand insbesondere deren Einfluss auf das Projekt und auf die Systemanforderungen im Vordergrund. Mit dem Ziel zu klären, ob die Expertenverträge den tatsächlichen Bedürfnissen der ESTV gerecht wurden, nahmen sich die FK und GPK dieser Dienstleistungsverträge an.

3.6.5.1

Einfluss externer Experten auf die INSIEME-Projekte

Für die Zeitperiode 2001­2007 konnte der Bundesrat keine Dienstleistungsverträge zur Verfügung stellen. Eine Beurteilung des Einflusses externer Experten und Unternehmungen war den FK und GPK deshalb nicht möglich. Aus der Untersuchung der System- und Projektkonzeptionen (vgl. Tabelle 1 in Kapitel 3.4.4.1) wird jedoch ersichtlich, dass rund drei Viertel der INSIEME-Projekte durch externe Experten geführt wurden. Die meisten dieser Experten verfassten zudem die jeweiligen Projektanträge bzw. -aufträge. Dies lässt klar darauf schliessen, dass die externen Experten einen übermässig hohen Einfluss auf das Projekt ausübten.

Von 2008­2012 wurde die Leitung der INSIEME-Projekte offiziell durch ESTVKadermitarbeitende (GPL bzw. GPL neu) wahrgenommen. Der erste und damit am längsten eingesetzte GPL (3½ Jahre) war lediglich formell GPL, konnte er doch seine Aufgaben, Verantwortungen und Kompetenzen kaum wahrnehmen. Mangels Fach-, Führungs- und Methodenkompetenzen war er permanent auf das Coaching, die Beratung und die Unterstützung externer Experten angewiesen. Dies drückte sich in Mehrkosten und zusätzlichen Dienstleistungsverträgen im Umfang von über 1,5 Millionen Franken aus.

3.6.5.2

Einfluss externer Experten auf die Systemanforderungen

Dem Projektantrag Gesamtvorhaben INSIEME361 ist zu entnehmen, dass die wichtigen Leitungs- bzw. Führungspositionen362 durch externe Experten besetzt waren.

Der Einfluss dieser Experten auf die Systemanforderungen muss deshalb als zu gross bezeichnet werden, zumal die GPL-Stellvertretung ebenfalls durch einen externen Experten (Bauleiter) sichergestellt wurde.

361 362

Projektantrag Gesamtvorhaben INSIEME vom 17. Dez. 2009, S. 27.

Projektleitung Anwendungsentwicklung, Architektur, Bau, Konzeption, Project Management Office (PMO), Systementwicklung und Test.

6472

3.6.5.3

Analyse der INSIEME-Dienstleistungsverträge

Die FK und GPK haben die über 300 Dienstleistungsverträge aus den Jahren 2008­2012 mit einem Gesamtvertragsvolumen von 55,9 Millionen Franken im Detail analysiert und sind dabei zu folgenden Erkenntnissen gelangt: ­

Der Beachtung der Kriterien für den Beizug externer Experten wurde ungenügend Rechnung getragen. Bei nur gerade einem Drittel der Verträge lagen Expertenprofile vor.

­

Der durchschnittliche Stundenansatz von mehr als 220 Franken über alle Verträge, d. h. über alle möglichen Expertenrollen, ist für die FK und GPK zu hoch. Der maximale Stundenansatz des BIT bzw. des GU aus seiner WTO-Offerte 2005 war mit 180 Franken bzw. 195 Franken deutlich tiefer.

­

Als übermässig hoch beurteilen die FK und GPK den durchschnittlichen Stundenansatz von 320 Franken des Lieferanten mit dem grössten Vertragsvolumen von 12 Millionen Franken in der Zeitspanne 2009­2012. Die unzureichenden Kompetenzen des GPL und der LBO im Beschaffungswesen liess den Lieferanten beliebig Freiraum, ihre hohen Stundenansätze ungehindert einzufordern. Dies hat dem Bund Mehrkosten in Millionenhöhe verursacht.

­

Eine Überprüfung der Übereinstimmung der Expertenverträge mit den tatsächlichen Anforderungen der ESTV war den FK und GPK nicht möglich.

Über 95 Prozent der Expertenverträge waren Personalverleihverträge, die weder auf ein INSIEME-Projekt referenzierten noch ein konkretes Lieferergebnis enthielten.

Empfehlung 3: Projektleitungsfunktionen Die FK und GPK fordern den Bundesrat auf, dafür zu sorgen, dass Fach- und Organisationsentwicklungsprojekte durch bundesinterne Mitarbeitende geleitet werden und dass dazu das Projektleitungs-Know-how in der Bundesverwaltung verstärkt gefördert wird. Druck auf den Personalkrediten darf nicht dazu führen, dass solche Leitungsfunktionen über Sachkredite eingekauft werden.

3.7

Beschaffungswesen

3.7.1

Fragestellung gemäss Untersuchungskonzept

Im Rahmen der Beratung ihres INSIEME-Untersuchungskonzepts beschlossen die FK und GPK am 24. April 2013, sich mit der Frage, welche externen Beschaffungen wann, durch wen, bei wem und wie vorgenommen wurden, nicht näher zu befassen.

Diese Frage wurde teilweise im veröffentlichten Bericht zur Administrativuntersuchung des EFD vom Juni 2012363 bereits beantwortet. Ferner erfolgt eine detaillierte Aufarbeitung des Beschaffungswesens bei INSIEME im Rahmen der

363

Vgl. Kapitel 3.7.3.1.

6473

Strafuntersuchung der Bundesanwaltschaft.364 Hingegen sprachen sich die FK und GPK dafür aus, die Rolle des BBL365 sowie die Koordination der involvierten Ämter durch die Departementsspitze366 zu klären.

Darüber hinaus forderte die AGI den Bundesrat auf, ihr einen Bericht über seine gegenwärtigen Arbeiten zu den Ausnahmeklauseln des Beschaffungsrechts, über seine laufende Überprüfung einer flexibleren Anwendung der geltenden WTORegeln sowie über die ergriffenen Massnahmen zur Förderung der Beschaffungskompetenzen vorzulegen. Dabei sollte der Bundesrat aufzeigen, welche Resultate bereits vorliegen und inwiefern diese mit den Erwartungen übereinstimmen. Ferner interessierte sich die AGI für die weiteren Schritte, die aufgrund der bereits vorliegenden Ergebnisse geplant sind.

Der Bericht des Bundesrats vom November 2013 enthielt in erster Linie eine Beschreibung der zur Verfügung stehenden Instrumente im Bereich des Beschaffungswesens.367 Nicht beantwortet wurden die Fragen zu den konkreten Resultaten, zu den Massnahmen für eine Flexibilisierung des Beschaffungswesens sowie zu deren Übereinstimmung mit den Erwartungen. Der Bundesrat liess die AGI wissen, dass es für verbindliche Aussagen zu den Auswirkungen der im Beschaffungswesen getroffenen Massnahmen noch zu früh sei, die ersten Erfahrungen jedoch positiv seien.368

3.7.2

Rechtsgrundlagen

Anfang 1996 trat für die Schweiz das «Übereinkommen über das öffentliche Beschaffungswesen»369 in Kraft. Es bildet den rechtlichen Rahmen, innerhalb dessen die Schweiz das Beschaffungswesen regulieren kann. Auf nationaler Ebene sind die zentralen Bestimmungen im BöB370, in der VöB371 und ­ seit Ende 2006 ­ in der Org-VöB372 statuiert. Die Org-VöB wurde auf Anfang 2013 revidiert. Zusätzlich zu den Bestimmungen für die gesamte Bundesverwaltung wurde im März 2013 für die Verwaltungseinheiten und Mitarbeitenden des EFD die Richtlinie zum öffentlichen Beschaffungswesen373 verabschiedet.

364 365 366 367 368 369 370 371 372 373

Vgl. Kapitel 3.7.3.2.

Vgl. Kapitel 3.7.4.

Vgl. Kapitel 4.4.3.5.

2. BR-Bericht vom 13. Nov. 2013, S. 18­20.

3. BR-Bericht vom 15. Jan. 2014, S. 4.

Übereinkommen über das öffentliche Beschaffungswesen vom 1. Jan. 1996 (SR 0.632.231.422).

Bundesgesetz vom 16. Dez. 1994 über das öffentliche Beschaffungswesen (SR 172.056.1).

Verordnung vom 11. Dez. 1995 über das öffentliche Beschaffungswesen (SR 172.056.11).

Verordnung über die Organisation des öffentlichen Beschaffungswesens des Bundes vom 22. Nov. 2006 (AS 2006 5613) bzw. vom 24. Okt. 2012 (SR 172.056.15).

Richtlinie zum öffentlichen Beschaffungswesen im EFD vom 1. April bzw. 2. Dez. 2013 (überarbeitete Version).

6474

3.7.3

Beschaffungsrechtliche Verstösse bei INSIEME

3.7.3.1

EFD-Administrativuntersuchung vom Juni 2012

Der Empfehlung der EFK374 folgend ordnete die Vorsteherin des EFD (seit 2010) im Januar 2012 eine Administrativuntersuchung zu den beschaffungsrechtlichen Fragen im Zusammenhang mit der Vergabe von Dienstleistungsaufträgen für INSIEME an.

Mit der Untersuchung wurden der Generalsekretär des EFD sowie der Leiter Rechtsdienst des EFD beauftragt. Die EFD-Administrativuntersuchung sollte klären, ob innerhalb der ESTV Beschaffungsprozesse bestanden, welche die Erfüllung der gesetzlichen Bestimmungen sicherstellten, ob bei der Auftragsvergabe die beschaffungsrechtlichen Vorgaben eingehalten wurden und wer für allfällige Verstösse gegen die Vergaberegeln verantwortlich war.375 Im Rahmen der Untersuchung wurden einzelne Verträge geprüft, anhand derer auf die generelle Situation geschlossen wurde.376 Das GS EFD kam zum Schluss, dass Beschaffungen systematisch und willentlich widerrechtlich ­ d. h. unter Verstoss gegen das Beschaffungsrecht des Bundes sowie gegen die WTO-Regeln ­ durchgeführt wurden. Namentlich wurden folgende Verstösse festgestellt: Zusammenhängende Aufträge wurden bewusst in einzelne, unter dem Schwellenwert liegende Verträge aufgeteilt; den Schwellenwert überschreitende Aufträge wurden ohne Vorliegen eines Ausnahmetatbestandes freihändig vergeben; bestehende Prozesse und Kompetenzordnungen wurden nur teilweise eingehalten. Zudem stiess man auf ungewöhnliche Vertragskonstrukte mit Lieferfirmen, aufgrund derer eine Strafanzeige bei der Bundesanwaltschaft erstattet wurde.377 Die mit der Untersuchung Beauftragten erachteten die Verstösse als schwerwiegend, da sie nach mehrfachen und unmissverständlichen Weisungen der Departementsführung fortgesetzt wurden, die Auftragsvolumen ausserordentlich hoch waren, ein erheblicher Aufwand zur Verschleierung der Umgehung der Beschaffungsregeln betrieben wurde und damit ein Umfeld geschaffen wurde, «welches einem unsorgfältigen Umgang mit finanziellen Mitteln des Bundes Vorschub leistete und zumindest ein korruptionsanfälliges Klima förderte».378 Der Untersuchungsbericht nannte unter anderem folgende Gründe, weshalb die Verstösse der beschaffungsrechtlichen Vorgaben begangen wurden:379 Dem Direktor der ESTV, dem Leiter der LBO sowie dem GPL (2007­2011) fehlte es an Sensibilität für die Wichtigkeit der Einhaltung beschaffungsrechtlicher Regeln; das
Bewusstsein für die Bedeutung klarer Prozesse, Zuständigkeiten und Kontrollmechanismen war beim Direktor der ESTV ungenügend vorhanden; die beschaffungsrechtlichen Regeln wurden als Risiko für INSIEME betrachtet und nicht als undiskutable Vorgaben wahrgenommen, die in die Planungsprozesse einzubeziehen sind; das beschaffungsrechtliche Know-how war in der ESTV nicht vorhanden und wurde auch nicht extern bezogen; unklare und ungeeignete Prozesse und Zuständigkeiten führten zu einer Überforderung der involvierten Personen.

374 375 376 377 378 379

EFK-Bericht vom Januar 2012, S. 18.

EFD-Administrativuntersuchung vom 13. Juni 2012, S. 4.

Protokoll der AGI vom 27. Febr. 2013, S. 24 (Generalsekretär EFD seit 2010).

EFD-Administrativuntersuchung vom 13. Juni 2012, S. 22­23.

EFD-Administrativuntersuchung vom 13. Juni 2012, S. 24.

EFD-Administrativuntersuchung vom 13. Juni 2012, S. 24­25.

6475

Gemäss Administrativuntersuchung wurde der Entscheid, gegen beschaffungsrechtliche Vorschriften zu verstossen, vom Direktor der ESTV gefällt und ist von diesem zu verantworten. Die Verstösse können demnach dem Leiter der LBO und dem ehemaligen GPL nur teilweise angelastet werden.380 Ebenso lag die Verantwortung für die Schaffung eines geeigneten Kontrollumfelds primär beim Direktor der ESTV. Bei den übrigen Mitgliedern der GL, beim GPA und beim aktuellen GPL ist angesichts der realen Machtverhältnisse «kaum oder keine Verantwortung» für die Missstände erkennbar.

Aufgrund der Ergebnisse der EFD-Administrativuntersuchung wurde der Direktor der ESTV freigestellt und bei der Bundesanwaltschaft Strafanzeige381 gegen den Leiter der LBO sowie unbekannte Täterschaft erstattet.

3.7.3.2

Laufendes Strafverfahren der Bundesanwaltschaft

Die Bundesanwaltschaft eröffnete im Mai 2012 gegen den Leiter der LBO sowie gegen unbekannte Täterschaft ein Verfahren, das bis zur Publikation des vorliegenden Berichts noch nicht abgeschlossen worden ist. Es gilt die Unschuldsvermutung.

3.7.3.3

Bericht des Bundesrats vom Februar 2013

Im Bericht des Bundesrats zu INSIEME vom Februar 2013 kommt das Beschaffungswesen wiederholt zur Sprache. Der Bundesrat stützte sich diesbezüglich in erster Linie auf die vom Vizedirektor der ESTV (seit 2008) und vom GPL (2011­ 2012) verfassten Berichte, weshalb direkt darauf referenziert wird.

Laut den Aussagen des Vizedirektors der ESTV (seit 2008) wurde in der Relaunchphase die Frage der WTO-Ausschreibung für den Beizug Dritter diskutiert und das BBL zur Klärung des Vorgehens beigezogen.382 Es seien bei der Vergabe von Aufträgen bzw. Personalanstellungen immer wieder Schritte in Richtung WTOkonformes Vorgehen angeregt, jedoch nicht umgesetzt worden: Sämtliche Managementkapazitäten hätten dafür verwendet werden müssen, das Projekt am Leben zu erhalten.383 Die GL habe zudem Anfang 2009 entschieden, für Dienstleistungsverträge auf Basis von Experten-/Personalanstellungen keine WTO-Ausschreibungen durchzuführen. Die Herbeiführung einer WTO-konformen Situation sei auch

380

Im Bericht zur EFD-Administrativuntersuchung wird in diesem Zusammenhang auf das eingeleitete Strafverfahren verwiesen, das prüfen wird, ob der Leiter der LBO das entstandende Kontrollvakuum allenfalls missbrauchte, um ihm nahestehende Unternehmen zu begünstigen.

381 Strafanzeige des EFD vom 11. Mai 2012 gegen den Leiter der LBO sowie unbekannte Täterschaft wegen Verdachts auf Widerhandlung gegen Art. 314, 322ter und 322quater des Schweizerischen Strafgesetzbuches (StGB) vom 21. Dez. 1937 (SR 311.0) sowie Art. 39 Abs. 1 und 2 des Bundesgesetzes über die Arbeitsvermittlung und den Personalverleih (Arbeitsvermittlungsgesetz, AVG) vom 6. Okt. 1989 (SR 823.11); die EFK reichte bereits am 25. Jan. 2012 eine Strafanzeige gegen Unbekannt bei der Bundesanwaltschaft ein, vgl.

Kapitel 6.4.5.

382 Bericht der ESTV (Vizedirektor ESTV seit 2008) vom 25. Jan. 2013, Teil 2, S. 8.

383 Bericht der ESTV (Vizedirektor ESTV seit 2008) vom 25. Jan. 2013, Teil 2, S. 12.

6476

dadurch erschwert worden, dass weder ein einheitliches Vorgehen noch der genaue Umfang der Lieferobjekte und der Gesamtplanung vorgelegen seien.384 Nach der Absetzung des GPL im Februar 2011 seien die Arbeiten für eine WTOkonforme Beschaffung zwar an die Hand genommen und teilweise auch umgesetzt, jedoch aus verschiedenen Gründen nicht vollendet worden. Der konkrete Bedarf an externen Personen sei aufgrund der Massnahmen, die infolge des SQS-Berichts385 eingeleitet worden seien, zunächst nicht klar gewesen. Nach der Absetzung des GPL habe sich gezeigt, dass die vorgenommenen WTO-Ausschreibungen nicht mehr verwendet werden konnten, da sie von einer weit überdimensionierten Projektorganisation ausgingen und bis Anfang Sommer 2011 nicht feststand, auf welcher technologischen Basis das Projekt weitergebaut werden sollte. Die ESTV habe mit der bis anhin praktizierten Vergabeart weitergearbeitet, damit das Projekt überhaupt weitergeführt werden konnte.386 Gemäss dem GPL (2011­2012) wurde nach seinem Amtsantritt im Oktober 2011 die Vergabe von Aufträgen an Externe komplett überarbeitet und ein neuer Beschaffungsprozess innerhalb von INSIEME etabliert.387 Ab Juni 2012 seien alle externen Beschaffungen ausschliesslich über die neu eingerichtete Beschaffungsstelle der ESTV in Zusammenarbeit mit dem BBL vorgenommen worden. Alle neuen Verträge seien vom BBL geprüft und unterschrieben worden. Ausgelaufene Verträge, die nicht WTO-konform über die ESTV abgeschlossen worden waren, seien nicht mehr verlängert worden. Die Ressourcen seien neu über bestehende WTO-Verträge des BIT oder der ESTV beschafft worden;388 es seien jedoch noch Verträge von Schlüsselpersonen verblieben, für die keine Lösung gefunden werden konnte.389 Die Beschaffungen seien zwar im Laufe des Jahres 2012 WTO-konform vorgenommen worden, konnten aber mit dem Projekt nicht Schritt halten, was unweigerlich zu Verzögerungen geführt habe.390

3.7.3.4

Beurteilung durch den Bundesrat

Der Bericht des Bundesrats vom 27. Februar 2013 beinhaltete keine eigenständige Beurteilung des Bundesrats in Bezug auf die beschaffungsrechtlichen Verstösse bei INSIEME. Die Lehren des Bundesrats betreffend Beschaffungswesen werden in Kapitel 3.6.2.4 thematisiert.

3.7.3.5

Beurteilung durch die FK und GPK

Aufgrund der vom Bundesrat erhaltenen Informationen können die FK und GPK die Beurteilung des Bundesrats nicht würdigen.

384 385 386 387 388 389 390

Bericht der ESTV (Vizedirektor ESTV seit 2008) vom 25. Jan. 2013, Teil 2, S. 14.

Audit-Bericht SQS vom 17. Nov. 2010.

Bericht der ESTV (Vizedirektor ESTV seit 2008) vom 25. Jan. 2013, Teil 2, S. 17­18.

Bericht der ESTV (GPL 2011­2012) vom 25. Jan. 2013, Teil 3, S. 8.

Bericht der ESTV (GPL 2011­2012) vom 25. Jan. 2013, Teil 3, S. 8.

Bericht der ESTV (GPL 2011­2012) vom 25. Jan. 2013, Teil 3, S. 6.

Bericht der ESTV (GPL 2011­2012) vom 25. Jan. 2013, Teil 3, S. 8.

6477

3.7.4

Rolle des Bundesamts für Bauten und Logistik (BBL)

3.7.4.1

Das BBL als zentrale Beschaffungsstelle

Während der Laufzeit von INSIEME wurde die Rolle des BBL wie folgt definiert: Das BBL beschafft Güter und güternahe Dienstleistungen im Bereich der Informatik- und Telekommunikationsmittel.391 Mit dem Inkrafttreten der Org-VöB per 1. Januar 2007 erfolgte eine Präzisierung der Funktion des BBL: Es wurde explizit als zentrale Beschaffungsstelle für die Beschaffung von Informatikdienstleistungen bezeichnet.392 Die zentralen Beschaffungsstellen393 sind verantwortlich für das strategische und operative Beschaffungsmanagement;394 insbesondere sorgen sie für klare und transparente Kompetenzen und Prozesse sowie ein angemessenes internes Kontrollsystem bei der Durchführung von Beschaffungen.395 Seit August 2010 ist zudem die Bestimmung in Kraft, dass das BBL im Bereich des Beschaffungswesens Controlling-Aufgaben wahrnimmt und die dafür notwendigen Instrumente zur Verfügung stellt.396 Das BBL kann die Beschaffung von Dienstleistungen der IKT, die in seinem Zuständigkeitsbereich liegt, an einzelne Verwaltungseinheiten delegieren.397 Mit dem Inkrafttreten der Org-VöB Anfang 2007 ist eine solche Delegation der Beschaffungskompetenz nur für Beschaffungen von Dienstleistungen der IKT zulässig, die den massgebenden Schwellenwert für eine öffentliche Ausschreibung nicht erreichen.398 Die Delegation ist erlaubt, sofern die Stelle, an welche die Beschaffungskompetenz delegiert wird (Delegationsempfängerin), über die entsprechenden Fachkenntnisse verfügt399 und es sich um eine Spezialbeschaffung400 handelt.401 Die

391 392 393

394

395

396 397 398 399 400

401

Art. 18 Abs. 2 der Verordnung über das Immobilienmanagement des Bundes (VILB) vom 14. Dez. 1998 (AS 1999 1167).

Art. 8 Abs. 1 Org-VöB vom 22. Nov. 2006 (AS 2006 5613) bzw. Art. 9 (insb. Anhang) sowie Art. 14 Abs. 2 und 3 Org-VöB vom 24. Okt. 2012 (SR 172.056.15).

Zentrale Beschaffungsstelle: «Organisationseinheit, die Güter und Dienstleistungen, welche die Bundesverwaltung zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigt, zentral beschafft» (Art. 2 Bst. a Org-VöB vom 22. Nov. 2006 [AS 2006 5613] bzw. Art. 3 Bst. a Org-VöB vom 24. Okt. 2012 [SR 172.056.15]).

Art. 6 Art. Org-VöB vom 22. Nov. 2006 (AS 2006 5613); neu statuiert unter Art. 11 Abs. 1 Org-VöB vom 24. Okt. 2012 (SR 172.056.15). Die Org-VöB definiert die zentralen Beschaffungsstellen: die Gruppe armasuisse, das BBL, die Bundesreisezentrale (BRZ) und seit 2013 das Bundesamt für Strassen (ASTRA) (Art. 3 Abs. 2 Org-VöB vom 22. Dez. 2006 [AS 2006 5613] bzw. Art. 9 Org-VöB vom 24. Okt. 2012 [SR 172.056.15]).

Art. 6 Abs. 2 Bst. d Org-VöB vom 22. Nov. 2006 (AS 2006 5613); neu statuiert unter Art. 11 Abs. 2 Bst. d Org-VöB vom 24. Okt. 2012 (SR 172.056.15) (es wurde einzig das Wort «angemessenes» durch «adäquates» ersetzt).

Art. 31 Abs. 4 VILB (SR 172.010.21) ist seit dem 1. Aug. 2010 in Kraft (AS 2010 3175).

Art. 13­15 Org-VöB vom 24. Okt. 2012 (SR 172.056.15); Art. 7­8 Org-VöB vom 22. Nov. 2006 (AS 2006 5613); Art. 20 Abs. 3 VILB vom 14. Dez. 1998 (AS 1999 1167).

Art. 8 Abs. 4 Org-VöB vom 22. Nov. 2006 (AS 2006 5613) bzw. Art. 14 Abs. 3 Org-VöB vom 24. Okt. 2012 (SR 172.056.15).

Art. 7 Abs 1 Bst. b Org-VöB vom 22. Nov. 2006 (AS 2006 5613) bzw. Art. 13 Abs. 2 Org-VöB vom 24. Okt. 2012 (SR 172.056.15).

Ein Gut oder eine Dienstleistung, für die nicht potenziell mehrere Verwaltungseinheiten den gleichen Bedarf haben (Art. 14 Abs. 1 Org-VöB vom 24. Okt. 2012 [SR 172.056.15]).

Art. 7 Abs. 1 Bst. a Org-VöB vom 22. Nov. 2006 (AS 2006 5613) bzw. Art. 14 Abs. 1 Org-VöB vom 24. Okt. 2012 (SR 172.056.15).

6478

Delegation ist zu widerrufen, wenn ihre Voraussetzungen nicht mehr erfüllt sind.402 Die Org-VöB vom 22. November 2006 statuierte eine zeitlich befristete Delegation der Beschaffungskompetenz.403 Seit dem Inkrafttreten der totalrevidierten Org-VöB vom 24. Oktober 2012 per 1. Januar 2013 wird zwischen befristeter Delegation404 und dauernder Delegation405 unterschieden.406 Die zentrale Beschaffungsstelle kann neu die Beschaffung bestimmter Güter oder Dienstleistungen gemäss Anhang407 nicht nur befristet, sondern auch dauernd einer Bedarfsstelle übertragen, sofern eine zentrale Beschaffung nicht zweckmässig ist. Die Beschaffungskonferenz des Bundes (BKB) entscheidet über diese Delegation.408 Ist die zentrale Beschaffungsstelle oder die Bedarfsstelle mit dem Entscheid der BKB nicht einverstanden, so entscheidet das GS EFD abschliessend.409 In der seit dem 1. Januar 2013 geltenden Org-VöB wird weiter festgehalten, dass die Delegationsempfängerin die zentrale Beschaffungsstelle über die (gestützt auf die Delegation) durchgeführten Beschaffungen informiert.410 Die zentrale Beschaffungsstelle überprüft die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben.411 Wenn das Beschaffungsrecht vom Delegationsempfänger nicht eingehalten wird, ist die Delegation zu widerrufen.412 Ausserdem statuiert die Org-VöB vom 24. Oktober 2012, dass die zentralen Beschaffungsstellen geeignete Massnahmen413 für ein effizientes Beschaffungscontrolling treffen und diese mit den Bedarfsstellen koordinieren.414 Die zentralen Beschaffungsstellen erstellen konsolidierte Auswertungen aufgrund der von ihnen und den Bedarfsstellen erhobenen Daten und stellen diese dem BBL zu.415 Das BBL ist verantwortlich für die Erstellung, Auswertung und Koordination der Ergebnisse des Beschaffungscontrollings.416 Die Departemente und die Bundeskanzlei beaufsichtigen den Vollzug des öffentlichen Beschaffungsrechts in ihrem Zuständigkeitsbereich; sie arbeiten zu diesem Zweck mit den zentralen Beschaffungsstellen und den Koordinationsstellen zusammen.417

402

403 404 405 406 407 408 409 410 411 412 413

414 415 416 417

Art. 7 Abs. 4 Org-VöB vom 22. Nov. 2006 (AS 2006 5613). Anfang 2013 wurde die Bestimmung wie folgt ergänzt: «[...] oder das Beschaffungsrecht nicht eingehalten wird» (Art. 13 Abs. 6 Org-VöB vom 24. Okt. 2012 [SR 172.056.15]).

Art. 7 Abs. 2 Org-VöB vom 22. Nov. 2006 (AS 2006 5613) bzw. Art. 14 Abs. 3 Org-VöB vom 24. Okt. 2012 (SR 172.056.15).

Art. 13 Org-VöB vom 24. Okt. 2012 (SR 172.056.15).

Art. 14 Org-VöB (SR 172.056.15).

Art. 14 Abs. 3 Org-VöB (SR 172.056.15).

Also auch Informatikdienstleistungen und Personalverleih im Bereich IKT.

Art. 14 Abs. 1 Org-VöB (SR 172.056.15).

Art. 14 Abs. 3 Org-VöB (SR 172.056.15).

Art. 13 Abs. 4 Org-VöB (SR 172.056.15).

Art. 13 Abs. 5 Org-VöB (SR 172.056.15).

Art. 13 Abs. 6 Org-VöB (SR 172.056.15).

Insbesondere der Betrieb eines standardisierten Vertragsmanagementsystems; das Führen der Statistik Beschaffungszahlungen; das Monitoring der nachhaltigen Beschaffung des Bundes (Art. 12 Abs. 1 Bst. a­c Org-VöB).

Art. 12 Abs. 1­2 Org-VöB vom 24. Okt. 2012 (SR 172.056.15).

Art. 12 Abs. 3 Org-VöB vom 24. Okt. 2012 (SR 172.056.15).

Erläuternder Bericht zur revidierten Org-VöB vom 24. Okt. 2012, S. 5.

Art. 29 Org-VöB vom 22. Nov. 2006 (AS 2006 5613) bzw. Art. 38 Org-VöB vom 24. Okt. 2012 (SR 172.056.15).

6479

Das BBL delegierte die Kompetenz für IT-Beschaffungen nicht an die ESTV.418 Eine Delegation der Kompetenz für IT-Beschaffungen wurde Mitte 2012 beim BBL beantragt,419 aber dieser Antrag wurde offenbar nicht genehmigt. Der Bundesrat erwähnte nämlich in seinem Bericht vom November 2013, die ESTV verfüge derzeit über keine Delegation für Beschaffungen von IT-Leistungen, weshalb alle Beschaffungen über 5000 Franken vom BBL geprüft und freigegeben würden.420 Laut dem Direktor des BBL (seit 1999) nahm die ESTV, im Unterschied zum BIT, die Dienste des BBL nicht in Anspruch und schrieb selbst aus.421 Die Bedarfsstelle müsse die Fachkenntnisse haben und das Pflichtenheft zusammenstellen, das BBL berate diese dann betreffend Ausschreibung und Vertragsabschluss.422 Er führte aus, dass die Verantwortung des BBL darin bestehe, die Ordnungsmässigkeit und Rechtmässigkeit einer Ausschreibung zu überprüfen; es sei nicht Aufgabe des BBL, jedes Projekt zu betreuen.423 Gemäss dem Direktor des BBL (seit 1999) hatte das BBL weder Kontakt mit der EFK noch Kenntnis von den EFK-Berichten zu INSIEME.424 Das BBL wusste offenbar bis 2012 nichts von den beschaffungsrechtlichen Verstössen bei INSIEME.

Das BBL stellte im April 2012 dem GS EFD im Rahmen des allgemeinen Beschaffungscontrollings eine Zusammenstellung von freihändigen Vergaben von Expertenmandaten über dem WTO-Schwellenwert zu. Daraufhin erhielt das BBL vom GS EFD den Auftrag, detailliert zu informieren, welche Beschaffungen in der ESTV stattgefunden haben.425 Die Generalsekretärin des EFD (2007­2010) erwähnte die durch die Zentralisierung der Beschaffungsstellen426 ermöglichte systematische Auswertung der Beschaffungen durch das GS EFD.427 Es sei von Anfang an die Idee gewesen, ein strategisches Beschaffungscontrolling aufzubauen.428 Laut dem Generalsekretär des EFD (seit 2010) habe die Departementsführung das BBL beauftragt, ein Beschaffungscontrolling zu entwerfen.429 Die Vorsteherin des EFD (seit 2010) verwies auf das seit 1. Januar 2013 operative Beschaffungscontrolling unter der Verantwortung des BBL.430 Im Bericht des Bundesrats vom Februar 2013 wird Folgendes festgehalten: «Eine weitere Verbesserung der Rahmenbedingungen wird von der anlaufenden Einführung des Beschaffungscontrollings durch das BBL erwartet. Das Beschaffungscontrolling wird dem Bundesrat und den Departementen die Instrumente geben, um Fehlentwicklungen rechtzeitig zu erkennen und das Beschaffungswesen 418 419 420 421 422 423 424 425 426

427 428 429 430

Protokoll der AGI vom 9. Okt. 2013, S. 15 (Leiter Kompetenzzentrum Beschaffungswesen Bund 2010­2013); EFD-Administrativuntersuchung vom 13. Juni 2012, S. 12.

GPA-Protokoll vom 3. Juli 2012, S. 3.

2. BR-Bericht vom 13. Nov. 2013, S. 27.

Protokoll der AGI vom 9. Okt. 2013, S. 15 (Direktor BBL seit 1999).

Protokoll der AGI vom 9. Okt. 2013, S. 19 (Direktor BBL seit 1999).

Protokoll der AGI vom 9. Okt. 2013, S. 16 und 19 (Direktor BBL seit 1999).

Protokoll der AGI vom 9. Okt. 2013, S. 17 (Direktor BBL seit 1999); vgl. Kapitel 6.6.7.2.

Protokoll der AGI vom 9. Okt. 2013, S. 17 (Direktor BBL seit 1999).

Der Bundesrat verabschiedete am 29. Nov. 2006 die Org-VöB und setzte sie per 1. Jan.

2007 in Kraft. Daraus resultierte der Auftrag, zwei zentrale Beschaffungsstellen bei armasuisse und beim BBL zu bilden (Schlussbericht Bundesverwaltungsreform 2005/2007 vom 20. Dez. 2007, S. 14).

Protokoll der AGI vom 8. Nov. 2013, S. 14, 18 und 25 (Generalsekretärin EFD 2007­2010).

Protokoll der AGI vom 8. Nov. 2013, S. 25 (Generalsekretärin EFD 2007­2010).

Protokoll der AGI vom 27. Febr. 2013, S. 27 (Generalsekretär EFD seit 2010).

Protokoll der AGI vom 28. März 2013, S. 8 (Vorsteherin EFD seit 2010).

6480

zu steuern.»431 Seitens der Finanzoberaufsicht begleitet die FinDel die Umsetzung des Beschaffungscontrollings seit mehreren Jahren. Sie richtete in dieser Zeit verschiedene Empfehlungen an den Bundesrat, mit dem Ziel, die Transparenz und Wirtschaftlichkeit der Bundesbeschaffungen zu erhöhen.432 Im Zusammenhang mit einer verbesserten Kontrolle im Beschaffungswesen wurden seit dem Abbruch von INSIEME auch zahlreiche parlamentarische Vorstösse eingereicht. In der Sommersession 2014 haben National- und Ständerat eine gleichlautende Motion ihrer jeweiligen GPK433 mit deutlicher Mehrheit angenommen, mit der die Einführung des elektronischen Vertragsmanagements434 der Bundesverwaltung auf Anfang 2015 gefordert wird. Basierend auf einer Empfehlung der FinDel an den Bundesrat verlangt eine weitere Motion, die rechtlichen Grundlagen dafür zu schaffen, dass alle Beschaffungen gemäss BöB mit einem Vertragsvolumen ab 50 000 Franken mindestens einmal jährlich öffentlich in maschinenlesbarer Form publiziert werden.435 Der Bundesrat hat Ende April 2014 die Annahme der Motion beantragt.436 Die Empfehlungen der FinDel sowie die Vorstösse der GPK haben die speditive Umsetzung des übergeordneten Beschaffungscontrollings durch den Bundesrat und die Stärkung der Transparenz und Wirtschaftlichkeit zum Ziel.

3.7.4.2

Das BBL als Beratungsorgan

Das im BBL angesiedelte Kompetenzzentrum für das öffentliche Beschaffungswesen des Bundes (KBB) unterstützt die Beschaffungs- und Bedarfsstellen in den Bereichen der Güter- und Dienstleistungsbeschaffung.437 Unter anderem berät das KBB die Beschaffungs- und Bedarfsstellen bei beschaffungs- und vertragsrechtlichen Fragen und unterstützt sie bei der Planung und Konzeption sowie bei der administrativen und formellen Abwicklung öffentlicher Ausschreibungen.438 Der Direktor des BBL (seit 1999) beschrieb gegenüber der AGI die Rolle des BBL wie folgt: «Das BBL ist ein Dienstleistungsbetrieb und bietet Betreuung in der Beschaffung an. Es hat keine Aufsichtsfunktion.»439 Wenn man die vom BBL zur 431 432

433 434

435 436 437 438 439

1. BR-Bericht vom 27. Febr. 2013, S. 54.

Jahresbericht 2013 der FinDel an die FK, Ziff. 2.3.3: Vergabewesen Bund (BBl 2014 5551, hier 5585); Jahresbericht 2012 der FinDel an die FK, Ziff. 2.3.3: Vergabewesen Bund (BBl 2013 9349, hier 9378); Jahresbericht 2011 der FinDel an die FK, Ziff. 2.3.2: Vergabe von Expertenaufträgen/Vertragsmanagement (BBl 2012 6993, hier 7018); und Jahresbericht 2010 der FinDel an die FK, Ziff. 2.3.3: Vertragsmanagement (BBl 2011 3855, hier 3880).

Mo. GPK-N/S «Dringliche Kontrollmassnahmen betreffend die Vergabe von Aufträgen durch die Bundesverwaltung» vom 28. Febr. bzw. 25. März 2014 (14.3018 / 14.3289).

Das Vertragsmanagement ist eines von drei Elementen des sich im Aufbau befindlichen Beschaffungscontrollings. Die beiden anderen Elemente sind die «Statistik Beschaffungszahlungen» und das «Monitoring nachhaltige Beschaffung»; vgl. Art. 3 Bst. d sowie Art. 4­8 Org-VöB (SR 172.056.15).

Mo. Graf-Litscher «Publikation der Basisinformationen aller Beschaffungen des Bundes ab 50 000 Franken» vom 5. März 2014 (14.3045).

Der Nationalrat hat der Motion am 20. Juni 2014 als Erstrat zugestimmt, der Ständerat hat die Motion noch nicht beraten.

Art. 27 Abs. 1 Org-VöB vom 24. Okt. 2012 (SR 172.056.15) bzw. Art. 19 Abs. 1 Org-VöB vom 22. Nov. 2006 (AS 2006 5613).

Art. 27 Abs. 2 Bst. a-b Org-VöB vom 24. Okt. 2012 (SR 172.056.15) bzw. Art. 19 Abs. 1 Bst. a-b Org-VöB vom 22. Nov. 2006 (AS 2006 5613).

Protokoll der AGI vom 9. Okt. 2013, S. 12 (Direktor BBL seit 1999).

6481

Verfügung gestellte Beratung abhole, führte er weiter aus, engagiere sich das BBL entsprechend und die Zusammenarbeit mit der Bedarfsstelle funktioniere. Wenn die Bedarfsstelle die Dienste des BBL nicht abrufe, könne auch die Zusammenarbeit nicht funktionieren.440 Es bestehe ein Holprinzip ­ das BBL wisse ja nicht, wer was beschaffe.441 Laut dem Direktor des BBL (seit 1999) war das BBL bei INSIEME involviert, «insofern man unsere Dienstleistungen beanspruchte».442 Nachdem der Direktor der ESTV (2000­2012) Ende Juli zurückgetreten war und die ESTV vom Direktor ad interim geleitet wurde, habe eine sehr gute Zusammenarbeit bestanden.443 Gemäss der Vorsteherin des EFD (seit 2010) sei das BBL stets bereit, unterstützend zu wirken, und stelle die erforderlichen Kompetenzen zur Verfügung, sofern es denn rechtzeitig einbezogen werde (was bei INSIEME eben nicht der Fall gewesen sei).444 Der Generalsekretär des EFD (seit 2010) äusserte ebenfalls die Ansicht, dass das BBL ein Dienstleister sei und demnach nicht die Aufgabe habe, sich proaktiv bei den Ämtern um das Beschaffungswesen zu kümmern.445 Laut dem Generalsekretär des EFD bestehe heute ­ im Gegensatz zu früher ­ die Pflicht, auf die Beratungsdienstleistungen des BBL zurückzugreifen, falls ein Amt im Bereich der WTOAusschreibungen nicht über das notwendige Know-how verfüge.446

3.7.4.3

Beurteilung durch den Bundesrat

Der Bundesrat hielt in seinem Bericht vom 15. Januar 2014447 fest, dass die Zusammenarbeit und Koordination der ESTV mit dem BBL nicht den beschaffungsrechtlichen Vorgaben entsprochen habe. Obwohl keine Delegation der Beschaffungskompetenz vorlag, habe die ESTV die benötigten Ressourcen in eigener Regie und ohne systematischen Beizug des BBL beschafft. Mit einer Einhaltung der Zuständigkeitsordnung hätten die aufgetretenen beschaffungsrechtlichen Probleme wohl vermieden werden können.

3.7.4.4

Beurteilung durch die FK und GPK

In Bezug auf die Rolle des BBL als zentrale Beschaffungsstelle für IKT-Dienstleistungen kommen die FK und GPK zu folgender Beurteilung: Das BBL konnte seine Rolle als zentrale Beschaffungsstelle für IKT-Dienstleistungen für die ESTV nicht wahrnehmen. Die ESTV beschaffte ihre IKT-Dienstleistungen ohne Delegation der Beschaffungskompetenz eigenständig und zog das BBL nicht bei. Dieses Vorgehen widersprach den geltenden rechtlichen Bestimmungen.

440 441 442 443 444 445 446

Protokoll der AGI vom 9. Okt. 2013, S. 15 (Direktor BBL seit 1999).

Protokoll der AGI vom 9. Okt. 2013, S. 22 (Direktor BBL seit 1999).

Protokoll der AGI vom 9. Okt. 2013, S. 11 (Direktor BBL seit 1999).

Protokoll der AGI vom 9. Okt. 2013, S. 22 (Direktor BBL seit 1999).

Protokoll der AGI vom 23. Jan. 2014, S. 15 (Vorsteherin EFD seit 2010).

Protokoll der AGI vom 28. März 2013, S. 24 (Generalsekretär EFD seit 2010).

Protokoll der AGI vom 9. Okt. 2013, S. 59 (Generalsekretär EFD seit 2010); vgl. Kapitel 4.4.3.5.

447 3. BR-Bericht vom 15. Jan. 2014, S. 3.

6482

Bis 2012 erfolgten die Beschaffungen der ESTV in Unkenntnis des BBL. Da das BBL dazu weder vom Departement noch vom BIT oder von der EFK informiert wurde, ist anzunehmen, dass zwischen den bei INSIEME involvierten Verwaltungseinheiten kein diesbezüglicher Austausch stattfand. Beispielsweise beanstandete die EFK bereits 2008, dass die ESTV Informatikdienstleistungen rechtswidrig beschafft hatte, meldete dies aber nicht dem BBL.448 Offen ist auch, ob das Departement im Rahmen seiner Aufsichtsfunktion nicht selber und bereits zu einem viel früheren Zeitpunkt hätte in Erfahrung bringen müssen, dass die ESTV trotz fehlender Delegation der Beschaffungskompetenz Beschaffungen durchführte. Allein die Tatsache, dass die ESTV eigenständig Informatikdienstleistungen beschaffte, war unrechtmässig. Das Departement hätte demnach lediglich kontrollieren müssen, ob (und nicht wie) die ESTV IKT-Dienstleistungen beschafft hatte.

Es stellt sich weiter die Frage, ob das BIT ­ das sich gemäss eigenen Angaben449 als Ressourcenbeschaffer und nicht als Leistungserbringer gemäss NOVE-IT sah ­ für die ESTV effektiv hätte IKT-Dienstleistungen beschaffen dürfen. Das BIT verfügte über eine Delegation der Beschaffungskompetenz.450 Wenn sowohl das BBL, als zentrale Beschaffungsstelle für IKT-Dienstleistungen, wie auch das BIT, ausserhalb der ihm gemäss NOVE-IT zugedachten Rolle als Leistungserbringer, für die ESTV hätten Dienstleistungen beschaffen dürfen, wäre das Modell der Delegation der Beschaffungskompetenz als Ganzes infrage zu stellen. Einmal mehr führten unklare Zuständigkeiten dazu, dass Missstände nicht erkannt wurden und sich kein Akteur veranlasst fühlte, zu reagieren.

Das BBL hat während der Laufzeit von INSIEME rechtskonform gehandelt. Es war in Bezug auf die beschaffungsrechtlichen Verstösse nicht in den Informationsfluss eingebunden. Nach Ansicht der Oberaufsichtskommissionen stellt sich jedoch die Frage, ob es dem BBL im Rahmen des weiteren Projektverlaufs nicht hätte auffallen sollen, dass die ESTV eigenständige Beschaffungen durchführte ­ umso mehr, da das BBL während den Vertragsverhandlungen mit Unisys eine wichtige Rolle innehatte und ein Interesse am weiteren Verlauf von INSIEME naheliegend gewesen wäre. Die FK und GPK sind deshalb der Ansicht, dass das BBL bei INSIEME eine aktivere Rolle hätte einnehmen
sollen. Allerdings hätte insbesondere das Departement in der Pflicht gestanden, im Rahmen der Ausübung seiner Aufsichtsfunktion das BBL rechtzeitig zu kontaktieren und es über die beschaffungsrechtlichen Verstösse bei INSIEME in Kenntnis zu setzen.

Das Verständnis der Rolle des BBL, das sowohl der Direktor des BBL (seit 1999) wie auch die Vorsteherin des EFD (seit 2010) und der Generalsekretär des EFD (seit 2010) gegenüber der AGI zum Ausdruck brachten, traf für die Projektlaufzeit formell zu. Die FK und GPK sind der Ansicht, dass das BBL in seiner Funktion als zentrale Beschaffungsstelle für die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben in seinem Zuständigkeitsbereich zu sorgen hat, unabhängig ob das BBL selbst beschafft oder eine Delegation vorliegt. Im Falle einer Delegation der Beschaffungskompetenz sind die zentralen Beschaffungsstellen in keiner Art und Weise davon entbunden, sicherzustellen, dass die Beschaffungen effizient, rechtmässig und nachhaltig erfolgen.

Die zentralen Beschaffungsstellen können ihre Verantwortung in Bezug auf die 448 449 450

Zum Informationsfluss zwischen der EFK und dem BBL vgl. Kapitel 6.6.7.2.

Vgl. Kapitel 3.5.4.2.

EFK-Bericht vom Oktober 2011: Querschnittsprojekt Reorganisation Beschaffungsstellen, S. 24.

6483

Rechtskonformität im Beschaffungswesen nur dann wahrnehmen, wenn sie in ihrem Zuständigkeitsbereich die Beschaffungen entweder selbst durchführen oder vom Delegationsempfänger über sämtliche Beschaffungen in Kenntnis gesetzt werden.

Mit der Totalrevision der Org-VöB (die revidierte Org-VöB ist seit Anfang 2013 in Kraft) wurde die Rollendefinition neu gesetzlich verankert.

Nur bei einer restriktiven Praxis der zentralen Beschaffungsstellen in Bezug auf die Delegation der Beschaffungskompetenz können Synergien und Skaleneffekte genutzt und die Beschaffungsprozesse vereinfacht und vereinheitlicht werden. Eine extensive Handhabung der Delegation der Beschaffungskompetenz der zentralen Beschaffungsstellen an die Bedarfsstelle oder an andere Dienststellen der Bundesverwaltung würde die im Rahmen der Bundesverwaltungsreform 2005/2007 angestrebte Zentralisierung der Beschaffungsstellen torpedieren.

Die Bedarfsstellen ihrerseits stehen in der Pflicht, die Anforderungen klar zu definieren. Eine Einheit der Bedarfsstelle ­ zum Beispiel die «Einkaufskoordination» bei der ESTV ­ bildet die Schnittstelle zwischen dem Fach- und dem Beschaffungswissen und ist der Kontaktpunkt für die zuständige zentrale Beschaffungsstelle. Diese erarbeitet mithilfe des KBB die Beschaffungsunterlagen, nimmt die materielle Prüfung vor und stellt die Beschaffungsanträge der zuständigen zentralen Beschaffungsstelle zur Freigabe zu oder führt die Beschaffungen selbst durch, falls sie dazu befugt ist.

Empfehlung 4: Kontrolle der Rechtskonformität durch die zentralen Beschaffungsstellen Die FK und GPK fordern den Bundesrat auf, sicherzustellen, dass die zentralen Beschaffungsstellen ihre Kontrollfunktion in Bezug auf die Einhaltung der beschaffungsrechtlichen Bestimmungen wahrnehmen. Die zentralen Beschaffungsstellen sollen die Delegation der Beschaffungskompetenz bei IT-Beschaffungen restriktiv handhaben.

In Bezug auf die Rolle des BBL als Beratungsorgan stellen die FK und GPK fest, dass die ESTV die Beratungsdienstleistungen des BBL im Rahmen der Ausschreibung und der anschliessenden Vertragsverhandlungen mit Unisys in Anspruch nahm, dass jedoch das BBL bis kurz vor Projektabbruch nur noch am Rande mit INSIEME konfrontiert war. Die FK und GPK sind der Ansicht, dass die ESTV die Beratungsdienstleistungen des BBL vermehrt hätte in Anspruch nehmen sollen.

3.7.5

Abklärungen des Bundesrats im Bereich des Beschaffungswesens

3.7.5.1

Flexibilisierung des Beschaffungsverfahrens

Die AGI forderte den Bundesrat auf, ihr einen Bericht vorzulegen über seine gegenwärtigen Arbeiten zu den Ausnahmeklauseln des Beschaffungsrechts, über seine laufende Überprüfung einer flexibleren Anwendung der geltenden WTO-Regeln sowie über die ergriffenen Massnahmen zur Förderung der Beschaffungskompetenzen.

6484

In Bezug auf die Flexibilisierung des Beschaffungsverfahrens erwähnte der Bundesrat in seinem Bericht vom November 2013451 mehrere Ansätze, die im Folgenden wiedergegeben sind: Im Rahmen der Revision der VöB im Jahr 2010 wurde der «Dialog»452 eingeführt, der es den Parteien ermöglicht, miteinander in einem iterativen Prozess Lösungen oder Vorgehensweisen zu besprechen. Mit dem Instrument konnten laut Bundesrat in ersten Verfahren bereits gute Erfahrungen gesammelt werden.

Zudem verwies der Bundesrat auf die Verwendung von «Optionen», die eine schnellere Anpassung an die sich verändernden Rahmenbedingungen ermöglichen.

Dadurch biete sich auch die Gelegenheit, eine Zusammenarbeit ohne Nachträge schneller zu beenden. In ersten Verfahren seien «agile Modelle» zur Anwendung gelangt.

In Bezug auf die Überprüfung der im Beschaffungsrecht verankerten Ausnahmeklauseln verwies der Bundesrat in seinem Bericht auf die mit der Revision der VöB vom August 2010 eingeführte Lockerung der Ausnahmeklauseln für die freihändige Vergabe von bestimmten Folgebeschaffungen453 sowie die Möglichkeit von Fristverkürzungen.454 Ersteres soll im Rahmen der anstehenden BöB-Revision auf Gesetzesstufe angehoben werden. Die Möglichkeit einer freihändigen Vergabe aus Gründen der Dringlichkeit wurde nicht gelockert.

Das für die Schweiz Anfang 1996 in Kraft getretene «Übereinkommen über das öffentliche Beschaffungswesen» wurde Anfang 2013 revidiert, was laut Bundesrat neue Möglichkeiten zur Flexibilisierung des Beschaffungsverfahrens eröffne. Zurzeit befasse sich eine Arbeitsgruppe mit der Überführung des revidierten WTOÜbereinkommens ins nationale Recht. Voraussichtlich gehe bis Ende 2014 ein erster Entwurf zur Revision des BöB in die Vernehmlassung.

3.7.5.2

Förderung der Beschaffungskompetenzen

Der Bundesrat hielt in seinem Bericht vom November 2013455 fest, dass in den Projektorganisationen die Projektführungskompetenz, die Fachkompetenz sowie die beschaffungsrechtliche und kommerzielle Kompetenz von Beginn an verfügbar sein sollten. Jede Bedarfsstelle sollte über qualifizierte Mitarbeitende im Bereich des Beschaffungswesens verfügen. In diesem Zusammenhang verwies der Bundesrat auf die für die gesamte Bundesverwaltung kostenlos zur Verfügung stehenden modulstrukturierten Ausbildungen des BBL bzw. des KBB. Entstehen bei der Erstellung des Pflichtenhefts Zweifel darüber, ob die anvisierte Lösung tatsächlich die bestmögliche ist und den innovativen Marktopportunitäten genügend Chancen offen lässt, sei eine Marktabklärung vorzunehmen.

451 452 453 454 455

2. BR-Bericht vom 13. Nov. 2013, S. 18­19.

Art. 26a VöB (SR 172.056.11).

Art. 36 Abs. 2 Bst. d VöB (SR 172.056.11), Bestimmung in Kraft seit 1. Aug. 2010.

Art. 19a VöB (SR 172.056.11), Bestimmung in Kraft seit 1. Aug. 2010.

2. BR-Bericht vom 13. Nov. 2013, S. 19­20.

6485

Aufgrund der finanziellen Dimension sowie der politischen und medialen Sensibilität von komplexen Beschaffungen sind für den Bundesrat die diesbezügliche Unterstützung und der Einbezug des Top-Kaders von grosser Bedeutung.

In den Departementen sollten weiter situativ ausgestaltete Leitfäden zum Beschaffungswesen mit Prozess- und Kompetenzregelung sowie operative Hilfestellungen erarbeitet und in Kraft gesetzt werden. Das GS EFD hat 2013 eine Richtlinie zum öffentlichen Beschaffungswesen im EFD456 in Kraft gesetzt.

3.7.5.3

Beurteilung durch die FK und GPK

Die Oberaufsichtskommissionen nehmen die eingeleiteten Massnahmen im Bereich der Flexibilisierung des Beschaffungsverfahrens und der Förderung der Beschaffungskompetenzen zur Kenntnis. Diese zu beurteilen war nicht Gegenstand der vorliegenden Untersuchung; eine Beurteilung wäre anhand der erhaltenen Informationen auch nicht möglich gewesen. Die Oberaufsichtsorgane werden sich über die diesbezügliche Entwicklung informieren lassen und zu gegebener Zeit Stellung nehmen.

3.8

Zwischenfazit zum Projekt INSIEME

Die FK und GPK gelangen ­ gestützt auf die Feststellungen und Würdigungen in den vorstehenden Kapiteln 3.2­3.7 ­ zu folgendem Zwischenfazit.

Missachtung der Rechtsnormen und Vorgaben Die gültigen Rechtsnormen und verbindlichen Vorgaben der Bundesverwaltung zum Führen und Abwickeln von Projekten der IKT sowie zur Beschaffung von Gütern und Dienstleistungen wurden bis ein Jahr vor Projektabbruch von INSIEME am 19. September 2012 nahezu flächendeckend missachtet. Trotz zahlreicher Interventionen der Aufsichts-, Kontroll- und Linienführungsorgane sowie des Einsatzes externer Experten gelang es den Verantwortlichen über Jahre hinweg nicht, diesen Missstand zu beheben. Die Oberaufsichtskommissionen verurteilen eine solche systematische Missachtung der Rechtsnormen und Vorgaben in aller Deutlichkeit.

Mangelhafte Projektdokumentation Die Dokumentation des Projekts war über den grössten Teil des Projektverlaufs unvollständig und präsentierte sich den Oberaufsichtskommissionen in einem desolaten Zustand. Dies ist darauf zurückzuführen, dass HERMES als übergreifende und systematische Vorgehensmethodik von den Projektverantwortlichen nicht angewendet wurde, obschon dies klar vorgeschrieben war. Durch diesen eklatanten Mangel wurde eine fundierte und dokumentierte Überprüfung der meisten Projekt- bzw.

Teilprojektergebnisse sowie deren Beurteilung durch die FK und GPK weitgehend verunmöglicht. Dort, wo eine Beurteilung zumindest teilweise möglich war, zeigte sich, dass die vorliegenden Unterlagen nicht freigegeben bzw. vom jeweiligen Auftraggeber nicht geprüft und mit Datum und Unterschrift versehen worden waren.

456

Richtlinie zum öffentlichen Beschaffungswesen im EFD vom 1. April bzw. 2. Dez. 2013 (überarbeitete Version).

6486

Ob die systematische Vernachlässigung der Projektdokumentation und der beliebige Umgang mit der Vorschrift, HERMES anzuwenden, aufgrund von Ressourcenmangel, Fahrlässigkeit oder fehlenden Methodenkompetenzen erfolgte, macht für die Oberaufsichtskommissionen keinen wesentlichen Unterschied. Die übergeordneten Vorgaben sind in jedem Fall und ohne Abstriche einzuhalten. Deren Missachtung, aus welchen Gründen auch immer, wiegt für die FK und GPK schwer. Nicht zuletzt entstehen durch eine mangelhafte Dokumentation unnötig zusätzliche Kosten, vor allem, wenn die Projektdokumentation für die Wartung, den Unterhalt und einen allfälligen späteren Ausbau des Systems zuerst zeitaufwendig aufgearbeitet werden muss.

Fehlbesetzung von Schlüsselstellen Von den eingesetzten Schlüsselpersonen (Projektauftraggebende und -leitende) war sich die Mehrheit ihrer Rolle kaum bewusst und/oder war ihr nicht gewachsen. Der Einsatz von Mitarbeitenden ohne Erfahrung in der Führung von Grossprojekten, wie dies beispielsweise beim Programm-Koordinator (2006­2007) oder beim Gesamtprojektleiter INSIEME (2007­2011) der Fall war, führten das Projekt INSIEME über Jahre hinweg in eine immer grössere Schieflage. Dies trug massgeblich dazu bei, dass INSIEME schliesslich auf Kosten der Steuerzahlenden abgebrochen werden musste. Für die Oberaufsichtskommissionen ist nur äusserst schwer nachvollziehbar, dass seitens der Projektverantwortlichen und des Auftraggebers so lange zugewartet wurde, die Schlüsselpositionen mit qualifizierten Personen zu besetzen.

Abhängigkeit von externen Experten Aufgrund der ungenügend qualifizierten internen Schlüsselpersonen musste der Einsatz von externen Experten ab 2008 übermässig stark intensiviert werden. Dies führte zu einer bedenklichen Dauerabhängigkeit der ESTV von externen Experten und trug massgeblich dazu bei, dass die Beschaffungsnormen des Bundes mittels «Kettendienstleistungsverträgen»457 umgangen wurden. Interne Projektmitarbeitende (ESTV-Fachbereichsspezialisten) verfügten kaum über die nötigen Kapazitäten oder besassen nicht ausreichende IKT-Kompetenzen, um die erbrachten Expertenleistungen (Konzepte, Spezifikationen, etc.) in der ESTV umzusetzen. Insgesamt wurden von 2008­2011 jährlich Dutzende von Informatikdienstleistungsverträgen knapp unter dem WTO-Schwellenwert und oft zu erheblich
überhöhten Stundenansätzen freihändig vergeben. Die FK und GPK verurteilen diese rechtswidrige Vergabepraxis aufs Schärfste.

Konfliktgeladene Zusammenarbeit zwischen ESTV und BIT Mit der im Rahmen von NOVE-IT erfolgten Trennung der IKT des Bundes in Leistungsbezüger- und Leistungserbringerorganisationen (Auftraggeber- und Auftragnehmerverhältnisse) verfolgte der Bundesrat unter anderem das Ziel, durch die Realisierung von Synergieeffekten Einsparungen bei den IKT-Ausgaben und beim IKT-Personal zu erzielen. Allerdings führte die Umsetzung des Reorganisationsprojekts gleichzeitig zu einem Verlust an qualifizierten und langjährigen IKT-Fachspezialisten; dies vor allem aufseiten der Leistungsbezüger. Mit NOVE-IT gab es nicht nur Gewinner, sondern auch Verlierer. Dies äusserte sich in Machtkonflikten und Widerständen, welche einer guten Amts- und Departementskultur innerhalb des 457

Mehrere Informatikdienstleistungsverträge in Serie für dieselbe Aufgabe, die gesamthaft (über alle Verträge) ein Kostendach deutlich über dem WTO-Schwellenwert aufwiesen.

6487

EFD abträglich waren. Auf die für einen erfolgreichen Abschluss von INSIEME erforderliche konstruktive und ergebnisorientierte Zusammenarbeit zwischen den involvierten Bundesstellen ESTV und BIT wirkte sich dieser Umstand nachweislich negativ aus. Ein zentraler Erfolgsfaktor für die wirtschaftliche Umsetzung von grossen und komplexen Projekten wie INSIEME ist eine gut funktionierende, partnerschaftliche Zusammenarbeit.

Hauptverantwortung der ESTV Die FK und GPK kommen zum Schluss, dass die ESTV weitgehend die Verantwortung für das Scheitern von INSIEME trägt.

Massnahmen des Bundesrats Die FK und GPK teilen die vom Bundesrat in seinem Bericht458 festgehaltenen Erkenntnisse und unterstützen die darauf abgestützten Massnahmen weitgehend. Sie erwarten vom Bundesrat, dass er den Prozess der Umsetzung dieser Massnahmen und der Überprüfung ihrer Wirksamkeit im Rahmen seiner Aufsicht eng überwacht und begleitet, indem er sich mindestens jährlich einen Rechenschaftsbericht über alle beschlossenen Massnahmen sowie deren Umsetzungsstand und -erfolg vorlegen lässt und die Oberaufsichtskommissionen über seine Erkenntnisse informiert.

Die FK und GPK stellen fest, dass sich der Bundesrat mit seinen Massnahmen primär auf «harte» Faktoren (Verordnungen, Methoden, Instrumente, Rollenbeschreibungen, Prüfprozesse, Projektleiterpool) beschränkt. Die Oberaufsichtskommissionen sind dezidiert der Ansicht, dass «weiche» Faktoren (kulturelle Aspekte wie z. B. die Förderung intra- und interdepartementaler Zusammenarbeit) für den erfolgreichen Abschluss eines Projekts mindestens ebenso wichtig sind (vgl. dazu Kapitel 4.4.3.5, Empfehlung 9).

4

Aufsicht und Führung in der Linie

4.1

Einleitung

Im Untersuchungskonzept der FK und GPK vom 3. Mai 2013 stehen in Bezug auf die Projektführung und Aufsicht folgende Fragen im Mittelpunkt: Welche Aufgaben kamen im Rahmen der Projektführung bzw. der Aufsicht den verschiedenen Hierarchiestufen zu? Wurden diese von den dafür vorgesehenen Personen und Hierarchiestufen wahrgenommen? Welche Rollen nahmen das BIT und das BBL in den einzelnen Projektphasen ein? Wie ist die Koordination und Zusammenarbeit zwischen den drei EFD-Ämtern ESTV, BIT und BBL zu beurteilen? Welche Führungsrolle nahm die Departementsleitung (Vorsteher/in und Generalsekretariat) ein?

Gestützt auf diese Fragen beschlossen die FK und GPK, die Rolle der Aufsicht auf Direktions- und Departementsstufe für den Zeitraum 2007­2012 sowie die Departements- bzw. Stabübergaben ab 2004 systematisch zu klären und zu beurteilen.

Ergänzend dazu verlangten sie vom Bundesrat, die Projektführung und Aufsicht unterhalb der Direktionsstufe von 2001­2012 aufzuarbeiten, zu bewerten und ihnen

458

1. BR-Bericht vom 27. Febr. 2013, S. 52­53.

6488

darüber schriftlich Bericht zu erstatten.459 Die FK und GPK forderten insbesondere, dass der Bundesrat die Projektinitialisierung im Jahr 2001 und den Neustart des Projekts im Jahr 2007, die Koordination und Zusammenarbeit zwischen der ESTV, dem BIT und dem BBL unterhalb der Direktionsstufe sowie die Schwierigkeiten im Informationsfluss (Reporting, Controlling) untersucht. Zudem baten die FK und GPK den Bundesrat, den Zusammenhang zwischen den begangenen Fehlern in der Projektführung und Aufsicht sowie den daraus gezogenen Lehren aufzuzeigen.

Wie in Kapitel 1.4.3 näher ausgeführt, erfolgte die Berichterstattung des Bundesrats lückenhaft. Eine Würdigung seiner Erkenntnisse durch die Oberaufsicht ist nur im Rahmen der von ihm zur Verfügung gestellten Informationen möglich. Nicht vertieft auseinandergesetzt hat sich der Bundesrat mit der Projektführung und Aufsicht unterhalb der Direktionsstufe im Zeitraum von 2001­2006. Gegenüber der AGI hielt er dazu fest: «Für die erste Projektphase bis 2007 geht aus den Akten nicht zuverlässig hervor, wer welche Entscheide getroffen hat.»460 Folglich sei eine Beurteilung der Verantwortlichkeiten nur für die Phase nach dem Neustart im Jahr 2008 möglich.461 Überhaupt nicht aufgearbeitet und beurteilt hat der Bundesrat die Projektinitialisierungsphase im Jahr 2001;462 er begründete dies mit der mangelhaften Dokumentation.463 Schliesslich ging der Bundesrat weder auf die Koordination und Zusammenarbeit zwischen der ESTV, dem BIT und dem BBL unterhalb der Direktionsstufe noch auf die Schwierigkeiten im Informationsfluss vertieft ein.

4.2

Rechtsgrundlagen

4.2.1

Aufsicht und Führung im Allgemeinen

Die zentralen Bestimmungen in Bezug auf die Aufsicht und Führung beim Bund sind im RVOG sowie in der Regierungs- und Verwaltungsorganisationsverordnung (RVOV)464 festgehalten.

Gemäss RVOG übt der Bundesrat die ständige und systematische Aufsicht über die Bundesverwaltung aus.465 Mit der Aufsicht stellen der Bundesrat, die Departemente und die Bundeskanzlei die Erfüllung der verfassungsmässigen und gesetzlichen Aufgaben sicher.466 Die Aufsicht des Bundesrats über die zentrale Bundesverwaltung ist umfassend467 und richtet sich nach den Grundsätzen der Verwaltungstätig-

459 460 461 462 463 464 465 466 467

Schreiben der AGI an den Bundesrat vom 4. Juni 2013 sowie Schreiben der AGI an den Bundesrat vom 2. Dez. 2013.

3. BR-Bericht vom 15. Jan. 2014, S. 1.

3. BR-Bericht vom 15. Jan. 2014, S. 1.

2. BR-Bericht vom 13. Nov. 2013.

3. BR-Bericht vom 15. Jan. 2014, S. 2.

RVOV (SR 172.010.1) Art. 8 Abs. 3 RVOG (SR 172.010).

Art. 24 Abs. 1 RVOV (SR 172.010.1).

Art. 24 Abs. 2 RVOG (SR 172.010).

6489

keit468 und der Verwaltungsführung469. Der Bundesrat und die Departementsvorsteherinnen und Departementsvorsteher geben der Bundesverwaltung die Ziele vor und setzen Prioritäten.470 Sie beurteilen die Leistungen der Bundesverwaltung und überprüfen periodisch die von ihnen gesetzten Ziele.471 Weiter achten sie auf die sorgfältige Auswahl und Weiterbildung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.472 Im Unterschied zur parlamentarische Oberaufsicht ist die Aufsicht ein Mittel der Verwaltungsführung. Das Aufsichtsorgan kann demnach Beschlüsse anderer Behörden aufheben oder ändern, anstelle dieser Behörde handeln oder ihnen verbindliche Weisungen erteilen. Die Kontrolle, als Instrument der Aufsicht, dient sowohl der vertieften Abklärung von besonderen Fragestellungen, die sich aus aktuellen Ereignissen oder festgestellten Missständen ergeben, als auch der periodischen Überprüfung besonderer Fachbereiche.473 Mit Kontrollen sind in der Regel besondere Stellen befasst, die von der kontrollierten Verwaltungseinheit unabhängig sind.474 Die Departementsvorstehenden führen die Departemente und tragen dafür die politische Verantwortung.475 Innerhalb ihres Departements verfügen sie grundsätzlich über uneingeschränkte Weisungs-, Kontroll- und Selbsteintrittsrechte.476 Die den Departementsvorstehenden zustehende Führungsaufgabe als solche ist nicht delegierbar.

Das Generalsekretariat unterstützt die Departementsvorstehenden bei der Planung, Organisation und Koordination der Tätigkeit des Departements sowie bei den Entscheidungen, die den Departementsvorstehenden zustehen.477 Dem Generalsekretariat kommen in erster Linie unterstützende, planerische, organisatorische, koordinierende und entscheidvorbereitende Funktionen zu, sei das zugunsten des Departementsvorstehers oder innerhalb des Departements.

Weiter nimmt das Generalsekretariat die Aufsichtsfunktionen nach den Anordnungen der Departementsvorsteherin oder des Departementsvorstehers wahr.478 Gemäss der Geschäftsordnung des EFD (GO EFD) vom November 2011 steuert das GS EFD die Ressourcenbedürfnisse der Verwaltungseinheiten des EFD, was namentlich die 468

469

470 471 472 473 474 475 476 477 478

Art. 11 RVOV (SR 172.010.1): «Die Bundesverwaltung handelt im Rahmen des Bundesrechts und der vom Bundesrat gesetzten Ziele und Prioritäten. Sie beachtet dabei insbesondere folgende Grundsätze: a. Sie erkennt neuen Handlungsbedarf frühzeitig und leitet daraus Ziele, Strategien und Massnahmen ab; b. Sie ordnet ihre Tätigkeiten entsprechend der Wichtigkeit und Dringlichkeit; c. Sie erbringt ihre Leistungen bürgernah, nachhaltig, wirksam und wirtschaftlich.» Art. 24 Abs. 2 RVOV; Art. 12 RVOV (SR 172.010.1): «Die Führungsverantwortlichen aller Stufen handeln nach folgenden Grundsätzen: a. Sie führen mittels Vereinbarung von Zielen und Wirkungen; b. Sie beurteilen die Leistungen ihrer Verwaltungseinheiten und ihrer Mitarbeitenden periodisch; c. Sie passen Prozesse und Organisation rechtzeitig neuen Bedürfnissen an; d. Sie nutzen ihre Handlungsspielräume und Entscheidkompetenzen und gewähren diese auch ihren Mitarbeitenden; e. Sie fördern eine Kultur der Lern- und Veränderungsbereitschaft; f. Sie stellen eine ergebnisorientierte und interdisziplinäre Arbeitsweise sicher. Im Übrigen gelten insbesondere die Personalgesetzgebung und das personalpolitische Leitbild des Bundesrates.» Art. 36 Abs. 1 RVOG (SR 172.010).

Art. 36 Abs. 3 RVOG (SR 172.010).

Art. 36 Abs. 4 RVOG (SR 172.010).

Art. 25 Abs. 1 RVOV (SR 172.010.1).

Art. 25 Abs. 2 RVOV (SR 172.010.1).

Art. 37 Abs. 1 RVOG (SR 172.010).

Art. 38 RVOG (SR 172.010).

Art. 42 Abs. 1 RVOG (SR 172.010).

Art. 42 Abs. 2 RVOG (SR 172.010).

6490

Führung der IKT des EFD ­ insbesondere die übergeordnete Planung und Steuerung von departementalen Projekten in finanzieller, technischer und sicherheitstechnischer Hinsicht ­ beinhaltet.479 Die den FK und GPK vorliegenden früheren Fassungen der GO EFD480 sowie der Geschäftsordnung des GS EFD481 legen Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortung nicht näher fest.482 Der stv. Generalsekretär des EFD (seit 2011) sagte gegenüber der AGI, die Aufsicht sei ein «völlig luftleerer Raum», da es momentan für die gesamte Bundesverwaltung keine präzise Definition der Aufsichtsfunktion gebe.

Das EFD arbeite seit einem Jahr an einer diesbezüglichen Weisung, die künftig als Grundlage für die Ausübung der Aufsichtsfunktion dienen solle.483 Die Generalsekretärin oder der Generalsekretär des EFD war gemäss BinfV bis Anfang 2012 Vorsitzende bzw. Vorsitzender des IRB.484 Mit der am 1. März 2013 in Kraft getretenen Weisung des EFD zur Umsetzung der Bundesinformatikverordnung (WUBinfV)485, mit der Weisung über die Informatik und Telekommunikation im EFD486 sowie mit der IKT-Strategie des EFD487 wurden nach dem Abbruch von INSIEME Regeln betreffend Kompetenzen und Zuständigkeiten der IKT-Steuerung und -Führung im EFD festgelegt.

Die Direktorinnen und Direktoren der Gruppen und Ämter sind gegenüber ihren Vorgesetzten für die Führung der ihnen unterstellten Verwaltungseinheiten sowie für die Erfüllung der ihnen übertragenen Aufgaben verantwortlich.488 Die Verwaltungseinheiten sind zur Zusammenarbeit verpflichtet; sie unterstützen und informieren sich gegenseitig.489 Die ESTV verfügt mit dem Finanzinspektorat (FISP ESTV) über eine interne Revisionsstelle.490 Der Leiter des FISP ESTV ist direkt dem Direktor der ESTV unterstellt.491 Der Direktor oder die Geschäftsleitung der ESTV können dem FISP im Maximalumfang von 30 Prozent der Kapazitäten fallweise weitere Aufgaben übertragen, für die das FISP geeignet ist.492 Dem FISP sind sämtliche Unterlagen vorzulegen bzw. die Auskünfte zu erteilen, die es zur Vornahme seiner Prüfung benötigt.493 Bis Ende Mai 2012 wurde das Jahresprüfprogramm unter Einbezug von Prüfungsanträgen des Direktors der ESTV und der Leiter der Hauptabteilungen 479 480 481 482

483 484 485 486 487 488 489 490 491 492 493

Art. 4 Bst. c GO EFD vom 22. Nov. 2011.

Die Fassungen vor April 2007 konnten nicht erhältlich gemacht werden.

Die Fassungen vor Mai 2007 konnten nicht erhältlich gemacht werden.

Bezeichnend ist, dass die GO GS EFD vom 5. Dez. 2011 unter Art. 18 Abs. 2 festhält, die GO GS EFD vom 4. Mai 2007 zu ersetzen. Diese wurde aber bereits durch die seit dem 15. September 2010 in Kraft getretene Fassung aufgehoben. Die FK und GPK stellen fest, dass die departementsinternen Rechtsvorgaben nicht systematisch abgelegt wurden und verweisen diesbezüglich auf die Empfehlung 1 in Kapitel 1.4.1.

Protokoll der AGI vom 14. März 2014, S. 17 (Leiter Ressourcen EFD seit 2008).

Art. 12 Abs. 2 BinfV (SR 172.010.58).

WUBinfV vom 19. Febr. 2013.

Weisung vom 20. Dez. 2012 über die Informatik und Telekommunikation im EFD.

IKT-Strategie des EFD vom 20. Dez. 2012.

Art. 45 RVOG (SR 172.010).

Art. 14 Abs. 1 RVOV (SR 172.010.1).

Vgl. Kapitel 6.2.8.

Art. 3 GO FISP ESTV vom 8. Okt. 2002 bzw. Ziff. 4.1 GO FISP ESTV vom Juni 2012.

Art. 2 GO FISP ESTV vom 8. Okt. 2002 bzw. Ziff. 3 GO FISP ESTV vom Juni 2012.

Art. 9 GO FISP ESTV vom 8. Okt. 2002. Unter Ziff. 4 GO FISP ESTV vom Juni 2012 ist neu festgehalten: «Das FISP der ESTV ist, ungeachtet einer allfälligen Geheimhaltungspflicht, berechtigt, Auskunft zu verlangen und insbesondere auch Einsicht in sämtliche Akten zu nehmen.»

6491

erstellt und jährlich durch die Geschäftsleitung der ESTV genehmigt.494 Seit Juni 2012 wird der jährliche Prüfplan durch die Geschäftsleitung der ESTV zur Kenntnis genommen.495

4.2.2

Aufsicht und Führung im Bereich der Finanzen

Für die Beantragung von Krediten finden sich im Finanzhaushaltgesetz (FHG)496, in der Finanzhaushaltverordnung (FHV)497 sowie im Handbuch für die Haushalt- und Rechnungsführung der Bundesverwaltung umfassende Bestimmungen.

Gemäss FHG sind die Verpflichtungskredite aufgrund sorgfältiger, nach fachmännischen Regeln erstellter Berechnungen zu bemessen.498 Beim Verpflichtungskredit für INSIEME von 2005 war gemäss dem damals geltenden Recht499 die betroffene Dienststelle, d. h. die ESTV, für die Ermittlung der Kosten verantwortlich. Seit der am 1. Mai 2006 in Kraft getretenen Revision des FHG ist der Bundesrat für die Ermittlung des Finanzbedarfs verantwortlich.500 Unverändert blieb, dass die Dienststelle, wenn eine exakte Berechnung nicht möglich ist, dies im Kreditbegehren zusammen mit den Berechnungsgrundlagen und den Unsicherheitsfaktoren darlegen und nötigenfalls angemessene Reserven vorsehen soll.501 Zur Abklärung der Tragweite und der Kosten komplexer Vorhaben müssen nötigenfalls Projektierungskredite verlangt werden.502 Gemäss FHG führt die Verwaltungseinheit über die Beanspruchung des Verpflichtungskredits eine Kontrolle, aus der hervorgehen muss, welche Verpflichtungen eingegangen wurden und welche Verpflichtungen für die Vollendung des Vorhabens noch erforderlich sind.503 Weiter statuiert das FHG, dass die Verwaltungseinheiten für die sorgfältige, wirtschaftliche und sparsame Verwendung der ihnen anvertrauten Kredite und Vermögenswerte verantwortlich sind und eine auf ihre Bedürfnisse ausgerichtete Kostenund Leistungsrechnung führen.504

494 495 496 497 498 499 500 501 502 503 504

Ziff. 8.2 Grundsätze für das FISP ESTV vom 6. Jan. 2003; Art. 5 GO FISP ESTV vom 8. Okt. 2002.

Ziff. 10.1 GO FISP ESTV vom Juni 2012.

Bundesgesetz über den eidgenössischen Finanzhaushalt (Finanzhaushaltgesetz, FHG) vom 7. Okt. 2005 (SR 611.0).

FHV vom 5. April 2006 (SR 611.01).

Art. 22 Abs. 1 FHG (SR 611.0) bzw. Art. 26 Abs. 1 FHG vom 6. Okt. 1989 (AS 1990 985).

Art. 26 Abs. 2 FHG vom 6. Okt. 1989 (AS 1990 985).

Art. 22 Abs. 2 FHG (SR 611.0); vgl. Kapitel 5.3.1.

Art. 22 Abs. 2 FHG (SR 611.0) bzw. Art 26 Abs. 2 FHG vom 6. Okt. 1989 (AS 1990 985).

Art. 22 Abs. 3 FHG (SR 611.0) bzw. Art 26 Abs. 3 FHG vom 6. Okt. 1989 (AS 1990 985).

Art. 25 FHG (SR 611.0).

Art. 40 Abs. 1 sowie Art. 57 Abs. 1 FHG (SR 611.0).

6492

Bei der Vorbereitung von Anträgen lädt das federführende Amt die mitinteressierten Verwaltungseinheiten505 unter Ansetzung angemessener Fristen zur Stellungnahme ein. In begründeten Ausnahmefällen kann auf die Ämterkonsultation verzichtet oder diese auf einen engen Adressatenkreis beschränkt werden.506 In den Erläuterungen zur RVOV sind als Beispiele für begründete Ausnahmefälle aufgeführt: Geschäfte, bei denen die interessierten Stellen schon in die Projektorganisation integriert sind und eine Ämterkonsultation nur zu Doppelspurigkeiten führen würde, sowie dringliche Geschäfte, bei denen die Ämterkonsultation zu einer unhaltbaren Verzögerung führen würde.507 Geschäfte, über die der Bundesrat zu beschliessen hat, werden den Mitgliedern des Bundesrats zum Mitbericht vorgelegt.508 Das Mitberichtsverfahren dient der Entscheidvorbereitung auf Stufe Bundesrat. Ziel des Verfahrens ist es, dass sich der Bundesrat in den Verhandlungen auf grundsätzliche Aspekte konzentrieren kann.509 Das federführende Departement reicht der Bundeskanzlei den definitiven Antrag rechtzeitig zur Durchführung des Mitberichtsverfahrens ein.510 Die EFV tritt für eine sparsame und wirtschaftliche Mittelverwendung ein; sie nimmt bei der Budgetierung, Finanzplanung und Vorbereitung von Bundesratsgeschäften der Bundeskanzlei und der Departemente mit finanziellen Auswirkungen entsprechend Einfluss.511

4.3

Aufsicht und Führung durch die ESTV

4.3.1

Befassung der Direktion der ESTV mit INSIEME

4.3.1.1

Entscheidinstanzen auf Stufe Direktion der ESTV

Auf Direktionsstufe gab es zwischen 2007 und 2012 verschiedene Instanzen, die sich mit INSIEME befassten: der Auftraggeber, die Geschäftsleitung Informatik (GL-i), der Lenkungsausschuss (LAS), der Gesamtprojektausschuss (GPA) und der Projektausschuss Apollo.

505

506 507 508 509 510

511

Als mitinteressiert gelten die Verwaltungseinheiten, die einen fachlichen Bezug zum Geschäft haben oder die für die Beurteilung finanzieller, rechtlicher oder formeller Aspekte zuständig sind (Art. 4 Abs. 3 RVOV [SR 172.010.1]). In den Erläuterungen zur RVOV ist präzisiert, dass als mitinteressiert nicht nur die offensichtlich betroffenen Verwaltungseinheiten gelten, sondern auch die Einheiten, deren Betroffenheit durch den Antrag verändert wird (z. B. neu, stärker, schwächer oder nicht mehr betroffen) (Erläuterungen zur Regierungs- und Verwaltungsorganisatoinsverordnung [RVOV] vom 25. Nov.

1998, S. 7).

Art. 4 Abs. 1 RVOV (SR 172.010.1).

Erläuterungen zur RVOV vom 25. Nov. 1998, S. 7.

Art. 15 Abs. 1 RVOG (SR 172.010).

Art. 5 Abs. 1 RVOV (SR 172.010.1).

Art. 5 Abs. 2 RVOV (SR 172.010.1); mit der am 1. Juli 2006 in Kraft getretenen Änderung wurde «definitiver Antrag» durch «unterzeichneter Antrag» ersetzt. Zudem wurde unter Absatz 1bis ergänzt, dass das Mitberichtsverfahren mit der Unterzeichnung des Antrags durch das federführende Departement beginnt.

Art. 9 Abs. 1 Bst. b OV-EFD vom 11. Dez. 2000 (AS 2001 267). Die Bestimmung blieb seither praktisch unverändert; einzig 2010 wurde präzisiert, dass sich die EFV auch für «eine wirksame Kredit- und Ausgabensteuerung» einzusetzen habe (Art. 8 Abs. 1 Bst. c OV-EFD [SR 172.215.1]).

6493

Auftraggeber Der Direktor der ESTV (2000­2012) war während der gesamten Projektlaufzeit Auftraggeber von INSIEME. Anlässlich der Sitzung der GL-i von Ende Mai 2007 betonte der Direktor der ESTV, «dass er als Direktor zwar Auftraggeber ist und somit die Gesamtverantwortung trägt, jedoch die Möglichkeit bestehen muss, diese Verantwortung integral weiterzugeben an den Programm-Manager».512 Im Rahmen der Behandlung des Berichts der Arbeitsgruppe INSIEME-Relaunch (AIR) von Ende 2007 beschloss die GL-i, dem GPL die Kompetenz zu geben, über die personellen Ressourcen (intern und extern) sowie die genehmigten Budgetmittel zu bestimmen.513 Der Auftraggeber hatte Einsitz im LAS, den Vorsitz hatte jedoch der Vizedirektor und Leiter der Hauptabteilung MWST. Im Ende 2009 konstituierten Folgegremium, dem GPA, war der Direktor der ESTV bis Ende 2010 nicht Mitglied. Er begründete diesen Entscheid damit, dass diejenigen, die mit dem neuen System leben würden, sowie die Hauptabteilungen, welche die Nutzer von INSIEME sein würden, den Lead haben sollten.514 Anlässlich der Konstituierung des GPA Ende 2009 wurde festgehalten, dass der GPA den Auftraggeber gegenüber dem Gesamtvorhaben vertritt.515 In der INSIEME-Charta vom März 2011 wurde die Rolle des Auftraggebers wie folgt definiert: «Der Auftraggeber, der Amtsdirektor der ESTV, ist als Verantwortlicher für das Gesamtprojekt Herr des Budgets und oberster Entscheidträger mit VetoRecht. Er hat seine Aufgaben an den Vorsitzenden des GPA delegiert, behält sich jedoch das Vetorecht vor und ist selbst Mitglied des GPA.»516 Vonseiten des BIT517, der EFK518, des EFD519 sowie teilweise der ESTV520 wurde die Auffassung vertreten, dem Auftraggeber resp. der Geschäftsleitung habe das Interesse gefehlt und demnach sei INSIEME nicht die nötige Priorität beigemessen worden. Der Vizedirektor der ESTV (seit 2008) äusserte sich zudem dahingehend, dass die nach dem Abbruch der Vertragsverhandlungen mit Unisys erkannten Probleme durch den Auftraggeber nicht ernst genommen oder zu wenig konsequent 512 513

514 515 516 517

518

519 520

Protokoll der GL-i vom 29. Mai 2007, S. 2.

Protokoll der GL-i vom 25. Okt. 2007, S. 2. Die Rolle des GPL wird im AIR-Bericht wie folgt beschrieben: «Der GPL trägt die Gesamtverantwortung für das Gesamtprojekt. Er ist verantwortlich für die Projektergebnisse, bestimmt und führt die Projektleiter, trägt die Verantwortung für die Durchführung des ihm zugeteilten Vorhabens (Planung, Führung, Überwachung), entscheidet über personelle Ressourcen (interner und externer Art) und hat Kompetenz über das für das Gesamtprojekt gesprochene Budget. Er kann nach Absprache mit der Linie personelle Ressourcen aufbieten, wobei die Projektarbeit Priorität hat» (Ergebnisse der AIR vom 15. Nov. 2007, S. 11).

Protokoll der AGI vom 10. Juni 2013, S. 53 (Direktor ESTV 2000­2012).

Protokoll des GPA vom 7. Dez. 2009, Powerpoint-Folien, S. 10.

Projekt-Charta INSIEME vom 16. März 2011, S. 4.

Während der Vertragsverhandlungen mit Unisys war aus Sicht des BIT «ein echtes Interesse der ESTV-Amtsleitung am Projektverlauf kaum spürbar» (Bericht des BIT vom 25. Jan. 2013, S. 25).

Protokoll der AGI vom 27. Febr. 2013, S. 16 (Vizedirektor EFK 2000­2013): «Das Hauptproblem war, dass die Geschäftsleitung sich gar nicht interessiert hat für die Informatik.» Protokoll der AGI vom 27. Febr. 2013, S. 29 (Generalsekretär EFD seit 2010).

Der stv. Direktor der ESTV (seit 1995) sagte gegenüber der AGI einerseits, dass INSIEME hohe Priorität gehabt habe, und andererseits, dass das meiste, was nicht gut gemacht wurde, nicht aus böser Absicht falsch gemacht wurde, sondern weil man sich zu wenig darum kümmerte (Protokoll der AGI vom 28. Mai 2013, S. 22 und 27).

6494

angegangen worden seien.521 Der Direktor der ESTV widersprach dem anlässlich seiner Anhörung durch die AGI dezidiert und betonte, dass er die Funktion als Auftraggeber gemäss HERMES522 wahrgenommen habe; INSIEME sowie die Informatik im Allgemeinen seien immer seine Sorgenkinder gewesen.523 Geschäftsleitung Informatik (GL-i) Informatikthemen wurden während der Laufzeit von INSIEME in der Regel524 nicht an den Sitzungen der GL ESTV behandelt, sondern gesondert an den Sitzungen der GL-i.525 Diese bestand aus den ständigen Mitgliedern der GL ESTV526, dem Leiter der LBO sowie dem GPL527 und hatte bei Informatikthemen die gleiche Stellung und Kompetenzen wie die GL bei übrigen Geschäften.528 Nach dem Rücktritt des Leiters der Hauptabteilung MWST (1999­2008) übernahm dessen Nachfolger529 den Vorsitz der GL-i.530 Die GL-i behandelte INSIEME in unterschiedlicher Häufigkeit: Während sie im Jahr 2007 16-mal in Bezug auf INSIEME tagte, tat sie dies 2008 lediglich einmal und 2009 viermal. Im August 2010 wurde INSIEME zum letzten Mal in der GL-i traktandiert.

Die GL-i befasste sich während und nach dem Abbruch der Vertragsverhandlungen mit Unisys intensiv mit INSIEME. Danach sei die ESTV zum Schluss gekommen, 521 522

523 524 525

526 527

528 529 530

Bericht INSIEME der ESTV (Vizedirektor ESTV seit 2008) vom 25. Jan. 2013, Teil 2, S. 6.

Gemäss HERMES 2003 ist der Auftraggeber eines Projekts letztlich verantwortlich für die Durchführung des Projekts und für die Erreichung der Ziele innerhalb des gesetzten Kosten- und Terminrahmens. Weiter beschreibt HERMES 2003 die Verantwortung, das Tätigkeitsgebiet sowie die Kompetenzen des Auftraggebers wie folgt (S. 247­248): «Verantwortung: Tragen der Gesamtverantwortung für ein Vorhaben, Initiieren, Steuern und Überwachen von Vorhaben in der Informatik und Organisation, Erreichen der Ziele von Informatikvorhaben, Rechtzeitige Entscheidung über Anträge und Massnahmen, Konsequenzen von Entscheiden und Rückweisungen, Sicherstellung der ausreichenden Mitwirkung des Fachbereichs (Bereitstellung von Ressourcen); Tätigkeitsgebiet: Bereitstellen des Mittelbedarfs für das geplante Informatikportfolio, Informatikplanung mit anderen Leistungsbezügern koordinieren (bei festgestellten Widersprüchen und Doppelspurigkeiten), Umsetzungsverantwortung für das Informatikportfolio der unterstellten Organisationseinheit, Priorisierung und Zuteilung der finanziellen Mittel auf das Informatikportfolio, Bereitstellen der Fachbereichsressourcen, Beurteilen von Risiken über die vorgeschlagenen Anträge und Massnahmen und Beurteilen von Konsequenzen, Entscheidungen zur Steuerung der Umsetzung; Kompetenzen: Anordnungskompetenz, Budgetkompetenz, Entscheidungskompetenz.» Protokoll der AGI vom 10. Juni 2013, S. 51 und 67 (Direktor ESTV 2000­2012).

Den FK und GPK liegt lediglich ein Protokollauszug der GL ESTV vor (Sitzung vom 21. Jan. 2009).

Statut der GL ESTV vom 17. Jan. 2007, Ziff. 1.1; zuvor war der IT-Ausschuss der GL für Informatikfragen zuständig (Statut der GL ESTV vom 15. Mai 2002, Ziff. 1.2). Mit der Revision der Statuten der GL ESTV vom 12. Aug. 2012 wurde die GL-i abgeschafft, so dass nun die GL ESTV «grundsätzliche IT-Fragen» behandelt.

Mit Ausnahme des Leiters Doppelbesteuerungsabkommen bzw. ab 2008 des Leiters Abteilung Internationales sowie des Leiters Steuerpolitik und Rechtsetzung.

Der GPL wurde in den Statuten nicht als ständiges Mitglied der GL-i aufgeführt, nahm aber ab November 2007 immer an den GL-i-Sitzungen teil. In den Statuten der GL ESTV vom 17. Jan. 2007 wurde zudem festgehalten, dass der Koordinator
INSIEME und der Qualitäts- und Risikomanager INSIEME während der Dauer von INSIEME Mitglieder der GL-i sind. Mit der Revision der Statuten des GL-i vom 7. Mai 2008 wurde diese Bestimmung gestrichen.

EFD-Administrativuntersuchung vom 13. Juni 2012, S. 13.

Vizedirektor ESTV (seit 2008).

Dies nach einer kurzen Übergangsphase, in welcher der Direktor der ESTV den Vorsitz der GL-i innehatte.

6495

dass eine gleichzeitige Beschäftigung der GL-i und des LAS mit INSIEME nicht sinnvoll ist.531 Um Doppelspurigkeiten und Redundanzen zu vermeiden, habe sich ab April 2008 der LAS bzw. ab Ende 2009 der GPA schwergewichtig mit INSIEME befasst und die GL-i habe nur noch «die ganz grundlegenden allgemeinen Fragen» beraten.532 Welche Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortung (AKV) die GL-i in Bezug auf INSIEME hatte, konnte nicht geklärt werden. An der GL-i-Sitzung von Ende September 2009 wurden die Ziele533 sowie die AKV534 der GL-i genannt. Anlässlich der Konstituierung des GPA Ende 2009 wurde die GL-i als «oberste Abnahmestelle im Projekt INSIEME» bezeichnet.535 Tatsache ist aber, dass die GL-i nach der Konstituierung des GPA nur noch einmal ­ im August 2010 ­ in Bezug auf INSIEME tagte. In der Projekt-Charta INSIEME vom März 2011 fand die GL-i keine Erwähnung mehr.

Lenkungsausschuss (LAS) Zur Begleitung des Projekts wurde Ende April 2008 unter dem Vorsitz des Vizedirektors und zugleich Leiters der Hauptabteilung MWST536 der LAS537 etabliert.

Dieser bestand aus 14­18 Teilnehmern: aus dem Direktor der ESTV, den Leitern und weiteren Vertretern der beiden Hauptabteilungen (HA MWST und HA DVS), dem Leiter der LBO, Vertretern des BIT sowie einer Vertretung des GS EFD. Gemäss den Protokollen, die den FK und GPK vorliegen, tagte der LAS lediglich viermal, zuletzt Ende 2008.

Anlässlich der GL-i-Sitzung von Anfang April 2008 wurde festgehalten, dass es sich dabei um einen «reinen Informationsanlass» handle und die Kompetenz für die zu fällenden Entscheide beim LAS liege.538 Während des Bestehens des LAS tagte die GL-i nicht. Der Direktor der ESTV hielt an der LAS-Sitzung vom 3. Juni 2008 fest, dass der LAS über strategische, grundsätzliche Fragen betreffend INSIEME entscheide.539 Im AIR-Bericht wurde festgehalten, dass der LAS den Fortschritt des Gesamtprojekts (Kosten, Termine, Leistungen) überwacht ­ basierend auf den Berichten der Gesamtprojektleitung sowie des Qualitäts- und Risikocontrollings ­

531 532 533

534

535 536 537 538 539

Protokoll der AGI vom 10. Juni 2013, S. 55 (Direktor ESTV 2000­2012).

Protokoll der AGI vom 10. Juni 2013, S. 55 (Direktor ESTV 2000­2012).

«Legt Strategie fest; Sicherstellung der Handlungsfähigkeit des GPA; Eskalationsinstanz für den GPA; Information der Projektsponsoren; Sicherstellung der politischen Verankerung der Gesamtlösung» (Protokoll der GL-i vom 30. Sept. 2009, Powerpoint-Folien, S. 19).

Fälschlicherweise wurde die GL-i dabei als Auftraggeber von INSIEME bezeichnet. Die AKV der GL-i wurden wie folgt umschrieben: «Ist Auftraggeber des Gesamtprojekts INSIEME und somit Träger der Gesamtverantwortung für das Vorhaben; Sicherstellung der ausreichenden Mitwirkung des Fachbereichs (Bereitstellung von Ressourcen); rechtzeitige Entscheidungen über Anträge und Massnahmen bei Problemen ausserhalb des Einflussbereichs des GPA; Beurteilen von Risiken über die vorgeschlagenen Anträge und Massnahmen und Beurteilen von Konsequenzen; Entscheidungen zur Steuerung der Umsetzung; Bereitstellen des Mittelbedarfs; hat die Anordnungs-, Budget- und Entscheidungskompetenz» (Protokoll der GL-i vom 30. Sept. 2009, Powerpoint-Folien, S. 19).

Protokoll des GPA vom 7. Dez. 2009, Powerpoint-Folien, S. 8.

Die Leitung der Hauptabteilung MWST wechselte Mitte 2008.

Das Gremium hiess ursprünglich Projektausschuss, wurde aber am 3. Juni 2008 in Lenkungsausschuss umbenannt (Protokoll des LAS vom 3. Juni 2008, S. 2).

Protokoll der GL-i vom 2. April 2008, S. 1.

Protokoll des LAS vom 3. Juni 2008, S. 2 (Direktor ESTV 2000­2012).

6496

und bei Bedarf steuernd eingreift.540 In Bezug auf die Definition der AKV des LAS liegen den FK und GPK keine weiteren Dokumente vor.

Gesamtprojektausschuss (GPA) Der GPA ­ das Folgegremium des LAS ­ wurde im Dezember 2009 konstituiert.

Der Vizedirektor der ESTV (seit 2008) und zugleich Leiter der Hauptabteilung MWST war, abgesehen von einem kurzen Unterbruch,541 Vorsitzender des GPA. Im Ausschuss vertreten waren die involvierten Organisationseinheiten.542 Die Anzahl der GPA-Teilnehmer stieg zunächst kontinuierlich an: 2010 waren es noch 8­13 Teilnehmer, 2011 waren 11­15 Personen anwesend. Aufgrund einer EFK-Empfehlung543 wurde der GPA ab März 2012 auf rund 6 Teilnehmer verkleinert; jedoch wurde parallel zum GPA der Projektausschuss Apollo etabliert. Der GPA tagte bis zum Projektabbruch gesamthaft 22-mal.544 Bei der Konstituierung Ende 2009 wurden die AKV des GPA schriftlich festgehalten.545 In der Projekt-Charta INSIEME vom März 2011 ist festgehalten, dass der GPA das oberste Steuerungsgremium des Projekts ist und der Rolle Projektausschuss gemäss HERMES546 entspricht. Weiter wird präzisiert, dass der GPA Entscheidungen mit einfacher Mehrheit trifft und dem Auftraggeber ein Veto-Recht zusteht.547 Im Prüfbericht vom Januar 2012 stellte die EFK fest, dass der Leiter des GPA nicht über letztinstanzliche Entscheidungsbefugnisse verfügt habe. Zudem hätten unterschiedliche Gremien über massgebende und finanziell wesentliche Grundsätze entschieden. Die EFK empfahl, die Kompetenzen des Leiters GPA seiner Verant-

540 541

542 543 544 545

546

547

Ergebnisse der AIR vom 15. Nov. 2007, S. 10.

Zwischen der Absetzung des GPL (2007­2011) im März 2011 und der Neubesetzung im Oktober 2011 nahm der Vizedirektor der ESTV die Funktion des GPL ad interim wahr und der GPA-Vorsitz wurde einem Abteilungsleiter der ESTV übertragen. Neben dem GPL ad interim wurde auch ein «operativer GPL» zur Unterstützung in IT-Fragen eingesetzt (Bericht INSIEME der ESTV [Vizedirektor ESTV seit 2008] vom 25. Jan. 2013, Teil 2, S. 15).

Hauptabteilungen DVS und MWST, LBO, BIT, GS EFD.

EFK-Bericht vom Januar 2012, S. 20 (Empfehlung 5.3).

2009: 1 Sitzung; 2010: 7 Sitzungen; 2011: 9 Sitzungen; 2012: 5 Sitzungen.

Protokoll des GPA vom 7. Dez. 2009, Powerpoint-Folien, S. 12: «Aufgaben: Überwachung und Steuerung der Projektabwicklung aus gesamtheitlicher Sicht, Klärung und Entscheidung von Problemen ausserhalb des Einflussbereichs des GPL; Kompetenzen: Delegation von fachlichen Fragestellungen an den Fachausschuss sowie formale Abnahme der dort getroffenen fachlichen Entscheide, Freigabe von Masterplan und Projektberichten (ggfs. separat für voneinander unabhängige Bereiche) und Zustimmung zu einzelnen Entscheidungspunkten; Verantwortung: Trägt als Gremium die Verantwortung für das Gesamtvorhaben aus gesamtheitlicher und projektübergreifender Sicht.» HERMES 2003 beschreibt die Verantwortung sowie das Tätigkeitsgebiet des Projektausschusses wie folgt (S. 248­249): Verantwortung: «Trägt als Gremium die Verantwortung für das Projekt aus gesamtheitlicher und projektübergreifender Sicht»; Tätigkeitsgebiet: «Überwacht und steuert die Projektabwicklung aus gesamtheitlicher Sicht; stellt Beschaffung und Verfügbarkeit der benötigten Mittel sowie deren optimalen Einsatz sicher; gibt die Zustimmung zu den einzelnen Entscheidungspunkten, insbesondere zu Abschluss und Freigabe der einzelnen Projektphasen; behandelt aussergewöhnliche bereichsübergreifende Probleme; löst bereichsübergreifende Konflikte aller Art (sachliche, finanzielle, personelle, organisatorische, terminliche, sicherheitsrelevante).» Projekt-Charta INSIEME vom 16. März 2011, S. 5.

6497

wortung entsprechend zu gewähren und schriftlich festzuhalten.548 Die ESTV ging in ihrer Stellungnahme nicht auf diesen Punkt ein.549 Die Rolle des GPA blieb während seines Bestehens unklar. In der EFD-Administrativuntersuchung vom 13. Juni 2012 wurde der GPA wie folgt beschrieben: «Der GPA sorgt für die notwendigen Entscheidungen und gibt Phasenberichte frei. Der GPA ist indessen kein Entscheidorgan, sondern für die Projektaufsicht und als Beratungsgremium des Auftraggebers konzipiert.»550 Diese Auffassung wurde im Rahmen der AGI-Anhörungen auch vom Generalsekretär des EFD (seit 2010) sowie vom Leiter IKT des EFD (seit 2009) vertreten.551 Der Bundesrat konstatierte jedoch im Rahmen seiner diesbezüglichen Aufarbeitung, dass aufgrund der Projekt-Charta Entscheidungen auf der Ebene GPA gefällt worden seien und somit der GPA das Gesamtprojekt geführt habe.552 Projektausschuss Apollo Im Januar 2012 wurde das Organisationsprojekt Apollo gestartet. Das Ziel war, effiziente Entscheidstrukturen für die ESTV zu implementieren, damit INSIEME gemäss Masterplan realisiert werden konnte.553 Es wurde ein Projektausschuss Apollo etabliert, der parallel zum GPA tagte. Anfang März 2012 wurde im GPA festgehalten, dass «grundsätzliche organisatorische und ablaufmässige Entscheidungen» im Projektausschuss Apollo und nicht mehr im GPA gefällt werden.554 In der Stellungnahme der ESTV zum Tätigkeitsbericht der FinDel 2011 wurde festgehalten, dass dringende fachliche Entscheide im Rahmen von Apollo zusammengefasst und zur Entscheidung durch die GL ESTV aufbereitet werden.555 Mangels Dokumentation konnten die FK und GPK die Rolle des Projektausschusses Apollo weder klären noch bewerten.

Beurteilung durch den Bundesrat Der Bundesrat hielt in seinem Bericht vom Januar 2014556 fest, dass die Verantwortung für die Umsetzung eines Projekts grundsätzlich beim Auftraggeber liege und eine Delegation der Kompetenzen an den GPA und GPL daran nichts ändere, da die Verantwortung nicht delegierbar sei.557 Die Delegation habe zu Kompetenzabgren548 549 550 551

552 553 554 555 556 557

EFK-Bericht vom Januar 2012, S. 20.

Stellungnahme der ESTV vom 21. Febr. 2012 zum EFK-Bericht vom Januar 2012, S. 5.

EFD-Administrativuntersuchung vom 13. Juni 2012, S. 13.

Der Generalsekretär des EFD (seit 2010) betonte wiederholt, dass der GPA ein Beratungsgremium für den Auftraggeber gewesen sei und keine Entscheidkompetenzen hatte; entschieden habe die GL-i (Protokolle der AGI vom 27. Febr. 2013, S. 30; vom 28. März 2013, S. 11; und vom 9. Okt. 2013, S. 42 und 49­50). Auch der Leiter IKT des EFD (seit 2009) war der Ansicht, dass der GPA ein Beratungsgremium ist, das zum Einholen der Anforderungen der verschiedenen Stakeholder hinzugezogen werde (Protokoll der AGI vom 23. Jan. 2014, S. 37­38).

2. BR-Bericht vom 13. Nov. 2013, S. 11.

Bericht der ESTV (GPL 2011­2012) vom 25. Jan. 2013, Teil 3, S. 4.

Protokoll des GPA vom 1. März 2012, S. 4.

E-Mail des Direktors der ESTV an den stv. Generalsekretär des EFD vom 23. Febr. 2012, S. 2.

3. BR-Bericht vom 15. Jan. 2014, S. 2­3.

Der Bundesrat schlussfolgerte in Bezug auf die Projektführung: «Die Führung des Gesamtprojekts INSIEME lag beim Direktor der ESTV, dieser hat die Führung aber an den GPL übertragen. Aufgrund der Projekt-Charta wurden jedoch Entscheidungen auf der Ebene Gesamtprojektausschuss gefällt. Somit führte das Gremium das Gesamtprojekt» (2. BR-Bericht vom 13. Nov. 2013, S. 11).

6498

zungsproblemen mit dem GPA und GPL und zu einer unzureichenden Beschäftigung des Auftraggebers mit INSIEME geführt. Da der Auftraggeber ein Vetorecht hatte, sich an der Entscheidfindung beteiligte und in einer späteren Phase auch Einsitz in den GPA nahm, seien die Kompetenzen de facto beim Auftraggeber geblieben. Nach Einschätzung des Bundesrats habe der Auftraggeber Mängel zu spät erkannt und zu wenig entschieden Gegensteuer gegeben. Weiter beurteilte der Bundesrat die GPA-Teilnehmerzahl von bis zu 15 Personen als «wohl zu gross» und wies darauf hin, dass der GPA auf die nicht immer zutreffenden Informationen der Projektleitung angewiesen gewesen sei.

Beurteilung durch die FK und GPK Die FK und GPK schliessen sich der Beurteilung des Bundesrats an. Sie stellen fest, dass während der gesamten Laufzeit von INSIEME Unklarheiten in Bezug auf die AKV der verschiedenen Entscheidinstanzen auf Stufe Direktion der ESTV bestanden. Bezüglich Führung und Aufsicht fehlte es in verschiedener Hinsicht an Kontinuität: Zum einen befassten sich mehrere Gremien (GL-i, LAS, GPA, Projektausschuss Apollo) teils nacheinander, teils parallel mit INSIEME. Zum anderen wechselte die Zusammensetzung dieser Gremien ohne ersichtliche fachliche Gründe.

Aus den Unterlagen wurde nur teilweise ersichtlich, weshalb sich ein Gremium während der aufgeführten Zeitspanne mit INSIEME befasste und weshalb ab einem gewissen Zeitpunkt nicht mehr. Zwischen Ende 2008 (letzte Sitzung des LAS) und Ende 2009 (Konstituierung des GPA) fanden während eines Jahres keine protokollierten Sitzungen eines Projektgremiums auf Direktionsstufe statt.558 Die FK und GPK erachten den Umstand, dass es an einer von allen Beteiligten gleich verstandenen Definition der Rollen und Zuständigkeiten der erwähnten Gremien fehlte, als schwerwiegendes Manko.

Neben der Geschäftsleitung der ESTV die GL-i tagen zu lassen, trug zur Konfusion bei. Weiter war die Abgrenzung der AKV zwischen der GL-i und dem GPA äussert diffus und wurde von den involvierten Personen sehr unterschiedlich verstanden.

Die Projektbeteiligten scheinen nicht immer gewusst zu haben, welches Gremium welche Entscheide fällt.

In diesem Zusammenhang legen die FK und GPK Wert auf die Tatsache, dass der Projektausschuss gemäss HERMES 2003 ein Steuerungsgremium war. Erst das im April 2013 in Kraft
getretene HERMES 5 definiert den Projektausschuss als ein Beratungsgremium des Auftraggebers.

Gemäss HERMES 2003 musste der Auftraggeber Informatikvorhaben initiieren, steuern und überwachen sowie die Gesamtverantwortung dafür übernehmen.559 Für die FK und GPK ist deshalb klar, dass der Auftraggeber durch die Delegation seiner Kompetenzen an den GPL bzw. den GPA seine Funktion nicht angemessen wahrnahm.

Die FK und GPK stellen fest, dass es innerhalb der ESTV eine Vermischung zwischen der Stamm- und der Projektorganisation gab. Der vom Vorsteher des EFD

558 559

Es gab in dieser Zeit jedoch drei GL-i-Sitzungen mit Bezug auf INSIEME.

HERMES, Ausgabe 2003, S. 248.

6499

(2004­2010) gelobte Einbezug von INSIEME in das Organigramm der ESTV560 ist aus Sicht der FK und GPK nicht wünschenswert.

Die FK und GPK sind überzeugt, dass die damalige Zusammensetzung der Geschäftsleitung der ESTV bzw. der Projektausschüsse von INSIEME die Wahrnehmung der Aufsichts- und Führungsfunktion durch die Direktion der ESTV behinderte. Der Amtsdirektor übte eine Doppelfunktion aus: Einerseits hatte er die oberste Führungsfunktion in der Linie und andererseits im Projekt. Die FK und GPK erachten diese Vermischung der obersten Hierarchie der Stammorganisation mit der Projektorganisation als problematisch.

Empfehlung 5: Trennung von Stamm- und Projektorganisation Die FK und GPK fordern den Bundesrat auf, darauf hinzuwirken, dass bei der Führung und Aufsicht von Projekten in der Bundesverwaltung eine Trennung zwischen Stamm- und Projektorganisation erfolgt. Die FK und GPK empfehlen dem Bundesrat insbesondere, Amtsdirektorinnen bzw. Amtsdirektoren nicht als Auftraggeberinnen bzw. Auftraggeber (gemäss HERMES) von Projekten oder Programmen einzusetzen.

4.3.1.2

Konflikte innerhalb der Direktion der ESTV

Während der Laufzeit von INSIEME blieb die höchste ESTV-Führungsebene bis kurz vor Projektabbruch personell beinahe unverändert.561 Der Direktor der ESTV und dessen Stellvertreter übten ihre jeweilige Funktion bereits vor Projektbeginn aus. Einzig in der Leitung der Hauptabteilung MWST gab es Mitte 2008 einen Wechsel.

Das Verhältnis zwischen dem Direktor der ESTV und seinem Stellvertreter wurde sowohl von diesen beiden wie auch von aussen unterschiedlich beurteilt. Während der Direktor der ESTV das Gefühl hatte, dass er bei INSIEME gleich dachte wie sein Stellvertreter und es diesbezüglich keine grossen Differenzen gegeben habe, äusserte sich der stv. Direktor der ESTV wiederholt dahingehend, dass er entweder nicht nach seiner Meinung gefragt worden sei oder aber seine Meinung klar und deutlich gesagt habe, jedoch kein Gehör gefunden und die Entscheide aus Loyalität

560

Gegenüber der AGI sagte der Vorsteher des EFD (2004­2010) diesbezüglich Folgendes: «Auf dem damaligen Organigramm des BIT kam INSIEME nirgends vor; dabei hätte es sowohl im Lösungs- als auch im Strategiebereich eine dem Projekt INSIEME zugeordnete Stelle oder Einheit gebraucht. Auf dem damaligen Organigramm der ESTV waren für INSIEME zwei Stabsbereiche (Finanzinspektorat und Beschaffung) und drei Linienbereiche aufgeführt. In den Hauptabteilungen MWST und Direkte Bundessteuer, Verrechnungssteuer und Stempelabgaben (DVS) gab es für das Projekt INSIEME je eine Linienfunktion. Bei der ESTV konnte ich, wenn ich das Organigramm betrachtete, davon ausgehen, dass sich mehrere Fachleute um INSIEME kümmerten, denn das Wort INSIEME kam auf diesem Organigramm mehrfach vor. Beim BIT fehlte mir das.» (Protokoll der AGI vom 8. Nov. 2013, S. 35).

561 Aufgrund der Erkenntnisse der EFD-Administrativuntersuchung vom 13. Juni 2012 stellte die Vorsteherin des EFD den Direktor der ESTV frei. Der stv. Direktor der ESTV wurde daraufhin Direktor ad interim.

6500

mitgetragen habe.562 Gemäss dem stv. Direktor der ESTV bestanden die Meinungsverschiedenheiten meistens zwischen ihm und dem Direktor der ESTV.563 Aus Sicht des GPA-Vorsitzenden gab es auf fachlicher wie auch persönlicher Ebene «immense Auseinandersetzungen» zwischen dem Direktor der ESTV und seinem Stellvertreter.564 Weiter führten die unklaren AKV des Vizedirektors (und zugleich Leiters der Hauptabteilung MWST und Vorsitzenden des GPA) zu Konflikten innerhalb der Direktion der ESTV. Der GPA-Vorsitzende verwies auf die Schnittstellen zwischen ihm, dem GPL und dem Leiter der LBO und forderte anlässlich einer GL-Sitzung Anfang 2009 eine Klärung seiner Rolle.565 Die GL ESTV beschloss, ihn zum Delegierten der GL im Projekt INSIEME zu machen. Er sei die erste Ansprechsperson und Vorgesetzter des GPL auf der Stufe GL und habe eine «Fühlerfunktion» inne, die ihn dazu verpflichte, die GL angemessen über INSIEME zu informieren; eine Entscheidverantwortung habe er jedoch nicht.566 Ein Tätigkeitsbeschrieb des Vorsitzenden des GPA wurde nicht erstellt.567 Der Vizedirektor der ESTV (seit 2008) sagte gegenüber der AGI aus, dass es eine «sehr unangenehme Sandwichposition» gewesen sei, in einem Organigramm zu stehen, ohne entscheiden zu können.568 Die ESTV habe keine Streitkultur gekannt und letztlich habe der Direktor entschieden.569 Letztgenanntes steht jedoch in einem gewissen Widerspruch zur Aussage des Vizedirektors der ESTV, dass innerhalb der ESTV ­ unabhängig von den Gremien, die sich mit INSIEME befassten ­ faktisch der Direktor der ESTV, sein Stellvertreter sowie er das Sagen gehabt hätten.570 Aus Sicht des Vizedirektors der ESTV (seit 2008) war INSIEME ein vom Direktor und dessen Stellvertreter gemeinsam aufgebautes Projekt, weshalb seine Kritik von ihnen nicht ernst genommen worden sei.571 Der Direktor der ESTV (2000­2012) hielt fest, dass sein Stellvertreter und er die Ziele, jedoch nicht die IT-Ausführung (Methoden, Architektur usw.) von INSIEME festgelegt hätten. In der kritischen Phase seien die meisten Beschlüsse des LAS bzw.

des GPA auf Antrag des Vizedirektors der ESTV (seit 2008) gefasst worden.572 Betreffend der Zusammenarbeit zwischen den Hauptabteilungen gab der Vizedirektor der ESTV (seit 2008) zu Protokoll: «Bei INSIEME gab es eine Zusammenarbeit,

562 563 564 565 566 567

568 569 570

571 572

Protokoll der AGI vom 10. Juni 2013, S. 62 (Direktor ESTV 2000­2012); Protokoll der AGI vom 28. Mai 2013, S. 17, 23­24, 26 und 28 (stv. Direktor ESTV seit 1995).

Protokoll der AGI vom 28. Mai 2013, S. 28 (stv. Direktor ESTV seit 1995).

Protokoll der AGI vom 13. Sept. 2013, S. 32 (Vizedirektor ESTV seit 2008).

Auszug aus dem Protokoll der GL ESTV vom 21. Jan. 2009, S. 1­2.

Auszug aus dem Protokoll der GL ESTV vom 21. Jan. 2009, S. 3.

Brief der Vorsteherin des EFD an die AGI vom 4. Sept. 2013, S. 2. Im Protokollauszug der GL ESTV vom 21. Jan. 2009 ist in einer nachträglichen Anmerkung festgehalten, dass der Direktor der ESTV, sein Stellvertreter, der Vorsitzende des GPA und der GPL nach der Sitzung weitere Einzelheiten zu den AKV besprechen und die GL darüber orientieren werden. In den Protokollen, die den FK und GPK vorliegen, finden sich jedoch keine diesbezüglichen Angaben.

Protokoll der AGI vom 13. Sept. 2013, S. 21 (Vizedirektor ESTV seit 2008).

Protokoll der AGI vom 13. Sept. 2013, S. 33 (Vizedirektor ESTV seit 2008).

Habe zwischen dem Direktor der ESTV (2000­2012), dem stv. Direktor der ESTV (seit 1995) und ihm keine Einigkeit bestanden, habe der Direktor der ESTV (2000­2012) entschieden. Seien sie sich in einer Sache einig gewesen, habe diese Meinung gegolten, unabhängig ob weitere Beteiligte anderer Ansicht gewesen seien (Schreiben des Bundesrats an die AGI vom 22. Okt. 2014, S. 5).

Protokoll der AGI vom 13. Sept. 2013, S. 32 (Vizedirektor ESTV seit 2008).

Schreiben des Direktors der ESTV (2000­2012) an die AGI vom 15. Okt. 2014, S. 3.

6501

weil sie sein musste. Sonst waren wir aber getrennt, und das hat sich bewährt.»573 In Bezug auf FISCAL-IT führte er zudem aus, dass die Hauptabteilung MWST betreffend Definition der Anforderungen die Hauptabteilung DVS «überrenne» und es eine grosse Herausforderung sei, dass sich alle ESTV-Mitarbeiter für FISCAL-IT engagieren und es als gemeinsames Produkt ansehen.574 Laut dem stv. Direktor der ESTV (seit 1995) habe sich die Hauptabteilung DVS, deren Leitung er innehatte, stets an die gemeinsam getroffenen Entscheide der Amtsleitung gehalten, während die Hauptabteilung MWST diese teilweise nicht umgesetzt habe.575 INSIEME sei an der fehlenden gemeinsamen Kultur gescheitert, die es verunmöglicht habe, ein gemeinsames Verständnis des Projekts und eine gemeinsame Führung aufzubauen.576 Beurteilung durch die FK und GPK Das Silodenken der Hauptabteilungen der ESTV, das mit INSIEME hätte aufgelöst werden sollen, prägte INSIEME entscheidend. Die Konflikte innerhalb der Direktion der ESTV, insbesondere zwischen dem ehemaligen Direktor der ESTV und dessen Stellvertreter, beeinflussten INSIEME auf negative Art und Weise und wurden im Nachhinein vom Direktor der ESTV kleingeredet. Der vom Vizedirektor der ESTV (seit 2008) geforderten Klärung seiner AKV als Vorsitzender des GPA wurde mit der Festlegung der «Fühlerfunktion» in keiner Weise Rechnung getragen. Aus Loyalität gegenüber dem Direktor der ESTV wurden die Konflikte nicht auf die Stufe Departement eskaliert. Die Aussagen des Vizedirektors der ESTV (seit 2008) in Bezug auf FISCAL-IT, das Nachfolgeprogramm von INSIEME, halten die FK und GPK für besorgniserregend: Sie machen sich Sorgen, dass in Bezug auf die Schaffung einer gemeinsamen Kultur innerhalb der ESTV nicht genügend Fortschritte erzielt werden konnten.

4.3.1.3

Informationsbasis der Direktion der ESTV

Die Direktion wurde anhand der Projektreportings und deren Beratung im Rahmen der GL-i sowie der LAS- bzw. GPA-Sitzungen über den Stand von INSIEME informiert. Offen bleibt, ob die Direktion der ESTV noch über andere institutionelle Informationskanäle innerhalb der ESTV verfügte.

Der Direktor der ESTV sagte gegenüber der AGI, dass ihn die Projektreportings nie zufriedengestellt hätten und er deshalb stets daran gearbeitet habe.577 Das grösste Problem im Zusammenhang mit dem Reporting sei die Leistungsmessung gewesen, d. h. festzustellen, welche Prozesse schon fertig gebaut waren und welche noch nicht.578 Ende 2010 habe er realisiert, dass die Reportings teilweise unvollständig waren oder die Situation beschönigten.579 Der stv. Direktor der ESTV gab zu Protokoll, dass er regelmässig neue Inhalte im Reporting von INSIEME verlangt habe.580 Laut dem Vizedirektor der ESTV (seit 2008) habe man auf Stufe GPA das Gefühl 573 574 575 576 577 578 579 580

Protokoll der AGI vom 13. Sept. 2013, S. 33 (Vizedirektor ESTV seit 2008).

Protokoll der AGI vom 13. Sept. 2013, S. 35­36 (Vizedirektor ESTV seit 2008).

Protokoll der AGI vom 28. Mai 2013, S. 22 (stv. Direktor ESTV seit 1995).

Protokoll der AGI vom 28. Mai 2013, S. 21 (stv. Direktor ESTV seit 1995).

Protokoll der AGI vom 10. Juni 2013, S. 63 (Direktor ESTV 2000­2012).

Protokoll der AGI vom 10. Juni 2013, S. 63 (Direktor ESTV 2000­2012).

Protokoll der AGI vom 10. Juni 2013, S. 63 (Direktor ESTV 2000­2012).

Protokoll der AGI vom 28. Mai 2013, S. 23 (stv. Direktor ESTV seit 1995).

6502

gehabt, dass nicht alle Informationen weitergeleitet wurden, obwohl dies verlangt worden sei.581 Die seit Mitte 2010 erstellten INSIEME-Quartalsberichte wurden bis Mitte 2011 vom GPL geprüft und freigegeben. Erst als die Quartalsberichte ab Mitte 2011 auch an die FinDel gingen, wurden sie entweder vom Direktor der ESTV oder vom Vorsitzenden des GPA freigegeben.

Beurteilung durch die FK und GPK Der Direktor der ESTV setzte sich zwar für eine Verbesserung des Berichtswesens innerhalb der ESTV ein, konnte aber nicht dafür sorgen, dass es inhaltlich wie auch formell seinen Anforderungen entsprach. Die ESTV ergriff offensichtlich bis 2011 nicht die angemessenen Massnahmen, um die Qualität der Projektinformationen zu verbessern. Dazu kam, dass teilweise nicht alle relevanten Informationen bis zur Direktion der ESTV gelangten.582 Die FK und GPK können nicht beurteilen, inwiefern sich die korrekte Freigabe der Quartalsreporte auf deren Qualität ausgewirkt hat.

Die FK und GPK halten fest, dass es an der hierarchisch übergeordneten Ebene bzw.

an den Empfängern der Informationen liegt, diejenigen Informationen einzufordern, die sie benötigen, um ihre Rolle und Verantwortung wahrnehmen zu können. Im Zweifelsfall haben die Empfänger so lange nachzustossen, bis sie die angeforderten Informationen erhalten.

4.3.1.4

Fachliche Entscheide der Direktion der ESTV

Die Direktion der ESTV verabschiedete Ende 2001 die IT-Vision, die eine weitgehende Harmonisierung der Applikationslandschaft der ESTV beabsichtigte. Ziel der IT-Vision war, für die gesamte ESTV ein einheitliches IT-System für alle Steuerarten zu entwickeln. Die IT-Vision implizierte einen Wechsel von der funktions- zur prozessorientierten Arbeitsweise. Aus der Sicht des Direktors der ESTV wurde die Notwendigkeit der Umsetzung der IT-Vision nie grundsätzlich angezweifelt, weshalb die IT-Vision während des ganzen Projekts nie angetastet wurde.583 Die Grundprozesse der verschiedenen Steuerarten, mit denen sich die ESTV befasst, seien sehr einheitlich und es sei deshalb nicht einzusehen, weshalb diese unterschiedlich organisiert sein sollen.584 Der Vizedirektor der ESTV (seit 2008) erachtete das Festhalten an der Vision «Alles Gemeinsam» und an der damit verbundenen Harmonisierung der Prozesse retrospektiv als Fehlentscheidung, da sich in seiner Einschätzung die Steuerarten inhaltlich stark unterscheiden.585 Der Vorsteher des EFD (2004­2010) beurteilte die IT-Vision als «sehr ehrgeizig».586 Aus Sicht des Generalsekretärs des EFD (1996­2007) waren sowohl die IT-Vision wie auch das gewählte Vorgehen überzeugend.587 Gemäss dem Direktor der EFK (1998­2013) war die IT-Vision zwar benutzer- und bürgerfreundlich, 581 582 583 584 585 586 587

Protokoll der AGI vom 13. Sept. 2013, S. 24 (Vizedirektor ESTV seit 2008).

Vgl. Kapitel 3.3.3.

Protokoll der AGI vom 10. Juni 2013, S. 44 und 47 (Direktor ESTV 2000­2012).

Protokoll der AGI vom 10. Juni 2013, S. 47 (Direktor ESTV 2000­2012).

Bericht der ESTV (Vizedirektor ESTV seit 2008) vom 25. Jan. 2013, Teil 2, S. 6.

Protokoll der AGI vom 8. Nov. 2013, S. 47 (Vorsteher EFD 2004­2010).

Protokoll der AGI vom 28. Okt. 2013, S. 34 (Generalsekretär EFD 1996­2007).

6503

jedoch zu umfassend ­ ihre Komplexität sei «grausam unterschätzt» worden.588 Die EFK stellte in ihrem Bericht von 2005 fest, dass die Informatikarchitektur sehr ambitioniert sei, und empfahl der ESTV, die damit einhergehenden Risiken zu überprüfen.589 Ende August 2007 entschied die Direktion der ESTV, die Vertragsverhandlungen mit der Firma Unisys ­ die im März 2006 den Zuschlag für die WTO-Ausschreibung erhalten hatte ­ abzubrechen, da keine Einigung erzielt werden konnte. Nach der negativen Erfahrung mit Unisys beschloss die ESTV, keine neue WTO-Ausschreibung vorzunehmen, sondern INSIEME mit dem BIT als strategischem Partner zu realisieren.590 Auf der Führungsebene der ESTV fand eine langwierige Diskussion darüber statt, mit welcher Technologie INSIEME gebaut werden sollte. Dabei ging es um die Frage, ob INSIEME mittels Individualentwicklung oder Standardsoftware realisiert werden sollte. Ende 2007 entschied sich die ESTV für die Eigenentwicklung.591 Dieser Grundsatzentscheid wurde wiederholt angezweifelt, letztlich aber stets bestätigt. So wurden auch nach der Absetzung des GPL im März 2011 das bisherige Vorgehen sowie die eingesetzte Technologie infrage gestellt.592 Der GPA entschied sich Mitte 2011 für die Fortsetzung der Individualentwicklung.593 Im Rahmen der Standortbestimmung im Sommer 2012 wurde die Frage erneut thematisiert.594 Der Direktor der ESTV äusserte gegenüber der AGI die Meinung, man könne solche Differenzen nicht ausräumen und die diesbezüglichen Diskussionen nicht verbieten.

Er habe die Technologiefrage nicht beurteilen können, weil er in diesem Zusammenhang «heillos überfordert» gewesen sei ­ da müsse man einfach glauben, was einem gesagt werde.595 Er habe sich diesbezüglich auf die Ratschläge des BIT verlassen.596 Im Protokoll der GL ESTV vom 21. Januar 2009 wurde der Beschluss der GL festgehalten, «für Dienstleistungsverträge auf der Basis von Experten-/Personalanstellung keine WTO-Ausschreibungen durchzuführen».597 An dieser Sitzung sagte der stv. Direktor der ESTV (seit 1995): «Im Übrigen dürfen wir uns nicht von WTOVorgaben davon abhalten lassen, das Projekt zügig umzusetzen».598 Auch der Vizedirektor der ESTV erklärte gegenüber der AGI, die ESTV sei derart mit dem Überleben des Projekts beschäftigt gewesen, dass man sich in Bezug auf die Einhaltung der beschaffungsrechtlichen Bestimmungen gesagt habe: «Wir können uns das nicht leisten, wir müssen jetzt vorwärtsmachen.»599 Laut dem Leiter des FISP ESTV sei

588 589 590

591 592 593 594 595 596 597 598 599

Protokoll der AGI vom 14. Okt. 2013, S. 22 (Direktor EFK 1998­2013).

EFK-Bericht vom 25. Febr. 2005, S. 9.

Protokoll der GL-i vom 15. Nov. 2007, S. 1; Ergebnisse der AIR vom 15. Nov. 2007, S. 8; Absichtserklärung zur strategischen Zusammenarbeit zwischen der ESTV und dem BIT vom 11. Febr. 2008; vgl. Kapitel 3.5.3.2.

Protokoll der GL-i vom 25. Okt. 2007, S. 3; Ergebnisse der AIR vom 15. Nov. 2007, S. 24.

Protokoll des GPA vom 31. März 2011, S. 3.

Protokoll des GPA vom 21. Juni 2011, S. 4­5.

Standortbestimmung INSIEME vom 31. Aug. 2012, S. 17.

Protokoll der AGI vom 10. Juni 2013, S. 61 (Direktor ESTV 2000­2012).

Protokoll der AGI vom 10. Juni 2013, S. 55 (Direktor ESTV 2000­2012).

Auszug aus dem Protokoll der GL ESTV vom 21. Jan. 2009, S. 3.

Auszug aus dem Protokoll der GL ESTV vom 21. Jan. 2009, S. 2.

Protokoll der AGI vom 13. Sept. 2013, S. 26 (Vizedirektor ESTV seit 2008).

6504

es eigentlich bekannt gewesen, dass die ESTV Beschaffungen nicht WTO-konform durchführte.600 Der Direktor der ESTV (2000­2012) erfuhr gemäss eigener Aussage erst gegen Ende 2010, dass HERMES bei INSIEME nicht befolgt wurde.601 Laut dem Vizedirektor der ESTV (seit 2008) habe die Abwicklung bzw. das Vorgehen von INSIEME in der Kompetenz des GPL gelegen.602 Als GPL ad interim603 habe er versucht, HERMES schrittweise einzuführen.604 Aufgrund des Termindrucks habe aber die Absicht, eine methodische Systematik zu etablieren, eine weniger grosse Bedeutung gehabt.605 Schliesslich fällte der GPA im August 2011 den fachlichen Entscheid, den Leistungsumfang von INSIEME zu reduzieren.606 Beurteilung durch den Bundesrat Der Ansatz, die beiden sehr unterschiedlichen Steuerarten DVS und MWST in einem einheitlichen Informatiksystem zusammenzufassen, stellte ­ gemäss Beurteilung des Bundesrats ­ aufgrund seiner Komplexität sehr hohe, fast unlösbare Anforderungen an die Beteiligten.607 Die Ablösung der Systeme MOLIS und STOLIS ­ also die Kernaufgabe von INSIEME ­ sei lange Zeit vernachlässigt worden.608 Beurteilung durch die FK und GPK Die FK und GPK teilen die Einschätzung des Bundesrats, dass der Komplexität des Vorhabens nicht angemessen Rechnung getragen wurde. Die 2001 konzipierte und in ihrem Ansatz überzeugende IT-Vision wurde nicht hinlänglich mittels einer Umsetzungsstrategie und eines Masterplans präzisiert. Die ESTV lancierte Projekte, erarbeitete Konzepte und begann, die IT-Vision auf operationeller Ebene umzusetzen, ohne einem systematischen Ansatz zu folgen.

Die Direktion der ESTV entschied sich bewusst gegen ein mit den beschaffungsrechtlichen Vorgaben konformes Vorgehen. In Bezug auf die für IKT-Projekte vorgeschriebene Projektmethodik HERMES hat sie in Kauf genommen, dass diese bis Ende 2011 nicht zur Anwendung gelangte. Sie hat kaum etwas unternommen, um den Einsatz von HERMES bei den IKT-Projekten von INSIEME durchzusetzen.

Die FK und GPK kritisieren diese Verhaltensweise.

Bei der Kontroverse zur Frage, mit welcher Technologie INSIEME gebaut werden sollte, handelte es sich um eine Stellvertreterdebatte, die viele Ressourcen bean600 601 602 603 604 605 606

607 608

Protokoll der AGI vom 23. Jan. 2014, S. 55 (Leiter FISP ESTV seit 2005). Weitergehende Informationen zum Beschaffungswesen enthält das Kapitel 3.7.

Protokoll der AGI vom 10. Juni 2013, S. 60 (Direktor ESTV 2000­2012).

Protokoll der AGI vom 13. Sept. 2013, S. 23 (Vizedirektor ESTV seit 2008).

Der Vizedirektor der ESTV (seit 2008) amtete zwischen März 2011 und Oktober 2011 als GPL ad interim; zuvor und danach war er Leiter des LAS bzw. GPA.

Protokoll der AGI vom 13. Sept. 2013, S. 23 (Vizedirektor ESTV seit 2008).

Protokoll der AGI vom 13. Sept. 2013, S. 24 (Vizedirektor ESTV seit 2008). Weitergehende Informationen betreffend HERMES sind in Kapitel 3.3 aufgeführt.

Der GPA genehmigte die Massnahme «Fokussierung aller Arbeiten im Projekt auf die Erstellung der Funktionalitäten, die notwendig sind, um die Altsysteme STOLIS und MOLIS abzulösen, unter Einhaltung der vorhandenen finanziellen Mittel» (Protokoll des GPA vom 17. Aug. 2011, S. 3).

1. BR-Bericht vom 27. Febr. 2013, S. 52.

1. BR-Bericht vom 27. Febr. 2013, S. 53. Die weitergehende Aufarbeitung und Beurteilung des Bundesrats betreffend das Projektmanagement wird in Kapitel 3.3 thematisiert.

6505

spruchte, ohne einen Mehrwert zu generieren. Der Konflikt wirkte sich äussert negativ auf den Projektverlauf aus. Die Kontroverse um die Technologie ist auch im Zusammenhang mit dem auf beiden Seiten unklaren Rollenverständnis der ESTV und des BIT zu verstehen:609 Eigentlich hätte sich die ESTV diese Frage gar nicht stellen sollen, da es gemäss NOVE-IT und der Projektmethodik HERMES in der Zuständigkeit des Leistungserbringers gelegen wäre, zu bestimmen, wie ­ d. h. unter anderem auf welcher technologischen Grundlage ­ INSIEME realisiert werden sollte.

4.3.1.5

Personalpolitische Entscheide der Direktion der ESTV

Während der zwölf Jahre von der Projektinitialisierung 2001 bis zum Abbruch 2012 fällte die Direktion der ESTV zahlreiche personalpolitische Entscheide, die einen direkten Einfluss auf den Projektverlauf hatten und teilweise zum Scheitern des Vorhabens beitrugen.

Anfang 2005 bestimmte die Direktion einen Programmkoordinator INSIEME, um das bisherige koordinatorische Manko zwischen den verschiedenen Projekten zu beheben, die in der Anfangsphase von INSIEME parallel liefen. Das BIT hielt es für einen Fehlentscheid, diesen Programmkoordinator, ein enger Vertrauter des Direktors der ESTV, einzusetzen. Er sei von Anfang an wegen seiner «völlig fehlenden Erfahrung mit IT-Projekten» aufgefallen.610 Der Programmkoordinator trat Ende 2007 aus der ESTV aus, stand der ESTV aber als Berater in einem Mandatsverhältnis weiterhin zur Verfügung.611 Die Stelle des Programmkoordinators wurde nach dem Abbruch der Vertragsverhandlungen mit Unisys nicht mehr besetzt.612 Im Rahmen von NOVE-IT wurde der frühere Leiter der Sektion Entwicklung und Informatikverantwortliche der ESTV Leiter der LBO. Laut dem Vizedirektor der ESTV (seit 2008) hatte der Leiter der LBO ­ ein langer Weggefährte des Direktors ­ grossen Einfluss auf INSIEME: War dieser «in technischer Hinsicht anderer Meinung als das Projekt, musste sich das Projekt beugen».613 Gemäss dem BIT brachte der Leiter der LBO seine Geringschätzung für das BIT und die BIT-Mitarbeitenden in Worten und Taten immer wieder unmissverständlich zum Ausdruck.614 Im Rahmen der EFD-Administrativuntersuchung ergaben sich «klare Verdachtsmomente», dass er seine Position zu seinen Gunsten ausgenutzt hatte.615 Die Bundesanwaltschaft eröffnete im Mai 2012 gegen den Leiter der LBO sowie gegen unbekannte Täterschaft ein Verfahren, das bis zur Publikation des vorliegenden Berichts noch nicht abgeschlossen wurde. Es gilt die Unschuldsvermutung. Der Direktor ad inte-

609 610

611

612 613 614 615

Vgl. Kapitel 3.5.

1. BR-Bericht vom 27. Febr. 2013, S. 18. Auch der Leiter des FISP ESTV (seit 2005) gab zu Protokoll, dass der Programmkoordinator seiner Ansicht nach nicht über die nötigen Qualifikationen verfügte (Protokoll der AGI vom 23. Jan. 2014, S. 45).

Protokoll der AGI vom 23. Jan. 2014, S. 45 (Leiter FISP ESTV seit 2005); Dienstleistungsvertrag zwischen der ESTV (Direktor der ESTV) und dem ehemaligen Programmkoordinator INSIEME vom 1. März 2008.

1. BR-Bericht vom 27. Febr. 2013, S. 16.

Protokoll der AGI vom 13. Sept. 2013, S. 29 (Vizedirektor ESTV seit 2008).

Bericht des BIT vom 25. Jan. 2013, S. 6.

Protokoll der AGI vom 27. Febr. 2013, S. 25 (Leiter Rechtsdienst seit 2010).

6506

rim der ESTV (2012­2013) stellte den Leiter der LBO nach der Eröffnung des Strafverfahrens frei, ihm wurde per Ende Mai 2014 gekündigt.616 Dem Antrag der AIR folgend ernannte die GL-i am 25. Oktober 2007 den neuen GPL und gab ihm die Kompetenz, «über die personellen Ressourcen (intern und extern) sowie die genehmigten Budgetmittel zu bestimmen».617 Die Fähigkeiten des GPL (2007­2011) wurden innerhalb der ESTV618 sowie vonseiten des BIT619 und des EFD620 wiederholt angezweifelt. Der Vizedirektor der ESTV forderte mehrmals die Absetzung des GPL;621 nach dem Erscheinen des SQS-Berichts622 im November 2010 habe er seine Weiterbeschäftigung von der Trennung vom GPL abhängig gemacht.623 Im März 2011 enthob der Direktor der ESTV den GPL seiner Aufgabe.

Der GPL verliess daraufhin die ESTV auf eigenen Wunsch624 und erhielt eine Ablösesumme sowie eine mehrmonatige Lohnfortzahlung.625 Das BIT stellte retrospektiv selbstkritisch fest, dass es die ESTV und das GS EFD nicht auf die fehlenden Qualifikationen des GPL hingewiesen habe.626 Der Direktor der ESTV kam rückblickend zum Schluss, dass er den Wechsel früher hätte vollziehen sollen; er habe aber sonst niemanden gehabt, der für diese Aufgabe besser geeignet gewesen wäre.627 Die fehlenden Kompetenzen bei den Projektbeteiligten waren ein generelles Problem.628 Gegenüber der AGI äusserte sich die Vorsteherin des EFD (seit 2010) diesbezüglich wie folgt: «Man hatte Leute im Einsatz, die eigentlich die Kompetenzen nicht hatten, um diese Projektarbeiten zu machen. Aber diese Leute sind nach Bundespersonalrecht angestellt. Man kann sich nicht einfach von einer Person trennen, weil man plötzlich feststellt, dass sie das nicht kann.»629 Als der Leiter der Hauptabteilung MWST (1999­2008) und zugleich Vorsitzende des LAS im Frühling 2008 in Pension ging, stellte sich die Frage, wer den Vorsitz des LAS übernehmen sollte. Aufgrund des Alters und der Erfahrung im IT-Bereich entschied sich der Direktor der ESTV für den neuen Leiter der Hauptabteilung MWST und zugleich Vizedirektor der ESTV.630 Der Amtsdirektor gab zu Protokoll, dass der stv. Direktor diesen Entscheid unterstützte: Der stv. Direktor habe ihm gesagt, dass er sich nicht wohlfühlen würde in dieser Rolle.631 Aus der Perspektive des stv. Direktors der ESTV ergab sich aber ein gänzlich anderes Bild: Er habe bereits viele Schwierigkeiten aus der Distanz mitanschauen müssen und habe des616 617 618 619 620

621 622 623 624 625 626 627 628 629 630 631

Der Leiter der LBO hat die Kündigungsverfügung beim Bundesverwaltungsgericht angefochten.

Vgl. Kapitel 4.3.1.4.

Bericht der ESTV (Vizedirektor ESTV seit 2008) vom 25. Jan. 2013, Teil 2, S. 7; Protokoll der AGI vom 10. Juni 2013, S. 57 (Direktor ESTV 2000­2012).

Bericht des BIT vom 25. Jan. 2013, S. 3.

Notiz Ressourcen EFD vom 23. Nov. 2010: Einschätzung zum gegenwärtigen ProjektStatus, S. 2. Der Leiter IKT des EFD (seit 2009) sagte gegenüber der AGI, dass der GPL eindeutig keine Projektleitungskompetenzen hatte (Protokoll der AGI vom 23. Jan. 2014, S. 36).

Bericht der ESTV (Vizedirektor ESTV seit 2008) vom 25. Jan. 2013, Teil 2, S. 15.

Audit-Bericht SQS vom 17. Nov. 2010.

Protokoll der AGI vom 13. Sept. 2013, S. 29 (Vizedirektor ESTV seit 2008).

1. BR-Bericht vom 27. Febr. 2013, Liste der involvierten Personen, S. 3.

EFK-Bericht vom Januar 2012, S. 14.

Bericht des BIT vom 25. Jan. 2013, S. 14.

Protokoll der AGI vom 10. Juni 2013, S. 57 (Direktor ESTV 2000­2012).

Vgl. Kapitel 3.3.

Protokoll der AGI vom 28. März 2013, S. 23 (Vorsteherin EFD seit 2010).

Protokoll der AGI vom 10. Juni 2013, S. 56 (Direktor ESTV 2000­2012).

Protokoll der AGI vom 10. Juni 2013, S. 56 (Direktor ESTV 2000­2012).

6507

halb seinen Vorgesetzten gebeten, ihm die Verantwortung für INSIEME zu übertragen.632 Der stv. Direktor sah sich gezwungen, den Entscheid seines Vorgesetzten zu akzeptieren.633 Beurteilung durch den Bundesrat Gemäss dem Bundesrat ist es rückblickend offensichtlich, dass ein GPL ohne Erfahrung mit grösseren Informatikprojekten für die Führung eines derart komplexen Projekts nicht geeignet ist und daher die Absetzung im Februar 2011 unvermeidbar war. Der erfahrene GPL (2011­2012), der im September 2011 sein Amt antrat, führte und strukturierte INSIEME fachgerecht und habe erreicht, dass die Vorgaben von HERMES und des Beschaffungsrechts eingehalten wurden.634 Beurteilung durch die FK und GPK Die FK und GPK erinnern mit Nachdruck daran, dass das Bundespersonal mittels Anforderungsprofilen zu rekrutieren ist, die Aufgaben in regelmässig aktualisierten Stellenbeschrieben festzuhalten und die Leistungen laufend anhand von Zielvereinbarungen zu überprüfen sind. Die FK und GPK verweisen in diesem Zusammenhang insbesondere auf das Bundespersonalgesetz (BPG),635 die Bundespersonalverordnung636 sowie die personalpolitischen Leitsätze für die Bundesverwaltung vom 1. Januar 2004, die es zu befolgen gilt.

Für die FK und GPK sind die Ernennungen des Programmkoordinators sowie des GPL nicht nachvollziehbar. Diese zentralen Positionen wurden offensichtlich kaum aufgrund der Qualifikationen der ernannten Personen besetzt. Erstaunlich ist insbesondere die Tatsache, dass der GPL sein Amt über dreieinhalb Jahren ausübte, obwohl es von Beginn weg Anzeichen gab, dass er nicht über die notwenigen Fähigkeiten verfügte.

Weiter stellen die FK und GPK fest, dass die Stellenbeschreibungen für die Schlüsselpersonen bei INSIEME nicht aktualisiert wurden.637 Das Bundespersonalrecht statuiert die Gründe für eine ordentliche Kündigung durch den Arbeitgeber: Unter anderem sind dies die Verletzung wichtiger gesetzlicher oder vertraglicher Pflichten, Mängel in der Leistung oder im Verhalten oder mangelnde Eignung, Tauglichkeit oder Bereitschaft, die im Arbeitsvertrag vereinbarte Arbeit zu verrichten.638 Zudem wird festgehalten, dass als Grund für die fristlose Kündigung durch die Vertragsparteien jeder Umstand gilt, bei dessen Vorhandensein der kündi632 633 634 635 636 637

Protokoll der AGI vom 28. Mai 2013, S. 16­17 (stv. Direktor ESTV seit 1995).

Protokoll der AGI vom 28. Mai 2013, S. 17 (stv. Direktor ESTV seit 1995).

3. BR-Bericht vom 15. Jan. 2014, S. 2.

BPG (SR 172.220.1).

BPV (SR 172.220.111.3).

Die AGI forderte Stellenbeschreibungen inkl. Anforderungsprofile zu den nachfolgenden Rollenträgern ein: Direktor ESTV; stv. Direktor ESTV; Leiter LBO ESTV; Vorsitzender GL-i; Vorsitzender LAS, Vorsitzender GPA; Tätigkeits- bzw. Aufgabenzuordnung der beiden Vertreter des EFD (GS EFD) im LAS bzw. GPA; Vorsitzender IRB; GPL; Direktor BIT; Leitung Lösungszentrum BIT; Delegierter ISB. Die erhaltenen Stellenbeschriebe waren unvollständig, mehrheitlich nicht unterschrieben und teilweise sehr alt. Der aktuellste Stellenbeschrieb des stv. Direktors der ESTV datiert beispielsweise von 1996. Die Stellenbeschriebe für die Vorsitzenden der GL-i, des LAS und des GPA erhielt die AGI nicht, mit der Begründung, dass die entsprechenden Aufträge durch den Direktor der ESTV direkt erteilt worden seien. Vgl. Kapitel 4.4.3.4.

638 Art. 10 Abs. 3 Bst. a-c BPG (SR 172.220.1). Vor Juli 2013 war die Bestimmung in Art. 12 Abs. 6 Bst. a-c BPG festgehalten.

6508

genden Partei nach Treu und Glauben die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zugemutet werden darf.639 Die FK und GPK haben kein Verständnis, dass die ESTV den ihr zur Verfügung stehenden Handlungspielraum in Bezug auf die Beendigung von Arbeitsverhältnissen nicht ausnutzte.

Insbesondere bedauern die FK und GPK, dass der Leiter der LBO nach der Eröffnung der EFD-Administrativuntersuchung lediglich freigestellt und das Arbeitsverhältnis erst auf Ende Mai 2014 gekündigt wurde. Sie sind klar der Ansicht, dass bei Mitarbeitenden, gegen die ein begründeter Verdacht auf eine strafbare Handlung besteht oder bereits ein Strafverfahren eingeleitet worden ist, mit der Kündigung nicht zugewartet werden darf. Wenn aufgezeigt werden kann, dass strafrechtlich relevante Taten gegen den Arbeitgeber begangen wurden, sollte unabhängig von einem laufenden Strafverfahren eine fristlose Kündigung erfolgen.640 Die FK und GPK können nicht beurteilen, ob dies in Bezug auf den Leiter LBO bereits vor Mai 2014 der Fall gewesen ist.

4.3.2

Zusammenarbeit und Koordination

4.3.2.1

Zusammenarbeit und Koordination der ESTV mit dem BIT und dem BBL

Die Zusammenarbeit und Koordination zwischen der ESTV und dem BIT sowie dem BBL wird in den Kapiteln 3.5 und 3.7 behandelt.

4.3.2.2

Zusammenarbeit und Koordination der ESTV mit dem Departement

Die Amtsleitung der ESTV informierte die Departementsspitze sowohl mündlich wie auch schriftlich über den Stand von INSIEME.

Zwischen dem Vorsteher bzw. der Vorsteherin des EFD und dem Direktor der ESTV fanden regelmässige Führungsgespräche statt, in denen INSIEME teilweise thematisiert wurde. Laut eigenen Angaben hatten der stv. Direktor der ESTV (seit 1995) hingegen nie und der Vizedirektor der ESTV (seit 2008)641 nur äusserst selten mit der Departementsspitze Kontakt in Bezug auf INSIEME.642 Im Informatikbereich war gemäss dem Direktor der ESTV mit wenigen Ausnahmen der Generalsekretär bzw. die Generalsekretärin des EFD seine Ansprechperson seitens des Departements.643 Dieser Austausch habe stets gut funktioniert. Unter der

639 640

641

642 643

Art. 12 Abs. 7 BPG vom 24. März 2000 in der Fassung vom 24. März 2000 (AS 2001 894).

Vgl. dazu auch das revidierte BPG: Seit Juli 2013 ist die Bestimmung in Kraft, die festlegt, dass die Vertragsparteien befristete und unbefristete Arbeitsverhältnisse «aus wichtigen Gründen» fristlos kündigen können (Art. 10 Abs. 4 BPG [SR 172.220.1]).

Der Vizedirektor der ESTV war zugleich Leiter der Hauptabteilung MWST und Vorsitzender des GPA. Letztere Funktion nahm er zwischen März 2011 und Oktober 2011 nicht wahr, da er als GPL ad interim amtete.

Protokoll der AGI vom 28. Mai 2013, S. 17 (stv. Direktor ESTV seit 1995); Protokoll der AGI vom 13. Sept. 2013, S. 24 (Vizedirektor ESTV seit 2008).

Protokoll der AGI vom 10. Juni 2013, S. 51 (Direktor ESTV 2000­2012).

6509

Generalsekretärin des EFD (2007­2010) sei jedoch phasenweise unklar gewesen, wer die IT führe, zudem habe sie keine guten IT-Berater im GS EFD gehabt.644 Ein intensiver Austausch über Projektdetails mit dem Vorsteher bzw. der Vorsteherin des EFD sei laut dem Direktor der ESTV «weder möglich noch sinnvoll»645 gewesen. Ein solcher sei ohnehin nicht vorgesehen gewesen, da die IT-Führung beim GS EFD gelegen habe.646 Die Departementsvorstehenden würden sich wohl meist nur mit der Frage befassen, ob ein Projekt zweckmässig sei oder nicht ­ viel mehr könnten sie nicht beitragen.647 Der Direktor der ESTV sah sich nicht in der Pflicht, die Departementsspitze über den Stand von INSIEME zu informieren, da diese die Reportings und die EFK-Prüfberichte erhielt und er annahm, dass sie vom Stab des EFD in Kenntnis gesetzt wurde.648 Deshalb wurden auch die EFK-Berichte nicht zwischen dem Amtsdirektor und der Departementsleitung besprochen.649 Laut dem Direktor der ESTV hätten sich die Vorstehenden des EFD wohlwollend nach dem Stand von INSIEME erkundigt und er habe über seine Sorgen berichten können.650 Es sei den Departementsvorstehenden bekannt gewesen, dass INSIEME ein Sorgenkind war, aber über Details habe er mit ihnen nicht gesprochen.651 Gemäss dem Vorsteher des EFD (2004­2010) vertrat der Direktor der ESTV ihm gegenüber die Meinung, dass INSIEME zwar ein schwieriges Projekt sei, dass aber alles gut laufe und die ESTV in der Lage sei, den Relaunch durchzuführen.652 Nach dem Relaunch habe sich der Direktor der ESTV stets dahingehend geäussert, dass es für ihn kaum mehr Zweifel daran gebe, dass das Projekt erfolgreich zu Ende geführt werden könne.653 Auch die Vorsteherin des EFD (seit 2010) gab zu Protokoll, dass Fragen ihrerseits vom Direktor der ESTV immer sehr positiv beantwortet worden seien: Die vorhandenen Schwierigkeiten werde man «stemmen», habe er gesagt.654 Die ESTV habe ihr zudem versichert, dass die Beschaffungen rechtskonform umgesetzt würden.655 Der Direktor der ESTV hielt Mitte 2011 gegenüber der Vorsteherin des EFD Folgendes fest: «Das Projekt ist Ende letzten Jahres in eine Krise geraten.

Mit den seit letzten November kontinuierlich umgesetzten Verbesserungen sowie mit weiteren Anstrengungen ist es nach wie vor realistisch, dass das Projektziel im vorgegebenen Budgetrahmen erreicht werden kann.»656

644

645 646 647 648 649 650 651 652 653 654 655 656

Protokoll der AGI vom 10. Juni 2013, S. 51 und 54 (Direktor ESTV 2000­2012). Diesbezüglich hielt der Leiter IKT des EFD (seit 2009) allerdings fest, dass die Generalsekretärin des EFD (2007­2010) ihn weder intensiv konsultiert noch sich geäussert habe, dass sie sich nicht gut beraten fühle (Schreiben des Bundesrats an die AGI vom 22. Okt. 2014, S. 6).

Protokoll der AGI vom 10. Juni 2013, S. 51 (Direktor ESTV 2000­2012).

Protokoll der AGI vom 10. Juni 2013, S. 54 (Direktor ESTV 2000­2012).

Protokoll der AGI vom 10. Juni 2013, S. 64 (Direktor ESTV 2000­2012).

Protokoll der AGI vom 10. Juni 2013, S. 64 (Direktor ESTV 2000­2012).

Protokoll der AGI vom 10. Juni 2013, S. 64 (Direktor ESTV 2000­2012).

Protokoll der AGI vom 10. Juni 2013, S. 51 (Direktor ESTV 2000­2012).

Protokoll der AGI vom 10. Juni 2013, S. 64 (Direktor ESTV 2000­2012).

Protokoll der AGI vom 8. Nov. 2013, S. 37­38 (Vorsteher EFD 2004­2010).

Protokoll der AGI vom 8. Nov. 2013, S. 39 (Vorsteher EFD 2004­2010); vgl. Kapitel 4.4.2.

Protokoll der AGI vom 28. März 2013, S. 12 (Vorsteherin EFD seit 2010).

Protokoll der AGI vom 28. März 2013, S. 11 (Vorsteherin EFD seit 2010).

Brief des Direktors der ESTV an die Vorsteherin des EFD vom 21. Juni 2011, S. 1.

6510

Beurteilung durch die FK und GPK Die FK und GPK stellen fest, dass die ESTV ihre Informationspflicht ungenügend wahrnahm: Die ESTV kommunizierte dem Departement die Projektschwierigkeiten nicht oder nur ungenügend. Der Direktor der ESTV verfolgte eine sehr restriktive Informationspolitik und beteuerte wiederholt, es bestehe kein Grund zur Sorge und das Projekt sei auf Kurs. Die Unterlagen bildeten zudem teilweise nicht die wahren Gegebenheiten ab. Aus Loyalitätsgründen wurden festgestellte Schwierigkeiten auch von den anderen GL-Mitgliedern der ESTV nicht an das Departement herangetragen. Dieser Umstand führte dazu, dass das Departement nicht während der gesamten Projektzeit über eine angemessene Informationsgrundlage verfügte, um seine Aufsichtsfunktion gemäss den rechtlichen Vorgaben ausüben zu können.657 Die mangelhafte Informationsbasis kann jedoch nur sehr beschränkt als Rechtfertigung für die unzureichende Wahrnehmung der Aufsichts- und Führungsfunktion des Departements herangezogen werden, da das Departement über Möglichkeiten verfügte, um sich ein realistisches Bild vom Stand des Projekts zu machen bzw. an die notwendigen Informationen zu gelangen.

4.3.2.3

Zusammenarbeit und Koordination der ESTV mit der EFK

Die Amtsdirektorinnen bzw. Amtsdirektoren sind die primären Ansprechpersonen der EFK, da sie die Verantwortung für die ihnen zugesprochenen Kredite tragen.658 Der Vizedirektor der EFK (2000­2013) äusserte die Kritik, dass die Geschäftsleitung der ESTV bei den Schlussbesprechungen der EFK-Berichte abwesend oder ungenügend vertreten gewesen sei.659 Diese Beanstandung entspricht nur teilweise den Gegebenheiten. An den Schlussbesprechungen der EFK-Berichte betreffend INSIEME von 2005 und 2006 nahm der Programmkoordinator INSIEME sowie 2005 auch der Leiter der LBO teil. Die Resultate des Prüfberichts von 2008 wurden im Rahmen der Schlussbesprechung unter anderem mit dem Vizedirektor der ESTV (und zugleich Leiter des LAS) sowie einen Tag danach mit dem Direktor der ESTV besprochen. Beide nahmen auch an der Schlussbesprechung des EFK-Berichts vom Januar 2012 teil.

Laut dem Direktor der ESTV befasste sich der Vizedirektor der ESTV mit den EFKBerichten und stellte der EFK die Stellungnahmen zu.660 Der Leiter des FISP ESTV gab zu Protokoll, dass die Stellungnahmen der ESTV zu den EFK-Prüfberichten in der Regel von den Mitgliedern der GL-i ohne Fragen gutgeheissen worden seien.661 Gemäss Vizedirektor der ESTV seien die EFK-Berichte von der ESTV «ein bisschen auf eine zu leichte Schulter genommen» worden.662 Mit dieser Aussage wolle 657 658

659 660 661 662

Vgl. Kapitel 4.4.2.

Diese Verantwortung ergibt sich daraus, dass die Amtsdirektorinnen bzw. Amtsdirektoren gemäss Art. 45 RVOG (SR 172.010) für die Führung der ihnen unterstellten Verwaltungseinheiten verantwortlich sind.

Protokoll der AGI vom 14. Okt. 2013, S. 42 (Vizedirektor EFK 2000­2013).

Protokoll der AGI vom 10. Juni 2013, S. 64 (Direktor ESTV 2000­2012).

Protokoll der AGI vom 23. Jan. 2014, S. 53 (Leiter FISP ESTV seit 2005).

Protokoll der AGI vom 13. Sept. 2013, S. 25 (Vizedirektor ESTV seit 2008). Diese Einschätzung wurde ­ mit Ausnahme des Berichts vom Januar 2012 ­ auch vom Leiter des FISP ESTV (seit 2005) geteilt (Protokoll der AGI vom 23. Jan. 2014, S. 51 und 56.

6511

er jedoch niemandem unterstellen, die EFK-Empfehlungen ignoriert zu haben.663 Die Empfehlungen seien mit der Anweisung ins Projekt eingegeben worden, dass sie umzusetzen seien,664 und man sei davon ausgegangen, dass sie auch umgesetzt würden.665 Die Kontrolle seitens der EFK habe im Rahmen der darauffolgenden Prüfung stattgefunden.666 Gemäss dem Direktor der ESTV erkundigte sich die EFK bei ihm nicht nach der Umsetzung ihrer Empfehlungen.667 Beurteilung durch die FK und GPK Die FK und GPK stellen fest, dass der Direktor der ESTV lediglich die Prüfberichte von 2008 und 2012 mit der EFK besprach, jedoch den Schlussbesprechungen von 2005 und 2006 fernblieb. Die FK und GPK sind der klaren Ansicht, dass die betroffene Direktorin oder der betroffene Direktor an den Schlussbesprechungen der EFK-Berichte mit dem Amt ausnahmslos teilnehmen sollte.

Weiter stellen die FK und GPK fest, dass die ESTV den EFK-Prüfberichten nicht das erforderliche Gewicht beimass und die Umsetzung der EFK-Empfehlungen nachweislich unzureichend war. ESTV-intern wurde über den Stand der Umsetzung der EFK-Empfehlungen nicht Buch geführt. Die FK und GPK sind der Ansicht, dass die lückenhafte Umsetzung der Empfehlungen auch dadurch ermöglicht wurde, dass die ESTV weder die EFK noch das Departement über den Stand der Umsetzung unterrichten musste. Die ESTV nahm zwar zu den EFK-Berichten jeweils Stellung und hielt dabei fest, wie sie die Empfehlungen umzusetzen gedenkt. Die in den Stellungnahmen der ESTV aufgeführten Massnahmen gingen aber teilweise nicht in angemessener Weise auf die Empfehlungen der EFK ein. Die ESTV nahm beispielsweise zu drei priorisierten EFK-Empfehlungen zum Projektmanagement668 wie folgt Stellung: «Im Rahmen der Überarbeitung der Gesamtprojektplanung werden alle Rollen definiert und die Projektorganisation überprüft.»669 Für die FK und GPK ist es unerlässlich, dass ein Amtsdirektor, bevor er die ihm vorgelegte Stellungnahme unterzeichnet,670 kontrolliert, ob darin dem Zweck der Empfehlung entsprochen wird. Zudem liegt es an der EFK, die Stellungnahmen der Ämter zu beanstanden, wenn die erwähnten Massnahmen die Anforderungen der EFK nicht erfüllen.671 663 664 665 666 667 668

Protokoll der AGI vom 13. Sept. 2013, S. 28 (Vizedirektor ESTV seit 2008).

Protokoll der AGI vom 13. Sept. 2013, S. 27 (Vizedirektor ESTV seit 2008).

Protokoll der AGI vom 13. Sept. 2013, S. 28 (Vizedirektor ESTV seit 2008).

Protokoll der AGI vom 13. Sept. 2013, S. 27 (Vizedirektor ESTV seit 2008).

Protokoll der AGI vom 10. Juni 2013, S. 64 (Direktor ESTV 2000­2012).

EFK-Bericht vom 18. Dez. 2008; Empfehlung 5.2.1: «Zur Sicherstellung aller zur Projektführung notwendigen Rollen innerhalb der Projekte sollte die heutige Projektorganisation angepasst und die zentralen Funktionen direkt dem Lenkungsausschuss unterstellt werden»; Empfehlung 5.2.2.: «Für die noch fehlenden personellen Ressourcen der notwendigen und definierten Rollen ist raschmöglichst eine Lösung zu finden, damit keine weiteren Projektverzögerungen eintreten»; Empfehlung 5.2.3: «Die Projektplanung muss rasch überarbeitet werden. Wo aufgrund des Arbeitsfortschritts noch keine genaueren Schätzungen möglich sind, müssen die Termine anders kommuniziert werden, z. B. als Arbeitshypothese oder adaptiver Etappenplan, damit keine falschen Erwartungen entstehen.» 669 Betreffend Empfehlung 5.2.3 wurde noch ergänzt, dass zur sicheren Abstimmung von Aufwänden und Terminen das BIT in der Gesamtprojektleitung vertreten ist.

670 Beim EFK-Bericht vom 25. Febr. 2005 unterzeichnete der Direktor der ESTV das Begleitschreiben an die EFK; die Empfehlungen im Anhang jedoch wurden vom damaligen Projektkoordinator signiert.

671 Vgl. Kapitel 6.6.4.

6512

4.3.3

Finanzinspektorat der ESTV (FISP ESTV)

Das FISP ESTV hat eine Doppelfunktion inne: Einerseits ist es die interne Revisionsstelle der ESTV, andererseits dient es der Amtsleitung als Führungsinstrument.

An dieser Stelle wird nur auf Letzteres eingegangen; Ersteres wird in Kapitel 6.6.12.1 abgehandelt.

Der Leiter des FISP ESTV ist direkt dem Direktor der ESTV unterstellt.672 Der Leiter des FISP ESTV (seit 2005) hatte monatliche Besprechungen mit dem Direktor der ESTV (2000­2012), in denen er ihn über den Stand der Prüfungen unterrichtete.673 Laut dem Leiter des FISP ESTV war der Direktor der ESTV gegenüber den Themen Kontrolle und Überprüfung nicht sehr aufgeschlossen. So habe der Direktor der ESTV gewollt, dass er, der Leiter des FISP, bei INSIEME mitarbeite, was er aus Unabhängigkeitsgründen jedoch abgelehnt habe.674 Erwähnenswert ist auch, dass der Leiter des FISP ESTV bis 2012 Ansprechpartner für das Risikomanagement des Bundes gegenüber dem Departement und der EFV war. Im Rahmen ihrer Qualitätsund Wirksamkeitsbeurteilung des FISP ESTV von Ende 2011 taxierte die EFK diese Rolle als unvereinbar mit der Unabhängigkeit des FISP, woraufhin der Leiter des FISP die Funktion abgab.675 Laut dem Vizedirektor der ESTV (seit 2008) ist die Stellung des Leiters des FISP ESTV nicht ideal, um eine optimale Kontrolle sicherzustellen, da es faktisch nicht möglich sei, dass der Leiter des FISP ESTV seinen Chef kontrolliere.676 Der Vizedirektor der EFK (2000­2013) erachtete die hierarchische Unterstellung in Bezug auf die Unabhängigkeit als ein generelles Problem; das FISP ESTV habe diesbezüglich kein besonderes Problem.677 Der Leiter des FISP ESTV beanstandete gegenüber der AGI die mangelnde Bereitschaft der Projektleitung, dem FISP die geforderten Unterlagen auszuhändigen.678 Bis zur zweiten Hälfte des Jahres 2010 wurde das FISP in Bezug auf INSIEME nicht gezielt als Führungsinstrument der GL ESTV eingesetzt. Die GL ESTV genehmigte die jährlichen Prüfprogramme jeweils innert weniger Minuten und ohne Anträge zu stellen.679 Gegen Ende des Jahres 2010680 prüfte das FISP im Auftrag des Direktors der ESTV die Ordnungsmässigkeit der Rechnungsstellung einer externen Beratungsfirma und deckte finanzielle Ungereimtheiten auf.681 2011 prüfte es vertieft Aspekte der finanziellen Führung sowie die Informatiksicherheit in Bezug auf INSIEME.682 Die Zwischenberichte683 stellte das FISP ESTV dem GPL ad 672 673 674 675 676 677 678 679 680 681 682 683

Art. 3 GO FISP ESTV vom 8. Okt. 2002 bzw. Ziff. 4.1 GO FISP ESTV vom Juni 2012.

Protokoll der AGI vom 23. Jan. 2014, S. 45 (Leiter FISP ESTV seit 2005).

Protokoll der AGI vom 23. Jan. 2014, S. 41 (Leiter FISP ESTV seit 2005).

EFK-Bericht vom Dezember 2011: Qualitäts- und Wirksamkeitsbeurteilung FISP ESTV, S. 8.

Protokoll der AGI vom 13. Sept. 2013, S. 27 (Vizedirektor ESTV seit 2008).

Protokoll der AGI vom 14. Okt. 2013, S. 49 (Vizedirektor EFK 2000­2013).

Protokoll der AGI vom 23. Jan. 2014, S. 42, 44 und 47 (Leiter FISP ESTV seit 2005).

Protokoll der AGI vom 23. Jan. 2014, S. 46 (Leiter FISP ESTV seit 2005).

Kurzbericht des FISP ESTV vom 19. Nov. 2010.

Insbesondere stellte das FISP ESTV fest, dass es Abweichungen zwischen den rapportierten und den in Rechnung gestellten Stunden gab.

Bericht des FISP ESTV vom 11. Juli 2011.

Zwischenberichte des FISP ESTV vom 25. März 2011 und 28. April 2011 zuhanden des GPL ad interim.

6513

interim und den Schlussbericht684 dem Direktor der ESTV, den Direktionsmitgliedern, dem GPL ad interim sowie der EFK zur Kenntnisnahme zu. Der Bericht wurde jedoch weder in der GL-i noch im GPA beraten. Mitte August 2011 setzte der damalige GPL a. i. ­ der Empfehlung des FISP ESTV folgend685 ­ eine Ad-hocGruppe686 ein, die den Auftrag erhielt, sämtliche Rechnungen von INSIEME aus dem Jahr 2010 zu überprüfen.687 Laut dem Leiter des FISP ESTV beschloss der Direktor der ESTV keine Massnahmen aufgrund der Berichte des FISP ESTV; jedoch habe sich der GPL ad interim stark für die Umsetzung der Empfehlungen des FISP ESTV eingesetzt.688 Die Vorsteherin des EFD sagte gegenüber der AGI, das FISP ESTV habe im Zusammenhang mit INSIEME nicht optimal funktioniert und dadurch die Erwartungen nicht erfüllt.689 Gemäss dem Leiter IKT EFD (seit 2009) und zugleich Vertreter des GS EFD im GPA war das FISP ESTV im Zusammenhang mit INSIEME inexistent.690 Beurteilung durch die FK und GPK Dem FISP ESTV als Führungsinstrument kam bei INSIEME keine bedeutende Rolle zu. Die FK und GPK erkennen in der Stellung des FISP ESTV gegenüber dem Direktor der ESTV eine Gefährdung der Unabhängigkeit des FISP. Sie sind der Ansicht, dass Schlüsselpersonen eines Projekts dem FISP keine Prüfaufträge in Bezug auf «ihr» Projekt erteilen sollten. Nur mit einer diesbezüglich klaren Trennung kann die Unabhängigkeit der Finanzinspektorate gestärkt werden.

Ungeklärt bleibt, wer innerhalb des Projekts INSIEME über die Erkenntnisse aus den Berichten des FISP ESTV in Kenntnis gesetzt wurde. Belegt ist lediglich, dass diese nicht im GPA traktandiert wurden. Es ist daher davon auszugehen, dass nicht alle Projektverantwortlichen über die Ergebnisse der Prüfungen unterrichtet wurden und die Wirksamkeit der Berichte dadurch gemindert wurde. Die FK und GPK erachten es als zielführend, dass die Berichte des FISP ESTV gemäss der revidierten Geschäftsordnung des FISP ESTV vom Juni 2012 neben dem Direktor und der EFK auch den Direktbetroffenen und den Mitgliedern der GL zugestellt werden.691 Künftig ist darauf zu achten, dass die Bestimmung betreffend Berichterstattung eingehalten wird und dass insbesondere die Projektverantwortlichen über die Resultate in 684

685 686

687

688

689 690 691

Im Schlussbericht vom Juli 2011 hielt das FISP ESTV unter anderem Folgendes fest: Die Mehrheit der EFK-Empfehlungen aus dem Bericht von Ende 2008 war nicht umgesetzt, es wurden unpräzise Verträge mit Drittfirmen abgeschlossen und die geleisteten Arbeiten waren nicht systematisch erfasst worden.

Bericht des FISP ESTV vom 11. Juli 2011, S. 16.

Verantwortlich für die Ad-hoc-Gruppe war der Abteilungschef Externe Prüfung MWST; die Kontrollen führten zwei Steuerexperten ­ mit technischem Support vom Leiter des FISP ESTV ­ durch.

Die Berichte lagen am 7. Sept. 2011 (Kontrolle der Verträge mit Dritten) bzw. am 28. Okt. 2011 (Kontrolle der Verträge mit dem BIT) vor. Die Ad-hoc-Gruppe erkannte zahlreiche Ungereimtheiten in der Art und Weise, wie die Verträge und Abrechnungen getätigt wurden.

Protokoll der AGI vom 23. Jan. 2014, S. 46 (Leiter FISP ESTV seit 2005). Der zweite Teil des Satzes beruht auf einer nachträglichen Protokollanmerkung des Leiters des FISP ESTV.

Protokoll der AGI vom 9. Okt. 2013, S. 32 (Vorsteherin EFD seit 2010).

Brief des Leiters IKT EFD an die AGI vom 14. Febr. 2014: Fragen der AGI zur schriftlichen Beantwortung, S. 3.

Ziff. 11.1 GO FISP ESTV vom Juni 2012: «Die Berichterstattung erfolgt an den Direktor, die Direktbetroffenen, an die GL-Mitglieder sowie an die EFK.»

6514

Kenntnis gesetzt werden. Die Amtsdirektorinnen bzw. Amtsdirektoren sind verpflichtet, im Rahmen der Wahrnehmung ihrer Aufsichts- und Führungsfunktion die Departementsvorsteherin bzw. den Departementsvorsteher bei Bedarf über die Berichte der FISP in Kenntnis zu setzen. Bei Feststellung schwerwiegender Mängel sind die FISP in der Pflicht, die Direktorin bzw. den Direktor sowie die EFK zu informieren.692

4.3.4

Informationen der ESTV an die parlamentarischen Oberaufsichtsorgane

Die ESTV informierte die parlamentarischen Oberaufsichtsorgane mündlich über den Stand von INSIEME ­ im Rahmen von Anhörungen, der Beratung des Voranschlags und der Staatsrechnung sowie im Rahmen von Informationsbesuchen. Des Weiteren stellte die ESTV den parlamentarischen Oberaufsichtsorganen schriftliche Informationen zu.

Vor 2007 orientierte die Direktion der ESTV die parlamentarischen Oberaufsichtsorgane sporadisch über den Stand von INSIEME. Im September 2007 informierte der Direktor der ESTV die zuständige Subkommission der FK-N über den Abbruch der Vertragsverhandlungen mit Unisys und bezeichnete die daraus resultierende Projektverzögerung als Hauptschaden des Abbruchs.693 Der stv. Direktor der ESTV (seit 1995) äusserte im April 2008 gegenüber derselben Subkommission die Meinung, dass die Projektrisiken durch die gewählte etappierte Vorgehensweise hätten minimiert werden können. Er schätzte die durch den Abbruch verursachte Projektverzögerung auf ein Jahr.694 Im April 2009 beteuerte der Direktor der ESTV, dass die ESTV die Lehren (kleinere Etappen, mehr internes Personal in der Projektleitung, engere Zusammenarbeit mit dem BIT) aus dem Projektabbruch gezogen habe.695 Anlässlich einer Informationssitzung der zuständigen Subkommission der FK-N im August 2009 bekräftigte der Direktor der ESTV, dass die Umgebung für INSIEME und die Zusammenarbeit mit dem BIT und mit dem BBL stimme.696 Zudem informierte er darüber, dass die ESTV einen Nachtragskredit in der Grössenordnung von 70 Millionen Franken beantragen werde.697 Im Oktober 2009 erwähnte der Direktor der ESTV gegenüber derselben Subkommission der FK-N Verzögerungen bei INSIEME.698 Im gleichen Monat orientierte er die FK-S über die anfallenden Mehrkosten, sagte aber auch, dass er bezüglich INSIEME wieder ein gutes Gefühl habe.699 Der stv. Direktor der ESTV (seit 1995) bezeichnete INSIEME gegenüber der zuständigen Subkommission der FK-N im April 2010 als sehr schwieriges und

692

693 694 695 696 697 698 699

Im Fall der ESTV ist dies unter Ziff. 11.5 der GO FISP ESTV vom Juni 2012 festgehalten. Die Finanzinspektorate sind laut Art. 11 Abs. 2 FKG (SR 614.0) verpflichtet, der EFK «ohne Verzug alle festgestellten Mängel von grundsätzlicher und erheblicher finanzieller Bedeutung» zu melden.

Protokoll der FK-N6 vom 14. Sept. 2007, S. 19 (Direktor ESTV 2000­2012).

Protokoll der FK-N6 vom 17. April 2008, S. 23 (stv. Direktor ESTV seit 1995).

Protokoll der FK-N6 vom 20. April 2009, S. 17 (Direktor ESTV 2000­2012).

Protokoll der FK-N6 vom 26. Aug. 2009, S. 12­13 (Direktor ESTV 2000­2012).

Protokoll der FK-N6 vom 26. Aug. 2009, S. 23 (Direktor ESTV 2000­2012).

Protokoll der FK-N6 vom 7. Okt. 2009, S. 16 (Direktor ESTV 2000­2012).

Protokoll der FK-S1 vom 14. Okt. 2009, S. 26 (Direktor ESTV 2000­2012).

6515

ambitiöses Projekt, zeigte sich aber zuversichtlich und rechnete mit dem Projektabschluss für 2012/13.700 Im September 2010 fand im Rahmen der Beratung des Zusatz- und Nachtragskredits zu INSIEME durch die FinDel eine Aussprache mit dem Direktor der ESTV (2000­ 2012) ­ ohne Beisein des Departements ­ statt. Der Direktor der ESTV informierte die FinDel über die Effizienzgewinne aufgrund von INSIEME (Gesamtnutzen von rund 200 Millionen jährlich) sowie über die Hintergründe des Nachtragskreditbegehrens. Das BIT sei nun enger in das Projekt eingebunden und in Bezug auf die Arbeitsteilung herrschten klare Verhältnisse.701 Weiter führte er aus, dass das Projektteam sehr gut zusammengesetzt sei und dass INSIEME als «sexy» gelte und eine gewisse Reputation geniesse.702 Die FinDel ersuchte die ESTV an derselben Sitzung, künftig anhand eines regelmässigen Reportings über die Entwicklung von INSIEME in Kenntnis gesetzt zu werden. Es wurde vereinbart, dass die ESTV keine speziellen Berichte für die FinDel verfasst, sondern dass die FinDel dieselben Berichte erhält, die dem Departement, dem IRB und der EFK zugestellt wurden. Ab Mitte 2011 erhielt die FinDel von der ESTV die INSIEME-Quartalsreporte.703 Im Rahmen der Beratung des Voranschlags 2011 durch die zuständigen Subkommissionen der FK-N und der FK-S gab der Direktor der ESTV zu Protokoll, dass die ESTV einerseits bessere Risikoanalysen werde vornehmen können und andererseits weniger Routinearbeiten werde verrichten müssen, sobald INSIEME realisiert sei ­ und diesbezüglich sei er zuversichtlich. Dadurch könne die ESTV einen Mehrertrag in der Grössenordnung von 200 Millionen Franken realisieren.704 Weiter führte er aus, dass die Projektorganisation ziemlich genau seiner Idealvorstellung entspreche und es eine klar geregelte Zusammenarbeit mit dem BIT gebe.705 Im April 2011 bezeichnete der Direktor der ESTV INSIEME gegenüber der zuständigen Subkommission der FK-N als Sorgenkind und informierte über die Mehrkosten und den Wechsel in der Projektleitung.706 Er sei aber optimistisch, dass die zur Verfügung stehenden Mittel für INSIEME ausreichend seien. Letztere Aussage wiederholte er im Oktober 2011 gegenüber derselben Subkommission.707 Anlässlich einer Informationssitzung der zuständigen Subdelegation der FinDel im Juni 2011 orientierten der Direktor der ESTV
sowie der Vizedirektor der ESTV (und zugleich GPL ad interim) über den Stand von INSIEME. Neben dem vollzogenen Wechsel in der Projektleitung und dem Entscheid zur Weiterführung der Individuallösung wurden auch diverse Mängel (Rückstände aufgrund unrealistischer Planung, fehlendes Projektmanagement-Know-how) und laufende Überprüfungen (Rolle des

700 701 702 703

704 705 706 707

Protokoll der FK-N6 vom 27. April 2010, S. 4­5 (stv. Direktor ESTV seit 1995).

Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 9./10. Sept. 2010, S. 5 (Direktor ESTV 2000­2012).

Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 9./10. Sept. 2010, S. 7 (Direktor ESTV 2000­2012).

Im Weiteren erstellte die ESTV für die FinDel im Oktober 2011 einen Zwischenbericht und im August 2012 eine Standortbestimmung zu INSIEME (Zwischenbericht INSIEME an die FinDel vom 14. Okt. 2011 und Standortbestimmung INSIEME vom 31. Aug.

2012).

Protokoll der FK-N6 vom 6. Okt. 2010, S. 34 (Direktor ESTV 2000­2012) und Protokoll der FK-S1 vom 20. Okt. 2010, S. 22 (Direktor ESTV 2000­2012).

Protokoll der FK-N6 vom 28. Okt. 2010, S. 10 (Direktor ESTV 2000­2012).

Protokoll der FK-N6 vom 27. April 2011, S. 22 (Direktor ESTV 2000­2012).

Protokoll der FK-N6 vom 7. Okt. 2011, S. 21 und 23­24 (Direktor ESTV 2000­2012).

6516

BIT, Zusammensetzung der Projektmitarbeitenden) thematisiert.708 Der Direktor der ESTV zeigte sich aber zuversichtlich und betonte, dass in den letzten Monaten Verbesserungen hätten erreicht werden können.709 Der GPL ad interim kam zum Schluss, dass sich das Projekt zwar im Umbruch befinde, dass aber kein Chaos herrsche und die Führung gut funktioniere.710 Der Direktor der ESTV konstatierte im Oktober 2011 gegenüber der zuständigen Subkommission der GPK-N, dass INSIEME schwierige Zeiten hinter sich habe, er aber jetzt wieder ein gutes Gefühl habe.711 Ende 2011 informierte er die FinDel über die Redimensionierung des Projekts, bekräftigte aber, dass durchaus mehr als nur das Minimalziel (Ablösung der Altsysteme) realisiert werden könne.712 Die Planung werde nun besser auf die Produktion abgestimmt und durch die Verlangsamung habe die ESTV das Projekt besser im Griff.713 Im Februar 2012 erinnerte der Direktor der ESTV die FinDel an die Schwierigkeiten von Ende 2010 und sprach von einer Überforderung des GPL und der GL ESTV.714 Seit einem Jahr werde das Projekt nun von einem professionellen Experten geleitet.

Weiter erwähnte er Fehler bei Beschaffungen und gab Auskunft über die Systemarchitektur. Gegenüber der zuständigen Subkommission der FK-N zeigte sich der Direktor der ESTV im März 2012 «sehr zuversichtlich» und gab zu Protokoll, dass er betreffend INSIEME ein «sehr gutes Gefühl habe».715 Gegenüber der zuständigen Subkommission der FK-S beteuerte der Direktor der ESTV ebenfalls, dass INSIEME jetzt wieder auf gutem Weg sei.716 In ihrer Stellungnahme zum Tätigkeitsbericht der FinDel von 2011 monierte die ESTV im Februar 2012, dass darin auf die negativen Aspekte der Vergangenheit fokussiert werde und positive Entwicklungen keine Erwähnung fänden.717 INSIEME stehe mittlerweile auf einem soliden Fundament. Anlässlich der gemeinsamen Informationssitzung der zuständigen Subdelegation der FinDel und der Subkommission der FK-N von Mitte 2012 äusserte der Direktor der ESTV ad interim die Überzeugung, dass INSIEME trotz der noch anstehenden Probleme, insbesondere in Bezug auf die Beschaffung personeller Ressourcen, erfolgreich zu Ende gebracht werden könne.718

708 709 710 711 712 713 714 715 716 717 718

Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 22. Juni 2011, S. 8 und 10­11 (Direktor ESTV 2000­2012) sowie S. 9 und 12­13 (Vizedirektor ESTV seit 2008).

Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 22. Juni 2011, S. 9 und 11 (Direktor ESTV 2000­2012).

Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 22. Juni 2011, S. 13 (Vizedirektor ESTV seit 2008).

Auszug aus dem Protokoll der Subkommission EFD/EVD der GPK-N vom 20. Okt. 2011, S. 6.

Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 28./29. Nov. 2011, S. 4 (Direktor ESTV 2000­2012).

Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 28./29. Nov. 2011, S. 4 (Direktor ESTV 2000­2012).

Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 6./7. Febr. 2012, S. 5 (Direktor ESTV 2000­2012).

Protokoll der FK-N6 vom 26. März 2012, S. 7 (Direktor ESTV 2000­2012).

Protokoll der FK-S1 vom 11. April 2012, S. 26 (Direktor ESTV 2000­2012).

Stellungnahme der ESTV vom 27. Febr. 2012 zum Tätigkeitsbericht der FinDel der eidg.

Räte 2011, S. 1.

Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 22. Juni 2012, S. 7 und S. 23 (stv. Direktor ESTV seit 1995).

6517

Beurteilung durch die FK und GPK Die FK und GPK kommen zum Schluss, dass der Direktor der ESTV die parlamentarischen Oberaufsichtsorgane über Jahre hinweg beschwichtigte und immer wieder beteuerte, dass INSIEME zwar mit Schwierigkeiten konfrontiert sei, die nötigen Massnahmen jedoch ergriffen worden seien. Zusammenfassend stellen die Oberaufsichtskommissionen fest, dass die Beurteilung des Projektstands durch die Direktion der ESTV meistens nicht den wahren Gegebenheiten entsprach. Die FK und GPK verurteilen das Verhalten der Direktion der ESTV, welches es der Oberaufsicht sehr erschwerte, ihren Aufsichtsauftrag wirksam wahrzunehmen. Die Oberaufsicht muss sich auf Aussagen von Amtsdirektoren grundsätzlich verlassen können.

Hingegen kann der ESTV nicht vorgeworfen werden, die schriftliche Berichterstattung an die FinDel sei nicht stufengerecht gewesen: Die FinDel hatte explizit beschlossen, sich im Rahmen des Reportings auf die bestehenden Quartalsberichte zu stützen und von der ESTV nicht zu verlangen, eigens für die Finanzoberaufsicht bestimmte Statusberichte zu erarbeiten.719

4.4

Aufsicht und Führung durch die Departementsführung des EFD

4.4.1

Ausgestaltung der Aufsichts- und Führungsfunktion

4.4.1.1

Aufgabenteilung der Departementsführung

Die Aufgabenteilung zwischen dem Vorsteher bzw. der Vorsteherin des EFD und dem Generalsekretär bzw. der Generalsekretärin wurde jeweils unterschiedlich vorgenommen. Der Vorsteher des EFD (1996­2003) hat nach eigenen Angaben die Führungsverantwortung im IKT-Bereich nicht abgegeben und führte konsequent über die Linie und nicht über die Stäbe.720 Dies wurde vom Generalsekretär des EFD (1996­2007) durch die Aussage bestätigt, dass das GS EFD während der Amtszeit des Vorstehers des EFD (1996­2003) «Stabs-, Controlling-, Reportingund Unterstützungsfunktionen, aber keine Führungsverantwortung über Bundesämter des EFD» wahrgenommen habe.721 Im Führungshandbuch des EFD, das im Rahmen der Departementsübergabe von Ende 2003 erstellt wurde und eine Übersicht über die Organisation, Prozesse und Geschäfte des Departements bot, war jedoch Folgendes festgehalten: «Die Führung der Informatik ist an den Generalsekretär delegiert.»722 Weiter hiess es unter «besondere Aufgaben» des GS EFD: «Wahrnehmung von Linienverantwortung (Generalsekretär) im Bereich der Informatik, insbesondere gegenüber dem BIT.»723 Laut dem Generalsekretär des EFD (1996­2007) übertrug ihm der neue Vorsteher des EFD (2004­2010) die Linienverantwortung über die Ressourcenämter (BIT,

719 720 721 722 723

Wie in Kapitel 4.3.1.3 und 4.4.2.1 erläutert, waren die Projektinformationen nicht adressatengerecht.

Protokoll der AGI vom 28. Okt. 2013, S. 8 (Vorsteher EFD 1996­2003); Schreiben des Bundesrats an die AGI vom 22. Okt. 2014, S. 7.

Protokoll der AGI vom 28. Okt. 2013, S. 32 (Generalsekretär EFD 1996­2007).

Führungshandbuch EFD von Dez. 2003, S. 27.

Führungshandbuch EFD von Dez. 2003, S. 30.

6518

BBL und Eidgenössisches Personalamt [EPA]).724 Damit waren die Direktoren der drei erwähnten Bundesämter direkt dem Generalsekretär des EFD unterstellt. Die Generalsekretärin des EFD (2007­2010) machte geltend, dass die unter ihrem Vorgänger bestehende Delegation der Linienverantwortung im Ressourcenbereich bei ihrem Amtsantritt aufgehoben worden sei.725 Mit dem Wechsel in der Leitung des GS EFD 2007 wurde die geteilte Linienführung folglich wieder aufgehoben. Die Generalsekretärin ­ und nicht der Vorsteher des EFD ­ blieb jedoch im Informatikbereich die Ansprechperson für den Direktor der ESTV.726 Die neue Vorsteherin des EFD (seit 2010) teilte ihrem Generalsekretär (seit 2010) mit, dass sie von ihm eine aktivere Rolle in Bezug auf INSIEME erwarte.727 Gemäss ihren Aussagen habe sich ihr Generalsekretär stark in das Projekt hineingegeben und versucht «zu lenken und mitzugestalten, zu organisieren und zu führen».728 Anders sah dies der Generalsekretär des EFD (seit 2010) selbst. Nach eigenen Angaben befasste er sich zwar von Amtsantritt weg intensiv mit INSIEME, das Departement hatte jedoch nicht die Absicht, das Projekt zu steuern und habe dies auch nie gemacht.729 So habe das GS EFD keine direkten Inputs gegeben, um eine Verwischung der Verantwortung zu verhindern.730 Ein Amtsprojekt könne nicht vom GS EFD, sondern nur vom Amt selbst geführt werden.731 Der Generalsekretär des EFD (seit 2010) sah die Aufgabe des GS EFD vielmehr darin, die von der Vorsteherin gewünschten Informationen zu beschaffen, aufzuarbeiten und zu bewerten sowie die technischen Fragen und Probleme im IKT-Bereich in eine für die Vorsteherin des EFD angemessene Sprache zu übersetzen.732 Beurteilung durch die FK und GPK Die FK und GPK stellen fest, dass das Rollenverständnis und die damit verbundene Aufgabenteilung der Departementsspitze während der Laufzeit von INSIEME sehr unterschiedlich waren. Die FK und GPK weisen darauf hin, dass der Generalsekretär bzw. die Generalsekretärin gemäss RVOG733 auf die ihm bzw. ihr zugedachte Stabsfunktion fokussieren sollte. Insbesondere soll dieser bzw. diese keine Linienführungsfunktion über Bundesämter ausüben. Die FK und GPK fordern den Bundesrat auf, darauf hinzuwirken, dass die Departementsvorstehenden ihre Departemente gemäss Artikel 37 Absatz 1 RVOG führen und dafür die politische Verantwortung tragen.

724

725 726 727 728 729 730 731 732 733

Nach Aussage des Vorstehers des EFD (2004­2010) habe er aus Gründen der eigenen Prioritätsbildung dem Generalsekretär des EFD (1996­2007) die «Aufgabe der operativen Ansprechfunktion» der drei Ressourcenämter übertragen, die strategische Führung und namentlich die Führungsverantwortung gegenüber den Amtsdirektoren sei jedoch bei ihm geblieben (Schreiben des Vorstehers des EFD [2004­2010] an die AGI vom 20. Okt.

2014, S. 2).

Schreiben des Bundesrats an die AGI vom 22. Okt. 2014, S. 7.

Protokoll der AGI vom 10. Juni 2013, S. 51 (Direktor ESTV 2000­2012).

Protokoll der AGI vom 27. Febr. 2013, S. 42 (Generalsekretär EFD seit 2010).

Protokoll der AGI vom 9. Okt. 2013, S. 26 (Vorsteherin EFD seit 2010).

Protokoll der AGI vom 9. Okt. 2013, S. 43 (Generalsekretär EFD seit 2010); Protokoll der AGI vom 27. Febr. 2013, S. 30 (Generalsekretär EFD seit 2010).

Protokoll der AGI vom 28. März 2013, S. 11 (Generalsekretär EFD seit 2010).

Protokoll der AGI vom 27. Febr. 2013, S. 44 (Generalsekretär EFD seit 2010).

Protokoll der AGI vom 9. Okt. 2013, S. 45 (Generalsekretär EFD seit 2010).

Vgl. Kapitel 4.2.

6519

4.4.1.2

IRB-Vorsitz

Der Generalsekretär des EFD (1996­2007) führte den Vorsitz des IRB. Dies entsprach der Regelung, wie sie in der damals gültigen BinfV734 vorgesehen war. Als es im Jahr 2007 zum Wechsel in der Führung des Generalsekretariats kam, übernahm nicht die neue Generalsekretärin des EFD (2007­2010), sondern der Delegierte des ISB735 diese Funktion in Vertretung der Generalsekretärin. Laut der damaligen Generalsekretärin des EFD erfolgte diese Änderung aufgrund eines Bundesratsbeschlusses.736 Die Rollenverteilung sei nicht mehr als zweckmässig erachtet worden und daher habe der Bundesrat parallel zur Wahl der Generalsekretärin die BinfV entsprechend revidiert.737 Dies entspricht nicht den Tatsachen. Aufgrund der Ergebnisse des Mitberichtsverfahrens wurde die Änderung der BinfV gestrichen und entschieden, dass der Delegierte des ISB die Funktion des Vorsitzenden des IRB in Vertretung der Generalsekretärin des EFD wahrnehmen sollte.738 Im Antrag des EFD wurde der Wechsel des IRB-Vorsitzes resp. die damit geforderte Änderung der BinfV wie folgt begründet: Damit sich die Nachfolgerin des Generalsekretärs des EFD resp. Vorsitzende des IRB voll auf ihre Stammaufgaben nach Artikel 41 f. RVOG konzentrieren könne, werde sie nach Möglichkeit von Linienaufgaben in den Querschnittsfunktionen Personal, Informatik, Bau und Logistik entbunden.739 Der Vorsteher des EFD (2004­2010) verwies in diesem Zusammenhang auf die «Verfügbarkeit der Personen» und auf das Vertrauen in den Leiter des ISB (seit 2007): Er konstatierte, dass es sich um einen Ad-personam-Entscheid handelte.740 Laut dem Delegierten des ISB habe die ehemalige Generalsekretärin des EFD die Priorität ihres Engagements nicht im Vorsitz des IRB gesehen und ihm diesen deshalb im Verlauf des Jahres 2007 übertragen.741 Anlässlich des nächsten Wechsels an der Spitze des Generalsekretariats im Jahr 2010 kam der neue Generalsekretär des EFD mit dem Leiter des ISB überein, die bestehende Rollenverteilung zu belassen, da die baldige Revision der BinfV ohnehin Änderungen in der Funktion und im Vorsitz des IRB mit sich bringen würde.742 Am 1. Januar 2012 trat die revidierte BinfV in Kraft.743 Beurteilung durch die FK und GPK Der Bundesrat genehmigte am 2. Mai 2007, dass der Delegierte des ISB die Funktion des IRB-Vorsitzes in Vertretung der Generalsekretärin des EFD
(2007­2010) wahrnahm. Da es sich lediglich um eine Vertretung, nicht aber um einen Verantwortungswechsel handelte, wurde auf eine Anpassung der BinfV verzichtet. Die FK und GPK erachten diese Vertreterregelung als problematisch, da die Generalsekretärin des EFD die ihr zugedachte Rolle als Vorsitzende des IRB nicht mehr innehatte, jedoch weiterhin die damit verbundene Verantwortung trug. Die Situation blieb auch 734 735 736 737 738 739 740 741 742 743

Art. 12 Abs. 2 BinfV vom 26. Sept. 2003 (AS 2003 3687).

Vgl. Kapitel 5.4.1.1.

Protokoll der AGI vom 8. Nov. 2013, S. 19 (Generalsekretärin EFD 2007­2010).

Protokoll der AGI vom 8. Nov. 2013, S. 12 (Generalsekretärin EFD 2007­2010).

Antrag des EFD vom 1. Mai 2007, Änderung der BinfV, S. 2.

Antrag des EFD vom 5. April 2007, Änderung der BinfV, S. 2.

Protokoll der AGI vom 8. Nov. 2013, S. 46 (Vorsteher EFD 2004­2010).

Protokoll der AGI vom 13. Sept. 2013, S. 54 (Delegierter ISB seit 2007).

Protokoll der AGI vom 9. Okt. 2013, S. 51­52 (Generalsekretär EFD seit 2010).

Vgl. Kapitel 5.4.2.2.

6520

nach dem Wechsel in der Leitung des GS EFD unverändert. Erst auf den 1. Januar 2012 hin wurde die Funktion des IRB angepasst und der Vorsitz neu dem/der Delegierten des ISB zugewiesen.

4.4.1.3

Ressourcen-Governance im GS EFD

Basierend auf dem Argument, das EFD brauche keine Ressourcen-Governance auf Stufe Departement, da ihm die Ressourcenämter unterstellt seien, wurden um das Jahr 2006 die diesbezüglichen Fachkompetenzen im GS EFD abgebaut.744 Im Oktober 2008 beauftragte die Generalsekretärin des EFD (2007­2010) den neuen Ressourcenleiter, diese Kompetenzen im GS EFD wieder aufzubauen. Aus diesem Grund gab es beim Stellenantritt des aktuellen Leiters Ressourcen des EFD auf Stufe Departement keine fachlichen Ansprechpartner, sondern nur noch Prozesseigner.745 Die Ressourcenabteilung habe aus einer rund acht Personen umfassenden «Rumpftruppe» bestanden und eine Aufsicht sei damals nicht ansatzweise erkennbar gewesen.746 Der amtierende Leiter IKT nahm sich ab Mitte 2009 des InformatikControllings an.747 Dieses befindet sich noch im Aufbau.

Beurteilung durch die FK und GPK Mit dem Entscheid, auf die Ressourcen-Governance auf Stufe Departement zu verzichten, wurde dem EFD die Grundlage für eine effektive und effiziente Aufsicht entzogen. Erst seit Oktober 2009 werden die Kapazitäten748 und Controllinginstrumente schrittweise wieder aufgebaut.

Empfehlung 6: Aufsichtsfunktion der Generalsekretariate Die FK und GPK fordern den Bundesrat auf, darauf hinzuwirken, dass die Departemente ein gemeinsames Aufsichtskonzept mit Standardinstrumenten entwickeln und anwenden. Insbesondere gilt es, die Kriterien festzulegen, anhand derer die Departemente entscheiden, ob ein Generalsekretariat Einsitz in Projektbzw. Programmausschüsse nimmt oder nicht. Weiter gilt es die Rolle der Vertretung der Generalsekretariate in Projekt- bzw. Programmausschüssen zu definieren.

744 745 746 747

Protokoll der AGI vom 23. Jan. 2014, S. 27 (Leiter IKT EFD seit 2009).

Protokoll der AGI vom 14. März 2014, S. 21 (Leiter Ressourcen EFD seit 2008).

Protokoll der AGI vom 14. März 2014, S. 19 (Leiter Ressourcen EFD seit 2008).

Protokoll der AGI vom 14. März 2014, S. 19­20 (Leiter Ressourcen EFD seit 2008); Protokoll der AGI vom 23. Jan. 2014, S. 27 (Leiter IKT EFD seit 2009).

748 Laut dem Leiter Ressourcen des EFD (seit 2008) ist der Personalbestand der Ressourcenabteilung des EFD heute etwa doppelt so gross wie 2008 (Protokoll der AGI vom 14. März 2014, S. 19).

6521

4.4.2

Informationsquellen der Departementsführung

4.4.2.1

Reporting der ESTV

Laut der Generalsekretärin des EFD (2007­2010) hatte die Departementsspitze dank den Informationen der ESTV und aufgrund der Rechnung und der gesprochenen Kredite einen Überblick über die Finanzen.749 Sie selbst habe nie festgestellt, dass Unterlagen der ESTV nicht den wahren Gegebenheiten entsprochen hätten.750 Die für projektexterne Gruppen erstellten Quartalsberichte wurden ab Mitte 2010 dem GS EFD sowie dem ISB, der EFK und dem GPA zugestellt. Zudem erhielten die GPA-Mitglieder ­ und somit auch die Vertretung des GS EFD ­ die monatlich erstellten Management-Reporte sowie die Qualitäts- und RisikomanagementBerichte.751 Die Vorsteherin des EFD (seit 2010) und ihr Generalsekretär betonten die grosse Informationsasymmetrie zwischen dem federführenden Amt und dem Departement, das Fehlen einer objektiven Berichterstattung sowie die mangelhafte Kommunikationsbereitschaft seitens der ESTV und des BIT.752 Das Departement habe gegenüber der ESTV klar zum Ausdruck gebracht, welche Informationen in den Berichten fehlten.753 Wann und in welcher Form dies geschehen ist, bleibt ungeklärt. In den Protokollen der GPA-Sitzungen sind keine diesbezüglichen Forderungen der GSVertreter festgehalten.

Die Vorsteherin des EFD (seit 2010) brachte gegenüber der AGI zum Ausdruck, dass sie ­ rückblickend betrachtet ­ bei Ungereimtheiten vermehrt hätte insistieren und insbesondere dafür sorgen müssen, dass die unklaren Berichte den Anforderungen von HERMES gerecht geworden wären.754 Die Quartalsreporte seien sehr allgemein und schematisch geführt und Abweichungen zu wenig deutlich aufgezeigt worden.755 Dies sei ­ auch von ihr ­ so akzeptiert worden.756 Zwar sei das Reporting im Verlauf der Zeit verbessert worden, jedoch nie vollständig gewesen.757 Der Leiter Ressourcen des EFD (seit 2008) äusserte die Ansicht, dass die den GSVertretern vorliegenden Informationen im Jahr 2009 spärlich und wenig detailliert gewesen seien. Die Berichterstattung habe sich erst mit der Neubesetzung des GPL im Oktober 2011 verbessert und sei erst ab dann auch wirklich zuverlässig geworden.758 Die mangelhafte Qualität der Berichte sei erst in Nachhinein erkennbar gewesen.759 Der Departementsspitze wurde durch den EFK-Bericht von Ende 2011 bewusst, dass die Reporte der ESTV nicht immer der Wahrheit entsprachen.760 Die Vorsteherin des EFD (seit 2010) äusserte sich gegenüber der AGI wie folgt: «Wir mussten uns 749 750 751 752 753 754 755 756 757 758 759 760

Protokoll der AGI vom 8. Nov. 2013, S. 22 (Generalsekretärin EFD 2007­2010).

Protokoll der AGI vom 8. Nov. 2013, S. 19 (Generalsekretärin EFD 2007­2010).

1. BR-Bericht vom 27. Febr. 2013, S. 29­30.

Protokoll der AGI vom 28. März 2013, S. 15 (Vorsteherin EFD seit 2010); Protokoll der AGI vom 9. Okt. 2013, S. 44 und 57 (Generalsekretär EFD seit 2010).

Protokoll der AGI vom 9. Okt. 2013, S. 34 (Vorsteherin EFD seit 2010).

Protokoll der AGI vom 9. Okt. 2013, S. 26 (Vorsteherin EFD seit 2010).

Protokoll der AGI vom 9. Okt. 2013, S. 26 (Vorsteherin EFD seit 2010).

Protokoll der AGI vom 9. Okt. 2013, S. 26 (Vorsteherin EFD seit 2010).

Protokoll der AGI vom 9. Okt. 2013, S. 35 (Vorsteherin EFD seit 2010).

Protokoll der AGI vom 14. März 2014, S. 26 (Leiter Ressourcen EFD seit 2008).

Protokoll der AGI vom 14. März 2014, S. 26 (Leiter Ressourcen EFD seit 2008).

Protokoll der AGI vom 9. Okt. 2013, S. 34 (Vorsteherin EFD seit 2010) sowie S. 57 (Generalsekretär EFD seit 2010).

6522

darauf verlassen können, dass das, was in den Quartalsberichten steht, auch richtig ist.»761 Der Generalsekretär fügte an, dass es auch mit Rückfragen extrem schwierig gewesen sei, in den Berichten Falsch und Richtig zu konstatieren.762 Gemäss dem Leiter IKT des EFD (seit 2009) hätte das GS EFD Fehlinformationen durchaus früher erkennen können, aber das GS EFD habe von Redlichkeit ausgehen müssen.763 Aus Sicht des Leiters IKT des EFD (seit 2009) hätte der Direktor der ESTV eine Verbesserung des Berichtswesens durchsetzen müssen.764 Das FISP ESTV nahm keine Qualitätsprüfung der Reporte vor.765 Ebenso wenig prüfte die EFK die Quartalsberichte zeitnah, sondern entnahm den Berichten lediglich Anhaltspunkte für ihre Prüfungsplanung.766 Im Rahmen der Prüfung von Anfang 2012 analysierte die EFK die Quartalsberichte und kam zum Schluss, dass die Berichterstattung nicht grundsätzlich falsch war, jedoch nicht alle Fakten dargestellt wurden.767 Gegenüber der AGI kritisierte der stv. Direktor der EFK (2000­2013) die Inhalte der Quartalsberichte. Aus Sicht des Vizedirektors der EFK (2000­2013) waren diese nicht stufengerecht und er habe teilweise den Eindruck erhalten, «dass die Berichtsverfasser ihre Adressaten mit möglichst vielen Informationen wollten».768 Beurteilung durch die FK und GPK Da für den Zeitraum von Dezember 2008 (letzte Sitzung des LAS) bis Dezember 2009 (Konstituierung des GPA) keine Protokolle von Projektausschusssitzungen vorliegen und die ESTV bis Mitte 2010 keine standardisierten Berichte an das GS EFD richtete, konnten die FK und GPK nicht in Erfahrung bringen, über welche Projektinformationen das GS EFD bis dahin verfügte. Die Quartalsberichte, die ab Mitte 2010 an das GS EFD gelangten, waren nicht adressatengerecht und zeigten teilweise nicht die realen Verhältnisse auf. Augenfällig ist, dass entsprechende Verbesserungen nur verzögert und partiell erreicht werden konnten, obwohl die Adressaten die Quartalsberichte als ungenügend erachteten. Die FK und GPK sind der Ansicht, dass das Departement das Reporting der ESTV früher und vehementer hätte beanstanden müssen.

Die FK und GPK erkennen, dass die Informationsdiskrepanz zwischen der ESTV und dem Departement die Verifizierung und die Objektivierbarkeit der erhaltenen Informationen erschwerte. Die Tatsache, dass der Leiter IKT
des EFD (seit 2009) in der zweiten Hälfte des Jahres 2009 zentrale Missstände im Projekt erkannte, beweist jedoch, dass auch mithilfe der vorhandenen Informationen eine kritische Projektbeurteilung möglich gewesen wäre und die beschönigende Berichterstattung der ESTV nicht herangezogen werden kann, um das Verhalten des Departements zu legitimieren. Gerade weil die ESTV die verlangten Informationen nicht vorlegte, hätte für das Departement Anlass bestanden, Argwohn zu schöpfen.

761 762 763 764 765 766 767 768

Protokoll der AGI vom 9. Okt. 2013, S. 25 (Vorsteherin EFD seit 2010).

Protokoll der AGI vom 9. Okt. 2013, S. 57 (Generalsekretär EFD seit 2010).

Protokoll der AGI vom 23. Jan. 2014, S. 31 (Leiter IKT EFD seit 2009).

Protokoll der AGI vom 23. Jan. 2014, S. 31 (Leiter IKT EFD seit 2009).

Protokoll der AGI vom 23. Jan. 2014, S. 47 (Leiter FISP ESTV seit 2005).

Protokoll der AGI vom 14. Okt. 2013, S. 38 (stv. Direktor EFK 2000­2013).

EFK-Bericht vom Januar 2012, S. 14.

Protokoll der AGI vom 14. Okt. 2013, S. 45 (Vizedirektor EFK 2000­2013) und S. 38 (stv. Direktor EFK 2000­2013).

6523

4.4.2.2

Führungsgespräche mit den Amtsdirektoren

Der Vorsteher des EFD (1996­2003) führte monatliche Gespräche mit den Amtsdirektoren. Anwesend waren ferner die zuständigen Referenten, nicht jedoch der damalige Generalsekretär.769 Bei Bedarf führte der Vorsteher des EFD (1996­2003) neben den Monatsgesprächen auch gemeinsame Sitzungen mit den Direktoren der ESTV und des BIT durch, an denen der damalige Generalsekretär nach Möglichkeit ebenfalls teilnahm.770 Der Vorsteher des EFD (2004­2010) führte während seiner Amtszeit rund 40 Fachgespräche mit dem ehemaligen Direktor der ESTV.771 Die Generalsekretärin des EFD nahm ab März 2007 in der Regel an diesen Fachgesprächen teil. Die Gespräche hatten grösstenteils konkrete Gesetzesvorhaben zum Gegenstand; nur am Rande informierte der damalige Direktor der ESTV über den Stand von INSIEME.772 Laut dem ehemaligen Departementsvorsteher habe der Amtsdirektor stets beteuert, das Projekt sei insgesamt auf Kurs.773 Die Generalsekretärin des EFD (2007­2010) ergänzte, dass es zwischen ihr und dem Direktor der ESTV fünf Vorbereitungs- und Abstimmungssitzungen zu INSIEME gegeben habe.774 Die Vorsteherin des EFD (seit 2010) führte ihre Gespräche mit den Amtsdirektoren in zwei Teilen: zuerst unter vier Augen und anschliessend in Anwesenheit von je einem Mitarbeiter des Departements und des jeweiligen Amts, wobei im zweiten Teil Anweisungen erteilt und Beschlüsse gefasst wurden.775 Der Generalsekretär des EFD (seit 2010) habe meistens auch an den Fachgesprächen zwischen der Vorsteherin des EFD und den Amtsdirektoren teilgenommen.776 Im Rahmen dieser Gespräche habe die Vorsteherin des EFD (seit 2010) den Stand und Fortgang von INSIEME thematisiert.777 Die Departementsleitung habe von Projektschwierigkeiten erfahren. Da die IT-Führung beim GS EFD lag, sei es nicht vorgesehen gewesen, mit den Departementsvorstehenden zum Beispiel über konkrete Massnahmen zu sprechen.778 Inhaltliche Angaben zu den einzelnen Gesprächen lagen der AGI nicht vor.

Beurteilung durch die FK und GPK Die AGI wurde über die Anzahl der geführten Gespräche des Vorstehers des EFD (2004­2010) mit dem Direktor der ESTV779 in Kenntnis gesetzt, nicht aber über deren Inhalte. Die AGI erbat beim EFD um Einsicht in die Protokolle der erwähnten 769 770 771 772 773 774 775 776 777 778

779

Protokoll der AGI vom 28. Okt. 2013, S. 32 (Generalsekretär EFD 1996­2007).

Protokoll der AGI vom 28. Okt. 2013, S. 14 (Vorsteher EFD 1996­2003).

Protokoll der AGI vom 8. Nov. 2013, S. 32 (Vorsteher EFD 2004­2010).

Schreiben der Generalsekretärin EFD (2007­2010) an das Sekretariat der GPK vom 8. Dez. 2013: Ergänzung zum Protokoll, S. 1.

Protokoll der AGI vom 8. Nov. 2013, S. 28 (Vorsteher EFD 2004­2010).

Schreiben der Generalsekretärin EFD (2007­2010) an das Sekretariat der GPK vom 8. Dez. 2013: Ergänzung zum Protokoll, S. 2.

Protokoll der AGI vom 9. Okt. 2013, S. 28 (Vorsteherin EFD seit 2010).

Protokoll der AGI vom 9. Okt. 2013, S. 47 (Generalsekretär EFD seit 2010).

Protokoll der AGI vom 28. März 2013, S.11 (Vorsteherin EFD seit 2010).

Protokoll der AGI vom 10. Juni 2013, S. 53 (Direktor ESTV 2000­2012). Der Bundesrat erachtete die Aussage des Direktors der ESTV (2000­2012), die Führung der IT habe beim GS-EFD gelegen, als nicht nachvollziehbar (Schreiben des Bundesrats an die AGI vom 22. Okt. 2014, S. 7).

Der Vorsteher des EFD (2004­2010) gab zu Protokoll, dass er folgende Fachgespräche mit dem Direktor der ESTV geführt habe: 2006: 5; 2007: 11; 2008: 6; 2009: 5; 2010: 10 (Protokoll der AGI vom 8. Nov. 2013, S. 39).

6524

Führungsgespräche.780 Das EFD konnte jedoch die angeforderten Unterlagen weder im GS EFD noch bei der ESTV ausfindig machen.781 Die FK und GPK sind somit nicht in der Lage, die Führungsgespräche materiell zu beurteilen. Hingegen werten es die Oberaufsichtskommissionen als positiv, dass zahlreiche Führungsgespräche stattgefunden haben.

4.4.2.3

Vertreter des GS EFD im LAS bzw. GPA

Laut dem Generalsekretär des EFD (1996­2007) hatte das GS EFD während der WTO-Ausschreibungsphase (2005­2007) Einsitz in der Projektorganisation.782 Da die FK und GPK diesbezüglich über keine Unterlagen verfügen, kann darauf nicht näher eingegangen werden.

Im LAS bzw. GPA war das GS EFD während der Amtszeit der Generalsekretärin EFD (2007­2010) mit einem Vertreter repräsentiert. Als der LAS Ende April 2008 konstituiert wurde, hatte der damalige Leiter Ressourcen des EFD (2006­2008) darin Einsitz. Dieser wurde später durch einen Mitarbeiter der Abteilung IKT EFD ersetzt.

Im GPA ­ dem Ende 2009 konstituierten Folgegremium des LAS ­ war das GS EFD bis zum Projektabbruch mit dem Leiter IKT des EFD vertreten. Nach dem Wechsel an der Departementsspitze Ende 2010 nahm zusätzlich der Leiter Ressourcen des EFD (ab März 2011 gleichzeitig stv. Generalsekretär des EFD) Einsitz in den GPA.

Der Leiter Ressourcen des EFD beantragte jeweils die Vertretung des GS EFD im GPA.783 Da die ESTV das GS EFD für das erste Scheitern mitverantwortlich gemacht habe, sei man sich innerhalb des GS EFD anfänglich nicht einig gewesen, ob das GS EFD Einsitz in den GPA nehmen solle.784 Die festgestellten Missstände, insbesondere in der Projektdokumentation, hätten dann einen Konsens zugunsten des GPA-Einsitzes ergeben.785 Die Rolle der GS-Vertreter im LAS bzw. GPA wurde nie schriftlich festgehalten und von den durch die AGI angehörten Personen äusserst unterschiedlich verstanden.786 Inwieweit sich der Status der GS-Vertreter im LAS bzw. GPA im Laufe der Zeit veränderte, konnte nicht abschliessend geklärt werden. Gemäss dem Leiter Ressourcen des EFD (seit 2008) hatte das GS EFD stets eine Beobachterrolle und es gab nie einen Statuswechsel seiner Vertreter.787 Laut der Vorsteherin und dem Generalsekretär des EFD (seit 2010) war das GS EFD anfangs mit Stimmrecht und später nur noch im Beobachterstatus im GPA vertreten.788 Der Leiter IKT des EFD, der seit Ende 2009 im GPA Einsitz nahm, hielt fest, dass bis im Frühjahr 2011 nicht festgelegt war, wie er sich verhalten soll. Danach wurde er angehalten, sich abstim780 781 782 783 784 785 786 787 788

Schreiben der AGI an die Vorsteherin des EFD vom 27. Nov. 2013, S. 3.

Schreiben des EFD an die AGI vom 20. Dez. 2013: Einforderung zusätzlicher Dokumente betreffend das Informatikprojekt INSIEME, S. 1.

Protokoll der AGI vom 28. Okt. 2013, S. 31 (Generalsekretär EFD 1996­2007).

Protokoll der AGI vom 14. März 2014, S. 20 und 23 (Leiter Ressourcen EFD seit 2008).

Protokoll der AGI vom 23. Jan. 2014, S. 26 (Leiter IKT EFD seit 2009).

Protokoll der AGI vom 23. Jan. 2014, S. 25 (Leiter IKT EFD seit 2009).

Wie in Kapitel 4.3.1.1 beschrieben, wurde nicht nur die Rolle der Vertreter des GS EFD im GPA unterschiedlich verstanden, sondern auch diejenige des GPA selbst.

Protokoll der AGI vom 14. März 2014, S. 24 (Leiter Ressourcen EFD seit 2008).

Protokoll der AGI vom 9. Okt. 2013, S. 36 (Vorsteherin EFD seit 2010) sowie S. 49 (Generalsekretär EFD seit 2010).

6525

mungsmässig nicht mehr zu äussern.789 Dem stv. Direktor der ESTV war dieser Wechsel zum Beobachterstatus nicht bekannt und seiner Ansicht nach wurde dies nie kommuniziert.790 Die Personen, welche die Ansicht äusserten, es habe eine Statusänderung gegeben, waren sich nicht einig, von wem und wann dieser Entscheid getroffen wurde. Der Generalsekretär des EFD (seit 2010) sagte gegenüber der AGI aus, dass er nach Absprache mit der Vorsteherin des EFD entschieden habe, die GS EFD-Vertreter nur noch mit Beobachterstatus Einsitz nehmen zu lassen.791 Dadurch habe er ein Verwischen der Verantwortlichkeiten zwischen dem GS EFD und der ESTV verhindern wollen. Er habe gewusst, «dass die Entscheide der beiden GS-Vertreter ­ die nicht die Stimme des EFD repräsentierten, sondern aufgrund ihrer Funktionen und Fachkenntnisse in diesem Gremium Einsitz nahmen ­ sehr wahrscheinlich berücksichtigt worden wären in der Annahme, das sei auch die Meinung der Departementschefin und des Departements, und dagegen könnte man sich nicht sträuben».792 Der Generalsekretär verwies diesbezüglich auf ein Schreiben des Departements vom Juni 2011, in dem dieser Entscheid gegenüber der ESTV kommuniziert worden sei. Darin teilt die Vorsteherin des EFD dem Direktor der ESTV bezüglich des bevorstehenden Vorgehens- und Produkteentscheids mit, dass das EFD das Projekt in dieser Angelegenheit wie üblich kritisch begleiten, «den Richtungsentscheid aber weder beeinflussen noch Stellung beziehen, sondern sich der Stimme enthalten» werde.793 Aus Sicht der Vorsteherin sowie des Generalsekretärs des EFD bezog sich diese Aussage nicht nur auf diesen Vorgehens- und Produkteentscheid, sondern auf jegliche Entscheide im GPA.

In der Sichtweise des stv. Generalsekretärs des EFD und damaligen GPA-Mitglieds seien die GS-Vertreter im GPA in den Ausstand getreten.794 Diese Aussage steht allerdings im Widerspruch zu seiner bereits erwähnten Auffassung, das GS EFD habe während des gesamten Projektverlaufs die Beobachterrolle innegehabt. Gemäss dem Leiter IKT des EFD habe die ESTV diesen Wechsel selbst herbeigeführt, und zwar mithilfe des Beratungsunternehmens SQS und mit der Verabschiedung der INSIEME-Charta vom März 2011, die das Verhalten der Projektausschussmitglieder festhielt.795 Die der AGI vorliegende INSIEME-Charta vom März 2011 nimmt jedoch zur
Rolle der GS-Vertreter im GPA keine Stellung.796 Im Bericht des Bundesrats vom 27. Februar 2013 ist festgehalten, dass das GS EFD ­ als nicht direkt am Projekt beteiligte Instanz ­ ab Februar 2011 ausschliesslich einen Beobachterstatus eingenommen habe.797 Auch die EFK hielt in ihrem Bericht vom Januar 2012 fest, dass das GS EFD mit Beobachterstatus Einsitz habe.798 Über die Gründe für die Zweiervertretung besteht ebenfalls kein Konsens. Aus Sicht des Leiters Ressourcen des EFD (seit 2008) erfolgte dadurch eine thematische 789 790 791 792 793 794 795 796 797 798

Protokoll der AGI vom 23. Jan. 2014, S. 28 (Leiter IKT EFD seit 2009).

Protokoll der AGI vom 28. Mai 2013, S. 16 (stv. Direktor ESTV seit 1995).

Protokoll der AGI vom 27. Febr. 2013, S. 30 (Generalsekretär EFD seit 2010); Protokoll der AGI vom 9. Okt. 2013, S. 36 (Vorsteherin EFD seit 2010).

Protokoll der AGI vom 9. Okt. 2013, S. 42 und 50 (Generalsekretär EFD seit 2010).

Brief der Vorsteherin des EFD an den Direktor der ESTV vom 16. Juni 2011, INSIEME: Vorgehens- und Produkteentscheid, S. 2.

Protokoll der AGI vom 14. März 2014, S. 28 (Leiter Ressourcen EFD seit 2008).

Protokoll der AGI vom 23. Jan. 2014, S. 28 (Leiter IKT EFD seit 2009).

Projekt-Charta INSIEME vom 16. März 2011.

1. BR-Bericht vom 27. Febr. 2013, S. 39.

EFK-Bericht vom Januar 2012, S. 20.

6526

Aufteilung: Der Leiter IKT des EFD konzentrierte sich auf die technischen Aspekte, während er selbst den Fokus schwergewichtig auf den Projektablauf und die Projektorganisation richtete.799 Ferner sei eine Zweiervertretung auch zweckmässig gewesen, um die Stellvertretung zu regeln.800 Weiter habe die Teilnahme eines zweiten GS-Vertreters dazu geführt, dass das GS EFD im GPA ernster genommen wurde als früher.801 Der Leiter IKT des EFD hingegen gab zu Protokoll, dass die Vergrösserung des GPA durch die ESTV der einzige Grund war, weshalb das GS EFD personell mitzog und die Zweiervertretung beschloss.802 Die Stellvertreterregelung sei unabhängig vom zweiten GS-Vertreter festgelegt worden, und da ohnehin immer beide dieselbe Meinung gehabt hätten, sei die Zweiervertretung eigentlich nicht notwendig gewesen.803 Laut dem Vorsteher des EFD (2004­2010) war das primäre Ziel der GS-Vertreter im GPA die Deckung eines Informationsbedürfnisses und nicht die Beeinflussung des Projekts.804 Die Informationen aus dem GPA seien aber notwendig gewesen, um allenfalls Entscheidungen zu treffen.805 Auch der Generalsekretär des EFD (seit 2010) und sein Stellvertreter verwiesen auf den Vorteil, näher am Projekt zu sein und objektive Informationen zu erhalten, insbesondere über die Probleme und Dynamik zwischen den Projektbeteiligten und über die Entscheidungen des GPA.806 Ein weiterer Pluspunkt war laut dem Leiter IKT des EFD, dass das GS EFD eine Aussensicht einbrachte, die es erlaubte, Missstände eher aufzudecken als wenn in Projektausschüssen nur diejenigen einsässen, die das Projekt ohnehin durchführten.807 Gemäss der Vorsteherin des EFD wäre die Vertretung des GS EFD in Projektausschüssen nur dann mit einem Nachteil behaftet, wenn die GS-Vertreter Entscheide fällen könnten.808 Der Leiter IKT des EFD (seit 2009) erwähnte ein «gewisses Schuldgefühl» beim Scheitern eines Projekts und betonte, es gehöre zum Urverantwortungsgefühl des Departements, dass es für ein vom ihm priorisiertes Projekt geradestehe.809 Laut dem Leiter Ressourcen des EFD (seit 2008) sei es ein Nachteil, wenn sich Ämter darauf stützen, «dass das GS EFD in diesen Projekten eine Mitverantwortung trägt».810 Er habe seine Rolle im GPA nie als «volles, lenkendes Mitglied» verstanden und habe daher weder eine Mitverantwortung noch eine direkte Pflicht
gehabt, gegebenenfalls in den Projektverlauf einzugreifen.811 Zudem führte er aus, dass sich das GS EFD vertiefter mit den Projekten befassen und über die nötigen Ressourcen verfügen müsste, wenn es ein Vollmitglied sein wollte ­ sonst wäre das Ganze unseriös und bliebe ohne Wirkung.812

799 800 801 802 803 804 805 806 807 808 809 810 811 812

Protokoll der AGI vom 14. März 2014, S. 23 (Leiter Ressourcen EFD seit 2008).

Protokoll der AGI vom 14. März 2014, S. 23 (Leiter Ressourcen EFD seit 2008).

Protokoll der AGI vom 14. März 2014, S. 23 (Leiter Ressourcen EFD seit 2008).

Protokoll der AGI vom 23. Jan. 2014, S. 28 und 29 (Leiter IKT EFD seit 2009).

Protokoll der AGI vom 23. Jan. 2014, S. 29 (Leiter IKT EFD seit 2009).

Protokoll der AGI vom 8. Nov. 2013, S. 47 (Vorsteher EFD 2004­2010).

Protokoll der AGI vom 8. Nov. 2013, S. 47 (Vorsteher EFD 2004­2010).

Protokoll der AGI vom 9. Okt. 2013, S. 50 (Generalsekretär EFD seit 2010); Protokoll der AGI vom 14. März 2014, S. 25 (Leiter Ressourcen EFD seit 2008).

Protokoll der AGI vom 23. Jan. 2014, S. 29 (Leiter IKT EFD seit 2009).

Protokoll der AGI vom 9. Okt. 2013, S. 34 (Vorsteherin EFD seit 2010).

Protokoll der AGI vom 23. Jan. 2014, S. 29 (Leiter IKT EFD seit 2009).

Protokoll der AGI vom 14. März 2014, S. 25 (Leiter Ressourcen EFD seit 2008).

Protokoll der AGI vom 14. März 2014, S. 24 (Leiter Ressourcen EFD seit 2008).

Protokoll der AGI vom 14. März 2014, S. 24 (Leiter Ressourcen EFD seit 2008).

6527

Auf die Frage nach den Kriterien, anhand derer im GS EFD für oder gegen den Einsitz in Projektausschüssen entschieden werde, erhielt die AGI unterschiedliche Antworten: Während das GS EFD gemäss dem stv. Generalsekretär und Leiter Ressourcen des EFD spontan entscheide, ob ein Projekt aufgrund seiner Grösse oder Komplexität ein Risiko darstelle, basiere die Selektion laut dem Leiter IKT des EFD auf den von den Ämtern zusätzlich nachgesuchten finanziellen Mitteln aus Departements- oder Bundesreserven.813 Beurteilung durch die FK und GPK Das GS EFD sandte zuerst einen und ab 2011 zwei Vertreter in den LAS bzw. GPA, ohne die Rolle dieser Vertreter zu definieren. Der angebliche Statuswechsel wurde nicht allen Beteiligten zur Kenntnis gebracht. Bezeichnend ist insbesondere, dass der stv. Generalsekretär des EFD, der ab Anfang 2011 Mitglied des GPA war, nichts vom Statuswechsel wusste. Das daraus resultierende unterschiedliche Verständnis der Rolle der Vertreter des GS EFD kam in den widersprüchlichen Antworten der angehörten Personen zum Ausdruck. Schriftlich liegt der AGI diesbezüglich einzig der Brief der Vorsteherin des EFD an den Direktor der ESTV vom Juni 2011 vor, in dem die Stimmenthaltung der GS-Vertreter in Bezug auf den Technologieentscheid festgehalten wurde.

HERMES 2003 schweigt über die Vertretung der Generalsekretariate in Projektausschüssen. Das Argument, die Zweiervertretung des GS EFD sei aufgrund der Vergrösserung des Gremiums seitens der ESTV notwendig gewesen, überzeugt die FK und GPK nicht. Für die Zeit ab 2012 ist es zudem hinfällig, da der GPA aufgrund einer EFK-Empfehlung814 wieder verkleinert wurde.815 Der Einsitz des Generalsekretariats in einen Projekt- bzw. Programmausschuss ist nicht grundsätzlich infrage zu stellen; ausschlaggebend ist jedoch, auf welcher Basis dieser entschieden wird: Er sollte auf klaren Kriterien und einer systematischen Risikoanalyse basieren.816 Weiter ist massgebend, welche Person aus dem Generalsekretariat in einen Projekt- bzw. Programmausschuss delegiert wird. Neben der Hierarchie ist auch die fachliche Nähe zum jeweiligen Projekt bzw. Programm zu beachten. Die Ernennung des Leiters IKT des EFD in den GPA war in dieser Hinsicht zielführend. Zudem gilt es zu beachten, dass die ständige Anwesenheit des Generalsekretariats die Gefahr mit sich bringt,
die Diskussion im GPA negativ zu beeinflussen, indem die Teilnehmer weniger offen kommunizieren.

Die FK und GPK erachten jedoch die Praxis, Vertreter des GS EFD in Projektausschüsse zu delegieren, ihnen aber ­ mit dem Hinweis, das Departement könne keine operationelle Verantwortung übernehmen ­ kein Stimmrecht zu geben, als problematisch. Die Aussage des stv. Generalsekretärs des EFD, dass das GS EFD keine Führungsentscheide treffe, da die Projektverantwortung beim Amt liege, irritiert die FK und GPK.817 Dieses Verständnis kam auch in den Antworten betreffend Nachteile einer GS-Vertretung zum Ausdruck. Als befremdend erachten die FK und GPK auch die Auffassung des Generalsekretärs des EFD (seit 2010), dass die GSVertreter nicht die Stimme des EFD repräsentierten und daher lediglich als Beobach813 814 815 816 817

Protokoll der AGI vom 14. März 2014, S. 25 (Leiter Ressourcen EFD seit 2008); Protokoll der AGI vom 23. Jan. 2014, S. 30 (Leiter IKT EFD seit 2009).

EFK-Bericht vom Januar 2012, S. 20 (Empfehlung 5.3).

Vgl. Kapitel 4.3.1.1.

Vgl. Empfehlung 6 (Kapitel 4.4.1.3).

Protokoll der AGI vom 14. März 2014, S. 27 (Leiter Ressourcen EFD seit 2008).

6528

ter Einsitz in den GPA genommen hätten. Der Ansatz, das Departement habe a priori keine Entscheidungen zu treffen, da die Projektverantwortung beim Amt liege, widerspricht einer effektiven Aufsicht. Diese Haltung macht deutlich, dass das EFD seine Aufsichtsfunktion nicht angemessen wahrgenommen hat. Die FK und GPK halten fest, dass das Departement die politische Verantwortung trägt ­ unabhängig davon, ob Vertreter in Projektausschüsse delegiert werden oder nicht.

4.4.2.4

Kontakte mit der Abteilung Ressourcen des EFD

Der Vorsteher des EFD (2004­2010) war stets zufrieden mit den Informationen aus den Projektausschüssen, die er mündlich von seiner Generalsekretärin erhalten habe.818 Die Generalsekretärin des EFD (2007­2010) hingegen wünschte wiederholt schriftliche Berichte zu INSIEME, die sie jedoch, obwohl sie insistiert habe, nicht erhalten habe.819 Diese Forderung war dem Leiter Ressourcen des EFD (seit 2008) nicht bekannt. Er habe die Generalsekretärin des EFD (2007­2010) sowohl schriftlich als auch mündlich über INSIEME orientiert.820 Da INSIEME der Ämterhoheit unterstanden habe, sei die Projekteinsicht durch das GS EFD eigentlich ohne Grundlage geschehen und die ESTV sei nicht gehalten gewesen, ohne klare Weisung der Departementsleitung Auskunft zu geben.821 Der Leiter IKT des EFD habe ­ trotz intensiven Bemühungen und Kontakten zum GPL ­ die geforderten Informationen nur teilweise erhalten.822 Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang insbesondere ein Briefentwurf,823 in dem die von der ESTV erhaltenen Informationen in Bezug auf den Umfang, die Kosten und die Organisation von INSIEME kritisch beurteilt wurden. Der Entwurf wurde von der Generalsekretärin des EFD nicht finalisiert und nicht an die ESTV weitergeleitet.824 Sowohl der Leiter Ressourcen des EFD (seit 2008) als auch der Leiter IKT des EFD gaben an, sie hätten sich mehr Gehör von der Generalsekretärin des EFD gewünscht.825 Durch den Wechsel in der Departementsspitze Ende 2010 und die damit einhergehende erhöhte Management-Attention bei Ressourcenthemen sowie aufgrund der eindeutigen Beweislage hätten ihre Voten im Departement mehr Gewicht erhalten.826 Der Generalsekretär des EFD (seit 2010) veranlasste im Auftrag seiner Vorgesetzen eine Projektanalyse, in welcher der Leiter IKT des EFD (seit 2009) Ende 2010 Folgendes festhielt: «Die Projektsituation INSIEME wird von uns derzeit als kritisch beurteilt. Der Stand der Arbeiten ist hinter dem Plan, der Res-

818 819 820 821 822 823

Protokoll der AGI vom 8. Nov. 2013, S. 47 (Vorsteher EFD 2004­2010).

Protokoll der AGI vom 8. Nov. 2013, S. 17­18 (Generalsekretärin EFD 2007­2010).

Protokoll der AGI vom 14. März 2014, S. 16 (Leiter Ressourcen EFD seit 2008).

Protokoll der AGI vom 14. März 2014, S. 18 (Leiter Ressourcen EFD seit 2008).

Protokoll der AGI vom 23. Jan. 2014, S. 30 (Leiter IKT EFD seit 2009).

Briefentwurf des GS EFD an den Direktor der ESTV vom 17. Nov. 2009: Projekt INSIEME, Situation und weiteres Vorgehen; Verfasser des Briefentwurfs waren der Leiter IKT des EFD sowie der Leiter Ressourcen des EFD.

824 Protokoll der AGI vom 9. Okt. 2013, S. 43 (Generalsekretär EFD seit 2010).

825 Protokoll der AGI vom 23. Jan. 2014, S. 32 (Leiter IKT EFD seit 2009); Protokoll der AGI vom 14. März 2014, S. 29 (Leiter Ressourcen EFD seit 2008).

826 Protokoll der AGI vom 23. Jan. 2014, S. 26 (Leiter IKT EFD seit 2009); Protokoll der AGI vom 14. März 2014, S. 27­28 (Leiter Ressourcen EFD seit 2008).

6529

sourcenverbrauch liegt über dem Budget und die Steuerung des Projekts genügt nicht den Anforderungen an ein Vorhaben dieser Grössenordnung.»827 Gemäss dem Generalsekretär des EFD (seit 2010) war INSIEME praktisch bei jeder wöchentlichen Sitzung mit dem stv. Generalsekretär des EFD ein Thema.828 Die Vertreter des GS EFD im GPA informierten den Generalsekretär des EFD (seit 2010) laufend, und dieser setzte dann seine Vorgesetzte meist mündlich über den Stand von INSIEME in Kenntnis.829 Generell hielten sowohl die Vorsteherin des EFD wie auch ihr Generalsekretär fest, dass die Kommunikation der ESTV und des BIT «sehr dürftig» war und es äusserst schwierig gewesen sei, Informationen zu erhalten.830 Für das Departement habe eine Holpflicht bestanden.831 Die Diskrepanz zwischen den Feststellungen der beiden GS EFD-Vertreter im GPA und den Reportings der ESTV sei «nicht so gross» gewesen, daher habe man im Departement nie den Eindruck erhalten, die Lage sei so schief, wie sie tatsächlich war.832 Die Vorsteherin des EFD erachtete es als «absolut legitim» zu fragen, ob sich die GS-Vertreter besser hätten informieren müssen, liess aber offen, ob sie die Frage bejaht oder nicht.833 Beurteilung durch die FK und GPK Die FK und GPK sind der Ansicht, dass das Departement im Rahmen seiner Aufsichtsfunktion ein Anrecht hat, Unterlagen von den ihm unterstellten Bundesämtern einzufordern. Wenn ein Amt die gewünschten Informationen nicht innert Frist liefert, liegt es am Departement, das Anliegen über die Hierarchieebenen zu eskalieren und sein Recht geltend zu machen. Aus der Sachlage lässt sich schliessen, dass in der Ressourcenabteilung des EFD ab Mitte 2009 gewisse Missstände erkannt wurden. Wann welche Informationen aus der Ressourcenabteilung des EFD an die Departementsspitze gelangten, konnte nicht im Detail rekonstruiert werden. Klar ist aber, dass die von den Vertretern des GS im GPA erkannten Probleme in Bezug auf INSIEME bis zum Wechsel an der Departementsspitze Ende 2010 nicht aufgegriffen wurden. Weshalb dies so war, konnte nicht abschliessend geklärt werden.

4.4.2.5

Prüfberichte und Kontakte mit der EFK

Gemäss Finanzkontrollgesetz (FKG)834 sind die von der EFK verfassten Zusammenfassungen der Prüfberichte an die FinDel gerichtet und gehen in Kopie an die von den Prüfungsbefunden betroffenen Departementsvorstehenden.835 Seit 2007 stellt ihnen die EFK zusätzlich die vollständigen Prüfberichte, inklusive der Stellungnahmen der geprüften Verwaltungseinheiten, zu.836 Diese Praxisänderung, welche im 827 828 829 830 831 832 833 834 835 836

Notiz Ressourcen EFD vom 23. Nov. 2010: Einschätzung zum gegenwärtigen ProjektStatus, S. 2.

Protokoll der AGI vom 9. Okt. 2013, S. 43 (Generalsekretär EFD seit 2010).

Protokoll der AGI vom 9. Okt. 2013, S. 51 (Generalsekretär EFD seit 2010).

Protokoll der AGI vom 28. März 2013, S. 15­17 (Vorsteherin EFD seit 2010); Protokoll der AGI vom 9. Okt. 2013, S. 44 (Generalsekretär EFD seit 2010).

Protokoll der AGI vom 28. März 2013, S. 15 (Vorsteherin EFD seit 2010).

Protokoll der AGI vom 9. Okt. 2013, S. 36 (Vorsteherin EFD seit 2010).

Protokoll der AGI vom 9. Okt. 2013, S. 36 (Vorsteherin EFD seit 2010).

Bundesgesetz vom 28. Juni 1967 über die Eidgenössische Finanzkontrolle (SR 614.0).

Art. 14 Abs. 1 FKG (SR 614.0).

Protokoll der AGI vom 14. Okt. 2013, S. 43 (Vizedirektor EFK 2000­2013).

6530

FKG nie explizit vorgesehen war und auch heute nicht vorgesehen ist, erfolgte auf Bitte des Generalsekretärs des EFD (1996­2007).837 In den Jahren 2005 und 2006 erhielt der Departementsvorsteher des EFD (2004­2010) somit lediglich die Zusammenfassung der EFK-Prüfberichte zu INSIEME, während ihm im Jahr 2008 neben der Zusammenfassung auch der vollständige Bericht und die Stellungnahme der ESTV zugestellt wurden. Gleiches gilt in Bezug auf den Prüfbericht aus dem Jahr 2012 für die Vorsteherin des EFD (seit 2010).

Zwischen dem Vorsteher des EFD (1996­2003) und dem Direktor der EFK (1998­ 2013) fanden bis 2002 mindestens einmal jährlich Gespräche statt, die von beiden Seiten positiv bewertet wurden.838 Die Generalsekretärin des EFD (2007­2010) erwähnte jährliche Treffen mit dem Direktor der EFK, an denen sie sich über die Eindrücke der EFK zum EFD orientieren liess.839 Ob INSIEME dabei thematisiert wurde, konnten die FK und GPK nicht in Erfahrung bringen. Die Vorsteherin des EFD (seit 2010) führte mit dem Direktor der EFK (1998­2013) «hie und da» Gespräche und wurde über die Schwierigkeiten bei INSIEME informiert.840 Der Generalsekretär des EFD (seit 2010) traf sich mit dem für das EFD zuständigen Mandatsleiter der EFK, um die Prüfplanung der EFK zu besprechen und ihn auf prüfenswerte Schwachstellen hinzuweisen.841 Zudem erachtete er es als Vorteil, dass die Departementsspitze gewisse Ausführungen und Zusatzinformationen mündlich erhielt.842 An den Schlussbesprechungen der Berichte von 2005, 2006 und 2008 war das Departement nicht anwesend. Der Generalsekretär des EFD und dessen Stellvertreter nahmen jedoch an der Schlussbesprechung des EFK-Berichts vom Januar 2012 teil; dies, damit die ESTV wusste, dass die Leitung des GS EFD von den Bemerkungen der EFK Kenntnis hatte, und um die erhaltenen Informationen später in den GPA einzubringen.843 Die EFK-Vertreter wiesen darauf hin, dass der Kontakt mit den Departementsvorstehenden in der Regel im Rahmen von FinDel-Sitzungen stattfand bzw. stattfindet.844 Da die Vorstehenden des EFD die EFK-Prüfberichte (respektive vor 2007 deren Zusammenfassungen) erhielten, ging der stv. Direktor der EFK (2000­2013) davon aus, dass die Departementsleitung über den Stand von INSIEME informiert war.845 Die Rolle des Departements in Bezug auf die Umsetzung der Empfehlungen
wurde unterschiedlich verstanden. Der Vorsteher des EFD (2004­2010) habe die Empfehlungen immer erhalten und Aufträge zur Umsetzung der EFK-Empfehlungen erteilt.846 Die EFK habe in ihren Berichten festgehalten, dass die ESTV auf gutem Weg sei und kein Handlungsbedarf bestehe; daher seien die Empfehlungen für den Vorsteher des EFD nie alarmierend gewesen.847 Die Zusammenfassungen der EFK837 838 839 840 841 842 843 844 845 846 847

Protokoll der AGI vom 14. Okt. 2013, S. 14 (Direktor EFK 1998­2013).

Protokoll der AGI vom 14. Okt. 2013, S. 14 (Direktor EFK 1998­2013); Protokoll der AGI vom 28. Okt. 2013, S. 23 (Vorsteher EFD 1996­2003).

Protokoll der AGI vom 8. Nov. 2013, S. 23 (Generalsekretärin EFD 2007­2010).

Protokoll der AGI vom 9. Okt. 2013, S. 31 (Vorsteherin EFD seit 2010).

Protokoll der AGI vom 9. Okt. 2013, S. 54 (Generalsekretär EFD seit 2010).

Protokoll der AGI vom 9. Okt. 2013, S. 53 (Generalsekretär EFD seit 2010).

Protokoll der AGI vom 14. März 2014, S. 32 (Leiter Ressourcen EFD seit 2008).

Vgl. Kapitel 6.4.5 und 6.6.1.

Protokoll der AGI vom 14. Okt. 2013, S. 32 (stv. Direktor EFK 2000­2013).

Protokoll der AGI vom 8. Nov. 2013, S. 23 (Generalsekretärin EFD 2007­2010) sowie S. 43 (Vorsteher EFD 2004­2010).

Protokoll der AGI vom 8. Nov. 2013, S. 42 (Vorsteher EFD 2004­2010).

6531

Berichte seien jeweils sorgfältig auf neue und ergänzende Erkenntnisse geprüft worden, und gegebenenfalls habe man Massnahmen eingeleitet.848 Sowohl der Vorsteher des EFD (2004­2010) als auch die Generalsekretärin des EFD (2007­ 2010) hätten nie einen Hinweis erhalten, dass nicht alle Empfehlungen umgesetzt worden seien.849 Der Generalsekretär des EFD (seit 2010) sagte gegenüber der AGI, er habe die EFKBerichte mit seiner Vorgesetzten besprochen und die Umsetzung der EFKEmpfehlungen aus dem Bericht von 2012 zusammen mit dem Leiter Ressourcen des EFD überwacht.850 Laut der Vorsteherin des EFD (seit 2010) richten sich die Empfehlungen der EFK gar an das Departement.851 Sie übte Kritik an der EFK in Bezug auf ihre Kommunikationsweise: Durch eine deutlichere und unmissverständliche Sprache der EFK hätte das Departement das Ausmass der Missstände früher erkennen und reagieren können.852 Der Leiter Ressourcen des EFD sagte aus, dass sich das Departement in Bezug auf die Empfehlungen nicht eingemischt habe und er davon ausging, dass die ESTV die Empfehlungen umsetzte und die EFK die Umsetzung ihrer Empfehlungen überprüfte.853 Er wusste folglich auch nicht, dass nicht alle Empfehlungen der EFK umgesetzt wurden.854 Der Leiter IKT des EFD (seit 2009) gab an, er habe die EFK-Berichte zur Kenntnis genommen und die Umsetzung der EFK-Empfehlungen im Rahmen der GPA-Sitzungen kontrolliert, jedoch den Fokus auf sein eigenes Controlling gerichtet.855 Seitens der ESTV wurde zum Ausdruck gebracht, dass sich das Departement nicht nach der Umsetzung der Empfehlungen erkundigt habe.856 Die EFK ist gemäss FKG verpflichtet, besondere Vorkommnisse oder Mängel von grundsätzlicher oder erheblicher finanzieller Bedeutung den Departementsvorstehenden oder dem Bundesrat zu melden.857 Einzig im März 2002 erstattete die EFK eine Meldung an den Bundespräsidenten und zugleich Vorsteher des EFD sowie an den Vizepräsidenten des Bundesrats und an die FinDel.858 Beurteilung durch die FK und GPK Die FK und GPK stellen fest, dass das Departement die Zusammenfassungen und Berichte der EFK sehr unterschiedlich handhabte. Die Kommissionen kommen zum Schluss, dass sich die Departementsspitze mit den Zusammenfassungen bzw. Berichten der INSIEME-Prüfungen von 2005, 2006 und 2008 nicht genügend auseinandersetzte und folglich den Erkenntnissen
zu wenig Gewicht beimass. Die Interpretation der EFK-Berichte durch den Vorsteher des EFD (2004­2010) lässt sich mit der mangelnden Auseinandersetzung mit deren Inhalt begründen: Anläss848 849 850 851 852 853 854 855

856 857 858

Brief des Generalsekretretärs des EFD (1996­2007) an die AGI vom 29. Nov. 2013: Fragen zur schriftlichen Beantwortung, S. 2.

Protokoll der AGI vom 8. Nov. 2013, S. 42 (Vorsteher EFD 2004­2010) sowie S. 23 (Generalsekretärin EFD 2007­2010).

Protokoll der AGI vom 9. Okt. 2013, S. 52 (Generalsekretär EFD seit 2010).

Protokoll der AGI vom 9. Okt. 2013, S. 30 (Vorsteherin EFD seit 2010).

Protokoll der AGI vom 9. Okt. 2013, S. 32 (Vorsteherin EFD seit 2010).

Protokoll der AGI vom 14. März 2014, S. 31­32 (Leiter Ressourcen EFD seit 2008).

Protokoll der AGI vom 14. März 2014, S. 31 (Leiter Ressourcen EFD seit 2008).

Protokoll der AGI vom 23. Jan. 2014, S. 39 (Leiter IKT EFD seit 2009); Schreiben des Leiters IKT des EFD an die AGI vom 14. Febr. 2014: Fragen der AGI zur schriftlichen Beantwortung, S. 3.

Protokoll der AGI vom 13. Sept. 2013, S. 26 (Vizedirektor ESTV seit 2008).

Art. 15 Abs. 3 FKG (SR 614.0).

Zur Meldung an den Bundespräsidenten im März 2002 vgl. Kapitel 6.3.1.

6532

lich der Anhörung durch die AGI zitierte er aus den EFK-Jahresberichten und nicht aus den INSIEME-Prüfberichten. Da die EFK in den entsprechenden Jahresberichten keine Pendenzen ausgewiesen hatte, folgerte der Vorsteher des EFD daraus, dass kein Handlungsbedarf bestand.859 Dem Departement war über lange Zeit nicht bewusst, dass die ESTV einen Grossteil der EFK-Empfehlungen nicht umsetzte. Die FK und GPK stellen fest, dass ein Umsetzungscontrolling für die Empfehlungen der EFK auf Stufe Departement nicht vorhanden war.

Empfehlung 7: Umsetzungscontrolling der EFK-Empfehlungen auf Stufe der Departemente Die FK und GPK fordern den Bundesrat auf, ein Umsetzungscontrolling der EFK-Empfehlungen auf Stufe der Departemente zu etablieren.

Die Zusammenfassungen der EFK-Berichte zuhanden der FinDel und in Kopie an die betroffenen Departementsvorstehenden waren teilweise lückenhaft (indem zentrale Erkenntnisse nicht in die Zusammenfassungen aufgenommen wurden). Die FK und GPK monieren nicht das Instrument der Zusammenfassung als solches, sondern dass die EFK dieses Instrument nutzte, um Schwerpunkte zu setzen, anstatt es im Sinne einer Kurzfassung des Gesamtberichts einzusetzen.860 Die FK und GPK sind der Ansicht, dass sich die EFK nach Bedarf mittels der ihr zur Verfügung stehenden Instrumente an das Departement wenden soll, um Handlungsbedarf kundzutun. In den Berichten jedoch sollen die Erkenntnisse lediglich deskriptiv dargestellt werden und somit unter anderem dem Departement als Informationsgrundlage für die Wahrnehmung seiner Aufsichtsfunktion dienen.

Die FK und GPK regen an, dass die Pflicht zur Erstellung von Zusammenfassungen der Prüfberichte sowie zu deren Weiterleitung an die FinDel und an die betroffenen Departementsvorstehenden aus dem FKG gestrichen wird. Weiter sind die FK und GPK der Ansicht, dass es nicht Aufgabe der EFK ist, den Departementen die Stellungnahmen der geprüften Verwaltungseinheiten zuzustellen: Die Departemente sollen diese Stellungnahmen im Rahmen der Wahrnehmung ihrer Aufsichtsfunktion von den ihnen unterstellten Ämtern erhalten. Die FK und GPK ersuchen den Bundesrat, das FKG dahingehend anzupassen, dass den Departementen im Rahmen ihrer Aufsichtsfunktion anstelle der Zusammenfassungen zukünftig die vollständigen EFK-Berichte zugestellt werden;861 siehe diesbezüglich die Motion 1 in Kapitel 6.7.

859 860

Zur Praxis der Pendenzenausweisung der EFK vgl. Kapitel 6.4.1.

Zur Mitteilung der Prüfungsbefunde an das EFD bzw. an die FinDel vgl. Kapitel 6.6.5 und Kapitel 6.6.8.

861 Streichung des dritten Satzes von Art. 14 Abs. 1 FKG sowie Ergänzung von Art. 12 Abs. 1 FKG (SR 614.0).

6533

4.4.2.6

Beratung in den parlamentarischen Oberaufsichtsorganen

Eine Auseinandersetzung der Departementsspitze mit INSIEME fand auch im Zusammenhang mit den parlamentarischen Oberaufsichtsorganen statt: Einerseits konnte die Departementsspitze Einschätzungen der parlamentarischen Oberaufsichtsorgane sowie des Direktors der EFK über die jeweils vorliegenden Prüfberichte im Rahmen der FinDel-Sitzungen in Erfahrung bringen. Die Departementsführung war zwar bei der Beratung der EFK-Prüfberichte nur teilweise anwesend,862 erhielt jedoch sämtliche FinDel-Protokolle.863 Andererseits stand das Departement in der Pflicht, die parlamentarischen Oberaufsichtsorgane über den Stand von INSIEME zu informieren. Wie das Departement diese Informationspflicht wahrnahm, wird unter Kapitel 4.4.5 abgehandelt.

Der Vorsteher des EFD (2004­2010) führte im Rahmen seiner Anhörung aus, dass er von der FinDel nie auf Unstimmigkeiten bei INSIEME hingewiesen worden sei.864 Laut der Vorsteherin des EFD (seit 2010) seien die Beanstandungen der FinDel aufgenommen worden und hätten beispielsweise zu einer Verbesserung der Quartalsreporte geführt.865 Die FinDel zeigte sich Mitte 2011 «ernsthaft besorgt» über die Entwicklung von INSIEME und forderte eine Gesamtplanung und eine Endkostenprognose.866 Der Generalsekretär des EFD (seit 2010) bezeichnete die FinDel als «Sparringpartner» sowie «Soundingboard und Ideenlieferant»: Sie habe dem Generalsekretariat geholfen, über das weitere Vorgehen zu entscheiden.867 Handlungsinstruktionen habe das Departement von der FinDel nie erhalten, dies entspräche auch nicht ihrer Rolle.868 Die FinDel könne auch keine Empfehlungen ans Generalsekretariat richten.869 Die Vorsteherin des EFD erachtete es als «grosse Unterstützung, die Probleme mit der FinDel diskutieren zu können».870 Beurteilung durch die FK und GPK Das Departement wurde von der FinDel erst Mitte 2011 per Korrespondenz auf Missstände bei INSIEME aufmerksam gemacht. Vorher diente die Beratung in den parlamentarischen Oberaufsichtsorganen nicht als Entscheidungsbasis für das Departement.

Die FK und GPK sind überrascht über das vom Generalsekretär des EFD (seit 2010) geäusserte Rollenverständnis bezüglich der FinDel.871

862

863 864 865 866 867 868 869 870 871

Bei der Beratung des EFK-Prüfberichts von 2005 war der Generalsekretär des EFD (1996­2007) anwesend, bei der Beratung des EFK-Prüfberichts von 2012 die aktuelle Vorsteherin des EFD sowie der Generalsekretär des EFD.

Vgl. Kapitel 7.2.2.2 und 7.2.2.4.

Protokoll der AGI vom 8. Nov. 2013, S. 39 (Vorsteher EFD 2004­2010).

Protokoll der AGI vom 9. Okt. 2013, S. 33 (Vorsteherin EFD seit 2010).

Brief der FinDel an die Vorsteherin des EFD vom 14. Juli 2011, S. 2; vgl. Kapitel 7.2.2.1.

Protokoll der AGI vom 9. Okt. 2013, S. 56 (Generalsekretär EFD seit 2010).

Protokoll der AGI vom 9. Okt. 2013, S. 56 (Generalsekretär EFD seit 2010).

Protokoll der AGI vom 9. Okt. 2013, S. 56 (Generalsekretär EFD seit 2010).

Protokoll der AGI vom 9. Okt. 2013, S. 33 (Vorsteherin EFD seit 2010).

Vgl. Kapitel 7.2.2.2.

6534

4.4.2.7

Stabübergaben

Während der Projektdauer von INSIEME wechselten die Departementsleitung sowie die Leitung des Generalsekretariats je zwei Mal: Als die ESTV das Projekt im Jahr 2001 initiierte, leitete der Departementsvorsteher des EFD (1996­2003) zusammen mit dem Generalsekretär des EFD (1996­2007) das Departement. Im Januar 2004 übernahm der Vorsteher (2004­2010) die Leitung des EFD. Im April 2007 erfolgte ein Wechsel in der Führung des Generalsekretariats. Die Generalsekretärin des EFD (2007­2010) trat im Oktober 2010 zusammen mit dem Vorsteher des EFD (2004­ 2010) zurück. Seit November 2010 amten die aktuelle Departementsvorsteherin des EFD und der aktuelle Generalsekretär des EFD.

Bei der Departementsübergabe Ende 2003 erstellte die Departementsführung ein 62-seitiges Führungshandbuch, das der Vorsteher des EFD (1996­2003) seinem Nachfolger nach mündlicher Besprechung übergab. Den FK und GPK lag dieses Handbuch lediglich als Entwurf vor. Neben Informationen zu Führungseinrichtungen und Entscheidungsprozessen enthielt es eine Übersicht über die Zuständigkeiten und Geschäfte des Generalsekretariats und der Fachämter. Jede Verwaltungseinheit wurde anhand ihrer Aufgaben, Schwerpunktgeschäfte und des Organigramms vorgestellt. INSIEME fand weder bei der ESTV noch auf der im Anhang aufgeführten Liste «Projekte EFD 2003­2006» Erwähnung.872 Der Vorsteher des EFD (2004­ 2010) bestätigte, dass INSIEME bei der Departementsübergabe nicht thematisiert wurde und dass er zu Beginn seiner Amtszeit keine Kenntnis von der IT-Vision der ESTV hatte.873 Bei der Stabübergabe im Generalsekretariat im Jahr 2007 erfolgte laut dem abtretenden Generalsekretär des EFD (1996­2007) keine formelle Aktenübergabe, da die neue Generalsekretärin (2007­2010) bereits seit September 2004 Kommunikationschefin des EFD war und über INSIEME informiert gewesen sei.874 Der Generalsekretär (1996­2007) betonte andererseits gegenüber der AGI, dass in seiner Wahrnehmung zu diesem Zeitpunkt ganz klar Handlungsbedarf bestand und er bereits damals die zeitliche Planung als nicht realistisch erachtete.875 Ob diese Einschätzung an die Nachfolgerin gelangte, bleibt unklar. Die Generalsekretärin des EFD gab an, Gespräche mit dem Leiter Ressourcen (2006­2008) geführt zu haben.876 Ferner gab es sowohl beim Leiter Ressourcen des EFD (seit 2008) wie auch beim Leiter
IKT des EFD (seit 2009) keine Amtsübergabe.877 Bei der Departementsübergabe 2010 habe die damalige Generalsekretärin des EFD im Auftrag des Vorstehers des EFD (2004­2010) ein «Büchlein» über die Strukturen, Daten und aktuellen Geschäfte des EFD erarbeitet, das der aktuellen Vorsteherin des EFD übergeben wurde.878 Das Dokument liegt den FK und GPK nicht vor.

Gemäss des Vorstehers des EFD (2004­2010) sei INSIEME darin thematisiert worden, jedoch nicht im Fokus gestanden.879 Eine mündliche Übergabe des Vorste-

872 873 874 875 876 877

Führungshandbuch EFD vom Dezember 2003, S. 34­35 und 58­61.

Protokoll der AGI vom 8. Nov. 2013, S. 32 und 47 (Vorsteher EFD 2004­2010).

Protokoll der AGI vom 28. Okt. 2013, S. 33 (Generalsekretär EFD 1996­2007).

Protokoll der AGI vom 28. Okt. 2013, S. 38 (Generalsekretär EFD 1996­2007).

Protokoll der AGI vom 8. Nov. 2013, S. 15 (Generalsekretärin EFD 2007­2010).

Protokoll der AGI vom 14. März 2014, S. 27 (Leiter Ressourcen EFD seit 2008); Protokoll der AGI vom 23. Jan. 2014, S. 32 (Leiter IKT EFD seit 2009).

878 Protokoll der AGI vom 8. Nov. 2013, S. 33 (Vorsteher EFD 2004­2010).

879 Protokoll der AGI vom 8. Nov. 2013, S. 33 (Vorsteher EFD 2004­2010).

6535

hers des EFD an die aktuelle Vorsteherin des EFD fand nicht statt;880 sie liess sich jedoch im Rahmen von Gesprächen mit den Direktoren der ESTV und des BIT über INSIEME informieren und veranlasste aufgrund der widersprüchlichen Aussagen eine Projekteinschätzung881 durch die Ressourcenabteilung des Generalsekretariats.882 Die Generalsekretärin des EFD (2007­2010) führte zwei Übergabegespräche mit ihrem Nachfolger;883 INSIEME sei dabei ein wichtiges Thema gewesen.884 Die abtretende Generalsekretärin des EFD habe den neuen Generalsekretär des EFD insbesondere darauf hingewiesen, dass sich INSIEME in einer heiklen Phase befinde.885 Ebenso orientierte der Leiter Ressourcen des EFD (seit 2008) den Generalsekretär des EFD (seit 2010) bei seinem Stellenantritt mündlich über die Probleme bei INSIEME.

Beurteilung durch die FK und GPK Soweit dies aufgrund der lückenhaften Dokumentation886 und der von der AGI durchgeführten Anhörungen ersichtlich ist, wurden bei den Stabübergaben die relevanten Kenntnisse in Bezug auf INSIEME nur unvollständig weitergegeben.

Folglich war der jeweilige Wissensverlust bei den Wechseln der Departementsführung gross und die Kontinuität in der Begleitung dieses Geschäfts konnte nur unzureichend sichergestellt werden.

Empfehlung 8: Wissenstransfer bei Stabübergaben Die FK und GPK fordern den Bundesrat auf, darauf hinzuwirken, dass bei Wechseln in der Departementsführung eine Stabübergabe erfolgt, welche die Geschäftskontinuität sicherstellt. Der Wissenstransfer ist insbesondere durch eine lückenlose Dokumentation der zentralen Geschäfte zu gewährleisten.

4.4.3

Einflussnahme der Departementsführung auf INSIEME

4.4.3.1

Stellenwert von INSIEME

Der Vorsteher des EFD (1996­2003) und der Generalsekretär des EFD (1996­2007) führten im Rahmen ihrer Anhörungen aus, dass das Departement keine Vorgaben zur IT-Vision der ESTV gemacht habe; das Vorhaben INSIEME sei gebilligt und

880 881 882 883 884 885 886

Protokoll der AGI vom 8. Nov. 2013, S. 33 (Vorsteher EFD 2004­2010).

Notiz Ressourcen EFD vom 23. Nov. 2010: Einschätzung zum gegenwärtigen ProjektStatus.

Protokoll der AGI vom 9. Okt. 2013, S. 38 (Vorsteherin EFD seit 2010).

Schreiben der Generalsekretärin des EFD (2007­2010) an das Sekretariat der GPK vom 8. Dez. 2013: Ergänzung zum Protokoll, S. 2.

Schreiben des Vorstehers des EFD (2004­2010) an die AGI vom 21. Nov. 2013, S. 1.

Protokoll der AGI vom 8. Nov. 2013, S. 17 (Generalsekretärin EFD 2007­2010).

Die AGI forderte im November 2013 beim EFD Unterlagen zu den Stabübergaben ein.

Das EFD teilte der AGI mit, dass diesbezüglich im EFD keine Akten vorlägen (Schreiben des EFD an die AGI vom 20. Dez. 2013: Einforderung zusätzlicher Dokumente betreffend das Informatikprojekt INSIEME, S. 1).

6536

begrüsst worden.887 Während der Amtszeit des Vorstehers des EFD (1996­2003) war INSIEME allerdings kein Kerngeschäft, sondern ein Projekt unter vielen, das nicht durch besondere Wichtigkeit herausstach:888 Das Projekt sei einerseits noch in der Konzeptphase gewesen und andererseits habe es noch keine Anzeichen gegeben, dass INSIEME ein Misserfolg werden könnte.889 Der Departementsvorsteher habe nicht direkt Einfluss auf das Projekt genommen.890 Der Generalsekretär des EFD (1996­2007) hingegen habe INSIEME ­ zusammen mit der zuständigen Person des Referentenstabs und aufgrund der erkannten Informatikprobleme in der ESTV ­ während der Initiierungsphase permanent begleitet.891 Im Frühjahr 2003 habe das Departement der ESTV nahegelegt, die Initialisierungsphase abzuschliessen und das Hauptprojekt zu starten.892 Ferner war der Generalsekretär des EFD (1996­2007) Auftraggeber des Projekts «Vormigration BS2000».893 Im Rahmen der Vorarbeiten zu INSIEME wurde entschieden ­ ob von der ESTV oder vom Departement bleibt ungewiss ­, das Vorhaben nicht bundesverwaltungsintern durch das BIT, sondern extern entwickeln zu lassen.894 Ausschlaggebend für die engere Begleitung von INSIEME durch die Ressourcenabteilung des GS EFD sei einerseits die Bandbreite der eingegangenen Offerten und andererseits ein Schreiben der Firma Capgemini an die ESTV895 gewesen, in welchem festgehalten wurde, dass Capgemini aufgrund der unklaren Ausgangslage nicht offerieren werde.896 Das GS EFD habe der ESTV seine Zweifel in Bezug auf die Offerten mitgeteilt, sich später allerdings mit dem Zuschlag an Unisys einverstanden erklärt und in Bezug auf den Vertragsabschluss Anweisungen erteilt.897 Aufgrund der Unstimmigkeiten im Rahmen der WTO-Ausschreibung und der anschliessenden Vertragsverhandlungen mit Unisys beschloss das GS EFD in der zweiten Hälfte 2006, bei Capgemini ein Audit zu INSIEME in Auftrag zu geben.898 Im März 2007 lag der Audit-Bericht vor. Er zeigte neben Mängeln in der Projektorganisation auch auf, dass die Aufwandschätzung des externen Generalunternehmers fragwürdig war. Das GS EFD war an den Vertragsverhandlungen mit Unisys massgeblich beteiligt und beauftragte das BBL mit deren Führung.899

887 888 889 890 891 892 893 894 895 896 897 898 899

Protokoll der AGI vom 28. Okt. 2013, S. 34 und 36 (Generalsekretär EFD 1996­2007) sowie S. 14 (Vorsteher EFD 1996­2003).

Protokoll der AGI vom 28. Okt. 2013, S. 7 und 16 (Vorsteher EFD 1996­2003).

Protokoll der AGI vom 28. Okt. 2013, S. 7 (Vorsteher EFD 1996­2003).

Protokoll der AGI vom 28. Okt. 2013, S. 15 (Vorsteher EFD 1996­2003).

Protokoll der AGI vom 28. Okt. 2013, S. 11 und 15 (Vorsteher EFD 1996­2003).

Brief des Generalsekretärs des EFD (1996­2007) an die AGI vom 29. Nov. 2013: Fragen zur schriftlichen Beantwortung, S. 2.

Vgl. Kapitel 3.4.4.2.

Vgl. Kapitel 3.5.3.1 und 3.5.4.2.

Der Brief konnte der AGI nicht vorgelegt werden.

Protokoll der AGI vom 28. Okt. 2013, S. 37 (Generalsekretär EFD 1996­2007).

Protokoll der AGI vom 28. Okt. 2013, S. 31 und 37 (Generalsekretär EFD 1996­2007).

Audit-Bericht Capgemini vom 22. März 2007; Protokoll der AGI vom 28. Okt. 2013, S. 38 und 43 (Generalsekretär EFD 1996­2007).

Brief des Generalsekretärs des EFD (1996­2007) an die AGI vom 29. Nov. 2013: Fragen zur schriftlichen Beantwortung, S. 3; Protokoll der AGI vom 8. Nov. 2013, S. 12­13 (Generalsekretärin EFD 2007­2010).

6537

Sowohl die Departementsspitze wie auch die FinDel und die FK hätten den Abbruch der Vertragsverhandlungen laut dem Direktor der ESTV unterstützt.900 Der Vorsteher des EFD (2004­2010) erläuterte den Verhandlungsabbruch im August 2007 gegenüber der FinDel mit folgenden Worten: «Es ist richtig, dass wir die Notbremse gezogen haben, sonst wäre es ein endloses Projekt geworden.»901 Der Vorsteher des EFD (2004­2010) äusserte die Vermutung, dass aufgrund der positiven Rückmeldungen in Bezug auf INSIEME (seitens der parlamentarischen Oberaufsicht, der EFK und ­ zumindest zu Beginn ­ des BIT) eine «kollektiv gute Stimmung» geherrscht habe, und dies auch dann noch, als bereits gewisse Probleme bestanden.902 Er fügte an, dass INSIEME vielleicht etwas mehr in den Fokus gerückt wäre, wenn er über die Verstösse gegen das Beschaffungsrecht im Bild gewesen wäre.903 Laut dem Leiter Ressourcen des EFD (seit 2008) habe das EFD bei seinem Stellenantritt im Oktober 2008 in Bezug auf INSIEME keine Rolle innegehabt, sondern erst ab Mitte 2009, als er dem Leiter IKT des EFD den Auftrag erteilte, INSIEME ­ ein Schlüsselprojekt des EFD ­ zu überwachen und Einsitz in den GPA zu nehmen.904 Aus Sicht des Ressourcenleiters kümmerte sich der Vorsteher des EFD (2004­2010) nicht erkennbar um INSIEME; erst von der aktuellen Departementsleitung (ab Ende 2010) habe er Vorgaben betreffend Aufsicht erhalten.905 Der Leiter IKT des EFD (seit 2009) sagte aus, dass INSIEME im GS EFD erste Priorität gewesen sei.906 Kurz nach Amtsantritt teilte die Vorsteherin des EFD (seit 2010) ihrem Generalsekretär mit, dass sie von ihm eine aktivere Rolle in Bezug auf INSIEME erwarte.907 Als die Vorsteherin des EFD über die Quartalsberichte hinausgehende Informationen ersuchte, sei dies mit Verwunderung quittiert worden, was zeige, dass ein Interesse der Departementsleitung an INSIEME zuvor offensichtlich nicht üblich gewesen sei.908 Beurteilung durch die FK und GPK Naturgemäss hängt der Stellenwert eines Projekts in starkem Masse davon ab, wie der Stand des Projekts und die damit verbundenen Risiken909 eingeschätzt werden.

Da der Departementsvorsteher des EFD (2004­2010) lange Zeit den Eindruck hatte, alles laufe wie geplant, erstaunt es nicht, dass er sich nicht veranlasst fühlte, sich näher mit dem Projekt zu befassen. Der Generalsekretär des EFD
(1996­2007) spielte ­ insbesondere im Zusammenhang mit der BS2000-Migration, aber auch im Rahmen der WTO-Ausschreibung und der anschliessenden Vertragsverhandlungen 900

901 902 903 904 905 906 907 908 909

Protokoll der AGI vom 10. Juni 2013, S. 65 (Direktor ESTV 2000­2012). Aus den Protokollen ergibt sich jedoch, dass die FK und die FinDel erst im Nachhinein über den Projektabbruch [Abbruch der Vertragsverhandlungen???] informiert wurden; vgl. Kapitel 7.2.1.2 und Kapitel 7.3.1.2.

Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 29./30. Aug. 2007, S. 1 (Vorsteher EFD 2004­ 2010).

Protokoll der AGI vom 8. Nov. 2013, S. 44­45 (Vorsteher EFD 2004­2010).

Protokoll der AGI vom 8. Nov. 2013, S. 35 (Vorsteher EFD 2004­2010).

Protokoll der AGI vom 14. März 2014, S. 15­16 (Leiter Ressourcen EFD seit 2008); Protokoll der AGI vom 23. Jan. 2014, S. 27 (Leiter IKT EFD seit 2009).

Protokoll der AGI vom 14. März 2014, S. 16­17 (Leiter Ressourcen EFD seit 2008).

Protokoll der AGI vom 23. Jan. 2014, S. 26 (Leiter IKT EFD seit 2009).

Protokoll der AGI vom 27. Febr. 2013, S. 42 (Generalsekretär EFD seit 2010).

Protokoll der AGI vom 28. März 2013, S. 12 (Vorsteherin EFD seit 2010).

Auf der Risikolandkarte des EFD erschien das Projekt lediglich im Jahr 2011; vgl. Kapitel 5.4.4.

6538

mit Unisys ­ eine aktive Rolle. Er bezeichnete INSIEME als Departementsprojekt, dessen Führung die Aufgabe der ESTV ­ und bis zu einem gewissen Grad auch diejenige des Departements ­ gewesen sei.910 Ab dem Widerruf des WTO-Zuschlags an Unisys im August 2007 bis zum Jahr 2010 vernachlässigte die Departementsspitze INSIEME auf eine folgenschwere Art und Weise. Der Vorsteher des EFD (2004­2010) gab gegenüber der AGI zu Protokoll, dass er nicht in die operativen Geschehnisse von INSIEME eingreifen konnte.911 Der Präsident der FinDel (2009) gab im Mai 2009 zu Protokoll, dass der Vorsteher des EFD (2004­2010) im Rahmen der Vorbesprechung der FinDelSitzung die Ansicht geäussert habe, dass die Führung und das Controlling von INSIEME im Verantwortungsbereich der ESTV lägen und dass deshalb nicht geplant sei, ein übergeordnetes Controlling einzusetzen. Trotzdem sprach aber der Vorsteher des EFD (2004­2010) von einer departementalen Verantwortung für INSIEME.912 Auch die Generalsekretärin des EFD (2007­2010) beteuerte, dass INSIEME ein wichtiges Projekt für das EFD gewesen sei.913 Durch den Leiter IKT des EFD fand ab Mitte 2009 zwar wieder eine Auseinandersetzung des GS EFD mit INSIEME statt, die Departementsleitung mass den erkannten Missständen jedoch nicht die notwendige Bedeutung zu und leitete auch keine Massnahmen ein.

Nach dem Stabwechsel Ende 2010 wurde dem Projekt ein deutlich höherer Stellenwert eingeräumt, jedoch war trotz der vertieften Auseinandersetzung die Bereitschaft, in das Projekt einzugreifen, erst relativ spät vorhanden. Insbesondere der Leiter Ressourcen und der Leiter IKT des EFD begleiteten INSIEME, allerdings unter der Maxime, dass das GS EFD keine operationelle Verantwortung für ein Amtsprojekt übernimmt. Die Vorsteherin und der Generalsekretär des EFD (seit 2010) betonten gegenüber der AGI mehrmals, INSIEME sei in der Verantwortung des Direktors der ESTV gelegen und das GS EFD habe keine eigentlichen Entscheidkompetenzen gehabt.914

4.4.3.2

Finanzen

Die EFK stellte Anfang 2005 fest, dass für die im Rahmen von INSIEME durchgeführten Projekte bis dahin noch kein Verpflichtungskredit beantragt worden und die Kostenkontrolle ungenügend war.915 Im Sommer 2005 erstellte das GS EFD mit der Unterstützung der EFV die Verpflichtungskreditanträge,916 jedoch ohne eine Ämterkonsultation durchzuführen.917 Der erste Kreditantrag des EFD wurde zwei Tage vor der Bundesratssitzung eingereicht. Dem im Rahmen des Mitberichtsverfahrens

910 911 912 913 914

Protokoll der AGI vom 28. Okt. 2013, S. 35 und 43 (Generalsekretär EFD 1996­2007).

Protokoll der AGI vom 8. Nov. 2013, S. 36 (Vorsteher EFD 2004­2010).

Protokoll der AGI vom 8. Nov. 2013, S. 38­39 (Vorsteher EFD 2004­2010).

Protokoll der AGI vom 8. Nov. 2013, S. 10 (Generalsekretärin EFD 2007­2010).

Protokolle der AGI vom 27. Febr. 2013, S. 24 und 30 (Generalsekretär EFD seit 2010); vom 28. März 2013, S. 20 (Vorsteherin EFD seit 2010); und vom 9. Okt. 2013, S. 25­26 und 34 (Vorsteherin EFD seit 2010) sowie S. 42 und 44 (Generalsekretär EFD seit 2010).

915 EFK-Bericht vom 25. Febr. 2005, S. 1.

916 1. Antrag vom 27. Juni 2005 sowie 2. Antrag vom 15. Aug. 2005.

917 Bericht der EFV an die AGI vom 6. Jan. 2014, S. 4.

6539

gestellten Antrag, das Geschäft zu verschieben, um eine eingehende Prüfung vornehmen zu können, wurde stattgegeben.918 Anfänglich sah die ESTV für INSIEME rund 100 Millionen Franken vor.919 Die Departementsspitze habe daraufhin eine Investitionsrechnung verlangt und die Wirtschaftlichkeit von INSIEME untersucht.920 Nach einem «relativ langen Prozess des Einschwingens auf die nötigen Mittel»921 wurde der Kredit schliesslich auf 71 Millionen Franken festgesetzt.922 Bemerkenswert ist insbesondere, dass der Betrag aufgrund der eingegangenen Offerten um 15 Millionen (von 86 auf 71 Millionen Franken) reduziert werden konnte.923 Unter Einbezug der geschätzten Mehreinnahmen wurde die Erreichung der Gewinnschwelle, je nach Methodenansatz, auf 2008 oder bereits auf 2007 berechnet.924 Mit Beschluss vom August 2005 ermächtigte der Bundesrat das EFD, dem Parlament mit dem Voranschlag 2006 einen Verpflichtungskredit von 71 Millionen Franken für INSIEME anzubegehren.

Den Antrag an den Bundesrat für den Zusatz- bzw. Nachtragskredit von 2010 erarbeitete die ESTV. Gemäss dem Antrag des EFD seien die Bundeskanzlei und die Generalsekretariate der Departemente für die Ämterkonsultation eingeladen worden und es hätten keine Differenzen bestanden.925 Nicht aufgeführt wurde die Ämterkonsultation der EFV.926 In ihrer Stellungnahme kritisierte die EFV mehrere Punkte: Zum einen verwies sie auf die im Bericht zur Umsetzungsplanung der Aufgabenüberprüfung des Bundes927 aufgeführten Einsparungen bei den Betriebskosten (6 Millionen Franken 2014 bzw. 10 Millionen Franken pro Jahr ab 2015), die durch die Angaben im Antrag betreffend Finanzbedarf für Wartung und Betrieb von INSIEME widerlegt worden seien.928 Die EFV bat die ESTV deshalb, aufzuzeigen, wie die genannten Einsparungen realisiert werden können. Die ESTV ging nicht auf das Anliegen ein und ergänzte den Antrag lediglich mit der Feststellung, dass die Vorgaben des Konsolidierungsprogramms 2011­2013 durch EFD-interne Kompen918 919

920

921 922

923 924 925 926 927 928

Bundesratsbeschluss vom 29. Juni 2005: Sammelantrag Verpflichtungskredit für die Programme INSIEME der ESTV und FIRE III der EZV.

Der Direktor der ESTV (2000­2012) bezifferte die Kosten von INSIEME im April 2005 gegenüber der zuständigen Subkommission der FK-N auf rund 100 Millionen Franken (Protokoll der FK-N6 vom 27. April 2005, S. 15). Auch der Vorsteher des EFD (2004­ 2010) sagte gegenüber der FinDel aus, dass das Projekt ursprünglich finanziell höher angesetzt war (Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 29./30. Aug. 2005, S. 2).

Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 29./30. Aug. 2005, Eidg. Steuerverwaltung ­ Interne Projekte INSIEME, INISCH und FITIN, S. 2 (Vorsteher EFD 2004­2010); Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 27./28. Juni 2005, S. 3 (Generalsekretär EFD 1996­2007).

Protokoll der AGI vom 28. Okt. 2013, S. 47 (Generalsekretär EFD 1996­2007).

Im Widerspruch zu diesen Ausführungen steht die Aussage des Vorstehers des EFD (2004­2010), die ESTV habe die Anträge von 2005 erarbeitet und das Departement habe an den Anträgen der ESTV keine Änderungen vorgenommen (Protokoll der AGI vom 8.

Nov. 2013, S. 38).

Sammelantrag Verpflichtungskredite für die Programme INSIEME der ESTV und Fire III der EZV, 2. Antrag vom 15. Aug. 2005, S. 1.

Sammelantrag Verpflichtungskredite für die Programme INSIEME der ESTV und Fire III der EZV, 2. Antrag vom 15. Aug. 2005, S. 3.

Antrag des EFD vom 31. Mai 2010: Zusatzkredit für die Finanzierung des Informatikprojekts INSIEME der Eidg. Steuerverwaltung, S. 7.

Bericht der EFV vom 6. Jan. 2014, S. 4.

Bericht zur Umsetzungsplanung der Aufgabenüberprüfung des Bundes vom 14. April 2010, Anhang, S. 1.

Brief des Direktors der EFV an den Direktor der ESTV vom 18. Mai 2010: Ämterkonsultation Zusatzkredit für INSIEME, S. 1.

6540

sationen eingehalten werden könnten.929 Zum anderen zeigte sich die EFV «äusserst skeptisch» gegenüber einem Vorschuss.930 Da der bestehende Verpflichtungskredit mit Sicherheit bis Ende 2010 ausreiche, sei ein Vorschuss nicht notwendig.931 Die ESTV hielt am Vorschuss fest, reduzierte diesen aber von 10 auf 8 Millionen Franken. Ferner bat die EFV die ESTV, auf den Nachtragskredit zuhanden des BBL in der Höhe von 770 000 Franken zu verzichten. Diesem Antrag kam die ESTV nach.

Laut der Generalsekretärin des EFD (2007­2010) lieferte die EFV wertvolle Inputs.932 Das GS EFD habe den Entwurf der ESTV als nicht fundiert genug erachtet und die ESTV beauftragt, den Finanzbedarf noch einmal vertieft abzuklären.933 Mit Beschluss vom Juni 2010 ermächtigte der Bundesrat das EFD, mit der Botschaft zum Nachtrag II 2010 einen Zusatz- und Nachtragskredit von 57 respektive 12 Millionen Franken anzubegehren.934 Zweifelsfrei nicht dem tatsächlichen Sachverhalt entspricht die Aussage des Vorstehers des EFD (2004­2010), der Verpflichtungskredit von 71 Millionen Franken sei bis zum Zeitpunkt seines Rücktritts eingehalten worden und es seien keine darüber hinausgehende Mittel engagiert gewesen.935 Gemäss Bundesratsbeschluss vom 18. Juni 2010 über den Zusatz- und Nachtragskredit sollte INSIEME Gegenstand einer Projektbegleitung und eines rigorosen Monitorings936 durch die ESTV in Zusammenarbeit mit der EFK und dem IRB sein.

Dieses rigorose Monitoring war vom EDA gewünscht worden. In der Stellungnahme zum Mitbericht des EDA erklärte sich das EFD mit der beantragten Ergänzung des Beschlussdispositivs einverstanden, da diese Ergänzung keine Änderung der heutigen Situation darstellte.937 Der Vorsteher des EFD (2004­2010) versicherte darin, dass bei INSIEME ein durchgängiges und systemrelevantes Controlling und Berichtswesen geschafft wurde, das die Projektleitung unterstütze und die Kostentransparenz gewährleiste. Er verwies unter anderem auf das Cockpit IKT des E-Gate, auf das Balanced Scorecard Reporting des IRB, auf den Informatikcontrollingbeaufragten des EFD und die Leistungsbezügerkonferenz (LBK) des Bundes.

Die Generalsekretärin des EFD (2007­2010) forderte die betroffenen Stellen in einem Brief938 auf, die im Bundesratsbeschluss vom Juni 2010 geforderte Projektbegleitung und das rigorose Monitoring von INSIEME
umzusetzen. Zur Umsetzung des bundesrätlichen Entscheids kam es jedoch aus mehreren Gründen nicht. Die EFK entschied sich gegen eine Prüfung, wie sie der Bundesrat vorsah, begleitete 929 930 931 932 933 934 935 936

937

938

Antrag des EFD vom 31. Mai 2010, Zusatzkredit für die Finanzierung des Informatikprojekts INSIEME der Eidg. Steuerverwaltung, S. 3.

Brief des Direktors der EFV an den Direktor der ESTV vom 18. Mai 2010: Ämterkonsultation Zusatzkredit für INSIEME, S. 2.

Brief des Direktors der EFV an den Direktor der ESTV vom 18. Mai 2010: Ämterkonsultation Zusatzkredit für INSIEME, S. 2.

Protokoll der AGI vom 8. Nov. 2013, S. 21 (Generalsekretärin EFD 2007­2010).

Protokoll der AGI vom 8. Nov. 2013, S. 21 (Generalsekretärin EFD 2007­2010).

Vgl. Kapitel 5.3.1.

Protokoll der AGI vom 8. Nov. 2013, S. 38 (Vorsteher EFD 2004­2010).

Bundesratsbeschluss vom 18. Juni 2010, Zusatzkredit für die Finanzierung des Informatikprojekts INSIEME der Eidg. Steuerverwaltung, S. 1: «l'objet d'un suivi et d'un monitoring rigoureux».

Stellungnahme des EFD vom 10. Juni 2010 zum Mitbericht des EDA vom 9. Juni 2010: Zusatzkredit für die Finanzierung des Informatikprojekts INSIEME der Eidg. Steuerverwaltung.

Brief der Generalsekretärin des EFD an den Direktor der ESTV vom 22. Juni 2010: Informatikprojekt INSIEME.

6541

INSIEME aber im Rahmen einer Folgeprüfung Ende 2011 weiter.939 Der IRB seinerseits beschloss, sich vom Vertreter des EFD (dem Leiter IKT des EFD) halbjährlich über den Stand von INSIEME orientieren zu lassen. Die Kenntnisnahme dieser Informationen durch den IRB erwies sich jedoch als wirkungslos, da der IRB in Bezug auf INSIEME keine Aufsichtsfunktion innehatte.940 Der Vorsteher des IRB (seit 2007) hielt Anfang 2011 anlässlich einer IRB-Sitzung fest, dass die INSIEMEBerichterstattung an den IRB «im Sinne eines Reportings entsprechend dem Ergebnis des bundesrätlichen Mitberichtsverfahrens zum Zusatzkredit INSIEME und nicht im Sinne eines Controllings» sei.941 Die dem IRB zugestellten Quartalsberichte wurden daher lediglich zur Kenntnis genommen und es wurde wiederholt festgehalten, dass der IRB keine Aufsichtsfunktion habe.942 Ende 2010, anlässlich einer Besprechung der Departementsspitze mit der ESTV, wurde festgehalten, dass der Projektfortschritt durch ein Projektcontrolling zu überwachen ist, die finanziellen Mittel laufend zu kontrollieren sind und alles daran zu setzen ist, den Kostenrahmen von 155 Millionen Franken943 einzuhalten.944 In einem Schreiben von Mitte 2011 an den Direktor der ESTV wies die Vorsteherin des EFD unmissverständlich darauf hin, dass INSIEME keine zusätzlichen finanziellen Mittel zugesprochen werden könnten und dass keine Verzögerung des Projekts infrage komme.945 Beurteilung durch die FK und GPK In Anbetracht der geltenden Rechtsvorgaben946 begreifen die FK und GPK nicht, warum für den Verpflichtungskredit 2005 (im Gegensatz zum Zusatz- und Nachtragskredit 2010) keine Ämterkonsultation durchgeführt wurde. Auch in Bezug auf das Mitberichtsverfahren legte das EFD die Bestimmungen947 nicht angemessen aus, indem ursprünglich nur zwei Tage für das Mitberichtsverfahren eingeplant wurden.

Zudem war die von der ESTV erstellte Investitionsrechnung nicht genügend nachvollziehbar.948 Die Unsicherheitsfaktoren gemäss FHG949 wurden weder 2005 noch 2010 ausgewiesen. Das BIT war bei den erwähnten Kreditanträgen zweifelsfrei eine 939 940 941 942 943 944 945 946 947

948

949

Vgl. Kapitel 6.4.5.

Vgl. Kapitel 5.4.2.3.

IRB-Protokoll vom 31. Jan. 2011.

IRB-Protokoll vom 29. Aug. 2011, IRB-Protokoll vom 27. Aug. 2012.

Die 155 Millionen Franken ergeben sich aus den bewilligten Kreditanträgen von 2005 sowie 2010.

Beschlussprotokoll vom Briefing INSIEME vom 20. Dez. 2010, S. 3.

Brief der Vorsteherin des EFD an den Direktor der ESTV vom 16. Juni 2011, INSIEME: Vorgehens- und Produkteentscheid, S. 1.

Art. 4 Abs. 1 RVOV (SR 172.010.1); vgl. Kapitel 4.2.

Unter Art. 4 RVOV (SR 172.010.1) ist keine Mindestfrist statuiert, jedoch wird eine «rechtzeitige» Einleitung des Mitberichtsverfahrens festgehalten. Gemäss den Richtlinien für Bundesratsgeschäfte der Bundeskanzlei («Roter Ordner») wird das Mitberichtsverfahren bei Finanzvorlagen eine Woche vor der Bundesratssitzung eröffnet; vgl. Kapitel 4.2.

Das Beratungsunternehmen Capgemini kam in seinem Audit zum Schluss, dass die Nutzenrechnung infolge fehlender Detaillierung nicht plausibilisierbar ist (Auditbericht INSIEME REAL von Capgemini vom 22. März 2007, S. 58­59).

Art. 26 Abs. 2 FHG vom 6. Okt. 1989 (AS 1990 985) bzw. Art. 22 Abs. 2 FHG (SR 611.0): «Die mit der Vorbereitung des Kreditbegehrens betraute Verwaltungseinheit hat im Kreditbegehren die Berechnungsgrundlagen und die Unsicherheitsfaktoren darzulegen; nötigenfalls hat sie angemessene Reserven vorzusehen, die offen auszuweisen sind». Im FHG von 1989 steht anstelle des Begriffs «Verwaltungseinheit» der Begriff «Dienststelle».

6542

mitinteressierte Verwaltungseinheit, die zur Ämterkonsultation hätte eingeladen werden sollen.

Ferner stellen die FK und GPK fest, dass auf die Anmerkungen der EFV im Rahmen der Ämterkonsultation von 2010 nur teilweise eingegangen wurde.

Im Zusatz- und Nachtragskredit von 2010 war nicht die Rede von einem Reporting (auf das sich der Präsident des IRB referenzierte), sondern von einem Monitoring.

Das GS EFD prüfte die Umsetzung der schriftlich geforderten Abklärungen im Folgenden nie, weshalb der Bundesratsentscheid betreffend die Projektbegleitung und das Monitoring eine leere Worthülse blieb.950

4.4.3.3

Projektvorgaben der Bundesverwaltung

Der Generalsekretär des EFD (1996­2007) sagte gegenüber der AGI aus, dass HERMES für IKT-Projekte relativ kompliziert sei und er sich eine einfachere Methode gewünscht hätte.951 Da der Vorsteher des EFD (2004­2010) nach eigenen Angaben während seiner Amtszeit nichts von den rechtswidrigen Beschaffungen bei INSIEME gewusst hatte, leitete er auch keine diesbezüglichen Massnahmen ein.952 Die Tatsache, dass der Direktor der ESTV ihn nicht über Verstösse unterrichtete, bezeichnete der ehemalige Departementsvorsteher als «unerhört».953 Die Generalsekretärin des EFD (2007­ 2010) hielt fest, sie habe stets betont, dass die Vorgaben des Bundes betreffend Projektmethodik und Beschaffungswesen einzuhalten seien.954 Sie hegte keine Zweifel, dass dies betreffend HERMES nicht der Fall war.955 In Bezug auf das Beschaffungswesen erwähnte die Generalsekretärin des EFD die durch die Zentralisierung ermöglichte systematische Auswertung der Beschaffungen durch das GS EFD und das BBL.956 Auf der Basis der Beschaffungszahlen der Verwaltungseinheiten der Departemente, die das BBL im Jahr 2010 dem GS EFD zustellte, habe das GS EFD diejenigen Ämter ermahnt, die trotz bestehender Verordnung957 nicht über das BBL beschafften.958 Der Leiter IKT des EFD (seit 2009) bemerkte die Nichtanwendung von HERMES unmittelbar nach seinem Stellenantritt und forderte die ESTV wiederholt auf, die HERMES-Methodik anzuwenden.959 Die GPA-Protokolle belegen diese Aussage: Bereits an der ersten GPA-Sitzung gab er zu Protokoll, dass in der Phasierung die Systematik und der Einsatz der HERMES-Bewertungskriterien nicht sichtbar sei-

950 951 952 953 954 955 956 957 958

959

Vgl. Kapitel 5.3.1.3.

Protokoll der AGI vom 28. Okt. 2013, S. 46­47 (Generalsekretär EFD 1996­2007).

Protokoll der AGI vom 8. Nov. 2013, S. 34­35 (Vorsteher EFD 2004­2010).

Protokoll der AGI vom 8. Nov. 2013, S. 34 (Vorsteher EFD 2004­2010).

Protokoll der AGI vom 8. Nov. 2013, S. 11 und 24 (Generalsekretärin EFD 2007­2010).

Protokoll der AGI vom 8. Nov. 2013, S. 11, 24 und 26 (Generalsekretärin EFD 2007­2010).

Protokoll der AGI vom 8. Nov. 2013, S. 14, 18 und 25 (Generalsekretärin EFD 2007­ 2010).

Org-VöB vom 22. Nov. 2006 (AS 2006 5613).

Protokoll der AGI vom 8. Nov. 2013, S. 25 (Generalsekretärin EFD 2007­2010); gemäss Aussage des Bundesrats hat die Generalsekretärin des EFD die ESTV in diesem Zusammenhang ermahnt (Schreiben des Bundesrats an die AGI vom 22. Okt. 2014, S. 3).

Protokoll der AGI vom 23. Jan. 2014, S. 35 (Leiter IKT EFD seit 2009).

6543

en.960 Der Leiter IKT des EFD sagte hierzu: «Man kann etwas wiederholen und wiederholen, aber die dauernde Wiederholung wirkt nicht. Es gibt dann kein Rezept, das hilft».961 Die Vorsteherin des EFD sagte gegenüber der AGI aus, dass das GS EFD immer wieder auf die Einhaltung der HERMES-Richtlinien hingewiesen und insofern seinen Auftrag erfüllt habe.962 Ferner hielt die Vorsteherin des EFD fest: «Wir können aber nicht verfügen. Wir können niemanden zwingen, diese Instrumente auch anzuwenden ­ mindestens im Moment noch nicht. Das ist aber in Diskussion.»963 Die Ressourcenabteilung des GS EFD forderte von der ESTV die Verträge mit den externen Firmen ein; die Dokumentation blieb aber auch nach wiederholtem Nachfragen lückenhaft.964 Die Vertreter des GS EFD im GPA wiesen die ESTV mehrmals darauf hin, dass das Beschaffungsrecht eingehalten werden muss.965 Im Rahmen eines Briefings zu INSIEME Ende 2010 forderte die Vorsteherin des EFD eine einwandfreie Umsetzung der geltenden Gesetze im Beschaffungswesen.966 Im Fazit des diesbezüglichen Beschlussprotokolls wurde festgehalten: «Die WTO-Vorschriften sind einzuhalten und das Projekt darf in dieser Hinsicht nicht angreifbar sein.»967 Weiter kommunizierte sie gegenüber dem Direktor der ESTV ihre Erwartungen betreffend Controlling, Prozessführung und Einhaltung der finanziellen Vorgaben.

In einem Brief vom Mai 2012 verlangte sie vom Direktor der ESTV eine Bestätigung, dass keine widerrechtlichen Beschaffungen durch die ESTV mehr erfolgen werden.968 Im Januar 2012 empfahl die EFK der ESTV, das GS EFD zu ersuchen, eine Administrativuntersuchung zu veranlassen.969 Aufgrund der im Bericht von Mitte Juni 2012970 festgestellten beschaffungsrechtlichen Verstösse stellte die Vorsteherin des EFD den Direktor der ESTV frei. Kurz darauf beauftragte das GS EFD die ESTV, die Szenarien «Weiterführung», «Projektabbruch» und «Redimensionierung» aus rein technischer Sicht zu analysieren. Unter anderem auf der Basis dieses Berichts entschied die Vorsteherin des EFD am 19. September 2012, das Projekt INSIEME abzubrechen.

Beurteilung durch die FK und GPK Aus Sicht der FK und GPK nahm das Departement während der gesamten Projektlaufzeit von INSIEME seine Aufsichts- und Führungsfunktion in Bezug auf die

960

961 962 963 964 965

966 967 968 969 970

Protokoll des GPA vom 7. Dez. 2009, S. 2. Im Weiteren: Protokoll des GPA vom 11. Mai 2010, S. 6; Protokoll des GPA vom 23. Febr. 2011, PP-Präsentation, S. 15; Protokoll des GPA vom 5. Okt. 2011, S. 4; Protokoll des GPA vom 1. März 2012, S. 4.

Protokoll der AGI vom 23. Jan. 2014, S. 35 (Leiter IKT EFD seit 2009).

Protokoll der AGI vom 9. Okt. 2013, S. 26 (Vorsteherin EFD seit 2010).

Protokoll der AGI vom 28. März 2013, S. 25­26 (Vorsteherin EFD seit 2010).

Protokoll der AGI vom 14. März 2014, S. 21­22 (Leiter Ressourcen EFD seit 2008).

Protokoll des GPA vom 17. Nov. 2010, S. 8; Protokoll des GPA vom 23. Nov. 2011, S. 8; Protokoll des GPA vom 1. März 2012, S. 5; Protokoll des GPA vom 24. April 2012, S. 2 und 5­6; Protokoll des GPA vom 12. Juni 2012, S. 4 und 7; Protokoll des GPA vom 29. Aug. 2012, S. 8.

Beschlussprotokoll vom Briefing INSIEME vom 20. Dez. 2010, S. 1.

Beschlussprotokoll vom Briefing INSIEME vom 20. Dez. 2010, S. 3.

Brief der Vorsteherin des EFD an den Direktor der ESTV vom 4. Mai 2012, INSIEME Beschaffungswesen, S. 2.

EFK-Bericht vom Januar 2012, S. 18.

EFD-Administrativuntersuchung vom 13. Juni 2012; vgl. Kapitel 3.7.3.1.

6544

Einhaltung der Projektmethodik HERMES und der beschaffungsrechtlichen Vorgaben ungenügend wahr.

Die negative Einstellung des Generalsekretärs des EFD (1996­2007) gegenüber HERMES mag erklären, weshalb seitens des GS EFD während seiner Amtszeit nur wenige Anstrengungen unternommen wurden, um ein HERMES-konformes Vorgehen sicherzustellen. Dass die Generalsekretärin des EFD (2007­2010) nicht wusste, dass HERMES von der ESTV nicht befolgt wurde, während die EFK dies Ende 2008 bemerkte und der Leiter IKT des EFD (seit 2009) wiederholt darauf hinwies, zeigt, dass die damalige Departementsspitze wenig Wert auf ein HERMESkonformes Vorgehen legte.

Ab Ende 2010 forderten sowohl die Departementsspitze wie auch die Vertreter des GS EFD im GPA wiederholt die Einhaltung des Beschaffungsrechts und der Projektmethodik HERMES. Von Erfolg gekrönt waren diese Forderungen jedoch erst gegen Projektende.

Die FK und GPK erachten es als unzureichend, wenn das Departement ein Amt lediglich darauf hinweist, dass die HERMES-Richtlinien und das Beschaffungsrecht einzuhalten seien, dann aber nicht dafür besorgt ist, dass seinen Anweisungen auch wirklich Folge geleistet wird. Nach Auffassung der FK und GPK liegt es in der Verantwortung des Departements, die Weisungen mithilfe der bestehenden Führungsinstrumente durchzusetzen.

4.4.3.4

Personalpolitische und organisatorische Entscheide des Departements

Im Zusammenhang mit INSIEME wurden nach Erkenntnis der FK und GPK auf Stufe Departement die folgenden personalpolitischen Entscheide gefällt: Gemäss Aussagen des Vorstehers des EFD (2004­2010) entsprachen die Leistungen des Direktors der ESTV im Jahr 2007 nicht seinen Erwartungen. Der Direktor der ESTV (2000­2012) führte aus, dass während der Amtszeit des Vorstehers des EFD (2004­2010) selten Zielvereinbarungs- oder Beurteilungsgespräche stattgefunden haben und dieser mit seinen Leistungen zufrieden war.971 Auf der Basis der Resultate der EFD-Administrativuntersuchung vom 13. Juni 2012 stellte die Vorsteherin des EFD den Direktor der ESTV umgehend frei. Dieser reichte Ende Juni 2012 seine Kündigung ein.

2010 bat der Vorsteher des EFD (2004­2010) den damaligen Direktor des BIT, die Bundesverwaltung zu verlassen.972 Als Grund nannte er, dass die Vertrauensbasis nicht mehr gegeben war.973 Zu dieser Zeit stellte INSIEME für den Vorsteher des EFD eines von mehreren Problemen in der Bundesinformatik dar, welche er in Verbindung mit der Führung und Rolle des BIT brachte. Schliesslich war er auch der Überzeugung, dass das BIT eine neue Kultur und an der Spitze eine neue Generation brauche.

Die Generalsekretärin des EFD (2007­2010) trennte sich 2008 vom Leiter Ressourcen (2006­2008) aufgrund von Meinungsverschiedenheiten in Bezug auf die Aufga971 972 973

Schreiben des Direktors der ESTV (2000­2012) an die AGI vom 15. Okt. 2014, S. 4.

Protokoll der AGI vom 8. Nov. 2013, S. 31 (Vorsteher EFD 2004­2010).

Protokoll der AGI vom 8. Nov. 2013, S. 30­31 (Vorsteher EFD 2004­2010).

6545

ben des Ressourcenbereichs.974 Der Nachfolger erhielt den Auftrag, den Ressourcenbereich auf moderne Anforderungen auszurichten. Im Folgenden sei unter anderem der Bereich Informatik gestärkt worden.975 Der Direktor des BIT (1999­2011) sagte aus, die Generalsekretärin des EFD (2007­2010) habe die Hälfte ihrer Informatik-Mitarbeitenden ausgewechselt.976 Weiter verwies er auf Leitungsbeurteilungen, die ohne vorgängige Zielvereinbarung vorgenommen worden seien.977 Inwiefern das Ausscheiden der Vizedirektorin des BIT (2007­2012) aus der Bundesverwaltung im Zusammenhang mit INSIEME stand, konnte nicht in Erfahrung gebracht werden.

Bereits kurz nach seinem Stellenantritt hatte der Leiter IKT des EFD (seit 2009) einen zwiespältigen Eindruck vom GPL und unterrichtete seinen Vorgesetzten.978 Aus Sicht des Vorstehers des EFD (2004­2010) sei die Ernennung der INSIEMEProjektleitung wahrscheinlich fehlerhaft, jedoch klar in der Kompetenz des Direktors der ESTV gewesen.979 Im Zusammenhang mit der Absetzung des GPL (2007­ 2011) bzw. der Einsetzung seines Nachfolgers (2011­2012) sprach der Generalsekretär des EFD (seit 2010) von einer indirekten Einflussnahme des Departements: Die Massnahme sei vom Departement ermöglicht worden, selbstverständlich habe der Direktor der ESTV aber den Entscheid gefällt.980 Inwiefern das Departement die Neubesetzung des GPL beeinflusste, bleibt unklar. In einem Brief der Vorsteherin des EFD an den Direktor der ESTV wurde folgende Forderung festgehalten: «Eine straffe und kompetente Führung ist unabdingbar und muss u. a. mittels einer raschen Neubesetzung der Stelle des GPL mit einer in der operationellen Führung von komplexen Informatikgrossprojekten erfahrenen Person sichergestellt werden.»981 Weiter erwähnte die Vizedirektorin des BIT (2007­2012), dass sie in diesem Zusammenhang vom Generalsekretär des EFD (seit 2010) kontaktiert worden sei.982 In organisatorischer Hinsicht reagierte der Vorsteher des EFD (2004­2010) auf die erkannten Probleme im Informatikbereich der ESTV mit zwei Entscheiden, mit denen die nötigen Ressourcen für die ESTV sichergestellt werden sollten: Erstens etablierte er innerhalb der ESTV den Bereich «Steuerpolitik», zweitens schuf er das Staatssekretariat für internationale Finanzfragen, das im März 2010 seine Arbeit aufnahm.983 Beurteilung durch die FK und
GPK Das Personalmanagement der Departementsspitze in Bezug auf die Amtsdirektoren war unzureichend. Die ESTV hatte INSIEME über Jahre nicht in den Griff bekommen und war Forderungen vonseiten der Ressourcenabteilung des EFD nicht nach-

974 975

976 977 978 979 980 981 982 983

Protokoll der AGI vom 8. Nov. 2013, S. 10 (Generalsekretärin EFD 2007­2010).

Protokoll der AGI vom 8. Nov. 2013, S. 10 (Generalsekretärin EFD 2007­2010). Bei ihrem Stellenantritt sei im GS EFD lediglich ein Mitarbeiter für IKT-Fragen zuständig gewesen (Schreiben des Bundesrats an die AGI vom 22. Okt. 2014, S. 6).

Protokoll der AGI vom 10. Juni 2013, S. 36 (Direktor BIT 1999­2011).

Protokoll der AGI vom 10. Juni 2013, S. 37 (Direktor BIT 1999­2011).

Protokoll der AGI vom 23. Jan. 2014, S. 25 (Leiter IKT EFD seit 2009).

Protokoll der AGI vom 8. Nov. 2013, S. 33 (Vorsteher EFD 2004­2010).

Protokoll der AGI vom 9. Okt. 2013, S. 46 (Generalsekretär EFD seit 2010).

Brief der Vorsteherin des EFD an den Direktor der ESTV vom 16. Juni 2011, INSIEME: Vorgehens- und Produkteentscheid, S. 1.

Protokoll der AGI vom 10. Juni 2013, S. 21 (Vizedirektorin BIT 2007­2012).

Protokoll der AGI vom 8. Nov. 2013, S. 28­29 und 34 (Vorsteher EFD 2004­2010).

6546

gekommen, ohne dass die Departementsspitze nachweislich nennenswerten Druck auf deren Direktor ausgeübt hätte.

Nach Überzeugung der Oberaufsichtskommissionen hätte die Departementsführung nicht zulassen dürfen, dass INSIEME während rund dreieinhalb Jahren von einem GPL geführt wurde, der offensichtlich seinen Aufgaben nicht gewachsen war, sondern hätte den Direktor der ESTV beauftragen müssen, den GPL zu ersetzen. Nach dem Wechsel in der Departementsführung Ende 2010 signalisierte diese mittels Gesprächen und Korrespondenzen, dass die Akzeptanz für ein unverändertes Vorgehen nicht mehr gegeben sei. Schliesslich stellte die Vorsteherin des EFD (seit 2010) den Direktor der ESTV im Sommer 2012 aufgrund der Verstösse gegen das Beschaffungsrecht frei. Die Verfehlungen in den sonstigen Bereichen der Amtsführung wurden im Zusammenhang mit diesem Entscheid nicht erwähnt. Ob auch diese eine Freistellung gerechtfertigt hätten, kann von den Oberaufsichtskommissionen nicht beurteilt werden.

Obwohl der Departementsvorsteher des EFD (2004­2010) mit den Leistungen des Direktors des BIT (1999­2011) nicht zufrieden war, arbeitete dieser, bis zu seinem Rücktritt Ende April 2011, über sechs Jahre lang unter seiner Leitung. Ohnehin scheint ein direkter Zusammenhang zwischen dem Trennungsentscheid und INSIEME zweifelhaft, hätte INSIEME doch personelle Konsequenzen aufseiten des Leistungsbezügers und nicht aufseiten des Leistungserbringers haben müssen: Der Direktor der ESTV war Auftraggeber von INSIEME, nicht der Direktor des BIT.

Die AGI forderte die Stellenbeschriebe der Amtsdirektoren der ESTV und des BIT ein. Einzig für den gegenwärtigen Direktor der ESTV konnte eine aktuelle Fassung eines Stellenbeschriebs vorgelegt werden,984 der jedoch aufgrund seiner Ausgestaltung985 qualitativ ungenügend ist.986 Im Antwortschreiben begründete die Vorsteherin des EFD dies mit der Tatsache, dass für Amtsdirektoren bis vor Kurzem in der Regel keine Stellenbeschriebe erstellt wurden.987 Die FK und GPK vertreten die Ansicht, dass die zur Verfügung stehenden Instrumente der Personalführung bei INSIEME vermehrt hätten zur Anwendung gelangen sollen, so zum Beispiel Zielvereinbarungen.988 INSIEME fand in den Departementszielen des EFD keine Erwähnung.989 Die heutige Praxis weist Schwächen einerseits in der Definition der Ziele und
andererseits in Bezug auf deren Kohärenz auf den verschiedenen Ebenen der Bundesverwaltung auf.

Weitergehende Erläuterungen zum Thema Personalpolitik finden sich in Kapitel 4.3.1.5.

984 985 986 987 988

989

Zudem erhielt die AGI einen Stellenbeschrieb des Direktors des BIT (1999­2011) von 2004.

Der Stellenbeschrieb umfasst lediglich eineinhalb Seiten; die Aufgaben sind äusserst generell umschrieben und nicht prozentual zugeteilt.

Stellenbeschrieb des Direktors der ESTV vom 12. Juli 2012.

Brief der Vorsteherin des EFD an die AGI vom 4. Sept. 2013, S. 2.

Die gegenüber der AGI erwähnten Zielvereinbarungen zwischen der Vorsteherin des EFD und den Amtsdirektoren der ESTV und des BIT in Bezug auf INSIEME konnten nicht schriftlich belegt werden (Protokoll der AGI vom 9. Okt. 2013, S. 27 [Vorsteherin EFD seit 2010]).

INSIEME fand lediglich in den Geschäftsberichten des Bundesrats 2005 sowie 2006 Erwähnung (Geschäftsbericht des Bundesrats 2005, Band II, S. 76­77; Geschäftsbericht des Bundesrats 2006, Band II, S. 70­71).

6547

Die FK und GPK fordern den Bundesrat auf, dafür zu sorgen, dass die Verwaltungseinheiten Möglichkeiten und Grenzen der personalpolitischen Rechtsvorgaben kennen und das Bundespersonalrecht umsetzen. Die FK und GPK fordern den Bundesrat auf, dafür zu sorgen, dass in der Bundesverwaltung ein effektives und effizientes Personalmanagement etabliert wird.

4.4.3.5

Koordination und Zusammenarbeit der bei INSIEME involvierten Ämter

In Bezug auf die Zusammenarbeit innerhalb der ESTV wurden gemäss Generalsekretär des EFD (1996­2007) ESTV-interne Konflikte nicht ans Departement herangetragen.990 Dennoch seien ihm die unterschiedlichen Kulturen und Auffassungen in den beiden Hauptabteilungen ­ auch in Bezug auf INSIEME ­ nicht verborgen geblieben. Der ESTV habe die Motivation gefehlt, sich auf eine abteilungsübergreifende Lösung zu verständigen.

Für den Vorsteher des EFD (1996­2003) waren die ESTV-internen Konflikte nicht unlösbar. Er vertrat die Ansicht, die Departementsleitung solle sich nicht im Mikromanagement betätigen; vielmehr sei es Aufgabe der Amtsdirektoren, ihre internen Konflikte zu lösen.991 Laut der ehemaligen Generalsekretärin des EFD (2007­2010) gingen die Konflikte innerhalb der ESTV nicht über ein «normales Mass an Meinungsverschiedenheiten» hinaus.992 Die Vorsteherin des EFD (seit 2010) erwähnte schliesslich kulturelle Unterschiede zwischen den beiden Hauptabteilungen; zudem sei die Hauptabteilung DVS phasenweise nicht genügend einbezogen worden.993 Was die Zusammenarbeit zwischen dem BIT und der ESTV anbelangt, schätzte es der Vorsteher des EFD (1996­2003) nach eigener Aussage sehr, bei Informatikthemen vom Direktor des BIT (1999­2011) Beurteilung und Rat zu erhalten.994 Nach Dafürhalten des Generalsekretärs des EFD (1996­2007) hingegen nahm das BIT seine Rolle nicht wie abgemacht wahr und mischte sich in die Projektsteuerung ein.995 Die ESTV ihrerseits habe die Informatik selber betreuen wollen.996 Das GS EFD habe sich stets bemüht, auf eine konstruktive Zusammenarbeit hinzuwirken und insbesondere dafür zu sorgen, dass beide Ämter ihre jeweilige Rolle besser verstanden, was mehrheitlich gelungen sei.997 Der Vorsteher des EFD (2004­2010) war überzeugt, dass sich das BIT ganz anders hätte einsetzen müssen und können.998 Er habe gewollt, dass das BIT zur «Schaltstelle und zum Herzstück der Bundesinformatik» wird und die Rolle eines «Informatik-Generals» einnimmt, der Finanzierungsmöglichkeiten aufzeigt und anordnet,

990 991 992 993 994 995 996 997 998

Brief des Generalsekretretärs des EFD (1996­2007) an die AGI vom 29. Nov. 2013: Fragen zur schriftlichen Beantwortung, S. 1.

Protokoll der AGI vom 28. Okt. 2013, S. 17 (Vorsteher EFD 1996­2003).

Protokoll der AGI vom 8. Nov. 2013, S. 14 (Generalsekretärin EFD 2007­2010).

Protokoll der AGI vom 9. Okt. 2013, S. 27­28 (Vorsteherin EFD seit 2010).

Protokoll der AGI vom 28. Okt. 2013, S. 16 (Vorsteher EFD 1996­2003).

Protokoll der AGI vom 28. Okt. 2013, S. 35 und 40 (Generalsekretär EFD 1996­2007).

Protokoll der AGI vom 28. Okt. 2013, S. 35 und 41 (Generalsekretär EFD 1996­2007).

Protokoll der AGI vom 28. Okt. 2013, S. 42 (Generalsekretär EFD 1996­2007).

Protokoll der AGI vom 8. Nov. 2013, S. 30 (Vorsteher EFD 2004­2010).

6548

was wo zusammengefasst werden soll.999 Aber das BIT habe lieber Büroautomation verkauft oder Software für die Privatwirtschaft entwickelt, anstatt sich auf die Bundesverwaltung zu konzentrieren.1000 Als der Vorsteher des EFD (2004­2010) feststellte, dass die Querverbindungen vom BIT zu anderen Bundesämtern oder Departementen nicht funktionierte, habe er eingegriffen.1001 Der Direktor des BIT (1999­2011) bestätigte das schwierige Verhältnis zum Vorsteher des EFD (2004­2010), der nicht eingesehen habe, dass die Bundesinformatikstrategie Aufgabe des IRB bzw. des ISB und nicht des BIT gewesen sei.1002 Auch die Beziehung zur Generalsekretärin des EFD (2007­2010) sei laut dem Direktor des BIT (1999­2011) belastet gewesen, da diese ihre Verantwortung als IRB-Vorsitzende nicht wahrgenommen und unvorteilhafte personelle Wechsel im Informatikbereich vollzogen habe.1003 Der Vorsteher des EFD (1996­2003) etablierte die Direktorenkonferenz, um den Austausch innerhalb des Departements zu fördern. Er führte gemeinsame Gespräche mit den Direktoren der ESTV und des BIT, um den festgestellten Spannungen ­ sie gefährdeten die Leistungserbringung nicht, waren aber trotzdem ernst zu nehmen ­ entgegenzuwirken.1004 Die ESTV habe vom BIT mehr Unterstützung erwartet, wofür aber das BIT mehr Ressourcen benötigt hätte.1005 Auch der Vorsteher des EFD (2004­2010) begriff die Zusammenführung der von INSIEME betroffenen Amtsdirektoren als seine Führungsaufgabe.1006 Die Zusammenarbeit zwischen der ESTV und dem BIT funktionierte nie so, wie der Vorsteher des EFD (2004­2010) sich das gewünscht habe,1007 «weil die Inputs, die ich mir vonseiten des BIT stets erhoffte, einfach nicht kamen».1008 Er habe die Absichtserklärung zwischen der ESTV und dem BIT1009 erzwungen; diese habe jedoch keine Folgen gezeitigt.1010 Aus Sicht des Direktors des BIT (1999­2011) wurde durch die Absichtserklärung eine Aufgabenteilung gemäss NOVE-IT explizit ausgeschlossen.1011 Auf die Frage der AGI, wie das Departement für die Koordination zwischen den bei INSIEME beteiligten Bundesämtern sorgte, verwies die Generalsekretärin des EFD (2007­2010) auf den Ressourcenleiter des EFD1012 und der Generalsekretär des EFD (seit 2010) auf die Fachgespräche, die er mit den beiden Ämtern führte. Er fügte an, dass die Projektleitung die Koordination hätte gewährleisten sollen, ergänzte allerdings an anderer Stelle, dass es Aufgabe eines Generalsekretariats sei, 999 1000 1001 1002 1003 1004 1005 1006 1007 1008 1009

Protokoll der AGI vom 8. Nov. 2013, S. 29 und 40 (Vorsteher EFD 2004­2010).

Protokoll der AGI vom 8. Nov. 2013, S. 40 (Vorsteher EFD 2004­2010).

Protokoll der AGI vom 8. Nov. 2013, S. 36 (Vorsteher EFD 2004­2010).

Protokoll der AGI vom 10. Juni 2013, S. 37 (Direktor BIT 1999­2011).

Protokoll der AGI vom 10. Juni 2013, S. 36 (Direktor BIT 1999­2011).

Protokoll der AGI vom 28. Okt. 2013, S. 14 und 19 (Vorsteher EFD 1996­2003).

Protokoll der AGI vom 28. Okt. 2013, S. 18 (Vorsteher EFD 1996­2003).

Protokoll der AGI vom 8. Nov. 2013, S. 36 (Vorsteher EFD 2004­2010).

Protokoll der AGI vom 8. Nov. 2013, S. 35 (Vorsteher EFD 2004­2010).

Protokoll der AGI vom 8. Nov. 2013, S. 35 (Vorsteher EFD 2004­2010).

Absichtserklärung zur strategischen Zusammenarbeit zwischen ESTV und BIT für das Projekt INSIEME vom 11. Febr. 2008, S. 4.

1010 Protokoll der AGI vom 8. Nov. 2013, S. 29­30 und 35 (Vorsteher EFD 2004­2010).

1011 Protokoll der AGI vom 10. Juni 2013, S. 30 (Direktor BIT 1999­2011); vgl. Kapitel 3.5.

1012 Dieser habe allerdings keinen Auftrag erhalten zwischen den Ämtern zu koordinieren (Schreiben des Bundesrats an die AGI vom 22. Okt. 2014, S. 8).

6549

Koordinationsprobleme zwischen den Ämtern zu lösen. Da die Zusammenarbeit zwischen der ESTV und dem BIT nicht optimal funktioniert habe, sei eine Verantwortung des GS EFD nicht von der Hand zu weisen.1013 Der Generalsekretär des EFD (seit 2010) sagte hierzu: «Wenn man aber die Differenzen zwischen BIT und ESTV auf Niveau Departement früher transparent hätte diskutieren können, dann hätte auch die departementale Führung eine gewisse Verbesserung herbeiführen können.»1014 Laut der Vorsteherin des EFD zog das Departement diesbezüglich die Schlussfolgerung, dass solche Ungereimtheiten und Unverträglichkeiten unter den führenden Personen eines Projekts viel früher bereinigt werden müssen.1015 Die Vizedirektorin des BIT (2007­2012), die zugleich Leiterin des Lösungszentrums war, erhielt gemäss eigenen Angaben im Frühling 2011, d. h. kurz vor dem Rücktritt des Direktors des BIT (1999­2011), durch ein anderes Geschäft Zugang zum Generalsekretär des EFD und unterrichtete ihn über die Schwierigkeiten bei INSIEME.1016 Ein früherer Kontakt betreffend INSIEME sei aufgrund der «hierarchischen Rahmenbedingungen» nicht möglich gewesen.1017 Die Intervention sei ernst genommen worden und es habe in der Folge mehrere Gespräche mit der Departementsspitze gegeben.1018 Gemäss der Vorsteherin des EFD (seit 2010) seien die Situation und das Verhältnis zwischen der ESTV und dem BIT «enorm schwierig» gewesen.1019 Sie habe diesbezüglich zuerst Gespräche mit beiden Direktoren und Direktverantwortlichen im Projekt geführt und in einem zweiten Schritt mittels Protokoll und Definition von Vorgaben und Zielen1020 versucht, Einfluss zu nehmen.1021 Sie gab zu Protokoll, dass der Direktor des BIT (1999­2011) der Meinung gewesen sei, mehr oder weniger der Generalunternehmer für das ganze Projekt zu sein.1022 Die Situation habe sich mit dem Direktionswechsel im BIT und verschiedenen Neubesetzungen in der ESTV verbessert.1023 Das Departement habe den Direktor des BIT (seit 2011) beauftragt, sich persönlich um INSIEME zu kümmern.1024 In der Auffassung des Generalsekretärs des EFD (seit 2010) habe sich das BIT darauf beschränkt, die notwendigen Ressourcen zu liefern, während die ESTV vom BIT eine Beratung in technischen Fragen erwartet hätte.1025 Betreffend BBL sagten sowohl der Vorsteher des EFD (1996­2003) wie auch sein Nachfolger aus,
dass sie keine Probleme gehabt hätten.1026 Laut dem Generalsekretär des EFD (1996­2007) sei beim BBL stets die Kompetenz im Bereich des Baus 1013 1014 1015 1016 1017 1018 1019 1020

1021 1022 1023 1024 1025 1026

Protokoll der AGI vom 8. Nov. 2013, S. 14 (Generalsekretärin EFD 2007­2010); Protokoll der AGI vom 9. Okt. 2013, S. 44 und 47 (Generalsekretär EFD seit 2010).

Protokoll der AGI vom 9. Okt. 2013, S. 44 (Generalsekretär EFD seit 2010).

Protokoll der AGI vom 28. März 2013, S. 10 (Vorsteherin EFD seit 2010).

Protokoll der AGI vom 10. Juni 2013, S. 21 (Vizedirektorin BIT 2007­2012).

Protokoll der AGI vom 10. Juni 2013, S. 21 (Vizedirektorin BIT 2007­2012).

Protokoll der AGI vom 10. Juni 2013, S. 20­21 (Vizedirektorin BIT 2007­2012).

Protokoll der AGI vom 28. März 2013, S. 10 (Vorsteherin EFD seit 2010).

Die erwähnten Zielvereinbarungen zwischen der Vorsteherin des EFD und den Amtsdirektoren der ESTV und des BIT betreffend INSIEME ab 2010 bis Herbst 2012 sind gemäss Schreiben des EFD an die AGI vom 27. Nov. 2013 nicht schriftlich dokumentiert.

Protokoll der AGI vom 9. Okt. 2013, S. 27 (Vorsteherin EFD seit 2010).

Protokoll der AGI vom 28. März 2013, S. 10 (Vorsteherin EFD seit 2010).

Protokoll der AGI vom 9. Okt. 2013, S. 27 (Vorsteherin EFD seit 2010).

Protokoll der AGI vom 9. Okt. 2013, S. 48 (Generalsekretär EFD seit 2010).

Protokoll der AGI vom 9. Okt. 2013, S. 47 (Generalsekretär EFD seit 2010).

Protokoll der AGI vom 28. Okt. 2013, S. 11 (Vorsteher EFD 1996­2003); Protokoll der AGI vom 8. Nov. 2013, S. 35 (Vorsteher EFD 2004­2010).

6550

und nicht diejenige im Bereich der Dienstleistungsbeschaffung im Vordergrund gestanden.1027 Die Generalsekretärin des EFD (2007­2010) betonte, dass das BBL in der Phase der Vertragsverhandlungen eine sehr wichtige Rolle gespielt habe und die inhaltliche Unterstützung des BBL sehr wertvoll gewesen sei.1028 Gemäss der Vorsteherin des EFD (seit 2010) ist das BBL das Kompetenzzentrum für beschaffungsrechtlich korrektes Ausschreiben und Ansprechpartner bei beschaffungsrechtlichen Schwierigkeiten.1029 Der Generalsekretär des EFD (seit 2010) pflichtete dieser Auffassung bei und ergänzte, dass das BBL ein Dienstleister sei und demnach nicht die Aufgabe habe, sich proaktiv bei den Ämtern um das Beschaffungswesen zu kümmern.1030 Retrospektiv bewertete der Generalsekretär des EFD (seit 2010) den Austausch zwischen der ESTV und dem BBL als ungenügend, da die ESTV das BBL als Anlauf- und Beratungsstelle zu wenig einbezogen habe.1031 Ab 2011 habe ein regelmässiger Austausch zwischen dem GS EFD und dem BBL stattgefunden. Nachdem das GS EFD die ESTV aufgefordert habe, beim BBL um das entsprechende Fachwissen zu ersuchen, konnten Verbesserungen erzielt werden.1032 Zudem ergänzte er, dass heute, im Unterschied zu früher, ein Amt verpflichtet sei, Beratungsleistungen des BBL zu beziehen, sofern es nicht über das notwendige Fachwissen verfüge.1033 Beurteilung durch die FK und GPK Die Konflikte innerhalb der Direktion der ESTV wurden vom Departement kaum aufgegriffen. Aus Sicht der FK und GPK wäre es klar in der Führungsverantwortung der jeweiligen Departementsvorstehenden gelegen, sich damit auseinanderzusetzen und die notwendigen Massnahmen zu ergreifen, um eine Verbesserung der Situation zu erreichen. Ebenso hätte die Departementsspitze auf eine konstruktive Zusammenarbeit zwischen der ESTV, dem BIT und dem BBL sowie auf eine Klärung der jeweiligen Rollen hinwirken müssen.

Bemerkenswert ist auch, dass die Einschätzungen der Rolle des BIT durch den Vorsteher des EFD (2004­2010) und durch seinen Generalsekretär (1996­2007) diametral auseinanderlagen: Für Ersteren war das BIT zu passiv, für Letzteren zu aktiv. Die jeweilige Beurteilung ist insbesondere aus zwei Gründen erstaunlich: Erstens gab der Vorsteher des EFD den Anstoss, die Absichtserklärung zwischen dem BIT und der ESTV abzuschliessen, die dann allerdings
von der NOVE-ITKonzeption abwich und dem BIT bei INSIEME eine weniger umfassende Rolle zusprach. Zweitens bezieht sich die Aussage des Generalsekretärs des EFD auf eine Zeitspanne, in der das BIT bei INSIEME noch gar keine Rolle hatte.

Die FK und GPK können nur schwer nachvollziehen, dass der Vorsteher des EFD (2004­2010) während Jahren nicht zufrieden war, wie zwei ihm unterstellte Bundesämter zusammenarbeiteten, er aber bis zu seinem Rücktritt keine Verbesserung erreichen konnte. Die Vorstellung des Vorstehers des EFD (2004­2010) betreffend die Rolle des BIT führte dazu, dass dieser beim BIT die alleinige Schuld für die schlechte Zusammenarbeit zwischen der ESTV und dem BIT sah.

1027 1028 1029 1030 1031 1032 1033

Protokoll der AGI vom 28. Okt. 2013, S. 41 (Generalsekretär EFD 1996­2007).

Protokoll der AGI vom 8. Nov. 2013, S. 13 und 25 (Generalsekretärin EFD 2007­2010).

Protokoll der AGI vom 28. März 2013, S. 24 (Vorsteherin EFD seit 2010).

Protokoll der AGI vom 28. März 2013, S. 24 (Generalsekretär EFD seit 2010).

Protokoll der AGI vom 9. Okt. 2013, S. 46­48 (Generalsekretär EFD seit 2010).

Protokoll der AGI vom 9. Okt. 2013, S. 58 (Generalsekretär EFD seit 2010).

Protokoll der AGI vom 9. Okt. 2013, S. 59 (Generalsekretär EFD seit 2010).

6551

Die FK und GPK begrüssen, dass die aktuelle Departementsführung der Koordination zwischen den ihr unterstellten Ämtern mehr Bedeutung beimisst. Zudem bewerten die Kommissionen positiv, dass die Vorsteherin des EFD im Rahmen von FISCAL-IT monatliche Gespräche mit dem Direktor der ESTV und dem Direktor des BIT führt und neu auch der Generalsekretär des EFD regelmässig das Gespräch mit den Amtsdirektoren sucht und sich bemüht, durch eine Intensivierung der Kontakte zwischen den Amtsdirektoren die Zusammenarbeit zu verbessern.1034 Empfehlung 9: Intra- und interdepartementale Zusammenarbeit und Koordination Die FK und GPK fordern den Bundesrat auf, dafür zu sorgen, dass der intra- und interdepartementalen Zusammenarbeit und Koordination künftig ein höherer Stellenwert eingeräumt wird. Insbesondere ist die Zusammenarbeit zwischen den Fach- und Querschnittsämtern zu verbessern und den kulturellen Aspekten der Zusammenarbeit mehr Gewicht beizumessen. Die FK und GPK ersuchen den Bundesrat, ihnen eine diesbezügliche Auflistung mit geplanten Massnahmen zu unterbreiten.

4.4.4

Informationen des Departements an den Gesamtbundesrat

Gemäss dem Vorsteher des EFD (1996­2003) wurde während seiner Amtszeit die Informatik der ESTV ausschliesslich im Zusammenhang mit der Meldung der EFK im Jahr 2002 im Gesamtbundesrat thematisiert.1035 Gemäss den vorliegenden Protokollen wurde INSIEME im Gesamtbundesrat lediglich im Rahmen des Verpflichtungskredits 2005 und des Zusatz- und Nachtragskredits 2010 beraten.1036 Zudem nahm der Gesamtbundesrat Kenntnis vom Rücktritt des Direktors der ESTV und wohl auch vom Projektabbruch. Ansonsten informierten die EFD-Vorstehenden den Gesamtbundesrat nicht über den Stand des Projekts.1037 Beurteilung durch die FK und GPK Obwohl die Informationspflicht der Bundesratsmitglieder an den Gesamtbundesrat erst seit Anfang 2014 explizit im Gesetz verankert ist,1038 bestand für das Departement nach Ansicht der FK und GPK bereits zuvor die Pflicht, im Rahmen der Wahrnehmung seiner Aufsichtsfunktion Informationen an den Gesamtbundesrat weiterzuleiten.

1034 1035

Protokoll der AGI vom 9. Okt. 2013, S. 48­49 (Generalsekretär EFD seit 2010).

Protokoll der AGI vom 28. Okt. 2013, S. 24 (Vorsteher EFD 1996­2003); Protokoll der AGI vom 8. Nov. 2013, S. 42 (Vorsteher EFD 2004­2010); Protokoll der AGI vom 9.

Okt. 2013, S. 37 (Vorsteherin EFD seit 2010).

1036 Vgl. Kapitel 5.3.1.2.

1037 Protokoll der AGI vom 8. Nov. 2013, S. 42 (Vorsteher EFD 2004­2010).

1038 Art. 12a Abs. 1 RVOG (SR 172.010), in Kraft seit 1. Jan. 2014: «Die Mitglieder des Bundesrates und der Bundeskanzler oder die Bundeskanzlerin informieren den Bundesrat regelmässig über ihre Geschäfte und insbesondere über damit zusammenhängende Risiken und mögliche Herausforderungen.»

6552

4.4.5

Informationen des Departements an die parlamentarischen Oberaufsichtsorgane

Die Departementsleitung orientierte die FinDel um die Jahrtausendwende mehrmals über Informatikprobleme bei der ESTV. Im Juni 2005 nahm der Generalsekretär des EFD (1996­2007) gegenüber der FinDel Stellung zum INSIEME-Bericht der EFK vom Februar 2005. Er bezeichnete INSIEME als «sehr ehrgeiziges Vorhaben» und bezifferte die Mehreinnahmen der ESTV dank INSIEME ab dem Jahr 2009 auf 150 Millionen Franken jährlich.1039 Der Vorsteher des EFD (2004­2010) und dessen Generalsekretär informierten die FinDel im August 2005 über den anbegehrten Verpflichtungskredit betreffend INSIEME.1040 Im August 2007 orientierte der Vorsteher des EFD über den Widerruf des WTO-Zuschlags an Unisys und kam zum Schluss, dass der Abbruch finanziell nicht sehr viel bedeute, jedoch eine Verzögerung von rund eineinhalb Jahren zur Folge habe, da die Ausschreibung neu aufgegleist werden müsse.1041 Der Präsident der FinDel (2009) gab im Mai 2009 zu Protokoll, dass der Vorsteher des EFD (2004­2010) im Rahmen der Vorbesprechung der FinDel-Sitzung die Ansicht geäussert habe, dass die Führung und das Controlling von INSIEME im Verantwortungsbereich der ESTV liege und es deshalb nicht geplant sei, ein übergeordnetes Controlling einzusetzen.1042 Die Generalsekretärin des EFD (2007­2010) sagte im Mai 2009 gegenüber der FinDel sowie im Oktober 2009 gegenüber der FK-S, INSIEME werde eng vom Departement begleitet.1043 Man sei auf gutem Weg, wenn auch mit zeitlicher Verzögerung.1044 Im Juni 2010 führte sie gegenüber der FinDel aus, dass INSIEME ein gutes Beispiel sei für ein Projekt, bei dem die Linie die Führung übernommen habe.1045 Der Direktor der ESTV kenne das Projekt jetzt à fond und kontrolliere es.1046 Gegenüber der FK-N bekräftigte sie im Oktober 2010, dass INSIEME ein Projekt sei, bei dem nach langwierigen Diskussionen alle ihre Rolle gefunden hätten.1047 Die Verantwortung trage der Direktor der ESTV; das GS EFD könne lediglich unterstützend wirken und sicherstellen, dass die richtigen Standards und Projektführungsmethoden angewendet würden.1048

1039 1040 1041 1042 1043

1044 1045 1046 1047 1048

Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 27./28. Juni. 2005, S. 3 (Generalsekretär EFD 1996­2007).

Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 29./30. Aug. 2005, S. 2­3 (Vorsteher EFD 2004­2010).

Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 30./31. Aug. 2007, S. 1 (Vorsteher EFD 2004­2010).

Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 19./20 Mai 2009, S. 3 (Präsident FinDel 2009).

Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 19./20. Mai 2009, S. 7 (Generalsekretärin EFD 2007­2010); Protokoll der FK-S vom 14. Okt. 2009, S. 12 (Generalsekretärin EFD 2007­2010).

Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 19./20. Mai 2009, S. 7 (Generalsekretärin EFD 2007­2010).

Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 24./25. Juni 2010, Geschäft 030-08.01, S. 9 (Generalsekretärin EFD 2007­2010).

Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 24./25. Juni 2010, Geschäft 030-08.01, S. 9 (Generalsekretärin EFD 2007­2010).

Protokoll der FK-N vom 6. Okt. 2010, S. 10 (Generalsekretärin EFD 2007­2010).

Protokoll der FK-N vom 6. Okt. 2010, S. 10 (Generalsekretärin EFD 2007­2010).

6553

Ende 2011 räumte die Vorsteherin des EFD (seit 2010) im Rahmen einer Aussprache mit der FinDel Schwierigkeiten bei INSIEME ein; dabei erwähnte sie die Reduktion des Leistungsumfangs (Beschränkung auf die Ablösung von MOLIS und STOLIS) sowie des externen Personals.1049 Sie teile die Zuversicht des Direktors der ESTV, dass die Altsysteme innert Frist abgelöst werden können.1050 Die Risiken seien erkannt worden und INSIEME sei nun auf gutem Weg.1051 Im Februar 2012 erläuterte sie der FinDel ausführlich die festgestellten Missstände bei INSIEME und verwies auf die eingeleitete Administrativuntersuchung.1052 Nachdem ein FinDelMitglied für den Abbruch bzw. den Neubeginn des Projekts votierte, gab sie zu Protokoll, sie gehe nicht davon aus, dass bei einem Projektabbruch etwas gewonnen werden könne.1053 Der Generalsekretär des EFD (seit 2010) ergänzte, dass die Mängel in der Architektur und in der Projektführung mit dem neuen GPL angegangen werden konnten.1054 An der besagten Sitzung der FinDel kam der damalige FinDel-Präsident zum Schluss, dass INSIEME nicht vom Direktor der ESTV, sondern vom Generalsekretär des EFD geleitet werde.1055 Der Präsident der FinDel (2010 und 2014) teilte diese Einschätzung rückblickend. Mit dem Wechsel an der Departementsspitze Ende 2010 habe das Departement deutlich mehr Engagement gezeigt.1056 Der Generalsekretär des EFD habe über ein sehr grosses Detailwissen verfügt, habe alle Fragen beantworten können und den Eindruck vermittelt, dass er die Zügel in die Hand genommen habe.1057 Im April 2012 betonte der Generalsekretär des EFD gegenüber der FK-N, INSIEME sei nun in ruhigere Fahrwasser gekommen und es könne davon ausgegangen werden, dass INSIEME zeitgerecht und innerhalb des bestehenden Kostenrahmens beendet werden könne.1058 Mitte Juni 2012 informierte die Departementsspitze die FinDel über die Erkenntnisse der Administrativuntersuchung. Die Vorsteherin des EFD bekundete die Absicht, INSIEME nicht abstürzen zu lassen, war jedoch nicht mehr bereit, mit dem Direktor der ESTV weiterzuarbeiten.1059 Sie führte weiter aus, dass der Zeitpunkt überschritten sei, an dem INSIEME ohne Schaden abgebrochen werden könne.1060 Der Generalsekretär des EFD (seit 2010) brachte zum Ausdruck, dass ein Projektabbruch nicht vollständig ausgeschlossen sei; es gelte, die Risiken und Chancen im Detail zu 1049 1050 1051

1052 1053 1054 1055 1056 1057 1058 1059 1060

Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 28./29. Nov. 2011, S. 3 (Vorsteherin EFD seit 2010); Protokoll der FK-N vom 10./11. Nov. 2010, S. 65 (Vorsteherin EFD seit 2010).

Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 28./29. Nov. 2011, S. 4 (Vorsteherin EFD seit 2010).

Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 28./29. Nov. 2011, S. 3 (Vorsteherin EFD seit 2010); Protokoll der FK-N vom 23./24./25. Nov. 2010, S. 48 (Vorsteherin EFD seit 2010).

Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 6./7. Febr. 2011, S. 4­5 (Vorsteherin EFD seit 2010).

Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 6./7. Febr. 2011, S. 6 (Vorsteherin EFD seit 2010).

Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 6./7. Febr. 2011, S. 7 (Generalsekretär EFD seit 2010).

Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 6./7. Febr. 2012, S. 7 (Präsident FinDel 2012).

Protokoll der AGI vom 26. März 2014, S. 16 (Präsident FinDel 2010 und 2014).

Protokoll der AGI vom 26. März 2014, S. 18 (Präsident FinDel 2010 und 2014).

Protokoll der FK-N vom 17./18. April 2012, S. 12 (Generalsekretär EFD seit 2010).

Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 14. Juni 2012, S. 10 (Vorsteherin EFD seit 2010).

Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 14. Juni 2012, S. 11 (Vorsteherin EFD seit 2010).

6554

prüfen.1061 Ebenfalls im Juni 2012 sagte der Generalsekretär des EFD gegenüber der zuständigen Subdelegation der FinDel und der zuständigen Subkommission der FK-N, dass INSIEME aufgrund der vollzogenen Massnahmen technisch sehr viel besser aufgestellt sei als bisher und sich die Zusammenarbeit mit dem BIT verbessert habe.1062 Die Departementsspitze informierte die FinDel und die FK-N in der Folge an mehreren Sitzungen über den Stand und die Entwicklung von INSIEME.

Am 19. September 2012 setzte die Vorsteherin des EFD die FinDel über ihren Abbruchentscheid in Kenntnis.

Beurteilung durch die FK und GPK Die FK und GPK stellen fest, dass die Departementsspitzen die parlamentarischen Oberaufsichtsorgane nicht angemessen über INSIEME informierten. Für die Jahre 2007­2010 ist dies darauf zurückzuführen, dass sich die Departementsspitze zu wenig mit INSIEME auseinandersetzte und dadurch die Schieflage von INSIEME nicht erkannte. So steht beispielsweise die Aussage der Generalsekretärin des EFD (2007­2010) von Mitte 2010, der Direktor der ESTV habe die Führung bei INSIEME übernommen, im Kontrast mit der Tatsache, dass dieser damals nicht im GPA Einsitz hatte.

Nach dem Wechsel an der Departementsspitze war die Sensibilität in Bezug auf die Schwierigkeiten bei INSIEME auf der obersten Hierarchiestufe vorhanden. Umso bemerkenswerter ist es, dass die parlamentarischen Oberaufsichtsorgane in den Jahren 2011 und 2012 ungenügend über die Probleme rund um INSIEME informiert wurden.

4.5

Zwischenfazit zur Aufsicht und Führung in der Linie

Die Untersuchung der Aufsicht und Führung in der Linie hat gezeigt, dass bei INSIEME weder auf Stufe Direktion noch auf Stufe Departement eine systematische Aufsicht bestand und dass das Verständnis der Aufsichts- und Führungsfunktion sehr personenabhängig war. Was Aufsicht umfasst, wie sie umgesetzt und wann sie wirksam wird, interpretierten die involvierten Personen auf sehr unterschiedliche Art und Weise. Die FK und GPK stellen fest, dass letztlich weder der Direktor der ESTV noch die jeweiligen Vorstehenden des EFD die Aufsichtsfunktion zufriedenstellend wahrnahmen. Es mangelte an einer klaren Vorstellung und folglich an einer systematischen Ausübung der Aufsicht. Die FK und GPK erachten diesen Umstand als äusserst bedenklich.

Die Direktion der ESTV mass INSIEME phasenweise zu wenig Bedeutung zu.

Aufgrund des ausgeprägten Silodenkens innerhalb der ESTV war die unerlässliche ESTV-Gesamtsicht auf INSIEME nicht gegeben. Während der gesamten Laufzeit von INSIEME bestanden Unklarheiten in Bezug auf die AKV der verschiedenen Entscheidinstanzen. Die Reportings von INSIEME wiederspiegelten den realen Projektstand nur bedingt und waren nicht stufengerecht. Die Direktion der ESTV 1061

Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 14. Juni 2012, S. 11 (Generalsekretär EFD seit 2010).

1062 Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 22. Juni 2012, S. 23 (Generalsekretär EFD seit 2010).

6555

war zudem von Dissens geprägt, und die dem Direktor unterstellten Mitglieder der Amtsleitung leiteten Schwierigkeiten aus Loyalitätsgründen nicht an das Department weiter.

Die Zusammenarbeit und Koordination zwischen der ESTV, dem BIT und dem BBL in Bezug auf INSIEME war desolat. Die FK und GPK kritisieren vehement, dass die ESTV, das BIT und das BBL keine konstruktive Zusammenarbeit etablieren konnten. Diesbezüglich wäre auch das Departement in der Pflicht gestanden, für eine zufriedenstellende Zusammenarbeit und Koordination zu sorgen.

Die Departementsführung stützte sich für die Ausübung ihrer Aufsichts- und Führungsfunktion auf Informationen der ihr unterstellten Bundesämter, der Ressourcenabteilung des GS EFD, der EFK und der parlamentarischen Oberaufsichtsorgane sowie auf die bei den Stabübergaben erhaltenen Auskünfte, wobei letztere jeweils nur spärlich ausfielen. Die Amtsleitung der ESTV kommunizierte gegenüber dem Departement nur ungenügend und weigerte sich teilweise, die vom Departement geforderten Informationen auszuhändigen. Die FK und GPK kommen jedoch auch zum Schluss, dass die Departementsführung nicht ausreichend insistierte, um an die geforderten Informationen zu gelangen, und dass sie dem Projekt generell nicht die angemessene Bedeutung zukommen liess. Nach Ansicht der FK und GPK geht es nicht an, dass das Departement Informationen nicht erhält, die es von einem ihm unterstellten Bundesamt eingefordert hat. Wenn die gewünschten Informationen nicht an das Departement gelangen, liegt das Versagen nicht nur beim Amt, sondern auch beim Departement, das sein Recht nicht durchsetzt.

Mit dem Entscheid, auf die Ressourcen-Governance auf Stufe Departement zu verzichten, wurde dem EFD die Grundlage für eine effektive und effiziente Aufsicht entzogen; erst ab 2009 wurden die Kapazitäten und Controllinginstrumentarien schrittweise wieder aufgebaut. Anlässlich der Stabübergaben wurde INSIEME nur am Rande thematisiert, wodurch die Geschäftskontinuität nicht sichergestellt werden konnte. Die passive Haltung der Departementsspitze wurde teils damit begründet, dass man nicht in die operativen Geschehnisse eines Amtsprojekts eingreifen könne.

Für die FK und GPK ist dieses Argument nicht nachvollziehbar.

Zusammenfassend stellen die FK und GPK fest, dass das Departement im Rahmen seiner Aufgaben
und Funktion eine Mitverantwortung für das Scheitern von INSIEME trägt. Die Hauptverantwortung liegt hingegen bei der ESTV.

Eine Informationsverbreitung an Organe, welche die Information zwar zur Kenntnis nahmen, jedoch in keiner Weise in die Projektprozesse eingebunden waren, führte zur Situation, dass in der Wahrnehmung des Einzelnen jeweils der Andere hätte reagieren müssen. Da aber niemand eine Reaktion zeigte, gingen alle davon aus, dass kein Anlass zur Sorge bestand. Aus Sicht der FK und GPK sollte der Grundsatz gelten, dass eine Stelle nur dann Informationen über ein Projekt erhält, wenn sie auch eine klar definierte Aufgabe in Bezug auf das Projekt innehat. Durch die zweckgebundene Benachrichtigung ist klar definiert, wie der Adressat mit den erhaltenen Informationen umzugehen hat.

6556

5

Verantwortung des Bundesrats

5.1

Einleitung

5.1.1

Gegenstand der Inspektion

Die FK und GPK entschieden sich, ihre Untersuchungen in erster Linie auf die Frage auszurichten, welche Lehren aus dem Scheitern des INSIEME-Projekts gezogen werden können. Insbesondere sollte untersucht werden, welche Projektteilnehmer welche Aufgaben zu erfüllen hatten. Vor diesem Hintergrund interessierten sich die Oberaufsichtskommissionen für die Rolle des Bundesrats während des INSIEME-Projekts. In diesem Kapitel wird aufgezeigt, welche Probleme die Kommissionen erkannt haben und wie diese in ihren Augen behoben werden können.

Folgende Frage soll beantwortet werden: Hat der Bundesrat seine Aufsichts- und Steuerungsfunktion ordnungsgemäss wahrgenommen?

5.1.2

Protokolle der Bundesratssitzungen zum INSIEME-Projekt

Als Grundlage für die Beurteilung der Rolle des Bunderats während des INSIEMEProjekts dienten den Oberaufsichtskommissionen die Protokolle der Bundesratssitzungen. Die Oberaufsichtskommissionen mussten allerdings feststellen, dass diese Protokolle lückenhaft sind und keine kompetente Einschätzung der Geschäftsführung erlauben. Dies ist insbesondere dann kritisch, wenn eine Inspektion einen längeren Zeitraum behandelt, so wie dies bei INSIEME der Fall ist, und sich nicht alle Beteiligten zwangsläufig an den exakten Ablauf der Ereignisse erinnern. Die GPK und FK reagierten auf diese Problematik, indem sie Anhörungen jener Bundesratsmitglieder durchführten, die während des INSIEME-Projekts das EFD leiteten.

So erklärte beispielsweise die Vorsteherin des EFD (seit 2010), den Bundesrat mehrmals über den Verlauf des INSIEME-Projekts informiert zu haben, namentlich zu Beginn der Administrativuntersuchung sowie in der Phase, als deren Schlussfolgerungen verfasst wurden; in den Protokollen finden sich hierzu allerdings keine Informationen. Aufgrund der lückenhaften Protokolle ist es unmöglich, die Diskussionen im Bundesrat und die Art und Weise, wie dieser seine Aufsichts- und Steuerungsfunktion wahrgenommen hat, vollständig nachzuvollziehen. Dies erschwerte die Arbeit der AGI erheblich.

Die Oberaufsichtskommissionen kamen im Rahmen der INSIEME-Untersuchung zum Schluss, dass die Protokolle des Bundesrats ihre seit 1. Januar 2014 in Artikel 13 Absatz 3 RVOG präzisierte Aufgabe als Führungsinstrument, das die Nachvollziehbarkeit der Beschlüsse gewährleisten soll,1063 nicht erfüllen. Sie befürchten, dass sich diese mangelhafte Protokollführung negativ auf die Geschäftsführung des Bundes auswirken könnte. Darüber hinaus könnten sich dadurch auch Probleme für künftige Inspektionen und Untersuchungen ergeben.

1063

Art. 13 Abs. 3 RVOG (SR 172.010) lautet wie folgt: «Der wesentliche Inhalt der Verhandlungen und die Beschlüsse des Bundesrates werden durchgehend schriftlich festgehalten. Das Bundesratsprotokoll gewährleistet deren Nachvollziehbarkeit; es dient dem Bundesrat als Führungsinstrument.»

6557

Die GPK und FK möchten den Bundesrat daran erinnern, dass die GPK bereits mehrfach empfohlen haben, die Bundesratsprotokolle inhaltlich zu verbessern. Diese Empfehlung erfolgte namentlich nach der Analyse besagter Dokumente durch die GPDel im Rahmen von drei Untersuchungen der GPK: der Inspektion zur LibyenAffäre,1064 jener zur Finanzkrise und über die Herausgabe von UBS-Kundendaten an die USA1065 sowie jener über die Umstände des Rücktritts des SNB-Präsidenten im Jahr 20121066.

Im Rahmen der INSIEME-Inspektion mussten die GPK und FK erneut feststellen, wie wichtig diese Protokolle für die Geschäftsführung des Bundesrats und für die Nachvollziehbarkeit der Diskussionen sind.1067 Die GPK haben sich bereits mehrfach mit diesem Thema befasst und dennoch müssen die Oberaufsichtskommissionen feststellen, dass nach wie vor noch keine zufriedenstellende Lösung gefunden wurde.

Sie verzichten darauf, in diesem Bericht erneut eine Empfehlung zur Qualität der Protokollführung zu formulieren, erwarten jedoch vom Bundesrat, dass er die neuen, dem Willen des Gesetzgebers entsprechenden Bestimmungen des RVOG schnellstmöglich umsetzt. Die Oberaufsichtskommissionen werden gegebenenfalls prüfen, ob es erforderlich ist, das genannte Gesetz mittels einer parlamentarischen Initiative zu präzisieren.

5.2

Rechtsgrundlagen

5.2.1

Aufsichtsfunktion des Bundesrats

Artikel 178 Absatz 1 der Bundesverfassung (BV)1068 bestimmt: «Der Bundesrat leitet die Bundesverwaltung. Er sorgt für ihre zweckmässige Organisation und eine zielgerichtete Erfüllung der Aufgaben.» Artikel 8 Absatz 3 RVOG präzisiert, dass der Bundesrat eine ständige und systematische Aufsicht über die Bundesverwaltung ausübt. Die Aufsicht obliegt also dem Bundesrat als Kollegium. Aus den Artikeln 12 und 12a RVOG1069 ergibt sich zudem, dass die Departementsvorsteherinnen und -vorsteher die Scharnierstelle zwischen Bundesrat und Verwaltung darstellen. Sie sind verantwortlich für die Umsetzung der Bundesratsbeschlüsse und für die Wei1064 1065 1066

1067

1068 1069

Verhalten der Bundesbehörden in der diplomatischen Krise zwischen der Schweiz und Libyen. Bericht der GPK-S vom 3. Dez. 2010 (BBl 2011 4215).

Die Behörden unter dem Druck der Finanzkrise und der Herausgabe von UBSKundendaten an die USA. Bericht der GPK-N/S vom 30. Mai 2010 (BBl 2011 3099).

Rücktritt des SNB-Präsidenten am 9. Jan. 2012: Der Bundesrat im Spannungsfeld zwischen der politischen und der aufsichtsrechtlichen Dimension. Bericht der GPK-N/S vom 15. März 2013 (BBl 2013 5627).

Art. 13 Abs. 3 RVOG (SR 172.010), der die Modalitäten für die Protokollierung der Bundesratssitzungen regelt, ist erst am 1. Jan. 2014 in Kraft getreten und galt folglich noch nicht für die von der AGI untersuchten Protokolle. Dennoch möchten die Aufsichtskommissionen die Bundeskanzlei, die gemäss Art. 24 Abs. 4 RVOG für die Erstellung der Bundesratsprotokolle verantwortlich ist, darauf hinweisen, dass die erhaltenen Protokolle nicht den Wünschen der Aufsichtskommissionen entsprechen.

Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 (SR 101).

Art. 12 Abs. 2 RVOG (SR 172.010) bestimmt: «Die Mitglieder des Bundesrates vertreten die Entscheide des Kollegiums.» Art. 12a Abs. 1 lautet: «Mitglieder des Bundesrates und der Bundeskanzler oder die Bundeskanzlerin informieren den Bundesrat regelmässig über ihre Geschäfte und insbesondere über damit zusammenhängende Risiken und mögliche Herausforderungen.»

6558

tergabe der Informationen, die für die Wahrnehmung der Aufsichtsfunktion durch den Bundesrat unerlässlich sind. Ausserdem tragen die Departementsvorsteherinnen und -vorsteher gemäss Artikel 37 RVOG die politische Verantwortung für die Leitung ihres Departements.1070 Die Aufsichtsfunktion des Bundesrats ergibt sich aus der BV (Artikel 178, 182 und 187), welche bestimmt, dass der Bundesrat die Bundesverwaltung und die anderen Träger von Aufgaben des Bundes beaufsichtigt. Gemäss Artikel 183 Absatz 2 BV ist der Bundesrat ausserdem verpflichtet, für eine «ordnungsgemässe Haushaltsführung» zu sorgen und somit sicherzustellen, dass die Mittel des Bundes wirtschaftlich und wirkungsvoll eingesetzt werden. Artikel 24 Absatz 1 RVOV präzisiert hierzu: «Mit der Aufsicht stellen der Bundesrat, die Departemente und die Bundeskanzlei die Erfüllung der verfassungsmässigen und gesetzlichen Aufgaben sicher.» Im Übrigen hat die Bundeskanzlei gemäss Artikel 26 RVOV den Bundesrat und die Bundespräsidentin oder den Bundespräsidenten bei der Ausübung der gesetzlichen Kontrollaufgaben zu unterstützen.

Die Aufsicht über die zentrale Bundesverwaltung ist umfassend und richtet sich nach den in den Artikeln 11 und 12 RVOV aufgeführten Grundsätzen.1071 Die Aufsichtsfunktion des Bundesrats findet ihren Ausdruck in dessen Organisationsgewalt und dessen Recht, die Aufgaben auf die Dienste zu verteilen, ihre Aktivitäten zu koordinieren, die Verfahren zu definieren und bei Bedarf Weisungen zu erlassen und Anweisungen zu erteilen. Darüber hinaus hat er das Recht, delegierte Zuständigkeiten wieder an sich zu ziehen, um Fehler oder Unregelmässigkeiten zu beseitigen. Ausserdem steht es ihm zu, die Rechtmässigkeit, Zweckmässigkeit, Wirksamkeit und den Nutzen des Verwaltungshandelns zu überprüfen und gegebenenfalls Anweisungen zu erteilen, Beschlüsse zu revidieren, Abmahnungen auszusprechen oder Sanktionen gegenüber Verwaltungsbeamten zu ergreifen.1072 Aus der oben genannten Pflicht, um eine ordnungsgemässe Haushaltsführung besorgt zu sein, leitet sich zudem eine Zuständigkeit in Sachen Finanzaufsicht ab: Der Bundesrat hat für einen wirksamen und wirtschaftlichen Einsatz der Mittel zu sorgen.1073 Des Weiteren ist er seit 2006 im Rahmen der Bemessung der Verpflichtungskredite für die Ermittlung des Finanzbedarfs verantwortlich.1074

5.2.2

Zusammenarbeit mit der EFK und Zuständigkeit des Bundesrats für das Risikomanagement

Seit dem 1. September 1999 obliegt es dem Bundesrat, die Umsetzung der Empfehlungen der EFK zu überwachen.1075 So kontrolliert der Bundesrat gemäss Artikel 14 Absatz 4 FKG gestützt auf die in den Jahresberichten der EFK zur Kenntnis gebrachten Revisionspendenzen die Beseitigung der entsprechenden Beanstandungen 1070 1071 1072

1073 1074 1075

Für zusätzliche Informationen über die Rolle des Departementsvorstehers in Bezug auf das INSIEME-Projekt siehe Kapitel 4.4.

Art. 24 Abs. 2 RVOV (SR 172.010.1).

Bericht vom 7. Okt. 1996 der Parlamentarischen Untersuchungskommission über die Organisations- und Führungsprobleme bei der Pensionskasse des Bundes (PKB) und über die Rolle des EFD in Bezug auf die PKB (BBl 1996 V 153, hier 377).

Art. 12 Abs. 4 FHG (SR 611.0).

Art. 22 Abs. 2 FHG (SR 611.0).

Für weitere Informationen zur Rolle der EFK siehe Kapitel 6.2.

6559

bezüglich Ordnungsmässigkeit und Rechtmässigkeit sowie die Umsetzung der Anträge der EFK zu den Prüfungen der Wirtschaftlichkeit.1076 Ziel dieser Bestimmung ist es, dass die von der EFK aufgedeckten Mängel innert nützlicher Frist behoben und die Beanstandungen der EFK zur Verbesserung von Effizienz und Effektivität zügig umgesetzt werden.1077 Obwohl Rechtsgrundlagen bestehen, welche es der EFK erlauben, direkt mit dem Bundesrat zu kommunizieren,1078 gibt es in der Praxis mit Ausnahme der Kenntnisnahme des Jahresberichts der EFK durch den Bundesrat keine Kommunikation zwischen den beiden Organen. Artikel 15 Absatz 3 FKG gibt der EFK jedoch das Recht, beim Feststellen besonderer Vorkommnisse oder Mängel von grundsätzlicher oder erheblicher finanzieller Bedeutung anstelle der zuständigen Departementsvorsteherin bzw. des zuständigen Departementsvorstehers den Gesamtbundesrat zu informieren, wenn sie dies als zweckmässig erachtet. Die EFK hat im Übrigen ihre Praxis in Bezug auf diesen Artikel seit der Einstellung des INSIEME-Projekts geändert.1079 Darüber hinaus ist der Bundesrat auch für das Risikomanagement verantwortlich.

Gemäss dem Kommentar zu den Weisungen über die Risikopolitik des Bundes ist das Risikomanagement ein Führungsinstrument des Bundesrats. Ihm obliegt zudem die Oberaufsicht über das Risikomanagement des Bundes.1080

5.2.3

Rolle des Bundesrats im IKT-Bereich

Bis zur Revision der BinfV im Jahr 2011 gab es keine genau definierte Aufsichtsfunktion des Bundesrats im Informatikbereich. Der Bundesrat übte folglich nur eine allgemeine Aufsicht gemäss Artikel 5 RVOG1081 aus und hatte in diesem Bereich keine konkreten Zuständigkeiten. Dies änderte sich mit dem Inkrafttreten der neuen BinfV im Januar 2012. Gemäss der neuen Verordnung ist der Bundesrat nun ausdrücklich dafür zuständig, die IKT-Strategie des Bundes zu bestimmen (Art. 14 Bst. a) und deren Umsetzung zu überwachen (Bst. c). Letztere Aufgabe oblag zuvor dem IRB.1082/1083 Die strategische Gesamtverantwortung für die Informations- und Kommunikationstechnologien in der Bundesverwaltung liegt nun also beim Bundes1076

1077 1078

1079 1080 1081

1082 1083

Art. 14 Abs. 4 FKG (SR 614.0). Eine Revisionspendenz im Sinne von Art. 14 Abs. 3 FKG bezeichnet eine Situation, in der sich in der kontrollierten Einheit die Umsetzung einer Empfehlung der EFK verzögert. Für weitere Informationen zum Begriff «Revisionspendenz» siehe Kapitel 6.6.10.

Botschaft vom 22. Juni 1998 betreffend die Revision des Bundesgesetzes über die Eidgenössische Finanzkontrolle (FKG) (BBl 1998 V 4703, hier 4720­4721).

So bestimmt Art. 15 Abs. 1 FKG (SR 614.0): «Die Eidgenössische Finanzkontrolle verkehrt direkt mit den Finanzkommissionen und der Finanzdelegation der eidgenössischen Räte, dem Bundesrat, den Verwaltungseinheiten des Bundes, den eidgenössischen Gerichten sowie den der Finanzaufsicht unterstellten Organisationen und Personen ausserhalb der Bundesverwaltung.» Für weitere Informationen zu diesem Thema siehe Kapitel 6.6.6.

Erläuterungen vom 9. Dez. 2012 zu den Weisungen über die Risikopolitik des Bundes, S. 4.

Art. 5 RVOG (SR 172.010) lautet: «Der Bundesrat überprüft die Aufgaben des Bundes und ihre Erfüllung sowie die Organisation der Bundesverwaltung regelmässig auf ihre Notwendigkeit und ihre Übereinstimmung mit den Zielen, die sich aus Verfassung und Gesetz ergeben. Er entwickelt zukunftsgerichtete Lösungen für das staatliche Handeln.» Art. 13 Abs. 2 Bst. a BinfV (AS 2003 3687).

Für weitere Informationen zur Rolle des IRB siehe Kapitel 5.4.2.

6560

rat. Daraus folgt, dass dieser auch für die konkrete Zuweisung der zentralen IKTMittel und die Festlegung der IKT-Schlüsselprojekte verantwortlich ist.1084 Das Verfahren betreffend die Schlüsselprojekte wird in diesem Bericht nicht behandelt, da die entsprechenden Massnahmen erst nach der Einstellung des INSIEMEProjekts ergriffen wurden und folglich nicht Teil des Untersuchungsauftrags sind.

Zudem sind diese Massnahmen erst vor kurzer Zeit ergriffen worden, weshalb es für eine Beurteilung ihrer Wirksamkeit noch zu früh wäre.

5.3

Rolle des Gesamtbundesrats als oberstes Aufsichtsorgan

Die Rolle des Bundesrats als oberstes Aufsichtsorgan für das INSIEME-Projekt muss unter verschiedenen Gesichtspunkten untersucht werden. Den Kern der Aufsichtsfunktion des Bundesrats stellt die Beaufsichtigung der Verwaltung dar, in deren Rahmen er indirekt eben auch für die Überwachung des INSIEME-Projekts verantwortlich war. Des Weiteren ist der Bundesrat jedoch auch für die Finanzaufsicht und folglich für die Kontrolle der ordnungsgemässen Verwendung der von ihm gesprochenen Mittel zuständig. Aus diesem Grund muss seine Aufsichtsfunktion auch im Zusammenhang mit seiner Zuständigkeit für das Risikomanagement des Bundes untersucht werden.

In diesem Kapitel wird zunächst einmal auf die Zuständigkeit des Bundesrats für die Finanzaufsicht eingegangen (Kapitel 5.3.1), da der Bundesrat das INSIEME-Projekt nahezu ausschliesslich unter diesem Gesichtspunkt behandelt hat. Anschliessend werden seine Rolle bei der Überwachung der Umsetzung der EFK-Empfehlungen sowie seine Zusammenarbeit mit der EFK thematisiert (Kapitel 5.3.2). Seine Zuständigkeit für das Risikomanagement des Bundes ist Gegenstand von Kapitel 5.4, da die Risikopolitik ein Führungsinstrument des Bundesrats ist und sich Kapitel 5.4 mit der Funktion des Bundesrats als oberstes Führungsorgan des Bundes befasst.

Die Zuständigkeiten des Bundesrats im Bereich der Informatikaufsicht sind relativ neu. Da der Bundesrat fast während der gesamten Laufzeit des INSIEME-Projekts über keine genau definierte Aufsichtsfunktion im Informatikbereich verfügte, wird dieses Thema direkt in Verbindung mit der Steuerungsverantwortung des Bundesrats im Informatikbereich (Kapitel 5.4.3) sowie mit der Rolle des ISB (Kapitel 5.4.1) und des IRB (Kapitel 5.4.2) behandelt.

5.3.1

Rolle des Bundesrats als verantwortliche Stelle für die Verpflichtungs- und Zusatzkredite

5.3.1.1

Sachverhalt

Der Bundesrat befasste sich während der gesamten Projektdauer mehrfach mit INSIEME. An der Bundesratssitzung vom 27. März 2002 informierte der Vorsteher des EFD (1996­2003) den Bundesrat erstmals über Informatikprobleme im Zusammenhang mit der Mehrwertsteuererhebung.1085 Diese Information stand nicht in 1084 1085

ISB, Faktenblatt Nr. 5: Bundesinformatik 2012­2015, S. 2­3 (Stand 16. Dez. 2013).

Brief des Bundesrats an die AGI vom 29. Nov. 2013.

6561

direkter Verbindung mit dem INSIEME-Projekt, sondern bezog sich auf eines der beiden Vorgängersysteme, die Anwendung MOLIS.1086 Nach dieser ersten Orientierung wurde das INSIEME-Projekt an verschiedenen weiteren Bundesratssitzungen behandelt: an jenen vom 29. Juni 2005 und vom 17. August 2005, an denen die Verpflichtungskredite traktandiert waren; an jener vom 18. Juni 2010, an der über den Zusatzkreditantrag befunden wurde; an jener vom 27. Juni 2012, an der die Freistellung des Direktors der ESTV Thema war, sowie an der Sitzung vom 7. November 2012, an der es um die Beantwortung von zwei Interpellationen1087 betreffend den Abbruch des INSIEME-Projekts ging.

Ausserdem wurde der Bundesrat offensichtlich auch informiert, als die Vorsteherin des EFD im September 2012 beschloss, das Projekt zu stoppen. Gemäss den Informationen, die den Oberaufsichtskommissionen vorliegen, wurde diese Angelegenheit jedoch nicht im Rahmen der Bundesratssitzungen behandelt. Die GPK und FK wissen deshalb nicht, ob und wann die Vorsteherin des EFD den Gesamtbundesrat über den Projektstopp informierte.

Etwas eingehender befasste sich der Bundesrat mit dem Projekt an jenen Sitzungen, an denen die Verpflichtungs- und Zusatzkredite beraten wurden. Der damalige Vorsteher des EFD (2004­2010) unterbreitete dem Bundesrat am 27. Juni 2005, d. h. zwei Tage vor dessen Sitzung, einen ersten Verpflichtungskreditantrag. Der damalige Vorsteher des EJPD (2004­2007) verlangte in einem Mitbericht, die Behandlung dieser Angelegenheit zu verschieben, da er die Frist für die Kenntnisnahme als zu kurz erachtete.1088 Das Traktandum wurde daraufhin auf den 17. August 2005 verschoben. An diesem Datum beschloss der Bundesrat auf der Grundlage einer vom IRB vorgenommenen Prüfung der Konformität des INSIEMEProjekts mit den Kriterien der Wachstumskredite, dem Parlament einen Kredit in der Höhe von 71 Millionen Franken zu beantragen.1089 Anhand der zur Verfügung stehenden Informationen ist es unmöglich zu beurteilen, ob zu diesem Traktandum im Bundesrat eine eingehende Diskussion stattfand.

Seit dem Inkrafttreten des FHG am 1. Mai 2006 ist der Bundesrat für die Evaluation der Verpflichtungskredite zuständig. Die Verantwortung für den Entscheid des Bundesrats vom 18. Juni 2010, für das Projekt einen Zusatzkredit von 56,5 Millionen Franken und einen
Nachtragskredit von 12,2 Millionen Franken für die Vollendung des Projekts zu sprechen, liegt also allein beim Bundesrat.

Im Rahmen der Beratung des Nachtragskreditantrags wurde vom EDA auf der Grundlage seines Mitberichts vom 9. Juni 2010 eine vertiefte Überwachung des Projekts gefordert. So schreibt das EDA in seinem Mitbericht, dass es unmöglich sei, die Plausibilität der vorliegenden Zahlen zu überprüfen und eine fachgerechte Beurteilung vorzunehmen.1090

1086 1087 1088

INSIEME sollte die beiden Programme MOLIS und STOLIS zusammenführen.

Ip. 12.3925 Grin und Ip. 12.3758 Aeschi.

Mitbericht des EJPD vom 29. Juni 2005 über den Antrag des EFD vom 27. Juni 2005 betreffend die Verpflichtungskredite für die Progamme INSIEME der ESTV und FIRE III der EZV.

1089 Sammelantrag Verpflichtungskredite für die Programme INSIEME der ESTV und FIRE III der EZV vom 15. Aug. 2005.

1090 Mitbericht des EDA vom 9. Juni 2010 betreffend den Antrag des EFD vom 31. Mai 2010 (liegt nur auf Französisch vor).

6562

Der Bundesrat beschloss deshalb am 18. Juni 2010 eine eingehende Nachkontrolle und ein rigoroses Monitoring für das INSIEME-Projekt und beauftragte das EFD (ESTV), diese in Zusammenarbeit mit der EFK und dem IRB vorzunehmen.1091 An einem Treffen von EFK, ISB, GS EFD und ESTV wurde die Umsetzung dieses Beschlusses diskutiert und entschieden, Quartalsberichte zuhanden des GPA, des GS EFD und des IRB anzufertigen.1092 Mithilfe dieser Berichte und einer halbjährlichen Präsentation des Projektleiters von INSIEME zuhanden des IRB sollte die Überwachung des Projekts deutlich verbessert werden. Die EFK nahm an der Sitzung betreffend die Umsetzung des Bundesratsbeschlusses teil, zog sich dann aber aus der Angelegenheit zurück mit der Begründung, es gehöre nicht zu ihren Aufgaben, am Monitoring eines Projekts mitzuwirken, das sich noch in der Entwicklungsphase befindet. Ende 2011 führte die EFK zwar dennoch ein «Follow-up» des INSIEMEProjekts durch, eine regelmässige Kontrolle der Quartalsberichte zuhanden des IRB fand jedoch nicht statt.1093 Nach seinem Beschluss vom 18. Juni 2010 befasste sich der Bundesrat nicht mehr mit diesem Thema.

5.3.1.2

Vergabe der Verpflichtungs-, Nachtrags- und Zusatzkredite

Obwohl der Bundesrat, wie bereits erwähnt, erst seit dem Inkrafttreten des FHG am 1. Mai 2006 für die Evaluation der Verpflichtungskredite zuständig ist und der erste Kreditantrag vom Juni 2005 somit noch nicht in die direkte Verantwortung des Bundesrats fiel, befassen sich die Oberaufsichtskommissionen in diesem Kapitel mit dem betreffenden Vergabeverfahren.

Die Oberaufsichtskommissionen haben keine Hinweise darauf gefunden, dass das Verfahren zur Vergabe der Verpflichtungs- und Zusatzkredite nicht den geltenden Rechtsvorgaben entsprach. Es stellt sich allerdings die Frage, ob dieses Verfahren zweckmässig ist.1094 Kann über die Kürze der ursprünglich im Jahr 2005 zur Analyse des Verpflichtungskredits gesetzten Frist noch hinweggesehen werden, da dem Antrag des damaligen Vorstehers des EJPD (2004­2007) auf Fristverlängerung zugestimmt wurde, so ist das Verfahren betreffend den Nachtragskredit- und Zusatzkreditantrag im Jahr 2010 nach Auffassung der Oberaufsichtskommissionen jedoch sehr kritisch zu beurteilen.

So wurde, als der Antrag des EFD unterbreitet wurde, den Mitgliedern des Bundesrats und der Bundeskanzlei die im Rahmen der Ämterkonsultation verfasste Stellungnahme der EFV nicht mitgeliefert.1095 Das Vergabeverfahren für Verpflichtungskredite beinhaltet eine Prüfung des Kreditantrags durch die EFV; diese überprüft die Plausibilität der Kredite, nimmt jedoch keine materielle Prüfung des Antrags vor.1096 Dennoch hatte die EFV in ihrer Stellungnahme verschiedene Punkte kritisiert: So äusserte sie Zweifel an der Korrektheit der von der ESTV übermittelten

1091 1092 1093 1094 1095 1096

Beschluss des Bundesrats vom 18. Juni 2010 betreffend die Zusatzkredite für die Finanzierung des Informatikprojekts INSIEME der Eidgenössischen Steuerverwaltung.

Protokoll der AGI vom 14. Okt. 2013, S. 39 (stv. Direktor EFK 2000­2013).

Für weitere Informationen zu diesem Thema siehe Kapitel 6.4.5 und 6.6.9.1.

Für weitere Informationen zu diesem Thema siehe Kapitel 4.4.1.1.

Bericht der EFV an die AGI vom 6. Jan. 2014, S. 4.

Bericht der EFV an die AGI vom 6. Jan. 2014, S. 3.

6563

Zahlen, namentlich der genannten Betriebskosten,1097 und an der Notwendigkeit eines Kostenvorschusses für das Projekt.1098 Der Bundesrat erhielt folglich im Zusammenhang mit dem Antrag auf Zusatzkredite für INSIEME vom 18. Juni 2010 nur wenige Informationen über das Projekt und dessen Finanzierung. So hatte er beispielsweise keinen detaillierten Kostenüberblick. Dieser Mangel an Informationen ist im Übrigen einer der Gründe, welche die Vorsteherin des EDA (2003­2011) dazu veranlassten, als Voraussetzung für die Vergabe des Zusatzkredits eine eingehende Nachkontrolle und ein rigoroses Monitoring für das Projekt zu fordern.1099 Aus rechtlicher Sicht ist es für die EFV schwierig, eine materielle Prüfung vorzunehmen. Eine solche würde eine direkte Einmischung in das Finanzmanagement der Verwaltungseinheiten bedeuten.1100 Hinzu kommt, dass die EFV in der Praxis für die Überprüfung von rund 250 Verpflichtungskrediten und Ausgabenplafonds gerade einmal zwei Wochen Zeit hat.1101 Es ist ihr also unmöglich, alle Anträge eingehend zu prüfen. Die GPK und FK sind jedoch der Ansicht, dass die Vorbehalte der EFV in Bezug auf die Plausibilität der Kredite dem Bundesrat und der Bundeskanzlei während der Konsultationsphase hätten übermittelt werden müssen. Die Oberaufsichtskommissionen stellen deshalb die Qualität der Informationen, die der Bundesrat erhielt, in Frage. Letztlich war dieser angesichts der ihm vorliegenden Kostenpräsentation nicht in der Lage, die Kreditanträge angemessen zu beurteilen.

Nach Auffassung der Oberaufsichtskommissionen muss der Bundesrat bei der Vergabe von Krediten für Projekte deutlich mehr Informationen über den Stand dieser Projekte haben.1102 Orientiert werden sollte er insbesondere über die verschiedenen Evaluationen, die zum betreffenden Geschäft stattgefunden haben, und über den Stand der Umsetzung allfälliger Empfehlungen der EFK.1103

5.3.1.3

Nachkontrolle und beabsichtigtes Monitoring des Bundesrats

Die Oberaufsichtskommissionen weisen darauf hin, dass der Bundesrat im Jahr 2010 seine Aufsichtsfunktion wahrnahm, indem er auf Antrag des EDA als Bedingung für die zusätzlichen Mittel eine eingehende Nachkontrolle und ein rigoroses Monitoring beschloss. Durchführen sollte diese das EFD (ESTV) in Zusammenarbeit mit dem IRB und der EFK.

Ist der Beschluss des Bundesrats, zusätzliche Kontrollmassnahmen zu ergreifen, auch noch so positiv zu bewerten, so muss man im Nachhinein dennoch festhalten, 1097 1098 1099 1100 1101 1102 1103

Brief des Direktors der EFV an den Direktor der ESTV vom 18. Mai 2010: Ämterkonsulation Zusatzkredit für INSIEME, S. 1.

Brief des Direktors der EFV an den Direktor der ESTV vom 18. Mai 2010: Ämterkonsulation Zusatzkredit für INSIEME, S. 2.

Mitbericht des EDA vom 9. Juni 2010 betreffend den Antrag des EFD vom 31. Mai 2010 auf Vergabe von Zusatzkrediten für das INSIEME-Projekt der ESTV.

Gemäss Art. 15 FHV (SR 611.01) liegt die Verantwortung für die Bewirtschaftung der Verpflichtungskredite bei den Verwaltungseinheiten.

Bericht der EFV an die AGI vom 6. Jan. 2014, S. 7.

Für weitere Informationen zu diesem Thema siehe Kapitel 5.3.2.1 (Rolle des Bundesrats bei der Überwachung der Umsetzung der Empfehlungen der EFK).

Die diesbezüglichen Empfehlungen der Oberaufsichtskommissionen finden sich in Kapitel 6.6.11.

6564

dass die Umsetzung des geplanten Monitorings nicht geeignet war und nicht dem Willen des Bundesrats entsprach, den Projektverlauf genauer zu verfolgen.

Der Vorsitzende des IRB und der Vertreter des GS EFD innerhalb des IRB beschlossen, dass der IRB von der Entwicklung des Projekts Kenntnis nehmen und nötigenfalls Empfehlungen aussprechen sollte. Die Oberaufsichtskommissionen mussten feststellen, dass die Mitglieder des IRB den ihnen erteilten Auftrag zwar zur Kenntnis nahmen, allerdings gleichzeitig schlecht über dessen Zweck informiert wurden. So erklärt der Bundesrat in seinem Beschluss über die Vergabe eines Zusatzkredits ausdrücklich, dass er eine Nachkontrolle und ein Monitoring für nötig erachtet. Den Mitgliedern des IRB wurde vom EFD-Vertreter und vom IRBVorsitzenden jedoch mitgeteilt, es gehe lediglich um ein einfaches Reporting.1104 Die Sitzungsprotokolle des IRB zeigen, dass der Auftrag des Bundesrats von den Mitgliedern des IRB nicht genau erfasst wurde.1105 Die GPK und die FK weisen zudem darauf hin, dass der IRB auch keine Schritte zur Klärung dieses Auftrags unternahm.

Nach dem Rückzug der EFK aus dem Nachverfolgungsprozess beschränkten sich die Massnahmen zur Umsetzung des Bundesratsbeschlusses auf die Weiterleitung der Quartalsberichte an den IRB. Letztlich bestand das vom Bundesrat beschlossene rigorose Monitoring lediglich darin, dass die Mitglieder des Projektausschusses dem IRB halbjährlich den Projektstand präsentierten und dass die Quartalsberichte an den IRB weitergeleitet wurden. Diese Berichte erwiesen sich jedoch als unvollständig und spiegelten den wahren Stand des Projekts nicht wider.1106 So wie der Bundesratsbeschluss umgesetzt wurde, wurde das Ziel des Bundesrats, das Projekt enger zu begleiten, folglich nicht erreicht.

Einen Teil der Verantwortung für diese mangelhafte Auslegung seines Beschlusses trägt der Bundesrat selbst, da er sich nie damit befasste, ob und wie sein Auftrag umgesetzt wurde und ob die beauftragten Organe tatsächlich geeignet waren, die gewünschte Nachkontrolle durchzuführen. Zudem nannte er weder eine Umsetzungsfrist noch ein Datum, bis zu dem die Wirksamkeit dieser Massnahmen überprüft werden sollte. Die Oberaufsichtskommissionen erachten es im Übrigen als bedenklich, dass sich der Bundesrat keine Gedanken darüber machte, ob sein Auftrag
vielleicht die Möglichkeiten des IRB und der EFK übersteigt. Ausserdem hätte die Bundeskanzlei als Stabsstelle des Bundesrats die Aufgabe gehabt, den Bundesrat zu den Fähigkeiten der Organe, welche dieser beauftragen wollte, zu beraten und die Umsetzung des Auftrags nachzuverfolgen.

Angesichts der Bedeutung des INSIEME-Projekts für die künftigen Einnahmen des Bundes1107 hätte der Bundesrat aufmerksamer verfolgen müssen, ob seinem Willen Rechnung getragen wurde, und sich versichern müssen, ob seine Empfehlungen Wirkung zeigten. Die Oberaufsichtskommissionen kritisieren, dass weder das EFD noch die Bundeskanzlei im Namen des Bundesrats dessen Beschluss nachverfolgten.

Der Bundesrat hätte sich mithilfe der Bundeskanzlei versichern müssen, dass sein

1104 1105 1106 1107

Siehe hierzu Kapitel 5.4.2.

Protokoll des IRB vom 29. Aug. 2011.

1. BR-Bericht vom 27. Febr. 2013, S. 23.

Zu den potenziellen Einnahmen, die das INSIEME-Projekt für den Bund hätte bringen können, gibt es sehr unterschiedliche und zumeist eher vage Aussagen. Gemäss Schätzungen der ESTV hätten die Einnahmen dank INSIEME um rund 200 Millionen Franken pro Jahr gesteigert werden können. Für weitere Informationen siehe Kapitel 4.3.

6565

Beschluss korrekt umgesetzt wird und dass es keine Missverständnisse über die zu ergreifenden Massnahmen gibt.

Die GPK und FK sind der Ansicht, dass auch der Vorsteher des EFD (2004­2010) einen Teil der Verantwortung trägt, da er sich nie über die Umsetzung des Beschlusses oder dessen Wirksamkeit informierte und somit auch keine Informationen über die Wirksamkeit der ergriffenen Massnahmen an den Bundesrat weitergab. Darüber hinaus hätte sich das EFD versichern müssen, dass die Organe, denen der Bundesrat Aufsichtsaufgaben übertragen wollte ­ der IRB und die EFK ­, sich der Tragweite ihres Auftrags auch voll bewusst waren.

Zusammengefasst ­ und unabhängig von der Frage, ob der Entscheid der EFK, sich aus dem Monitoring zurückzuziehen, angemessen war ­ kann festgehalten werden, dass es eine grosse Verwirrung über die jeweiligen Zuständigkeiten in Sachen Steuerung und Beaufsichtigung der IKT-Projekte gab; eine Verwirrung, die noch verstärkt wurde durch die Revision der BinfV vom Januar 2012, mit der die Aufgaben der wichtigsten Akteure im Bereich der IKT neu verteilt wurden.

Empfehlung 10: Festlegung der Zuständigkeiten in Sachen IKT Die FK und GPK fordern den Bundesrat auf, zu überprüfen, ob die neue Bundesinformatikverordnung faktisch zu einer hinreichend klaren Verteilung der Aufgaben und Kompetenzen aller an der Führung, Steuerung oder Beaufsichtigung der IKT-Projekte beteiligten Organe geführt hat, und nötigenfalls dafür zu sorgen, dass diese Zuständigkeiten klar festgelegt werden.

5.3.2

Überwachung der Umsetzung der Empfehlungen der EFK und Zusammenarbeit zwischen EFK und Bundesrat im Rahmen des INSIEME-Projekts

5.3.2.1

Rolle des Bundesrats bei der Überwachung der Umsetzung der Empfehlungen der EFK

Wie bereits im vorherigen Kapitel erwähnt, hat der Bundesrat laut FKG gestützt auf die in den Jahresberichten der EFK zur Kenntnis gebrachten Revisionspendenzen die Beseitigung der entsprechenden Beanstandungen bezüglich Ordnungs- und Rechtmässigkeit sowie die Umsetzung der Anträge der EFK zu den Wirtschaftlichkeitsprüfungen zu kontrollieren.1108 Während des gesamten INSIEME-Projekts brachte die EFK in ihren Jahresberichten nie Pendenzen zu diesem Projekt zur Kenntnis.

1108

Art. 14 Abs. 4 FKG (SR 614.0) bestimmt: «Der Bundesrat überwacht gestützt auf die in den Jahresberichten der Eidgenössischen Finanzkontrolle zur Kenntnis gebrachten Revisionspendenzen die Beseitigung der entsprechenden Beanstandungen bezüglich Ordnungs- und Rechtmässigkeit und die Umsetzung der Anträge im Bereich der Wirtschaftlichkeitsprüfungen.»

6566

Unabhängig von Artikel 14 Absatz 4 FKG war der Bundesrat auch über Artikel 22 Absatz 2 FHG1109 für die Evaluation der von ihm beantragten Verpflichtungskredite verantwortlich. Als der Bundesrat an seiner Sitzung vom 18. Juni 2010 über einen Zusatzkredit befand, informierte er sich nicht über den Stand der Umsetzung der Empfehlungen der EFK. Von den Schwierigkeiten beim INSIEME-Projekt und dessen finanziellen Risiken für den Bund konnte er allerdings bereits durch den Jahresbericht 2009 der EFK wissen.

Laut Aussage der derzeitigen Vorsteherin des EFD diskutiert der Bundesrat grundsätzlich nicht über die Umsetzung der Empfehlungen der EFK oder die Empfehlungen selbst.1110 Auch wenn es keine Rechtsvorschrift gibt, die den Bundesrat zwingt, sich bei der Behandlung eines Nachtragskreditantrags mit dem Stand der Umsetzung der EFKEmpfehlungen zu befassen, sind die GPK und FK doch der Ansicht, dass es sinnvoll gewesen wäre, wenn der Vorsteher des EFD (2004­2010) den Bundesrat aus eigener Initiative über den Stand der Umsetzung der EFK-Empfehlungen informiert hätte.1111 Schliesslich hatte die EFK bereits 2008 erhebliche Mängel bei der Führung des INSIEME-Projekts festgestellt.1112 Zwar ist es schwierig zu beurteilen, ob ein solches Vorgehen dazu geführt hätte, dass sich der Bundesrat des Ausmasses der Probleme beim INSIEME-Projekt früher bewusst geworden wäre, doch hätten ihm zusätzliche Informationen zumindest erlaubt, seine Aufsichts- und Steuerungsfunktion im IKT-Bereich besser wahrzunehmen.1113

5.3.2.2

Auslegungsdifferenzen zwischen der EFK und dem Bundesrat

Die Oberaufsichtskommissionen stellten fest, dass der Bundesrat und die EFK Artikel 14 Absatz 4 FKG offensichtlich unterschiedlich auslegen: Gemäss der Botschaft des Bundesrats vom 22. Juni 1998 zur Änderung des FKG1114 hat die EFK in ihrem jährlichen Tätigkeitsbericht über die Revisionspendenzen und deren Begründung zu informieren, um die Durchsetzung der von ihr empfohlenen Massnahmen zu beschleunigen. Des Weiteren erklärt der Bundesrat in seiner Botschaft, gewillt zu sein, seine Verantwortung für ein einwandfreies Funktionieren der Verwaltung wahrzunehmen, die Aufarbeitung der von der EFK im Jahresbericht zur Kenntnis gebrachten Revisionspendenzen zu überwachen sowie dafür zu sorgen, dass die von 1109

1110 1111

1112 1113 1114

Art. 22 Abs. 2 FHG (SR 611.0) lautet: «Der Bundesrat ist für die Ermittlung des Finanzbedarfs verantwortlich. Die mit der Vorbereitung des Kreditbegehrens betraute Verwaltungseinheit hat im Kreditbegehren die Berechnungsgrundlagen und die Unsicherheitsfaktoren darzulegen; nötigenfalls hat sie angemessene Reserven vorzusehen, die offen auszuweisen sind.» Protokoll der AGI vom 9. Okt. 2013, S. 30 (Vorsteherin EFD seit 2010).

Der Vorsteher des EFD (2004­2010) erhielt von der EFK keine Informationen über den Stand der Umsetzung ihrer Empfehlungen und erkundigte sich beim Direktor der ESTV (2000­2012) auch nicht danach.

Für weitere Informationen über die Prüfungen der EFK siehe Kapitel 6.

Für weitere Informationen siehe Kapitel 5.4.3.2, Titel «Verfahren zur Vergabe der Wachstumskredite».

Botschaft vom 22. Juni 1998 betreffend die Revision des Bundesgesetzes über die Eidgenössische Finanzkontrolle (FKG) (BBl 1998 V 4703).

6567

der EFK aufgedeckten und anerkannten Mängel innert nützlicher Frist behoben und auch die Beanstandungen zur Verbesserung von Effizienz und Effektivität im Verwaltungshandeln zügig umgesetzt werden.

Die EFK wiederum legt diesen Artikel vollständig anders aus. So verzichtet sie darauf, eine nicht umgesetzte Empfehlung in die Liste der Revisionspendenzen aufzunehmen, wenn die Bundesämter handfeste Gründe für die Nichtumsetzung liefern. Dadurch erklärt sich auch, warum die EFK in ihrem Jahresbericht keine Pendenzen in Bezug auf das INSIEME-Projekt aufführte.1115 Die GPK und FK stellten fest, dass der von 2004­2010 amtende Vorsteher des EFD keine Kenntnis von dieser Auslegung von Artikel 14 Absatz 4 FKG durch die EFK hatte und deshalb alle Empfehlungen als umgesetzt betrachtete, wenn keine Revisionspendenzen aufgeführt waren.1116 Des Weiteren erklärte der damalige Vorsteher des EFD (2004­2010) in den Anhörungen durch die AGI, dass er davon ausgegangen sei, die EFK führe jährliche Kontrollen über die Umsetzung ihrer Empfehlungen durch1117 ­ was nicht der Fall war, wie die Direktionsmitglieder der EFK in den Anhörungen aussagten.1118 In Anbetracht der Bedeutung der Aufgaben der EFK sind die Oberaufsichtskommissionen der Ansicht, dass es unbedingt einer einheitlichen Auslegung von Artikel 14 Absatz 4 FKG durch die EFK und den Bundesrat bedarf.1119 Gemäss Artikel 15 Absatz 3 FKG unterrichtet die EFK den zuständigen Departementschef oder ­ wenn sie es als zweckmässig erachtet ­ den Bundesrat darüber, wenn sie Mängel von grundsätzlicher oder erheblicher finanzieller Bedeutung feststellt.1120 Dieses Eskalationsverfahren wurde im März 2002 in Bezug auf das INSIEME-Projekt angewendet.1121 So wurden der Bundespräsident ­ zu jenem Zeitpunkt bekleidete der damalige Vorsteher des EFD dieses Amt ­ sowie der Vizepräsident des Bundesrats von der EFK mit Schreiben vom 12. März 2002 darüber informiert, wie weit die von der EFK festgestellten Informatikprobleme gingen und welche Auswirkungen diese auf künftige Anwendungen haben würden, sollte die bestehende Situation anhalten.1122 Der Bundespräsident informierte in der Folge den Gesamtbundesrat.1123 Die Oberaufsichtskommissionen stellten fest, dass der Bundesrat und die EFK nicht nur Artikel 14 Absatz 4 FKG, sondern offensichtlich auch die Bedeutung und die Tragweite
des Eskalationsverfahrens unterschiedlich beurteilen: So wurden die Mitglieder des Bundesrats im März 2002, als die EFK von diesem Verfahren Gebrauch machte, vom Vorsteher des EFD lediglich kurz über die von der EFK erkannten Probleme informiert.

Das Schreiben an die FinDel, mit dem das EFD auf die Anwendung dieses Verfahrens durch die EFK reagierte, wurde vom Gesamtbundesrat nie behandelt. Darüber 1115 1116 1117 1118 1119 1120

Für weitere Informationen siehe Kapitel 6.6.10.

Protokoll der AGI vom 8. Nov. 2013, S. 42 (Vorsteher EFD 2004­2010).

Protokoll der AGI vom 8. Nov. 2013, S. 43 (Vorsteher EFD 2004­2010).

Protokoll der AGI vom 14. Okt. 2013, S. 16 (Direktor EFK 1998­2013).

Vgl. die Motion 1 der FK und GPK in Kapitel 6.7.

Für weitere Informationen zur Anwendung von Artikel 15 Absatz 3 FKG (SR 614.0) durch die EFK siehe Kapitel 6.6.6.

1121 Im damaligen Fall ging es nicht direkt um das INSIEME-Projekt, sondern um die Vorgängeranwendungen MOLIS und STOLIS.

1122 EFK-Jahresbericht 2002, S. 19.

1123 Brief des Bundesrats an die AGI vom 29. Nov. 2013, S. 3.

6568

hinaus hätte dieses Schreiben eigentlich auch vom Vizepräsidenten des Bundesrats unterzeichnet werden müssen, da dieser ebenfalls Adressat des Schreibens der EFK war.

Die Oberaufsichtskommissionen sind im Übrigen der Ansicht, dass es angesichts der grossen Bedeutung der Informatiksysteme der ESTV für die Bundeseinnahmen angemessen gewesen wäre, wenn die EFK den Gesamtbundesrat und nicht nur dessen Präsidenten und Vizepräsidenten informiert hätte.

Die EFK machte im weiteren Verlauf des Projekts nicht mehr Gebrauch von Artikel 15 Absatz 3 FKG, da für dieses Verfahren bestimmte Kriterien in Sachen Wichtigkeit und Dringlichkeit erfüllt sein müssen. Gemäss EFK war der Bundesrat aber bereits mehrmals über den Stand des INSIEME-Projekts informiert worden; zum einem durch die Abschlussberichte zu verschiedenen Inspektionen der EFK, zum andern durch die Jahresberichte 2009 und 2012. In diesen Fällen war das Kriterium der Dringlichkeit nicht erfüllt gewesen.1124 Die EFK hat übrigens seit März 2002 nur ein einziges Mal Gebrauch vom Eskalationsverfahren gemacht, nämlich im Jahr 2007.1125 Gemäss der Botschaft vom 22. Juni 1998 betreffend die Revision des FKG war Artikel 15 Absatz 3 FKG ursprünglich als Eskalationsverfahren gedacht, mittels welchem bei der Feststellung schwerwiegender Mängel der Gesamtbundesrat informiert werden kann. Dieses Verfahren war eingeführt worden, nachdem die parlamentarische Untersuchungskommission (PUK) zur Pensionskasse des Bundes (PKB) in ihrem Bericht vom 7. Oktober 1996 kritisiert hatte, dass die EFK den Bundesrat nicht über die bei der Rechnungsprüfung der PKB festgestellten erheblichen Missstände informiert hatte.1126 Die Analyse der Sitzungsprotokolle zeigt, dass sich der Bundesrat mit dem INSIEME-Projekt nur befasst hat, als es um die Verpflichtungs- und Zusatzkredite ging und dies, obwohl zahlreiche kritische, ja sogar alarmierende Berichte der EFK über den Stand des Projekts vorlagen. Wie bereits erwähnt, könnte das fehlende Interesse des Bundesrats an der unterschiedlichen Auslegung von Artikel 14 Absatz 4 FKG und Artikel 15 Absatz 3 FKG liegen.

Nach Auffassung der GPK und FK hätte die Tatsache, dass die EFK in rund zehn Jahren quasi nie Pendenzen zur Kenntnis brachte, den Bundesrat (oder zumindest die Bundeskanzlei als Stabsorgan des Bundesrats) veranlassen sollen,
sich dazu zu informieren. Die differierenden Vorstellungen der EFK und des Bundesrats in Bezug auf die Information über Mängel bei der Umsetzung der Empfehlungen und in Bezug auf das Eskalationsverfahren können sich nämlich erheblich darauf auswirken, wie der Bundesrat seine Aufsichtsfunktion wahrnimmt.

Die Bundeskanzlei muss diesem Thema deshalb die grösstmögliche Aufmerksamkeit widmen. Darüber hinaus hat sich der Bundesrat zu informieren und Massnahmen zu ergreifen, wenn wichtige Empfehlungen der EFK nicht umgesetzt werden. Damit dies gelingt, muss sich der Informationsaustausch zwischen EFK und Bundesrat verbessern.

1124 1125 1126

Protokoll der AGI vom 14. Okt. 2013, S. 10 (stv. Direktor der EFK 2000­2013).

Für weitere Informationen hierzu siehe Kapitel 6.6.6.

Botschaft vom 22. Juni 1998 betreffend die Revision des Bundesgesetzes über die Eidgenössische Finanzkontrolle (FKG) (BBl 1998 V 4703, hier 4721).

6569

Empfehlung 11: Information des Bundesrats durch die EFK Die FK und GPK fordern den Bundesrat auf, sich regelmässig mit der Direktion der EFK zu treffen und sich über die wichtigen Umsetzungspendenzen («Revisionspendenzen») zu informieren. Er sorgt dafür, dass die EFK für den Bedarfsfall einen privilegierten Zugang zu ihm oder seinen Ausschüssen hat.

5.4

Rolle des Gesamtbundesrats als oberstes führendes Organ des Bundes: strategische Verantwortung

Im folgenden Kapitel befassen sich die Oberaufsichtskommissionen mit der strategischen Rolle des Bundesrats im IKT-Bereich. In diesem Zusammenhang werden auch die Rollen des ISB und des IRB behandelt. Beiden kam zu verschiedenen Zeitpunkten die Rolle des zentralen Organs des Bundesrats im IKT-Bereich zu, was sich mit verschiedenen Revisionen der BinfV und damit einhergehenden organisatorischen Änderungen erklären lässt.1127 Die GPK und FK befassen sich in diesem Kapitel mit der Rolle von ISB und IRB in Bezug auf das INSIEME-Projekt und auf die Steuerung der IKT.

5.4.1

Rolle des ISB

5.4.1.1

Rechtsgrundlagen

Die Aufgaben des ISB erfuhren während des INSIEME-Projekts mehrfach erhebliche Änderungen, insbesondere aufgrund zweier Revisionen der BinfV, die am 1. Oktober 2003 bzw. am 1. Januar 2012 in Kraft traten.

Beim Start des INSIEME-Projekts1128 bestimmte Artikel 7 BinfV die Aufgaben des ISB. Er lautete wie folgt: «[1] Das Stabs-, Planungs- und Koordinationsorgan des IRB ist das Informatikstrategieorgan Bund (ISB). [2] Es erarbeitet zuhanden des IRB die Informatikvorgaben und stellt durch ein geeignetes Controlling sicher, dass dessen Entscheide umgesetzt werden.»1129 Weitere Bestimmungen fanden sich in der von 2001­2003 geltenden Organisationsverordnung für das EFD (OV-EFD).

Diese präzisierte in ihrem Artikel 8, dass das ISB den Bund in Organisationen vertritt, die sich mit strategischen Fragen der Informatik befassen. Die damals geltenden Weisungen des Bundesrats bezeichneten das ISB zudem als zentrales Organ für die Vorbereitung der Botschaften über die Verpflichtungskredite im Informatikbereich.1130

1127

Das Informatiksteuerungsorgan des Bundes (ISB) ist heute eine dem EFD angegliederte eigenständige Verwaltungseinheit. Sein Vorgänger, das bis zur Revision der BinfV vom 1. Jan. 2012 bestehende «Informatikstrategieorgan Bund» (abgekürzt ebenfalls ISB), war dem GS EFD angegliedert.

1128 Das INSIEME-Projekt startete offiziell am 1. Jan. 2001.

1129 Art. 7 BinfV (AS 2000 1227).

1130 Art. 16 Abs. 2 Weisungen des Bundesrates über die Informatik und Telekommunikation in der Bundesverwaltung (Informatikweisungen Bundesrat, BInfW) vom 23. Febr. 2000 (BBl 2000 2853, hier 2858).

6570

Mit der Revision der BinfV im Jahr 2003 wurde der Aufgabenbereich des ISB präzisiert und erweitert. Das ISB blieb das Stabsorgan des IRB (und damit verantwortlich dafür, die Weisungen in Sachen Informatik auszuarbeiten und dem IRB vorzulegen sowie die Umsetzung dieser Weisungen und der Beschlüsse des IRB zu koordinieren), bekam aber, namentlich durch Artikel 9 der neuen Verordnung, zusätzliche Aufgaben übertragen. Dieser bestimmte, dass die Departemente und die Bundeskanzlei das ISB in einem Bericht über den Stand der Umsetzung von Sicherheitsmassnahmen orientieren. Das ISB wiederum hatte dann dem IRB Bericht zu erstatten. Darüber hinaus waren die Verwaltungseinheiten verpflichtet, und sind es nach wie vor, mittels eines geeigneten Controllings sicherzustellen, dass den übergeordneten Stellen jederzeit die erforderlichen Führungs- und Steuerungsinformationen zur Verfügung stehen. Das ISB war ausserdem in Bezug auf alle IKTAngelegenheiten für die Kooperation mit Aussen verantwortlich.

Die EFK war gemäss Artikel 13 Absatz 2 FKG während des gesamten Projekts verpflichtet ­ und ist es auch heute noch ­, «ihre Feststellungen je nach Problembereich [...] dem Informatikstrategieorgan Bund [...] zur Kenntnis» zu bringen (sofern es sich um grundsätzliche Probleme im Finanzgebaren oder um Mängel in der Organisation, der Verwaltungsführung oder in der Aufgabenerfüllung handelt).

Diese Rolle des ISB als «Ansprechpartner» bedeutete auch, dass sich die Departemente an das ISB wenden konnten, um bei der Umsetzung der verschiedenen Weisungen, wie zum Beispiel der Anwendung der HERMES-Methode, von dessen Unterstützung zu profitieren.

Mit der Revision der BinfV von 2012 hat das ISB an Bedeutung gewonnen. Es verfügt nun über mehr Kompetenzen, aber auch über mehr Verantwortung. Durch die Bündelung der Zuständigkeiten beim ISB ist dieses nun das zentrale Organ des Bundesrats im Informatikbereich. Gemäss Artikel 17 der neuen BinfV hat es insbesondere die Aufgaben, die IKT-Geschäfte des Bundesrats vorzubereiten und dessen Aufträge auszuführen. Ausserdem legt es die IKT-Vorgaben auf Stufe Bund fest und bewilligt allfällige Abweichungen davon. Allerdings muss darauf hingewiesen werden, dass in der Verordnung keine Aufsichtsfunktion des ISB erwähnt ist. Die Aufsicht über die Umsetzung der Vorgaben obliegt, wie bereits
erwähnt, dem Bundesrat. Gemäss den Weisungen für das Strategische Controlling für die IKT, die am 1. Januar 2012 in Kraft getretenen sind, hat das ISB jedoch regelmässig einen Bericht über die Schlüsselindikatoren für das strategische IKT-Controlling vorzulegen.

Auf diese Weise soll es dem Bundesrat und den verschiedenen Verwaltungseinheiten ermöglicht werden, die Umsetzung der IKT-Strategie Bund 2012­2015 zu überwachen sowie aktuelle, umfassende und bedarfsgerechte Informationen über die Führung des IKT-Bereichs zu erhalten. Das ISB hat ausserdem die Aufgabe, das strategische Controlling vorzubereiten, welches gemäss Artikel 3 Absatz 9 BinfV «die Beschaffung, Aufbereitung, Prüfung und Interpretation von Informationen zur Steuerung und Führung des IKT-Einsatzes» umfasst.

Die Zusammenarbeit von EFK und ISB ist durch Artikel 13 Absatz 2 FKG geregelt, welcher wie folgt lautet: «Nimmt die Eidgenössische Finanzkontrolle bei der Ausübung ihrer Aufsichtstätigkeit grundsätzliche Probleme im Finanzgebaren oder Mängel in der Organisation, der Verwaltungsführung oder in der Aufgabenerfüllung wahr, so bringt sie ihre Feststellungen je nach Problembereich der Eidgenössischen Finanzverwaltung, dem Eidgenössischen Personalamt, dem Bundesamt für Informatik und Telekommunikation, dem Informatikstrategieorgan Bund (ISB) oder dem Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten zur Kenntnis. [...]» 6571

Umgekehrt können das Departement (ISB) oder der IRB gemäss Artikel 28 Absatz 3 BinfV1131 der EFK einzelne Gegenstände zur Informatikrevision vorschlagen.

5.4.1.2

Sachverhalt

Das ISB war nicht aktiv an der Entwicklung des INSIEME-Projekts beteiligt. Seine Beteiligung beschränkte sich gemäss dem Bericht des Bundesrats vom 27. Februar 2013 darauf, dass es vom Projektneustart im August 2007 bis zum Projektabbruch Ende 2012 der Adressat der Projektcontrolling-Berichte (PCO-Berichte) war. Allerdings wurden diese Berichte vom ISB nicht geprüft. Das ISB hatte ausserdem bei der Bearbeitung verschiedener Controllingberichte mit dem INSIEME-Projekt zu tun, namentlich im Zusammenhang mit der Balanced Scorecard1132. Die Balanced Scorecard basiert jedoch auf Selbstdeklarationen der Departemente, welche wiederum die Angaben der verschiedenen Bundesämter konsolidieren. Mittels dieses Instruments erfolgte also keine direkte Überwachung des Projekts durch das ISB.

Auch wenn das ISB keine aktive Rolle in Bezug auf das Projekt hatte, so versuchte es in der Anfangsphase von INSIEME doch, sich intensiver in das Projekt einzubringen.1133 Laut dem ehemaligen Delegierten des ISB (2001­2007) waren die Mitglieder des ISB der Ansicht, dass zumindest eine Begleitung des Projekts durch das ISB sinnvoll wäre, insbesondere, weil INSIEME Schnittstellen zu anderen Informatikprojekten des Bundes aufwies.1134 Das ISB hätte sich zudem gewünscht, in der Projektgruppe vertreten zu sein. Darüber hinaus waren die Fachleute des ISB der Auffassung, ein derartiges Projekt hätte modular aufgebaut werden müssen und nicht in einem einzigen Block durchgeführt werden dürfen.1135 Allerdings entsprach die ESTV diesen Anliegen des ISB nicht, und dies obwohl die EFK in ihrem Bericht vom 19. Dezember 2003 zum Projekt NOVE-IT ein Coaching der Informatikprojekte durch das ISB empfohlen hatte.1136 Die Frage nach der Beteiligung des ISB wurde auch im Zusammenhang mit der Reorganisation des GPA thematisiert. So fragte sich der Direktor der ESTV, ob man das ISB in den GPA einladen sollte.1137 Der Vertreter des GS EFD sah dafür zu diesem Zeitpunkt allerdings keine Notwendigkeit. Der GPA liess sich jedoch die Möglichkeit offen, das ISB zu einem späteren Zeitpunkt in den GPA einzubinden.1138 Den Oberaufsichtskommissionen ist nicht bekannt, ob das ISB in der Folge eine Einladung in den GPA erhielt, aber es kann festgehalten werden, dass bis zum Abbruch des Projekts kein Vertreter des ISB an einer Sitzung des GPA teilnahm.

Diese Überlegungen wurden also nicht in die Tat umgesetzt. Deshalb war das ISB nicht aktiv an INSIEME beteiligt.

1131 1132

1133 1134 1135 1136 1137 1138

Bzw. Art. 26 Abs. 3 (AS 2003 3687) und Art. 13 Abs. 3 (AS 2000 1227) in den älteren Versionen der BinfV.

Die Balanced Scorecard ist Teil des strategischen Controllings und gibt Auskunft über den allgemeinen Stand im Informatikbereich des Bundes, aber nicht über ein spezifisches Projekt.

Protokoll der AGI vom 13. Sept. 2013, S. 40 (Delegierter ISB 2001­2007).

Protokoll der AGI vom 13. Sept. 2013, S. 40 (Delegierter ISB 2001­2007).

Protokoll der AGI vom 13. Sept. 2013, S. 41 (Delegierter ISB 2001­2007).

EFK-Bericht vom 19. Dez. 2003, S. 21.

Protokoll des GPA vom 1. März 2012, S. 3.

Protokoll des GPA vom 1. März 2012, S. 3.

6572

Dennoch bleiben einige Zweifel in Bezug auf die direkte oder zumindest indirekte Beteiligung des ISB am INSIEME-Projekt. So erhielt die AGI teilweise widersprüchliche und nicht bestätigte Informationen über den Einbezug des ISB, namentlich im Zusammenhang mit den PCO-Berichten. Laut dem Delegierten des ISB (seit 2007) wurden diese Berichte zum Beispiel gar nicht aktiv an das ISB verteilt,1139 sondern lediglich im sogenannten IKT-Cockpit1140 abgelegt. Auch lässt sich aus seinen Aussagen erschliessen, dass das ISB diese PCO-Berichte nicht, wie im Bericht des Bundesrats vom 27. Februar 20131141 behauptet, monatlich erhielt. Die Oberaufsichtskommissionen haben noch eine weitere Erklärung zu diesen PCOBerichten erhalten: In seinem Schreiben vom 4. September 2013 an die AGI hält der Bundesrat fest, dass das ISB im Rahmen der Finanzierungs- und Mutationsanträge auf IKT-Wachstumsmittel nur drei PCO-Berichte1142 erhalten habe.1143 Die Oberaufsichtskommissionen mussten ausserdem feststellen, dass durch das Doppelmandat des Delegierten des ISB, welcher seit 2007 sowohl Leiter des ISB als auch Vorsitzender des IRB ist, häufig nicht klar war, in welcher Funktion dieser in das INSIEME-Projekt eingriff. Folglich konnte manchmal nicht klar beurteilt werden, ob das ISB oder der IRB tätig geworden ist.1144

5.4.1.3

Beurteilung der Rolle des ISB

Geringe Nutzung interner Fachkompetenzen Wie zuvor erwähnt bemühte sich das ISB in der Anfangsphase des Projekts, in die Entwicklung von INSIEME einbezogen zu werden und der ESTV seine Fachkompetenzen im Bereich der Informatik zur Verfügung zu stellen.

Nach den Angaben des damaligen Delegierten des ISB wurde dieses Angebot von der ESTV jedoch mit dem Hinweis ausgeschlagen, sie verfüge bereits über eigene (verwaltungsexterne) Berater.1145 Das ISB hatte diesen Entscheid zu akzeptieren, da ihm die Rechtsgrundlagen nicht erlaubten, seine Beteiligung an einem Informatikprojekt zu erzwingen oder diesen Entscheid auf andere Weise zu beeinflussen. Die Zuständigkeit für die Steuerung und die Führung der IKT lag ­ und liegt immer noch ­ bei den Departementen.1146 Der Delegierte des ISB (2001­2007) hatte nicht den Eindruck, das GS EFD wünsche eine verstärke Einflussnahme des ISB auf das Projekt,1147 was auch durch den Entscheid, das ISB nicht in den GPA aufzunehmen, unterstrichen wird.

1139 1140

1141 1142

1143 1144 1145 1146

1147

Protokoll der AGI vom 13. Sept. 2013, S. 52 (Delegierter ISB seit 2007).

Das IKT-Cockpit ist ein Portfoliomanagement-Werkzeug, das rund 6000 Objekte enthält und das damals vom ISB genutzt wurde, um dem IRB einen Überblick über den Stand im Informatikbereich liefern zu können.

1. BR-Bericht vom 27. Febr. 2013, S. 23.

Die Rede ist von folgenden drei Berichten: PCO-Bericht «Programm INSIEME (2006­2009)» vom 11. Aug. 2006, PCO-Bericht «INSIEME» vom 23. Aug. 2007, SCO-Bericht «Gesamtvorhaben INSIEME» vom 11. Jan. 2008.

Schreiben des Bundesrats an die AGI vom 4. Sept. 2013.

Für weitere Informationen über die Feststellungen der AGI zum Doppelmandat des Delegierten des ISB siehe Kapitel 4.4.1.2.

Protokoll der AGI vom 13. Sept. 2013, S. 42.

Gemäss Art. 5 Abs. 3 BinfV (SR 172.010.58) gilt: «Die Departemente und die Bundeskanzlei regeln im Rahmen der gültigen Vorgaben die Steuerung und die Führung der IKT in ihrem jeweiligen Bereich.» Protokoll der AGI vom 13. Sept. 2013, S. 44 (Delegierter ISB 2001­2007).

6573

Für die Oberaufsichtskommissionen ist es nicht nachvollziehbar, warum es die ESTV und das GS EFD nicht als notwendig erachteten, auf die innerhalb des Departements vorhandenen Fachkenntnisse zurückzugreifen. Durch eine aktivere Beteiligung des ISB hätte die Abhängigkeit von externen Experten, die später als eines der Hauptprobleme des INSIEME-Projekts genannt wurde, verringert werden können.1148/1149 Im Übrigen wies auch die EFK in ihrem Bericht vom 21. Oktober 2009 darauf hin, dass die Fähigkeiten des ISB nicht genutzt würden, und empfahl, dieses bei allen wichtigen Informatikprojekten des Bundes beizuziehen.1150 Es obliegt dem Bundesrat, sich zu versichern, dass seine Verwaltungseinheiten über die erforderlichen Mittel und Kompetenzen verfügen, um ihre Aufgaben optimal erfüllen zu können. Die Oberaufsichtskommissionen haben allerdings festgestellt, dass es dem ISB aufgrund seiner Position nicht möglich war, seine Kenntnisse optimal in den Dienst der anderen Verwaltungseinheiten zu stellen. So verfügte es über keine Rechtsgrundlage und kein Instrument, um seinen Standpunkt geltend zu machen und in die departementale IKT-Führung «einzugreifen». Sein Status als Stabsorgan des IRB machte es vollkommen abhängig von dessen Beschlüssen. Die Position des Delegierten des ISB war recht schwach, da der IRB als Organ konzipiert war, das Entscheidungen in gegenseitigem Einvernehmen trifft und nicht wirklich aktiv führt oder steuert. Deshalb war es für den Leiter des ISB schwierig, im IRB kontroverse Positionen zu vertreten.1151 Es muss allerdings darauf hingewiesen werden, dass die Oberaufsichtskommissionen anhand der ihnen zur Verfügung stehenden Informationen nicht beurteilen können, ob es in Bezug auf das INSIEMEProjekt tatsächlich Meinungsverschiedenheiten zwischen ISB und IRB gab.

Das ISB verfügt heute durch seinen Status als eigenständiges Amt über mehr Autonomie, aber nicht zwangsläufig über die für die Erfüllung seiner Aufgaben notwendigen Zuständigkeiten. Es braucht nach Ansicht der Oberaufsichtskommissionen in der Bundesverwaltung unbedingt eine gewisse Harmonie und Transparenz bei der Führung der IKT, insbesondere was die Ausschreibungen oder das Controlling angeht. Um dies zu gewährleisten, muss der Bundesrat mithilfe des ISB sicherstellen, dass die Verwaltungseinheiten die gleichen Normen und
Standards kennen und anwenden. Auch wenn die Zuständigkeit für die Führung der IKT gemäss den geltenden Rechtsgrundlagen bei den Departementen liegt, muss das ISB nach Ansicht der Oberaufsichtskommissionen in der Lage sein, die ihm obliegende strategische Kontrolle für den Bundesrat effektiv erfüllen zu können.

Damit es dies tun kann, muss es über die Zuständigkeit und den Willen verfügen, in die IKT-Führung der Departemente einzugreifen, insbesondere um sein Fachwissen einbringen und die Umsetzung seiner Vorgaben überwachen zu können. Die Tatsache, dass in der Entwicklungsphase von INSIEME nicht klar zugeteilt war, welchem an der Führung und Steuerung der IKT beteiligten Organ welche Aufgaben und Zuständigkeiten zukamen, führte zum Teil dazu, dass sich Verwaltungseinheiten mit Verweis auf undurchsichtige Rechtsgrundlagen weigerten, tätig zu werden, und dass in der Informatik eine Art «Silodenken» gefördert wurde.1152

1148 1149 1150 1151 1152

Notiz Ressourcen EFD vom 23. Nov. 2010: Einschätzung zum gegenwärtigen ProjektStatus, S. 2.

Für weitere Informationen zu diesem Thema siehe Kapitel 3.6.

EFK-Bericht vom 21. Okt. 2009, S. 14.

Protokoll der AGI vom 13. Sept. 2013, S. 41 (Delegierter ISB 2001­2007).

EFK-Bericht vom 21. Okt. 2009, S. 12.

6574

Empfehlung 12: Kompetenzen des ISB Die FK und GPK fordern den Bundesrat auf, dafür zu sorgen, dass das ISB über die für die Erfüllung seiner Aufgaben notwendigen Kompetenzen verfügt.

Strategische Kontrolle durch das ISB Die Oberaufsichtskommissionen stellten fest, dass es dem ISB in den wenigen Fällen, in denen es in das INSIEME-Projekt eingreifen wollte, an den erforderlichen Kontrollinstrumenten fehlte. So verlangte das ISB laut seinem ehemaligen Leiter die Anwendung der IKT-Standards und Normen, wenn beim IRB Nachtragskreditanträge eingingen.1153 Die FK und GPK sind deshalb verwundert, dass die Nichtanwendung von HERMES mit keinem Wort erwähnt wurde, als die Wachstumsmittel für INSIEME gesprochen wurden. Einer der Gründe dafür könnte sein, dass die ESTV stets behauptete, die HERMES-Methode anzuwenden,1154 und dass das ISB keine andere Informationsquelle besass, da es die Berichte der EFK, in denen von der Nichtanwendung von Normen und Standards die Rede war, nicht erhielt. Es musste sich auf die Selbstdeklarationen der Ämter verlassen und konnte diese nicht überprüfen, selbst wenn, wie der damalige Leiter des ISB (2001­2007) bei seiner Anhörung sagte,1155 Zweifel über die tatsächliche Anwendung dieser Methode bestanden.

Das ISB hatte also nie die Mittel, um ein geeignetes Controlling durchzuführen, so wie es in den damals geltenden Rechtsgrundlagen eigentlich vorgesehen war.1156 Es gab folglich keinen Informationsaustausch zwischen den Departementen und dem ISB bzw. dem IRB über die Anwendung der Normen und Standards in den Departementen. Nach Ansicht der Oberaufsichtskommissionen widerspricht dies dem Ziel von Artikel 22 Absatz 3 BinfV,1157 gemäss dem die Leistungsempfänger durch ein geeignetes Controlling zu gewährleisten haben, dass den übergeordneten Stellen jederzeit die erforderlichen Führungs- und Steuerungsinformationen zur Verfügung stehen.

Als Organ, das den Auftrag hat, die IKT-Geschäfte des Bundesrats vorzubereiten, dient das ISB dem Bundesrat als wichtigste Quelle für Informationen über den Umsetzungsstand der Informatikstrategie. Ohne verlässliche Informationen ist das ISB jedoch nicht in der Lage, seine Aufgaben korrekt zu erfüllen, was wiederum zur Folge hat, dass der Bundesrat bei der Überwachung und Steuerung der IKTStrategie des Bundes beeinträchtigt ist.1158 Die
Oberaufsichtskommissionen konnten bei ihrer Untersuchung feststellen, dass der Mangel an Qualität und Wahrheitsgehalt bei den dem Controlling des INSIEMEProjekts zugrundliegenden Informationen der Projektführung sehr schadeten.1159 Sie kritisieren, dass es den Verwaltungseinheiten möglich ist, falsche Informationen

1153 1154 1155 1156 1157

Protokoll der AGI vom 13. Sept. 2013, S. 40 (Delegierter ISB 2001­2007).

Protokoll der AGI vom 13. Sept. 2013, S. 40 (Delegierter ISB 2001­2007).

Protokoll der AGI vom 13. Sept. 2013, S. 42 (Delegierter ISB 2001­2007).

Art. 7 Abs. b BInfW vom 23. Febr. 2000 (BBl 2000 2853, hier 2855).

In dieser Situation fungiert das ISB als Mittler zwischen den Verwaltungseinheiten und dem Bundesrat. Es hat folglich die Aufgabe, Informationen zu sammeln, zu bearbeiten und an den Bundesrat weiterzugeben.

1158 Art. 14 Bst. c BinfV (SR 172.010.58).

1159 Für weitere Informationen zu diesem Thema siehe Kapitel 3.3.

6575

weiterzuleiten, wichtige Controllingdokumente nur teilweise auszufüllen1160 und sich sogar der Bitte um weitere Informationen zu verweigern, wenn Zweifel bezüglich der erhaltenen Informationen bestehen. Angesichts der Tatsache, dass der Bundesrat inzwischen für die Informatikstrategie verantwortlich ist, müssen die Informationen, die der obersten Behörde in Sachen Informatikstrategie und -steuerung weitergeleitet werden, verlässlich und vollständig sein.

Zusammenarbeit mit der EFK De facto gab es beim INSIEME-Projekt keine Zusammenarbeit zwischen der EFK und dem ISB. Dies könnte daran liegen, dass das ISB nie direkt an der Projektführung beteiligt war und die EFK ihm deshalb die Informationen über allfällige Mängel auch nicht zu übermitteln hatte. Aufgrund seiner strategischen Funktion in Sachen IKT hätte das ISB jedoch von der EFK mit den für die Umsetzung der Informatikstrategie erheblichen Informationen versorgt werden müssen.

Die FK und GPK erkennen mehrere Problempunkte bei der Art und Weise, wie das ISB und die EFK in Bezug auf das INSIEME-Projekt interagierten, insbesondere bezüglich der Kommunikation über die Anwendung bzw. Nichtanwendung der Normen und Standards durch die verschiedenen Verwaltungseinheiten. Aus der Anhörung des damaligen Vizedirektors der EFK (2000­2013) ging hervor, dass sich die EFK nur dann gemäss Artikel 13 Absatz 2 FKG zu einer Meldung an das ISB verpflichtet sieht, wenn Mängel bei den Rechtsvorgaben erkannt werden.1161 Konkret bedeutet dies zum Beispiel, dass die EFK das ISB nur benachrichtigt, wenn es sich um Probleme bei der HERMES-Methode selbst handelt. In diesem Fall wendet sie sich an das ISB, da dieses die Normen und Standards erlässt und somit auch für allfällige Änderungen zuständig ist.

Stellt die EFK allerdings fest, dass eine Verwaltungseinheit die HERMES-Methode nicht anwendet, dann wird das ISB darüber nicht informiert, da die Umsetzung der Standards in der Verantwortlichkeit der Departemente bzw. Verwaltungseinheiten liegt. So hatte das ISB offensichtlich keine Kenntnis von den verschiedenen Berichten der EFK,1162 in denen die Nichtanwendung der HERMES-Methode festgestellt und deren Anwendung empfohlen wurde. Dies erklärt, warum der Leiter des ISB (seit 2007) verlauten liess, er habe nicht davon gewusst, dass HERMES nicht angewendet wurde.1163 Wäre
das ISB informiert worden, hätte es ­ obwohl es keine Möglichkeit hatte, direkten Einfluss auf die Projektführung zu nehmen ­ den IRB über das Problem in Kenntnis setzen können und müssen. Die Vertreter des EFD im IRB hätten dann die Departementsleitung über das mangelhafte Informatikmanagement einer ihrer Einheiten informieren können.

Da das ISB neu die Aufgabe hat, die IKT-Geschäfte des Bundesrats vorzubereiten, muss es in der Lage sein, diesen über den Umsetzungsstand der Informatikstrategie zu informieren. Aus diesem Grund sollten Informationen über allfällige, von der 1160

Die EFK wies im Übrigen in ihrem Bericht vom 21. Okt. 2009 darauf hin, dass die Instrumente zur Überwachung und Beobachtung der Umsetzung der Informatikstrategie nicht vollständig sind.

1161 Protokoll der AGI vom 14. Okt. 2013, S. 58 (Vizedirektor EFK 2000­2013).

1162 Die EFK erwähnte Probleme im Zusammenhang mit der Nichtanwendung von HERMES in ihren Berichten vom 29. Mai 2006 und vom 18. Dez. 2008.

1163 Protokoll der AGI vom 13. Sept. 2013, S. 50 (Delegierter ISB seit 2007).

6576

EFK bei ihren Inspektionen aufgedeckte Mängel bei der Anwendung von Informatikstandards und -normen dem ISB übermittelt werden, damit dieses den Bundesrat umfassend über den Umsetzungsstand der Informatikstrategie informieren kann.

Seit Mai 2014 sendet die EFK dem ISB zumindest eine Kopie ihrer Berichte, wenn die entsprechende Prüfung die Umsetzung von Standards betrifft, die vom ISB erlassen wurden. Die EFK hat alle Verwaltungseinheiten über diese neue Praxis in Kenntnis gesetzt.1164 Die Änderung geht nach Auffassung der Oberaufsichtskommissionen in die richtige Richtung, weshalb von einer Empfehlung in dieser Sache abgesehen wird.1165 Abweichungen bei der Anwendung von Standards und Normen Eine Übermittlung der Erkenntnisse der EFK an das ISB hätte diesem auch erlaubt, in Zusammenarbeit mit dem IRB zu überprüfen, ob der ESTV Abweichungen von HERMES erlaubt worden waren. So mussten nämlich bis zum Inkrafttreten der aktuell geltenden BinfV am 1. Januar 2012 Abweichungen von den Informatikvorgaben vom IRB genehmigt werden.1166 Die FK und GPK halten fest, dass die ESTV während der gesamten Dauer von INSIEME beim IRB nie einen Antrag auf Abweichung von der HERMES-Methode stellte.1167 Die Oberaufsichtskommissionen erachten es als problematisch, dass der IRB nicht darüber informiert wurde, dass eine Verwaltungseinheit einen verbindlichen Standard missachtete. Als verantwortliche Stelle für die Normen und Standards war es die Aufgabe des IRB bzw. des ISB, dafür zu sorgen, dass diese Vorgaben eingehalten wurden, weshalb sie auf eine vollständige und verlässliche Information über die Umsetzung dieser Vorgaben und Standards angewiesen waren.

Mit den Änderungen der Rechtsgrundlagen und Praktiken, die kurz vor dem Projektstopp und während der Inspektion der FK und GPK vorgenommen wurden, scheint das Verfahren für Abweichungen sehr komplex geworden zu sein: So bestimmt die aktuelle BinfV, dass der Bundesrat Abweichungen von seinen Vorgaben bewilligen kann,1168 dass das ISB dasselbe Recht hat1169 und diese Kompetenz darüber hinaus auch an die Departemente und die Bundeskanzlei1170 sowie an Programm- oder Projektorganisationen1171 delegieren kann. Die Weisungen des EFD zur Umsetzung der BinfV (WUBinfV) sehen des Weiteren vor, dass die Verwaltungseinheiten Gesuche um Ausnahmen von Bundesvorgaben, die der
IKT-Strategie der Bundesverwaltung untergeordnet sind, mit allen wesentlichen Unterlagen beim eigenen Departement einzureichen haben, welches dann über die Weiterleitung an das ISB entscheidet.1172 Die FK und GPK erachten diese Regelung als zu komplex und sehen hier Änderungsbedarf. In ihren Augen sollte die Entscheidkompetenz darüber, ob von einer 1164 1165 1166 1167 1168 1169 1170 1171 1172

Brief der EFK an alle Verwaltungseinheiten vom Mai 2014: «Künftige Information über EFK-Prüfergebnisse».

Vgl. Kapitel 6.6.7.1.

Art. 13 Abs. 2 Bst. b BinfV (AS 2003 3687).

Protokoll der AGI vom 13. Sept. 2013, S. 50 (Delegierter ISB seit 2007).

Art. 14 Bst. h BinfV (SR 172.010.58).

Art. 17 Abs. 1 Bst. e BinfV (SR 172.010.58).

Art. 17 Abs. 4 Bst. a BinfV (SR 172.010.58).

Art. 17 Abs. 4 Bst. b BinfV (SR 172.010.58).

WUBinfV vom 19. Febr. 2013, Ziff. 4.3.

6577

obligatorischen Projektmethodik wie HERMES abgewichen werden darf, ausschliesslich beim ISB liegen. Die geltenden Rechtsgrundlagen lassen zu viel Handlungsspielraum und tragen nicht zu einer besseren Harmonisierung und mehr Transparenz im Informatikmanagement des Bundes bei.

Empfehlung 13: Zuständigkeit für die Bewilligung von Abweichungen von Informatikvorgaben Die FK und GPK fordern den Bundesrat auf, die jeweiligen Zuständigkeiten im Verfahren zur Bewilligung von Abweichungen von Informatikvorgaben klar zu regeln und festzulegen, bei welchen Normen und Standards die Anträge an das ISB oder an den Bundesrat zu richten sind, um so die Komplexität des Verfahrens zu verringern.

5.4.2

Rolle des IRB

5.4.2.1

Rechtsgrundlagen

Die von 2001­2003 geltende Fassung der BinfV enthielt nur eine sehr allgemeine Regelung der Aufgaben des IRB. Artikel 4 bezeichnete den IRB als «ein Stabs-, Planungs- und Koordinationsorgan der Bundesverwaltung», das «die strategische Gesamtverantwortung für die Informatik der Bundesverwaltung und der weiteren Einheiten nach Artikel 2 Absatz 2 trägt und dessen Entscheide verbindlich sind».

Gemäss Artikel 5 setzte sich der IRB aus je einer namentlich bezeichneten Vertretung der Departemente und der Bundeskanzlei sowie dem Generalsekretär oder der Generalsekretärin des EFD als Vorsitzender oder Vorsitzende zusammen. Ständige Mitglieder mit beratender Stimme waren ausserdem der oder die Vorsitzende der Informatikbetreiberkonferenz (IBK) sowie der oder die Delegierte des ISB.

Die von 2003­2012 geltende revidierte Fassung der BinfV konkretisierte die Aufgaben des IRB. Gemäss Artikel 13 BinfV1173 bestimmte der IRB die mittel- und langfristige Entwicklung der IKT in der Bundesverwaltung. Er hatte namentlich die Aufgabe, die Informatikvorgaben für die Bundesverwaltung festzulegen, deren Umsetzung in den Departementen und in der Bundeskanzlei zu überwachen und zu regeln, unter welchen Voraussetzungen von den Informatikvorgaben abgewichen werden konnte. Des Weiteren war er dafür zuständig, Abweichungen von den Informatikvorgaben zu bewilligen oder den Entscheid über diese Abweichungen zu delegieren.

Mit der am 1. Januar 2012 in Kraft getretenen BinfV wurden die Kompetenzen des IRB beschnitten. Er ist nun nur noch beratendes Organ und im Gegensatz zu früher auch nicht mehr für die allgemeine Strategie zuständig. Heute stellt Artikel 18 BinfV die Rechtsgrundlage für den IRB dar. In diesem wird der IRB definiert als das Konsultativorgan des ISB für IKT-Geschäfte, die der Absprache mit den Departementen und der Bundeskanzlei bedürfen, insbesondere für den Erlass von Vorgaben und für die Genehmigung von Ausnahmen betreffend deren Einhaltung. Der IRB setzt sich heute zusammen aus dem oder der Delegierten des ISB (Leiter/-in des 1173

Art. 13 BinfV (AS 2003 3687).

6578

ISB), der bzw. die dem Rat auch vorsitzt, sowie je einem Vertreter bzw. einer Vertreterin jedes Departements und der Bundeskanzlei.

Bis zur Revision der BinfV im Jahr 2011 war der IRB auch für die Vergabe der IKT-Wachstumskredite zuständig. Die Anträge für den Erhalt dieser Mittel wurden von der Leistungsbezügerkonferenz (LBK) vorbereitet. Diese erhielt detaillierte Projektanträge und leitete in der Folge eine nach Priorität geordnete Projektliste an den IRB weiter,1174 welcher dann über die Zuteilung der Mittel entschied. Diese Zuständigkeit liegt nun beim Bundesrat.

5.4.2.2

Sachverhalt

Am INSIEME-Projekt war der IRB erst direkt beteiligt, nachdem der Bundesrat am 18. Juni 2010 entschieden hatte, im Zusammenhang mit der Vergabe der Zusatzkredite ein Monitoring des Projekts zu starten. Der Auftrag des Bundesrats lautete, das INSIEME-Projekt einer eingehenden Nachkontrolle und einem strengen Monitoring zu unterziehen. Für die Durchführung sollte das EFD (ESTV) in Zusammenarbeit mit der EFK und dem IRB zuständig sein.1175 Aufgrund dieses Beschlusses bat die Generalsekretärin des EFD den Direktor der ESTV per Schreiben, den IRB regelmässig über das Projekt zu orientieren und die Modalitäten dieses Verfahrens mit dem Vorsitzenden des IRB sowie mit dem Vertreter des EFD im IRB zu vereinbaren.1176 Daraufhin beschlossen der Vorsitzende des IRB und der Vertreter des EFD im IRB auf der Grundlage der in Artikel 5, 6 und 13 BinfV1177 definierten Zuständigkeiten des IRB, dass die ESTV den IRB halbjährlich über den Stand des INSIEME-Projekts informieren solle. Der IRB würde von der Berichterstattung Kenntnis nehmen und nötigenfalls Empfehlungen aussprechen.1178 Der Direktor der ESTV zeigte sich einverstanden mit diesem Vorgehen.1179 Der IRB nahm in der Folge Kenntnis von der Entwicklung des Projekts an seinen Sitzungen vom 29. November 2010, 31. Januar 2011, 28. Februar 2011, 29. August 2011, 30. Januar 2012 und 27. August 2012.1180 Ausserhalb dieser Sitzungen befasste sich der IRB noch an seinen Jahressitzungen betreffend die Vergabe der IKT-Wachstumskredite mit dem INSIEME-Projekt.1181 Eine detaillierte Diskussion fand allerdings nur an zwei Sitzungen statt; ein erstes Mal an der Sitzung vom 25. Februar 2008, an welcher der IRB die Projektleitung zu einer Risikoanalyse sowie zu einer projektexternen Qualitätsanalyse zwingen wollte.

Dieser Punkt wurde innerhalb des IRB rege diskutiert, da die Vertreter der Bundes1174 1175

1176 1177 1178 1179 1180 1181

Bericht der EFV an die AGI vom 6. Jan. 2014.

Im Wortlaut (liegt nur auf Französisch vor): «La réalisation et la mise en oeuvre du projet INSIEME font l'objet d'un suivi et d'un monitoring rigoureux assurés par le DFF (AFC) en collaboration avec le contrôle fédéral des finances (CDF) et le Conseil de l'informatique de la Confédération (CI).» Für weitere Informationen zu den Feststellungen der Aufsichtskommissionen zu den Auswirkungen dieses Bundesratsentscheids siehe Kapitel 5.1.3.3.

Schreiben des GS EFD an den Direktor der ESTV vom 22. Juni 2010.

BinfV vom 26. Sept. 2003 (AS 2003 3687).

Schreiben des Vorsitzenden des IRB an den Direktor der ESTV vom 14. Juli 2010.

Schreiben des Direktors der ESTV an den Vorsitzenden des IRB vom 17. Sept. 2010.

Sitzungsprotokolle des IRB betreffend INSIEME.

20 Prozent des Projekts waren durch diese Kredite finanziert (Kreditüberwachung INSIEME vom 31. Aug. 2013).

6579

kanzlei und des EDI der Auffassung waren, es liege nicht in der Zuständigkeit des IRB, eine solche Massnahme zu verlangen. Der Vertreter des EFD wies allerdings darauf hin, dass diese Massnahmen so oder so umgesetzt würden. Ein weiteres Mal befasste sich der IRB nach dem Stopp der Zusammenarbeit mit Unisys mit INSIEME. Dieser Stopp machte den IRB skeptisch hinsichtlich der Projektentwicklung, weshalb er die Mittel für das Jahr 2009 auf 3 Millionen Franken begrenzte. Die restlichen Mittel sollten nötigenfalls bei der LBK beantragt werden.1182 Vorsitz des IRB Die Oberaufsichtskommissionen weisen darauf hin, dass der ab dem 1. Mai 2007 amtende Delegierte des ISB ab diesem Zeitpunkt gleichzeitig auch den IRB leitete ­ obwohl die damals geltenden Rechtsgrundlagen diese Aufgabe dem Generalsekretär des EFD zuwiesen.1183 Laut dem Delegierten des ISB (seit 2007) sah die damalige Generalsekretärin des EFD (2007­2010) die Informatiksteuerung nicht als ihre prioritäre Aufgabe an und übertrug sie deshalb dem Delegierten des ISB, ohne jedoch die formellen Verantwortlichkeiten abzutreten.1184 Als es 2010 an der Spitze des Departements einen Wechsel gab, beanspruchte auch der neue Generalsekretär des EFD (seit 2010) nach eigener Angabe diese Aufgabe nicht für sich, da die Revision der BinfV im Gange war und neu sowieso der Delegierte des ISB dem IRB vorsitzen sollte. Diese Änderung wurde jedoch erst mit dem Inkrafttreten der neuen BinfV im Januar 2012 offiziell.1185

5.4.2.3

Beurteilung der Rolle des IRB

Mit dem Inkrafttreten der neuen BinfV am 1. Januar 2012 ging ein Grossteil der Aufgaben des IRB an das ISB und an den Bundesrat über. Die Oberaufsichtskommissionen berücksichtigen diese Neuorganisation und richten ihre Empfehlungen im Zusammenhang mit den früheren Funktionen des IRB an die jetzigen Verantwortlichen. Dennoch werden im Folgenden auch die Probleme behandelt, welche in Bezug auf die dem IRB vor der Revision der BinfV zugewiesenen Aufgaben festgestellt wurden.

Schwache Position des IRB Die Diskussionen innerhalb des IRB über seine Möglichkeiten, bei der Vergabe der IKT-Wachstumsmittel von den Departementen die Festlegung von Mindeststandards zu verlangen, verdeutlichen, welch schwache Position der IRB im Zeitraum von 2000­2012 hatte. Der IRB war ein Konsensorgan und nicht dafür geeignet, in das Informatikmanagement der Departemente einzugreifen. Dies erklärt zum Teil das Fehlen einer echten Steuerung und eines effektiven Controllings durch den Bund während des INSIEME-Projekts. Zudem verfügte der IRB offensichtlich über kein Instrument, das ihm erlaubt hätte, seine Aufsichtsfunktion angemessen wahrzunehmen. Aus den Sitzungsprotokollen geht beispielsweise hervor, dass der IRB keine

1182 1183 1184 1185

EFK-Bericht vom 18. Dez. 2008, S. 17.

Art. 12 Abs. 2 BinfV (AS 2003 3687).

Protokoll der AGI vom 13. Sept. 2013, S. 54 (Delegierter ISB seit 2007).

Detailinformationen bezüglich der Änderung des Vorsitzes des IRB sowie eine Beurteilung durch die Oberaufsichtskommissionen finden sich in Kapitel 4.4.1.2.

6580

aktuelle Liste über den Stand der Informatikprojekte besass1186 ­ wobei sich hier die Frage stellt, ob er überhaupt über ausreichende Informationsrechte verfügte, um eine solche Liste führen zu können. Jedenfalls sind die Oberaufsichtskommissionen der Auffassung, dass es angesichts der Aufgaben des IRB ein solches Instrument gebraucht hätte.

Die FK und GPK halten fest, dass die Organisation des Bundes in Sachen IKT komplex war und die Verteilung der Aufgaben an die verschiedenen beteiligten Organe (ISB, IRB, BIT, Bundesrat, LBK oder auch BBL sowie die verschiedenen intradepartementalen Organisationen) das Verständnis und die Transparenz hinsichtlich des IKT-Managements auf Bundesebene nicht erleichterte. Auch die Funktionsweise des IRB scheint ausserhalb der Verwaltung ziemlich unklar gewesen zu sein. So fragte sich die FinDel mehrmals, welche Funktion eigentlich der IRB habe.1187 Des Weiteren scheint der Beschluss des Bundesrats, den IRB an einem strengen Projektcontrolling zu beteiligen, in gewissem Widerspruch zu dessen tatsächlichen Möglichkeiten zu stehen. Darüber hinaus waren die Aufgaben und Verantwortlichkeiten des IRB nicht immer klar ­ nicht einmal für dessen Mitglieder.

So waren sich diese im Rahmen des Verfahrens zur Vergabe der IKT-Kredite nicht einig über die Interventionsmöglichkeiten des IRB. Aus dem Sitzungsprotokoll vom August 2012 geht ausserdem hervor, dass sich diverse Mitglieder des IRB fragten, weshalb der IRB in seiner neuen Rolle (nach der Revision der BinfV) über INSIEME informiert werde und ob er hier eine Steuerungs- oder Führungsfunktion habe.1188 Die FK und GPK halten fest, dass den verschiedenen am IKT-Management beteiligten Akteuren nicht wirklich bekannt war, wem welche Aufgabe und Verantwortlichkeit zukam.

Aufsicht über die Umsetzung der Informatikvorgaben Gemäss Artikel 13 Absatz 2 Buchstabe a der zwischen 2003 und 2012 geltenden BinfV1189 war der IRB zuständig für die Überwachung der Informatikvorgaben. Wie bereits in Kapitel 5.4.1 erwähnt, erlangte der IRB nie Kenntnis davon, dass die HERMES-Methode beim INSIEME-Projekt nicht oder nur teilweise angewendet wurde.1190 Die FK und GPK finden es problematisch, dass diese Mängel bei der Vergabe der IKT-Wachstumsmittel nicht bemerkt und thematisiert wurden.

Die Oberaufsichtskommissionen weisen darauf hin, dass es
an Mitteln fehlte, um die Umsetzung der Informatikvorgaben effektiv überwachen zu können. Da sich der IRB nur auf die Selbstdeklarationen der Verwaltungseinheiten verlassen konnte und keine Informationen der EFK über ihre Prüfungen betreffend die Anwendung der obligatorischen Normen und Standards erhielt,1191 hatte er keine Informationsquelle zur Verfügung, die es ihm erlaubt hätte, seine Aufsichtsfunktion korrekt wahrzunehmen. Folglich gab es während des Projekts kein echtes strategisches Controlling für die IKT-Projekte des Bundes. Es gab zudem auf Bundesebene auch keine Instrumente, die einen Gesamtüberblick über den Stand der Informatikprojekte oder 1186 1187 1188 1189 1190 1191

Protokoll der IRB-Sitzung vom 25. Febr. 2008.

Schreiben der FinDel an den Bundesrat von September 2008.

Protokoll der IRB-Sitzung vom 27. Aug. 2012.

BinfV vom 26. Sept. 2003 (AS 2003 3687).

EFK-Bericht vom 29. Mai 2006, S. 9.

Siehe Kapitel 6.6.7.1 für die Schlussfolgerungen der Aufsichtskommissionen zu diesem Thema.

6581

das Risikomanagement im Informatikbereich vermittelt hätten. Des Weiteren wurde offensichtlich auch das die Kontrolle unterstützende PortfoliomanagementWerkzeug (IKT-Cockpit) von den meisten Departementen nicht korrekt genutzt.1192 Vergabe der IKT-Wachstumskredite Im Rahmen des Vergabeverfahrens betreffend die IKT-Wachstumskredite hatte der IRB zwar über die Verteilung der Mittel zu entscheiden, doch erhielt er keinerlei Informationen über die Projekte selbst, da diese der LBK vorgestellt wurden, welche dann lediglich eine Prioritätenliste an den IRB weiterleitete. Dieser verfügte also über keine operativen Details zu den Projekten. Die im IRB vertretene EFV (beratende Funktion) war an den Sitzungen der LBK anwesend, um Informationen zu sammeln, und diente so als Verbindungsglied zwischen den beiden Organen.1193 Der IRB diskutierte also ausschliesslich über die Bedeutung der Projekte für den Bund und nicht über deren Stand. Er verfügte im Prinzip über keine Instrumente, um Einfluss auf die Projekte nehmen zu können, und sah sich dazu auch nicht verpflichtet. Der Beschluss des IRB, als Reaktion auf den ersten Projektstopp nach dem Scheitern der Verhandlungen mit Unisys die Mittel aus den IKT-Wachstumskrediten zu beschränken, zeigt jedoch, dass der IRB einige schwache Möglichkeiten zur Einflussnahme auf das INSIEME-Projekt besass.1194 Generell war der Einfluss des IRB auf das Projektmanagement im Informatikbereich jedoch sehr gering.

Die Oberaufsichtskommissionen kritisieren, dass sich der IRB nicht für den Entwicklungsstand des INSIEME-Projekts interessierte, obwohl er Mittel an dieses vergab, die 20 Prozent des Projektbudgets ausmachten1195 (rund 20 Millionen Franken). Zudem gab es auch nach der Kreditvergabe keine Nachverfolgung des Projekts. Der IRB wurde des Weiteren nie über die Berichte der EFK betreffend den Ablauf von INSIEME informiert und nahm nie Kenntnis von der Nichtanwendung bestimmter obligatorischer Standards wie HERMES.

Generell kann das Verfahren zur Vergabe der Wachstumskredite, welches zum damaligen Zeitpunkt angewendet wurde, als suboptimal bezeichnet werden. Dass das für die Mittelvergabe zuständige Organ keine Informationen über die Projekte und deren Verlauf erhält, ist nach Auffassung der Oberaufsichtskommissionen fragwürdig. Wenn so viele Organe beteiligt sind, ist es
zudem schwierig, einen klaren Überblick über die jeweiligen Aufgaben und Verantwortlichkeiten zu erhalten, und ausserdem steigt die Gefahr, dass sich die Organe die Verantwortung gegenseitig zuschieben, anstatt selber aktiv zu werden.

Beteiligung an der Kontrolle und am Monitoring des Projekts Die Oberaufsichtskommissionen halten fest, dass der Einbezug des IRB in die vom Bundesrat in Auftrag gegebene Kontrolle sowie das Projekt-Monitoring1196 nicht optimal abliefen. So wurden die Mitglieder des IRB schlecht über den Auftrag 1192 1193 1194

EFK-Bericht vom 21. Okt. 2009, S. 11.

Bericht der EFV an die AGI vom 6. Jan 2014, S. 10.

Die Aufsichtskommissionen halten zudem fest, dass die Sitzungsprotokolle des IRB keinerlei Auskunft über eine Diskussion zu diesem Beschluss geben, und dass sie von diesem Beschluss nur durch die Berichte der EFK erfahren haben. Es kann deshalb nicht beurteilt werden, wie die Mitglieder des IRB diese Angelegenheit behandelt haben.

1195 Kreditüberwachung INSIEME vom 31. Aug. 2013.

1196 Für weitere Informationen zu diesem Bundesratsbeschluss und dessen Auswirkungen siehe Kapitel 5.3.1.3.

6582

informiert, den ihnen der Bundesrat erteilt hatte. Ihnen wurde mitgeteilt, sie müssten lediglich zweimal pro Jahr Kenntnis nehmen von einer Präsentation über den Projektstand und dürften eventuell Empfehlungen unterbreiten, hätten aber keinesfalls ein echtes Controlling durchzuführen.1197 Nach Ansicht der Oberaufsichtskommissionen verlangte der Beschluss des Bundesrats jedoch mehr als eine einfache Kenntnisnahme. Der Auftrag des Bundesrats wurde also offensichtlich nicht verstanden und dadurch vom GS EFD und vom IRB auch nicht korrekt umgesetzt. Ungeachtet dieser Probleme war der IRB auch nicht das geeignete Organ, um wie vom Bundesrat gewünscht eine eingehende Nachkontrolle und ein rigoroses Monitoring durchzuführen. Der IRB verfügte weder über die Instrumente noch über die Rechtsgrundlagen oder die Erfahrung für eine solche Aufgabe. Das damals geltende Recht sah vor, dass der IRB die departementsübergreifenden Informatikprogramme initialisiert und steuert,1198 jedoch nicht die departementsinternen Projekte, wie INSIEME eines war.

Angesichts der Informationen, welche das GS EFD und der Vorsitzende des IRB dem IRB weiterleiteten, kann man den IRB schwerlich dafür verantwortlich machen, wie er den Bundesratsbeschluss umsetzte. Allerdings verdeutlicht diese Angelegenheit die Komplexität des Projektmanagements und -controllings im Informatikbereich und die daraus entstandenen Unklarheiten innerhalb der Verwaltung.

Das EFD hätte den Bundesrat im Übrigen über die ergriffenen Massnahmen informieren müssen, damit sich dieser hätte versichern können, dass dem Projekt die von ihm gewünschte Aufmerksamkeit zukam. Der Bundesrat wiederum hätte, wie bereits in Kapitel 5.3.1.3 erwähnt, die Umsetzung seines Beschlusses aufmerksamer nachverfolgen und sich versichern müssen, dass er über die Wirksamkeit der von ihm initiierten Massnahmen informiert wird.

Der IRB und seine Verantwortung für die Informatikstrategie des Bundes Während eines Grossteils des INSIEME-Projekts war der IRB das für die allgemeine IKT-Strategie des Bundes verantwortliche Organ.1199 Allerdings besass er kein Instrument, das ihm erlaubt hätte, einen detaillierten Überblick über den Stand der Informatikprojekte des Bundes zu bekommen oder die Einhaltung seiner Informatikvorgaben zu überprüfen. Genauso wenig war er in der Lage, die Umsetzung
der Gesamtstrategie zu kontrollieren. Dadurch konnte er nicht überprüfen, ob die Ziele der IKT-Strategie 2007­2011, wie etwa die Verringerung der Abhängigkeit von externen Experten,1200 berücksichtigt und die HERMES-Methode korrekt angewendet wurden.

Da die EFK ihre Erkenntnisse über Mängel bei der Anwendung der obligatorischen Normen und Standards dem IRB nicht kommunizierte,1201 hatte dieser keine Rückmeldung über den Umsetzungsstand der Informatikstrategie.

Nach Ansicht der Oberaufsichtskommissionen sind diese Schwächen hauptsächlich darauf zurückzuführen, dass es die verschiedenen Versionen der BinfV dem IRB nicht erlaubten, seine Aufgaben korrekt zu erfüllen. Der IRB und die Departemente 1197 1198 1199 1200

Protokoll der IRB-Sitzung vom 31. Jan. 2011.

Art. 13 Abs. 2 Bst. e BinfV (AS 2003 3687).

Art. 11 BinfV (AS 2003 3687).

ISB: IKT-Strategie der Bundesverwaltung, Strategische Planung 2007­2011, Ziel 8, S. 11.

1201 Vgl. Kapitel 5.4.1.3 und 6.6.7.1.

6583

versteckten sich stets hinter der Tatsache, dass das IKT-Management in der Verantwortung der Departemente liegt. Der IRB mischte sich deshalb nie ein, wenn Probleme beim Management und bei der Führung der IKT auftraten. Zudem war der IRB ein Konsens- und Diskussionsorgan, das nicht in der Lage war, in den Departementen ein einheitliches IKT-Management durchzusetzen.

Die Oberaufsichtskommissionen kommen zum Schluss, dass der IRB nicht das geeignete Organ dafür war, die Umsetzung der Informatikstrategie zu überwachen.

Seine Funktionsweise, das Fehlen wirksamer Instrumente zur Durchsetzung der strategischen Ziele oder zur Erlangung eines Gesamtüberblicks über den Zustand der IKT auf Bundesebene, eine unklare Aufgabenverteilung sowie das Existieren einer Vielzahl interner Weisungen und unterschiedlicher Departementskulturen verhinderten ein einheitliches und wirksames Management der IKT des Bundes.

5.4.3

Rolle des Bundesrats als oberstes Organ der strategischen Steuerung

5.4.3.1

Einleitung und Sachverhalt

Die strategische Gesamtverantwortung für die Informations- und Kommunikationstechnologien in der Bundesverwaltung liegt inzwischen beim Bundesrat. Er bestimmt die IKT-Strategie des Bundes, überwacht regelmässig deren Umsetzung, definiert die IKT-Standarddienste und deren Marktmodell, legt fest, in welchen Bereichen detaillierte Vorgaben nötig sind und erlässt Weisungen über die Informatiksicherheit.1202 Diese konkreten Aufgaben obliegen dem Bundesrat erst seit Anfang 2012,1203 doch als oberstes Organ der strategischen Steuerung hatte er schon immer die allgemeine Verantwortung zu tragen.

Die Oberaufsichtskommissionen stellten fest, dass sich der Bundesrat vor der Revision der BinfV Ende 2010, welche namentlich durch die Motion Noser1204 und die Bemerkungen der FinDel betreffend ihre Sorgen über die Informatiksteuerung des Bundes1205 angestossen wurde, kaum mit der Informatik beschäftigte. In dieser Zeit wurden die Informatikprobleme in den Geschäftsberichten des Bundesrats nur sehr selten erwähnt. Eine kurze Präsentation des Projekts INSIEME war dennoch in den Geschäftsberichten des Bundesrats von 2005 und 2006 enthalten, allerdings ohne Verweis auf die bekannten Probleme. So gab es während der zwölfjährigen Dauer von INSIEME zum Beispiel kein einziges Ziel des Bundesrats in Sachen IKT.

Ab Mai 2007 machte sich der Bundesrat jedoch zumindest Gedanken über die Strukturen der Informatiksteuerung des Bundes.1206

1202 1203 1204 1205 1206

Geschäftsbericht des Bundesrats 2011, Band I, S. 56.

Art. 14 BinfV (SR 172.010.58).

Mo. Noser «IT-Leistungserbringer zentralisieren» vom 21. Juni 2007 (07.3452).

Schreiben der FinDel an den Bundesrat vom Sept. 2008.

Schreiben des Bundesrats an die FinDel vom 26. Sept. 2008.

6584

5.4.3.2

Beurteilung der Rolle des Bundesrats als oberstes Organ der strategischen Steuerung

Wie bereits in den Kapiteln 5.4.1 und 5.4.2 erwähnt, mussten die Oberaufsichtskommissionen feststellen, dass die auf den zwischen 2000 und 2012 geltenden Fassungen der BinfV1207 beruhende Organisation des Bundes in Sachen Informatik alles andere als optimal war.

Mit dem Inkrafttreten der neuen Verordnung Anfang 2012 und den verschiedenen Massnahmen des Bundesrats, zum Beispiel der Einführung von umfassenden Kontrollmassnahmen für die Schlüsselprojekte1208 oder der Schaffung eines Pools von Projektleiterinnen und Projektleitern für IKT-Schlüsselprojekte der Bundesverwaltung1209, wurde die IKT-Organisation des Bundes umfassend geändert.

Da diese Massnahmen erst vor kurzem ergriffen wurden, ist es für die Oberaufsichtskommissionen derzeit noch nicht möglich, deren Wirksamkeit und Auswirkungen auf das IKT-Management des Bundes zu beurteilen. Die FK und GPK nutzen diesen Bericht jedoch, um gewisse Probleme anzusprechen, die eventuell auch in Zukunft noch bestehen könnten.

Neuordnung der Normen und Standards Die Oberaufsichtskommissionen mussten feststellen, dass es schwierig ist, sich einen klaren und umfassenden Überblick über alle Normen, Weisungen, Standards und Methoden zu verschaffen, die im IKT-Bereich des Bundes gelten. Es ist zu befürchten, dass diese Vielzahl von Dokumenten ein grosses Hindernis für ein einheitliches und transparentes Informatikmanagement des Bundes ist. Ausserdem besteht dadurch die Gefahr von Doppelspurigkeiten zwischen den verschiedenen IKT-Dokumenten und anderen Standards wie etwa den Normen des öffentlichen Beschaffungsrechts.

Die Oberaufsichtskommissionen begrüssen, dass es auf Bundesebene Vorgaben und Standards gibt, sind jedoch der Ansicht, dass deren Überzahl sowie die Unkenntnis oder Nichtanwendung dieser Normen durch die Verwaltungseinheiten problematisch ist.

In ihren Augen müssen das Management und die Organisation der IKT innerhalb des Bundes, und dabei namentlich das Controlling, noch besser harmonisiert werden.

1207

BinfV vom 23. Febr. 2000 (AS 2000 1227) und BinfV vom 26. Sept. 2003 (AS 2003 3687).

1208 Weisungen des Bundesrats für IKT-Schlüsselprojekte in der Bundesverwaltung vom 27. März 2013.

1209 Medienmitteilung des Bundesrats vom 30. April 2014 über die Schaffung eines Pools von Projektleiterinnen und Projektleitern für IKT-Schlüsselprojekte der Bundesverwaltung.

6585

Empfehlung 14: Neuordnung von Normen und Standards Die FK und GPK fordern den Bundesrat auf, die verschiedenen Informatiknormen und -standards neu zu ordnen. Dabei ist dafür zu sorgen, dass diese im Einklang mit den Normen anderer Bereiche (zum Beispiel jenen des öffentlichen Beschaffungsrechts) stehen. Der Bundesrat sorgt auch dafür, dass diese Normen und Standards in der Bundesverwaltung bekannt sind und angewendet werden.

Verbesserung der Kenntnis über die jeweiligen Zuständigkeiten Die Inspektion hat gezeigt, dass die Kommunikation zwischen den verschiedenen Organen und die Kenntnis der jeweiligen Aufgaben und Verantwortlichkeiten alles andere als optimal waren.

Das Geschehen rund um den Beschluss des Bundesrats vom 18. Juni 2010 zu einer eingehenden Nachkontrolle und einem rigorosen Monitoring ist symptomatisch für die Probleme, die damals bestanden. Die Tatsache, dass der Bundesrat diese Aufgabe dem IRB anvertraute, zeigt, dass er ganz offensichtlich die «operativen» Grenzen dieses Organs nicht kannte. Des Weiteren interpretierten das EFD und der Vorsitzende des IRB diesen Beschluss nicht korrekt, da sie dem IRB kommunizierten, er habe lediglich mindestens einmal pro Jahr vom Projektstand Kenntnis zu nehmen, obwohl der Bundesrat eine eingehende Nachkontrolle und ein rigoroses Monitoring in Auftrag gegeben hatte.

Wie bereits in Kapitel 5.4.2 erwähnt, waren die Aufgaben des IRB auch dessen Mitgliedern nicht klar. Aus dem Bericht der EFK vom Oktober 2009 wiederum geht hervor, dass man sich auch im ISB unsicher war, welches Organ die Anwendung der Normen und Standards zu beaufsichtigen hat.1210 Aus den Sitzungsprotokollen der FinDel geht des Weiteren hervor, dass sich ihre Mitglieder ebenfalls mehrfach die Frage stellten, welchem Organ welche Aufgabe zukommt.

Die Anhörungen durch die AGI ergaben ausserdem, dass es zwischen dem damaligen Direktor des BIT und dem Delegierten des ISB (2001­2007) Spannungen hinsichtlich der Rollenverteilung zwischen ihren beiden Verwaltungseinheiten gab.1211 Laut dem ehemaligen Direktor des BIT (1999­2011) rührte auch die schlechte Beziehung zwischen ihm und dem ehemaligen Vorsteher des EFD (2004­2010) daher, dass dieser nicht verstand, dass die Informatikstrategie in den Verantwortungsbereich des ISB bzw. des IRB fiel und nicht in jenen des BIT.1212 Die
Oberaufsichtskommissionen sind sich der Komplexität des IKT-Managements bewusst; angesichts der zunehmenden Bedeutung dieses Bereichs ist es jedoch unerlässlich, dass die Zuständigkeiten der beteiligten Akteure klar definiert und bekannt sind. Durch die schnelle Entwicklung der IKT, die verschiedenen Revisionen der BinfV sowie die mit der Zeit neu dazugekommenen Normen und Standards ist die «Umgebung» des IKT-Managements des Bundes natürlich komplexer geworden. Diese Entwicklung hat dazu geführt, dass nicht allen am Management und an

1210 1211 1212

EFK-Bericht vom 21. Okt. 2009, S. 12.

Protokoll der AGI vom 8. Nov. 2013, S. 20 (Generalsekretärin EFD 2007­2010).

Protokoll der AGI vom 10. Juni 2013, S. 37 (Direktor BIT 1999­2011). Für weitere Informationen siehe Kapitel 4.4.3.5.

6586

der Steuerung der IKT beteiligten Organen immer ganz klar war, welches welche Aufgabe hatte.1213 Die FK und GPK fordern den Bundesrat in seiner Funktion als oberster Verantwortlicher für die Informatikstrategie auf, die Zuständigkeiten klar zu regeln und bekannt zu machen, um so Missverständnisse und Ineffizienzen bei der Steuerung und der Kontrolle der IKT zu vermeiden. Sie verweisen in diesem Zusammenhang noch einmal auf die Empfehlung an den Bundesrat betreffend die Festlegung der Zuständigkeiten im IKT-Bereich.1214 Verfahren zur Vergabe der Wachstumskredite1215 Das Verfahren zur Vergabe der IKT-Wachstumskredite wurde mit der letzten Revision der BinfV komplett geändert. Für die Vergabe und die Priorisierung dieser Mittel ist seitdem der Bundesrat zuständig. Er stützt sich dabei auf die Dossiers, die vom ISB mit Beschluss des IRB vorbereitet werden. Der Bundesrat entscheidet nach Konsultation der Generalsekretärenkonferenz (GSK) über die endgültige Priorisierung und die Verteilung der Mittel.1216 Wie bereits in Kapitel 5.4.2.3 erwähnt, betrachten die Oberaufsichtskommissionen das Verfahren zur Vergabe der Wachstumskredite, so wie es bis 1. Januar 2012 galt, als nicht zufriedenstellend. Dass dem für die Kreditvergabe zuständigen Organ keine Informationen über den Projektstand weitergeleitet wurden und dass nach der Kreditvergabe keine Nachverfolgung der Projekte durch den IRB stattfand, erachten die Oberaufsichtskommissionen als absolut problematisch. Des Weiteren erschwerte es die Vielzahl von beteiligten Organen, einen klaren Überblick über die jeweiligen Zuständigkeiten zu bekommen.

Jetzt, da der Bundesrat das für die Informatikstrategie verantwortliche Organ ist, wird dieser durch den Controlling-Bericht des ISB über den Stand der Informatikprojekte orientiert. Mit dieser Reform wurde das Problem der fehlenden Nachverfolgung also gelöst. Die FK und GPK sind jedoch der Ansicht, dass auch mit den Kreditanträgen Informationen mitgeliefert werden müssen, und zwar sowohl Informationen über die Bedeutung des jeweiligen Projekts für den Bund als auch ­ wie es bereits der Fall ist ­ über dessen Umsetzungsstand. So wäre der Bundesrat aus erster Hand informiert.

Empfehlung 15: Bewilligung der IKT-Kredite Die FK und GPK fordern den Bundesrat auf, zu den IKT-Kreditanträgen alle Informationen einzuverlangen, die für die Beurteilung des Kreditbegehrens notwendig sind.

1213 1214 1215

EFK-Bericht vom 21. Okt. 2009, S. 12.

Siehe Empfehlung 10, Festlegung der Zuständigkeiten in Sachen IKT (Kapitel 5.3.1.3).

Mit der revidierten BinfV (in Kraft seit dem 1. Jan. 2012) werden die ehemaligen IKTWachstumskredite neu «Zentrale IKT-Mittel» genannt.

1216 Bericht der EFV an die AGI vom 6. Jan. 2014, S. 11.

6587

5.4.4

Risikomanagement

5.4.4.1

Ziele und Zuständigkeiten

Unter Risiken versteht der Bund «Ereignisse und Entwicklungen [...], die mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit eintreten und wesentliche negative finanzielle und nichtfinanzielle Auswirkungen auf die Erreichung der Ziele und die Erfüllung der Aufgaben der Bundesverwaltung haben».1217 Unter nichtfinanzielle Auswirkungen fallen beispielsweise Reputationsschäden, Beeinträchtigungen von Geschäftsprozessen sowie Schädigungen von Mensch und Umwelt.

Gemäss den Weisungen über die Risikopolitik des Bundes sind die Departemente und die Bundeskanzlei zuständig für die Umsetzung der Risikopolitik. Wichtige Koordinationsfunktionen werden jedoch von der EFV und der GSK übernommen.

Die EFV sorgt mit dem Erlass von Richtlinien für eine möglichst homogene Umsetzung des Risikomanagements innerhalb der Bundesverwaltung. Für die Bewirtschaftung der Risiken und die Risikoberichterstattung wird ein von ihr betriebenes Informatik-Tool eingesetzt.1218 Die GSK konsolidiert das Risikomanagement auf der Stufe Bundesrat.1219 Sie priorisiert ausserdem die Risikomeldungen der Departemente (welche mindestens ihre drei grössten Risiken melden müssen), überprüft die Vollständigkeit der Risikoberichterstattung und verabschiedet diese zuhanden des Bundesrats.1220 Gemäss Artikel 178 BV und Artikel 35 RVOG führen der Bundesrat sowie die Departementsvorsteher und Departementsvorsteherinnen die Bundesverwaltung.

Jedes Bundesratsmitglied führt sein Departement und trägt dafür die politische Verantwortung (Art. 37 Abs. 1 RVOG). In dieser Funktion macht der Bundesrat mit seinen Weisungen klar, dass das Risikomanagement einen wichtigen Teil der Führungsverantwortung auf allen Führungsebenen bildet, dass das Risikomanagement also «Chefsache» ist.1221 Das Risikomanagement hat das Ziel, die Entscheidfindung von Bundesrat und Bundesverwaltung zu unterstützen.1222 Es soll dabei helfen, die Risiken möglichst frühzeitig zu identifizieren, um so rechtzeitig die erforderlichen Massnahmen ergreifen zu können und dadurch zur vorausschauenden Erfüllung der Bundesaufgaben und zur Funktionsfähigkeit von Regierung und Verwaltung beizutragen. Das Risikomanagement ist folglich ein Steuerungsinstrument des Bundesrats.

Es muss darauf hingewiesen werden, dass es nicht während der gesamten Dauer des INSIEME-Projekts ein bundesweit koordiniertes Risikomanagement gab. Dessen Einführung wurde erst am 19. Januar 2005 beschlossen.1223

1217 1218 1219 1220 1221 1222 1223

Art. 2 der Weisungen über die Risikopolitik des Bundes vom 24. Sept. 2010 (BBl 2010 6549).

Art. 5 der Weisungen über die Risikopolitik des Bundes vom 24. Sept. 2010 (BBl 2010 6549).

Art. 5 der Weisungen über die Risikopolitik des Bundes vom 24. Sept. 2010 (BBl 2010 6549).

Bericht der EFV an die AGI vom 6. Jan. 2014, S. 8.

Erläuterungen zu den Weisungen über die Risikopolitik des Bundes, S. 5.

Art. 3 Abs. 1 Bst. a der Weisungen über die Risikopolitik des Bundes vom 24. Sept. 2010 (BBl 2010 6549).

Bericht der EFV an die AGI vom 6. Jan. 2014, S. 8.

6588

5.4.4.2

Risikomanagement beim INSIEME-Projekt

Laut dem ehemaligen Generalsekretär des EFD (1996­2007) wurde das INSIEMEProjekt während seiner Amtszeit als Risiko auf Stufe Amt systematisch erfasst und bis auf Stufe Departement konsolidiert.1224 Die Oberaufsichtskommissionen stellten allerdings fest, dass es nie als Kernrisiko für das Departement betrachtet wurde und deshalb auch nie auf die dem Bundesrat zur Verfügung gestellte Liste der Hauptrisiken kam. Die EFV wiederum erklärte, dass INSIEME erst 2011 im Risikomanagement-Tool erfasst wurde. Da es unter dem massgeblichen Schwellenwert lag,1225 wurde das Risiko des INSIEME-Projekts zwar der Koordinationsstelle gemeldet, jedoch nicht als Kernrisiko. Deshalb wurde es nie von der GSK behandelt und dementsprechend auch nicht dem Bundesrat übermittelt.1226 Risikomanagement in der ESTV Der Bundesrat stellt in seinem Bericht vom 27. Februar 2013 fest, dass die in den Controllingberichten genannten Risiken nicht den tatsächlichen Projektstand widerspiegelten und geht davon aus, dass die Führungsverantwortlichen ­ seien es die Mitglieder des GPA oder des ISB ­ von den Projektverantwortlichen bewusst nicht ausreichend informiert wurden.1227 Des Weiteren schreibt der Bundesrat in seinem Bericht: «Im Bericht vom 29. Mai 2008 steht: Konsultiert man die projektinterne Risikoliste, zeigt sich ein anderes Bild (Auszug: Vertrauensverlust seitens ESTV-Mitarbeiter in das Projektteam, Know-how-Mangel sowohl beim Projektteam als auch bei beteiligten Fachdienst-Mitarbeitern, negativer Teamgeist, sich selbst erfüllende Misserfolgserwartung usw.).»1228 Aus einem E-Mail-Verkehr zwischen dem Direktor der ESTV (2000­2012) und dem Leiter des FISP ESTV geht hervor, dass der Direktor der ESTV fünf Tage vor Ablauf der Frist für die Übermittlung der Risiken ans Departement und nachdem der Leiter des FISP aufgrund des Nichterhalts Druck gemacht hatte, diesen direkt fragte, welche Risiken er ins Risikomanagement-Tool eingeben müsse.1229 Die EFK kritisierte im Übrigen in einem Bericht vom Dezember 2011 das Verhältnis zwischen der ESTV und dem FISP ESTV:1230 Sie stellte damals insbesondere fest, dass die ESTV das FISP beim Risikomanagement als Partner nutze, was dessen Unabhängigkeit als Aufsichtsorgan kompromittiere, da dieses so
direkt in die Geschäftstätigkeit der ESTV verwickelt sei und seine Aufsichtstätigkeit nicht mehr neutral und mit dem nötigen Abstand wahrnehmen könne.1231 Vor diesem Hintergrund kommen die Oberaufsichtskommissionen zum Schluss, dass die ESTV das Risikomanagement nicht ausreichend ernst nahm. Der Bericht des Bundesrats an die FK und GPK vom Februar 2013 stützt diese Schlussfolge1224 1225 1226 1227 1228 1229 1230 1231

Schreiben des ehemaligen Generalsekretärs des EFD (1996­2007) an die AGI vom 5. Nov. 2013, S. 5.

Das Projektrisiko wurde mit der Eintretenswahrscheinlichkeit «möglich» (10­33 %), die Auswirkungen mit «wesentlich» (100 bis 500 Millionen Franken) eingestuft.

Bericht der EFV an die AGI vom 6. Jan. 2014, S. 10.

Für weitere Informationen über dieses Thema siehe Kapitel 3.3.

1. BR-Bericht vom 27. Febr. 2013, S. 23.

E-Mail-Verkehr vom 25. Nov. 2010 zwischen dem Direktor der ESTV (2000­2012) und dem Leiter des FISP ESTV.

EFK-Bericht vom Dezember 2011, S. 8.

EFK-Bericht vom Dezember 2011, S. 8.

6589

rung: Darin kommt insbesondere zum Ausdruck, dass die ESTV bei der Risikobeurteilung die Eintretenswahrscheinlichkeit heruntergespielt hat.1232 Risikomanagement auf Stufe Departement und Bundesrat Bei der Lancierung der Risikopolitik des Bundes im Jahr 2005 beschloss der Bundesrat, sich auf eine stark dezentralisierte Struktur zu stützen. Zwar möchten die Oberaufsichtskommissionen diesen Beschluss nicht infrage stellen, allerdings weisen sie darauf hin, dass das INSIEME-Projekt die Grenzen dieses Systems verdeutlicht hat. Die Untersuchung hat gezeigt, dass die ESTV das Risikomanagement nicht ausreichend ernst nahm und sich dies auf alle Phasen des Verfahrens auswirkte, da das INSIEME-Projekt so trotz der aufgetretenen Schwierigkeiten und der potenziellen Schäden für die Steuereinnahmen und die Reputation des Bundes nie als Kernrisiko eingestuft wurde. Die Unterschiede bei der Anwendung des Risikomanagements innerhalb der verschiedenen Verwaltungseinheiten und dessen uneinheitliche Nutzung als Steuerungsinstrument, welche von der EFV festgestellt wurden,1233 haben die Zweifel der Oberaufsichtskommissionen betreffend das Risikomanagement des Bundes bestätigt. Hier sind eindeutig Verbesserungen erforderlich.

Die Oberaufsichtskommissionen finden es problematisch, dass ein Projekt wie INSIEME, das ursprünglich jährliche Einsparungen in der Höhe von 200 Millionen Franken für den Bund generieren sollte,1234 von der EFV nicht als wichtig eingestuft wurde. Die FK und GPK sind der Ansicht, dass zu den Kriterien bei der Bewertung der Wichtigkeit eines Projekts auch dessen Bedeutung für die Zukunft der Verwaltung zählen muss und nicht nur die Höhe der entsprechenden Kredite.

Die Oberaufsichtskommissionen stellen ausserdem fest, dass der Bundesrat die Informatik nur selten als hohes Risiko für den Bund bewertet hat. Zwar führte das EFD zwischen 2008 und 2010 sehr wohl einen «IT-Ausfall» als Kernrisiko,1235 jedoch wurde dieser Punkt im Jahr 2011 wieder von der Risikoliste des EFD gestrichen. Zudem bezog sich dieses Risiko, wie der ehemalige Vorsteher des EFD (2004­2010) in seiner Anhörung bestätigte,1236 vielmehr auf mögliche Computerattacken oder Betriebsstörungen der IT-Systeme als auf Schwächen bei der Entwicklung der IKT innerhalb des Departements.

Das Risikomanagement betreffend die Informatik konzentrierte
sich auf Probleme wie Computerangriffe oder andere Ereignisse, die zu einem plötzlichen Stopp der Informatiksysteme hätten führen können; ein schlechtes Informatik- oder Projektmanagement wurde nicht als Risiko berücksichtigt. Elemente, die mit den Ressourcen zusammenhängen, so wie das INSIEME-Projekt, werden auch heute noch nicht ins Risikomanagement einbezogen.1237 Die Oberaufsichtskommissionen zeigen sich auch beunruhigt über die Art und Weise, wie die Departemente das Risikomanagement nutzen, um ihre Aktivitäten zu steuern. So bezeichnete eine Studie der Kessler Consulting AG im Jahr 2003 die

1232 1233 1234

1. BR-Bericht vom 27. Febr. 2013, S. 8.

Bericht der EFV an die AGI vom 6. Jan. 2014, S. 10.

Für weitere Informationen über die Rentabilität des INSIEME-Projekts siehe Kapitel 6.4.5.

1235 Risikomap Bund 2008.

1236 Protokoll der AGI vom 8. Nov. 2013, S. 41 (Vorsteher EFD 2004­2010).

1237 Protokoll der AGI vom 14. März 2014, S. 30 (stv. Generalsekretär EFD seit 2011).

6590

Abhängigkeit von externen Experten als Risiko Nummer 1 für das EFD.1238 Dieser Aspekt wurde bei der Durchführung des INSIEME-Projekts offensichtlich nicht ausreichend berücksichtigt: Die Abhängigkeit von den externen Experten war einer der Schlüsselfaktoren für das Scheitern des INSIEME-Projekts.1239 Die Departemente müssen ihre Risikopolitik besser mit der operativen Leitung des Departements abstimmen und dürfen dieses Instrument nicht einfach nur als Informationsverfahren nutzen. Des Weiteren müssen Querschnittsthemen wie die Informatik oder die Beschaffungspolitik besser in das Risikomanagement auf Stufe Bund einbezogen werden, damit dieses wirklich als Steuerungsinstrument des Bundesrats genutzt werden kann. Dies ist umso wichtiger, als der Bundesrat ja inzwischen die Verantwortung für die strategische Steuerung der IKT trägt. Deshalb sollte ein Bericht über die Risiken im IKT-Bereich in den Bericht über das strategische Controlling integriert werden.

Empfehlung 16: Kriterien für die Risikoselektion Die FK und GPK fordern den Bundesrat auf, sicherzustellen, dass beim Risikomanagement des Bundes die IKT-Implikationen mitberücksichtigt werden. Ausserdem sollte er dafür besorgt sein, dass bei der Risikoselektion nicht nur die Kosten, sondern auch die Bedeutung und die Auswirkungen des Projekts in Betracht gezogen werden.

5.5

Zwischenfazit zur Verantwortung des Bundesrats

Während der Laufzeit von INSIEME befasste sich der Bundesrat ausschliesslich an jenen Sitzungen, an denen die Verpflichtungs- und Zusatzkredite behandelt wurden, mit dem Projekt. Er wurde nie über die Schwierigkeiten informiert, die bei INSIEME auftraten ­ weder von der EFK noch im Rahmen der Risikoreportings, welche ihm jährlich unterbreitet wurden ­, und zwar auch dann nicht, als er über die Vergabe von Zusatzkrediten zu entscheiden hatte. Zudem wurde das Thema der IKT beim Risikomanagement und bei der Steuerung der Verwaltung vom Bundesrat nicht ausreichend ernst genommen.

Der Bundesrat verlangte allerdings im Zusammenhang mit der Vergabe der Zusatzkredite im Jahr 2010 die Durchführung eines rigorosen Monitorings und einer eingehenden Nachverfolgung durch die EFK und den IRB. Dieser Beschluss des Bundesrats wurde nicht korrekt umgesetzt. Nach dem Entscheid der EFK, sich aus Gründen der Unabhängigkeit nicht an diesem Verfahren zu beteiligen, bestand die Umsetzung faktisch lediglich aus der Weiterleitung von Quartalsberichten an den IRB. Der IRB wiederum war sich nicht bewusst, wie umfangreich der Auftrag war, der ihm vom Bundesrat erteilt worden war, da ihm dieser vom GS EFD und vom Vorsitzenden des IRB nicht richtig kommuniziert wurde.

1238

Bericht der Kessler Consulting AG an die EFV vom 30. April 2003: Bestandesaufnahme der Risiken der Schweizerischen Eidgenossenschaft; Erstellen einer Risikoanalyse, S. 107.

1239 Für weitere Informationen über die Abhängigkeit der ESTV von externen Experten und deren Einfluss auf das Scheitern des INSIEME-Projekts siehe insbesondere die Kapitel 3.6.5.1 und 3.6.5.2.

6591

Der Bundesrat seinerseits verzichtete vollständig darauf, die Umsetzung seines Beschlusses zu überprüfen: Er interessierte sich nie dafür, ob seine Massnahmen korrekt umgesetzt wurden und die erwünschten Ergebnisse erzielten. Nach Ansicht der FK und GPK wäre es die Aufgabe des EFD gewesen, sicherzustellen, dass der Gesamtbundesrat über den Projektstand orientiert wird.

Des Weiteren bestehen Auslegungsdifferenzen zwischen der EFK und dem Bundesrat hinsichtlich des Eskalationsverfahrens und der Umsetzung der Revisionspendenzen (Art. 15 Abs. 3 und Art. 14 Abs. 4 FKG). Die Oberaufsichtskommissionen erachten es als unerlässlich, dass die EFK und der Bundesrat diesbezüglich ein gemeinsames Verständnis teilen. Der Bundesrat ist auf eine regelmässige und korrekte Orientierung angewiesen, um seine Aufsichts- und Steuerungsfunktion wahrnehmen zu können.

Zu diesem Zweck muss er über Informationen verfügen, die den Umsetzungsstand der IKT-Projekte des Bundes korrekt wiedergeben. Die frühere Organisation vor der Revision der BinfV erlaubte es dem ISB und dem IRB nicht, ihre Aufgaben effektiv zu erfüllen, wodurch es dem Bundesrat an einem realistischen Überblick über das IKT-Management fehlte. Die Organisation dieses Bereichs war nicht ausreichend klar, weshalb die Oberaufsichtskommissionen dem Bundesrat empfehlen, dafür zu sorgen, dass die Zuständigkeiten und die Rollenverteilung zukünftig eindeutig und bekannt sind. Als verantwortliches Organ für die Organisation der IKT innerhalb der Bundesverwaltung obliegt es dem Bundesrat, klare rechtliche Vorgaben zu erlassen, die eine optimale Führung der IKT gewährleisten. In dieser Hinsicht trägt der Bundesrat eine gewisse, übergeordnete Verantwortung für das Scheitern des Projekts INSIEME.

Die Oberaufsichtskommissionen wiederholen an dieser Stelle ihr Anliegen, die Koordination und Zusammenarbeit innerhalb der Departemente sowie zwischen den Departementen zu verbessern.1240 Sie ersuchen den Bundesrat, sicherzustellen, dass diese Thematik ernst genommen wird, und fordern ihn dazu auf, ihnen eine Liste mit den vorgesehenen Verbesserungsmassnahmen zuzustellen.

6

Aufsicht durch die Eidgenössische Finanzkontrolle

6.1

Einleitung

Die EFK ist das oberste Finanzaufsichtsorgan des Bundes.1241 Im Rahmen ihrer Kontrolltätigkeit setzte sie sich während der Projektlaufzeit von 2001­2012 mehrfach mit INSIEME auseinander.

Ausgehend von den nachstehenden Untersuchungsfragen prüften die FK und GPK, ob die EFK ihrem gesetzlichen Auftrag bei der Begleitung von INSIEME angemessen nachgekommen ist und ob die bestehenden gesetzlichen Grundlagen geeignet sind, um die oberste Finanzaufsicht wirksam wahrzunehmen: ­

Welche Prüftätigkeiten übte die EFK in Bezug auf das Projekt INSIEME aus?

­

War die Begleitung des Projekts durch die EFK angemessen?

1240 1241

Vgl. Empfehlung 9 (Kapitel 4.4.3.5).

Art. 1 Abs. 1 FKG (SR 614.0).

6592

­

Wie gewährleistete die EFK, dass ihre Prüfergebnisse und Empfehlungen ernst genommen und umgesetzt wurden?

­

Erfolgte diesbezüglich eine Kontrolle der EFK?

Bei der Aufarbeitung der Aufsicht durch die EFK konzentrierten sich die FK und GPK primär auf die grundsätzliche Funktionsweise der EFK im Zusammenhang mit INSIEME. Die verschiedenen Prüfungen der EFK zu INSIEME wurden hingegen nicht materiell beurteilt. Entsprechend enthält das vorliegende Kapitel keine Aussagen zur Stichhaltigkeit der einzelnen Prüfungsergebnisse der EFK zu INSIEME.

Die nachstehenden Kapitel erläutern die relevanten Rechtsgrundlagen (Kapitel 6.2) sowie den Sachverhalt zur Aufsicht durch die EFK in den drei Projektphasen von INSIEME (Kapitel 6.3­6.5). Die Beurteilung der Tätigkeiten der EFK durch die FK und GPK ist im Zwischenfazit dargelegt (Kapitel 6.6). Dieses gliedert sich nach den zentralen Funktionen der EFK, so wie sie im FKG geregelt sind. Abschliessend enthält das vorliegende Kapitel eine Motion der FK und GPK zur Änderung des FKG (Kapitel 6.7).

Die EFK übt ihre oberste Finanzaufsicht grundsätzlich in Koordination mit den FISP aus.1242 Das vorliegende Kapitel geht deshalb nicht nur auf die Aufsicht durch die EFK, sondern an verschiedenen Stellen auch auf die Aufsicht durch das FISP ESTV ein.1243 Der Fokus richtet sich dabei auf die Prüfungstätigkeiten des FISP ESTV im Rahmen seiner eigenen Prüfungsplanung sowie auf die Koordination der Prüfungstätigkeiten durch die EFK.1244

6.2

Rechtsgrundlagen

6.2.1

Stellung und Aufgaben der EFK

Die EFK ist das oberste Finanzaufsichtsorgan des Bundes und hat ihre rechtliche Verankerung im FKG.1245 Gemäss Artikel 1 Absatz 1 FKG unterstützt sie sowohl die Bundesversammlung in ihrer Oberaufsicht als auch den Bundesrat bei der Ausübung seiner Aufsicht über die Bundesverwaltung. In ihrer Tätigkeit ist sie allerdings selbständig und unabhängig (Art. 1 Abs. 2 FKG). Artikel 15 Absatz 1 FKG hält fest, dass sie mit den FK, der FinDel, dem Bundesrat und den Verwaltungseinheiten des Bundes direkt verkehrt. Sämtliche Verwaltungseinheiten der Bundesver-

1242

Dies gilt für Prüfbereiche, in denen FISP eingerichtet sind. Aktuell existieren in der zentralen und dezentralen Bundesverwaltung drei FISP auf Stufe Generalsekretariat (GS EDA, GS EJPD und GS VBS) sowie zehn FISP auf Amtsstufe (ESTV, Staatssekretariat für Bildung und Forschung, ETH-Rat, Zentrale Ausgleichsstelle, Eidgenössische Zollverwaltung, BBL, Staatssekretariat für Wirtschaft, Bundesamt für Landwirtschaft, Bundesamt für Verkehr, Bundesamt für Strassen); vgl. EFK-Jahresbericht 2013, S. 62.

1243 Vgl. Kapitel 6.2.8, 6.3.2, 6.3.4, 6.3.5, 6.4.1, 6.4.3, 6.4.5, 6.5.1 und 6.6.12.

1244 Auf die Funktion und die Rolle des FISP ESTV als Führungsinstrument der Direktion der ESTV wird in Kapitel 4.3.3 eingegangen.

1245 Auf Stufe Verordnung bestehen mit Ausnahme der Verordnung vom 19. Jan. 2005 über die Gebühren der Eidgenössischen Finanzkontrolle (Gebührenverordnung EFK, SR 172.041.17) keine weiteren Ausführungsbestimmungen zum FKG. Die Prüfungstätigkeit der EFK stützt sich auf die Bestimmungen des FKG sowie auf EFK-interne Weisungen und anerkannte Prüfungsstandards (Schreiben der EFK an die AGI vom 20. Okt.

2014, S. 2).

6593

waltung sowie weitere Institutionen sind der Finanzaufsicht der EFK unterstellt (Art. 8 FKG).

Die EFK nimmt ihre Finanzaufsicht anhand von Prüfungen vor. Ihre Prüfaufgaben sind in Artikel 6 FKG aufgeführt, wobei die Aufzählung nicht abschliessend ist.1246 In Bezug auf INSIEME betraf dies die Prüfung des Vollzugs des Voranschlags (Bst. a),1247 die Prüfung der Kreditkontrolle und der Bewirtschaftung der Verpflichtungskredite (Bst. c), die Überprüfung der internen Kontrollsysteme (Bst. d), die stichprobenweise Prüfung von Zahlungsanweisungen (Bst. e) sowie die Prüfung von IT-Anwendungen in Bereichen des Finanzgebarens (Bst. h).

Ihr jährliches Prüfprogramm legt die EFK unabhängig fest und bringt es der FinDel sowie dem Bundesrat zur Kenntnis. Diese können der EFK zusätzliche Prüfaufträge erteilen, welche die EFK ablehnen kann, falls sie die Abwicklung ihres Prüfprogramms gefährden (Art. 1 Abs. 2 FKG).

6.2.2

Prüfungsbefunde und Empfehlungen

Im Rahmen ihrer Prüfungen führt die EFK Abklärungen zur Ordnungsmässigkeit, Rechtmässigkeit und Wirtschaftlichkeit durch (Art. 5 FKG). Ihre Befunde teilt die EFK den geprüften Verwaltungseinheiten schriftlich mit (Art. 12 Abs. 1 FKG) und verknüpft diese mit Empfehlungen zur Behebung beanstandeter Mängel.

Im Falle, dass die geprüfte Verwaltungseinheit eine die Wirtschaftlichkeit berührende Beanstandung der EFK zurückweist, unterbreitet die EFK ihre Anträge bzw.

Empfehlungen1248 gemäss Artikel 12 Absatz 3 FKG dem vorgesetzten Departement, es sei denn, die EFK zieht ihre Empfehlungen zurück.1249 Der Entscheid des Departements kann von der Verwaltungseinheit und von der EFK beim Bundesrat letztinstanzlich angefochten werden (Art. 12 Abs. 3 FKG).

Weist die geprüfte Verwaltungseinheit hingegen eine die Ordnungsmässigkeit oder die Rechtmässigkeit berührende Beanstandung der EFK zurück, kann die EFK die Ordnungs- oder Rechtswidrigkeit formell feststellen und eine Weisung erlassen, die von der geprüften Verwaltungseinheit beim Bundesrat angefochten werden kann (Art. 12 Abs. 4 und 5 FKG). Dieser entscheidet in letzter Instanz.1250 Die Rückweisung einer «Beanstandung» in Artikel 12 Absatz 3 und 4 FKG legt die EFK als Rückweisung einer «Empfehlung» aus.1251

1246 1247

1248

1249 1250 1251

Botschaft vom 30. März 1994 zur Änderung des Finanzkontrollgesetzes (BBl 1994 II 721, hier 733).

Grundsätzlich finden die Prüfungen nachträglich statt. Im Rahmen von Stichproben sollen in Ausnahmefällen aber auch Kontrollen möglich sein, bevor Verpflichtungen eingegangen werden (BBl 1994 II 721, hier 733­734).

Das FKG verwendet anstelle des in der aktuellen Praxis verwendeten Begiffs «Empfehlungen» den Begriff «Anträge» (vgl. Art. 12 Abs. 1 FKG gemäss Botschaft vom 25. Nov.

1966 zum Entwurf eines Bundesgesetzes über die eidgenössische Finanzkontrolle; BBl 1966 II 708, hier 712­713, 723 und 731).

Botschaft vom 25. Nov. 1966 zum Entwurf eines Bundesgesetzes über die eidgenössische Finanzkontrolle (BBl 1966 II 708, hier 723).

Botschaft vom 30. März 1994 zur Änderung des Finanzkontrollgesetzes (BBl 1994 II 721, hier 737).

Protokoll der AGI vom 14. Okt. 2013, S. 51.

6594

6.2.3

Berichterstattung an weitere Aufsichts- und Oberaufsichtsorgane

Die EFK verfasst über jede Prüfung einen Bericht sowie eine Zusammenfassung, die sie nach Artikel 14 Absatz 1 FKG zusammen mit der Stellungnahme der Verwaltungseinheit der FinDel zustellt. Die Zusammenfassung stellt die EFK zudem dem betroffenen Departementsvorsteher zu. Damit soll sichergestellt werden, dass sich die Departemente rechtzeitig über die Schwerpunkte der Prüfungsbefunde ins Bild setzen können, bevor sie allenfalls von der FinDel mit dem Geschäft konfrontiert werden.1252 Nachdem die FinDel einen Prüfbericht der EFK behandelt hat, kann er von der EFK zusammen mit der Stellungnahme der geprüften Verwaltungseinheit und einer allfälligen Beurteilung der FinDel veröffentlicht werden (Art. 14 Abs. 2 FKG).

Die EFK verfasst jährlich einen Bericht an die FinDel und an den Bundesrat, der veröffentlicht wird (Art. 14 Abs. 3 FKG). Darin informiert die EFK nach Artikel 14 Absatz 3 FKG über den Umfang und die Schwerpunkte ihrer Revisionstätigkeit, über wichtige Feststellungen und Beurteilungen sowie über Pendenzen bei der Umsetzung ihrer Empfehlungen und deren Gründe.1253/1254 Die Beseitigung der Umsetzungspendenzen wird gemäss Artikel 14 Absatz 4 FKG vom Bundesrat überwacht.1255

6.2.4

Meldung an den Departementsvorsteher und den Bundespräsidenten bzw. an den Bundesrat

Die EFK ist bei der Feststellung von besonderen Vorkommnissen oder Mängeln von grundsätzlicher oder erheblicher finanzieller Bedeutung nach Artikel 15 Absatz 3 FKG dazu verpflichtet, nebst den betroffenen Verwaltungseinheiten den zuständigen Departementsvorsteher sowie den Vorsteher des EFD zu unterrichten. Betreffen die festgestellten Mängel das Finanzgebaren von Dienststellen des EFD, muss der Bundespräsident beziehungsweise der Vizepräsident des Bundesrats in Kenntnis gesetzt werden. Gleichzeitig ist die FinDel zu informieren. Erachtet es die EFK als zweckmässig, unterrichtet sie anstelle des zuständigen Departementsvorstehers den Bundesrat.

Die Beurteilung, in welchen Fällen es sich um besondere Vorkommnisse oder Mängel von grundsätzlicher oder erheblicher finanzieller Bedeutung handelt, obliegt der EFK. Die Botschaft vom 22. Juni 1998 betreffend die Revision des FKG verweist einzig darauf, dass Mängel, die insbesondere zu einer Nichtabnahme von Jahresrechnungen führen können, unter die Bestimmung des Artikels 15 Absatz 3 FKG fallen.1256

1252 1253 1254 1255 1256

Botschaft vom 22. Juni 1998 betreffend die Revision des Bundesgesetzes über die Eidgenössische Finanzkontrolle (FKG) (BBl 1998 V 4703, hier 4720).

Im FKG wird der Begriff «Revisionspendenz» verwendet. Dieser Begriff gibt den Gegenstand der Gesetzesbestimmung eher missverständlich wider (vgl. Kapitel 6.6.10).

Botschaft vom 22. Juni 1998 betreffend die Revision des Bundesgesetzes über die Eidgenössische Finanzkontrolle (FKG) (BBl 1998 V 4703, hier 4720­4721).

Vgl. Kapitel 5.2.2.

Botschaft vom 22. Juni 1998 betreffend die Revision des Bundesgesetzes über die Eidgenössische Finanzkontrolle (FKG) (BBl 1998 V 4703, hier 4721).

6595

Die EFK interpretiert «besondere Vorkommnisse» sowie «Mängel von grundsätzlicher Bedeutung» gemäss ihrem Jahresbericht von 2007 wie folgt: «Besondere Vorkommnisse sind beispielsweise Delikte mit grossem Schaden oder grundlegende Mängel im IKS. Wenn die Ordnungsmässigkeit der Rechnungsführung oder Buchhaltung nicht gegeben ist oder systematisch Rechtsvorschriften missachtet werden, liegt ein Mangel von grundsätzlicher Bedeutung vor».1257

6.2.5

Zusammenarbeit mit Querschnittsämtern

Nimmt die EFK bei ihren Prüfungen Mängel ausserhalb des Finanzgebarens in der Organisation, der Verwaltungsführung oder der Aufgabenerfüllung wahr, bringt sie ihre Feststellungen in Abhängigkeit vom Problembereich einzelnen in Artikel 13 Absatz 2 FKG aufgeführten Querschnittsämtern bzw. Querschnittsorganen mit Beratungs-, Dienstleistungs- und Koordinationsfunktionen zur Kenntnis.1258 Im Bereich der Informatik betrifft dies das BIT und das ISB. Das ISB wird erst seit der Fassung des FKG vom 1. September 2007 aufgrund einer formlosen Anpassung durch die Bundeskanzlei explizit in Artikel 13 Absatz 2 FKG aufgeführt.1259

6.2.6

Stellungnahme in Mitberichtsverfahren und in der Ämterkonsultation

Die EFK kann nach Artikel 26 OV-EFD im Rahmen von Mitberichtsverfahren selbständig Stellungnahmen zuhanden des Bundesrats abgeben. In Anwendung von Artikel 4 RVOV wird die EFK ausserdem in die Ämterkonsultation einbezogen.

6.2.7

Beratung zu Kreditbegehren

Die vorberatenden Organe können die EFK gemäss Artikel 7 Absatz 2 FKG zu ihren Verhandlungen zu einzelnen Kreditbegehren sowie zum Voranschlag beiziehen.

Nebst dem Bundesrat betrifft dies insbesondere die FK und die FinDel. Ausserdem ist es nicht ausgeschlossen, dass die EFK von sich aus die Initiative ergreift und diesen Organen ihr bekannte Sachgeschäfte vorträgt.1260

1257 1258

EFK-Jahresbericht 2007, S. 43.

Botschaft vom 30. März 1994 zur Änderung des Finanzkontrollgesetzes (BBl 1994 II 721, hier 730 und 737­738).

1259 Art. 16 Abs. 3 der Verordnung über die Sammlungen des Bundesrechts und das Bundesblatt (Publikationsverordnung, PublV) vom 17. Nov. 2004 (SR 170.512.1).

1260 Botschaft vom 25. Nov. 1966 zum Entwurf eines Bundesgesetzes über die eidgenössische Finanzkontrolle (BBl 1966 II 708, hier 721).

6596

6.2.8

Koordination der Prüftätigkeiten mit den FISP sowie Stellung und Aufgaben der FISP

Die EFK koordiniert ihre Prüftätigkeiten nach Artikel 11 Absatz 2 FKG mit denen der internen Revision, den sogenannten FISP. Ausserdem überwacht sie die Wirksamkeit der Prüfungen der FISP (Art. 11 Abs. 2 FKG).

Die FISP sind den Amts- bzw. Geschäftsleitungen unterstellt, jedoch in ihrer Prüftätigkeit selbständig und unabhängig.1261 Sie lassen der EFK ihre jährlichen Prüfprogramme sowie alle Berichte zur Kenntnis zukommen (Art. 11 Abs. 1 und 2 FKG).1262 Ausserdem bringen sie der EFK nach Artikel 11 Absatz 2 FKG alle festgestellten Mängel von grundsätzlicher oder erheblicher finanzieller Bedeutung ohne Verzug zur Kenntnis.

Die ESTV verfügt seit dem 1. Januar 2003 über ein zentrales FISP ESTV. Seine Stellung und Aufgaben sind in der Geschäftsordnung für das FISP ESTV sowie in den Grundsätzen für das FISP ESTV ausgeführt. Die Geschäftsordnung wurde während der Projektlaufzeit von INSIEME per 1. Juni 2012 angepasst.1263 Das FISP ESTV erstellt sein jährliches Prüfprogramm unter Einbezug von Prüfanträgen des Direktors der ESTV auf der Grundlage von regelmässigen Risikobeurteilungen.1264 Das Schwergewicht der Aufgaben des FISP ESTV liegt bei der Prüfung von Geschäftsprozessen mit hoher finanzieller Relevanz, d. h. bei der Prüfung von Aktivitäten, die entweder im direkten Zusammenhang mit den grossen Finanzströmen der ESTV stehen oder hohe finanzielle (aber auch politische) Risiken aufweisen.1265

6.2.9

Anlaufstelle Whistleblowing

Die EFK ist seit dem Inkrafttreten von Artikel 22a BPG vom 1. Januar 2011 die offizielle Anlaufstelle des Bundes für das Whistleblowing.1266 Gemäss Artikel 22a Absatz 1 BPG sind alle Bundesangestellten verpflichtet, von Amtes wegen zu verfolgende Verbrechen oder Vergehen, die sie bei ihrer amtlichen Tätigkeit feststellen oder die ihnen gemeldet werden, den Strafverfolgungsbehörden, ihren Vorgesetzten oder der EFK anzuzeigen.

Weiter sind sie nach Artikel 22a Absatz 4 BPG berechtigt, andere Unregelmässigkeiten ­ wobei es sich nicht nur um strafrechtliche Vorwürfe, sondern beispielsweise

1261 1262 1263 1264 1265 1266

Botschaft vom 25. Nov. 1966 zum Entwurf eines Bundesgesetzes über die eidgenössische Finanzkontrolle (BBl 1966 II 708, hier 723).

Das FKG regelt nur die Zustellung der Berichte der FISP an die EFK. Es enthält keine Bestimmungen über die Zustellung der Berichte der FISP an die Departemente.

GO FISP ESTV vom Juni 2012 und GO FISP ESTV vom 8. Okt. 2002 (in Kraft bis 31. Mai 2012); Grundsätze FISP ESTV vom 6. Jan. 2003.

Grundsätze FISP ESTV vom 6. Jan. 2003, Ziff. 8.1 und 8.2.

Grundsätze FISP ESTV vom 6. Jan. 2003, Ziff. 7.

Ein «Whistleblower» (to blow the whistle) oder Hinweisgeber ist eine Person, welche die zuständige Stelle auf regelwidriges Verhalten, Missstände, illegales Handeln (z. B. Korruption, Insiderhandel etc.) oder allgemeine Gefahren, von denen sie erfährt, hinweist (abrufbar unter: www.efk.admin.ch > EFK > Whistleblowing [Stand: 15. Sept. 2014]).

6597

auch um verschwenderische oder unnötige Ausgaben handeln kann1267 ­ der EFK zu melden. Die EFK klärt den Sachverhalt ab und trifft die notwendigen Massnahmen.

6.3

Phase 1: Projektkonzeption bis Abbruch der Verhandlungen mit Unisys (2001­August 2007)

6.3.1

Ausgangslage: Meldung an den Bundespräsidenten im März 2002

In der ersten Phase von INSIEME befasste sich die EFK intensiv mit der Informatik der ESTV. Zwischen 2001 und 2007 war der Informatikbereich mit Ausnahme von 20071268 mindestens einmal jährlich Gegenstand von Prüfungen der EFK. Der Grund für diese enge Begleitung war die damals schon kritische Situation in Bezug auf die Systeme MOLIS und STOLIS, die nach Einschätzung der EFK dazu führte, dass die Geschäftsführung in der ESTV grundsätzlich gefährdet war.1269 Im Jahr 2002 war die Situation nach Ansicht der EFK besonders alarmierend. Im Rahmen einer Dienststellenrevision in der ESTV stellte sie im März 2002 fest, dass sich die Situation in Bezug auf die Altsysteme MOLIS und STOLIS in grossem Tempo verschlechtert hatte. Ausserdem sah sie Schwierigkeiten, neue Projekte zur Ablösung von MOLIS und STOLIS rasch umzusetzen. Diese grundsätzlichen Mängel waren den politischen Verantwortungsträgern nach Ansicht der EFK nicht bekannt.1270 Sie sah sich deshalb dazu veranlasst, in Anwendung von Artikel 15 Absatz 3 FKG eine Meldung an den Vorsteher des EFD (1996­2003) und damaligen Bundespräsidenten sowie an den Vizepräsidenten des Bundesrats und an die FinDel zu erstatten.

Die Meldung führte zu einer verstärkten Befassung der FinDel mit der Informatik der ESTV zwischen 2002 und 2004.1271 Infolgedessen setzte sich auch das EFD vermehrt mit den Informatikproblemen der ESTV auseinander und verfasste zwischen 2003 und 2004 mehrere Berichte zum Stand der Informatik der ESTV zuhanden der FinDel.1272 Die EFK nahm ihrerseits weitere Prüfungen zur Informatik der ESTV vor und nahm INSIEME in ihre Prüfprogramme von 2005 und 2006 auf.1273

1267 1268 1269 1270

1271 1272 1273

Botschaft vom 10. Sept. 2008 zum Bundesgesetz über die Organisation der Strafbehörden des Bundes (Strafbehördenorganisationsgesetz, StBOG) (BBl 2008 8125, hier 8182).

Für das Jahr 2007 hatte die EFK eine Folgeprüfung zu INSIEME vorgesehen. Diese wurde jedoch ins Jahr 2008 verschoben (vgl. Kapitel 6.3.5).

Protokoll der AGI vom 14. Okt. 2013, S. 11 (Direktor EFK 1998­2013).

Gemäss Auskunft des Vorstehers des EFD (1996­2003) in seiner Anhörung durch die AGI hatte das EFD, entgegen der Wahrnehmung der EFK, bereits vor der Meldung der EFK vom März 2002 Kenntnisse von den Informatikproblemen der ESTV (Protokoll der AGI vom 28. Okt. 2013, S. 27­28).

Vgl. Kapitel 7.2.1.1.

Berichte des EFD an die die FinDel vom 21. Febr. 2003, 5. Aug. 2003, 10. Sept. 2003, 4. Febr. 2004, 8. April 2004 und 25. Aug. 2004.

EFK-Berichte vom 25. März 2002, 7. Nov. 2003 und 16. Febr. 2004.

6598

6.3.2

Prüfung der EFK zu INSIEME von 2005

Nach dem Start der eigentlichen Projektarbeiten zu INSIEME im Jahr 2003 kam der Anstoss zur Festlegung des ersten Prüftermins vom FISP ESTV. Dessen Leiter vereinbarte 2004 mit dem Direktor der ESTV (2000­2012), dass die Zuständigkeit für die Prüfung von INSIEME nicht beim FISP ESTV, sondern primär bei der EFK liegen soll. Nach Abschluss der ersten Teilprojekte von INSIEME im Jahr 2004 regte er deshalb bei der EFK eine Prüfung zu INSIEME an.1274 Diese Prüfung fand zwischen Januar und Februar 2005 statt. Sie befasste sich mit der Projektabwicklung und Projektkoordination der drei Teilprojekte INSIEMEBasis, INISCH und FITIN 1 sowie mit der Konzeption des zukünftigen IKS für die ESTV. Weiter sichtete die EFK auf ausdrücklichen Wunsch des Direktors der ESTV (2000­2012) den kaufmännischen Teil des Pflichtenhefts für die WTO-Ausschreibung bezüglich der Einhaltung der Bestimmungen des Beschaffungsrechts.

Im Rahmen dieser Prüfung stellte die EFK Kosten- und Terminüberschreitungen sowie eine lückenhafte Kostenkontrolle fest. Ausserdem erkannte sie, dass die ESTV bei der Vergabe eines Dienstleistungsauftrags die beschaffungsrechtlichen Bestimmungen des BöB nicht eingehalten hatte.1275 Eine ähnliche Feststellung hatte sie bereits ein Jahr zuvor im Rahmen einer allgemeinen Beschaffungsprüfung zur Informatik der ESTV gemacht und dazu eine Empfehlung an die ESTV gerichtet.1276 Weiter stellte die EFK in ihrer Prüfung vom Februar 2005 fest, dass die ESTV keinen Verpflichtungskredit beantragt hatte und dass das Projekt ungenügend koordiniert war. Darüber hinaus erkannte die EFK, dass die Erstellung eines IKSKonzepts für die ESTV noch nicht an die Hand genommen worden war. Diesbezüglich hatte die EFK bereits in früheren Prüfungen von 2002 und 2003 Empfehlungen formuliert, welche die ESTV noch nicht umgesetzt hatte.1277 Bezüglich des kaufmännischen Teils des Pflichtenhefts für die WTO-Ausschreibung sah die EFK verschiedentlich Verbesserungsbedarf und teilte ihre Anpassungsvorschläge den Projektverantwortlichen bereits Anfang Februar 2005 mit. Diese konnten noch vor der abschliessenden Prüfung der WTO-Ausschreibung durch das BBL ins Pflichtenheft aufgenommen werden.1278 Wie allgemein üblich führte die EFK vor der schriftlichen Mitteilung ihrer Prüfungsbefunde eine Schlussbesprechung mit den Projektbeteiligten sowie
dem Leiter des FISP ESTV (seit 2005) durch. Der Direktor der ESTV (2000­2012) und Projektauftraggeber nahm an der Schlussbesprechung nicht teil. Er erhielt den Bericht vom 25. Februar 2005 schriftlich zugestellt. Dieser enthielt auf den ersten Seiten eine Zusammenfassung, die allerdings lückenhaft war. So wurde unter anderem die Nichteinhaltung der beschaffungsrechtlichen Bestimmungen darin nicht erwähnt.

1274

1275 1276

1277 1278

Protokoll der AGI vom 23. Jan. 2014, S. 51 (Leiter FISP ESTV seit 2005); E-MailKorrespondenz zwischen dem Direktor der ESTV (2000­2012) und dem Leiter des FISP ESTV vom 9. Dez. 2004.

EFK-Bericht vom 25. Febr. 2005, S. 5­6.

Empfehlung 4.4: «[...] WTO-Geschäfte sind auszuschreiben und die Vergabe zu publizieren. Bei freihändiger Vergabe ist darüber ein Bericht zu erstellen und die Vergabe zu publizieren» (EFK-Bericht vom 16. Febr. 2004).

EFK-Bericht vom 25. März 2003, S. 6­8; EFK-Bericht vom 7. Nov. 2003, S. 5­7.

Projektabschlussbericht INISCH vom 11. April 2005, S. 6; EFK-Bericht vom 25. Febr.

2005, S. 11.

6599

Der Bericht vom 25. Februar 2005 enthielt drei Empfehlungen,1279 wovon eine die Erstellung eines umfassenden IKS-Konzepts für die ESTV im Rahmen des Projekts INSIEME betraf.1280 Wie allgemein üblich ordnete die EFK ihren Empfehlungen Prioritäten zu. Dabei erhielten alle drei Empfehlungen die Priorität 1.1281 Die Empfehlungen der EFK wurden vom Direktor der ESTV (2000­2012) im Rahmen einer schriftlichen Stellungnahme von Ende März 2005 akzeptiert. Betreffend IKSKonzept gab er an, dass die ESTV bis Ende 2005 IKS-Grundsätze sowie eine Wegleitung verabschieden würde.1282 Im April 2005 liess die EFK den Bericht mit der Stellungnahme der ESTV sowie einer zusätzlichen Zusammenfassung der FinDel zukommen. Die Zusammenfassung zuhanden der FinDel war, ähnlich wie die im Bericht selbst enthaltene Zusammenfassung, lückenhaft;1283 namentlich fehlten die Feststellungen der EFK zu den Bereichen Beschaffungswesens und Kostenkontrolle.1284 Nebst der FinDel erhielt auch das GS EFD die Zusammenfassung der EFK, die das GS EFD im Rahmen seiner departementalen Aufsicht weiterverwendete (vgl. Kapitel 4.4.2.5).1285 Die FinDel behandelte den Bericht der EFK vom 25. Februar 2005 im Juni 2005 im Rahmen einer ordentlichen Sitzung, an welcher der Direktor der EFK (1998­2013) teilnahm. Die Anwesenheit des Direktors der EFK an den Sitzungen der FinDel ist allgemein üblich. Ihm kommt generell die Rolle zu, die Berichte der EFK zu vertreten, Zwischentöne in den Berichten zu erläutern, die Sichtweise der EFK in die Diskussion einzubringen und auf Wunsch eine Einschätzung zum Handlungsbedarf der FinDel vorzunehmen (vgl. Kapitel 7.2.2.3).1286 Im Zusammenhang mit der Prüfung von 2005 gab er der FinDel die Auskunft, dass das Projekt allgemein auf Kurs sei. Eine Meinungsdifferenz zwischen der ESTV und der EFK betreffend IKS habe bereinigt werden können.1287 Im öffentlichen Jahresbericht 2005 der EFK zuhanden der FinDel und des Bundesrats erwähnte die EFK ihre Beanstandung aus ihrer Prüfung betreffend den nicht beantragten Verpflichtungskredit für INSIEME sowie ihre Empfehlung betreffend 1279

1280 1281

1282 1283

1284 1285 1286 1287

Empfehlungen der EFK: (1) Das IKS-Konzept muss im Rahmen des Projekts INSIEME grundlegend überarbeitet werden, bevor es in allen Tätigkeitsfeldern der ESTV zur Anwendung gelangt. (2) Die ESTV wird aufgefordert, die Risiken der neuen IT-Architektur einzuschätzen und diese im Rahmen der Evaluation der eingegangenen Offerten zu berücksichtigen. (3) Die ESTV wird aufgefordert, sicherzustellen, dass die im Pflichtenheft berücksichtigten Entwicklungs-Tools benutzerfreundlich sind und eine optimale Produktivität gewährleisten. Andernfalls ist das Pflichtenheft zu überarbeiten (Beilage 1 zum EFK-Bericht vom 25. Febr. 2005, S. 1).

EFK-Bericht vom 25. Febr. 2005, S. 5; Beilage 1 zum EFK-Bericht vom 25. Febr. 2005, S. 1.

Mit den Prioritäten kennzeichnet die EFK die Wesentlichkeit ihrer Empfehlungen (Priorität 1 = hoch, Priorität 2 = mittel, Priorität 3 = klein; vgl. EFK-Bericht vom 25. Febr. 2005, S. 3; Beilage 1 zum EFK-Bericht vom 25. Febr. 2005).

Stellungnahme der ESTV vom 29. März 2005.

Die Prüfberichte der EFK enthalten üblicherweise eine Zusammenfassung im Sinne eines Management Summary. Zusätzlich dazu erstellt die EFK in Anwendung von Art. 14 Abs. 1 FKG (SR 614.0) für jede Prüfung eine Geschäftszusammenfassung für die FinDel und die betroffenen Departementsvorstehenden.

Zusammenfassung der EFK an die FinDel vom 18. Mai 2005.

Schreiben des Generalsekretärs des EFD (1996­2007) an die AGI vom 5. Nov. 2013, S. 2.

Protokoll der AGI vom 14. März 2014, S. 57 (Präsident FinDel 2003 und 2007).

Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 27./28. Juni 2005, S. 2 (Direktor EFK 1998­2013).

6600

IKS.1288 Im Weiteren wurden aber im Jahresbericht weder für die ESTV noch für die übrigen Verwaltungseinheiten des Bundes Pendenzen bei der Umsetzung von Empfehlungen der EFK nach Artikel 14 Absatz 3 FKG ausgewiesen.

6.3.3

Verpflichtungskredit INSIEME 2005

Das EFD stellte im Juni und August 2005 u. a. aufgrund der Beanstandung der EFK einen Antrag an den Bundesrat für einen Verpflichtungskredit für INSIEME in der Höhe von 86 respektive 71 Millionen Franken (vgl. Kapitel 4.4.3.2).1289 Die ESTV hatte vor der Antragsstellung keine Ämterkonsultation durchgeführt.1290 Entsprechend konnte die EFK keine Stellung zum Kreditgeschäft nehmen. Am Mitberichtsverfahren zum Kreditantrag beteiligte sich die EFK nicht; sie nimmt generell keine Stellung zu einzelnen Kreditgeschäften im Rahmen von Mitberichtsverfahren.1291 Der Bundesrat ermächtigte das EFD im August 2005, dem Parlament den Verpflichtungskredit für INSIEME mit dem Voranschlag 2006 anzubegehren. An der darauffolgenden Sitzung der FinDel zur Beratung des Verpflichtungskredits war der Direktor der EFK (1998­2013) anwesend. Dabei gab er jedoch keine Auskunft zu den Prüfungsbefunden der EFK zu INSIEME.1292 Ausserdem stand es für die EFK anlässlich der Beratung des Voranschlags 2006 nicht zur Diskussion, dass sie von sich aus eine Stellungnahme zu INSIEME zuhanden der FK abgab.1293 Sie ging davon aus, dass die Mitglieder der FK aufgrund ihres Berichts zu INSIEME von 2005 bereits sensibilisiert waren (vgl. Kapitel 7.3.2.1).1294

6.3.4

Prüfung der EFK zu INSIEME von 2006

Die EFK hatte der ESTV bereits im Juli 2005 angekündigt, dass sie für Mai 2006 eine Prüfung zum Teilprojekt INSIEME-Data sowie zum Konzept für die Datenmigration plane.1295 Diese Prüfung wurde zwischen April und Mai 2006 durchgeführt und befasste sich zusätzlich zu den angekündigten Prüfgegenständen auch mit der Planung und Organisation sowie mit der Qualitätssicherung und dem Risikomanagement des Gesamtprojekts. Im Sinne einer Nachkontrolle zur Umsetzung der Empfehlung betreffend IKS-Konzept von 2005 (vgl. Kapitel 6.3.2) prüfte die EFK 1288 1289

1290 1291 1292 1293

1294 1295

EFK-Jahresbericht 2005, S. 26­27.

Nach der Verschiebung des Geschäfts durch den Bundesrat vom 29. Juni 2005 auf den 15. August 2005 konnte der anzubegehrende Verpflichtungskredit infolge der eingegangenen Offerten von 86 auf 71 Millionen gesenkt werden.

Bericht der EFV an die AGI vom 6. Jan. 2014, S. 4.

Protokoll der AGI vom 14. Okt. 2013, S. 20.

Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 29./30. Aug. 2005, S. 2.

Die EFK ist gemäss Art. 7 Abs. 2 FKG nicht zu einer Stellungnahme verpflichtet. Sie kann gemäss Botschaft vom 25. Nov. 1966 zum Entwurf eines Bundesgesetzes über die eidgenössische Finanzkontrolle jedoch von sich aus die Initiative ergreifen und den vorberatenden Organen ihr bekannte Sachgeschäfte vortragen (BBl 1966 II 708, hier 721).

Von den Teilrevisionen des FKG vom 7. Okt. 1995 und 19. März 1999 war Art. 7 FKG nicht betroffen; die Ausführungen in der Botschaft des Bundesrats von 1966 zum Artikel sind noch gültig.

Protokoll der AGI vom 14. Okt. 2013, S. 19 (Direktor EFK 1998­2013).

E-Mail des Programmkoordinators INSIEME (2005­2007) an weitere Mitarbeitende der ESTV vom 28. Juli 2005.

6601

ausserdem die Arbeiten im Bereich des IKS. Eine Rechtmässigkeitsprüfung zu den Beschaffungen von externen Dienstleistungen wurde nicht durchgeführt.1296 Im Rahmen dieser Prüfung stellte die EFK fest, dass die «Voraussetzungen für eine effiziente Umsetzung des Projekts gut sind».1297 Sie identifizierte aber verschiedene Risiken und formulierte dazu elf Empfehlungen, wovon sieben die Priorität 1 erhielten. Unter anderem empfahl die EFK, den Generalunternehmer Unisys sowie das BIT in die Projektorganisation einzubinden, eine Vertragskontrolle zu implementieren und einen Qualitätssicherungsplan nach HERMES auszuarbeiten. Ausserdem formulierte sie verschiedene Empfehlungen im Bereich der Informatiksicherheit und des Datenschutzes.1298 Im Rahmen der Nachkontrolle betreffend IKS stellte die EFK fest, dass auch nach Ablauf der Umsetzungsfrist der Empfehlung von 2005 weiterhin noch keine Leitplanken und Vorgaben für das IKS bestanden. Entsprechend empfahl sie der ESTV erneut, im Rahmen von INSIEME ein umfassendes IKS für die ESTV zu erstellen.1299 Ihre Befunde und Empfehlungen fasste die EFK im Prüfbericht vom 29. Mai 2006 zusammen und stellte diesen nach der Schlussbesprechung mit einzelnen Projektinvolvierten und dem Leiter des FISP ESTV (seit 2005) dem Direktor der ESTV (2000­2012) zu. In seiner schriftlichen Stellungnahme akzeptierte dieser alle Empfehlungen und datierte die Umsetzungstermine mehrheitlich auf Juli 2007. Nachdem der Direktor der ESTV (2000­2012) bereits Ende April 2006 in einer ESTVinternen E-Mail einzelnen Mitarbeitenden mitgeteilt hatte, dass die EFK betreffend IKS in Vergangenheit schon mehrfach vertröstet worden sei und die Geschäftsleitung sich nun erste Überlegungen zum Thema machen sollte,1300 gab er in seiner Stellungnahme zur Empfehlung betreffend die Schaffung eines umfassenden IKS an, dass der Auftrag für die Erstellung von IKS-Richtlinien auf Stufe der Geschäftsleitung nun erteilt worden sei, die konkreten IKS-Vorschriften jedoch in den einzelnen Prozessen festgelegt würden.1301 Das bedeutete, dass die Realisierung eines umfassenden, prozessübergreifenden IKS im Sinne der EFK nicht geplant war.1302 Der Prüfbericht der EFK vom 29. Mai 2006 wurde im August 2006 in der FinDel beraten. Weder der Bericht noch die Zusammenfassung enthielten einen Hinweis dazu, dass im Rahmen der
Prüfung eine Nachkontrolle zur Empfehlung betreffend IKS von 2005 stattgefunden hatte. Im Rahmen der Beratung wurde festgestellt, dass die ESTV alle Empfehlungen der EFK akzeptiert hatte. Aufgrund der Komplexität der Thematik war es für die FinDel jedoch nach eigenem Dafürhalten schwierig zu beurteilen, ob eine Intervention notwendig war.1303 Der in der Sitzung anwesende Direktor der EFK (1998­2013) gab diesbezüglich die Auskunft, dass seitens der 1296

1297 1298 1299 1300 1301 1302 1303

Die ESTV arbeitete zu diesem Zeitpunkt in drei Teilprojekten mit externen Dienstleistungsanbietern zusammen (vgl. Kapitel 3.4.4.1, Tabelle 1). Zuvor hatte die EFK in den Jahren 2004 und 2005 Mängel bei der Beschaffung von externen Informatikdienstleistungen durch die ESTV beanstandet (vgl. Kapitel 6.3.2).

EFK-Bericht vom 29. Mai 2006, S. 3.

Beilage 1 zum EFK-Bericht vom 29. Mai 2006.

EFK-Bericht vom 29. Mai 2006, S. 13­14; Auszug aus dem elektronischen Empfehlungscontrolling (i-world) der EFK vom 28. Aug. 2013, S. 3 und 5.

E-Mail des Direktors der ESTV (2000­2012) an einzelne ESTV-Mitarbeitende vom 28. April 2006.

Stellungnahme der ESTV vom 29. Juni 2006, S. 2.

Protokoll der AGI vom 23. Jan. 2014, S. 43 (Leiter FISP ESTV seit 2005).

Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 29./30. Aug. 2006, S. 2 (Präsident FinDel 2003 und 2007).

6602

FinDel kein Handlungsbedarf bestehe. Der Bericht sei von der EFK nur als prioritär gekennzeichnet worden, weil die Informatikprojekte der ESTV bereits in der Vergangenheit immer wieder ein Thema in der FinDel gewesen seien.1304 Solche Kennzeichnungen der Berichte entsprechen der allgemeinen Praxis der EFK.

Grundsätzlich versieht sie alle Prüfberichte zuhanden der FinDel mit Prioritäten.

Berichte mit der höchsten Priorität wurden in der ersten Phase von INSIEME zwischen 2001 und 2007 von allen Mitgliedern der FinDel gelesen und an den Sitzungen behandelt. Die übrigen Berichte wurden nicht im Detail behandelt (vgl. Kapitel 7.2.2.2).1305 In ihrem öffentlichen Jahresbericht 2006 zuhanden der FinDel und des Bundesrats erwähnte die EFK die Prüfung zu INSIEME in Form einer kurzen Zusammenfassung ihrer Empfehlungen.1306 Umsetzungspendenzen nach Artikel 14 Absatz 3 FKG führte sie im Bericht weder für die ESTV noch für die übrigen Verwaltungseinheiten des Bundes auf. Hingegen informierte die EFK im Jahresbericht 2006 in einem neu eingeführten Kapitel erstmals über den Umsetzungsstand von einzelnen Empfehlungen.1307 Die ESTV wurde darin nicht erwähnt. Die EFK hatte noch keine Nachkontrolle zur Prüfung zu INSIEME von 2006 durchgeführt und hatte demnach keine Kenntnisse über den Stand der Umsetzung der entsprechenden Empfehlungen. Eine Folgeprüfung zu INSIEME, in der die Umsetzung einzelner Empfehlungen von 2006 hätte kontrolliert werden sollen, sah die EFK für den Sommer 2007 vor.1308

6.3.5

Verschobene Prüfung der EFK von 2007

Auf Druck des EFD hatte die ESTV in der zweiten Jahreshälfte 2006 einen Auftrag für ein externes Audit von INSIEME an die Firma Capgemini vergeben, das im Februar 2007 durchgeführt werden sollte (vgl. Kapitel 4.4.3.1).1309 Da der Programmkoordinator INSIEME (2005­2007) eine erhebliche Belastung für die Projektleitung sowie Doppelspurigkeiten befürchtete, stellte er im Dezember 2006 einen Antrag auf einen Verzicht oder auf eine Verschiebung der geplanten Folgeprüfung vom Sommer 2007 an die EFK.1310 Aufgrund des Antrags beschloss die Direktion der EFK, die geplante Prüfung ins Jahr 2008 zu verschieben. Ihren Entscheid knüpf-

1304 1305

1306 1307

1308

1309 1310

Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 29./30. Aug. 2006, S. 2­3 (Direktor EFK 1998­2013).

In den Phasen nach 2007 wurden die von der EFK als prioritär gekennzeichneten Berichte nicht mehr von allen Mitgliedern der FinDel vorgängig zur Sitzung gelesen, sondern nur noch von den entsprechenden Referenten (Protokolle der AGI vom 14. März 2014, S. 39 [Präsident FinDel 2004] sowie vom 26. März 2014, S. 11 [Präsident FinDel 2010 und 2014]).

EFK-Jahresbericht 2006, S. 11.

EFK-Jahresbericht 2006, Ziff. 5: Die Umsetzung der Empfehlungen der EFK, S. 43. Nach 2008 berichtete die EFK in diesem Kapitel nicht mehr über den Stand der Umsetzung von einzelnen Empfehlungen, sondern wies nur noch darauf hin, dass die EFK über ein Empfehlungscontrolling verfügt (EFK-Jahresberichte 2008­2012).

Schreiben der EFK an die AGI vom 31. Okt. 2013, S. 2; E-Mail-Korrespondenz zwischen dem Leiter des Prüfbereichs EFD der EFK und dem Programmkoordinator INSIEME (2005­2007) vom 21. Dez. 2006.

Protokoll der AGI vom 28. Okt. 2013, S. 38 (Generalsekretär EFD 1996­2007).

E-Mail-Korrespondenz zwischen dem Leiter des Prüfbereichs EFD der EFK und dem Programmkoordinator INSIEME (2005­2007) vom 21. Dez. 2006.

6603

te sie an die Bedingung, dass die EFK im Jahr 2007 über die weitere Entwicklung von INSIEME auf dem Laufenden gehalten werde.1311 Im März 2007 lagen die kritischen Ergebnisse des Audits der Firma Capgemini vor.

In ihrem Bericht kam sie zum Schluss, dass INSIEME ohne wesentliche Änderungen den geplanten Zeit- und Finanzmittelbedarf deutlich übersteigen würde.1312 Anlässlich eines Treffens von Ende April 2007 besprach der Programmkoordinator INSIEME (2005­2007) die Befunde der Firma Capgemini mit dem stellvertretenden Direktor der EFK (2000­2013) und dem Leiter des Prüfbereichs EFD der EFK. Die zwei EFK-Vertreter empfahlen ihm, aus Risikoüberlegungen einen klaren Entscheid betreffend die Weiterführung der Zusammenarbeit mit der Firma Unisys zu fällen.1313 Anfang Juli 2007 behandelte die FinDel einen Bericht der EFK zur Dienststellenrevision 2006 in der Hauptabteilung MWST der ESTV. Darin wurde INSIEME am Rande erwähnt. Der Direktor der EFK (1998­2013) sagte diesbezüglich, dass das Projekt INSIEME auf Kurs sei,1314 obwohl der Bericht der Firma Capgemini zu einem anderen Schluss gekommen war.

Ende August 2007 erfolgte der Widerruf des WTO-Zuschlags an Unisys und die Sistierung des Projekts INSIEME. Die EFK wies in ihrem Jahresbericht 2007 darauf hin, dass die Empfehlungen der Prüfung zu INSIEME von 2006 mit der Sistierung des Projekts hinfällig geworden seien.1315 Das FISP ESTV erwähnte die Sistierung von INSIEME in seinem Jahresbericht 2007 nicht. Es hatte über die gesamte erste Projektphase zwischen 2001 und 2007 keine Prüfungen zu INSIEME durchgeführt und das Projekt einzig im Zusammenhang mit der eher zögerlich voranschreitenden Erarbeitung des IKS für die ESTV begleitet.1316 Weiter kontrollierte es stichprobenweise einzelne Belege sowie das Vorhandensein eines IKS innerhalb der Projektorganisation INSIEME im Rahmen seiner Jahresrechnungsprüfungen. Diesbezüglich hatte das FISP ESTV aber keine Mängel festgestellt.1317 Zu einer Koordination zwischen der EFK und dem FISP ESTV bezüglich INSIEME kam es in der ersten Projektphase nur anlässlich der Anregung der ersten Prüfung im Jahr 2005, der Kenntnisnahme der jährlichen Prüfprogramme und der Teilnahme des Leiters des FISP ESTV an den Schlussbesprechungen zu den Prüfungen der EFK von 2005 und 2006.1318

1311 1312 1313 1314 1315 1316 1317 1318

E-Mail-Korrespondenz zwischen dem Leiter des Prüfbereichs EFD der EFK und dem Programmkoordinator INSIEME (2005­2007) vom 16. Jan. 2007.

Audit-Bericht Capgemini vom 22. März 2007.

E-Mail-Korrespondenz zwischen dem Programmkoordinator INSIEME (2005­2007) und dem Direktor ESTV (2000­2012) vom 24. April 2007.

Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 2./3. Juli 2007, S. 2 (Direktor EFK 1998­2013).

EFK-Jahresbericht 2007, S. 41­42.

Protokoll der AGI vom 23. Jan. 2014, S. 40­42 (Leiter FISP ESTV seit 2005).

Protokoll der AGI vom 23. Jan. 2014, S. 40 (Leiter FISP ESTV seit 2005); Jahresrechnungsbericht 2006 des FISP ESTV vom 19. April 2007, S. 8.

Protokoll der AGI vom 23. Jan. 2014, S. 50­52 (Leiter FISP ESTV seit 2005).

6604

6.4

Phase 2: Projektneustart bis Einleitung der Administrativuntersuchung (September 2007­Januar 2012)

6.4.1

Prüfung der EFK von 2008

Nach dem Neustart von INSIEME war es der EFK ein Anliegen, frühzeitig zu kontrollieren, ob die ESTV die Lehren aus der Vergangenheit gezogen hatte.1319 Dazu führte sie zwischen Oktober und November 2008 eine Prüfung des neu lancierten Projekts durch.1320 Die Prüfung fokussierte auf eine Abklärung der Risiken im Bereich der Projektplanung und des Projektmanagements sowie auf eine Kontrolle der ordnungs- und rechtmässigen Verwendung der bisher eingesetzten Mittel. Nicht Gegenstand der Prüfung war die Erarbeitung des zukünftigen IKS der ESTV, welche in der ersten Phase von INSIEME 2005 und 2006 zu Beanstandungen der EFK geführt hatte.1321 Im Rahmen der Prüfung stellte die EFK zahlreiche Mängel fest: Sie erkannte, dass das Projekt weder über eine Gesamtterminplanung noch über eine angemessene Finanz- und Ressourcenplanung verfügte. Dem Projektleiter fehlte das notwendige Informatik- und Projektmanagementwissen. Die für die Bundesverwaltung obligatorische Vorgehensmethodik HERMES wurde nicht angewandt. Der Projektlenkungsausschuss war in einzelnen zentralen Bereichen nicht in die Entscheidfindung einbezogen und die Zusammenarbeit zwischen der ESTV und dem BIT wurde durch verschiedene Probleme1322 belastet. Weiter erkannte die EFK, dass die Finanzierung von INSIEME auf dem «überholten» Verpflichtungskredit aus dem Jahr 2005 basierte, der Projektaufwand teils nicht ordnungsgemäss erfasst worden war und ein wirksames Controllingsystem fehlte. Ausserdem bemängelte sie, dass die beschaffungsrechtlichen Bestimmungen nicht eingehalten worden waren.1323 Die EFK gelangte aufgrund dieser Befunde zum Schluss, dass die Projektorganisation und das Projektmanagement insgesamt «schlecht» waren.1324 In der Zusammenfassung ihres Prüfberichts vom 18. Dezember 2008 brachte sie dies wie folgt zum Ausdruck: «Momentan sind jedoch noch einige kritische Erfolgsfaktoren vorhanden [...]. Die heutige Projektorganisation und damit auch das Projektmanagement sind nicht optimal und bedürfen einiger Korrekturen.»1325 Die Verstösse gegen die beschaffungsrechtlichen Bestimmungen erwähnte die EFK in der Berichtszusammenfassung nicht. Sie betonte darin aber die hohe Motivation der Projektbeteiligten.1326

1319 1320 1321 1322

1323 1324 1325 1326

EFK-Bericht vom 18. Dez. 2008, S. 6.

EFK-Bericht vom 18. Dez. 2008, S. 9.

Vgl. Kapitel 6.3.2 und 6.3.4 (Auszug aus dem elektronischen Empfehlungscontrolling [i-world] der EFK vom 28. Aug. 2013, S. 1­4).

Bei diesen Problemen handelte es sich u. a. um fehlende Projektvereinbarungen zwischen der ESTV und dem BIT, fehlende Abnahmegarantien und Leistungsverrechnungen, unterschiedliche Auffassungen zur Qualität und Sprache der technischen Spezifikationen, mangelnde Koordination bei der Terminplanung, etc. (EFK-Bericht vom 18. Dez. 2008, S. 11­12 und 14­15).

EFK-Bericht vom 18. Dez. 2008, S. 9­21.

Protokoll der AGI vom 27. Febr. 2013, S. 10 (Vizedirektor EFK 2000­2013).

EFK-Bericht vom 18. Dez. 2008, S. 4.

EFK-Bericht vom 18. Dez. 2008, S. 4­5.

6605

Die EFK formulierte in ihrem Prüfbericht fünfzehn Empfehlungen; elf davon erhielten die Priorität 1 und vier die Priorität 2.1327 Diese Empfehlungen wurden mit einzelnen Projektbeteiligten der ESTV und des BIT sowie dem Leiter des FISP ESTV (seit 2005) in einer Schlussbesprechung diskutiert und anschliessend im Rahmen eines Treffens dem Direktor der ESTV (2000­2012) dargelegt.

In ihrer schriftlichen Stellungnahme vom 29. Januar 2009 zuhanden der EFK akzeptierte die ESTV alle Empfehlungen und vermerkte im Zusammenhang mit der Empfehlung betreffend die Einhaltung des Beschaffungsrechts, dass «sämtliche Beschaffungen stufengerecht einem Entscheid unterbreitet werden».1328 Allerdings hatte die Geschäftsleitung der ESTV bereits Mitte Januar 2009 entschieden, diese Empfehlung nicht umzusetzen.1329 Als Umsetzungstermine gab die ESTV in ihrer Stellungnahme Daten zwischen Januar und April 2009 an.1330 Die Stellungnahme der ESTV liess die EFK zusammen mit dem Prüfbericht und einer separaten Zusammenfassung sowohl der FinDel als auch dem EFD zukommen.

Die Zusammenfassung erwähnte weder den Verstoss gegen die beschaffungsrechtlichen Bestimmungen noch die Nichteinhaltung der obligatorischen Vorgehensmethodik HERMES.1331 Mit der Zustellung des vollständigen Prüfberichts an das EFD ging die EFK über die in Artikel 14 Absatz 1 FKG vorgesehene blosse Zustellung der Zusammenfassung hinaus.1332 Dieses Vorgehen entsprach ihrer neuen Praxis, die sie auf Wunsch des Generalsekretärs des EFD (1996­2007) im Jahr 2007 eingeführt hatte. Seither stellt die EFK im Sinne einer zusätzlichen Dienstleistung systematisch allen betroffenen Departementsvorstehenden eine Kopie der vollständigen Prüfberichte zu.1333 Eine spezielle Meldung an den Vorsteher des EFD (2004­2010) und an den Bundespräsidenten bzw. an den Bundesrat sowie an die FinDel in Anwendung von Artikel 15 Absatz 3 FKG war aus Sicht der EFK ­ trotz der festgestellten Mängel von «grundsätzlicher Bedeutung»1334 ­ nicht notwendig: Einerseits gefährdeten die festgestellten Mängel die Geschäftsführung der ESTV nicht unmittelbar;1335 andererseits waren die Probleme von INSIEME nach Einschätzung der EFK allen politischen Verantwortungsträgern seit Längerem bekannt, so dass eine weitere Sensibilisierung nicht erforderlich war. Eine einfache Berichterstattung an die FinDel und an

1327

1328 1329 1330 1331 1332 1333 1334

1335

Die elf Empfehlungen mit Priorität 1 betrafen in erster Linie Beanstandungen im Bereich des Projektmanagements, der Projektorganisation, der Projektplanung sowie der Beschaffungsprozesse. Die vier Empfehlungen mit Priorität 2 betrafen primär buchhalterische Beanstandungen (vgl. Beilage 1 zum EFK-Bericht vom 18. Dez. 2008).

Stellungnahme der ESTV vom 29. Jan. 2009, S. 3.

Protokoll der GL-Sitzung vom 21. Jan. 2009, S. 3.

Stellungnahme der ESTV vom 29. Jan. 2009, S. 3.

Zusammfassung der EFK an die FinDel vom 5. März 2009.

Vgl. Kapitel 6.2.3.

Protokoll der AGI vom 14. Okt. 2013, S. 14 (Direktor EFK 1998­2013).

«Mängel von grundsätzlicher Bedeutung» im Sinne von Art. 15 Abs. 3 FKG (SR 614.0) liegen gemäss Auslegung der EFK vor, wenn Rechtsvorschriften systematisch missachtet werden (vgl. Kapitel 6.2.4). Dazu kam es im Zusammenhang mit den Verstössen gegen die beschaffungsrechtlichen Bestimmungen von 2008, die bereits 2004 und 2005 von der EFK beanstandet worden waren (vgl. Kapitel 6.3.2).

Seit dem Abschluss des Projekts Vormigration BS2000 vom 30. Juni 2004 war der laufende Betrieb von MOLIS und STOLIS über längere Zeit gesichert (vgl. Schreiben des EFD an die FinDel vom 25. Aug. 2004). Die Ablösung der Altsysteme durch INSIEME war folglich nicht dringlich.

6606

das EFD nach Artikel 14 Absatz 1 FKG war deshalb nach Ansicht der EFK ausreichend.1336 Der Prüfbericht der EFK wurde durch das GS EFD analysiert.1337 Anschliessend erteilte der Vorsteher des EFD (2004­2010) in einem Gespräch mit dem Direktor der ESTV (2000­2012) den Auftrag, die Empfehlungen umzusetzen. Der Vorsteher des EFD (2004­2010) hatte die Empfehlungen vorgängig zur Kenntnis genommen und nicht als alarmierend eingestuft;1338 deshalb beschloss er keine weiteren Massnahmen (vgl. Kapitel 4.4.2.5).1339 Der Direktor der ESTV (2000­2012) sah sich seinerseits nicht dazu veranlasst, den Vorsteher des EFD (2004­2010) zusätzlich auf die Probleme von INSIEME aufmerksam zu machen. Aufgrund der erfolgten Zustellung des Prüfberichts der EFK an das EFD ging er davon aus, dass dem Departementsvorsteher die Probleme bekannt waren.1340 Im April 2009 behandelte die FinDel den Prüfbericht der EFK im Rahmen einer ordentlichen Sitzung. Der an der Sitzung teilnehmende Direktor der EFK (1998­ 2013) gab dabei die folgende Auskunft: «Für die Finanzdelegation besteht kein Handlungsbedarf, weil die ESTV mit den Empfehlungen der EFK einverstanden ist und entsprechende Massnahmen geplant sind. Der [überholte, A.d.V] Verpflichtungskredit von 71 Millionen Franken wird bei Weitem nicht ausreichen [...]. Sollte ein Zusatzkredit für den Verpflichtungskredit beantragt werden, bestünde die Möglichkeit kritische Fragen zu stellen und entsprechende Dokumente einzufordern.»1341 In der anschliessenden Diskussion fällte die FinDel den Beschluss, der zuständigen Subkommission der FK-N den Bericht der EFK sowie den Protokollauszug ihrer Sitzung zukommen zu lassen. Diese Unterlagen sollten der Subkommission der FK-N zur Vorbereitung des geplanten Informationsbesuchs bei der ESTV vom August 2009 dienen.1342 Weiteren Handlungsbedarf sah die FinDel aufgrund der Auskünfte des Direktors der EFK (1998­2013) nicht (vgl. Kapitel 7.2.1.2).1343 Die EFK verzichtete darauf, das ISB nach Artikel 13 Absatz 2 FKG darüber zu orientieren, dass die obligatorische Vorgehensmethodik HERMES im Projekt INSIEME nicht angewandt wurde. Der Artikel sieht vor, dass die EFK festgestellte Mängel in der Verwaltungsführung oder Aufgabenerfüllung bestimmten Querschnittsämtern bzw. -organen zur Kenntnis bringt, unter anderem dem ISB.1344 Gemäss der Auslegung des
Artikels durch die EFK gelangt dieser allerdings nur zur Anwendung, wenn sie Mängel bei den Vorgaben feststellt (z. B. Regelungslücken bei HERMES), nicht aber, wenn sie Mängel bei der Umsetzung der Vorgaben er1336 1337 1338 1339

1340 1341 1342 1343 1344

Protokoll der AGI vom 14. Okt. 2013, S. 11 (Direktor EFK 1998­2013); S. 32 (stv. Direktor der EFK 2000­2013); S. 46 (Vizedirektor EFK 2000­2013).

Protokoll der AGI vom 8. Nov. 2013, S. 23 (Generalsekretärin EFD 2007­2010).

Protokoll der AGI vom 8. Nov. 2013, S. 42­43 (Vorsteher EFD 2004­2010).

Inwiefern eine vertiefte Befassung mit dem EFK-Bericht 2008 durch das GS EFD bzw.

mit den EFK-Empfehlungen von 2008 durch den Vorsteher des EFD (2004­2010) stattfand, konnte im Rahmen der Untersuchung nicht geklärt werden. Die Auskunft des Vorstehers des EFD (2004­2010) in den Anhörungen durch die AGI, er hätte die Empfehlungen der EFK zur Kenntnis genommen, steht in gewissem Widerspruch zu seiner Auskunft, die EFK habe immer wieder positive Rückmeldungen gegeben (Protokoll der AGI vom 8. Nov. 2013, S. 44­45 [Vorsteher EFD 2004­2010]).

Protokoll der AGI vom 10. Juni 2013, S. 64 (Direktor ESTV 2000­2012).

Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 14./15. April 2009, S. 2 und 4.

Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 14./15. April 2009, S. 4.

Protokoll der AGI vom 26. März 2014, S. 13 (Präsident FinDel 2010 und 2014) und S. 53 (Präsidentin FinDel 2013).

Vgl. Kapitel 6.2.5.

6607

kennt (z. B. die Nichtanwendung von HERMES).1345 Aus diesem Grund wurde das ISB nicht unterrichtet.

Darüber hinaus erfolgte auch keine Mitteilung an das BBL betreffend Nichteinhaltung der beschaffungsrechtlichen Bestimmungen. Das BBL wird zwar in Artikel 13 Absatz 2 FKG nicht aufgeführt und die EFK war dementsprechend nicht zu einer Information verpflichtet; dennoch hätte das BBL als zentrale Beschaffungsstelle für Informatikdienstleistungen1346 wohl ein Interesse an den Prüfungsbefunden der EFK gehabt (vgl. Kapitel 6.6.7.2).

Die Prüfung der EFK zu INSIEME wurde im Jahresbericht 2008 der EFK nicht erwähnt. Erst der Jahresbericht 2009, der im März 2010 publiziert wurde, ging auf die Prüfung von 2008 mit einer kurzen Zusammenfassung der Ergebnisse und der Empfehlungen ein. Pendenzen bei der Umsetzung von Empfehlungen, über welche die EFK gemäss Artikel 14 Absatz 3 FKG1347 in ihren Jahresberichten informiert, wies die EFK für die gesamte Bundesverwaltung keine aus und vermerkte diesbezüglich: «Ein Handlungsbedarf des Bundesrats oder des Parlamentes ist derzeit nicht gegeben.»1348 Seit 2003 hatte die EFK in ihren Jahresberichten nie mehr über Umsetzungspendenzen berichtet und ab 2007 jeweils explizit darauf hingewiesen, dass kein Handlungsbedarf für den Bundesrat oder das Parlament bestehe. Sie vermerkte diesbezüglich allerdings auch, dass die EFK generell nicht über Umsetzungspendenzen berichtet, wenn zu den Empfehlungen noch keine Folgeprüfungen durchgeführt werden konnten oder wenn es plausible Gründe für eine nicht fristgerechte Umsetzung von Empfehlungen gibt.1349 Trotz dieser Hinweise verliess sich der Vorsteher des EFD (2004­2010) auf die Information der EFK, dass für den Bundesrat und das Parlament kein Handlunsgbedarf bestehe. Dass die EFK während seiner Amtszeit keine Folgeprüfung zur Prüfung von 2008 durchführte1350 und demnach nicht über Umsetzungspendenzen berichtete, beachtete er nicht. In der Zusammenfassung der Prüfung von 2008 im Jahresbericht der EFK von 2009 erkannte er keine negativen Hinweise und interpretierte sie so, dass «die ESTV auf gutem Weg ist».1351 So kam er allgemein zum Schluss, dass die EFK bezüglich INSIEME «immer wieder positive Rückmeldungen gab».1352

1345 1346 1347 1348 1349

1350 1351 1352

Protokoll der AGI vom 14. Okt. 2013, S. 58 (Vizedirektor EFK 2000­2013).

Art. 9 Bst. c Org-VöB vom 24. Okt. 2012 (SR 172.056.15), Art. 3 Abs. 2 Org-VöB vom 22. Nov. 2006 (AS 2006 5613).

Vgl. Kapitel 6.2.3.

EFK-Jahresberichte von 2007, S. 43, 2008, S. 39, 2009, S. 37, 2010, S. 39, 2011, S. 26 und 2012, S. 38,.

«Eine entsprechende Erwähnung im Tätigkeitsbericht kann aber unterbleiben, wenn die Dienststelle beispielsweise eine Stelle im Finanzwesen ausgeschrieben hat, diese jedoch noch nicht besetzen konnte. Ebenso wenig ist über eine Pendenz zu berichten, wenn die Umsetzungsfrist am Ende des Berichtsjahres noch nicht abgelaufen ist oder die Folgeprüfung noch nicht durchgeführt werden konnte» (EFK-Jahresbericht 2009, S. 37).

Eine Folgeprüfung zur Prüfung von 2008 fand drei Jahre später, zwischen November und Dezember 2011, statt (vgl. Kapitel 6.4.5).

Protokoll der AGI vom 8. Nov. 2013, S. 42 (Vorsteher EFD 2004­2010).

Protokoll der AGI vom 8. Nov. 2013, S. 44­45 (Vorsteher EFD 2004­2010).

6608

6.4.2

Informationsbesuch bei der ESTV 2009

Im August 2009 führte eine Subkommission der FK-N einen Informationsbesuch bei der ESTV zu INSIEME durch (vgl. Kapitel 7.3.1.2). Auf Vorschlag des Präsidenten der FinDel liess sie sich vom zuständigen Mandatsleiter der EFK (seit 2008) begleiten.1353 Im Rahmen der Präsentation von INSIEME wies der GPL (2007­2011) darauf hin, dass die Empfehlungen der EFK von 2008 inzwischen angegangen werden konnten. Dazu führte er rund zehn eingeleitete Massnahmen auf.1354 In der Schlussbesprechung der Subkommission der FK-N zum Informationsbesuch sagte der Mandatsleiter der EFK (seit 2008), dass er anlässlich des Besuchs zum ersten Mal den Umsetzungsstand der Empfehlungen erfahren habe; dieser scheine sehr positiv zu sein. Seiner Meinung nach seien die Lehren aus der Vergangenheit gezogen worden. Die EFK würde aber den Stand der Empfehlungen weiterverfolgen und allenfalls in einer späteren Phase eine Folgeprüfung vorsehen.1355 Tatsächlich hatte die EFK die Umsetzung der Empfehlungen ihrer Prüfung von 2008 seit dem Ablauf der Umsetzungstermine vom April 2009 noch nicht nachkontrolliert. Dieses Vorgehen entspricht der allgemeinen Praxis der EFK: Sie erkundigt sich nach Ablauf der Umsetzungstermine nur in Einzelfällen bei den Verwaltungseinheiten über den Umsetzungsstand ihrer Empfehlungen.1356 In der Regel erfolgen die Nachkontrollen der EFK im Rahmen von Folgeprüfungen, die nicht unmittelbar nach Ablauf der Umsetzungsfristen stattfinden. Dies war auch bei INSIEME der Fall (vgl. Kapitel 6.4.5).1357

6.4.3

Zusatz- und Nachtragskredit zu INSIEME von 2010

Ende Mai 2010 legte das EFD dem Bundesrat einen Antrag für einen Zusatz- und Nachtragskredit zu INSIEME in der Höhe von 56,5 respektive 12,2 Millionen Franken vor (vgl. Kapitel 4.4.3.2). In der vorangehenden Ämterkonsultation der ESTV zum Kreditgeschäft wurde die EFK nicht zur Stellungnahme eingeladen.1358 Allerdings hätte die EFK wohl auch im Falle einer Einladung der ESTV nicht Stellung genommen: Gemäss Auskunft des Direktors der EFK (1998­2013) äussert sich die EFK in Ämterkonsultationen grundsätzlich nicht zu einzelnen Kreditgeschäften, sondern nur zu Geschäften, welche die Regelung der Finanzaufsicht behandeln oder zu denen sie ihre revisionstechnischen Erfahrungen einbringen kann.1359 Gleichwohl machte das EFD mit einem Schreiben vom 22. Dezember 2011 an die Amtsdirektionen darauf aufmerksam, dass die EFK im Rahmen von Ämterkonsultationen zu «Grossprojekten» zur Stellungnahme einzuladen ist.1360 Das gleiche Anliegen brachte die EFK in einem Audit Letter an die Direktionen der Bundesverwaltung vom Februar 2013 vor.1361 1353 1354 1355 1356 1357 1358 1359 1360

Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 14./15. April 2009, S. 3.

Protokoll der FK-N6 vom 26. Aug. 2009, S. 15 und Beilage 3, S. 5 (GPL 2007­2011).

Protokoll der FK-N6 vom 26. Aug. 2009, S. 39 (Mandatsleiter EFK seit 2008).

Protokoll der AGI vom 14. Okt. 2013, S. 23 (Direktor EFK 1998­2013).

Schreiben der EFK an die AGI vom 31. Okt. 2013, S. 1­2.

Kreditantrag des EFD an den Bundesrat vom 31. Mai 2010, S. 7.

Protokoll der AGI vom 14. Okt. 2013, S. 20 (Direktor EFK 1998­2013).

Schreiben des GS EFD an die Amtsdirektorin, den Staatssekretär und die Amtsdirektoren vom 22. Dez. 2011.

1361 Audit Letter der EFK vom Februar 2013, S. 5­6.

6609

Wie bereits im Jahr 20051362 erfolgte zum Kreditgeschäft zu INSIEME von 2010 keine Stellungnahme der EFK im Rahmen des anschliessenden Mitberichtsverfahrens.1363 Nach der Zustimmung des Bundesrats zum Kreditantrag des EFD wurde das Geschäft im September 2010 in der FinDel beraten (vgl. Kapitel 7.2.1.2). Da die EFK bisher noch keine Nachkontrolle zur Umsetzung ihrer Empfehlungen von 2008 durchgeführt hatte, erfolgte an der Sitzung der FinDel keine entsprechende Information seitens des Direktors der EFK (1998­2013). Hingegen bemerkte er im Rahmen der Diskussion, dass die Frage, welche Prüfungen das FISP ESTV bisher durchgeführt hat und wie dieses Gremium eingesetzt wird, für die EFK von Bedeutung sei.1364 Grundsätzlich gehe die EFK davon aus, dass das FISP ESTV gewisse Prüfungen zur Qualität des Reportings und des Controllings vornehme.1365 Diese Annahme stützte sich jedoch auf keine ihm vorliegenden Informationen.

Aufgrund der Bemerkung des Direktors der EFK (1998­2013) beschloss die FinDel, sich mit Schreiben vom 11. Oktober 2010 an den Vorsteher des EFD (2004­2010) nach den durchgeführten und geplanten Prüfungen des FISP ESTV zu erkundigen.

Weiter bat sie in diesem Schreiben um eine Klärung der Rolle des IRB im Projekt INSIEME (vgl. Kapitel 5.4.2.2).

Das FISP ESTV hatte das Projekt INSIEME bis zu diesem Datum im Zusammenhang mit der Erarbeitung des IKS-Konzepts für die ESTV begleitet. Im Rahmen seiner Prüfungen der Jahresrechnung der ESTV hatte es zudem vereinzelt kontrolliert, ob PCO-Berichte zu INSIEME erstellt wurden. Die Qualität der Berichte hatte es jedoch nicht beurteilt.1366 Ebenfalls anlässlich der Prüfungen der Jahresrechnung der ESTV hatte das FISP ESTV stichprobenweise einzelne Kostenabrechnungen sowie die Bewirtschaftung des Verpflichtungskredits kontrolliert.1367 Besondere Feststellungen hatte es dazu aber keine gemacht. Prüfungen, die sich ausschliesslich INSIEME widmeten, hatte das FISP ESTV bis zu diesem Zeitpunkt keine durchgeführt. Das Schwergewicht seiner Prüftätigkeiten hatte es grundsätzlich auf Aktivitäten in der ESTV gelegt, die in direktem Zusammenhang mit den grossen Geldströmen standen. Da die Projektkosten von INSIEME im Vergleich zum operativen Geschäft der ESTV gering waren, hatte es eine Prüfung von INSIEME nicht in Betracht gezogen.1368 Auf das Schreiben der
FinDel vom 11. Oktober 2010 antwortete der Vorsteher des EFD (2004­2010) am 21. Oktober 2010. In Ergänzung zum Antwortschreiben, welches nicht alle Fragen der FinDel beantwortete, liess die ESTV dem SPFA per E-Mail die folgende Auskunft zukommen: «[...] Das FISP nimmt Beratungsdienstleistungen wahr. Es sorgt insbesondere dafür, dass Kontrollaspekte (z. B. Finanzen,

1362 1363 1364 1365 1366 1367 1368

Vgl. Kapitel 6.3.3.

Vgl. Kapitel 6.2.6.

Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 9./10. Sept. 2010, S. 3 (Direktor EFK 1998­2013).

Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 9./10. Sept. 2010, S. 3 und 6 (Direktor EFK 1998­2013).

Jahresrechnungsbericht 2007 des FISP ESTV vom 2. Juni 2008, S. 24.

Jahresrechnungsbericht 2008 des FISP ESTV vom 11. Mai 2009, S. 19 und Jahresrechnungsbericht 2009 des FISP ESTV vom 19. April 2010, S. 17­18.

Protokoll der AGI vom 23. Jan. 2014, S. 46 (Leiter FISP ESTV seit 2005).

6610

IKS, Datensicherheit) rechtzeitig einfliessen.»1369 Damit bezog sich die ESTV auf die Beratungstätigkeit des FISP ESTV im Zusammenhang mit der Erstellung des IKS-Konzepts für die ESTV. Das SPFA informierte die FinDel an der Sitzung vom 25. November 2010 wie folgt: «Das FISP kontrolliert gewisse Aspekte des Projekts (insbesondere finanzielle, Controlling, Datensicherheit) und kann auch als Beratungsorgan dienen».1370 Diese Fehlinformation, dass das FISP ESTV in die Projektkontrolle involviert sei, fand Eingang ins Protokoll der Sitzung der FinDel, dem die E-Mail der ESTV mit der korrekten Information allerdings angefügt wurde. Eine Richtigstellung der Fehlinformation seitens der EFK erfolgte nicht.1371 Die EFK wurde von den FK anlässlich der Beratung des Nachtrags II 2010 gemäss konstanter Praxis zu keiner Stellungnahme zum Zusatzkredit für INSIEME angefragt.1372 Wie bereits bei der Beratung des Verpflichtungskredits für INSIEME zur Verabschiedung des Voranschlags 2006 nutzte die EFK die Möglichkeit nicht, von sich aus Stellung zum Zusatzkredit für INSIEME zuhanden der FK zu nehmen.1373/1374

6.4.4

Bundesratsbeschluss vom 18. Juni 2010: INSIEME als Gegenstand eines rigorosen Monitorings

Anlässlich der Zustimmung des Gesamtbundesrats zum Zusatzkredit von INSIEME hatte dieser mit Beschluss vom 18. Juni 2010 festgelegt, dass «die Realisierung und Umsetzung des Projekts INSIEME Gegenstand eines rigorosen Monitorings sein soll, das durch das EFD (ESTV) in Zusammenarbeit mit der EFK und dem IRB sichergestellt werden soll».1375/1376 Die EFK nahm diesen Beschluss zur Kenntnis;

1369

1370

1371

1372

1373

1374 1375

1376

E-Mail der ESTV an das SPFA vom 10. Nov. 2010 (vgl. Geschäftsordnung des FISP ESTV vom 8. Okt. 2002, Art. 10: «Begleitung von Projekten und Vorhaben: Das FISP sorgt dafür, dass bei Projekten und Vorhaben Kontrollaspekte [z. B. Finanzen, IKS, Datensicherheit] rechtzeitig einfliessen»).

Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 25./26. Nov. 2010, S. 1: «Il examine certains aspects du projet (plus particulièrement financiers, controlling, sécurité des données) et peut fonctionner également comme organe de conseil.» Es fand ebenfalls keine Richtigstellung durch die weiteren Empfänger des Sitzungsprotokolls (Mitglieder der FinDel, betroffene Mitarbeitende des SPFA, Vorsteher des EFD, Direktor der EFV) statt.

Seit dem Jahr 2000 wurde die EFK nur zweimal von der FinDel zu den Beratungen über einzelne Kreditbegehren beigezogen (u. a. im Zusammenhang mit der Kreditvorlage zur UEFA Euro 2008; Protokoll der AGI vom 14. Okt. 2013, S. 19 [Direktor EFK 1998­2013]).

Die EFK ist gemäss Art. 7 Abs. 2 FKG nicht zu einer Stellungnahme verpflichtet. Sie kann gemäss Botschaft vom 25. Nov. 1966 zum Entwurf eines Bundesgesetzes über die eidgenössische Finanzkontrolle jedoch von sich aus die Initiative ergreifen und den vorberatenden Organen ihr bekannte Sachgeschäfte vortragen (BBl 1966 II 708, hier 721).

Von den Teilrevisionen des FKG vom 7. Okt. 1995 und 19. März 1999 war Art. 7 FKG nicht betroffen; die Ausführungen in der Botschaft des Bundesrats von 1966 zum Artikel sind noch gültig.

Protokoll der AGI vom 14. Okt. 2013, S. 19 (Direktor EFK 1998­2013).

Bundesratsbeschluss vom 18. Juni 2010 (Ziff. 3): «La réalisation et la mise en oeuvre du projet INSIEME font l'objet d'un suivi et d'un monitoring rigoureux assurés par le DFF (AFC) en collaboration avec le Contrôle fédéral des finances (CDF) et le Conseil de l'informatique de la Confédération (CI).» Vgl. Kapitel 6.4.3.

6611

der Umstand, dass sie vorgängig nicht kontaktiert worden war, wurde innerhalb der EFK jedoch nicht positiv aufgenommen.1377 Im Anschluss an diesen Beschluss beauftragte die Generalsekretärin des EFD (2007­2010) die ESTV, die EFK regelmässig und direkt über das Projekt zu informieren, die Modalitäten der Umsetzung des Bundesratsbeschlusses direkt mit der EFK abzustimmen und das EFD über das gewählte Vorgehen in Kenntnis zu setzen.1378 Zur Festlegung dieser Modalitäten organisierte die ESTV am 25. November 2010 eine Besprechung mit Vertretern der EFK, des IRB, des EFD und des BIT.1379 Im Rahmen dieser Besprechung wurde vereinbart, dass die EFK und der IRB zur Umsetzung des Bundesratsbeschlusses als Adressaten in die bereits bestehende Quartalsberichterstattung des Projekts eingebunden werden sollten. Die EFK lehnte indessen den Auftrag ab, sämtliche Quartalsberichte von INSIEME fortlaufend zu prüfen. Sie gab bekannt, dass sie dem Bundesratsbeschluss im Rahmen von eigenen Prüfungen zu abgeschlossenen Projektteilen von INSIEME nachkommen und dabei die Quartalsberichte berücksichtigen werde.1380

6.4.5

Prüfung der EFK von 2011

Die in der Besprechung zur Umsetzung des Monitoring-Beschlusses des Bundesrats angekündigte Prüfung zu INSIEME führte die EFK zwischen November und Dezember 2011 durch.1381 Kurz zuvor war die Gesamtprojektleitung vom Vizedirektor der ESTV (seit 2008) und GPL ad interim an den neuen GPL (2011­2013) übergeben worden.

In der Prüfung von 2011 kontrollierte die EFK zum ersten Mal die Umsetzung ihrer Empfehlungen von 2008.1382 Zusätzlich prüfte sie, ob die im Verlaufe des Jahres 2011 erfolgte Neuausrichtung des Projekts eine wirksame Gesamtprojektabwicklung ermöglichte und die Erreichung der Projektziele unterstützte.1383 Anhaltspunkte, dass einzelne Projektziele allenfalls nicht erreicht werden könnten, hatte die EFK bereits im April 2011 aufgrund des Jahresrechnungsberichts 2010 des FISP ESTV erhalten. Darin hatte das FISP festgehalten, dass sich die Aufwendungen für INSIEME nicht im Rahmen des Projektfortschritts bewegten: «Angesichts des heutigen Standes des Projekts ist es fraglich, ob der Rahmen von 150 Millionen Franken realistisch ist.»1384 Von weiteren Mängeln hatte die EFK im Juli 2011 erfahren, als ihr das FISP ESTV seinen Prüfbericht vom 11. Juli 2011 zustellte. Die entsprechende Prüfung hatte das FISP ESTV im ersten Halbjahr 2011 im Auftrag 1377 1378 1379

1380

1381 1382 1383 1384

E-Mail des Direktors der ESTV (2000­2012) an den GPL (2007­2011) vom 26. Aug.

2010; Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 9./10. Sept. 2010, S. 2.

Schreiben des GS EFD an die ESTV vom 22. Juni 2010, S. 1.

Teilnehmende waren u. a. der stv. Direktor der EFK (2000­2013), der Delegierte des ISB (seit 2007), der Generalsekretär des EFD (seit 2010) sowie die Vizedirektorin des BIT (2007­2012) (E-Mail des Direktors der ESTV [2000­2012] an die Vertreter der EFK, des IRB, des EFD und des BIT vom 25. Nov. 2010).

Protokoll der AGI vom 14. Okt. 2013, S. 27 und 38 (stv. Direktor EFK 2000­2013); E-Mail des Direktors der ESTV (2000­2012) an die Vertreter der EFK, des IRB, des EFD und des BIT vom 25. Nov. 2010.

EFK-Bericht vom Januar 2012, S. 7 und 24.

Auszug aus dem elektronischen Empfehlungcontrolling (i-world) der EFK vom 28. Aug.

2013, S. 1­3; Schreiben der EFK an die AGI vom 31. Okt. 2013, S. 2.

EFK-Bericht vom Januar 2012, S. 7.

Jahresrechnungsbericht 2010 des FISP ESTV vom 11. April 2011, S. 15.

6612

des Direktors der ESTV (2000­2012) durchgeführt. Sie bezog sich auf die finanzielle Führung von INSIEME. Im Rahmen dieser Prüfung hatte das FISP ESTV diverse Mängel bei der Rechnungsstellung, der Stundenerfassung und beim Vertragswesen erkannt (vgl. Kapitel 4.3.3).1385 Im Rahmen ihrer eigenen Prüfung stellte die EFK fest, dass die ESTV ihre Empfehlungen von 2008 mit wenigen Ausnahmen nicht umgesetzt hatte. Die Situation im Projekt beurteilte die EFK als «kritisch».1386 Sie stellte fest, dass der Leistungsumfang erheblich von den ursprünglichen Vorgaben abwich, die Applikationsumgebung mit ihren vielen Einzelkomponenten hohe technologische Risiken barg und sich die geplanten Synergien bei den Prozessen kaum realisieren lassen würden.

Ausserdem stellte die EFK erneut Verstösse gegen die beschaffungsrechtlichen Vorgaben sowie «Ungereimtheiten» bei den Rechnungsstellungen und der Personalbeschaffung fest.1387 Hinweise dazu hatte sie bereits im März 2011 und Anfang Dezember 2011 über ihre Anlaufstelle für Whistleblowing des Bundes erhalten.1388 Aufgrund ihrer Neubeurteilung formulierte die EFK im Dezember 2011 vier Empfehlungen mit Priorität 1.1389 Diese ersetzten die alten Empfehlungen von 2008, von denen mit der Neuausrichtung des Projekts von 2011 viele hinfällig geworden waren.1390 An der Schlussbesprechung vom 17. Januar 2012 zur Prüfung der EFK nahmen unter anderem der Direktor der ESTV (2000­2012), der Direktor des BIT (seit 2011), der Generalsekretär des EFD (seit 2010) sowie der stv. Direktor der EFK (2000­2013) teil.1391 Aufgrund der Besprechung sowie eines vorgängigen Kontakts des Direktors der ESTV (2000­2012) mit der EFK entschied die EFK, eine fünfte Empfehlung bezüglich der Einleitung einer Administrativuntersuchung über die Beschaffungen im Projekt INSIEME in ihren Prüfbericht aufzunehmen.1392 Der Prüfbericht der EFK wurde der ESTV im Januar 2012 zur schriftlichen Stellungnahme zugesandt; ausserdem erhielten das GS EFD und das BIT eine Kopie zur Kenntnisnahme.1393 Die ESTV akzeptierte in ihrer Stellungnahme alle Empfehlungen. Obwohl die Stellungnahme der ESTV zu einer Empfehlung nach Ansicht der

1385 1386 1387 1388

1389

1390 1391 1392

1393

Bericht des FISP ESTV vom 11. Juli 2011, S. 15.

EFK-Bericht vom Januar 2012, S. 5.

EFK-Bericht vom Januar 2012.

Die EFK ist seit dem Inkrafttreten von Artikel 22a BPG vom 1. Jan. 2011 die offizielle Anlaufstelle der Bundesverwaltung für das Whistleblowing (vgl. Kapitel 6.2.9). Sie erhielt am 16. März 2011 einen ersten Hinweis zu INSIEME. Zu ergänzenden Detailinformationen gelangte sie am 8. Dez. 2011 (Schreiben der EFK an die AGI vom 31. Okt.

2013, S. 1).

Die vier Empfehlungen betrafen (1.) die Berichterstattung zuhanden des Projektauftraggebers, des GS EFD und der FinDel, (2.) die Unterschriftenregelung im Informatikbereich, (3.) die Zusammensetzung des GPA und die Festlegung der Kompetenzen des Leiters des GPA und (4.) die Ernennung einer Entscheidungsinstanz für die finalen Geschäftsprozesse der ESTV (EFK-Bericht vom Januar 2012, S. 14, 17, 20 und 21).

Schreiben der EFK an die AGI vom 12. Dez. 2013, S. 2­3.

EFK-Bericht vom Januar 2012, S. 24.

EFK-Berichtsentwurf vom 5. Jan. 2012, S. 18; E-Mail des Direktors der ESTV (2000­ 2012) an die EFK vom 12. Jan. 2012, Ziff. 12; Protokoll der AGI vom 14. Okt. 2013, S.

51 (Vizedirektor EFK 2000­2013); Schreiben der EFK an die AGI vom 20. Okt. 2014.

Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 6./7. Febr. 2012, S. 2.

6613

EFK unvollständig und teils nicht in ihrem Sinne war,1394 entschied sie, sich mit der Antwort vorderhand zufrieden zu geben und den Punkt im Rahmen einer geplanten Nachkontrolle im Jahr 2012 zu überprüfen.1395 Aufgrund des Prüfberichts der EFK nahm die Vorsteherin des EFD (seit 2010) mit dem Direktor der EFK (1998­2013) Kontakt auf, um ihm Fragen zu den Prüfergebnissen zu stellen.1396 Eine Kontaktaufnahme des Direktors der EFK (1998­ 2013) mit der Vorsteherin des EFD (seit 2010) war zuvor im Zusammenhang mit den Ergebnissen der Prüfung von 2011 nicht erfolgt: Generell geht die EFK nicht aktiv auf die Departementsvorstehenden zu, um mit ihnen einzelne Prüfergebnisse zu besprechen. Sie steht ihnen aber für zusätzliche Auskünfte und Unterredungen zur Verfügung, sofern sie dies wünschen. Ein Austausch findet ausserdem im Rahmen von Aussprachen der FinDel mit den Departementsvorstehenden statt, an denen der Direktor der EFK teilnimmt.1397 Die Vorsteherin des EFD (seit 2010) ordnete schliesslich am 24. Januar 2012 aufgrund der Empfehlung der EFK eine Administrativuntersuchung zu den Beschaffungsprozessen im Projekt INSIEME an.1398 Die EFK reichte tags darauf, gestützt auf ihre Abklärungen zu den Whistleblowing-Meldungen vom März und Dezember 2011, bei der Bundesanwaltschaft eine Anzeige gegen Unbekannt wegen Verdachts auf ungetreue Amts- und Geschäftsführung sowie auf Korruption im Rahmen der Beschaffungen für INSIEME ein.1399

6.5

Phase 3: nach Einleitung der Administrativuntersuchung bis Projektabbruch (Februar 2012­September 2012)

6.5.1

Folgen der Prüfung der EFK von 2011

Die EFK liess den Prüfbericht zu INSIEME Ende Februar 2012 zusammen mit der Stellungnahme der ESTV und einer Zusammenfassung der FinDel zukommen. In der Zusammenfassung wurden die kritischen Beurteilungen der EFK zur Situation im Projekt explizit hervorgehoben.1400 An der Sitzung der FinDel vom März 2012 wies der Direktor der EFK (1998­2013) im Rahmen der Behandlung des Berichts von 2011 darauf hin, dass die mit INSIEME beabsichtigten 200 Millionen Franken Steuermehrerträge nach Einschät1394

1395 1396 1397 1398 1399 1400

Empfehlung 5.3 der EFK an die ESTV: «Der GPA ist den Vorgaben von HERMES entsprechend auf das notwendige Minimum an Entscheidungsträgern zu reduzieren. Die Kompetenzen des Leiters GPA sind seiner Verantwortung entsprechend zu gewähren und schriftlich festzuhalten» (EFK-Bericht vom Januar 2012, S. 20). Die Stellungnahme der ESTV vom 21. Febr. 2012 sah eine Verkleinerung des GPA auf den Projektauftraggeber, den Projektleiter, die Leiter der Hauptabteilungen MWST und DVS sowie die Vertreter des GS EFD vor. Bei Bedarf sollten die Vertreter des BIT und die Abteilungs- und Sektionsleiter der ESTV zu den Sitzungen des GPA beigezogen werden. Auf die Festlegung der Kompetenzen des Leiters GPA ging sie nicht ein.

Auszug aus dem elektronischen Empfehlungscontrolling (i-world) der EFK vom 28. Aug. 2013, S. 1.

Protokoll der AGI vom 9. Okt. 2013, S. 31 (Vorsteherin EFD seit 2010).

Protokoll der AGI vom 27. Febr. 2013, S. 14 (Vizedirektor EFK 2000­2013).

Bericht zur Administrativuntersuchung des EFD vom 13. Juni 2012, S. 4.

Anzeige der EFK vom 25. Jan. 2012 gestützt auf Art. 22a BPG (SR 172.220.1).

Zusammenfassung der EFK an die FinDel vom 29. Febr. 2012, S. 3.

6614

zung der EFK nicht realistisch seien und die Realisierung von Effizienzgewinnen nicht klar sei. Er begrüsste es, dass der Prüfbericht der EFK als Basis für einen Informationsbesuch der zuständigen Subdelegation der FinDel und der zuständigen Subkommission der FK-N bei der ESTV im Juni 2012 dienen sollte.1401 Der Direktor der EFK (1998­2013) hatte sich gegenüber der FinDel bereits im Juni 2011, im November 2011 und im Februar 2012, anlässlich der Beratung von Quartalsberichten der ESTV zu INSIEME,1402 kritisch geäussert. So hatte die FinDel auf Anregung des Direktors der EFK (1998­2013) im Juli 2011 eine Gesamtplanung des Projekts bei der Vorsteherin des EFD (seit 2010) eingefordert.1403 Der stv.

Direktor der EFK (2000­2013) hatte das Fehlen einer Gesamtplanung zuvor im Rahmen einer von ihm begleiteten Informationssitzung der FinDel bei der ESTV vom 22. Juni 2011 gegenüber dem Direktor der ESTV (2000­2012) angesprochen (vgl. Kapitel 7.2.1.2).1404 Im April 2012 veröffentlichte die EFK ihren Jahresbericht 2011. Darin ging sie nicht detailliert auf die Ergebnisse und Empfehlungen der Prüfung von 2011 ein, sondern vermerkte dazu einzig: «INSIEME sollte in mehreren Etappen innerhalb von vier Jahren bzw. bis anfangs 2013 realisiert werden. Ende 2011 ist nur ein kleiner Teil dessen realisiert, was ursprünglich bis im Juni 2010 hätte fertiggestellt sein müssen.»1405 Umsetzungspendenzen nach Artikel 14 Absatz 3 FKG wies die EFK wie bereits in früheren Jahren weder für die ESTV noch für die übrigen Verwaltungseinheiten des Bundes aus und schrieb diesbezüglich: «Ein Handlungsbedarf des Bundesrats oder des Parlamentes ist derzeit nicht gegeben.»1406 Das FISP ESTV verwies in seinem Jahresbericht 2011 auf seinen Prüfbericht zu INSIEME vom 11. Juli 2011 (vgl. Kapitel 6.4.5). Zuvor hatte das FISP ESTV in seinen Jahresberichten von 2003­2009 das Projekt INSIEME einzig im Zusammenhang mit der Begleitung der Erarbeitung des IKS für die ESTV erwähnt; im Jahresbericht 2010 hatte das FISP ESTV auf eine erste Kurzprüfung zu INSIEME hingewiesen, die es im November 2010 im Auftrag des Direktors der ESTV (2000­2012) durchgeführt hatte.1407 Dabei hatte es im Rahmen von 42 Stichprobenkontrollen zehn Differenzen zwischen den rapportierten und den verrechneten Arbeitsstunden von externen Leistungserbringern festgestellt
(vgl. Kapitel 4.3.3).1408 Im Zusammenhang mit dem Prüfbericht zu INSIEME vom 11. Juli 2011 erwähnte das FISP ESTV im Jahresbericht von 2011: «Es wurde [im Rahmen der Prüfung des FISP ESTV, A.d.V.] festgestellt, dass viele Empfehlungen der EFK aus der Prüfung von 2008 nicht umgesetzt wurden.»1409 Ungeachtet dieser Feststellung sowie der späteren Erwähnung der Prüfergebnisse des FISP ESTV von 2010 und 2011 im Bericht 1401 1402 1403

1404 1405 1406

1407 1408 1409

Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 29./30. März 2012, S. 4­5.

Die Quartalsberichte zu INSIEME gingen ab 2011 nebst an die EFK und an den IRB auf eigenen Wunsch auch an die FinDel (vgl. Kapitel 6.4.4 und 7.2.1.2).

Auszug aus den Protokollen der FinDel vom 23./24. Juni 2011, S. 3, vom 28./29. Nov. 2011 und vom 6./7. Febr. 2012, S. 2; Auszug aus dem Protokoll der Subdelegation 2 der FinDel vom 22. Juni 2011, S. 12.

Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 22. Juni 2011, S. 12.

EFK-Jahresbericht 2011, S. 15.

Seit 2003 hatte die EFK in ihren Jahresberichten keine Umsetzungspendenzen mehr in Anwendung von Art. 14 Abs. 3 FKG (SR 614.0) ausgewiesen (vgl. Kapitel 6.4.1; EFK-Jahresbericht 2011, S. 26).

Protokoll der AGI vom 23. Jan 2014, S. 42 (Leiter FISP ESTV seit 2005).

Jahresbericht des FISP ESTV 2010 vom 7. Febr. 2011, S. 13; Kurzbericht des FISP ESTV vom 19. Nov. 2010.

Jahresbericht 2011 des FISP ESTV vom 30. Jan. 2012, S. 13.

6615

der EFK vom Januar 20121410 kam es diesbezüglich zu keiner Koordination oder Zusammenarbeit zwischen der EFK und dem FISP ESTV. Ihre Koordinationsaufgabe gemäss Artikel 11 Absatz 2 FKG erfüllte die EFK in erster Linie mittels Zustellung der jährlichen Prüfprogramme an das FISP ESTV.1411 In der verbleibenden Zeit bis zum Projektabbruch im September 2012 erteilte der Direktor der EFK (1998­2013) verschiedentlich Auskünfte zu INSIEME zuhanden der FK-N, namentlich im Rahmen der Präsentation des Jahresberichts der EFK sowie anlässlich von mündlichen Berichterstattungen der FinDel an die FK-N (vgl.

Kapitel 7.3.1.3).1412 Informationen zur Umsetzung der Empfehlungen durch die ESTV konnte er dabei nicht geben, da die EFK im Jahr 2012 keine Nachkontrolle zu INSIEME durchgeführt hatte. Ursprünglich war 2012 eine solche Nachkontrolle im Rahmen einer Folgeprüfung geplant gewesen; diese wurde jedoch aufgrund der Administrativuntersuchung des EFD ins Jahr 2013 verschoben.1413 Für den Projektabbruchentscheid durch die Vorsteherin des EFD (seit 2010) wurde die EFK vom EFD nicht beigezogen. Dass das GS EFD im Juli 2011 bei der ESTV eine Standortbestimmung zum Projekt INSIEME einforderte, die letztlich die Informationsgrundlage für den Abbruchentscheid bildete, ging aber unter anderem auf die Ergebnisse der Prüfung der EFK von 2011 zurück.1414 Insofern leistete die EFK einen indirekten Beitrag zum Abbruchentscheid.

Zusammen mit der Medienmitteilung zum Projektabbruch von INSIEME vom 20. September 2012 veröffentlichte das EFD die Prüfberichte der EFK vom Dezember 2008 und vom Januar 2012. Die EFK hatte Anfang 2012 auf eine Veröffentlichung ihrer Berichte zu INSIEME verzichtet, um die laufende Strafuntersuchung nicht zu beeinträchtigen. Vor 2012 war eine Veröffentlichung von einzelnen Prüfberichten zu INSIEME in Anwendung von Artikel 14 Absatz 2 FKG für die EFK nie zur Diskussion gestanden.1415

6.6

Zwischenfazit zur Aufsicht durch die EFK

6.6.1

Unterstützung des Bundesrats und der Departemente

Die EFK gelangt gemäss FKG in vier Fällen bezüglich ihrer Prüfbefunde und Empfehlungen an den Gesamtbundesrat und/oder an die Departemente: ­

im Rahmen der Zustellung der Zusammenfassungen ihrer Prüfberichte (Art. 14 Abs. 1 FKG);

­

im Falle der Rückweisung von Empfehlungen der EFK durch die Verwaltungseinheiten (Art. 12 Abs. 3 FKG);

1410 1411 1412

EFK-Bericht vom Januar 2012, S. 17­18.

Protokoll der AGI vom 23. Jan. 2014, S. 50 (Leiter FISP ESTV seit 2005).

Protokolle der FK-N vom 22./23. März 2012, S. 50­51, vom 7. Mai 2012, S. 39­42, vom 5. Juli 2012, S. 2­3, und vom 3./4. Sept. 2012, S. 9­11.

1413 Mit dem Projektabbruch wurde die Nachkontolle zur Prüfung von 2011 hinfällig. Die EFK führte zwischen März und April 2013 eine Prüfung zur Auflösung des Projekts INSIEME durch; diese Prüfung ist allerdings nicht mehr Teil der Untersuchung der AGI (vgl. EFK-Bericht vom 14. Mai 2013).

1414 1. BR-Bericht vom 27. Febr. 2013; Protokoll der AGI vom 28. März 2013, S. 11 (Vorsteherin EFD seit 2010).

1415 Protokoll der AGI vom 14. Okt. 2013, S. 53 (Vizedirektor EFK 2000­2013).

6616

­

bei der Mitteilung von wichtigen Feststellungen und Beurteilungen sowie von Umsetzungspendenzen im Rahmen der Jahresberichterstattung (Art. 14 Abs. 3 FKG);

­

im Falle besonderer Vorkommnisse oder Mängel von grundsätzlicher oder erheblicher finanzieller Bedeutung (Art. 15 Abs. 3 FKG).

Bei INSIEME gelangte die EFK vorwiegend mittels ihrer Zusammenfassungen an das EFD. Diesbezüglich geht die EFK seit 2007 über die Bestimmung in Artikel 14 Absatz 1 FKG hinaus und lässt den betroffenen Departementsvorstehenden zusätzlich zu den Zusammenfassungen die vollständigen Prüfberichte sowie die Stellungnahmen der Verwaltungseinheiten zukommen. Die Zusammenfassungen, die gemäss der Botschaft des Bundesrats vom 22. Juni 1998 betreffend die Revision des FKG zum Zweck der Vorbereitung der Departemente im Hinblick auf allfällige Aussprachen mit der FinDel versendet werden,1416 entwickelten sich in Ergänzung zu den Prüfberichten zu einem eigentlichen Informationsinstrument der EFK. So gingen der Direktor der EFK (1998­2013) und der stv. Direktor der EFK (2000­2013) davon aus, dass das EFD aufgrund der Zustellung der Zusammenfassungen und Prüfberichte der EFK über die Probleme bei INSIEME informiert war (vgl. Kapitel 6.6.5).1417 Die drei übrigen Bestimmungen, nach denen die EFK direkt an den Bundesrat oder an die Departemente gelangt, blieben im Zusammenhang mit INSIEME weitgehend ungenutzt: So sorgte die EFK bei einzelnen unklaren Stellungnahmen der ESTV nicht für eine Klärung der Akzeptanz oder Rückweisung ihrer Empfehlungen, um sie gegebenenfalls nach Artikel 12 Absatz 3 FKG dem EFD bzw. dem Bundesrat zum Entscheid zu unterbreiten (vgl. Kapitel 6.6.4). Aus den Jahresberichten der EFK gingen wichtige Feststellungen und Beurteilungen zu INSIEME zwischen 2001 und 2012 entweder nur lückenhaft oder bloss andeutungsweise hervor. Ausserdem wies die EFK in ihren Jahresberichten entgegen den Bestimmungen von Artikel 14 Absatz 3 FKG keine Umsetzungspendenzen zu INSIEME aus (vgl. Kapitel 6.6.10). Des Weiteren kam es im Zusammenhang mit dem grundsätzlichen Mangel der Nichteinhaltung der beschaffungsrechtlichen Bestimmungen zu keinen Meldungen an den Vorsteher des EFD (2004­2010) und an den Vizepräsidenten des Bundesrats bzw.

an den Bundesrat in Anwendung von Artikel 15 Absatz 3 FKG (vgl. Kapitel 6.6.6).

Die EFK wendet diese drei Bestimmungen generell nur sehr selten an. So werden Empfehlungen nach Artikel 12 Absatz 3 FKG «nicht sehr oft» zurückgewiesen,1418 über Umsetzungspendenzen nach Artikel 14 Absatz 3 FKG hat die EFK seit 2003 in ihren Jahresberichten nie mehr berichtet1419 und Meldungen nach Artikel
15 Absatz 3 FKG hat die EFK zwischen 2001 und 2012 insgesamt nur zwei Mal erstattet.1420 Gemäss den Erkenntnissen der FK und GPK wendet die EFK diese drei Bestimmungen aus zwei Gründen nur selten an: 1416 1417 1418 1419 1420

Botschaft vom 22. Juni 1998 betreffend die Revision des Bundesgesetzes über die Eidgenössische Finanzkontrolle (FKG) (BBl 1998 V 4703, hier 4720).

Protokoll der AGI vom 14. Okt. 2013, S. 15 (Direktor EFK 1998­2013) und S. 32 (stv. Direktor EFK 2000­2013).

Protokoll der AGI vom 14. Okt. 2013, S. 51 (Vizedirektor EFK 2000­2013).

Vgl. EFK-Jahresberichte 1997­2012 (abrufbar unter: www.efk.admin.ch > Publikationen > Jahresberichte [Stand: 15. Sept. 2014]).

Im Jahr 2002 im Zusammenhang mit Mängeln in der ESTV (vgl. Kapitel 6.3.1) und im Jahr 2007 im Zusammenhang mit Mängeln im Bundesamt für Kultur (EFK-Jahresbericht 2002, S. 43; EFK-Jahresbericht 2007, S. 43).

6617

1.

Die EFK gelangt eher via FinDel an die Departementsvorstehenden als auf direktem Weg. Die FinDel ist in der aktuellen Praxis weit mehr als nur Adressatin der Prüfberichte und der Jahresberichte der EFK.1421 Die EFK nimmt die FinDel grundsätzlich als Partnerin wahr, über die sie Informationen und Anliegen zuhanden der Departementsvorstehenden einbringen kann (vgl. Kapitel 7.2.2.3).1422 Dies gilt nicht nur in Bezug auf einzelne Prüfungsbefunde: Gemäss den Informationen aus den Anhörungen der AGI gelangt die EFK zuweilen auch bei der Rückweisung von Empfehlungen durch die Verwaltungseinheiten1423 sowie im Falle von Umsetzungspendenzen via FinDel an die Departementsvorstehenden (vgl. Kapitel 6.6.4 und 6.6.10).1424

2.

Die EFK sieht die Amtsdirektorinnen und -direktoren als ihre primären Ansprechpartner, da «bei ihnen gemäss FHG die Verantwortung für die zugesprochenen Kredite und damit für den sauberen Umgang mit den Ressourcen liegt».1425 Dementsprechend schreibt die EFK die primäre Verantwortung für die Umsetzung ihrer Empfehlungen auch den Amtsvorstehenden und nicht den Departementsvorstehenden zu. Das äussert sich mitunter darin, dass die EFK den Ämtern einen gewissen Handlungsspielraum betreffend Zeitpunkt und Form der Umsetzung ihrer Empfehlungen einräumt: So setzt die EFK im Falle von Pendenzen bei der Umsetzung ihrer Empfehlungen in der Regel Nachfristen an, anstatt sie in ihren Jahresberichten als pendent aufzuführen (vgl. Kapitel 6.6.10). Im Falle der Nichtumsetzung von Empfehlungen prüft die EFK ausserdem, ob alternative Massnahmen getroffen wurden, welche dieselben Ziele wie die Empfehlungen verfolgen, und verzichtet gegebenenfalls auf eine formelle Feststellung der Rückweisung ihrer Empfehlungen nach Artikel 12 Absatz 3 FKG (vgl. Kapitel 6.6.4).

Weiter schenkt die EFK den Amtsvorstehenden grosses Vertrauen und geht im Falle von angenommenen Empfehlungen grundsätzlich von deren Kooperationswillen aus.1426 Bei INSIEME war die Annahme der Empfehlungen von 2008 durch die ESTV einer der Gründe dafür, weshalb die EFK auf eine Meldung an das EFD in Anwendung von Artikel 15 Absatz 3 FKG verzichtete (vgl. Kapitel 6.6.6).

Grundsätzlich setzt die EFK demnach stärker auf die Eigenverantwortung und den Kooperationswillen der Amtsvorstehenden als auf eine rasche Information bzw. einen frühen Einbezug der Departementsvorstehenden und des Bundesrats als Aufsichtsinstanzen.

Die FK und GPK gelangen aufgrund dieser Sachlage zum Schluss, dass die EFK die Departemente und den Bundesrat als Ansprechpartner vermehrt direkt und frühzeitig angehen sollte. Gemäss Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe b FKG unterstützt die EFK den Bundesrat bei der Ausübung seiner Aufsicht über die Bundesverwaltung. Dies bedingt eine aktive Information der Departementsvorstehenden als direkte Aufsichtsinstanz der Ämter sowie des Bundesrats als oberste leitende und vollziehende 1421 1422 1423 1424

Art. 14 Abs. 1 und 3 FKG (SR 614.0).

Protokoll der AGI vom 14. Okt. 2013, S. 32 (stv. Direktor EFK 2000­2013).

Protokoll der AGI vom 26. März 2014, S. 18 (Präsident FinDel 2010 und 2014).

Protokolle der AGI vom 14. Okt. 2013, S. 16 (Direktor EFK 1998­2013), und vom 14. März 2014, S. 58 (Präsident FinDel 2003 und 2007).

1425 Protokoll der AGI vom 14. Okt. 2013, S. 43 (Vizedirektor EFK 2000­2013); vgl. Art. 25 FHG (SR 611.0).

1426 Protokoll der AGI vom 27. Febr. 2013, S. 12 (Vizedirektor EFK 2000­2013).

6618

Behörde des Bundes1427 bzw. als ständige und systematische Aufsichtsinstanz über die Bundesverwaltung1428 durch die EFK. Die heutige Praxis der EFK, den betroffenen Departementsvorstehenden sämtliche Prüfberichte zuzustellen, geht nach Ansicht der FK und GPK in die richtige Richtung. Zusätzlich dazu sollte die EFK ihre gesetzlichen Möglichkeiten, direkt an die Departemente und an den Bundesrat zu gelangen,1429 vermehrt nutzen. Damit werden der Bundesrat und die Departemente in die Lage versetzt, ihre Aufsicht adäquat wahrzunehmen.

Eine vermehrte direkte Information der Departemente und des Bundesrats durch die EFK führt zudem zu einer gewissen Entflechtung der Zusammenarbeit und damit der Verantwortung der EFK und der FinDel. Aus Sicht der FK und GPK bringt eine solche Entflechtung den Vorteil mit sich, dass die EFK vermehrt als eigenständige Akteurin der Aufsicht wahr- und ernstgenommen wird.

Die direkte Information und der vermehrte Einbezug der Departemente und des Bundesrats mögen allenfalls dazu führen, dass die Beziehungen zwischen der EFK und den Ämtern bzw. den Departementen konfliktreicher werden, als sie es bisher waren.1430 Letztlich wird so jedoch eine angemessenere Wahrnehmung der Verantwortlichkeiten innerhalb der Linie (Amt ­ Departement ­ Bundesrat) und eine effektivere Aufsicht durch die Departemente und den Bundesrat ermöglicht. Im Weiteren wird damit auch dem Grundsatz der Subsidiarität der parlamentarischen Oberaufsicht durch die FinDel Rechnung getragen.

6.6.2

Prüfungen der EFK

6.6.2.1

Prüfung des Finanzgebarens und der Geschäftsführung

Die EFK führte in den Jahren 2005, 2006, 2008 und 2011 Projektprüfungen zu INSIEME durch. Diese Projektprüfungen umfassten verschiedene Prüfaufgaben, die in Artikel 6 FKG explizit aufgeführt sind, namentlich die Prüfung des Vollzugs des Voranschlags (Bst. a), die Kontrolle der Bewirtschaftung des Verpflichtungskredits (Bst. c), die Prüfung des geplanten IKS (Bst. d), die Prüfung einzelner Zahlungsanweisungen (Bst. e) sowie die Überprüfung der geplanten IT-Anwendungen (Bst. h).

Im Rahmen der Prüfung des Vollzugs des Voranschlags (Art. 6 Bst. a FKG) kontrollierte die EFK bei INSIEME nicht nur Aspekte des Finanzgebarens, sondern konzentrierte sich zum Teil auch auf die Geschäftsführung, zum Beispiel bei der Kontrolle der Einhaltung der Projektmanagementmethode HERMES, bei der Prüfung der Risiken im Bereich der Projektorganisation oder bei der Beurteilung der Erreichung der Projektziele.1431

1427 1428 1429 1430

Art. 174 BV (SR 101).

Art. 8 Abs. 3 RVOG (SR 172.010).

Vgl. Art. 12 Abs. 3, Art. 14 Abs. 3 und Art. 15 Abs. 3 FKG (SR 614.0).

Zum Beispiel im Zusammenhang mit der Meldung von Umsetzungspendenzen (vgl. dazu Kapitel 6.6.10 bezüglich des Umgangs mit der langjährigen Umsetzungspendenz im Bereich IKS zwischen der EFK und der ESTV).

1431 Vgl. Kapitel 6.4.1 und 6.4.5.

6619

Nach Einschätzung der EFK lagen die zentralen Probleme bei INSIEME insbesondere bei der Geschäftsführung der Direktion der ESTV.1432 In ihrem Bericht vom Januar 2012 hielt sie dazu fest: «Langfristig gravierender erscheint der EFK das Fehlen der fachlichen Führung des Projekts durch die ESTV-Direktion.» In der Anhörung durch die AGI gab der Vizedirektor der EFK (2000­2013) diesbezüglich die Auskunft, dass er es rückblickend betrachtet vorgezogen hätte, Ende 2008 ein «Management-Audit» durchzuführen, bei dem die Führung der ESTV allgemein geprüft worden wäre.1433 So hätten die Führungsprobleme, die sich schliesslich in der Projektprüfung zu INSIEME von 2011 zeigten, bereits früher festgestellt werden können.

Prüfungen zur Geschäftsführung gehören gemäss FKG nicht zu den Kernaufgaben der EFK; sie sind jedoch Teil des gesetzlichen Auftrags der EFK, sofern sie Aspekte der Geschäftsführung betreffen, die finanzielle Konsequenzen haben.1434 Entsprechend liegen gewisse Prüfungen der EFK im Grenzbereich zwischen der Finanzaufsicht und der Geschäftsprüfung.1435 Seitens der parlamentarischen Oberaufsicht sind die Zuständigkeiten bezüglich der Finanzaufsicht und der Geschäftsprüfung zwischen den FK bzw. FinDel und den GPK bzw. GPDel aufgeteilt (vgl. Kapitel 7.1.2). Die EFK gelangt nach Artikel 14 Absatz 1 FKG mit ihren Prüfungsbefunden an die FinDel. Dies galt bisher auch für Prüfungsbefunde, welche die Geschäftsführung betreffen, zumal im FKG kein direkter Verkehr zwischen der EFK und den GPK explizit vorgesehen ist.1436 Die GPK verfügten während der gesamten Projektlaufzeit von INSIEME über keine näheren Informationen seitens der EFK zu den Mängeln in der Geschäftsführung; dies war mit ein Grund, weshalb INSIEME von den GPK nicht traktandiert wurde.1437 Eine Behandlung von INSIEME durch die GPK ­ entweder im Rahmen einer Koordination und Zusammenarbeit mit der FinDel oder im Rahmen der eigenen Oberaufsichtstätigkeiten der GPK ­ hätte den Fokus der parlamentarischen Oberaufsicht allenfalls stärker auf die von der EFK als zentral bezeichneten Probleme in der Geschäftsführung richten können. In Kapitel 7.5 des vorliegenden Berichts sprechen sich die FK und GPK deshalb für eine Intensivierung der Koordination und Zusammenarbeit zwischen der FinDel und den GPK aus.

Darüber hinaus ist es nach Ansicht der FK
und GPK sinnvoll, dass die GPK ­ bzw.

in deren Aufgabenbereich die GPDel ­ künftig von der EFK direkt über festgestellte wesentliche Mängel in der Geschäftsführung informiert werden (vgl. Motion 1 der FK und GPK in Kapitel 6.7). Damit soll sich aber an der vollständigen Information der FinDel nichts ändern.

1432 1433

1434 1435 1436 1437

Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 19. Sept. 2012, S. 13 (Vizedirektor EFK 2000­2013).

Ein solches Mangement-Audit hätte die Prüfung der allgemeinen Arbeitsweise, die Reaktions- und Verhaltensweise in Krisensituationen sowie die Evaluation von Führungsentscheiden der Direktion der ESTV umfasst. Protokoll der AGI vom 27. Febr. 2013, S. 20 (Vizedirektor EFK 2000­2013).

Vgl. die Ausführungen zu den «Kriterien der Finanzkontrolle» in der Botschaft zur Änderung des FKG vom 30. März 1994 (BBl 1994 II 721, hier 732­733).

Auszug aus dem Protokoll der GPK-N vom 28. Febr. 2014, S. 8 (Direktor EFK seit 2014).

Art. 15 Abs. 1 FKG (SR 614.0).

Vgl. Kapitel 7.5.

6620

Die Information der GPK bzw. GPDel durch die EFK soll nach Ansicht der FK und GPK im schriftlichen Verkehr unter Nennung der festgestellten wesentlichen Mängel in der Geschäftsführung sowie unter Beifügung des vollständigen Prüfberichts oder von Auszügen aus dem Prüfbericht erfolgen.

6.6.2.2

Übernahme und Ablehnung von Prüfaufträgen

Die EFK erhielt während der Projektlaufzeit von INSIEME zwei Prüfaufträge. Der erste Auftrag wurde Anfang 2005 vom Direktor der ESTV (2000­2012) erteilt und beinhaltete die Sichtung des kaufmännischen Teils des Pflichtenhefts für die WTO-Ausschreibung bezüglich der Einhaltung des Beschaffungsrechts. Diesen Auftrag nahm die EFK an1438 und unterbreitete der ESTV im Februar 2005 ihre Anpassungsvorschläge für das Pflichtenheft (vgl. Kapitel 6.3.2).

Der zweite Prüfauftrag wurde im Zusammenhang mit dem Bundesratsbeschluss betreffend ein rigoroses Monitoring vom 18. Juni 20101439 erteilt: Anlässlich der Besprechung zwischen Vertretern der ESTV und der EFK, des IRB, des EFD und des BIT vom 25. November 2010 zur Umsetzung des Beschlusses lehnte die EFK den Auftrag der ESTV ab, sämtliche Quartalsberichte von INSIEME fortlaufend zu prüfen. Sie entschied sich dazu, dem Bundesratsbeschluss im Rahmen von eigenen Prüfungen zu abgeschlossenen Projektteilen von INSIEME nachzukommen (vgl.

Kapitel 6.4.4).

Die Ablehnung des Auftrags zur laufenden Analyse der Quartalsberichte zu INSIEME war nach Ansicht der FK und GPK angemessen. Hätte die EFK eine laufende Beurteilung der Quartalsberichte zuhanden des GS EFD oder der ESTV vorgenommen, wäre eine unabhängige und unvoreingenommene Gesamtbeurteilung des Projekts, wie sie die EFK im Rahmen ihrer Prüfung von 2011 vornahm, nur noch bedingt möglich gewesen. Die Beurteilung der Quartalsberichte hätte nach Auffassung der FK und GPK primär in das Departementscontrolling des EFD gehört.

Eine ähnliche Problematik hätte sich aber grundsätzlich auch beim Auftrag des Direktors der ESTV (2000­2012) von 2005 gestellt, den die EFK angenommen hatte. Durch die Übernahme des Auftrags liess sich die EFK in die Verantwortung für die Korrektheit der WTO-Ausschreibung der ESTV einbinden. Eine unabhängige und unvoreingenommene Beschaffungsprüfung durch die EFK wäre später kaum noch möglich gewesen. Eine solche fand im Zusammenhang mit der Ausschreibung von 2005 und der Auftragsvergabe an die Firma Unisys jedoch nicht statt.

Die Problematik der Gefährdung der Unabhängigkeit und Unvoreingenommenheit der eigenen Prüftätigkeit stellt sich generell bei mitschreitenden Projektprüfungen der EFK. Dies gilt namentlich für Fälle, in denen die Prüfergebnisse der EFK als Entscheidungsgrundlage für
die weiteren Projektarbeiten oder für die Freigabe von Projektphasen dienen sollen, sowie in Fällen, in denen der Prüfauftrag durch die zu prüfende Stelle selbst oder ihre direkte Aufsichtsbehörde erfolgt. Nach Auffassung 1438

Die EFK kann die Übernahme von Sonderaufträgen ablehnen, wenn diese die Abwicklung ihres Prüfungsprogramms gefährden (Art. 1 Abs. 2 FGK [SR 614.0]).

1439 Bundesratsbeschluss vom 18. Juni 2010 (Ziff. 3): «Die Realisierung und Umsetzung des Projekts INSIEME soll Gegenstand eines rigorosen Monitorings sein, das durch das EFD (ESTV) in Zusammenarbeit mit der EFK und dem IRB sichergestellt werden soll.»

6621

der FK und GPK sollte generell das Prinzip gelten, dass die Prüfungen der EFK nicht die Projektkontrolle oder die reguläre departementale Aufsicht ersetzen.

Artikel 1 Absatz 2 FKG räumt der EFK heute die Möglichkeit ein, Sonderaufträge abzulehnen, wenn diese die Abwicklung ihres jährlichen Prüfprogramms gefährden.

Im Sinne einer Stärkung der Unabhängigkeit der EFK hat diese Möglichkeit nach Ansicht der FK und GPK künftig auch in Fällen zu bestehen, in denen die Übernahme eines Sonderauftrags die Unabhängigkeit und Unvoreingenommenheit der späteren Prüftätigkeit der EFK gefährdet (vgl. Motion 1 der FK und GPK in Kapitel 6.7).

Bei INSIEME wurde der Bundesrat vom EFD oder von der EFK nicht über die beabsichtigte Form der Umsetzung seines Monitoring-Auftrags vom 18. Juni 2010 informiert (vgl. Kapitel 5.3.1.3). Zur Gewährleistung des Informationsflusses sowie zur Nachweisbarkeit und Nachvollziehbarkeit der Entscheide der EFK sollte die Ablehnung oder Annahme von Sonderaufträgen nach Ansicht der FK und GPK immer im Schriftverkehr mit der auftragserteilenden Stelle sowie unter Angabe der Gründe für eine allfällige Ablehnung erfolgen.

6.6.3

Mitteilung der Prüfungsbefunde an die ESTV: Gewichtung der Empfehlungen

Die Befunde und Empfehlungen zu den Prüfungen der EFK von 2005, 2006, 2008 und 2011 teilte die EFK der ESTV nach Artikel 12 Absatz 1 FKG mittels Zustellung der Prüfberichte mit. Die darin enthaltenen Empfehlungen wurden der allgemeinen Praxis der EFK entsprechend mit Prioritäten von 1­3 gekennzeichnet.1440 Die Prioritäten bestimmen gemäss der Definition der EFK die Wesentlichkeit der Empfehlungen und werden aus der Sicht jedes einzelnen Prüfauftrags vergeben. Bei der Vergabe der Prioritäten wird sowohl der Faktor «Risiko»1441 als auch der Faktor «Dringlichkeit der Umsetzung»1442 berücksichtigt.

Die Prioritäten dienen nicht nur den geprüften Stellen als Orientierungshilfe, sondern werden auch von der EFK als Mittel zur Planung ihrer Nachkontrollen genutzt.

Empfehlungen der Priorität 1 erachtet die EFK grundsätzlich als verbindlich und kontrolliert deren Umsetzung nach. Die Umsetzung von Empfehlungen der Prioritäten 2 und 3 liegt dagegen aus Sicht der EFK im Ermessen der geprüften Stellen. Zu Empfehlungen der Priorität 2 finden deshalb nur in Ausnahmefällen Nachkontrollen statt und Empfehlungen der Priorität 3 werden grundsätzlich nicht nachverfolgt (vgl. Kapitel 6.6.9).1443 Nach Ansicht der FK und GPK ist die Gewichtung von Empfehlungen grundsätzlich sinnvoll. Die heutige Praxis sollte ihrer Ansicht nach aber in Bezug auf zwei Punkte angepasst werden:

1440 1441

Prioritäten: 1 = hoch, 2 = mittel, 3 = klein (EFK-Bericht vom Januar 2012, S. 8).

Risiko: z. B. Höhe der finanziellen Auswirkung bzw. Bedeutung der Feststellung; Wahrscheinlichkeit eines Schadeneintritts; Häufigkeit des Mangels (Einzelfall, mehrere Fälle, generell) und Wiederholungen usw. (EFK-Bericht vom Januar 2012, S. 8).

1442 Dringlichkeit der Umsetzung: kurzfristig, mittelfristig, langfristig (EFK-Bericht vom Januar 2012, S. 8).

1443 Schreiben der EFK an die AGI vom 31. Okt. 2013, S. 2; Schreiben der AGI an die EFK vom 23. Okt. 2013, S. 2.

6622

1.

Die Unterscheidung von Empfehlungen nach Prioritäten ist für einen grossen Teil der Adressaten der Prüfberichte der EFK ungeeignet.1444 Prioritäten, die sich per Definition aus der Wichtigkeit und Dringlichkeit eines Geschäfts ergeben, ändern sich im Zeitverlauf. So kann beispielsweise eine Empfehlung, die heute wichtig, aber nicht dringlich ist, von mittlerer Priorität sein.

Dieselbe Empfehlung kann zu einem späteren Zeitpunkt, wenn ihre Dringlichkeit gestiegen ist, über eine hohe Priorität verfügen. Entsprechend müssten die in den Berichten der EFK festgelegten Prioritäten laufend nachgeführt werden, was grundsätzlich nicht möglich ist.

Die Adressaten der Prüfberichte der EFK, welche die Umsetzung der Empfehlungen über einen bestimmten Zeitraum nachverfolgen, sind in der Regel nicht an den Prioritäten der Empfehlungen zum Zeitpunkt der Berichterstellung der EFK interessiert, sondern primär an der Wichtigkeit bzw. am Risiko der Empfehlungen. So ist es für sie beispielsweise relevant zu wissen, ob eine Empfehlung, die nicht fristgerecht umgesetzt werden konnte, von hoher Wichtigkeit ist bzw. welches Risiko ihr zugrunde liegt. Dagegen ist es eher unbedeutend, welche Priorität die EFK der entsprechenden Empfehlung zum Zeitpunkt der Prüfung zugeteilt hat.

Die FK und GPK sind deshalb der Ansicht, dass die Empfehlungen der EFK zukünftig nicht mehr nach Prioritäten, sondern nur noch nach ihrer Wichtigkeit (z. B. Wichtigkeit: 1 = hoch, 2 = mittel, 3 = gering) unterschieden werden sollten. Im Gegensatz zu den Prioritäten berücksichtigt diese den Faktor «Dringlichkeit der Umsetzung» nicht. Eine solche Änderung käme insbesondere den Amtsvorstehenden, den Departementen und der FinDel, welche die Berichte der EFK als Informationsgrundlage für die Nachverfolgung der Umsetzung der Empfehlungen verwenden, zugute.

Der Faktor «Dringlichkeit der Umsetzung» sollte nach Ansicht der FK und GPK nur noch bei der Festlegung der Umsetzungsfristen der Empfehlungen berücksichtigt werden. Die Umsetzungsfristen werden heute durch die geprüften Stellen anlässlich ihrer Stellungnahmen zu den Empfehlungen der EFK selbst festgelegt. Die FK und GPK sind der Ansicht, dass diese Praxis nicht zweckmässig ist. Die Umsetzungsfristen sollten nicht von der geprüften Stelle, sondern von der EFK im Rahmen einer Risikobeurteilung bestimmt werden und Bestandteil der Empfehlungen der EFK sein.

2.

1444

Die Gewichtung von Empfehlungen sollte nicht aus Sicht jedes einzelnen Prüfauftrags erfolgen, so wie dies heute im Zusammenhang mit der Zuteilung der Prioritäten der Fall ist. Grundsätzlich sollten sich die Prioritäten bzw. neu die Wichtigkeitsstufen von Empfehlungen verschiedener Prüfberichte vergleichen lassen. Ähnliche Beanstandungen sollten ausserdem immer zu Empfehlungen derselben Prioritäten bzw. neu derselben Wichtigkeitsstufe führen. So ist es beispielsweise im Fall von INSIEME nicht verständlich, weshalb die Nichteinhaltung der beschaffungsrechtlichen Bestimmungen im Jahr 2004 zu einer Empfehlung der Priorität 1 führte, während

Die Adressaten der Prüfberichte der EFK sind die geprüften Verwaltungseinheiten bzw.

die Amtsvorstehenden (Art. 12 Abs. 1 FKG), die FinDel (Art. 14 Abs. 1 FKG) und die Departementsvorstehenden (gemäss aktueller Praxis der EFK).

6623

die EFK zur gleichen Beanstandung im Jahr 2005 keine Empfehlung mehr formulierte.1445 Um die Voraussetzungen für eine solche prüfungsunabhängige Gewichtung der Empfehlungen zu schaffen, sollte die EFK einheitliche und eindeutige Kriterien als Grundlage für die Gewichtung der Empfehlungen definieren.

Die Gewichtung der Empfehlungen nach einheitlichen Kriterien würde es den geprüften Verwaltungseinheiten erleichtern, die Empfehlungen aus unterschiedlichen Prüfberichten bezüglich ihrer Wichtigkeit miteinander zu vergleichen und zu beurteilen. Ausserdem würden die übrigen Adressaten der EFK-Prüfberichte davon profitieren, indem sie ihre Schwerpunkte bei der Aufsicht über die Umsetzung der Empfehlungen einfacher und adäquater setzen könnten. Dies betrifft namentlich die FinDel und die Departemente, die sich mit einer Vielzahl von Empfehlungen aus unterschiedlichen Prüfungen befassen. Schliesslich würde die Gewichtung der Empfehlungen nach einheitlichen Kriterien dazu führen, dass sich die EFK bei der Planung ihrer Nachkontrollen zur Umsetzung der Empfehlungen angemessener auf die relevanten Risiken fokussieren könnte (vgl. Kapitel 6.6.9).

Bei der Ausübung ihrer Aufsicht bzw. Oberaufsicht orientieren sich sowohl die Amtsdirektionen und Departemente als auch die FinDel an den Angaben der EFK zur Wichtigkeit der Empfehlungen. Die FK und GPK sind der Meinung, dass die EFK ein entsprechendes Kriteriensystem zur Gewichtung von Empfehlungen nicht allein, sondern in Zusammenarbeit mit Vertretern der Ämter, der Departemente und der FinDel festlegen sollte.

Empfehlung 17: Gewichtung von Empfehlungen der EFK Die FK und GPK empfehlen der EFK, in Zusammenarbeit mit Vertretern der Ämter, der Departemente und der FinDel ein System zur Gewichtung ihrer Empfehlungen und Beanstandungen zu definieren, das auf einheitlichen und prüfungsunabhängigen Kriterien basiert, und dieses konsequent anzuwenden.

Im Übrigen stellen die FK und GPK fest, dass die Zusammenfassungen der Befunde und Empfehlungen in den Prüfberichten der EFK teilweise lückenhaft waren: So erwähnte die EFK zum Beispiel die mangelhafte Kostenkontrolle in der Berichtszusammenfassung von 2005 nicht, und die Nichteinhaltung der beschaffungsrechtlichen Bestimmungen fehlte in der Berichtszusammenfassung von 2008.

Beanstandungen, die von der EFK als wichtig
beurteilt werden und zu Empfehlungen der höchsten Wichtigkeitsstufe (Wichtigkeit = 1) führen, sollten nach Ansicht der FK und GPK immer Erwähnung in den Zusammenfassungen der Prüfberichte finden.

1445

Vgl. Kapitel 6.3.2 (EFK-Bericht vom 16. Febr. 2004, S. 5, Empfehlung 4.4; EFK-Bericht vom 25. Febr. 2005, S. 5­6, keine Empfehlung).

6624

6.6.4

Stellungnahmen der ESTV zu den Empfehlungen der EFK

Gemäss Auskunft des Vizedirektors der EFK (2000­2013) in den Anhörungen der AGI wurden alle Empfehlungen der EFK zu INSIEME angenommen.1446 Zu Rückweisungen von Empfehlungen nach Artikel 12 Absatz 3 FKG1447 kam es nicht.

Die Annahme der Empfehlungen ging aus den Stellungnahmen der ESTV allerdings nicht immer klar hervor: So entsprach zum Beispiel die von der ESTV genannte Massnahme zur Umsetzung der Empfehlung von 2006 betreffend die Schaffung eines umfassenden IKS für die ESTV nicht der eigentlichen Absicht der Empfehlung. Auch die Empfehlung betreffend die Einhaltung der beschaffungsrechtlichen Bestimmungen von 2008 beantwortete die ESTV einzig mit dem Hinweis, dass «sämtliche Beschaffungen stufengerecht einem Entscheid unterbreitet werden». Als letztes Beispiel kann in diesem Zusammenhang die Stellungnahme zur Empfehlung betreffend die schriftliche Festlegung der Kompetenzen des Leiters des GPA und betreffend die Zusammensetzung des GPA von 2011 genannt werden, die unvollständig und teils nicht im Sinne der EFK war.1448 Bei diesen drei Empfehlungen handelte es sich um Empfehlungen der Priorität 1; sie waren also gemäss dem Verständnis der EFK verbindlich.1449 Dennoch verzichtete die EFK darauf, von der ESTV eine Klarstellung der Stellungnahmen zu verlangen, um die Empfehlungen im Falle einer eigentlichen Rückweisung einem Entscheid durch das EFD zu unterbreiten.1450 Alle drei Empfehlungen wurden hingegen für eine Nachkontrolle vorgemerkt. Im Falle der Empfehlung von 2008 betreffend die Einhaltung der beschaffungsrechtlichen Bestimmungen fand diese Nachkontrolle im Rahmen der Folgeprüfung der EFK von 2011 statt.1451 Erst zu diesem Zeitpunkt wurde offensichtlich, dass seitens der ESTV von Anfang an keine Absicht bestanden hatte, die Empfehlung umzusetzen.

Gemäss der Auskunft des Vizedirektors der EFK (2000­2013) kommt die Rückweisung von Empfehlungen in Anwendung von Artikel 12 Absatz 3 FKG generell «nicht sehr oft» vor.1452 In solchen Fällen gelangt die EFK zudem nicht immer direkt an das Departement resp. an den Bundesrat, sondern nimmt zum Teil die Hilfe der FinDel in Anspruch: So war es nicht die EFK, sondern die FinDel, die im Fall einer zurückgewiesenen Empfehlung betreffend die Katastrophenvorsorge der ESTV 1446 1447

1448 1449 1450

1451

1452

Protokoll der AGI vom 14. Okt. 2013, S. 51 (Vizedirektor EFK 2000­2013); vgl. Schreiben der EFK an die AGI vom 12. Dez. 2013, S. 2.

Art. 12 Abs. 3 FKG (SR 614.0): «Weist die geprüfte Verwaltungseinheit eine die Wirtschaftlichkeit berührende Beanstandung der Eidgenössischen Finanzkontrolle zurück, so unterbreitet diese ihre Anträge dem vorgesetzten Departement. Der Entscheid des Departements kann von der Verwaltungseinheit und von der EFK beim Bundesrat angefochten werden.» Vgl. Kapitel 6.3.4, 6.4.1 und 6.4.5.

Vgl. Kapitel 6.6.3.

Die drei Empfehlungen wurden von der ESTV nicht im Sinne der EFK umgesetzt. Entsprechend wäre bei einer Klarstellung eine Rückweisung der Empfehlungen erfolgt (vgl. Protokoll der AGI vom 23. Jan. 2014, S. 43 [Leiter FISP ESTV seit 2005]; EFKBericht vom Januar 2012, S. 15­16; Meeting-Protokoll GPA vom 1. März 2012, S. 3).

Die Beurteilungen bzw. Empfehlungen von 2006 wurden aufgrund der Projektsistierung von 2007 gemäss Angaben der EFK schliesslich «hinfällig» (Schreiben der EFK an die AGI vom 12. Dez. 2013, S. 2). Eine Nachkontrolle der Empfehlung von 2011 ist im Empfehlungscontrolling der EFK nicht vermerkt (Auszug aus dem elektronischen Empfehlungscontrolling [i-world] der EFK vom 28. Aug. 2013, S. 1, Empfehlung 5.3).

Protokoll der AGI vom 14. Okt. 2013, S. 51 (Vizedirektor EFK 2000­2013).

6625

mit Schreiben vom 9. Februar 2006 an den Gesamtbundesrat gelangte, um einen Entscheid herbeizuführen.1453 Die FK und GPK sind der Ansicht, dass Artikel 12 Absatz 3 FKG zukünftig konsequent zur Anwendung gelangen sollte, wenn Empfehlungen der höchsten Wichtigkeitsstufe (Wichtigkeit = 1)1454 von den geprüften Stellen zurückgewiesen werden.

Um die Voraussetzungen dafür zu schaffen, sollte die EFK bei unklaren Stellungnahmen zu Empfehlungen der höchsten Wichtigkeitsstufe immer auf eine schriftliche Klarstellung durch die geprüften Stellen bestehen.

Wenn die geprüften Stellen Empfehlungen der höchsten Wichtigkeitsstufe zurückweisen, jedoch alternative Massnahmen vorschlagen, sollte die EFK diese immer materiell beurteilen. Bewertet die EFK die vorgeschlagenen alternativen Massnahmen als ungeeignet, hat sie in Anwendung von Artikel 12 Absatz 3 FKG einen Entscheid des betroffenen Departements resp. des Bundesrats herbeizuführen. Dies gilt selbstverständlich auch für Empfehlungen, die ohne Vorschlag einer alternativen Massnahme zurückgewiesen werden. Falls die EFK die vorgeschlagenen alternativen Massnahmen als geeignet beurteilt und deshalb auf die Anwendung von Artikel 12 Absatz 3 FKG verzichtet, sollte sie immer die FinDel darüber unterrichten.

Des Weiteren sind die FK und GPK der Auffassung, dass Artikel 12 Absatz 3 FKG unabhängig vom Zeitpunkt der Rückweisung einer Empfehlung der höchsten Wichtigkeitsstufe zur Anwendung gelangen sollte: Stellt eine geprüfte Stelle erst im Anschluss an die bereits erfolgte Annahme einer Empfehlung der höchsten Wichtigkeitsstufe fest, dass sie eine alternative Massnahme bevorzugt, sollte sie die EFK immer darüber informieren. Die EFK wäre auch in solchen Fällen angehalten, eine materielle Beurteilung der vorgeschlagenen Alternative vorzunehmen und bei einer negativen Beurteilung Artikel 12 Absatz 3 FKG anzuwenden.

Die konsequente Anwendung von Artikel 12 Absatz 3 FKG hat aus Sicht der FK und GPK grundsätzlich zwei Vorteile: Einerseits ermöglicht sie eine angemessene Wahrnehmung der Verantwortlichkeiten innerhalb der Linie (Amt ­ Departement ­ Gesamtbundesrat), und andererseits können dadurch klare Informationsgrundlagen für die Weiterverfolgung der Empfehlungen durch die EFK und die FinDel geschaffen werden. So sind zurückgewiesene Empfehlungen im Rahmen der Nachkontrollen der EFK sowie im Rahmen der Oberaufsicht der FinDel anders zu behandeln als angenommene Empfehlungen.

6.6.5

Mitteilung der Prüfungsbefunde an das EFD

Das FKG sieht keine direkte Mitteilung detaillierter Prüfungsbefunde der EFK an die Departemente vor: Gemäss Artikel 12 Absatz 1 FKG stellt die EFK ihre Prüfberichte lediglich den geprüften Stellen zu. Die Departemente haben folglich im Rahmen ihrer departementalen Aufsicht dafür zu sorgen, dass sie von den geprüften Stellen über die Prüfungsbefunde der EFK informiert werden. Von der EFK erhalten die Departemente gemäss Artikel 14 Absatz 1 FKG lediglich eine Kopie der an die FinDel adressierten Zusammenfassungen der Prüfberichte, was die Departemente 1453 1454

Schreiben der FinDel an den Bundesrat vom 9. Febr. 2006; vgl. Kapitel 7.2.1.1.

Die FK und GPK sind der Ansicht, dass die Empfehlungen der EFK künftig nur noch nach Wichtigkeit und nicht mehr nach Prioritäten unterschieden werden sollen (vgl. Kapitel 6.6.3).

6626

laut Botschaft des Bundesrats vom 22. Juni 1998 betreffend die Revision des FKG einzig «in die Lage versetzen soll, sich rechtzeitig über die Schwerpunkte der Prüfungsbefunde der EFK ins Bild setzen zu können, bevor sie allenfalls von der FinDel mit dem Geschäft konfrontiert werden».1455 Die Zusammenfassungen sind somit als Instrument für das reibungslose Funktionieren der parlamentarischen Oberaufsicht durch die FinDel und nicht als eigentliche Informationsquelle für die Ausübung der departementalen Aufsicht zu verstehen.

In der Praxis weicht die EFK von diesem Konzept ab: Auf Wunsch des Generalsekretärs des EFD (1996­2007) versendet sie seit 2007 zusätzlich zu den Zusammenfassungen die vollständigen Prüfberichte sowie die Stellungnahmen der geprüften Stellen an die betroffenen Departementsvorstehenden. Im Falle von INSIEME traf dies auf die Prüfberichte von 2008 und 2012 zu.

Die FK und GPK erachten diese Praxis der Zustellung der vollständigen Prüfberichte der EFK an die Departemente als sinnvoll und aus Sicht der Wahrnehmung der departementalen Aufsichtsverantwortung als konsequent.1456 Entsprechend regen die FK und GPK an, die heutige Praxis der direkten Zustellung der vollständigen Prüfberichte der EFK an die Departemente ins FKG aufzunehmen. Die Zustellung sollte nach Ansicht der FK und GPK gleichzeitig mit dem Versand der Berichte an die geprüften Stellen erfolgen (vgl. Motion 1 der FK und GPK in Kapitel 6.7).

Diese neue Regelung soll die geprüften Stellen jedoch nicht von ihrer Verantwortung entbinden, die Departemente über Probleme, welche die EFK im Rahmen ihrer Prüfungen feststellt, zu informieren. Das Argument des Direktors der ESTV (2000­2012), er habe die Generalsekretärin (2007­2010) und den Vorsteher des EFD (2004­2010) nicht über den Stand von INSIEME informiert, weil für ihn klar war, dass sie aufgrund der direkten Zustellung der EFK-Berichte die entsprechenden Informationen besassen,1457 erachten die FK und GPK als nicht legitim.

Insbesondere bei wesentlichen Mängeln, wie sie die EFK im Jahr 2008 feststellte, ist es die Pflicht des geprüften Amtes, diese mit dem Departement zu thematisieren.

Die Departemente sind ihrerseits dazu verpflichtet, die geplante Umsetzung von wesentlichen Empfehlungen der EFK durch ihre Ämter in Erfahrung zu bringen und diese bei Bedarf mit ihnen
zu diskutieren. Vor diesem Hintergrund sollte nach Ansicht der FK und GPK die Praxis aufgehoben werden, dass die Departemente die Stellungnahmen der Ämter direkt von der EFK erhalten (vgl. Kapitel 4.4.2.5).

Die Zustellung der vollständigen Prüfberichte an die Departemente soll die EFK im Übrigen nicht von ihrer Aufgabe befreien, die im FKG vorgesehenen Instrumente zur gezielten Information der Departementsvorstehenden bei wichtigen Feststellungen (Art. 15 Abs. 3 FKG) anzuwenden. Das Argument der EFK, dass die Informationen zu INSIEME aufgrund der Zustellung der Prüfberichte und Zusammenfassungen «auf dem Tisch des Hauses lagen»1458 und sie deshalb davon «ausgehen konnte, dass der Vorsteher des EFD (2004­2010) bzw. die Vorsteherin des EFD (seit 2010) über den Zustand des Projekts im Bild war»,1459 ist in Bezug auf den Vorsteher des EFD (2004­2010) unzutreffend (vgl. Kapitel 4.4.2.5). Zudem kann diese Argumen1455 1456 1457 1458 1459

Botschaft vom 22. Juni 1998 betreffend die Revision des Bundesgesetzes über die Eidgenössische Finanzkontrolle (FKG) (BBl 1998 V 4703, hier 4720).

Vgl. Kapitel 4.4.2.5.

Protokoll der AGI vom 10. Juni 2013, S. 64 (Direktor ESTV 2000­2012).

Protokoll der AGI vom 14. Okt. 2013, S. 14 (Direktor EFK 1998­2013).

Protokoll der AGI vom 14. Okt. 2013, S. 32 (Vizedirekor EFK 2000­2013).

6627

tation keine Rechtfertigung dafür sein, dass die EFK die festgestellten Mängel von grundsätzlicher Bedeutung den Vorstehenden des EFD in Anwendung von Artikel 15 Absatz 3 FKG nicht gemeldet hatte (vgl. Kapitel 6.6.6). Die Zustellung der vollständigen Prüfberichte und der Zusammenfassungen kann nach Ansicht der FK und GPK generell kein Ersatz für eine gezielte Information der Departementsvorstehenden sein.

Ausserdem sollen die Zusammenfassungen nicht als Mittel zum Aufzeigen von Handlungsbedarf zuhanden der Departemente1460 ­ bzw. der FinDel1461 ­ verwendet werden. Die FK und GPK regen im Rahmen einer Motion an, künftig keine separaten Zusammenfassungen zuhanden der Departemente mehr zu versenden. Diesbezüglich genügen die bestehenden Zusammenfassungen in den Berichten (vgl. Motion 1 der FK und GPK in Kapitel 6.7).

6.6.6

Meldungen an die Departementsvorstehenden und an den Bundesrat sowie an die FinDel

Zurückhaltende Anwendung des Artikels 15 Absatz 3 FGK durch die EFK Die EFK ist aufgrund von Artikel 15 Absatz 3 FKG verpflichtet, nebst den geprüften Stellen folgende Aufsichtsorgane bzw. Amtsträger über die Feststellung von besonderen Vorkommnissen oder Mängeln von grundsätzlicher oder erheblicher finanzieller Bedeutung zu unterrichten: den betroffenen Departementsvorsteher oder den Bundesrat sowie den Vorsteher des EFD oder den Bundespräsidenten bzw. den Vizepräsidenten des Bundesrats. Ausserdem hat sie die FinDel zu unterrichten.1462 Artikel 15 Absatz 3 FKG wurde 1994 im Anschluss an die Erkenntnisse der Parlamentarischen Untersuchungskommission EMD (PUK EMD), welche die besonderen Vorkommnisse im damaligen Eidgenössischen Militärdepartement (EMD) rund um den Aufbau und die Finanzierung zweier Geheimorganisationen (P-26 und P-27) aufarbeitete,1463 eingeführt. Im Jahr 1999 wurde die Gesetzesbestimmung aufgrund der Untersuchungsergebnisse der PUK Pensionskasse des Bundes (PKB)1464 im Rahmen der Teilrevision des FKG vom 19. März 1999 angepasst.1465 Die Absicht hinter der Einführung und Anpassung der Gesetzesbestimmung war, Informationslü-

1460 1461 1462

Vgl. Kapitel 4.4.2.5.

Vgl. Kapitel 6.6.8.

Art. 15 Abs. 3 FKG (SR 614.0): «Stellt die EFK besondere Vorkommnisse oder Mängel von grundsätzlicher oder erheblicher finanzieller Bedeutung fest, unterrichtet sie darüber nebst den Dienststellen den zuständigen Departementschef sowie den Vorsteher des EFD.

Betreffen die festgestellten Mängel das Finanzgebaren von Dienststellen des EFD, ist der Bundespräsident beziehungsweise der Vizepräsident des Bundesrats in Kenntnis zu setzen. Gleichzeitig informiert sie die FinDel. Wenn sie es als zweckmässig erachtet, unterrichtet sie anstelle des zuständigen Departementsvorstehers den Bundesrat.» 1463 Vorkommnisse im EMD: Bericht der PUK EMD vom 17. Nov. 1990 (BBl 1990 III 1293).

1464 Bericht vom 7. Okt. 1996 der PUK über die Organisations- und Führungsprobleme bei der PKB und über die Rolle des EFD in Bezug auf die PKB (BBl 1996 V 153).

1465 Mit der Teilrevision des FKG vom 19. März 1999 wurde die Möglichkeit eingeführt, anstelle des betroffenen Departmentsvorstehers den Bundesrat zu informieren. Ausserdem wurde die FinDel in den Kreis der Adressaten der Meldungen aufgenommen (BBl 1998 V 4703, hier 4721).

6628

cken aufseiten der Aufsichts- und Oberaufsichtsorgane künftig zu vermeiden und ihnen gezielt die wichtigen Informationen zur Verfügung zu stellen.1466 Was «besondere Vorkommnisse oder Mängel von grundsätzlicher oder erheblicher finanzieller Bedeutung» sind, legte der Gesetzgeber nicht explizit fest. Die Botschaft vom 22. Juni 1998 betreffend die Revision des FKG besagt einzig, dass Mängel, die insbesondere zu einer Nichtabnahme von Jahresrechnungen führen können, unter die Bestimmung des Artikels 15 Absatz 3 FKG fallen.1467 Dementsprechend verfügt die EFK bei der Anwendung des Artikels über einen relativ grossen Ermessensspielraum.

Im Zusammenhang mit der ESTV gelangte der Artikel 15 Absatz 3 FKG im März 2002 bezüglich der festgestellten Probleme bei den Informatiksystemen MOLIS und STOLIS zur Anwendung.1468 Damals erstattete die EFK eine Meldung an den Vorsteher des EFD (1996­2003) und damaligen Bundespräsidenten sowie an den Vizepräsidenten des Bundesrats und an die FinDel. Im Zusammenhang mit den Prüfungsbefunden zum Projekt INSIEME erstattete die EFK hingegen über die gesamte Projektlaufzeit keine Meldungen nach Artikel 15 Absatz 3 FKG.

In ihrem Jahresbericht von 2007 führte die EFK bezüglich Artikel 15 Absatz 3 FKG aus, dass «Mängel von grundsätzlicher Bedeutung» bestünden, wenn die Ordnungsmässigkeit der Rechnungsführung oder der Buchhaltung nicht gegeben sei oder wenn systematisch Rechtsvorschriften missachtet würden.1469 Nach Ansicht der FK und GPK deckte die EFK im Rahmen ihrer Prüfungen von 2008 und 2011 genau solche Mängel auf, als sie feststellte, dass es zum wiederholten Mal zur Missachtung der beschaffungsrechtlichen Bestimmungen gekommen war. Erste Beanstandungen dazu hatte die EFK bereits in den Jahren 2004 und 2005 gemacht.1470 Dennoch leitete die EFK die Information über diese Mängel nicht an die vorgesehenen Stellen weiter.

Dass Artikel 15 Absatz 3 FKG bei INSIEME nicht zur Anwendung gelangte, steht im Einklang mit der generellen Praxis der EFK: Sie macht von der Bestimmung allgemein nur sehr selten Gebrauch. Im Untersuchungszeitraum der AGI von 2001­2012 erstattete die EFK insgesamt nur zweimal Meldung nach Artikel 15 Absatz 3 FKG: im Jahr 2002 im oben erwähnten Fall der ESTV und im Jahr 2007 im Zusammenhang mit der Rechnungsführung und Rechnungslegung des Bundesamts für Kultur
(BAK).1471 Die seltene Anwendung von Artikel 15 Absatz 3 FKG geht auf die allgemeine Praxis der EFK zurück, wonach sie bei ihren Entscheidungen über die Anwendung

1466

1467 1468 1469 1470 1471

Parlamentarische Initiative Züger. Revision Artikel 15 Bundesgesetz über die Eidgenössische Finanzkontrolle. Bericht der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrats vom 6. April 1992 (BBl 1992 V 857); Parlamentarische Initiative Züger. Revision Artikel 15 Bundesgesetz über die Eidgenössische Finanzkontrolle. Stellungnahme des Bundesrats vom 15. Juni 1992 (BBl 1992 V 861); Botschaft vom 22. Juni 1998 betreffend die Revision des Bundesgesetzes über die Eidgenössische Finanzkontrolle (FKG) (BBl 1998 V 4703, hier 4721).

Botschaft vom 22. Juni 1998 betreffend die Revision des Bundesgesetzes über die Eidgenössische Finanzkontrolle (FKG) (BBl 1998 V 4703, hier 4721).

Vgl. Kapitel 6.3.1 und 5.3.2.2.

EFK-Jahresbericht 2007, S. 43.

Vgl. Kapitel 6.3.2.

EFK-Jahresberichte 2007, S. 43, und 2008, S. 28.

6629

des Artikels nebst dem Kriterium der Wichtigkeit des festgestellten Mangels zusätzlich das Kriterium der Dringlichkeit beachtet.1472 Unter Dringlichkeit versteht die EFK einerseits die Dringlichkeit zur Behebung der festgestellten Mängel,1473 andererseits die Dringlichkeit zur Information der politischen Verantwortungsträger.1474 In Bezug auf den zweitgenannten Punkt hielt die EFK in ihren Jahresberichten von 2002, 2003 und 2007 fest: «Bei dieser Berichterstattung [Meldung nach Art. 15 Abs. 3 FKG, A.d.V.] geht es nicht darum, die geprüfte Stelle zu belasten und Sanktionen der vorgesetzten Stelle auszulösen. Da einzelne Prüfungen einige Monate dauern können, sollen die politischen Verantwortungsträger mit dieser Meldung noch vor Abschluss des Geschäftes im Sinne eines Frühwarnsystems über Probleme informiert werden, die auch in der Öffentlichkeit Nachhall finden können.»1475 Die EFK wendet Artikel 15 Absatz 3 FKG generell nicht an, wenn die betroffenen Departemente und die FinDel mit der Zustellung der Prüfberichte innert angemessener Frist über die wichtigen Mängel informiert werden können. Diesbezüglich bemerkte der Direktor der EFK (1998­2013) in seiner Anhörung durch die AGI: «Wenn aber eine Schlussbesprechung im Januar erfolgt und der Bericht bereits im Februar in der FinDel behandelt wird, wo wir in Anwesenheit des zuständigen Departementschefs alles ausbreiten und diskutieren können, frage ich mich, worin der Mehrwert einer solchen Bestimmung [Art. 15 Abs. 3 FKG, A.d.V.] liegt.»1476 Des Weiteren gelangt Artikel 15 Absatz 3 FKG nicht zur Anwendung, wenn nach Einschätzung der EFK die festgestellten wichtigen Mängel den politischen Verantwortungsträgern bereits bekannt sind und daher keine Dringlichkeit zur Information besteht: So begründeten der Vizedirektor der EFK (2000­2013) und der Direktor der EFK (1998­2013) die Nichtanwendung von Artikel 15 Absatz 3 FKG im Fall von INSIEME damit, dass die Probleme im Projekt «allen bekannt»1477 waren und sich «sämtliche zuständigen Linieninstanzen und Aufsichts- und Oberaufsichtsinstanzen mehr oder weniger im Halbjahresrhythmus mit dem Projekt befassten».1478 Anders war dies im Zusammenhang mit den Problemen von MOLIS und STOLIS im Jahr 2002, als nach Einschätzung der EFK «niemand erwartete, dass die Kontinuität der ESTV gefährdet ist»1479 und sie deshalb
zur Anwendung von Artikel 15 Absatz 3 FKG griff.

Die FK und GPK orten vier Probleme In Bezug auf die bisherige Praxis der Anwendung von Artikel 15 Absatz 3 FKG durch die EFK zeigen sich nach Ansicht der FK und GPK vier wesentliche Probleme: 1.

1472 1473 1474 1475 1476 1477 1478 1479

Die Berücksichtigung des Kriteriums Dringlichkeit führt dazu, dass die Gesetzesbestimmung kaum zur Anwendung gelangt und damit die betroffenen Departementsvorstehenden oder der Bundesrat sowie die FinDel zu wichtigen Feststellungen weitestgehend nicht gezielt informiert werden.

Protokoll der AGI vom 14. Okt. 2013, S. 46 (Vizedirektor EFK 2000­2013).

Protokoll der AGI vom 14. Okt. 2013, S. 17 (Direktor EFK 1998­2013).

Protokoll der AGI vom 14. Okt. 2013, S. 46 (Vizedirektor EFK 2000­2013).

EFK-Jahresberichte 2002, S. 42, 2003, S. 37, und 2007, S. 43.

Protokoll der AGI vom 14. Okt. 2013, S. 18 (Direktor EFK 1998­2013).

Protokoll der AGI vom 14. Okt. 2013, S. 46 (Vizedirektor EFK 2000­2013).

Protokoll der AGI vom 14. Okt. 2013, S. 17 (Direktor EFK 1998­2013).

Protokoll der AGI vom 14. Okt. 2013, S. 46 (Vizedirektor EFK 2000­2013).

6630

Bei INSIEME stellte sich der Faktor Dringlichkeit im Sinne der Dringlichkeit zur Information der politischen Verantwortungsträger als ungeeignetes Anwendungskriterium heraus: Für die EFK scheint es schwierig zu sein, einzuschätzen, ob festgestellte Mängel den Aufsichtsorganen effektiv bekannt sind. So hatte der Vorsteher des EFD (2004­2010) entgegen der Einschätzung der EFK die Probleme bei INSIEME offensichtlich nicht wahrgenommen.1480 Generell sind die FK und GPK der Ansicht, dass das Bekanntsein von Mängeln keinen Einfluss auf die Anwendung von Artikel 15 Absatz 3 FKG haben darf. Ebenso sollte der Zeitraum bis zur Zustellung der Prüfberichte an die Departemente und die FinDel keinen Einfluss haben.1481 Wie bereits in Kapitel 6.6.5 erwähnt, kann die Zustellung der Prüfberichte kein Ersatz für eine gezielte Information des betroffenen Departementsvorstehers oder des Bundesrats sowie der FinDel sein. Einer Meldung gestützt auf Artikel 15 Absatz 3 FKG kommt eine andere Bedeutung zu als der Weiterleitung der Prüfberichte. Deshalb sollte Artikel 15 Absatz 3 FKG von der EFK auch dann angewendet werden, wenn die Berichtszustellung unmittelbar bevorsteht.

Weiter erachten die FK und GPK die auch Dringlichkeit im Sinne der Dringlichkeit für die Behebung der festgestellten Mängel als ungeeignetes Kriterium für den Entscheid über die Anwendung von Artikel 15 Absatz 3 FKG. In Fällen, in denen festgestellte Mängel eine potenziell grosse Auswirkung haben können ­ unabhängig von der zeitlichen Dringlichkeit ­, sollte immer eine gezielte Information an die Departementsvorstehenden oder an den Bundesrat erfolgen. So kann sichergestellt werden, dass diese ihre Aufsichtsverantwortung effektiv wahrnehmen können.

Die FK und GPK sind der Meinung, dass die EFK bei ihren Entscheidungen über die Anwendung von Artikel 15 Absatz 3 FKG künftig generell auf die Berücksichtigung der Dringlichkeit verzichten sollte.

2.

Es hat sich gezeigt, dass die EFK die Diskussion der festgestellten Mängel in der FinDel in Anwesenheit der zuständigen Departementsvorstehenden und die Anwendung von Artikel 15 Absatz 3 FKG als gleichwertig betrachtet.1482 Diese Diskussionen sind nach Meinung der FK und GPK jedoch kein Ersatz für eine gezielte Information der betroffenen Departementsvorstehenden und der FinDel gemäss Artikel 15 Absatz 3 FKG: Einerseits fehlt bei dieser Form der Information der formelle und aussergewöhnliche Charakter, andererseits werden dadurch die Zuständigkeiten der EFK und der FinDel vermischt.

1480 1481

Vgl. Kapitel 6.4.1.

Die FK und GPK regen in Kapitel 6.6.5 an, die Prüfberichte künftig früher als bisher an die Departementsvorstehenden zu senden ­ nämlich bereits zum Zeitpunkt des Versands an die geprüften Verwaltungseinheiten.

1482 Protokoll der AGI vom 14. Okt. 2013, S. 18 (Direktor EFK 1998­2013).

6631

3.

Die EFK legt die Begrifflichkeiten «besondere Vorkommnisse» und «Mängel von grundsätzlicher oder erheblicher finanzieller Bedeutung» in Artikel 15 Absatz 3 FKG eher restriktiv aus.1483 Nach ihrer Auslegung wären die Voraussetzungen für eine Anwendung des Artikels bei INSIEME unabhängig vom Dringlichkeitsaspekt wohl einzig im Zusammenhang mit den Verstössen gegen die beschaffungsrechtlichen Bestimmungen gegeben gewesen.1484 Die nach Ansicht des Vizedirektors der EFK (2000­2013) für das Scheitern von INSIEME zentralen Mängel in der Geschäftsführung der Direktion der ESTV1485 wären jedoch in der Interpretation der EFK nicht unter diese Begrifflichkeiten gefallen.

Die Auslegung der EFK, wonach besondere Vorkommnisse «beispielsweise Delikte mit grossem Schaden oder grundlegende Mängel im IKS»1486 sind, entspricht nicht vollständig dem Sinn von Artikel 15 Absatz 3 FKG. Ihm zufolge handelt es sich bei «besonderen Vorkommnissen» um wichtige Mängel in der Geschäftsführung, während unter «Mängel von grundsätzlicher oder erheblicher finanzieller Bedeutung» wichtige Mängel im Finanzgebaren fallen.1487 Die FK und GPK sind demnach der Ansicht, dass unter dem Begriff «besondere Vorkommnisse» künftig auch besondere Vorkommnisse im Bereich der Geschäftsführung sowie Mängel im Bereich der Geschäftsführung mit potenziell grossen finanziellen Auswirkungen verstanden werden müssen.

4.

Die Anwendungskriterien für Artikel 15 Absatz 3 FKG waren grundsätzlich nicht allen politischen Entscheidungsträgern bekannt.1488 Dies führte bei INSIEME mitunter zu Missverständnissen. So hatte der Vorsteher des EFD (2004­2010) als ehemaliges Mitglied der FinDel Kenntnis von Artikel 15 Absatz 3 FKG und verliess sich darauf, dass die EFK Handlungsbedarf anzeigen würde.1489 Die Praxis der Berücksichtigung der Dringlichkeit als Anwendungskriterium für Artikel 15 Absatz 3 FKG, die etwa 2001 eingeführt wurde,1490 war ihm offenbar nicht bekannt.

Die FK und die GPK sind der Ansicht, dass die Aufsichts- und Oberaufsichtsorgane über die Anwendungskriterien informiert sein müssen.

1483

1484 1485 1486 1487

1488 1489 1490

«Besondere Vorkommnisse sind beispielsweise Delikte mit grossem Schaden oder grundlegende Mängel im Internen Kontrollsystem. Wenn die Ordnungsmässigkeit der Rechnungsführung oder Buchhaltung nicht gegeben ist oder systematisch Rechtsvorschriften missachtet werden, liegt ein Mangel von grundsätzlicher Bedeutung vor» (EFKJahresberichte 2001­2003, 2007­2010 und 2013 [hier S. 41).

Vgl. Kapitel 6.4.1 und 6.4.5.

Protokoll der AGI vom 27. Febr. 2013, S. 20 (Vizedirektor EFK 2000­2013).

EFK-Jahresberichte 2001­2003, 2007­2010 und 2013 (u. a. EFK-Jahresbericht 2013, S. 41).

Parlamentarische Initiative Züger. Revision Artikel 15 Bundesgesetz über die Eidgenössische Finanzkontrolle. Bericht der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrats vom 6. April 1992 (BBl 1992 V 857, hier 859­860).

Protokolle der AGI vom 28. Okt. 2013, S. 19­20 (Vorsteher EFD 1996­2003) und vom 8. Nov. 2013, S. 43 (Vorsteher EFD 2004­2010).

Protokoll der AGI vom 8. Nov. 2013, S. 43 (Vorsteher EFD 2004­2010).

Die Dringlichkeit wird erst seit etwa 2001 als Anwendungskriterium berücksichtigt. Vor 2001, als die EFK nur das Kriterium der Wichtigkeit berücksichtigte, gelangte Art. 15 Abs. 3 FKG (SR 614.0) mindestens einmal jährlich zur Anwendung (Protokolle der AGI vom 27. Febr. 2013, S. 15­16 und vom 14. Okt. 2013, S. 46 [Vizedirektor EFK 2000­2013]).

6632

Vor diesem Hintergrund begrüssen es die FK und GPK, dass die EFK im Mai 2014 mit einem Kreisschreiben angekündigt hat, Artikel 15 Absatz 3 FKG künftig häufiger anzuwenden. Im März 2014 machte sie zum ersten Mal seit acht Jahren wieder Gebrauch von der Bestimmung. Die FK und GPK unterstützen das Vorgehen der EFK und empfehlen ihr, zusätzlich die oben aufgeführten Handlungsmaximen zu berücksichtigen.

Empfehlung 18: Häufigere Meldungen der EFK nach Artikel 15 Absatz 3 FKG Die FK und GPK empfehlen der EFK, ihre Praxis im Zusammenhang mit Artikel 15 Absatz 3 FKG dahingehend zu ändern, dass sie diesen nicht nur bei der Feststellung von wichtigen Mängeln im Finanzgebaren, sondern auch in der Geschäftsführung systematisch anwendet, und zwar unabhängig vom Faktor Dringlichkeit.

6.6.7

Meldungen an Querschnittsämter und -organe

6.6.7.1

Meldungen der EFK an das ISB

Die EFK ist nach Artikel 13 Absatz 2 FKG dazu verpflichtet, Mängel in der Organisation, in der Verwaltungsführung oder in der Aufgabenerfüllung je nach Problembereich bestimmten Querschnittsämtern bzw. -organen zur Kenntnis zu bringen. Im Bereich der Informatik handelt es sich dabei um das ISB und das BIT.1491 Die EFK stellte im Rahmen ihrer Prüfung von 2008 die Nichtanwendung der obligatorischen Projektmanagementmethode HERMES fest.1492 Dennoch erstattete die EFK keine Meldung an das ISB. Dieses war nach Artikel 14 Absatz 2 Buchstabe b BinfV1493 für die Koordination der Umsetzung von Informatikvorgaben zuständig, welche unter anderem die Weisung «P007 Projektführung und Systementwicklung» betreffend die Anwendung von HERMES umfassten (vgl. Kapitel 5.4.1.3).

Das ISB wusste nach eigenen Angaben bis nach dem Abbruch von INSIEME im September 2012 nicht, dass HERMES zwischen 2007 und 2011 nicht angewendet worden war.1494 Das ISB wäre also mit einer Meldung der EFK im Jahr 2008 zu neuen Informationen gelangt.

Gemäss Auskunft des Delegierten des ISB (seit 2007) wären dem ISB allerdings bei einer Meldung der EFK nur sehr beschränkte Handlungsmöglichkeiten offengestan1491

Art. 13 Abs. 2 FKG (SR 614.0): «Nimmt die Eidgenössische Finanzkontrolle bei der Ausübung ihrer Aufsichtstätigkeit grundsätzliche Probleme im Finanzgebaren oder Mängel in der Organisation, der Verwaltungsführung oder in der Aufgabenerfüllung wahr, so bringt sie ihre Feststellungen je nach Problembereich der Eidgenössischen Finanzverwaltung, dem Eidgenössischen Personalamt, dem Bundesamt für Informatik und Telekommunikation, dem Informatikstrategieorgan Bund (ISB) oder dem Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten zur Kenntnis. Stellt sie Lücken oder Mängel in der Gesetzgebung fest, so informiert sie das Bundesamt für Justiz. Die in der Sache betroffenen Verwaltungseinheiten erstatten der Eidgenössischen Finanzkontrolle Bericht über die von ihnen getroffenen Massnahmen.» 1492 EFK-Bericht vom 18. Dez. 2008, S. 13.

1493 AS 2003 3687 (ausser Kraft seit 31. Dez. 2011).

1494 Protokoll der AGI vom 13. Sept. 2013, S. 50 (Delegierter ISB seit 2007).

6633

den: In seiner Anhörung durch die AGI nannte er als solche einzig die Weiterleitung der Information vom ISB an den IRB und vom IRB weiter ans EFD. Weder das ISB noch der IRB verfügten über Weisungsbefugnisse gegenüber der ESTV, um die Anwendung von HERMES anzuordnen.1495 Querschnittsämter bzw. -organe verfügen generell über keine oder nur eingeschränkte direkte Weisungsbefugnisse gegenüber den Verwaltungseinheiten. Damit Artikel 13 Absatz 2 FKG dennoch Wirkung zeigt, sieht dieser nebst der Meldung der EFK an die Querschnittsämter bzw. -organe eine Berichterstattung der geprüften Verwaltungseinheiten über die getroffenen Massnahmen an die EFK vor. Anhand dieser Berichterstattung erhält die EFK Hinweise, ob und inwieweit die Querschnittsämter bzw. -organe mit den Verwaltungseinheiten Massnahmen zur Beseitigung der gemeldeten Mängel vereinbart haben und ob diese umgesetzt werden.1496 Im Falle einer Meldung der EFK im Jahr 2008 wäre das ISB also nebst der Weiterleitung der Information an den IRB angehalten gewesen, mit der ESTV Massnahmen zur Sicherstellung der Anwendung von HERMES zu vereinbaren. Es ist nicht auszuschliessen, dass sich eine solche Vereinbarung sowie die Berichterstattung der ESTV an die EFK positiv auf die Anwendung von HERMES im Projekt INSIEME ausgewirkt hätten. Bei einer fehlenden Kooperation der ESTV hätte das ISB resp.

der IRB den Vorsteher des EFD (2004­2010) informieren müssen, damit dieser seine Aufsichtsverantwortung hätte wahrnehmen können.

Die FK und GPK sind der Ansicht, dass die Anwendung von Artikel 13 Absatz 2 FKG im Jahr 2008 durch die EFK sowohl zweckmässig als auch geboten gewesen wäre.

Die EFK begründete die Nichtanwendung von Artikel 13 Absatz 2 FKG damit, dass sie generell nur Meldungen an Querschnittsämter bzw. -organe erstattet, wenn sie Mängel bei den Vorgaben feststellt (z. B. Regelungslücken bei HERMES), nicht aber, wenn sie Mängel beim Vollzug der Vorgaben erkennt (z. B. die Nichtanwendung von HERMES).1497 Diese restriktive Auslegung von Artikel 13 Absatz 2 FKG entspricht nach Meinung der FK und GPK nicht der Absicht des Artikels, der die Beseitigung von Mängeln durch die geprüften Verwaltungseinheiten bezweckt.1498 Die FK und GPK nehmen diesbezüglich zur Kenntnis, dass die EFK ihre Auslegung von Artikel 13 Absatz 2 FKG inzwischen geändert und mit einem
Kreisschreiben vom Mai 2014 Folgendes angekündigt hat: «In Zukunft werden Prüfberichte über Verwaltungseinheiten an die betroffenen Querschnittsämter verteilt, wenn der Sachverhalt die Umsetzung der Vorgaben bzw. die Zusammenarbeit betrifft. Die Berichtskopien sollen diesen Ämtern eine aktive Aufgabenerfüllung ermöglichen. So werden namentlich künftig Kopien von relevanten Berichten zum Beispiel an [...]

das ISB, [...] verteilt, wenn der Sachverhalt die Umsetzung der Vorgaben bzw. die Zusammenarbeit betrifft.»1499

1495 1496 1497 1498 1499

Protokoll der AGI vom 13. Sept. 2013, S. 55 (Delegierter ISB seit 2007); vgl. Kapitel 5.4.1.3.

Botschaft vom 30. März 1994 zur Änderung des Finanzkontrollgesetzes (BBl 1994 II 721, hier 737­738).

Protokoll der AGI vom 14. Okt. 2013, S. 58 (Vizedirektor EFK 2000­2013).

Botschaft vom 30. März 1994 zur Änderung des Finanzkontrollgesetzes (BBl 1994 II 721, hier 737­738).

Schreiben der EFK an alle Direktoren der zentralen und dezentralen Bundesverwaltung und an die Parlamentsdienste vom Mai 2014, S. 2.

6634

Die FK und GPK unterstützen die Änderung der Auslegung von Artikel 13 Absatz 2 FKG durch die EFK. Sie weisen die EFK allerdings darauf hin, dass die alleinige Verteilung der Prüfberichte an die Querschnittsämter und -organe oder deren Publikation auf der Webseite der EFK1500 ihrer Ansicht nach nicht genügt, sondern um eine gezielte Information zu den relevanten Mängeln an die Querschnittsämter und -organe ergänzt werden sollte.

6.6.7.2

Meldungen der EFK an das BBL

Die EFK stellte in ihren Prüfungen zu INSIEME verschiedentlich Verstösse gegen die beschaffungsrechtlichen Bestimmungen fest,1501 worüber sie das BBL aber nicht informierte.1502 Da dieses in Artikel 13 Absatz 2 FKG nicht aufgeführt wird, bestand grundsätzlich keine gesetzliche Pflicht zur Information des BBL.

Das BBL ist die zentrale Beschaffungsstelle für Informatikdienstleistungen des Bundes.1503 Es ist berechtigt, seine Beschaffungskompetenz an einzelne Verwaltungseinheiten zu übertragen.1504 Seit dem Inkrafttreten der Org-VöB vom 22. November 20061505 per 1. Januar 2007 ist eine solche Delegation der Beschaffungskompetenz zeitlich zu befristen und nur möglich, wenn der Bezugswert der entsprechenden Informatikdienstleistung den massgebenden WTO-Schwellenwert nicht übersteigt.1506 Die EFK beanstandete in ihren Prüfberichten von 2008 und 2011, dass die ESTV Informatikdienstleistungen mit Bezugswert über dem WTO-Schwellenwert rechtswidrig beschafft hatte. Gemäss den Feststellungen der EFK hatte die ESTV Verträge mit externen Leistungsanbietern so aufgeteilt, dass die Vertragswerte unterhalb des WTO-Schwellenwerts zu liegen kamen. Auf diese Weise konnte die ESTV die zeitaufwendigen WTO-Ausschreibungen, die den Beizug des BBL vorausgesetzt hätten, umgehen.1507 Die EFK empfahl der ESTV im Jahr 2008, mittels einer frühzeitigen Gesamtplanung sicherzustellen, dass WTO-Ausschreibungen rechtzeitig erkannt und in die Wege

1500

1501 1502 1503

1504 1505 1506

1507

Vgl. Hinweis im Schreiben der EFK an alle Direktoren der zentralen und dezentralen Bundesverwaltung und an die Parlamentsdienste vom Mai 2014, S. 2: «Berichte, die ohnehin zur Veröffentlichung auf der Homepage der EFK vorgesehen sind, werden nicht zusätzlich verteilt.» Vgl. Kapitel 6.3.2, 6.4.1 und 6.4.5.

Protokoll der AGI vom 9. Okt. 2013, S. 17 (Direktor BBL seit 1999).

Art. 9 Bst. c Org-VöB vom 24. Okt. 2012 (SR 172.056.15), Art. 3 Abs. 2 Org-VöB vom 22. Nov. 2006 (AS 2006 5613), Art. 18 Abs. 1 und 2 VILB vom 14. Dez. 1998 (AS 1999 1167).

Art. 13­15 Org-VöB vom 24. Okt. 2012 (SR 172.056.15), Art. 7­8 Org-VöB vom 22. Nov. 2006 (AS 2006 5613), Art. 20 Abs. 3 VILB vom 14. Dez. 1998 (AS 1999 1167).

Die Org-VöB vom 22. Nov. 2006 (AS 2006 5613) wurde 2012 totalrevidiert. Am 1. Jan.

2013 trat die neue Org-VöB vom 24. Okt. 2012 (SR 172.056.15) in Kraft.

Art. 7 Abs. 2 und Art. 8 Abs. 4 Org-VöB vom 22. Nov. 2006 (AS 2006 5613); Art. 14 Abs. 3 Org-VöB vom 24. Okt. 2012 (SR 172.056.15).

Zusätzlich zur Möglichkeit der befristeten Delegation der Beschaffungskompetenz durch das BBL besteht seit dem Inkrafttreten der neuen Org-VöB vom 24. Okt. 2012 (SR 172.056.15) per 1. Jan. 2013 auch die Möglichkeit einer dauernden Delegation der Beschaffungskompetenz. Diese ist durch die BKB (und nicht durch das BBL) zu beschliessen (Art. 15 Org-VöB); vgl. Kapitel 3.7.4.1.

EFK-Berichte vom 18. Dez. 2008, S. 20­21, und vom Jan. 2012, S. 15­16.

6635

geleitet werden.1508 Das BBL als zuständige Stelle für WTO-Beschaffungen wurde von der EFK über diese Empfehlung nicht informiert. In der Folge kam es bis 2011 zu weiteren rechtswidrigen Beschaffungen durch die ESTV, die in Unkenntnis des BBL erfolgten.1509 Erst die Prüfungsergebnisse der EFK von 2011 führten dazu, dass die ESTV das BBL kontaktierte, um ihre Informatikdienstleistungen fortan mittels WTO-Ausschreibungen zu beschaffen. Das BBL hatte von der EFK keine Informationen zu den Prüfergebnissen von 2011 erhalten.1510 Aufgrund der Kontaktaufnahme der ESTV mit dem BBL stellte sich heraus, dass das BBL die Beschaffung von Informatikdienstleistungen gar nie an die ESTV delegiert hatte.1511 Die ESTV war demnach von Anfang an nicht befugt gewesen, Informatikdienstleistungen selbständig zu beschaffen. Dies galt auch für Beschaffungen mit Bezugswert unterhalb des WTO-Schwellenwerts. Dieser Punkt war in den Prüfungen der EFK von 2008 und 2011 offenbar nicht kontrolliert worden; in ihren Prüfberichten finden sich hierzu jedenfalls keine Beanstandungen.1512 Die FK und die GPK sind der Ansicht, dass es angebracht gewesen wäre, wenn die EFK im Rahmen ihrer Beschaffungsprüfungen zu INSIEME eine Prüfung zur Delegation der Beschaffungskompetenz an die ESTV vorgenommen hätte. Ausserdem wäre es zweckmässig gewesen, wenn die EFK die Nichteinhaltung der beschaffungsrechtlichen Bestimmungen dem BBL als zuständiger Beschaffungsstelle gemeldet hätte.

Die EFK hat in ihrem Kreisschreiben vom Mai 2014 angekündigt, dass sie Prüfberichte, in denen die Nichteinhaltung von beschaffungsrechtlichen Vorgaben beanstandet wird, künftig an das BBL weiterleiten will. Ausserdem beabsichtigt sie allgemein eine breitere Verteilung ihrer Berichte an die Querschnittsämter bzw.

-organe.1513 Die FK und GPK begrüssen die Ankündigung der EFK vom Mai 2014. Sie sind der Ansicht, dass in Artikel 13 Absatz 2 FKG die rechtlichen Grundlagen geschaffen werden sollen, damit künftig alle betroffenen Querschnittsämter und -organe mit Beratungs-, Dienstleistungs- und Koordinationsaufgaben von der EFK über Mängel in der Organisation, Verwaltungsführung oder Aufgabenerfüllung unterrichtet werden (vgl. Motion 1 der FK und GPK in Kapitel 6.7).

Derzeit werden in Artikel 13 Absatz 2 FKG nur die EFV, das EPA, das BIT, das ISB, der Eidgenössische
Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte (EDÖB) und das Bundesamt für Justiz (BJ) aufgeführt. Für die FK und GPK wäre es zum Beispiel auch sinnvoll, wenn die EFK bei festgestellten Mängeln in der Aktenführung und Archivierung ­ wie sie bei INSIEME bestanden (vgl. Kapitel 1.4.1) ­ künftig das Schweizerische Bundesarchiv (BAR) in Kenntnis setzen würde. Deshalb sollte die aktuell abschliessende Aufführung einzelner Querschnittsämter und -organe in Artikel 13 Absatz 2 FKG durch eine offene Formulierung ersetzt werden. Diese Formulierung sollte so gewählt werden, dass insbesondere das BBL und das BAR 1508 1509 1510

EFK-Bericht vom 18. Dez. 2008, S. 21 (Empfehlung 6.3).

Protokoll der AGI vom 9. Okt. 2013, S. 11 (Direktor BBL seit 1999).

1. BR-Bericht vom 27. Febr. 2013, S. 46­47; Protokoll der AGI vom 9. Okt. 2013, S. 15 und 17 (Direktor BBL seit 1999).

1511 1. BR-Bericht vom 27. Febr. 2013, S. 46.

1512 EFK-Berichte vom 18. Dez. 2008, S. 20­21, und vom Jan. 2012, S. 15­16.

1513 Schreiben der EFK an alle Direktoren der zentralen und dezentralen Bundesverwaltung und an die Parlamentsdienste vom Mai 2014, S. 2.

6636

darunter fallen und die Vorteile der namentlichen Aufführung von einzelnen Ämtern und Organen nicht verloren gehen.

6.6.8

Mitteilung der Prüfungsbefunde der EFK an die FinDel

Gemäss Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe a FKG unterstützt die EFK die Bundesversammlung bei der Ausübung ihrer Oberaufsicht über die Bundesverwaltung. Ein wesentlicher Bestandteil dieser Unterstützung ist die laufende Berichterstattung der EFK an die FinDel. Gemäss Artikel 14 Absatz 1 FKG hat die EFK über jede abgeschlossene Prüfung einen Bericht zu verfassen und diesen der FinDel zusammen mit den dazugehörenden Akten, der Stellungnahme der geprüften Stelle sowie einer Zusammenfassung zuzustellen.

Die Prüfberichte zu INSIEME von 2005, 2006, 2008 und 2011 wurden der FinDel in angemessener Frist zugestellt.1514 Die beigelegten Zusammenfassungen enthielten eine Übersicht über die Prüfungsergebnisse,1515 umfassten aber nicht immer alle wesentlichen Beanstandungen: So enthielt die Zusammenfassung zur Prüfung von 2005 keine Angaben zu den lückenhaften Kostenkontrollen des Projekts, zu den Kosten- und Terminüberschreitungen sowie zur Nichteinhaltung der beschaffungsrechtlichen Bestimmungen; auch in der Zusammenfassung von 2008 fehlten Hinweise zu den Verstössen gegen die beschaffungsrechtlichen Vorgaben.1516 Nach gängiger Praxis kennzeichnete die EFK ihre Prüfberichte zu INSIEME zuhanden der FinDel mit Prioritäten.1517 Diese dienen der FinDel zur Auswahl der zu behandelnden Berichte: Die Prüfberichte mit der höchsten Priorität werden üblicherweise an den Sitzungen der FinDel behandelt, während die übrigen Berichte nur zur Einsichtnahme aufgelegt werden.1518 Die vier Prüfberichte zu INSIEME wurden von der FinDel an ihren Sitzungen vom Juni 2005, August 2006, April 2009 und März 2012 behandelt. An diesen Sitzungen nahm auch der Direktor der EFK (1998­2013) teil.1519 Grundsätzlich ist der Direktor der EFK an den Sitzungen der FinDel immer anwesend. Ihm kommt dabei die Rolle zu, die Berichte der EFK zu kommentieren, Zwischentöne in den Berichten zu erläutern, für Rückfragen zur Verfügung zu stehen und allfällige Aufträge der FinDel entgegenzunehmen. Zudem hat er die Möglich-

1514

1515 1516 1517

1518 1519

Die Berichte wurden rund zwei Monate nach dem Abschluss der Prüfungen bzw. einen Monat nach dem Eingang der Stellungnahmen der ESTV an die FinDel versandt: 18. Mai 2005, 4. Aug. 2006, 5. März 2009 und 29. Febr. 2012.

Zusammenfassungen der EFK an die FinDel vom 18. Mai 2005, 4. Aug. 2006, 5. März 2009 und 29. Febr. 2012.

Zusammenfassungen der EFK an die FinDel vom 18. Mai 2005 und 5. März 2009; EFKBerichte vom 25. Febr. 2005 und 18. Dez. 2008.

Der EFK-Bericht vom 29. Mai 2006 wurde mit der höchsten Priorität gekennzeichnet (Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 29./30. Aug. 2006, S. 3 [Direktor EFK 1998­ 2013]). Die Prioritäten der Berichte von 2005, 2008 und 2012 konnten nicht in Erfahrung gebracht werden, vermutlich entsprachen die Berichte aber der höchsten Priorität.

Protokolle der AGI vom 14. März 2014, S. 39 (Präsident FinDel 2004), und vom 26. März 2014, S. 11 (Präsident FinDel 2010 und 2014).

Auszüge aus den Protokollen der FinDel vom 27./28. Juni 2005, 29./30. Aug. 2006, 14./15. April 2009 und 29./30. März 2012.

6637

keit, die Sichtweise der EFK in die Diskussionen der FinDel einzubringen und eine Einschätzung zum Handlungsbedarf vorzunehmen.1520 In drei der vier Sitzungen betreffend INSIEME sah der Direktor der EFK (1998­ 2013) keinen Handlungsbedarf für die FinDel. So wies er an der Sitzung im Juni 2005 darauf hin, dass das Projekt ­ mit Ausnahme des noch fehlenden Verpflichtungskredits ­ auf Kurs sei;1521 im August 2006 erläuterte er, dass INSIEME dank der begleitenden Aufsicht der EFK nun auf gutem Weg sei und für die FinDel insgesamt kein Handlungsbedarf bestehe;1522 und im April 2009 gab er die Auskunft, dass für die FinDel kein Handlungsbedarf bestehe, weil die ESTV mit den Empfehlungen der EFK einverstanden sei und Massnahmen geplant habe.1523 Erst anlässlich der Sitzung vom März 2012 zeigte sich der Direktor der EFK (1998­2013) kritisch und wies darauf hin, dass der Prüfbericht der EFK vom Januar 2012 der FinDel dazu dienen könne, beim geplanten Informationsbesuch in der ESTV alle wesentlichen Fragen anzusprechen.1524 Vor dem Hintergrund, dass die EFK in ihren Prüfungen von 2005, 2006 und 2008 beträchtliche Mängel feststellte,1525 sind die FK und die GPK der Ansicht, dass die Mitteilung der Prüfungsbefunde an die FinDel nicht in angemessener Art und Weise erfolgte: Zwar gingen die Prüfberichte der EFK auf die Mängel im Projekt INSIEME umfassend ein; durch die teils selektive Berücksichtigung der Mängel in den Zusammenfassungen zuhanden der FinDel und insbesondere durch die Auskünfte des Direktors der EFK (1998­2013) wurden diese aber deutlich relativiert. Die FinDel, die sich stark an den Einschätzungen des Direktors der EFK (1998­2013) orientierte,1526 wurde letztlich mit der Kombination aus schriftlicher und mündlicher Berichterstattung der EFK, namentlich in den ersten zwei Phasen von INSIEME (2001­Januar 2012), in der Ausübung ihrer Oberaufsicht nicht angemessen unterstützt.

Die FK und GPK orten in Bezug auf die Mitteilung der Prüfungsbefunde an die FinDel namentlich zwei Probleme: 1.

1520 1521 1522 1523 1524 1525 1526

Die EFK übt nach der heutigen Praxis mit ihrer Unterstützung für die FinDel drei Funktionen aus:

Protokoll der AGI vom 14. März 2014, S. 57 (Präsident FinDel 2003 und 2007).

Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 27./28. Juni 2005, S. 2 (Direktor EFK 1998­2013).

Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 29./30. Aug. 2006, S. 3 (Direktor EFK 1998­2013).

Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 14./15. April 2009, S. 2 (Direktor EFK 1998­2013).

Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 29./30. März 2012, S. 4­5 (Direktor EFK 1998­2013).

U. a. Mängel bezüglich des Projektmanagements und des Beschaffungswesens sowie bezüglich unerledigter Umsetzungspendenzen im Bereich des IKS der ESTV.

Der Präsident der FinDel von 2003 und 2007 sagte diesbezüglich: «Letztlich war auch entscheidend, ob der Direktor der EFK eine Intervention der FinDel für notwendig erachtete oder ob eine bestimmte Frage auf der operativen Ebene (EFK, Amt, Departement) angegangen werden konnte» (Protokoll der AGI vom 14. März 2014, S. 57). Ähnlich der Präsident der FinDel von 2010 und2014: «Allgemein hat die Aussage des Direktors der EFK ein erhebliches Gewicht [...]. Es gibt zu jedem EFK-Bericht eine Schlussbesprechung. Welchen Eindruck der Direktor dabei erhalten hat, teilt er der FinDel jeweils mündlich mit. Tönt dies positiv, dann glauben wir das in der Regel auch» (Protokoll der AGI vom 26. März 2014, S. 12­13).

6638

­ ­ ­

Informationsbereitstellung: aufgrund der Berichterstattung nach Artikel 14 Absatz 1 FKG; Informationsselektion: aufgrund der Priorisierung der zu behandelnden Prüfberichte und der Auswahl der in den Zusammenfassungen erwähnten Mängel; Informationsbewertung: aufgrund der Einschätzungen des Direktors der EFK zum Handlungsbedarf an den Sitzungen der FinDel.

Durch die gemeinsame Wahrnehmung dieser drei Funktionen besteht das Risiko, dass allfällige Fehleinschätzungen bzw. -gewichtungen zu den Prüfungsbefunden der EFK von der FinDel ohne eine Überprüfung übernommen werden. So ist es bezeichnend, dass die FinDel bis ins Jahr 2010 im Projekt INSIEME keine grossen Mängel ortete und diesbezüglich bei der Ausübung ihrer Oberaufsicht eher zurückhaltend agierte (vgl. Kapitel 7.2.2.1).

Um das Risiko der Übernahme von Fehleinschätzungen bzw. -gewichtungen abzuschwächen, sind die FK und GPK der Ansicht, dass die Funktionen der Informationsbereitstellung, -selektion und -bewertung künftig deutlicher voneinander getrennt und klarer zwischen der EFK und der FinDel aufgeteilt werden sollen. So sollte sich die EFK bei ihrer Unterstützung der FinDel in Zukunft vorwiegend auf die Informationsbereitstellung anhand der schriftlichen Berichterstattung gemäss Artikel 14 Absatz 1 FKG fokussieren.

Wie in Kapitel 7.2.2.5 ausgeführt, sollte zudem das SPFA in seiner Rolle und in Bezug auf seine personellen Ressourcen gestärkt werden, damit es die FinDel in Bezug auf die Informationsselektion und -bewertung besser unterstützen kann.

2.

Durch die Wahrnehmung der umfangreichen Rolle des Direktors der EFK an den Sitzungen der FinDel wird nicht nur die FinDel in der Ausübung ihrer parlamentarischen Oberaufsicht unterstützt; diese Rollenteilung dient auch der Unterstützung der Aufsichtstätigkeit der EFK. So zählt die EFK darauf, dass die FinDel ­ ausgehend von den Hinweisen des Direktors der EFK zu allfälligem Handlungsbedarf ­ Druck auf die Umsetzung der Empfehlungen ausübt.1527 Die Zuhilfenahme der FinDel zur Unterstützung der Aufsichtstätigkeit der EFK erachten sowohl die EFK als auch die FinDel als legitim und zweckmässig. So erwähnte der Direktor der EFK (1998­2013) in seiner Anhörung durch die AGI: «Wenn alle Stricke reissen, bin ich immer froh um die FinDel, die auf einen Hinweis unsererseits den notwendigen Druck ausüben kann»,1528 und der Präsident der FinDel (2004) wies in seiner Anhörung darauf hin, dass der Direktor der EFK der Partner der FinDel sei und die gleichen Zielsetzungen wie die FinDel habe.1529 Die Funktionen und Zielsetzungen der EFK und der FinDel sind allerdings nicht deckungsgleich und sollten es nach Ansicht der FK und GPK auch nicht sein.

1527 1528 1529

Protokoll der AGI vom 14. Okt. 2013, S. 16 (Direktor EFK 1998­2013).

Protokoll der AGI vom 14. Okt. 2013, S. 16 (Direktor EFK 1998­2013).

Protokoll der AGI vom 14. März 2014, S. 44 (Präsident FinDel 2004).

6639

Die EFK ist das oberste Finanzaufsichtsorgan des Bundes und als solches ein Fachorgan, auch wenn ihre Resultate durchaus politische Auswirkungen haben können. Ihre Prüfungen des Verwaltungshandelns haben nach finanztechnischen Kriterien und Einschätzungen zu erfolgen. Bei einer Prüfung dürfen politische Gesichtspunkte schon mangels demokratischer Legitimation keine Rolle spielen. Demgegenüber ist die FinDel als parlamentarisches Oberaufsichtsorgan nach politischen Gesichtspunkten zusammengesetzt und hat bei der Ausübung ihrer Oberaufsicht auch politische Aspekte zu berücksichtigen bzw. zu gewichten.

Nach Meinung der FK und GPK sollte sich die EFK künftig stärker als bisher als eigenständiges Organ der Finanzaufsicht verstehen. Nutzt sie die ihr im FKG zugedachten Druckmittel1530 konsequenter als bisher, braucht sie sich weit weniger auf die Zuhilfenahme der FinDel abzustützen. Dadurch wird ihre Position als oberstes Finanzaufsichtsorgan, das nur der Bundesversammlung und dem Gesetz verpflichtet ist und mit ihrer Prüftätigkeit sowohl die Bundesversammlung als auch den Bundesrat unterstützt (Art. 1 Abs. 1 FKG), letztlich gestärkt.

6.6.9

Nachverfolgung der Umsetzung der Empfehlungen durch die EFK

6.6.9.1

Nachkontrollen der EFK

Das FKG regelt die Nachverfolgung der Umsetzung der Empfehlungen der EFK nicht explizit. Einzig Artikel 14 Absatz 3 FKG sieht vor, dass die EFK in ihren Jahresberichten über Pendenzen bei der Umsetzung ihrer Empfehlungen sowie über die Gründe dafür informiert (vgl. Kapitel 6.6.10).

In der Praxis führt die EFK nicht zu allen Empfehlungen Nachkontrollen durch, sondern nur zu Empfehlungen der Priorität 1 sowie in Ausnahmefällen der Priorität 2. Empfehlungen der Priorität 3 werden nicht kontrolliert.1531 Aber auch der Stand der Umsetzung der Empfehlungen der Priorität 1 wird von der EFK weder in regelmässigen Abständen noch unmittelbar nach Ablauf der Umsetzungsfristen systematisch geprüft.1532 Ausserdem sind die geprüften Stellen nicht verpflichtet, der EFK den Umsetzungsstand konsequent zu melden.1533 Im Regelfall erfolgen die Nachkontrollen der EFK im Rahmen von Folgeprüfungen,1534 die aber nicht zwingend im Jahresrhythmus stattfinden. Die Häufigkeit der Folgeprüfungen hängt vom Risiko ab, und dieses wird aufgrund des Finanzvolu1530 1531

Vgl. Kapitel 6.6.1.

Im Finanzaufsichtsbereich führt die EFK in aller Regel nicht zu allen Empfehlungen Nachkontrollen durch, sondern geht nach dem geschilderten Prinzip vor ­ so auch im Falle von INSIEME. Im Bereich der Prüfung der Staatsrechnung (Art. 6 Bst. b FKG) führt die EFK hingegen aufgrund der Prüfungsstandards zu allen Empfehlungen jährliche Nachkontrollen durch (Schreiben der EFK an die AGI vom 31. Okt. 2013, S. 2, und vom 20. Okt. 2014, S. 3).

1532 Protokoll der AGI vom 14. Okt. 2013, S. 23 (Direktor EFK 1998­2013).

1533 Protokoll der AGI vom 14. Okt. 2013, S. 45­46 (Vizedirektor EFK 2000­2013); Schreiben der EFK an die AGI vom 31. Okt. 2013, S. 2.

1534 EFK-Jahresbericht 2012, S. 38; Protokoll der AGI vom 14. Okt. 2013, S. 15 (Direktor EFK 1998­2013).

6640

mens, der Komplexität der Prozesse und Strukturen, des IKS oder der Prüfungsbefunde bestimmt.1535 Grundsätzlich werden die Folgeprüfungen immer mit neuen Prüfungen kombiniert.1536 Dabei achtet die EFK darauf, dass die neuen Prüfungen und die Folgeprüfungen in einem ähnlichen thematischen oder organisatorischen Bereich der Verwaltungseinheit stattfinden, so dass sie eine gewisse Einheit bilden. Je nach Querschnittsthema oder -bereich der neuen Prüfungen kann es deshalb sein, dass nicht alle Empfehlungen der Priorität 1 in ein und derselben Folgeprüfung kontrolliert werden.1537 Im Fall von INSIEME erfolgten die Nachkontrollen ausschliesslich mittels Folgeprüfungen.1538 Diese fanden im Rahmen der Prüfungen zu INSIEME von 2006 und 2011 statt,1539 und es wurden mit einer einzigen Ausnahme alle Empfehlungen der Priorität 1 kontrolliert.1540 Die Umsetzung der Empfehlungen der Priorität 2 zu INSIEME wurde nicht überprüft.1541 Während die Folgeprüfung von 2006 zu INSIEME bereits ein Jahr nach der ersten Prüfung von 2005 und vier Monate nach Ablauf der Umsetzungsfristen durchgeführt wurde, verging nach der Prüfung von 2008 deutlich mehr Zeit bis zur Durchführung einer Nachkontrolle: Die EFK nahm die Folgeprüfung drei Jahre nach Vorliegen des Prüfberichts von 2008 und erst zweieinhalb Jahre nach Ablauf der letzten Umsetzungsfristen vor.1542 Während dieser zweieinhalb Jahre hatte die EFK keine Kenntnis davon, dass ein Grossteil ihrer Empfehlungen nicht umgesetzt worden war.1543 Rückmeldungen zum Stand der Umsetzung ihrer Empfehlungen hatte sie von der ESTV nicht eingefordert.1544 Die FK und GPK sind der Ansicht, dass die bisherige Praxis zu den Nachkontrollen der EFK nicht zweckmässig ist. Da die EFK ihre Empfehlungen weder periodisch kontrolliert noch von den geprüften Stellen systematisch Rückmeldungen zur Umsetzung ihrer Empfehlungen einholt, fehlen der EFK regelmässig aktualisierte Angaben über den Stand der Umsetzung ihrer Empfehlungen. Dies ist in Bezug auf die folgenden drei Punkte problematisch: 1.

1535 1536 1537 1538 1539 1540

1541 1542 1543 1544

Die EFK kann mit der bisherigen Praxis nicht alle Verzögerungen bei der Umsetzung ihrer Empfehlungen frühzeitig erkennen und gegebenenfalls Druck auf die Umsetzung ausüben, indem sie zum Beispiel an den Departe-

Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 3./4. Sept. 2001.

Protokoll der AGI vom 14. Okt. 2013, S. 15 (Direktor EFK 1998­2013).

Protokoll der AGI vom 14. Okt. 2013, S. 43­44 (Vizedirektor EFK 2000­2013).

Schreiben der EFK an die AGI vom 31. Okt. 2013, S. 2; Auszug aus dem elektronischen Empfehlungcontrolling (i-world) der EFK vom 28. Aug. 2013.

Vgl. Kapitel 6.3.4 und 6.4.5.

Die Empfehlung der Priorität 1 von 2005 betreffend die Anbringung eines Hinweises im Pflichtenheft für die WTO-Ausschreibung bezüglich der Benutzerfreundlichkeit und der Effizienz der Entwicklungstools wurde nicht nachkontrolliert (Empfehlung 5.9.2; Auszug aus dem elektronischen Empfehlungcontrolling [i-world] der EFK vom 28. Aug. 2013, S. 5).

Auszug aus dem elektronischen Empfehlungcontrolling (i-world) der EFK vom 28. Aug.

2013.

Auszug aus dem elektronischen Empfehlungcontrolling (i-world) der EFK vom 28. Aug.

2013.

EFK-Bericht vom Januar 2012, S. 23; Schreiben der EFK an die AGI vom 12. Dez. 2013, Beilage 3.

Schreiben der EFK an die AGI vom 31. Okt. 2013.

6641

mentsvorsteher gelangt (vgl. Kapitel 6.6.1). Im Fall von INSIEME wusste die EFK während zweieinhalb Jahren nicht, dass ein grosser Teil ihrer Empfehlungen von 2008 nicht umgesetzt worden war. Dies ist nach Ansicht der FK und GPK eine zu lange Zeitdauer.

2.

Die EFK kann ihrer in Artikel 14 Absatz 3 FKG festgehaltenen Pflicht, den Bundesrat und die FinDel über Pendenzen bei der Umsetzung der Empfehlungen jährlich zu informieren, nicht angemessen nachkommen (vgl. Kapitel 6.6.10). So war es der EFK nicht möglich, die bestehenden Pendenzen zu INSIEME in ihren Jahresberichten von 2009­2011 auszuweisen, um damit den Bundesrat in die Lage zu versetzen, deren Umsetzung gemäss Artikel 14 Absatz 4 FKG zu überwachen.

3.

Mit der bisherigen Praxis ist nicht sichergestellt, dass die EFK die vorberatenden Organe nach Artikel 7 Absatz 2 FKG angemessen zu einzelnen Kreditbegehren informieren kann (vgl. Kapitel 6.6.11).1545 So hatte die EFK im Jahr 2010 keine Kenntnis vom Stand der Umsetzung ihrer Empfehlungen von 2008. Entsprechend konnte sie den Bundesrat sowie die FinDel und die FK anlässlich ihrer Beratungen zum Zusatz- und Nachtragskredit von INISEME nicht darüber informieren, dass viele der im Jahr 2008 beanstandeten Mängel im Jahr 2010 nach wie vor bestanden.

Aufgrund der hier aufgeführten Schwächen des aktuellen Systems der Nachkontrollen der EFK sind die FK und GPK der Auffassung, dass die Kontrolle der Umsetzung der Empfehlungen optimiert werden muss. Ihrer Ansicht nach sind die geprüften Verwaltungseinheiten zu verpflichten, der EFK den Umsetzungsstand der offenen Empfehlungen der höchsten Wichtigkeitsstufe (Wichtigkeit = 1)1546 künftig jährlich sowie unmittelbar nach Ablauf der Umsetzungsfristen zu melden (vgl.

Motion 1 der FK und GPK in Kapitel 6.7).

Die EFK sollte den Eingang der Meldungen kontrollieren und die gemeldeten Angaben plausibilisieren. Im Falle von ausgebliebenen Meldungen oder nicht plausiblen Angaben wäre die EFK dazu angehalten, Nachfragen zu tätigen und gegebenenfalls Nachkontrollen sofort einzuleiten.

Mit der Einführung dieser systematischen Meldungen und Kontrollen wird die Grundlage für eine umfassende Ausweisung der Umsetzungspendenzen in den Jahresberichten der EFK geschaffen, wie sie in Artikel 14 Absatz 3 FKG vorgesehen ist. Weiter ermöglichen solche Meldungen, dass die EFK im Falle von sich abzeichnenden oder eingetroffenen Verzögerungen bei der Umsetzung von Empfehlungen auf die Stufe Departement bzw. Bundesrat eskalieren kann. Darauf wird in Kapitel 6.6.10 eingegangen.

Die Einführung solcher systematischer Meldungen soll nicht dazu führen, dass die EFK weniger Folgeprüfungen durchführt. Die Meldungen beruhen auf einer Selbstdeklaration der geprüften Stellen und können deshalb die Kontrollen der EFK nicht 1545

Gemäss bisheriger Praxis ist die Information der FinDel und der FK in Anwendung von Art. 7 Abs. 2 FKG (SR 614.0) nicht üblich. Die EFK wurde von der FinDel seit dem Jahr 2000 insgesamt nur zweimal zu den Beratungen über einzelne Kreditbegehren beigezogen (u. a. im Zusammenhang mit der Kreditvorlage zur UEFA Euro 2008; Protokoll der AGI vom 14. Okt. 2013, S. 19 [Direktor EFK 1998­2013]).

1546 Die FK und GPK sind der Ansicht, dass die Empfehlungen der EFK künftig nur noch nach Wichtigkeit und nicht mehr nach Prioritäten unterschieden werden sollen (vgl. Kapitel 6.6.3).

6642

ersetzen. Dementsprechend braucht es auch nach der Einführung der Meldepflicht weiterhin Folgeprüfungen der EFK.

Neben der Einführung der Meldepflicht ist es nach Ansicht der FK und GPK notwendig, dass die EFK künftig besser über die Art und Weise der Durchführung ihrer Nachkontrollen informiert. Diese war sowohl aufseiten der departementalen Aufsicht als auch aufseiten der parlamentarischen Oberaufsicht teilweise nicht bekannt.

So gingen der Vorsteher des EFD (2004­2010) und der stv. Generalsekretär des EFD (seit 2011) sowie die Präsidenten der FinDel (2004 und 2011) davon aus, dass die EFK alle Empfehlungen nach Ablauf der Umsetzungsfristen bzw. einmal jährlich systematisch nachprüft.1547 Dieses fehlende Wissen in Bezug auf die Tätigkeit der EFK stellte sich insbesondere im Falle des Vorstehers des EFD (2004­2010) als folgewirksam heraus. In der Annahme, dass die EFK alle Empfehlungen der Prüfungen von 2005 und 2008 unmittelbar nach Ablauf der Umsetzungsfristen nachkontrollieren und ihn über nicht umgesetzte Empfehlungen unterrichten würde, erkannte er in Bezug auf INSIEME keinen Handlungsbedarf. Ihm war weder bewusst, dass die EFK während seiner Amtszeit keine Nachkontrollen durchgeführt hatte, noch dass der Grossteil der Empfehlungen von 2008 nicht umgesetzt worden war.1548 Auch wenn die Kontrolltätigkeit der EFK die direkte Aufsicht durch das Departement nicht ersetzen kann, sollten solche Missverständnisse inskünftig vermieden werden. Die FK und GPK sind der Ansicht, dass die EFK ihre Informationen über die Art und Weise der Durchführung ihrer Nachkontrollen in den Jahresberichten verbessern muss.1549 Ausserdem sollte sie über Änderungen, wie sie sich künftig beispielsweise aufgrund der hier angeregten systematischen Meldungen der geprüften Verwaltungseinheiten an die EFK ergeben könnten, in ihren Kreisschreiben (Audit Letters)1550 und Jahresberichten gezielt informieren. Es obliegt aber auch den Aufsichts- und Oberaufsichtsorganen, sich über die Modalitäten der Nachkontrollen der EFK angemessen zu informieren.

6.6.9.2

Verschiebung von Folgeprüfungen infolge externer Audits

Die EFK verschob im Januar 2007 ihre für Sommer 2007 geplante Folgeprüfung aufgrund eines Antrags des Programmkoordinators INSIEME (2005­2007) ins Jahr 2008.1551 Da die ESTV auf Druck des EFD für Februar 2007 bereits ein externes Audit durch die Firma Capgemini eingeplant hatte, sollten mit dieser Verschiebung

1547

1548 1549 1550 1551

Protokolle der AGI vom 8. Nov. 2013, S. 42 (Vorsteher EFD 2004­2010); vom 14. März 2014, S. 31 und 41 (Präsident FinDel 2004 und stv. Generalsekretär des EFD seit 2011); und vom 26. März 2014, S. 31 (Präsident FinDel 2011).

Protokoll der AGI vom 8. Nov. 2013, S. 42 (Vorsteher EFD 2004­2010).

EFK-Jahresbericht 2013, S. 40.

Abrufbar unter: www.efk.admin.ch > Publikationen > Audit Letters (Stand: 15. Sept.

2014).

Die geplante Folgeprüfung der EFK wurde aufgrund der Sistierung von INSIEME im August 2007 schliesslich hinfällig. Bei der Prüfung der EFK von Okt./Nov. 2008 zu INSIEME handelte es sich dann auch um eine Erstprüfung zum neu lancierten Projekt, ohne Nachkontrolle der alten Empfehlungen von 2005 und 2006 (Schreiben der EFK an die AGI vom 12. Dez. 2013, S. 2).

6643

eine Mehrbelastung für das Projektteam sowie Doppelspurigkeiten bei den Prüftätigkeiten vermieden werden (vgl. Kapitel 6.3.5).

Die FK und GPK sind der Ansicht, dass solche Verschiebungen von Folgeprüfungen infolge externer Audits in Einzelfällen sicher angemessen sein können. Voraussetzung dafür ist, dass die Nachkontrolle von Empfehlungen der höchsten Wichtigkeitsstufe (Wichtigkeit = 1) in die entsprechenden externen Audits einfliesst und dass die Audits durch eine unabhängige und kompetente Stelle durchgeführt werden.

Die Ergebnisse sollten der EFK in Form der vollständigen Auditberichte übermittelt werden. Auf der Basis der Audit-Ergebnisse sollte die EFK über die Durchführung von eigenen Nachkontrollen oder von Folgeprüfungen Beschluss fassen. Ob diese Voraussetzungen im Falle des externen Audits durch die Firma Capgemini vom Februar 2007 erfüllt waren, wurde von den FK und GPK jedoch nicht untersucht.

6.6.10

Umgang der EFK mit Umsetzungspendenzen («Revisionspendenzen»)

Gemäss Artikel 14 Absatz 3 FKG hat die EFK den Bundesrat und die FinDel im Rahmen ihrer Jahresberichterstattung über «Revisionspendenzen und deren Gründe» zu informieren. In der französischen Version des FKG wird hierfür der Ausdruck «révisions en suspens et les motifs d'éventuels retards» verwendet.

Die Begriffe «Revisionspendenzen» und «révisions en suspens» geben den Gegenstand der Gesetzesbestimmung eher missverständlich bzw. nicht korrekt wieder.

Artikel 14 Absatz 3 FKG bezieht sich nicht auf ausstehende Revisionen der EFK, sondern auf Pendenzen bei der Umsetzung von Empfehlungen bei den geprüften Stellen.1552 Dementsprechend ist es zutreffender, den Begriff «Umsetzungspendenzen» zu verwenden, wie ihn auch die EFK mitunter benutzt.1553 Die FK und GPK regen an, den französischen Begriff «révisions en suspens» in Artikel 14 FKG anzupassen (vgl. Motion 1 der FK und GPK in Kapitel 6.7).

Im Zusammenhang mit INSIEME führte die EFK über die gesamte Projektlaufzeit keine Umsetzungspendenzen in ihren Jahresberichten auf, obwohl zum Beispiel die Umsetzung der Empfehlung betreffend die Erstellung eines IKS-Konzepts für die ESTV über längere Zeit pendent geblieben war und die EFK in ihrem Prüfbericht von 2005 nachdrücklich darauf hingewiesen hatte.1554 Nicht nur im Zusammenhang mit INSIEME, sondern auch mit dem Betrieb von MOLIS und STOLIS hatte die EFK auf die Ausweisung von Umsetzungspendenzen in ihren Jahresberichten verzichtet. So hatte sie in Prüfberichten zur Revision der HA MWST von 2000 und 2001 explizit festgehalten, dass zahlreiche ihrer Empfehlungen im Zusammenhang mit den Informatiksystemen der ESTV ignoriert oder entgegen früherer Stellungnahmen noch nicht vollständig umgesetzt worden waren.1555 Trotz dieser Feststellungen führte die EFK die entsprechenden Pendenzen nicht in ihren Jahresberichten von 2000 und 2001 auf.1556 1552 1553 1554 1555 1556

Botschaft vom 22. Juni 1998 betreffend die Revision des Bundesgesetzes über die Eidgenössische Finanzkontrolle (FKG) (BBl 1998 V 4703, hier 4720­4721).

EFK-Jahresbericht 2013, S. 40.

EFK-Bericht vom 25. März 2003, S. 6­8; EFK-Bericht vom 7. Nov. 2003, S. 5­7.

EFK-Bericht vom 12. Sept. 2000, S. 2; EFK-Bericht vom 22. Okt. 2001, S. 3.

EFK-Jahresberichte 2000, S. 36­37, und 2001, S. 40.

6644

Die EFK informiert in ihren Jahresberichten generell nur sehr selten über Umsetzungspendenzen. Im Untersuchungszeitraum der FK und GPK von 2001­2012 führte die EFK nur in den Jahren 2001 und 2002 je eine Umsetzungspendenz im Zusammenhang mit dem BAK auf. Danach berichtete sie über keine Pendenzen mehr. In den Jahresberichten von 2002­2003 und 2007­2012 wies sie sogar explizit darauf hin, dass keine Umsetzungspendenzen bestehen und entsprechend kein Handlungsbedarf des Bundesrats oder des Parlaments gegeben sei.1557 Die seltene Berichterstattung der EFK über Umsetzungspendenzen ist durch eine restriktive Auslegung des Artikels 14 Absatz 3 FKG durch die EFK begründet. Dazu schrieb sie in ihren Jahresberichten von 2002­2003 und 2007­2012: «Eine derartige Pendenz [Umsetzungspendenz, A.d.V.] am Ende eines Geschäftsjahres liegt dann vor, wenn eine Verwaltungseinheit die Bemängelung und die vorgeschlagenen Verbesserungsmassnahmen zwar anerkannt, aber die von der EFK gesetzte Frist hat unbenutzt verstreichen lassen. Eine entsprechende Erwähnung im Tätigkeitsbericht kann unterbleiben, wenn die Verwaltungseinheit beispielsweise eine Stelle im Finanzwesen ausgeschrieben hat, diese jedoch noch nicht besetzen konnte. Ebenso wenig ist über eine Pendenz zu berichten, wenn die Umsetzungsfrist am Ende des Berichtsjahres noch nicht abgelaufen ist oder die Folgeprüfung noch nicht durchgeführt werden konnte.»1558 Bei der «von der EFK gesetzten Frist», wie sie in der oben stehenden Auslegung erwähnt ist, handelt es sich effektiv um eine Nachfrist.1559 Die eigentlichen Umsetzungsfristen werden, wie bereits in Kapitel 6.6.3 erwähnt, nicht von der EFK, sondern von den geprüften Stellen im Rahmen ihrer Stellungnahmen zu den Empfehlungen bestimmt.

Konkret geht die EFK bei der Feststellung von nicht fristgerecht umgesetzten Empfehlungen in der Praxis so vor, dass sie die Empfehlung wiederholt und je nach Umständen eine Nachfrist setzt.1560 Ausserdem weist sie in ihren Prüfberichten in der Regel darauf hin, dass die entsprechenden Empfehlungen bereits einmal an die geprüfte Stelle gerichtet worden sind.1561 Diesbezüglich gibt es aber auch Ausnahmen. So erwähnte die EFK zum Beispiel im Zusammenhang mit der Empfehlung betreffend die Erarbeitung eines umfassenden IKS für die ESTV in ihrem Prüfbericht von 2006 nicht, dass die
Umsetzung bereits seit 2002 fällig gewesen wäre und sie die ESTV letztmals 2005 darauf hingewiesen hatte.1562 Weiter setzt die EFK bei nicht fristgerecht umgesetzten Empfehlungen mitunter auf die Unterstützung der FinDel.1563 Der Direktor der EFK (1998­2013) erwähnte in seiner Anhörung durch die AGI diesbezüglich: «Wurde eine Empfehlung nur teilweise umgesetzt, verbleibt sie im Empfehlungscontrolling und kann bei einer nächsten Prüfung abgecheckt werden. Wenn alle Stricke reissen, bin ich immer froh um

1557 1558 1559 1560

EFK-Jahresberichte 2002­2003 und 2007­2012 (u. a. EFK-Jahresbericht 2012, S. 38).

EFK-Jahresberichte 2002­2003 und 2007­2012 (u. a. EFK-Jahresbericht 2012, S. 38).

Protokoll der AGI vom 14. Okt. 2013, S. 32 (stv. Direktor EFK 2000­2013).

Protokoll der AGI vom 14. Okt. 2013, S. 32 (stv. Direktor EFK 2000­2013) und S. 44 (Vizedirektor EFK 2000­2013).

1561 Protokoll der AGI vom 14. Okt. 2013, S. 44 (Vizedirektor EFK 2000­2013).

1562 EFK-Berichte vom 25. März 2002, S. 6­8, vom 25. Febr. 2005, S. 5, und vom 29. Mai 2006, S. 13­14.

1563 Protokolle der AGI vom 14. Okt. 2013, S. 16 (Direktor EFK 1998­2013) und vom 14. März 2014, S. 57­58 (Präsident FinDel 2003und 2007).

6645

die FinDel, die auf einen Hinweis unsererseits den notwendigen Druck ausüben kann.»1564 Die Nennung von Umsetzungspendenzen in ihren Jahresberichten nach Artikel 14 Absatz 3 FKG betrachtet die EFK, gleich wie die Intervention via FinDel, als Druckmittel. So erwähnte der stv. Direktor der EFK (2000­2013) in seiner Anhörung durch die AGI, dass die Ausweisung von Umsetzungspendenzen in den Jahresberichten der EFK letztlich der «Zweihänder»1565 sei, welcher der EFK zur Verfügung stehe.1566 Da dieses Druckmittel in Vergangenheit aber kaum angewendet wurde, ist davon auszugehen, dass die EFK gegebenenfalls eher die Unterstützung der FinDel nutzt, um die Umsetzung ihrer Empfehlungen voranzutreiben.

Die Praxis der EFK im Zusammenhang mit der Feststellung, der Weiterverfolgung und der Ausweisung von Umsetzungspendenzen in den Jahresberichten der EFK entspricht nicht dem Sinn und Zweck von Artikel 14 Absatz 3 FKG. Mit der Aufführung von Umsetzungspendenzen in den Jahresberichten der EFK soll der Bundesrat nämlich in die Lage versetzt werden, seine Aufsichtsverantwortung über die Umsetzung der Empfehlungen der EFK wahrzunehmen und dafür zu sorgen, dass die Empfehlungen der EFK durch die betroffenen Verwaltungseinheiten innert nützlicher Frist umgesetzt werden.1567 Diese Verantwortung wird ihm in Artikel 14 Absatz 4 FKG explizit zugewiesen.1568 Seine Verantwortung konnte der Bundesrat bisher anhand der ihm zur Verfügung gestellten Informationen in den Jahresberichten der EFK faktisch kaum wahrnehmen. So wurde er zum Beispiel in den Jahresberichterstattungen der EFK von 2000 und 2001 nicht über die wichtigen Umsetzungspendenzen betreffend MOLIS und STOLIS informiert.1569 Erst nachdem sich die Situation bereits zugespitzt hatte und die EFK im März 2002 in Anwendung von Artikel 15 Absatz 3 FKG eine Meldung an den Bundespräsidenten und damaligen Vorsteher des EFD sowie an den Vizepräsident des Bundesrats erstattet hatte,1570 wurde der Gesamtbundesrat über die Probleme bei der Informatik der ESTV in Kenntnis gesetzt. Dies geschah einerseits mittels mündlicher Auskunft des Vorstehers des EFD (1996­2003) anlässlich der Bundesratssitzung vom 27. März 2002,1571 andererseits mit einem Hinweis der EFK zur Anwendung von Artikel 15 Absatz 3 FKG in ihrem Jahresbericht 2002 vom

1564 1565 1566 1567 1568

1569 1570 1571

Protokoll der AGI vom 14. Okt. 2013, S. 16 (Direktor EFK 1998­2013).

Zweihänder: Schwert, das beidhändig geführt wird.

Protokoll der AGI vom 14. Okt. 2013, S. 32 (stv. Direktor EFK 2000­2013).

Botschaft vom 22. Juni 1998 betreffend die Revision des Bundesgesetzes über die Eidgenössische Finanzkontrolle (FKG) (BBl 1998 V 4703, hier 4721).

Art. 14 Abs. 4 FKG (SR 614.0): «Der Bundesrat überwacht gestützt auf die in den Jahresberichten der Eidgenössischen Finanzkontrolle zur Kenntnis gebrachten Revisionspendenzen die Beseitigung der entsprechenden Beanstandungen bezüglich Ordnungs- und Rechtmässigkeit und die Umsetzung der Anträge im Bereich der Wirtschaftlichkeitsprüfungen.» EFK-Jahresberichte 2000, S. 36­37, und 2001, S. 40.

Vgl. Kapitel 6.3.1.

Schreiben des Bundesrats an die AGI vom 29. Nov. 2013, S. 1.

6646

14. März 2003.1572 Zu diesem Zeitpunkt konnte der Gesamtbundesrat allerdings faktisch nur noch reagieren und nicht mehr agieren.1573 Nach Meinung der FK und GPK soll der Bundesrat seine Verantwortung im Zusammenhang mit der Umsetzung von Empfehlungen der EFK künftig stärker wahrnehmen können und müssen. Dazu braucht er eine regelmässige und vollständige Information über die offenen Empfehlungen der EFK. Diese Information sollte sich nicht auf Empfehlungen beschränken, deren Nachfristen bereits ungenutzt verstrichen sind. Damit der Bundesrat für eine fristgerechte Umsetzung der Empfehlungen im Sinne von Artikel 14 Absatz 4 FKG sorgen kann, muss er von der EFK über sämtliche offenen Empfehlungen informiert werden.

Dafür braucht es zunächst ein anderes Verständnis des Begriffs «Revisionspendenz» respektive «Umsetzungspendenz», so dass dieser künftig alle offenen Empfehlungen umfasst (vgl. Motion 1 der FK und GPK in Kapitel 6.7).

Ausserdem kann die EFK den Bundesrat selbstverständlich nur angemessen über Umsetzungspendenzen informieren, wenn sie die entsprechenden Auskünfte selber regelmässig erhält und sie gegebenenfalls überprüft. Wie in Kapitel 6.6.9 beschrieben, braucht es dafür die Einführung einer Meldepflicht, so dass die Verwaltungsstellen der EFK jährlich sowie nach Ablauf der Umsetzungsfristen den Stand der Umsetzung bislang offen gebliebener, wichtiger Empfehlungen von sich aus mitteilen müssen.

Weiter sind die FK und GPK der Meinung, dass es in einzelnen Fällen nicht genügt, wenn der Bundesrat über Umsetzungspendenzen informiert wird. Sind offene Empfehlungen wichtig und kann ihre Umsetzung voraussichtlich nicht fristgerecht erfolgen, sind die Departementsvorstehenden und der Bundesrat unmittelbar in die Umsetzungsverantwortung einzubinden.

Diese Einbindung in die Umsetzungsverantwortung ist von der blossen Jahresberichterstattung der EFK über Umsetzungspendenzen abzugrenzen: 1. Einbindung der Departementsvorstehenden und des Bundesrats in die Umsetzungsverantwortung bei wichtigen Umsetzungspendenzen («Revisionspendenzen») Stellt die EFK zukünftig fest, dass eine offene Empfehlung der höchsten Wichtigkeitsstufe (Wichtigkeit = 1)1574 nicht innerhalb der empfohlenen Frist umgesetzt werden kann bzw. umgesetzt wurde, so hat sie unmittelbar an den betroffenen Departementsvorstehenden zu
gelangen und eine Nachfrist zu setzen. Die oder der Departementsvorstehende wird so direkt in die Umsetzungsverantwortung eingebunden. Konsequenterweise ist in der Folge das Departement und nicht mehr die geprüfte Stelle dafür verantwortlich, der EFK über die Umsetzung der Empfehlung zu berichten. Zeichnet sich auch danach ab, dass die Umsetzungspendenz nicht innerhalb der gesetzten Frist erledigt werden kann bzw. wurde, hat die EFK den Gesamtbundesrat zu unterrichten (vgl. Motion 1 der FK und GPK in Kapitel 6.7).

1572 1573

EFK-Jahresbericht 2002, S. 19, 32 und 42.

Tatsächlich blieb eine Reaktion des Gesamtbundesrats aus. Der Bundespräsident und Vorsteher des EFD (1996­2003) stellte der FinDel am 17. April 2002 aufgrund eines Informationsbegehrens ihrerseits vom 13. März 2002 einen Bericht zur Situation der Informatiksysteme der ESTV zu. Dieser wurde im Bundesrat nicht behandelt (Schreiben des Bundesrats an die AGI vom 29. Nov. 2013).

1574 Die FK und GPK sind der Ansicht, dass die Empfehlungen der EFK künftig nur noch nach Wichtigkeit und nicht mehr nach Prioritäten unterschieden werden sollen (vgl. Kapitel 6.6.3).

6647

Auf diese Weise kann der Gesamtbundesrat besser als bisher in die Lage versetzt werden, für eine angemessene Umsetzung der Empfehlung zu sorgen.

Mit diesem Vorgehen werden die Aufsichtsinstanzen nicht nur adäquater in die Verantwortung eingebunden, sondern es resultiert auch ein Zeitgewinn. Angenommen, die EFK hätte bereits im Februar 2009 erfahren, dass im Projekt INSIEME trotz unmittelbar bevorstehendem Ablauf der Umsetzungsfrist im März 2009 noch keine angemessene Gesamt- und Mittelbedarfsplanung in Erarbeitung war:1575 In diesem hypothetischen Fall wäre es nicht sinnvoll gewesen, bis Anfang 2010 zuzuwarten, um die Umsetzungspendenz im Jahresbericht 2009 auszuweisen. Unter diesen Umständen hätte die EFK sofort eskalieren müssen, um das Projekt frühzeitig in die richtigen Bahnen zu lenken.

2. Jahresberichterstattung der EFK über Umsetzungspendenzen («Revisionspendenzen») Die EFK hat im Anschluss an die Anhörungen ihrer Vertreter durch die AGI bereits Überlegungen bezüglich einer Änderung der Ausweisung von Umsetzungspendenzen in ihren Jahresberichten angestellt und diese Mitte 2014 den FK mitgeteilt. So will die EFK im nächsten Jahresbericht rund ein halbes Dutzend wichtiger, seit mehreren Jahren hängiger Empfehlungen ausweisen.

Die FK und GPK begrüssen die Stossrichtung dieser angekündigten Praxisänderung.

Sie gehen mit der EFK einig, dass der Bundesrat vermehrt über wichtige Umsetzungspendenzen im Rahmen der Jahresberichterstattung informiert werden muss.

Nach Ansicht der FK und GPK soll sich die EFK dabei aber nicht ausschliesslich auf langjährige Umsetzungspendenzen begrenzen, sondern alle Umsetzungspendenzen der höchsten Wichtigkeitsstufe (Wichtigkeit = 1)1576 ausweisen. Nur so wird dem Sinn von Artikel 14 Absatz 3 und 4 FKG effektiv entsprochen und der Bundesrat in die Lage versetzt, seine Aufsichtsverantwortung über die Umsetzung der Empfehlungen anhand der Jahresberichterstattung der EFK wahrzunehmen.

Wie in Kapitel 6.6.9 erwähnt, wird die EFK mit der Einführung einer Meldepflicht für die Verwaltungsstellen künftig über regelmässig aktualisierte Angaben zu den Umsetzungspendenzen verfügen. Vor der Übernahme dieser Angaben in die Jahresberichte sind sie auf ihre Plausibilität zu kontrollieren und um Befunde aus den Folgeprüfungen zu ergänzen.

Da die EFK jährlich rund 500 Empfehlungen
zuhanden der geprüften Stellen formuliert,1577 wird die Zahl der ausgewiesenen Umsetzungspendenzen in den Jahresberichten relativ hoch sein. Deshalb wäre es sinnvoll, die Berichterstattung über Umsetzungspendenzen nicht in den Jahresberichten selbst vorzunehmen, sondern beispielsweise in einem Anhang zu den Jahresberichten an den Bundesrat und an die FinDel. Umsetzungspendenzen, bei welchen ein überwiegendes öffentliches Interesse einer Veröffentlichung entgegensteht (z. B. Pendenzen im Bereich des Staatsschutzes), sind in einem separaten, klassifizierten Anhang dem Bundesrat sowie der FinDel und der GPDel zuzustellen.

1575

Stellungnahme der ESTV vom 29. Jan. 2009, S. 1­2; EFK-Bericht vom Januar 2012, S. 23.

1576 Die FK und GPK sind der Ansicht, dass die Empfehlungen der EFK künftig nur noch nach Wichtigkeit und nicht mehr nach Prioritäten unterschieden werden sollen (vgl. Kapitel 6.6.3).

1577 Protokoll der AGI vom 14. Okt. 2013, S. 15 (Direktor EFK 1998­2013).

6648

Empfehlung 19: Konsequente Ausweisung von wichtigen Umsetzungspendenzen («Revisionspendenzen») in den Jahresberichten der EFK Die FK und GPK empfehlen der EFK, wichtige Umsetzungspendenzen («Revisionspendenzen») ­ d. h. alle offenen Empfehlungen der höchsten Wichtigkeitsstufe ­ im Rahmen ihrer Jahresberichterstattung konsequent auszuweisen (Art. 14 Abs. 3 FKG).

Die FinDel sollte sich nicht nur einmal jährlich anhand der Jahresberichte der EFK über Umsetzungspendenzen informieren können. Deshalb ist es auch wichtig, dass die einzelnen Berichte der EFK zu Folgeprüfungen übersichtlich über den Stand der Umsetzung von offenen Empfehlungen informieren. Dies war bisher nur begrenzt der Fall. So wurde zum Beispiel im Prüfbericht von 2006 zu INSIEME gar nicht darauf hingewiesen, dass zwei Empfehlungen von 2005 nachkontrolliert worden waren.1578 Von acht Berichten zu Folgeprüfungen der EFK,1579 welche die AGI bei ihrer Untersuchung analysierte, enthielt nur ein einziger Bericht eine systematische Übersicht über die nachkontrollierten Empfehlungen sowie den Stand ihrer Umsetzung.1580 Mit der bisherigen Berichterstattung zu Folgeprüfungen der EFK konnte sich die FinDel nur eine unvollständige Übersicht über bestehende Umsetzungspendenzen verschaffen. Für eine zweckmässigere Unterstützung der Oberaufsichtstätigkeit der FinDel braucht es künftig eine systematische und lückenlose Information über den Stand der Umsetzung von Empfehlungen in den Prüfberichten der EFK.

Berücksichtigung von Umsetzungspendenzen («Revisionspendenzen») im Rahmen des Risikomanagements des Bundes Das Risikomanagement des Bundes ist ein Führungsinstrument auf den Stufen Bundesrat, Departement und Verwaltungseinheiten. Es soll Transparenz über die Risikosituation des Bundes und der einzelnen Verwaltungseinheiten schaffen und es ermöglichen, rechtzeitig die erforderlichen Massnahmen zur Vermeidung oder Verminderung von Risiken zu treffen (vgl. Kapitel 5.4.4.1).

Wichtige Umsetzungspendenzen bergen in der Regel potenzielle Risiken für den Bund. Nach Ansicht der FK und GPK soll deshalb gewährleistet sein, dass die jährliche Berichterstattung der EFK über Umsetzungspendenzen in das Risikomanagement des Bundes sowie in das jährliche Risikoreporting des Bundesrates an die GPK einfliesst.

Empfehlung 20: Berücksichtigung von wichtigen Umsetzungspendenzen («Revisionspendenzen») im Rahmen des Risikomanagements des Bundes

1578

EFK-Bericht vom 29. Mai 2006; Auszug aus dem elektronischen Empfehlungscontrolling (i-world) der EFK vom 28. Aug. 2013, S. 1­4.

1579 EFK-Berichte vom 12. Sept. 2000, 22. Okt. 2001, 25. März 2002, 31. Okt. 2002, 7. Nov. 2003, 29. Mai 2006, Dez. 2011 und Jan. 2012.

1580 EFK-Bericht vom Dez. 2011, Beilage 3.

6649

Die FK und GPK fordern den Bundesrat auf, dafür zu sorgen, dass die jährliche Berichterstattung der EFK über wichtige Umsetzungspendenzen («Revisionspendenzen») ­ d. h. alle offenen Empfehlungen der höchsten Wichtigkeitsstufe ­ angemessen in das Risikomanagement des Bundes sowie in das jährliche Risikoreporting des Bundesrates an die GPK einfliesst.

6.6.11

Stellungnahme und Beratung der EFK zu Kreditgeschäften

6.6.11.1

Stellungnahme in der Ämterkonsultation

Grundsätzlich sind bei der Vorbereitung von Bundesratsgeschäften alle mitinteressierten Verwaltungseinheiten gemäss Artikel 4 Absatz 1 RVOV im Rahmen der sogenannten Ämterkonsultation zu einer Stellungnahme zum Geschäftsentwurf einzuladen. Als mitinteressiert gelten Verwaltungseinheiten, die einen fachlichen Bezug zum Geschäft haben oder die für die Beurteilung finanzieller, rechtlicher oder formeller Aspekte zuständig sind (Art. 4 Abs. 3 RVOV).

Die EFK wird in der Liste der Adressaten der Ämterkonsultation der Bundeskanzlei als fallweise zu konsultierende Organisationseinheit aufgeführt. Sie ist zu begrüssen, wenn ein Geschäft die Belange der Finanzaufsicht oder die Umsetzung von Empfehlungen bzw. Feststellungen der EFK betrifft.1581 Ausserdem haben das EFD und die EFK in Informationsschreiben von 2011 und 2013 an die Amtsvorstehenden darauf hingewiesen, dass die EFK bei allen Geschäften zu Grossprojekten zu konsultieren ist.1582 Die ESTV führte bei der Vorbereitung des Verpflichtungskreditgeschäfts für INSIEME vom 17. August 2005 keine Ämterkonsultation durch, und in der Ämterkonsultation für das Zusatz- und Nachtragskreditgeschäft vom 18. Juni 2010 adressierte sie die EFK nicht.1583 Entsprechend konnte die EFK weder zum Verpflichtungskreditantrag von 2005 noch zum Zusatz- und Nachtragskreditantrag von 2010 im Rahmen der Ämterkonsultation Stellung nehmen. Allerdings hätte die EFK diese Möglichkeit auch im Falle einer Einladung der ESTV wohl nicht genutzt, denn der Direktor der EFK (1998­2013) und der Vizedirektor der EFK (2000­2013) erwähnten in ihren Anhörungen durch die AGI, dass die EFK grundsätzlich nur Stellung zu Geschäften nehme, bei denen es um die korrekte Regelung der Finanzaufsicht oder um revisionstechnische Erfahrungen gehe.1584 Zu Verpflichtungskrediten äussere sich die EFK normalerweise nicht; insbesondere deshalb, weil sie solche Geschäfte nicht «vom Tisch aus» beurteilen könne.1585

1581 1582 1583

1584 1585

Richtlinien für Bundesratsgeschäfte der BK («Roter Ordner»), Ämterkonsultation: Liste der Adressaten.

Audit Letter der EFK vom Februar 2013, S. 6; Schreiben des GS EFD an die Amtsdirektorin, den Staatssekretär und die Amtsdirektoren des EFD vom 22. Dez. 2011, S. 1.

Bericht der EFV an die AGI vom 6. Jan. 2014, S. 4; Antrag des EFD für einen Zusatzkredit für die Finanzierung des Informatikprojekts INSIEME der ESTV vom 31. Mai 2010, S. 7.

Protokoll der AGI vom 14. Okt. 2013, S. 20 (Direktor EFK 1998­2013).

Protokoll der AGI vom 14. Okt. 2013, S. 52 (Vizedirektor EFK 2000­2013).

6650

Die FK und GPK gehen mit der EFK einig, dass es nicht die Aufgabe der EFK sein kann, Verpflichtungskreditanträge im Rahmen der Ämterkonsultation formell und materiell zu beurteilen. Diese Aufgabe fällt in die Zuständigkeit der EFV.1586 Nach Ansicht der FK und GPK kommt der EFK hingegen die Verantwortung zu, im Rahmen der Ämterkonsultation konsequent auf Pendenzen bei der Umsetzung ihrer Empfehlungen hinzuweisen.1587 Dies macht sie offenbar heute nicht.1588 Der Zweck der Ämterkonsultation ist es, die Stellungnahmen anderer Verwaltungseinheiten während der Vorbereitung eines Bundesratsgeschäfts rechtzeitig einzuholen, damit diese noch vor dem Beschluss angemessen berücksichtigt werden können.1589 Mit konsequenten Hinweisen auf bestehende Umsetzungspendenzen in den Ämterkonsultationen sollte die EFK künftig erwirken, dass es noch vor dem Bundesratsbeschluss zu einer Beseitigung der entsprechenden Pendenzen kommt oder dass die betroffenen Verwaltungseinheiten bzw. Departemente die Beschlussanträge um eine Planung zur Beseitigung der entsprechenden Pendenzen ergänzen.

Ausserdem muss es im Interesse der EFK liegen, den Bundesrat vor seinen Beschlüssen über das Bestehen wichtiger Umsetzungspendenzen zu informieren: Da die federführenden Departemente gemäss Artikel 4 Absatz 2 RVOV den Bundesrat über die Bereinigung von Differenzen aus der Ämterkonsultation zu unterrichten haben, kann die EFK den Bundesrat mit ihren Hinweisen zu Umsetzungspendenzen in den Ämterkonsultationen bei seiner Entscheidfindung sowie bei der Wahrnehmung seiner Aufsichtsverantwortung unterstützen.

Die FK und GPK sind der Ansicht, dass die EFK künftig im Rahmen von Ämterkonsultationen konsequent auf wichtige Umsetzungspendenzen hinweisen muss.

Dies soll nicht nur für Kreditbeschlüsse gelten, sondern grundsätzlich für alle Bundesratsgeschäfte, die im Zusammenhang mit Empfehlungen der EFK stehen.

Der Bundesrat hat darauf hinzuwirken, dass die EFK zu solchen Geschäften konsequent konsultiert wird. Die bestehenden Hinweise in den Adressatenlisten für die Ämterkonsultation der BK1590 sowie in den Kreisschreiben der EFK1591 gehen bereits in die richtige Richtung. Ausserdem hat der Bundesrat dafür zu sorgen, dass die Stellungnahmen der EFK in der Ämterkonsultation in den Anträgen der Departemente an den Bundesrat effektiv ausgewiesen
werden.1592 Selbstverständlich sind Stellungnahmen der EFK in den Ämterkonsultationen nur zweckmässig, wenn sie auf aktuellen Informationen beruhen. Deshalb sind regelmässige Meldungen der geprüften Einheiten zum Umsetzungsstand der Empfehlungen an die EFK, wie sie in den Kapiteln 6.6.9 und 6.6.10 gefordert werden, eine wichtige Voraussetzung für eine wirkungsvolle Beteiligung der EFK in der Ämterkonsultation.

1586

1587 1588 1589 1590 1591 1592

Art. 8 Abs. 1 Bst. c OV-EFD vom 17. Febr. 2010 (SR 172.215.1, in Kraft seit 1. März 2010); Art. 9 Abs. 1 Bst. b OV-EFD vom 11. Dez. 2000 (AS 2001 267, ausser Kraft seit 28. Febr. 2010).

Diese Verantwortung leitet sich aus Art. 1 Abs. 1 Bst. b FKG (SR 614.0) ab.

Protokoll der AGI vom 14. Okt. 2013, S. 20 (Direktor EFK 1998­2013) und S. 52 (Vizedirektor EFK 2000­2013).

Erläuterungen zur RVOV vom 25. Nov. 1998, S. 6­7.

Richtlinien für Bundesratsgeschäfte der BK («Roter Ordner»), Ämterkonsultation: Liste der Adressaten.

Audit Letter der EFK vom Februar 2013, S. 6.

Vgl. Empfehlung 22, Ausweisen von Stellungnahmen der EFK aus der Ämterkonsultation (Kapitel 6.6.11).

6651

6.6.11.2

Beratung der EFK zu Kreditbegehren

Das FKG sieht in Artikel 7 Absatz 2 vor, dass die EFK von den vorberatenden Organen zu den Verhandlungen zu einzelnen Kreditbegehren sowie zum Voranschlag beigezogen werden kann. Bei diesen Organen handelt es sich vor allem um die FK und die FinDel. An sie kann die EFK auch aus eigener Initiative gelangen, um ihnen «ihr bekannte Sachgegenstände»1593 vorzutragen.1594 Gemäss Auslegung des Direktors der EFK (1998­2013) betrifft Artikel 7 Absatz 2 FKG insbesondere grosse Projekte, zu denen die parlamentarischen Organe die zugrundeliegenden Schätzungen durch die EFK überprüfen lassen wollen.1595 Eine solche Prüfung durch die EFK fand zu INSIEME nicht statt.1596 Artikel 7 Absatz 2 FKG bezieht sich indessen nicht nur auf den Beizug der EFK als Begutachterin für die materielle Prüfung von Kreditbegehren. Solche Prüfungen liegen primär in der Zuständigkeit der EFV1597 und sollten nach Ansicht der FK und GPK von der EFK nur als Sonderauftrag entgegengenommen werden, wenn ihre Unabhängigkeit und Unvoreingenommenheit für spätere Prüfungen dadurch nicht gefährdet wird (vgl. Kapitel 6.6.2.2). Die Gesetzesbestimmung räumt den vorberatenden Organen hauptsächlich auch die Möglichkeit ein, Stellungnahmen der EFK zu Geschäften einzuholen, in die sie aufgrund ihrer Prüftätigkeit Einblick erhalten hat.1598 Diese Möglichkeit sollte nach Ansicht der FK und GPK bei der Beratung von Kreditgeschäften vermehrt dafür genutzt werden, um von der EFK Auskünfte zu stattgefundenen Prüfungen und bestehenden Umsetzungspendenzen einzuholen, die in direktem Zusammenhang mit den zu behandelnden Geschäften stehen. Bei wichtigen Umsetzungspendenzen sollte die EFK auch von sich aus aktiv werden und diese den vorberatenden Organen zur Kenntnis bringen. So sollten die FK und die FinDel von der EFK mittels schriftlicher Stellungnahmen oder mündlicher Auskünfte an ihren Sitzungen informiert werden.

Nach der bisherigen Praxis nimmt der Direktor der EFK an allen Sitzungen der FinDel teil,1599 auch an solchen, die der Beratung von Kreditgeschäften dienen. Bei der Beratung des Verpflichtungskredits zu INSIEME vom August 2005 durch die FinDel nahm der Direktor der EFK (1998­2013) keine Stellung und wies einzig darauf hin, dass sich die letzte Prüfung der EFK in der ESTV auf den Rechnungsab-

1593

1594 1595 1596

1597 1598 1599

Wortlaut der Botschaft vom 25. Nov. 1966 zum Entwurf eines Bundesgesetzes über die eidgenössische Finanzkontrolle (BBl 1966 II 708, hier 721). Dabei handelt es sich um thematische Gegenstände, in welche die EFK aufgrund ihrer Prüftätigkeit Einblick erhalten hat (BBl 1966 II 708, hier 715).

Botschaft vom 25. Nov. 1966 zum Entwurf eines Bundesgesetzes über die eidgenössische Finanzkontrolle (BBl 1966 II 708, hier 721).

Protokoll der AGI vom 14. Okt. 2013, S. 19 (Direktor EFK 1998­2013).

Entsprechend gab der Direktor der EFK (1998­2013) in seiner Anhörung durch die AGI die Auskunft, dass die EFK zu INSIEME nicht zur Beratung beigezogen worden sei (Protokoll der AGI vom 14. Okt. 2013, S. 19).

Botschaft vom 25. Nov. 1966 zum Entwurf eines Bundesgesetzes über die eidgenössische Finanzkontrolle (BBl 1966 II 708, hier 715).

Botschaft vom 25. Nov. 1966 zum Entwurf eines Bundesgesetzes über die eidgenössische Finanzkontrolle (BBl 1966 II 708, hier 715 und 721).

Protokolle der AGI vom 14. März 2014, S. 58 (Präsident FinDel 2003 und 2007) und vom 26. März 2014, S. 13 (Präsident FinDel 2010 und 2014).

6652

schluss 2004 und nicht auf die Informatik fokussiert habe. Die Prüfung vom Februar 2005 zu INSIEME erwähnte er nicht.1600 Auch bei der Beratung der FinDel zum Zusatz- und Nachtragskredit im September 2010 ging der Direktor der EFK (1998­2013) nicht auf die negativen Prüfungsergebnisse der EFK von 2008 zu INSIEME ein. Er sagte lediglich, dass es relevant wäre, zu erfahren, welche Prüfungen das FISP ESTV vorgenommen hat.1601 Dass er diese Auskunft selber hätte erteilen können, da ja die EFK gemäss Artikel 11 Absatz 2 FKG ihre Prüftätigkeit mit jener der FISP zu koordinieren hat und sämtliche Prüfberichte der FISP erhält, schien ihm nicht bewusst zu sein. Zu Nachfragen der Mitglieder der FinDel an den Direktor der EFK (1998­2013) bezüglich allfälliger Nachkontrollen der Empfehlungen von 2008 kam es nicht.1602 In den Beratungen der FK zu Kreditgeschäften bzw. zum Voranschlag ist die EFK grundsätzlich nur anwesend, wenn sie von den FK zur Beratung beigezogen wird.1603 Im Zusammenhang mit INSIEME war dies nicht der Fall.1604 So war die EFK von den FK weder für die Beratungen zum Verpflichtungskredit im Voranschlag 2006 noch zum Zusatz- und Nachtragskredit von INSIEME im Nachtrag II/2010 herangezogen worden.1605 Auch aus eigener Initiative nahm die EFK gegenüber den FK keine Stellung zu ihren Beanstandungen zu INSIEME. Sie ging davon aus, dass die FK aufgrund der Prüfberichte der EFK zu INSIEME bereits «sensibilisiert» waren.1606 Nach Ansicht der FK und GPK war der Austausch zwischen der EFK und der FinDel sowie den FK in Bezug auf den Verpflichtungs- und Zusatzkredit von INSIEME ungenügend: Es erfolgte weder ein aktiver Beizug der EFK durch die FK und die FinDel zur Auskunftserteilung über Beanstandungen und Umsetzungspendenzen zu INSIEME, noch informierte die EFK die FK und die FinDel in angemessener Weise dazu.

Dies mag mitunter auch daran gelegen haben, dass die EFK zum Zeitpunkt der Beratungen der Kreditgeschäfte durch die FK und die FinDel in den Jahren 2005 und 2010 aufgrund ihres bisherigen Systems der Nachkontrollen (vgl. Kapitel 6.6.9) keine aktuellen Informationen zum Stand der Umsetzung der Empfehlungen zu INSIEME besass. Auch deshalb ist es sinnvoll, die bisherige Praxis so anzupassen, wie es die FK und GPK in den Kapiteln 6.6.9 und 6.6.10 anregen.

Empfehlung 21: Stellungnahme und Beratung der EFK 1600 1601 1602 1603

1604 1605 1606

Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 29./30. Aug. 2005, S. 4 (Direktor EFK 1998­2013).

Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 9./10. Sept. 2010, S. 3 und 6 (Direktor EFK 1998­2013).

Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 9./10. Sept. 2010.

Ziff. 5.3 Bst. e der Handlungsgrundsätze der FK vom 25. Nov. 2011; Art. 4 Abs. 2 des Reglements vom 8. Nov. 1985 für die FK und die FinDel (SR 171.126; in Kraft bis 31. Dez. 2011).

Protokoll der AGI vom 14. Okt. 2013, S. 19 (Direktor EFK 1998­2013).

Protokolle der FK-N6 vom 6. Sept. 2005, 10. Nov. 2005 und 28. Okt. 2010; Protokoll der FK-N vom 18./19. Okt. 2010; Protokolle der FK-S1 vom 5. Sept. 2005 und 20. Okt. 2010.

Protokoll der AGI vom 14. Okt. 2013, S. 19 (Direktor EFK 1998­2013).

Die FinDel stellte den EFK-Bericht zu INSIEME vom 18. Dez. 2008 der zuständigen Subkommission der FK-N zur Vorbereitung ihres Informationsbesuchs in der ESTV vom 26. Aug. 2009 zu (Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 14./15. April 2009, S. 4).

6653

Die FK und GPK empfehlen der EFK, in der Ämterkonsultation konsequent zu wichtigen Umsetzungspendenzen («Revisionspendenzen») ­ d. h. zu allen offenen Empfehlungen der höchsten Wichtigkeitsstufe ­ Stellung zu nehmen.

Wichtige Umsetzungspendenzen («Revisionspendenzen») sind den FK und der FinDel anlässlich ihrer Beratungen zu Kreditbegehren sowie zum Voranschlag zur Kenntnis zu bringen.

Empfehlung 22: Ausweisen von Stellungnahmen der EFK aus der Ämterkonsultation Die FK und GPK fordern den Bundesrat auf, dafür zu sorgen, dass alle Stellungnahmen der EFK aus der Ämterkonsultation in den Anträgen der Departemente an den Bundesrat systematisch ausgewiesen werden.

6.6.12

Koordination der Prüfungstätigkeiten der EFK mit dem FISP ESTV

6.6.12.1

Prüfungstätigkeiten des FISP ESTV im Rahmen der eigenen Prüfungsplanung

Grundsätze der Prüfungstätigkeit des FISP ESTV Das FISP ESTV übt als interne Revisionsstelle der ESTV die Finanzaufsicht über die laufenden Geschäftstätigkeiten der ESTV aus.1607 Es nimmt seine Aufgabe, gleich wie die EFK, anhand von Prüfungen, der Formulierung von Empfehlungen und der Durchführung von Nachkontrollen wahr.1608 Gemäss seinen Grundsätzen vom 6. Januar 2003 kontrolliert es insbesondere, ob die Zielvorgaben der ESTV zweckmässig umgesetzt und ordnungsgemäss erfüllt werden, ob ein funktionierendes IKS vorhanden ist und ob die allgemein anerkannten Richtlinien für die Buchführung und Revision eingehalten werden.1609 Das FISP ESTV ist gemäss Artikel 11 Absatz 1 FKG dem Direktor der ESTV unterstellt, in seiner Prüfungstätigkeit jedoch selbständig und unabhängig. Laut Geschäftsordnung führt es im Umfang von mindestens 70 Prozent seiner Kapazitäten Prüfungen durch, die es eigenständig und aufgrund einer eigenen Risikobeurteilung in das jährliche Prüfprogramm aufnimmt.1610 Dazu zählen mitunter Prüfungen zur Jahresrechnung der ESTV, welche das FISP ESTV nach den fachlichen Weisungen der EFK durchführt.1611

1607 1608

Art. 5 GO FISP ESTV vom 8. Okt. 2002; Ziff. 8 GO FISP ESTV vom 1. Juni 2012.

Art. 6 GO FISP ESTV vom 8. Okt. 2002; Ziff. 11 und 12 GO FISP ESTV vom 1. Juni 2012.

1609 Ziff. 7 der Grundsätze für das FISP ESTV vom 6. Jan. 2003.

1610 Art. 2 GO FISP ESTV vom 8. Okt. 2002; Ziff. 3 GO FISP ESTV vom 1. Juni 2012.

1611 Fachliche Weisung Nr. 1 vom 12. Sept. 2005, 28. Nov. 2007 und 20. Sept. 2012 (abrufbar unter: www.efk.admin.ch > Publikationen > Weisungen und Leitfaden [Stand: 15. Sept.

2014]).

6654

In Ergänzung dazu kann der Direktor der ESTV das FISP ESTV mit zusätzlichen Prüfungen beauftragen. Diese dürfen zusammen mit den weiteren Aufgaben, die der Direktor der ESTV dem FISP ESTV übertragen kann,1612 maximal 30 Prozent der Kapazitäten des FISP ESTV beanspruchen (vgl. Kapitel 4.3.3).

Die Prüfungstätigkeiten des FISP ESTV dienen der Unterstützung der Steuerungsund Überwachungsaufgaben der Geschäftsleitung der ESTV.1613 Diese erhält die Prüfberichte des FISP ESTV1614 und kann ihre Führungsentscheide auf die darin enthaltenen Informationen abstützen sowie über Massnahmen zur Umsetzung der Empfehlungen des FISP ESTV entscheiden.1615 Nebst der Geschäftsleitung der ESTV hat das FISP ESTV seine Prüfberichte auch der EFK zuzustellen.1616 Damit erhält Letztere Informationen für ihre eigene Finanzaufsicht, die sie auch in ihre Risikobeurteilung einfliessen lassen kann. Ausserdem dienen ihr die Prüfungstätigkeiten des FISP ESTV bis zu einem gewissen Grad als Arbeitsentlastung.1617 Trotz der Unterstützung durch das FISP ESTV bleibt die EFK in allen Fällen für die oberste Finanzaufsicht über die ESTV verantwortlich.1618 So liegt es in der Zuständigkeit der EFK und nicht des FISP ESTV, die FinDel und das EFD über Prüfungsergebnisse zur ESTV zu unterrichten. Eine direkte Berichterstattung der FISP an die FinDel bzw. an die Departementsvorstehenden ist im FKG nicht vorgesehen.1619 Aufgrund der hierarchischen Unterstellung der FISP unter die Amts- bzw. Geschäftsleitung wäre dies auch nicht sinnvoll.1620 INSIEME in der Prüfungsplanung des FISP ESTV Das FISP ESTV nahm INSIEME über die gesamte Projektlaufzeit nicht als Prüfobjekt in seine eigene Prüfungsplanung auf. Eigene Kontrollen zu INSIEME führte es nur im Zusammenhang mit den Jahresrechnungsprüfungen durch.1621 Diese konzentrierten sich aber nur auf punktuelle Aspekte des Projekts und gingen nicht in die Tiefe. So kontrollierte das FISP ESTV beispielsweise in seiner Prüfung zur Jahresrechnung 2007, ob PCO-Berichte erstellt wurden, jedoch nicht, wie es um deren Qualität stand;1622 und in den Jahresrechnungsberichten 2006 und 2008 wies es darauf hin, dass im Projekt INSIEME ein IKS bestand, machte aber keine Aussagen dazu, ob dieses angemessen war.1623 1612

1613 1614 1615 1616 1617 1618 1619 1620

1621 1622 1623

Zu den Zusatzaufgaben gehören nebst den Prüfungen im Auftrag des Direktors der ESTV weitere Aufgaben, namentlich Beratungsaufgaben (z. B. in Bezug auf die Einführung neuer Kontrollmethoden und Verwaltungsverfahren); Ziff. 7.4 der Grundsätze für das FISP ESTV vom 6. Jan. 2003.

Ziff. 6 der Grundsätze für das FISP ESTV vom 6. Jan. 2003.

Ziff. 8 GO FISP ESTV vom 1. Juni 2012.

Ziff. 8.6 der Grundsätze für das FISP ESTV vom 6. Jan. 2003.

Art. 11 Abs. 2 FKG (SR 614.0).

Botschaft vom 25. Nov. 1966 zum Entwurf eines Bundesgesetzes über die eidgenössische Finanzkontrolle (BBl 1966 II 708, hier 723).

Art. 8 Abs. 3 FKG (SR 614.0).

Art. 11 Abs. 2 und Art. 14 Abs. 1 FKG (SR 614.0).

Eine direkte Berichterstattung der FISP an die Departementsvorstehenden oder an die FinDel würden im Spannungsverhältnis zur hierarchischen Unterstellung unter die Amtsbzw. Geschäftsleitung und deren Berichterstattungspflichten im Rahmen der departementalen Aufsicht stehen.

Protokoll der AGI vom 23. Jan. 2014, S. 42 (Leiter FISP ESTV seit 2005).

Jahresrechnungsbericht 2007 des FISP ESTV, S. 24.

Jahresrechnungsberichte 2006, S. 8, und 2008, S. 19, des FISP ESTV.

6655

Die zwei detaillierten Prüfungen zu INSIEME, die das FISP ESTV in den Jahren 2010 und 2011 durchführte, fanden im Auftrag des Direktors der ESTV (2000­ 2012) und nicht aufgrund seiner eigenen Prüfungsplanung statt.1624 Das FISP ESTV hatte das Projekt INSIEME insbesondere aus zwei Gründen nicht auf seine eigene Prüfungsplanung gesetzt: Einerseits führte es seine Prüfungen tendenziell in den Bereichen der ESTV durch, in denen das meiste Geld floss. Demzufolge konzentrierte es sich vor allem auf das operative Geschäft der ESTV und nicht auf Projekte.1625 Die finanziellen Risiken von Projektverzögerungen bei INSIEME schätzte das FISP ESTV als eher gering ein: Da keine unmittelbaren Systemausfälle von MOLIS und STOLIS drohten, sah es das operative Geschäft der ESTV nicht als gefährdet an.1626 Andererseits war gemäss dem Verständnis des FISP ESTV primär die EFK für Prüfungen von INSIEME zuständig.1627 So hatte der Leiter des FISP ESTV (seit 2005) bereits im Jahr 2005 mit dem Direktor der ESTV (2000­2012) vereinbart, dass mehrheitlich die EFK und nicht das FISP ESTV das Projekt INSIEME prüfen sollte, und dies dem zuständigen Mandatsleiter der EFK mitgeteilt.1628 Diese Rollenteilung zwischen dem FISP ESTV und der EFK schien dem Direktor der EFK (1998­2013) nicht bewusst zu sein. So erwähnte er in seiner Anhörung durch die AGI, dass das FISP ESTV in den Jahren 2008, 2009 und 2010 eigene Prüfungen zu INSIEME inklusive eines Empfehlungscontrollings durchgeführt habe.1629 Faktisch hatte das FISP ESTV in diesen Jahren allerdings nur oberflächliche Kontrollen im Rahmen der Jahresrechnungsprüfungen vorgenommen und dabei die Umsetzung von Empfehlungen nicht geprüft.1630 Auch in der FinDel blieb die Rolle des FISP ESTV im Projekt INSIEME ­ trotz einer schriftlichen Anfrage der FinDel an den Vorsteher des EFD (2004­2010) von 2010 ­ unklar.1631 Einzelne ehemalige Präsidenten der FinDel gingen gar davon aus, dass das FISP ESTV das Projekt noch näher geprüft hatte als die EFK.1632 Nach Ansicht der FK und GPK sprachen gute Gründe für eine klare Rollenteilung zwischen dem FISP ESTV und der EFK: Zum einen verfügte das FISP ESTV im Gegensatz zur EFK über keine speziellen Kenntnisse im Bereich der Prüfung von Informatikprojekten;1633 zum anderen war der Direktor der ESTV (2000­2012) sowohl Projektauftraggeber von INSIEME
als auch der direkte Vorgesetzte des Leiters des FISP ESTV.1634 Diese Konstellation hätte eine umfassende und unabhängige Prüfung von INSIEME durch das FISP ESTV erschwert, zumal das FISP

1624 1625 1626 1627 1628 1629 1630 1631 1632 1633 1634

Kurzbericht des FISP ESTV vom 19. Nov. 2010 und Bericht des FISP ESTV vom 11. Juli 2011 (vgl. Kapitel 4.3.3).

Protokoll der AGI vom 23. Jan. 2014, S. 41 und 46­47 (Leiter FISP ESTV seit 2005).

Protokoll der AGI vom 23. Jan. 2014, S. 49 (Leiter FISP ESTV seit 2005).

Protokoll der AGI vom 23. Jan. 2014, S. 40 und 50 (Leiter FISP ESTV seit 2005).

Protokoll der AGI vom 23. Jan. 2014, S. 40 und 51 (Leiter FISP ESTV seit 2005).

Protokoll der AGI vom 14. Okt. 2013, S. 10 (Direktor EFK 1998­2013).

Protokoll der AGI vom 23. Jan. 2014, S. 41­42 (Direktor EFK 1998­2013); Jahresrechnungsberichte 2008, S. 18­19, 2009, S. 18, und 2010, S. 15, des FISP ESTV.

Vgl. Kapitel 6.4.3.

Protokolle der AGI vom 26. März 2014, S. 36 (Präsident FinDel 2011) und vom 14. März 2014, S. 38 (Präsident FinDel 2004).

Protokoll der AGI vom 23. Jan. 2014, S. 42 (Leiter FISP ESTV seit 2005).

Vgl. Kapitel 4.3.1.1; Art. 11 Abs. 1 FKG (SR 614.0).

6656

ESTV mitunter die Rechtmässigkeit und Wirtschaftlichkeit von Entscheidungen des Vorgesetzten hätte prüfen müssen.1635 Die Geschäftsleitung der ESTV, in der sowohl der Projektauftraggeber als auch der Vorsitzende des LAS bzw. GPA vertreten waren,1636 besass bis Juni 2010 sogar die Kompetenz, das jährliche Prüfprogramm des FISP ESTV zu genehmigen, was eine zusätzliche Hürde für eine unabhängige Prüfung von INSIEME durch das FISP ESTV dargestellt hätte.1637 Die FK und GPK sind der Ansicht, dass eine klare Rollenteilung zwischen den FISP und der EFK, wie sie nach dem Verständnis des FISP ESTV im Projekt INSIEME bestand, sinnvoll ist. Umfassende Prüfungen von Projekten durch die FISP sind nur zweckmässig, wenn die FISP über Spezialkenntnisse im Bereich der Projektprüfungen verfügen und wenn die Empfehlung 5 in Kapitel 4.3.1.1 konsequent umgesetzt wird, wonach die Amtsvorstehenden künftig nicht mehr als Projektauftraggeber einzusetzen sind.1638 Falls diese Voraussetzungen nicht erfüllt sind, ist es nach der Meinung der FK und GPK zweckmässig, wenn sich die FISP primär auf Aspekte der Buchführung, der Kreditkontrolle und des IKS von Projekten im Rahmen der Jahresrechnungsprüfung konzentrieren und die Zuständigkeiten für umfassendere Rechtmässigkeits- und Wirtschaftlichkeitsprüfungen zu Projekten bei der EFK angesiedelt werden. Eine solche Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen der EFK und den FISP sollte fest vereinbart und von der EFK bei der Planung ihrer Prüfungen berücksichtigt werden.

Eine klare Trennung der Zuständigkeiten zwischen den FISP und der EFK in Bezug auf Projektprüfungen erfordert eine verstärkte Koordination bei der Risikobeurteilung. Durch ihre Nähe zu den Verwaltungsstellen können die FISP die Risiken von Projekten mitunter besser bzw. aus einer anderen Perspektive beurteilen als die EFK.

Erkennen die FISP wesentliche Risiken bei Projekten, die sie nicht selber prüfen, sollten sie dies der EFK mitteilen. Die EFK hat diesbezüglich dafür zu sorgen, dass sie zu allen Informationen der FISP gelangt, die für ihre eigenen Risikobeurteilungen von Bedeutung sind.

Weiter haben die Organe der Aufsicht und Oberaufsicht dafür zu sorgen, dass die unterschiedlichen Zuständigkeiten der EFK und der FISP deutlich kommuniziert bzw. ihrerseits klargestellt werden. Insofern ist es zu begrüssen, dass
in der neuen Geschäftsordnung des FISP ESTV vom Juni 2012 die Trennung der Zuständigkeiten in Bezug auf IT-Audits und Management-Audits auf Stufe Geschäftsleitung explizit festgehalten ist.1639

1635 1636 1637

Prüfkriterien des FISP ESTV gemäss Art. 7 GO FISP ESTV vom 8. Okt. 2002.

EFK-Bericht vom Januar 2012, S. 28.

Seit der Inkraftsetzung der neuen GO FISP ESTV vom 1. Juni 2012 hat das FISP ESTV sein jährliches Prüfprogramm der GL ESTV nur noch zur Kenntnis zu bringen (Ziff. 10.1 GO FISP ESTV vom 1. Juni 2012; Art. 5 GO FISP ESTV vom 8. Okt. 2002).

1638 Vgl. Empfehlung 5, Trennung von Stamm- und Projektorganisation (Kapitel 4.3.1.1).

1639 Ziff. 9.1 GO ESTV vom 1. Juni 2012.

6657

6.6.12.2

Koordination durch die EFK und Zusammenarbeit mit dem FISP ESTV

Nach Artikel 11 Absatz 2 FKG hat die EFK für eine Koordination mit den FISP zu sorgen. Die FISP ihrerseits haben der EFK ihre jährlichen Prüfprogramme sowie alle Berichte zur Kenntnis zu bringen und sind dazu verpflichtet, der EFK ohne Verzug alle festgestellten Mängel von grundsätzlicher oder erheblicher finanzieller Bedeutung zu melden.

Im Falle von INSIEME beschränkte sich die Koordination der EFK insbesondere in den zwei letzten Phasen von INSIEME auf die Zustellung der jährlichen Prüfprogramme an das FISP ESTV.1640 Darüber hinaus fand weder eine Koordination in Bezug auf die Risikobeurteilungen noch in Bezug auf die Festlegung von Prüfungsinhalten statt.1641 Auch fand keine aktive Zusammenarbeit und kein aktiver Informationsaustausch bei der Durchführung der Prüfungen der EFK von 2005, 2006, 2008 und 2011 sowie der Prüfungen des FISP ESTV von 2010 und 2011 zu INSIEME statt.1642 Dies ist insofern bemerkenswert, als dass die EFK und das FISP ESTV in einzelnen ihrer Berichte die Prüfungsergebnisse der jeweils anderen Stelle erwähnten.1643 Ebenso spielte das FISP ESTV keine Rolle in Bezug auf die Nachkontrollen zu den Empfehlungen der EFK. Grundsätzlich kam dem FISP ESTV gemäss Abmachung mit der EFK weder die Aufgabe zu, Druck auf die Umsetzung der Empfehlungen auszuüben, noch diese zu kontrollieren.1644 Das FISP ESTV stellte der EFK gemäss Artikel 11 Absatz 2 FKG sämtliche Berichte zur Prüfung der Jahresrechnung der ESTV, alle jährlichen Tätigkeitsberichte sowie seinen Prüfbericht zu INSIEME vom 11. Juli 2011 zu.1645 Trotz der darin enthaltenen Informationen warf der Direktor der EFK (1998­2013) an einer Sitzung der FinDel vom September 2010 anlässlich der Behandlung des Zusatz- und Nachtragskredits zu INSIEME die Frage auf, welche Prüfungen das FISP ESTV zu INSIEME vorgenommen hatte und wie das Gremium eingesetzt werde. Er stellte

1640

1641 1642

1643

1644 1645

Zwischen der ersten (2001 bis August 2007) und den zwei letzten Phasen von INSIEME (September 2007 bis September 2012) kam es zu einem personellen Wechsel bei der Leitung des Prüfbereichs EFD der EFK. Der Leiter des FISP ESTV (seit 2005) beurteilte den Informationsaustausch und die Zusammenarbeit zwischen ihm und dem früheren Leiter des Prüfbereichs EFD der EFK als intensiver (Protokoll der AGI vom 23. Jan. 2014, S. 41, 50 und 59 [Leiter FISP ESTV seit 2005]).

Protokoll der AGI vom 23. Jan. 2014, S. 59 (Leiter FISP ESTV seit 2005).

Der Leiter des FISP ESTV (seit 2005) nahm zwar an allen Schlussbesprechungen der EFK zu den Projektprüfungen von INSIEME teil, übernahm dabei aber nur die Rolle eines passiven Zuhörers (Protokoll der AGI vom 23. Jan. 2014, S. 51­52 und 54 [Leiter FISP ESTV seit 2005]).

Das FISP ESTV erhielt alle vier Berichte der EFK zu INSIEME im Rahmen seiner Teilnahme an den Schlussbesprechungen zu den Projektprüfungen zugestellt (Protokoll der AGI vom 23. Jan. 2014, S. 51­52 [Leiter FISP ESTV seit 2005]; EFK-Bericht vom Januar 2012, S. 17­18; Bericht des FISP ESTV vom 11. Juli 2011, S. 7­8).

Protokoll der AGI vom 23. Jan. 2014, S. 52 (Leiter FISP ESTV seit 2005).

Ob das FISP ESTV der EFK den Kurzbericht zur Prüfung vom 19. Nov. 2010 zugestellt hat, ist nicht bekannt. Die Ergebnisse der Prüfung wurden aber im Jahresbericht 2010 des FISP ESTV ausgewiesen, der auch an die EFK ging (Jahresbericht 2010 des FISP ESTV, S. 13 und 17; Protokoll der AGI vom 23. Jan. 2014, S. 54 [Leiter FISP ESTV seit 2005]).

6658

jedoch nicht in Aussicht, die Frage durch die EFK klären zu lassen, obwohl der EFK gemäss Artikel 11 Absatz 2 FKG eine Koordinationsfunktion zukommt.1646 Zu Meldungen von Mängeln von grundsätzlicher oder erheblicher finanzieller Bedeutung durch das FISP ESTV in Anwendung von Artikel 11 Absatz 2 FKG kam es im Zusammenhang mit INSIEME nicht.1647 Gemäss Auslegung des Leiters des FISP ESTV (seit 2005) sind solche Meldungen insbesondere bei der Feststellung von Betrug oder von dolosen Handlungen,1648 von Mängeln mit einem grossen Einfluss auf die Jahresrechnung der ESTV oder im Falle von falsch ausgewiesenen Zahlen zu erstatten.1649 Die Feststellung des FISP ESTV von Anfang 2011, dass sich die Aufwendungen für INSIEME zwar noch im Rahmen des Budgets, aber nicht im Rahmen des Projektfortschritts bewegten, und dass der Kostenrahmen von 150 Millionen Franken damit kaum noch realistisch war,1650 führte zu keiner unverzüglichen Meldung nach Artikel 11 Absatz 2 FKG. Auf diesen Mangel wies das FISP ESTV einzig in seinem Bericht über die Prüfung der Jahresrechnung 2010 hin.1651 Die FK und GPK sind der Auffassung, dass im Bereich der Koordination und Zusammenarbeit zwischen der EFK und dem FISP ESTV Verbesserungspotenzial besteht: Die Koordination sollte grundsätzlich nicht nur aus der reinen Zustellung der jährlichen Prüfungsplanungen bestehen, sondern die Prüfungsplanungen sollten zwischen dem FISP ESTV und der EFK abgesprochen und die Prüfungsinhalte mit den Risikobeurteilungen des jeweils anderen Organs abgestimmt werden.

Die an der Sitzung der FinDel vom September 2010 aufgeworfene Frage des Direktors der EFK (1998­2013) deutet darauf hin, dass es auf Stufe Direktion der EFK kein gut verankertes Verständnis bezüglich der Koordinationspflichten der EFK gab.

Aufgrund einer Befassung mit der Koordinationsfunktion der EFK sollte die Direktion der EFK Richtlinien schaffen, um zwischen der EFK und den FISP eine wirksame Zusammenarbeit zu erzielen.

Das FKG sieht keine Berichterstattung der FISP an die FinDel und an die Departementsvorstehenden vor.1652 Damit die politischen Verantwortungsträger bei der Feststellung von grundsätzlichen oder erheblichen finanziellen Mängeln seitens der FISP dennoch via EFK informiert werden können, ist es notwendig, dass die FISP ihre Meldepflichten gemäss Artikel 11 Absatz 2
FKG konsequent wahrnehmen.

Die EFK hat sicherzustellen, dass Artikel 11 Absatz 2 FKG von allen FISP der zentralen und dezentralen Bundesverwaltung einheitlich ausgelegt wird und grundsätzlich den Anwendungskriterien von Artikel 15 Absatz 3 FKG entspricht. Der Faktor Dringlichkeit soll im Zusammenhang mit der Anwendung von Artikel 11 Absatz 2 FKG generell nicht von Bedeutung sein, so wie das die FK und GPK auch im Zusammenhang mit Artikel 15 Absatz 3 FKG anregen (vgl. Kapitel 6.6.6).

1646 1647 1648 1649 1650 1651 1652

Die Frage wurde schliesslich von der FinDel mit einem Schreiben vom 11. Okt. 2010 an den Vorsteher des EFD (2004­2010) gerichtet (vgl. Kapitel 6.4.3).

Protokolle der AGI vom 14. Okt. 2013, S. 48 (Vizedirektor EFK 2000­2013) und vom 23. Jan. 2014, S. 55 (Leiter FISP ESTV seit 2005).

Dolose Handlungen: Bilanzmanipulationen, Untreue, Unterschlagung und alle anderen zum Schaden einer Organisation vorsätzlich durchgeführten Handlungen.

Protokoll der AGI vom 23. Jan. 2014, S. 54 (Leiter FISP ESTV seit 2005).

Jahresrechnungsbericht 2010 des FISP ESTV, S. 15.

Protokoll der AGI vom 23. Jan. 2014, S. 55 (Leiter FISP ESTV seit 2005).

Art. 11 Abs. 2 FKG (SR 614.0).

6659

6.6.13

Anlaufstelle Whistleblowing der EFK

Die EFK ist seit dem Inkrafttreten des Artikels 22a BPG am 1. Januar 2011 die offizielle Anlaufstelle der Bundesverwaltung für das Whistleblowing.1653 In dieser Funktion nimmt sie pro Jahr 50­100 Meldungen von Bundesangestellten, Privaten oder anonymen Hinweisgebern entgegen, wovon rund ein Dutzend gravierende Sachverhalte betreffen.1654 Beim überwiegenden Teil der Meldungen an die EFK handelt es sich um Hinweise zu Unregelmässigkeiten gemäss Artikel 22a Absatz 4 BPG.1655 Da die EFK keine Strafverfolgungsbehörde ist, werden gemäss Antwort des Bundesrats vom 29. August 2012 auf die Interpellation Reimann vom 12. Juni 2012 von Amtes wegen zu verfolgende Verbrechen oder Vergehen gemäss Artikel 22a Absatz 1 BGP äusserst selten bei ihr angezeigt.1656 Im Zusammenhang mit INSIEME ging bei der EFK am 16. März 2011 eine Meldung zu Auffälligkeiten bei der Anstellung von externen Mitarbeitenden über Personalvermittlungsfirmen ein.1657 Die EFK prüfte diese Meldung im Rahmen ihrer Projektprüfung vom November und Dezember 2011.1658 Zusätzliche, detaillierte Angaben erhielt sie am 8. Dezember 2011. Schliesslich erstattete sie am 25. Januar 2012 bei der Bundesanwaltschaft eine Anzeige gegen Unbekannt wegen Verdachts auf ungetreue Amts- und Geschäftsführung sowie auf Korruption.1659 Nebst der Meldung vom 16. März 2011 zuhanden der EFK erhielt auch die FinDel einen Hinweis zu INSIEME: Am 18. Juni 2012, als die Ergebnisse der Administrativuntersuchung des EFD bereits vorlagen, wurde ein anonymes Schreiben zum «INISEME-Debakel» an den Präsidenten der FinDel (2012) gerichtet. An der darauffolgenden Sitzung der FinDel von Ende Juni 2012 äusserte dieser die Meinung, dass anonyme Meldungen grundsätzlich nicht gefördert werden sollten, wies aber auch darauf hin, dass die FinDel entsprechende Hinweise an die EFK weiterleiten könne.1660 Vor dem Hintergrund der mit INSIEME gemachten Erfahrung erachten es die FK und GPK als positiv, dass mit der EFK eine externe Anlaufstelle für Meldungen von Unregelmässigkeiten besteht. Grundsätzlich ist es zweckmässig, die Anlaufstelle bei einer unabhängigen Stelle mit eigenen Prüfungsbefugnissen anzusiedeln. Die EFK ist in der Lage, eingegangene Meldungen im Rahmen ihrer Prüfungstätigkeit diskret 1653

1654

1655 1656 1657 1658 1659 1660

Bereits vor dem 1. Jan. 2011 führte die EFK eine Anlaufstelle für die Meldung von Unregelmässigkeiten im Sinne einer Whistleblowing-Hotline (Antwort des Bundesrats vom 29. Aug. 2012 auf die Ip. Reimann «Meldestelle bei Korruptionsverdacht» vom 12. Juni 2012 (12.3472).

Antwort des Bundesrats vom 29. Aug. 2012 auf die Ip. Reimann «Meldestelle bei Korruptionsverdacht» vom 12. Juni 2012 (12.3472); Artikel der NZZ vom 3. Jan. 2014: «Der scheidende Direktor der Finanzkontrolle zieht Bilanz».

Vgl. Kapitel 6.2.9.

Antwort des Bundesrats vom 29. Aug. 2012 auf die Ip. Reimann «Meldestelle bei Korruptionsverdacht» vom 12. Juni 2012 (12.3472).

Schreiben der EFK an die AGI vom 31. Okt. 2013, S. 1.

EFK-Bericht vom Januar 2012, S. 16 (Ziff. 4.3, Mehrkosten durch Drittfirmen zur Personalbeschaffung).

Schreiben der EFK an die AGI vom 31. Okt. 2013, S. 1; Strafanzeige der EFK vom 25. Jan. 2012.

Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 25./26. Juni 2012, S. 10 (Präsident FinDel 2012).

6660

und vor Ort abzuklären und gegebenenfalls geeignete Massnahmen zu treffen.1661 Darüber hinaus ist es sinnvoll, wenn die EFK die so erhaltenen Informationen in ihre Risikobeurteilung zur Ausübung der Finanzaufsicht einfliessen lässt.

Aufsichts- und Oberaufsichtsorgane, die Hinweise zu Unregelmässigkeiten erhalten und im Anschluss an eine formelle Prüfung nicht darauf eintreten, sollten die hinweisgebende Person gegebenenfalls über die Anlaufstelle der EFK orientieren. Bei anonymen Hinweisen haben die Aufsichts- und Oberaufsichtsorgane situativ zu beurteilen, ob sie eine Mitteilung an die EFK als zweckmässig erachten.1662

6.7

Motion betreffend die Aufsicht durch die EFK: Änderung des Finanzkontrollgesetzes

Motion 1: Aufsicht durch die Eidgenössische Finanzkontrolle ­ Änderung des FKG Der Bundesrat wird beauftragt, der Bundesversammlung einen Revisionsentwurf zum FKG vorzulegen, wonach: ­

die EFK den Departementsvorstehenden anstelle der Zusammenfassungen zukünftig ihre vollständigen Prüfberichte zustellt. Der Versand hat gleichzeitig mit der Zustellung der Prüfberichte an die geprüften Stellen zu erfolgen (Streichung des dritten Satzes von Art. 14 Abs. 1 FKG sowie Ergänzung von Art. 12 Abs. 1 FKG);1663

­

die EFK festgestellte wesentliche Mängel in der Geschäftsführung den GPK bzw. der GPDel im direkten Verkehr zur Kenntnis bringen muss. Die entsprechende Information an die GPK bzw. GPDel hat gleichzeitig mit der Berichterstattung an die FinDel zu erfolgen;1664

­

die EFK Sonderaufträge ablehnen kann, welche die Unabhängigkeit und Unvoreingenommenheit ihrer künftigen Prüftätigkeit gefährden. Die Annahme oder die Ablehnung von Sonderaufträgen soll im Schriftverkehr mit der auftragserteilenden Stelle und unter Angabe der Gründe für eine allfällige Ablehnung erfolgen (Ergänzung von Art. 1 Abs. 2 FKG);1665

1661

Geeignete Massnahmen sind z. B. die Einreichung einer Strafanzeige oder die Formulierung einer Empfehlung betreffend die Einleitung einer Administrativuntersuchung, eine Meldung an den betroffenen Departementsvorsteher und die FinDel (Art. 15 Abs. 3 FKG), eine Meldung an die betroffenen Querschnittsämter oder -organe in Kombination mit der Einforderung eines Berichts über die getroffenen Massnahmen (Art. 13 Abs. 2 FKG), die Berichterstattung an die FinDel und an den betroffenen Departementsvorstehenden (Art. 14 Abs. 1 FKG) oder die direkte Rücksprache mit den betroffenen Verwaltungseinheiten (Art. 15 Abs. 1 FKG; SR 614.0).

Die GPK, GPDel, FK und FinDel treten gemäss konstanter Praxis nicht auf anonyme Eingaben ein.

Vgl. Kapitel 4.4.2.5 und 6.6.5.

Vgl. Kapitel 6.6.2.1.

Vgl. Kapitel 6.6.2.2.

1662 1663 1664 1665

6661

­

die EFK alle betroffenen Querschnittsämter und -organe über wahrgenommene Mängel in der Organisation, Verwaltungsführung oder Aufgabenerfüllung unterrichten muss (Änderung von Art. 13 Abs. 2 FKG);1666

­

die Verwaltungseinheiten der EFK jährlich sowie unmittelbar nach Ablauf der Umsetzungsfristen den Stand ihrer wichtigen Umsetzungspendenzen («Revisionspendenzen») ­ d. h. der offenen Empfehlungen der höchsten Wichtigkeitsstufe ­ mitteilen müssen. In der französischen Version des FKG ist der Begriff «révisions en suspens» in Artikel 14 Absatz 3 und 4 FKG anzupassen;1667

­

die EFK an die nächsthöhere Aufsichtsinstanz (Departementsvorsteher ­ Bundesrat) eskalieren muss, wenn sie feststellt, dass wichtige Umsetzungspendenzen («Revisionspendenzen») ­ d. h. offene Empfehlungen der höchsten Wichtigkeitsstufe ­ nicht innert Frist beseitigt werden. Nach erfolgter Eskalation ist die oder der betroffene Departementsvorstehende für die Mitteilungen zum Stand der Umsetzungspendenzen («Revisionspendenzen») an die EFK zuständig;1668

­

die EFK zukünftig nicht mehr befugt ist, Beurteilungen der FinDel zu den Prüfberichten der EFK zu veröffentlichen (Anpassung des letzten Satzes von Art. 14 Abs. 2 FKG).1669

7

Parlamentarische Oberaufsicht

Im Rahmen dieser Untersuchung befassten sich die FK und GPK auch mit der Funktion und Rolle der parlamentarischen Oberaufsichtsorgane im Projekt INSIEME. Sie verzichteten dabei darauf, Empfehlungen an sich selbst zu formulieren. Die Oberaufsichtskommissionen werden sich aber selbstverständlich mit den nachfolgenden, sie betreffenden Feststellungen und Schlussfolgerungen befassen, die identifizierten Probleme und Schwachstellen angehen und gegebenenfalls entsprechende Massnahmen ergreifen.

7.1

Rechtsgrundlagen, Aufgabenteilung und Rahmenbedingungen

7.1.1

Parlamentarische Oberaufsicht und Finanzkompetenzen der Bundesversammlung

Die parlamentarische Oberaufsicht hat zwei wesentliche Funktionen: Einerseits zwingt sie die Regierung zur Rechenschaftsablage; andererseits soll sie dazu dienen, das Vertrauen in die Regierung und die Verwaltung zu erhalten und zu stärken.

1666 1667 1668 1669

Vgl. Kapitel 6.6.7.2.

Vgl. Kapitel 6.6.9.1 und 6.6.10.

Vgl. Kapitel 6.6.10.

Vgl. Kapitel 7.2.2.5.

6662

Die verfassungsrechtliche Grundlage für die parlamentarische Oberaufsicht findet sich in Artikel 169 Absatz 1 BV. Danach übt die Bundesversammlung die Oberaufsicht über den Bundesrat und die Bundesverwaltung, die eidgenössischen Gerichte und die anderen Träger von Aufgaben des Bundes aus.

In Artikel 26 ParlG wird diese Aufgabe der Bundesversammlung zweigeteilt in die Oberaufsicht über die Geschäftsführung (Abs. 1) und diejenige über den Finanzhaushalt (Abs. 2). Bei der Oberaufsicht über die Geschäftsführung steht die Prüfung von Abläufen, Verfahren, generellen Zuständigkeiten oder organisatorischen Massnahmen im Zusammenhang mit den Grundsätzen der Verwaltungstätigkeit, der Verwaltungsführung, der stufengerechten Zuordnung von Zuständigkeiten (Art. 11­13 RVOV) oder des Nachweises des Verwaltungshandelns (Art. 22 RVOV) im Vordergrund.

Bei der Oberaufsicht über den Finanzhaushalt geht es um die Prüfung, ob die Staatsrechnung, die Gesamtsteuerung des Bundeshaushalts, die finanzielle Führung auf Verwaltungsebene und die Rechnungslegung den finanzhaushaltrechtlichen Grundlagen entsprechen.

Die Bundesversammlung verfügt mit der Beschlussfassung über die Ausgaben des Bundes, der Festsetzung des Voranschlags und der Abnahme der Staatsrechnung (Art. 167 BV) aber über Finanzkompetenzen, die nicht nur Ausfluss der parlamentarischen Oberaufsicht über den Finanzhaushalt sind, sondern darüber hinaus reichen.

Damit tritt «im Bereich der Kontrolle des staatlichen Finanzgebarens [...] die verfassungsmässige Unterscheidung zwischen Oberaufsicht (Parlament) und Aufsicht (Bundesrat) in den Hintergrund»1670. Die eigentliche Haushaltsführung und der Haushaltsvollzug als Teil der Verwaltungsführung sind aber klar Aufgaben des Bundesrats und der Bundesverwaltung (Art. 183 Abs. 2 BV). Dazu gehört die Erstellung von Budget und Rechnung (Art. 183 Abs. 1 BV), und sie sind auch verantwortlich für die Ermittlung des Finanzbedarfs (Art. 22 Abs. 2 FHG1671).

Zum einen bedarf jede vom Bundesrat getätigte Ausgabe einer Ausgabenermächtigung der Bundesversammlung.1672 Damit die Bundesversammlung aber Ausgaben bewilligen darf, müssen diese von der Rechtsordnung vorgesehen sein. Diesbezüglich fungiert die Bundesversammlung als Oberaufsichtsinstanz, indem sie über1670

Bericht des Bundesrats über die Aufsicht bei ausgelagerten Verwaltungsbereichen und rechtlich verselbständigten Betrieben (zitiert nach: Jahresbericht 1997 der FinDel an die FK [BBl 1998 III 3100, hier 3107]).

1671 Das Bundesgesetz über den eidgenössichen Finanzhaushalt vom 7. Okt. 2005 (Finanzhaushaltgesetz, FHG; SR 611.0) trat am 1. Mai 2006 in Kraft und löste damit das Finanzhaushaltgesetz vom 6. Okt. 1989 ab (AS 1990 985, 1995 836, 1996 3042, 1997 2022 2465, 1998 1202 2847, 1999 3131, 2000 273, 2001 707, 2002 2471, 2003 535 3543 4265 5191, 2004 1633 1985 2143). Nachfolgend wird auf die geltende Regelung Bezug genommen, sofern nicht die altrechtliche Regelung Geltung beansprucht. Diesfalls wird explizit darauf verwiesen.

1672 Bei Dringlichkeit kann die FinDel die Ermächtigung erteilen. Die Bundesversammlung hat aber ein nachträgliches Genehmigungsrecht. Vgl. Art. 28 und 34 FHG, in Kraft seit 1. Mai 2011 (AS 2011 1381, hier 1383). Nach früherer Regelung bestand eine vorgängige Bewilligungspflicht nur in denjenigen Fällen, in denen dies möglich war (sog. Nachtragskredit mit dringlichen Vorschuss gemäss Art. 34 Abs. 1 letzter Satz Bundesgesetz vom 7. Okt. 2005 über den eidgnössischen Finanzhaushalt [Finanzhaushaltgesetz, FHG] in der Fassung vom 7. Okt. 2005 [AS 2006 1275, hier 1284]). Dieses gesetzliche Finanznotrecht wurde im Rahmen der Totalrevision des FHG abgeschafft. Ohne Zustimmung des Parlaments (eidgenössische Räte oder FinDel) kann der Bundesrat keine Ausgaben mehr beschliessen.

6663

wacht, dass der Bundesrat die gesetzlich vorgesehenen Ausgaben auch tatsächlich in den Voranschlag einstellt (wobei er die Einnahmen und die Ausgaben möglichst genau zu schätzen hat; vgl. Art. 21 FHV).

Zum anderen hat der Bundesrat im Rahmen des Haushaltsvollzugs für einen wirksamen und wirtschaftlichen Einsatz der Mittel zu sorgen (Art. 12 Abs. 4 FHG).1673 Dazu gehört auch, dass ein vom Parlament beschlossener Kredit nur für den Zweck verwendet wird, der bei seiner Bewilligung festgelegt worden ist (sogenannte Spezifikation, vgl. Art. 31 FHG i.V.m. Art. 19 Abs. 1 Bst. d FHV). Ob sich der Bundesrat daran und an die weiteren Vorgaben hält, überprüft die Bundesversammlung unter anderem im Rahmen der Genehmigung der Staatsrechnung und damit in Ausübung der parlamentarischen Finanzoberaufsicht. Die Staatsrechnung stellt denn auch den finanziellen Teil der Rechenschaftsablage des Bundesrats gegenüber der Bundesversammlung dar. Insofern lässt sich die Finanzoberaufsicht von den übrigen Kompetenzen im Finanzhaushalt unterscheiden.

7.1.2

Organe der parlamentarischen Oberaufsicht

Die Oberaufsicht über den Finanzhaushalt im Sinne einer vorgängigen (Finanzplan, Voranschlag) sowie nachträglichen (Staatsrechnung) Kontrolle üben die FK beider Räte aus (Art. 50 i.V.m. Art. 26 Absatz 2 und Art. 142 Abs. 1 ParlG1674). Die FinDel ihrerseits ist ein gemeinsamer ständiger Ausschuss der FK, dem die nähere Prüfung und Überwachung des gesamten Finanzhaushalts im Sinne der mitschreitenden1675 Finanzoberaufsicht obliegt (Art. 51 Abs. 2 ParlG).1676 Ihre innere Organisation haben die FK in ihren Handlungsgrundsätzen festgelegt.1677 Zur Vorbereitung der Geschäfte (insb. Staatsrechnung, Budget, Nachträge) haben die FK ständige Subkommissionen eingerichtet.1678 Zudem arbeiten die FK mit einem Referentensystem.1679

1673

1674

1675 1676 1677 1678

1679

Die Forderung nach einem wirksamen Einsatz der Mittel wurde erst im Rahmen der Totalrevision des FHG gesetzlich verankert. Diejenige nach einer sparsamen und wirtschaftlichen Verwendung war schon Teil des FHG von 1989. Siehe dazu Botschaft vom 24. Nov. 2004 zur Totalrevision des Bundesgesetzes über den eidgenössischen Finanzhaushalt (BBl 2005 5, hier 54).

Das Bundesgesetz über die Bundesversammlung vom 13. Dez. 2002 (Parlamentsgesetz, ParlG; SR 171.10) trat am 1. Dez. 2003 in Kraft und löste damit das Geschäftsverkehrsgesetz vom 23. März 1962 ab (AS 1962 773, 1966 1325, 1970 1253, 1972 241 1486, 1974 1051, 1978 688, 1979 114 679 1318, 1984 768, 1985 452, 1986 1712, 1989 257 260, 1990 1530 1642, 1991 857, 1992 641 2344, 1994 360 2147, 1995 4840, 1996 1725 2868, 1997 753 760 2022, 1998 646 1418 2847, 1999 468, 2000 273 2093). Nachfolgend wird auf die aktuelle Regelung Bezug genommen, sofern nicht die altrechtliche Regelung Geltung beansprucht. Diesfalls wird explizit darauf verwiesen.

Parlamentarische Initiative Parlamentsgesetz (PG). Bericht der Staatspolitischen Kommission des Nationalrates vom 1. März 2001 (BBl 2001 3467, hier 3556).

Die FinDel hat aber auch spezifische Kompetenzen, vgl. dazu die Handlungsgrundsätze der FinDel.

Handlungsgrundsätze der FK vom 11. Okt. 2011 bzw. vom 25. Nov. 2011.

Für das EFD und seine Ämter war bei der FK-N bis zum Legislaturwechsel 2011 die Subkommission 6 (FK-N6) zuständig, seither ist es die Subkommission 1 (FK-N1). Bei der FK-S war es stets die Subkommission 1 (FK-S1). Vgl. Ziff. 1.4 Handlungsgrundsätze der FK.

Ziff. 2.2 Handlungsgrundsätze der FK.

6664

Auch die FinDel hat ihre Organisation in Handlungsgrundsätzen festgelegt und dabei ein Referentensystem vorgesehen. In Bezug auf einzelne Tätigkeiten arbeitet auch die FinDel mit Subdelegationen, die aus zwei Mitgliedern der FinDel bestehen.1680 Sowohl der FinDel als auch den FK steht das Sekretariat der Parlamentarischen Aufsicht über Finanzen und Alptransit (SPFA) in wissenschaftlicher und administrativer Hinsicht1681 bzw. sowohl fachlich als auch organisatorisch1682 unterstützend zur Seite.

Die Oberaufsicht über die Geschäftsführung üben die GPK aus (Art. 52 ParlG).1683 Auch bei den GPK ist jede Kommission in ständige Subkommissionen unterteilt,1684 welche im Auftrag der Plenarkommissionen die eigentliche Untersuchungsarbeit leisten.1685 Auch die GPK haben Handlungsgrundsätze erlassen. Darin haben sie ihren Auftrag und ihre Ziele sowie die Vorgehensgrundsätze und Mittel konkretisiert.1686 Die GPK werden ebenfalls von einem Fachsekretariat unterstützt.1687

7.1.3

Mittel und Instrumente der parlamentarischen Oberaufsicht

Die GPK erfüllen ihre Aufgaben, indem sie Inspektionen, Evaluationen, Nachkontrollen und Dienststellenbesuche sowie weitere Untersuchungen durchführen, die Geschäftsberichte der Bundesbehörden prüfen1688 und Aufsichtseingaben behandeln1689.

Die FK nehmen ihre Oberaufsichtsfunktion war, indem sie den Voranschlag und dessen Nachträge sowie die Staatsrechnung vorberaten,1690 Informationssitzungen und -besuche durchführen1691 sowie Aufsichtseingaben behandeln1692. Die FinDel berät als Oberaufsichtsorgan dringliche Kreditgeschäfte und führt ebenfalls Anhörungen1693 und Besuche bei der Bundesverwaltung1694 durch. Darüber hinaus kommt der FinDel eine besondere Rolle in Bezug auf personalrechtliche Massnahmen, insbensondere beim obersten Kader, zu.1695 1680 1681 1682 1683

1684 1685 1686 1687 1688 1689 1690 1691 1692 1693 1694 1695

Ziff. 1.3 Handlungsgrundsätze der FinDel vom 29. Juni 2009.

Ziff. 7 Handlungsgrundsätze der FK vom 11. Okt. 2011 bzw. vom 25. Nov. 2011.

Ziff. 7 Handlungsgrundsätze der FinDel.

Für die Oberaufsicht über die Geschäftsführung des Staatsschutzes und der Nachrichtendienste wählen die GPK zudem aus ihrer Mitte je drei Mitglieder in die GPDel (Art. 53 ParlG). Aufgrund ihres Auftrags spielte diese aber in Bezug auf INSIEME keine Rolle.

Für das EFD waren stets die Subkommissionen EFD/EVD zuständig. Seit der Reorganisation der Departmente per 1. Jan. 2013 heissen die Subkommissionen EFD/WBF.

Jahresbericht 2013 der Geschäftsprüfungskommissionen und der Geschäftsprüfungsdelegation der eidgenössischen Räte vom 31. Jan. 2014 (BBl 2014 4963, hier 4981).

Handlungsgrundsätze der GPK vom 29. Aug. 2003 bzw. vom 4. Sept. 2003.

Handlungsgrundsätze der GPK.

Handlungsgrundsätze der GPK.

Art. 129 ParlG (SR 171.10).

Art. 183 Abs. 1 BV (SR 101), Art. 50 Abs. 1 und Art. 142 Abs. 1 ParlG (SR 171.10).

Ziff. 1.5 und 4.2 Handlungsgrundsätze der FK.

Art. 129 ParlG (SR 171.10).

Ziff. 4.2 Handlungsgrundsätze der FinDel.

Ziff. 4.3 Handlungsgrundsätze der FinDel.

Vereinbarung von 2009 zwischen der Finanzdelegation und dem Bundesrat betreffend die Aufsicht in personalrechtlichen Angelegenheiten vom 19. Nov. 2009 (abrufbar auf der Webseite der FinDel; zurzeit in Revision).

6665

Zur Wahrnehmung ihrer Aufgabe verfügen die FK und die GPK über dieselben, weitgehenden Informationsrechte (vgl. Art. 153 ParlG). In diesem Rahmen sind Personen, die im Dienst des Bundes stehen (oder standen1696), verpflichtet, vollständig und wahrheitsgemäss Auskunft zu erteilen sowie alle zweckdienlichen Unterlagen zu nennen (Art. 156 Abs. 1 ParlG). Die Informationsrechte der beiden Delegationen ­ FinDel und GPDel ­ gehen noch weiter: Ihnen können keine Informationen vorenthalten werden (Art. 169 Abs. 2 BV, vgl. auch Art. 154 ParlG); zudem können sie Personen als Zeuginnen oder Zeugen einvernehmen (Art. 154 Abs. 2 Bst. b).1697 Zur Prüfung des Finanzhaushalts steht der Bundesversammlung ­ gleichermassen wie dem Bundesrat (Art. 1 Abs. 1 FKG) ­ die EFK als Fachorgan der Finanzkontrolle zur Verfügung.1698 Die direkte Zusammenarbeit findet zwischen der FinDel und der EFK statt.1699 Das SPFA sorgt für die Verbindung zwischen FK und FinDel einerseits sowie zur EFK andererseits (Art. 18 FKG), weshalb ihm eine wichtige Schnittstellenfunktion zukommt. Sowohl die FinDel1700 als auch die FK1701 können zudem zur Erfüllung ihrer Aufgaben auf Sachverständige zurückgreifen.

Den GPK steht mit der Parlamentarischen Verwaltungskontrolle (PVK) ein ständiges und in ihrer Expertise unabhängiges Kompetenzzentrum für Evaluationen zur Seite.1702 Im Rahmen ihrer Aufgaben und den zur Verfügung stehenden Mitteln steht es den GPK frei, darüber hinaus externe Expertinnen und Experten beizuziehen (Art. 45 Abs. 1 Bst. b ParlG).1703 Die Oberaufsichtskommissionen und -delegationen sind zudem ­ wie alle anderen Kommissionen der eidgenössischen Räte ­, insbesondere zur Vorbereitung der weiteren Behandlungen des entsprechenden Beratungsgegenstandes, zur Protokollierung ihrer Sitzungen verpflichtet (vgl. Art. 4 Abs. 1 ParlVV).1704 Dabei haben sie im Hinblick auf die Archivierung für die Nachvollziehbarkeit ihrer Tätigkeiten zu sorgen (vgl. Art. 3 Abs. 1 VBGA).

1696 1697 1698

1699 1700

1701 1702

1703 1704

Art. 153 Abs. 2 ParlG (SR 171.10).

Vgl. dazu auch Art. 155 ParlG (SR 171.10).

Bericht des Bundesrats über die Aufsicht bei ausgelagerten Verwaltungsbereichen und rechtlich verselbständigten Betrieben (zitiert nach: Jahresbericht 1997 der FinDel an die FK [BBl 1998 III 3100, hier 3107]). Zur EFK siehe Kapitel 6.

So gehen sämtliche Berichte der EFK inkl. der zugehörigen Akten und der Stellungnahme der geprüften Verwaltungseinheit an die FinDel (Art. 14 Abs. 1 FKG).

Ziff. 4.2 Handlungsgrundsätze der FinDel vom 29. Juni 2009. Vgl. auch Art. 13 Abs. 2 des Reglements für die Finanzkommissionen und die Finanzdelegation der eidgenössischen Räte vom 8. Nov. 1985 (AS 1986 116), welches mit Wirkung ab dem 1. Jan. 2012 aufgehoben wurde (AS 2011 5859, hier 5861).

Art. 45 Abs. 1 Bst. b ParlG (SR 171.10).

Art. 10 der Parlamentsverwaltungsverordnung (ParlVV) vom 3. Okt. 2003 (SR 171.115).

Die PVK überprüft auch auf Antrag aller anderen Kommissionen die Wirksamkeit von Massnahmen des Bundes. Über die Annahme eines Antrags entscheiden jedoch die GPK.

Die PVK verfügt über einen eigenen Expertenkredit (Art. 10 Abs. 4 ParlVV).

Für die Erstellung der Protokolle sind die jeweiligen Sekretariate zuständig (Art. 6 Bst. e der Geschäftsordnung der Parlamentsdienste [GOPD] vom 16. Mai 2014). Ebenso bereits Art. 5 Abs. 2 Bst. g und Art. 6 Abs. 2 Bst. g GOPD vom 3. Nov. 2003 i.V.m. Art. 64 Abs. 2 Bst. b ParlG (SR 171.10).

6666

7.1.4

Kriterien der parlamentarischen Oberaufsicht

Gemäss Artikel 26 Absatz 3 ParlG übt die Bundesversammlung die Oberaufsicht nach den Kriterien der Rechtmässigkeit, Ordnungsmässigkeit, Zweckmässigkeit, Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit aus. Das heisst, sie überprüft in Anwendung der dargelegten Instrumente, ob das Verwaltungshandeln den Maximen dieser Kriterien entspricht.

Bei der Rechtmässigkeitsprüfung (Art. 26 Abs. 3 Bst. a ParlG) wird untersucht, ob sich die beaufsichtigten Stellen und Organe an die Verfassung, Gesetze und andere Erlasse der Bundesversammlung halten. Die Prüfung der Ordnungsmässigkeit (Bst. b) betrifft insbesondere die Vollständigkeit, die rechnerische Richtigkeit und nicht zuletzt auch die Nachprüfbarkeit einer Finanzrechnung bzw. des Bundeshaushalts. Über eine Prüfung, ob die gewählten Massnahmen den gesetzten Zielen entsprechen, wird das Kriterium der Zweckmässigkeit (Bst. c) untersucht. Die Wirksamkeit beurteilt sich anhand der «Wirkungen, welche bestimmte Massnahmen in Gesellschaft und Wirtschaft erzielen»1705 (Bst. d). Mit der Wirtschaftlichkeitsprüfung (Bst. e) wird untersucht, ob der Einsatz der Mittel im richtigen Verhältnis zum Ergebnis steht bzw. ob die Kosten einer Massnahme und der damit erzielte Nutzen in einem günstigen Verhältnis zueinander stehen und ob die finanziellen Aufwendungen letztlich die erwartete Wirkung haben (Art. 5 FKG).1706 Dementsprechend legen die GPK den Schwerpunkt ihrer Tätigkeit auf die Kriterien der Rechtmässigkeit, der Zweckmässigkeit und der Wirksamkeit (Art. 52 Abs. 2 ParlG), wogegen bei der FK zwar alle Kriterien zur Anwendung gelangen, die Ordnungsmässigkeit und die Effizienz (Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit) als Prüfungskriterien aber im Zentrum stehen.1707

7.1.5

Feststellungen und Empfehlungen

Beide Kommissionen verfügen weitgehend über die gleichen Möglichkeiten, um ihren Erkenntnissen Nachdruck zu verleihen. So können sie (ebenso wie die Delegationen) Empfehlungen an die verantwortliche Behörde1708 richten, wobei diese in der Regel veröffentlicht werden. Die Empfehlungen entfalten keine Rechtswirkung.

Ein Abweichen von den Einschätzungen der Oberaufsichtsorgane ist allerdings durch die verantwortliche Behörde zu begründen (Art. 158 ParlG). Weiter können die Kommissionen parlamentarische Vorstösse oder Initiativen einreichen (vgl.

Art. 45 Abs. 1 Bst. a ParlG). Zudem haben sie der Bundesversammlung jährlich über die Hauptergebnisse ihrer Tätigkeit zu berichten (Art. 55 ParlG).1709 Wie alle ande1705 1706

1707 1708

1709

Parlamentarische Initiative Parlamentsgesetz (PG). Bericht der Staatspolitischen Kommission des Nationalrates vom 1. März 2001 (BBl 2001 3467, hier 3539).

Zur Konkretisierung von Art. 26 Abs. 3 Bst. e ParlG (SR 171.10) durch Art. 5 FKG (SR 614.0) siehe Parlamentarische Initiative Parlamentsgesetz (PG). Bericht der Staatspolitischen Kommission des Nationalrates vom 1. März 2001 (BBl 2001 3467, hier 3539).

Parlamentarische Initiative Parlamentsgesetz (PG). Bericht der Staatspolitischen Kommission des Nationalrates vom 1. März 2001 (BBl 2001 3467, hier 3556).

Dabei handelt es sich bezüglich der zentralen Bundesverwaltung und der verselbständigten Einheiten ohne besondere Unabhängigkeit stets um den Bundesrat als oberste leitende und vollziehende Behörde (Art. 174 BV und Art. 187 Abs. 1 Bst. a BV).

Die GPK berichten schriftlich in ihrem Jahresbericht, der in den Räten behandelt wird, die FK im Rahmen der Beratungen der Staatsrechnung in den Räten.

6667

ren Kommissionen informieren auch die Oberaufsichtskommissionen die Öffentlichkeit über ihre Tätigkeiten (Art. 48 ParlG).1710 Die Möglichkeit, einen Sachverhalt öffentlich bekanntzugeben, stellt für die GPK denn auch das durchschlagskräftigste Instrument dar. In der Praxis werden deshalb alle Feststellungen der GPK veröffentlicht, sofern keine schutzwürdigen Interessen entgegenstehen (Art. 158 Abs. 3 ParlG).1711 Die FK besitzen zusätzlich zur öffentlichen Bekanntgabe eines Sachverhalts die Möglichkeit, den eidgenössischen Räten über die Vorberatung des Voranschlags unmittelbar Budgetkürzungen zu beantragen (Art. 44 Abs. 2 ParlG). Die FinDel ihrerseits informiert die Öffentlichkeit nach Bedarf.1712

7.1.6

Koordination der verschiedenen Oberaufsichtsorgane der Bundesversammlung

Die beiden Bereiche der parlamentarischen Oberaufsicht lassen sich in der Praxis nicht immer klar trennen: Die Art und Weise der Geschäftsführung hat (in aller Regel) auch finanzielle Auswirkungen. Letzlich hat staatliches Handeln nahezu ausnahmslos einen Bezug zum Finanzhaushalt, und Probleme im Bereich der Finanzaufsicht haben ihre Ursache oft in der Geschäftsführung.

Artikel 49 ParlG verlangt, dass die Oberaufsichtskommissionen und -delegationen ihre Tätigkeiten regelmässig koordinieren (Abs. 1).1713 Auch können gemeinsame Sitzungen durchgeführt (Abs. 2 und 3) und gemeinsame Arbeitsgruppen gebildet werden.1714 Erhalten die GPK Hinweise, die für die Aufgabenwahrnehmung der Organe der Finanzaufsicht von Bedeutung sind, so leiten sie diese unverzüglich an

1710

1711 1712 1713

1714

Die Delegationen der Aufsichtskommissionen haben bezüglich der Einreichung von parlamentarischen Vorstössen oder Initiativen ­ ähnlich den Subkommissionen (vgl.

Art. 45 Abs. 2 ParlG) ­ den Stammkommissionen Antrag zu stellen (Art. 51 Abs. 4 und Art. 53 Abs. 4 ParlG).

Handlungsgrundsätze der GPK.

Ziff. 6.3 Handlungsgrundsätze der FinDel.

Nachdem während der Vorarbeiten zum ParlG der Zusammenschluss von GPK und FK zu einer einzigen Aufsichtskommission diskutiert, letztlich aber verworfen wurde, wurde mit Wirkung ab dem 2. März 2009 auch die mit der Verabschiedung des ParlG geschaffene, besondere Koordinationsregelung in altArt. 54 ParlG (siehe unten, AS 2003 3543, hier 3558) wieder aufgehoben (AS 2009 725, hier 726). Detaillierte Ausführungen dazu in Parlamentarische Initiative Parlamentsgesetz (PG). Bericht der Staatspolitischen Kommission des Nationalrates vom 1. März 2001 (BBl 2001 3467, hier 3553).

Art. 54 ParlG (aufgehoben per 2. März 2009): «Konferenz der Präsidien der Aufsichtskommissionen und -delegationen 1 Die Präsidien der Finanz- und der Geschäftsprüfungskommissionen (Aufsichtskommissionen) und ihrer Delegationen (Aufsichtsdelegationen) bilden die Konferenz der Präsidien der Aufsichtskommissionen und -delegationen (KPA). Sie wird nach Bedarf erweitert durch die Präsidien der übrigen betroffenen Kommissionen.

2 Sie tritt zweimal jährlich sowie nach Bedarf zusammen.

3 Sie stellt die materielle Koordination der Prüfungsprogramme sicher und entscheidet über Kompetenzkonflikte und Berichterstattung.

4 Sie entscheidet über Anträge der Kommissionen, die Wirksamkeit von Erlassen durch die mit dieser Aufgabe betraute Dienststelle der Parlamentsdienste, die Eidgenössische Finanzkontrolle oder Dritte überprüfen zu lassen, und gewährleistet in Zusammenarbeit mit dem Bundesrat die Kohärenz der Wirksamkeitsüberprüfungen.» Die AGI stellt eine solche gemischte Arbeitsgruppe dar.

6668

sie weiter.1715 Die FK1716 bzw. die FinDel1717 informieren ihrerseits die GPK über ihre Erkenntnisse zu Geschäftsführungsproblemen. Zudem ist das SPFA aufgefordert, die Geschäftsaufteilung zwischen den FK und der FinDel sowie den GPK zu koordinieren.1718 Die Fokussierung der Oberaufsichtsorgane auf unterschiedliche Kriterien (siehe Kapitel 7.1.4) sollte darüber hinaus die Aufgabenteilung zwischen den GPK und den FK erleichtern.1719 Es ist allerdings zu beachten, dass sich die Finanzoberaufsicht auf den Anwendungsbereich von Artikel 8 FKG bezieht (Art. 26 Abs. 2 ParlG) und damit durch den Umfang der EFK-Aufsicht bestimmt wird. Sie geht deshalb in Bezug auf die der parlamentarischen Oberaufsicht Unterstehenden über die Oberaufsicht über die Geschäftsführung hinaus.

7.2

Rolle der Finanzdelegation

7.2.1

Wahrnehmung der Oberaufsichtsfunktion bei INSIEME1720

7.2.1.1

Phase 1: Projektkonzeption bis Abbruch der Verhandlungen mit Unisys (2001­August 2007)

Um die Jahrtausendwende befasste sich die FinDel primär im Rahmen von EFKPrüfberichten mit der Informatik der ESTV. Die EFK sowie das GS EFD orientierten die FinDel in den Folgejahren mehrmals über Informatikprobleme bei der ESTV, dies insbesondere im Zusammenhang mit dem Projekt «Migration BS2000», mit der Ablösung von MOLIS und STOLIS sowie mit der Informatiksicherheit. Dazu fanden jährlich Aussprachen mit dem Vorsteher des EFD (1996­2003), seinem Generalsekretariat sowie einer Vertretung der ESTV statt.1721 Im Jahr 2002 schätzte die EFK die Situation als besonders alarmierend ein.

In Anwendung von Artikel 15 Absatz 3 FKG erstattete sie am 12. März 2002 eine schriftliche Meldung an den damaligen Bundespräsidenten und Vorsteher des EFD (1996­2003) und an den Vizepräsidenten des Bundesrats sowie an die FinDel.1722 Aufgrund dieser Meldung wurde die FinDel aktiv und verlangte mit Schreiben vom 13. März 2002 vom Bundespräsidenten und Vorsteher des EFD einen Bericht über die Situation und die getroffenen Massnahmen im Bereich der 1715 1716 1717

1718 1719 1720

1721 1722

Handlungsgrundsätze der GPK.

Ziff. 5.3 Handlungsgrundsätze der FK.

Ziff. 5 Handlungsgrundsätze der FinDel. Vgl. Art. 16 Abs. 2 des Reglements für die Finanzkommissionen und die Finanzdelegation der eidgenössischen Räte vom 8. Nov.

1985 (AS 1986 116), welches mit Wirkung ab dem 1. Jan. 2012 aufgehoben wurde (AS 2011 5859, hier 5861).

Ziff. 5 Handlungsgrundsätze der FinDel und Ziff. 5.3 Handlungsgrundsätze der FK.

Vgl. Parlamentarische Initiative Parlamentsgesetz (PG). Bericht der Staatspolitischen Kommission des Nationalrates vom 1. März 2001 (BBl 2001 3467, hier 3556).

Die nachfolgende Schilderung entspricht keiner vollständigen Darstellung aller Befassungen der FinDel mit INSIEME. Oft streifte man das Projekt nur am Rande oder im Zusammenhang mit einem anderen Dossier und/oder beschloss keine weiteren Massnahmen.

Sitzungen der FinDel vom 20./30. Jan. 2001 und vom 25./26. Febr. 2002.

Siehe dazu Kapitel 6.6.6.

6669

Informatik der ESTV. In seinem Bericht vom 17. April 2002 und anlässlich einer Aussprache an der Sitzung der FinDel vom 2./3. Mai 2002 erläuterten er und der Generalsekretär des EFD (1996­2007) verschiedene Massnahmen zur Entschärfung der Situation ­ darunter die Vorantreibung des geplanten Projekts INSIEME.1723 Im Rahmen ihrer Berichterstattung1724 informierte die FinDel die FK-N über die bestehenden Probleme;1725 eine Information der FK-S fand dagegen nicht statt.

Die FinDel forderte den Bundesrat in der Folge in den Jahren 2002­2004 wiederholt auf, die Probleme anzupacken, und verlangte Berichte über die Umsetzung der verschiedenen EFK-Empfehlungen und die weiteren Arbeiten im Zusammenhang mit der Informatik der ESTV.1726 Der Stand der Arbeiten und die Berichte1727 wurden in der Regel mit dem Direktor der ESTV (2000­2012) bzw. dem damaligen Generalsekretär des EFD (teilweise auch in Anwesenheit des damaligen Vorstehers des EFD) in der FinDel besprochen.1728 Im Rahmen ihres Tätigkeitsberichts zum Jahr 2002 informierte die FinDel auch die Öffentlichkeit über die bestehenden Schwierigkeiten.1729 An ihrer Sitzung vom 29./30. April 2004 beschloss die FinDel im Nachgang zu einer Aussprache mit dem Direktor der ESTV, die bisherigen Informationen zum Dossier der zuständigen Subkommission der FK-N für deren Informationsbesuch bei der ESTV vom 27. August 2004 zur Verfügung zu stellen.1730 An der Sitzung der FinDel vom 16. Februar 2005 führte der Direktor der EFK (1998­2013) in Kenntnis dessen, dass die ESTV diverse Empfehlungen der EFK aus früheren Jahren auf die Realisierung von INSIEME verschoben hatte, aus, dass die verschiedenen Informatikprojekte in der ESTV nun auf Kurs seien und ­ auf explizite Nachfrage eines damaligen Mitglieds der FinDel ­ dass für die FinDel kein Handlungsbedarf bestehe.1731 Am gleichen Tag verabschiedete die FinDel ihren Tätigkeitsbericht für das Jahr 2004, worin zum Ausdruck kam, dass die FinDel INSIEME als Lösung für die Informatikschwierigkeiten in der ESTV erachtete.1732 1723 1724

1725 1726

1727

1728

1729 1730

1731 1732

Schreiben des Bundespräsidenten an die FinDel vom 17. April 2002, S. 4; Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 2./3. Mai 2002, S. 2 f.

Gemäss Auskunft des SPFA berichtete die FinDel bis 2004 zweimal jährlich in den FK über ihre Tätigkeiten: einmal im Frühjahr bei der Beratung des Tätigkeitsberichts und einmal im Herbst. Seit 2005 findet die Berichterstattung aus der FinDel systematisch an den Sitzungen der FK statt, die auf die Sitzungen der FinDel folgen.

Protokoll der FK-N vom 22. Aug. 2002, S. 11.

Zur Beschlussfassung über das Einverlangen der Berichterstattung siehe Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 1./2. Juli 2002, S. 4. Bezüglich der Beschlüsse, ergänzende Informationen zu verlangen, siehe Auszüge aus den Protokollen der FinDel vom 23./24. Okt. 2003, S. 1, und vom 23./24. Febr. 2004, S. 5.

Berichte des EFD vom 26. Juni 2002, 21. Febr. 2003, 5. Aug. 2003, 4. Febr. 2004, 8. April 2004 und 25. Aug. 2004; Berichte der ESTV vom 12. Aug. 2002 und 31. Jan.

2003.

Auszüge aus den Protokollen der FinDel vom 2./3. Sept. 2002, vom 25./26. Febr. 2003, vom 23./24. Okt. 2003, vom 23./24. Febr. 2004 (in Anwesenheit des Vorstehers des EFD 2004­2010) und vom 29./30. April 2004 (in Anwesenheit des Vorstehers des EFD 2004­2010).

Jahresbericht 2002 der FinDel an die FK, Ziff. 6.6.2: Informatikprobleme der Eidgenössischen Steuerverwaltung (BBl 2003 6927, hier 6969).

Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 29./30. April 2004, S. 1. Auf der Basis der zur Verfügung stehenden Informationen konnte nicht geklärt werden, wie die Subkommission mit diesen Informationen verfahren ist.

Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 16. Febr. 2005, S. 4.

Jahresbericht 2004 der FinDel an die FK, Ziff. 5.6.4: Informatikprobleme der Eidgenössischen Steuerverwaltung (BBl 2005 3011, hier 3052).

6670

2005 fand die erste explizite Projektprüfung von INSIEME durch die EFK statt.1733 Der Bericht wurde in der FinDel traktandiert.1734 Der Direktor der EFK (1998­ 2013) erläuterte die verschiedenen festgestellten Mängel,1735 hielt aber fest, dass er das Projekt auf Kurs sehe, weshalb für die FinDel kein Handlungsbedarf bestehe.1736 Zudem sei vorgesehen, dass die EFK den Verlauf der Projekte durch gezielte Prüfungen verfolgen werde.1737 Die FinDel beschloss nach der Anhörung des Vorstehers des EFD (2004­2010) und seines Generalsekretärs (1996­2007), das Projekt INSIEME ­ wie zuvor das Projekt NOVE-IT1738 ­ eng zu begleiten und dazu vom EFD einen Bericht über die Umsetzung von INSIEME bis Ende 2006 zu verlangen.1739 Der Bericht wurde aber nie angefordert.1740 An der Sitzung der FinDel vom 24./25. Januar 2006 wies die EFK auf der Basis einer Nachrevision einer Prüfung von 20041741 darauf hin, dass verschiedene ihrer damaligen Empfehlungen im Hinblick auf INSIEME bisher nicht umgesetzt worden waren.1742 Die FinDel stellte aufgrund der Ausführungen der EFK ­ ohne diese vertieft geprüft zu haben ­ keinen Handlungsbedarf fest.1743 An der gleichen Sitzung wurde die Informatik der ESTV in der FinDel auch im Rahmen des Konzepts für die Katastrophenvorsorge der Bundesverwaltung thematisiert. Die EFK erläuterte der FinDel die Erkenntnisse aus ihrem diesbezüglichen Prüfbericht.1744 Dabei führte der Direktor der EFK (1998­2013) aus, INSIEME werde von der ESTV priorisiert; die Bereitschaft, in die Katastrophenvorsorge der alten Systeme zu investieren, sei deshalb nicht vorhanden. Die ESTV hatte eine Empfehlung dazu aufgrund knapper Mittel und wegen der geplanten Ablösung der Altsysteme durch INSIEME abgelehnt. Die Klärung der Differenz verlief jedoch nicht nach dem in Artikel 12 Absatz 3 FKG vorgesehenen Verfahren, sondern erfolgte unter Beizug der FinDel im Rahmen einer Aussprache mit dem Generalsekretär des EFD (1996­2007).1745 Auf Intervention der FinDel beim Bundesrat bekräftigte letztlich auch dieser die Haltung

1733 1734 1735

1736 1737 1738 1739 1740 1741 1742

1743 1744 1745

EFK-Bericht vom 25. Febr. 2005. Siehe dazu Kapitel 6.3.2.

Sitzungen der FinDel vom 27./28. Juni 2005 und vom 29./30. Aug. 2005.

Dabei handelte es sich im Wesentlichen um Mängel bei der Koordination der Unterprojekte und bei der Ausschreibung für ein WTO-Verfahren sowie um die Tatsache, dass bisher kein Verpflichtungskredit für INSIEME beantragt und noch kein IKS definiert worden waren.

Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 27./28. Juni 2005, S. 2.

Drehbuchbeitrag des SPFA (Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 27./28. Juni 2005, S. 2).

Siehe dazu Kapitel 3.2.2.2, 3.2.4.1 und 3.5.4.2.

Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 29./30. Aug. 2005, Eidg. Steuerverwaltung ­ interne Projekte INSIEME, INISCH und FITIN, S. 4.

Die Gründe dafür konnten im Rahmen dieser Inspektion nicht geklärt werden.

EFK-Bericht vom 18. Nov. 2004.

Im Zentrum standen dabei die Ablösung von MOLIS, die Definition eines amtsübergreifenden IKS sowie das Controlling (siehe EFK-Bericht vom 22. Sept. 2005, S. 3 und 8­ 14).

Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 24./25 Jan. 2006, S. 9.

EFK-Bericht vom 28. Juli 2005.

Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 24./25. Jan. 2006, S. 5 f.

6671

der ESTV und verwies ebenfalls auf die baldige1746 Ablösung der Systeme durch INSIEME.1747 In ihrem Tätigkeitsbericht für das Jahr 2005 vom 28. Februar 20061748 äusserte sich die FinDel zu den von der EFK aufgedeckten Mängel kritisch und stellte für 2006 einen Informationsbesuch in Aussicht, der in der Folge allerdings nicht stattfand.1749 Im Rahmen der Behandlung des Tätigkeitsberichts 2005 an der Sitzung der FK-N vom 27./28. März 2006 informierte die FinDel mündlich, dass die hauptsächlichen Probleme nun gelöst seien und das Projekt ab 2008 operativ sein sollte.1750 Nur kurze Zeit später teilte der Bundesrat mit, dass erst 2010 mit der Ablösung der Altsysteme gerechnet werden könne.1751 Diese Information wurde den beiden FK in der Folge nicht weitergeleitet.

Ebenfalls im Jahr 2006 kam die EFK anlässlich der Projektprüfung von INSIEME1752 ­ insbesondere des Teilprojekts INSIEME-Data ­ trotz Hinweis auf weiterhin bestehende Risiken, v. a. im Bereich IKS, zu einer positiven Einschätzung.

Sie zeigte sich überzeugt, dass das Projekt dank der begleitenden Aufsicht der EFK nun auf gutem Weg sei und dass deshalb für die FinDel kein Handlungsbedarf bestehe.1753 Die FinDel stellte fest, dass das Thema sehr komplex sei und beschloss deshalb ­ trotz Problemhinweisen des Sekretariats im Drehbuch zur Sitzung ­, keine weiteren Abklärungen zu treffen.1754 Auch im Rahmen der Behandlung des Berichts zur Dienststellenrevision 2006 der Hauptabteilung MWST1755 an der Sitzung der FinDel vom 2./3. Juli 2007 bemerkte der Direktor der EFK (1998­2013), dass das Projekt INSIEME auf Kurs sei und für die FinDel kein Handlungsbedarf bestehe.1756

1746

1747 1748 1749 1750 1751 1752 1753 1754 1755

1756

Wobei die ursprünglich auf 2008/2009 angekündigte Ablösung ohne weitere Erklärung für 2010 in Aussicht gestellt wurde. Im Tätigkeitsbericht der FinDel für das Jahr 2005 wurde bereits 2008 als spät bezeichnet (Jahresbericht 2005 der FinDel an die FK, Ziff. 5.6.3: Eidg. Steuerverwaltung [ESTV]; Informatikprojekte [BBl 2006 4099, hier 4141]).

Schreiben der FinDel an den Bundesrat vom 9. Febr. 2006; Schreiben des Bundesrats an die FinDel vom 5. April 2006.

Jahresbericht 2005 der FinDel an die FK, Ziff. 5.6.3: Eidg. Steuerverwaltung (ESTV); Informatikprojekte (BBl 2006 4099, hier 4141).

Weshalb auf den angekündigten Besuch verzichtet wurde, konnte nicht nachvollzogen werden.

Protokoll der FK-N vom 27./28. März 2006, S. 46.

Schreiben des Bundesrats an die FinDel vom 5. April 2006.

EFK-Bericht vom 29. Mai 2006, traktandiert an der Sitzung der FinDel vom 29./30. Aug.

2006. Siehe dazu Kapitel 6.3.4.

Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 29./30. Aug. 2006, S. 3.

Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 29./30. Aug. 2006, S. 2 f.

EFK-Bericht vom 20. März 2007. Die Revision diente schwergewichtig der Nachkontrolle der Umsetzung der Empfehlungen und Bemerkungen aus dem Prüfbericht der EFK vom 22. Sept. 2005. In diesem Rahmen stellte die EFK fest, dass weiterhin verschiedene Empfehlungen (insb. betreffend die Ablösung von MOLIS und die Definition eines amtsübergreifenden IKS sowie Controllings) im Hinblick auf INSIEME nicht umgesetzt worden waren.

Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 2./3. Juli 2007, S. 2 f.

6672

7.2.1.2

Phase 2: Projektneustart bis Einleitung der Administrativuntersuchung (September 2007­Januar 2012)

Ende August 2007 kam es zum Widerruf des WTO-Zuschlags an die Firma Unisys ­ wovon die FinDel aus den Medien erfuhr.1757 Der Vorsteher des EFD (2004­2010) informierte die FinDel an ihrer fünften ordentlichen Tagung vom 30./31. August 2007 über die Gründe und Folgen des Unterbruchs des Projekts.1758 Die FinDel beschloss, eine Aussprache mit dem Direktor der ESTV (2000­2012) an der dritten ordentlichen Tagung vom 24./25. April 2008 zu führen,1759 die aber dann nicht stattfand.1760 An ihrer Sitzung vom 5./6. Februar 2009 befasste sich die FinDel in allgemeiner Form mit der Informatik der ESTV. Im Rahmen der Präsentation eines Berichts der EFK zur Hauptabteilung DVS1761 führte der Direktor der EFK (1998­2013) aus, dass die bestehende Informatik der ESTV der organisatorischen Neuausrichtung nicht genüge, weshalb eine IT-Gesamtlösung über INSIEME realisiert werde. Die FinDel beschloss deshalb, der ESTV im Sommer einen Informationsbesuch abzustatten.1762 Der Besuch fand aber nicht statt.1763 Im Zusammenhang mit dem sehr kritischen Prüfbericht der EFK betreffend das Gesamtvorhaben INSIEME1764 befasste sich die FinDel an ihrer Sitzung vom 14./15. April 2009 erneut mit dem Projekt. Dabei erkannte sie Probleme beim Projektmanagement (u. a. bezüglich HERMES-Konformität) und bemerkte Mängel beim Controlling und bei der Kostenführung. Die EFK sah trotzdem keinen Handlungsbedarf für die FinDel, da die ESTV die EFK-Empfehlungen umsetzen wollte.

Der Direktor der EFK (1998­2013) schlug vor, dass die FinDel erst bei einem allfälligen Zusatzkredit kritische Fragen stellt.1765 Die FinDel beschloss, den Protokollauszug und den EFK-Bericht an die zuständige Subkommission der FK-N für deren Informationsbesuch bei der ESTV weiterzuleiten.1766 Erstmals seit Mitte 2006 berichtete die FinDel der FK-N über ihre Befassung mit INSIEME und bezeichnete «die ganze Implikation der neuen EDV im Steuerbereich [...] als recht grosses Risiko».1767 An ihrer dritten ordentlichen Tagung vom 19./20. Mai 2009 liess sich die FinDel vom Vorsteher des EFD (2004­2010), von der Generalsekretärin des EFD (2007­ 2010), vom Leiter des ISB (seit 2007) und vom Direktor des BIT (1999­2011) über

1757 1758 1759 1760 1761 1762 1763

1764 1765 1766 1767

Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 30./31. Aug. 2007, S. 1.

Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 30./31. Aug. 2007, S. 1 f.

Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 30./31. Aug. 2007, S. 2.

Aus welchen Gründen diese Aussprache nicht stattfand, konnte nicht geklärt werden.

EFK-Bericht vom 24. Sept. 2008.

Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 5./6. Febr. 2009, S. 4.

Inwiefern dies damit zu tun hatte, dass die zuständige Subkommission der FK-N ebenfalls einen Informationsbesuch bei der ESTV plante, der am 26. Aug. 2009 auch stattfand (siehe dazu Kapitel 7.3.1.2), muss hier offen bleiben. Es finden sich dazu keine Informationen in den Unterlagen der FinDel.

EFK-Bericht vom 18. Dez. 2008. Siehe dazu Kapitel 6.4.1.

Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 14./15. April 2009, S. 2 und 4.

Siehe dazu Kapitel 7.3.1.2. Inwiefern aus dem Besuch der Subkommission der FK-N Informationen an die FinDel zurückgeflossen sind, konnte nicht nachvollzogen werden.

Protokoll der FK-N vom 14./15. Mai 2009, S. 38.

6673

die Aufgaben des ISB und die neue Rolle des BIT bei INSIEME informieren, beschloss letztlich aber keine weiteren Schritte.1768 Mit E-Mail vom 12. Oktober 2009 wandte sich ein Whistleblower ans SPFA und erhob verschiedene Vorwürfe in Bezug auf INSIEME.1769 Praxisgemäss wurde auf eine Antwort auf diese anonyme Eingabe verzichtet. Die vorliegenden Unterlagen lassen darauf schliessen, dass die Hinweise nicht an die Mitglieder der FinDel weitergeleitet wurden.1770 Anlässlich der Aussprache mit dem Vorsteher des EFD (2004­2010) und der Generalsekretärin des EFD (2007­2010) sowie dem Leiter des ISB (seit 2007) und dem Direktor des BIT (1999­2011) vom 24./25. Juni 2010 kam die FinDel zum Schluss, dass weniger ein Informatikproblem bestehe als vielmehr klare Regeln fehlten, wer führe und die Verantwortung trage.1771 Zudem nahm die FinDel Kenntnis davon, dass der Bundesrat das EFD am 18. Juni 2010 ermächtigt hatte, im Nachtrag II/2010 einen Zusatzkredit von 56,5 Millionen Franken sowie einen Nachtragskredit von 12,2 Millionen Franken anzubegehren, davon 8 Millionen Franken mit gewöhnlichem Vorschuss. Weil das Geschäft sehr kurzfristig auf die Traktandenliste gekommen war, beschloss sie, es auf die nächste ordentliche Tagung zu verschieben.1772 An der fünften ordentlichen Tagung vom 9./10. September 2010 führte die FinDel eine Aussprache mit der ESTV, beriet den Nachtragskredit für INSIEME und stimmte dem Vorschuss von 8 Millionen Franken zu, der notwendig sei, damit das Projekt nicht unterbrochen werden müsse.1773 Die FinDel beschloss (erneut), das Projekt künftig eng zu begleiten und sich (ab Juni 2011) regelmässig zu informieren.1774 In einem Schriftenwechsel einigte sich die FinDel im Oktober 2010 mit dem Vorsteher des EFD (2004­2010) darauf, dass die ESTV mittels ihrer vierteljährlichen Standberichte (sog. Quartalsberichte) über den Projektfortschritt sowie die Kosten- und Terminentwicklung Bericht erstatten werde.1775 Weiter beschloss sie, im kommenden Jahr einen Informationsbesuch bei der 1768 1769 1770 1771 1772 1773

1774

1775

Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 19./20. Mai 2009, S. 11 ff.

E-Mail vom 12. Okt. 2009, «Verschleuderung von Steuergeldern in Millionenprojekt der Eidgenössischen Steuerverwaltung».

Seit dem 1. Jan. 2011 ist die EFK die offizielle Anlaufstelle für das Whistleblowing des Bundes. Siehe dazu Kapitel 6.2.9.

Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 24./25. Juni 2010, Informatikstrategie des Bundes (ISB), S. 9 f.

Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 24./25. Juni 2010, ESTV: Zusatzkredit für die Finanzierung des Informatikprojektes INSIEME, S. 3.

Zur Beantragung dieses Vorschusses durch die ESTV kam es, obwohl die EFK bereits in ihrem Bericht vom 18. Dez. 2008 festgehalten hatte, dass eine fundierte Mittelbedarfsplanug zu erstellen sei, damit letztlich die benötigten Mittel problemlos ­ sprich in den regulären Verfahren ­ beantragt werden könnten (vgl. EFK-Bericht vom 18. Dez. 2008, S. 17).

Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 9./10. Sept. 2010, ESTV: Kreditgeschäft, INSIEME, S. 3 und 7. Im Rahmen der internen Beschlussfassung der FinDel regte einerseits ein damaliges Mitglied an, die EFK bei der Festlegung der Kriterien für die Berichterstattung einzubeziehen (siehe Protokoll, S. 7). Andererseits schlug der Direktor der EFK (1998­2013) vor, nach Erhalt der zu einem anderen Zweck erstellten Quartalsrapporte zusammenzusitzen und die Ausgestaltung der Berichterstattung festzulegen (siehe Protokoll, S. 6). Beides fand in der Folge nicht statt.

Schreiben der FinDel an das EFD vom 11. Okt. 2010; Schreiben des Vorstehers des EFD (2004­2010) an die FinDel vom 21. Okt. 2010.

6674

ESTV durchzuführen und das Geschäft nach längerer Zeit neuerlich in ihren Tätigkeitsbericht 20101776 aufzunehmen.1777 Im Dezember 2010 genehmigte das Parlament den Zusatz- und Nachtragskredit zu INSIEME.1778 An ihrer sechsten ordentlichen Tagung vom 25./26. November 2010 bekräftigte die FinDel, sich auch im Folgejahr mit dem Projekt INSIEME befassen zu wollen.1779 Im Rahmen der Berichterstattung in der FK-N erläuterte die FinDel, ihr sei versichert worden, dass INSIEME nun gut unterwegs sei; sie forderte die FK-N aber dennoch auf, INSIEME ebenfalls eng zu begleiten.1780 Die zuständige Subdelegation der FinDel führte am 22. Juni 2011, begleitet vom stellvertretenden Direktor der EFK (2000­2013), einen Informationsbesuch bei der ESTV durch und liess sich über den Stand des Projekts informieren. Sie zeigte sich alarmiert, dass bei INSIEME elementare Projektgrundlagen erneut hinterfragt wurden und sich die Situation verschlechtert zu haben schien.1781 Aufgrund der Berichterstattung der Subdelegation sah die FinDel dringenden Handlungsbedarf und beschloss an ihrer vierten ordentlichen Tagung am 23./24. Juni 2011, in einem Schreiben an die Departementsvorsteherin (seit 2010) ihre Besorgnis auszudrücken und ­ auf Anregung des Direktors der EFK (1998­2013)1782 ­ von ihr einen Zwischenbericht zum Gesamtvorhaben (Meilensteine und Kostenplanung) zu fordern.1783 Zudem plante sie eine Aussprache mit der Vorsteherin des EFD für ihre Sitzung im November 2011. Im Rahmen ihrer Berichterstattung an die FK-N wurde INSIEME erstmals als Misserfolg dargestellt.1784 An ihrer sechsten ordentlichen Tagung vom 28./29. November 2011 führte die FinDel die geplante Aussprache mit der Vorsteherin des EFD sowie dem Direktor der ESTV (2000­2012) auf der Basis des verlangten Statusberichts der ESTV vom 14. Oktober 2011 durch. Beide angehörten Personen beurteilten das Projekt ­ auf der Basis einschneidender Anpassungen ­ insgesamt als auf gutem Weg befindlich.

Da aber die Fragen zu den Gesamtkosten unbeantwortet blieben,1785 beschloss die FinDel, Mitte 2012 erneut einen Informationsbesuch bei der ESTV durchzuführen.1786

1776 1777 1778 1779 1780 1781 1782 1783 1784 1785 1786

Jahresbericht 2010 der FinDel an die FK, Ziff. 2.2.3: Eidg. Steuerverwaltung, Projekt INSIEME (BBl 2011 3855, hier 3875).

Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 9./10. Sept. 2010, ESTV: EFK-Bericht, Kontrolle der Mehrwertsteuer, Follow-up der Empfehlungen 2005, S. 3.

AB 2010 S 1144 und 2010 N 1777.

Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 25./26. Nov. 2010, S. 2.

Protokoll der FK-N vom 7./8. April 2011, S. 64.

Auszug aus dem Protokoll der Subdelegation der FinDel vom 22. Juni 2011, S. 9 ff.

Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 23./24. Juni 2011, S. 3.

Schreiben der FinDel vom 14. Juli 2011 an die Vorsteherin des EFD.

Protokoll der FK-N vom 5./6. Sept. 2011, S. 11.

Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 28./29. Nov. 2011, S. 3 f.

Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 28./29. Nov. 2011, S. 5.

6675

7.2.1.3

Phase 3: nach Einleitung der Administrativuntersuchung bis Projektabbruch (Februar 2012­September 2012)

INSIEME war im Jahr 2012 ein Dauerthema in der FinDel. An der ersten ordentlichen Tagung der FinDel vom 6./7. Februar 2012 beurteilte die EFK aufgrund der 2011 durchgeführten Projektprüfung,1787 bei der die EFK die Umsetzung ihrer Empfehlungen von 20081788 und die Neuausrichtung von INSIEME von 2011 kontrollierte,1789 die Situation ­ erstmals gegenüber der FinDel ­ als kritisch.1790 Die FinDel stellte zudem erhebliche Diskrepanzen zwischen den Ausführungen der EFK und dem aktuellen Quartalsreport der ESTV fest,1791 worüber sie auch die FK-N informierte.1792 Anlässlich der Aussprache mit der Vorsteherin des EFD (seit 2010)1793 und dem Direktor der ESTV wurde in der FinDel auch die Meinung zum Ausdruck gebracht, dass in solchen Situationen ein Abbruch allenfalls besser wäre; eine Meinung, die von der Vorsteherin des EFD nicht geteilt wurde, insbesondere auch deshalb nicht, weil vonseiten des EFD und der ESTV immer noch davon ausgegangen wurde, dass ein erwähnenswerter Teil der Ziele erreicht werden könne.1794 Gestützt auf den nun vorliegenden EFK-Bericht vertiefte die FinDel an ihrer Tagung vom 29./30. März 2012 verschiedene der aufgeworfenen Fragen. Im Hinblick auf den geplanten Informationsbesuch bei der ESTV wurde ihr Sekretariat mit der Erarbeitung eines Fragenkatalogs auf der Basis des EFK-Berichts beauftragt.1795

1787

1788 1789 1790

1791 1792

1793

1794 1795

Der zugehörige Bericht der EFK vom Januar 2012 lag noch nicht vor. Die EFK fasste die Ergebnisse der Prüfung aber an der Sitzung der FinDel zusammen. Siehe dazu Kapitel 6.4.5.

Auszug aus dem elektronischen Empfehlungcontrolling (i-world) der EFK vom 28. Aug.

2013, S. 1 ff.; Schreiben der EFK an die AGI vom 31. Okt. 2013, S. 2.

Dabei wurde auch das Reporting aus dem Projekt beurteilt (vgl. EFK-Bericht vom Januar 2012, S. 14).

Der Direktor der EFK (1998­2013) wies gegenüber der FinDel an deren Sitzungen vom Juni und November 2011 anlässlich der Beratung von Quartalsberichten der ESTV zu INSIEME bereits darauf hin, dass sich die Situation verschlechtert statt verbessert hatte und es deshalb Anlass zur Sorge gebe (Auszug aus den Protokollen der FinDel vom 23./24. Juni 2011, S. 3, und vom 28./29. Nov. 2011, S. 3).

Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 6./7. Febr. 2012, S. 2 f. und 7.

Protokoll der FK-N vom 16./17. Febr. 2012, S. 57. Im Rahmen der Behandlung des Tätigkeitsberichts der FinDel für 2011 wurde die FK-N erneut informiert; siehe dazu das Protokoll der FK-N vom 22./23. März 2012, S. 47 und 50 f.

Sie informierte dabei über die Einleitung einer Administrativuntersuchung über die Beschaffungen im Projekt INSIEME, so wie sie von der EFK empfohlen worden war (EFK-Bericht vom Januar 2012, Empfehlung 4.6). Die EFK reichte tags darauf bei der Bundesanwaltschaft eine Anzeige gegen Unbekannt wegen Verdachts auf ungetreue Amts- und Geschäftsführung sowie auf Korruption im Rahmen der Beschaffungen für INSIEME ein (Anzeige der EFK vom 25. Jan. 2012 gestützt auf Art. 22a BPG).

Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 6./7. Febr. 2012, S. 3 und 5 f.

Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 29./30. März 2012, S. 5. Der Fragenkatalog (siehe E-Mail des damaligen Sekretärs der FinDel vom 16. Mai 2012 an das EFD) wurde von der FinDel an ihrer Sitzung vom 9./10. Mai 2012 zuhanden der ESTV verabschiedet (Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 9./10. Mai 2012, S. 3 f.).

6676

Am 20. April 2012 veröffentlichte die FinDel ihren Tätigkeitsbericht für das Jahr 2011. Darin nahm sie erstmals gegenüber der Öffentlichkeit klar Stellung zum Projekt und zeigte sich sehr besorgt über dessen Stand.1796 Im Rahmen einer ausserordentlichen Sitzung führte die FinDel am 14. Juni 2012 eine Aussprache mit der Vorsteherin, dem Generalsekretär und dem Leiter des Rechtsdienstes des EFD zu den Ergebnissen der Administrativuntersuchung.1797 Dabei legte die Vorsteherin des EFD (seit 2010) dar, dass sie nicht gewillt sei, mit dem Direktor der ESTV (2000­2012) weiterzuarbeiten. In Anbetracht dieser Situation wurde auch darüber diskutiert, ob der geplante Informationsbesuch abgesagt werden sollte. Letztlich hielt die FinDel aber daran fest.1798 Am 22. Juni 2012 besuchte die zuständige Subdelegation der FinDel zusammen mit der zuständigen Subkommission der FK-N die ESTV. Sie liessen sich ­ in Anwesenheit des Generalsekretärs des EFD (seit 2010) ­ über den Stand und die Risiken von INSIEME informieren. Die Mitglieder gewannen den Eindruck, dass das Projekt in technischer Hinsicht grundsätzlich auf gutem Wege war, nicht zuletzt wegen des neuen GPL. Die Zusammenarbeit mit dem BIT schien sich ebenfalls stark verbessert zu haben. Die ESTV stand aber vor dem Problem, für die Weiterbeschäftigung von einem Dutzend externer Schlüsselpersonen eine beschaffungsrechtlich konforme Lösung zu finden.1799 Die ESTV sowie verschiedene Vertreter von FK und FinDel zeigten sich davon überzeugt, dass das Projekt weitergeführt werden sollte. Um den Entscheid des Departements nicht vorwegzunehmen, beschlossen sie jedoch, auf eine entsprechende Information der Öffentlichkeit zu verzichten.1800 Die FinDel wurde an ihrer Sitzung vom 25./26. Juni 2012 von ihrer Subdelegation über den Informationsbesuch informiert und diskutierte in der Folge verschiedene Aspekte von INSIEME mit dem Generalsekretär des EFD. Dabei stand die Frage «Abbruch oder Weiterführung» im Zentrum. Sie beschloss, vom EFD einen Analysebericht zu verlangen, der die Folgen der beiden Optionen aufzeigen sollte.1801 In diesem Rahmen informierte der Präsident der FinDel (2012) auch darüber, dass er ein anonymes Schreiben mit Vorwürfen an verschiedene Personen im Zusammenhang mit INSIEME1802 erhalten habe.1803

1796

1797 1798 1799 1800 1801 1802 1803

Jahresbericht 2011 der FinDel an die FK, Ziff. 3.6.1: ESTV: Informatikprojekt INSIEME, Informationsbesuch bei der ESTV (BBl 2012 6993, hier 7035). Es ist darauf hinzuweisen, dass die ESTV in ihrer departementsinternen Stellungnahme zum Entwurf des Tätigkeitsberichts der FinDel festhielt, dass das Projekt unterdessen auf einem soliden Fundament stehe, weshalb ihrer Ansicht nach den positiven Entwicklungen im definitiven Bericht mehr Gewicht zukommen sollte (vgl. E-Mail des Direktors der ESTV [2000­2012] an das GS EFD vom 23. Febr. 2012).

EFD-Administrativuntersuchung vom 13. Juni 2012. Siehe dazu Kapitel 3.7.3.1.

Protokoll der FinDel vom 14. Juni 2012, S. 10.

Protokoll des gemeinsamen Informationsbesuchs der Subdelegation 1 der FinDel und der FK-N1 vom 22. Juni 2012, S. 7 ff.

Protokoll des gemeinsamen Informationsbesuchs der Subdelegation 1 der FinDel und der FK-N1 vom 22. Juni 2012, S. 26 f.

Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 25./26. Juni 2012, S. 10.

Brief vom 18. Juni 2012, «INSIEME-Desaster».

Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 25./26. Juni 2012, S. 10.

6677

Am Rande des Informationsbesuchs äusserten sich einzelne Mitglieder zur Rolle der Oberaufsichtsorgane.1804 Zu diesen Überlegungen erfolgte in der FinDel allerdings keine Berichterstattung. Erst an ihrer Tagung im September wurde dieses Thema wieder aufgenommen.1805 Die Berichterstattung in der FK-N am 5. Juli 2012 fiel umfangreich, aber auch wohlwollend aus. Die Lage sei zwar schwierig zu beurteilen, dennoch: «Wir haben das Gefühl, dass ein Grossteil der Systeme eingeführt werden kann.»1806 Dabei wurde auch die Frage der Wahrnehmung der Oberaufsicht aufgeworfen.1807 Ende August informierte das EFD die FinDel über den Analysebericht der ESTV.1808 Die FinDel erfuhr dann an ihrer ordentlichen Tagung vom 6./7. September 2012 vom Generalsekretär des EFD, dass vor Herbst 2011 keine detaillierte Kostenrechnung und keine Kostenplanung erstellt worden waren und folglich die angefallenen Kosten nicht auf die jeweiligen Systemkomponenten zugeteilt werden konnten.1809 Die FinDel drängte gegenüber der Vorsteherin des EFD (seit 2010) darauf, dass der Entscheid «Weiterführung» oder «Abbruch» schnell gefällt werde. Die Vorsteherin des EFD (seit 2010) stellte einen solchen noch für September 2012 in Aussicht, weshalb die FinDel beschloss, im September eine ausserordentliche Sitzung durchzuführen und von der EFK eine Zusammenstellung ihrer bisherigen Tätigkeiten betreffend INSIEME zu verlangen.1810 Am 19. September 2012 erläuterte die Vorsteherin des EFD (seit 2010) der FinDel ihren Abbruchentscheid.1811 Als Hauptgrund nannte der ebenfalls an der Aussprache teilnehmende Generalsekretär des EFD die unkalkulierbaren Kosten, die bei einer Weiterführung anfallen könnten.1812 Der Grossteil der Diskussion zwischen der FinDel, der Vertretung des EFD und dem Direktor ad interim der ESTV drehte sich um die Kommunikation des Entscheides. Dabei sagte der damalige Präsident der FinDel gegenüber der Vorsteherin des EFD, dass bereits in der Medienmitteilung des EFD gewisse Verantwortlichkeiten geklärt werden sollten.1813 In der internen Sitzung betonte er zudem, dass die Erklärung des Abbruchentscheids der Vorstehe-

1804

1805 1806 1807 1808 1809

1810 1811 1812 1813

Protokoll des gemeinsamen Informationsbesuchs der Subdelegation 1 der FinDel und der FK-N1 vom 22. Juni 2012, S. 4 f. Dabei hielt ein Mitglied der FinDel fest, dass es auf die Frage einer Journalistin, weshalb die FinDel aufgrund der EFK-Berichte nicht schon früher gehandelt hatte, keine Beurteilung habe abgeben können. Darauf äusserte sich ein anderes, ebenfalls langjähriges Mitglied der FinDel wie folgt: «Die Finanzdelegation hat den Druck auf die Verwaltung erhöht, wir blieben am Ball und erteilten klare Aufträge.

Das wäre zwar nicht unbedingt die Aufgabe der Oberaufsicht, eher eine des Departementes ­ umso mehr, als das Fachwissen mit dem Informatik-Strategieorgan im EFD angesiedelt ist und nicht primär bei der FinDel. Aus meiner Sicht haben wir alles gemacht, was wir parlamentarisch tun konnten. Es liegt aber in der Natur der Sache, dass wir bei solchen Projekten nicht alles selber untersuchen können» (siehe Protokoll, S. 5).

Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 6./7. Sept. 2012, S. 8.

Auszug aus dem Protokoll der FK-N vom 5. Juli 2012, S. 1.

Auszug aus dem Protokoll der FK-N vom 5. Juli 2012, S. 3 ff.

E-Mail des Generalsekretärs des EFD an den Sekretär der FinDel vom 31. Aug. 2012.

Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 6./7. Sept. 2012, S. 4. Bereits am Informationsbesuch der zuständigen Subdelegation und der zuständigen Subkommission der FK-N vom 22. Juni 2012 hatte der damalige GPL darauf hingewiesen (siehe Protokoll, S. 10).

Die Information wurde aber weder an die FinDel noch an die FK-N weitergeleitet.

Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 6./7. Sept. 2012, S. 7 ff.

Protokoll der FinDel vom 19. Sept. 2012, S. 7 f.

Protokoll der FinDel vom 19. Sept. 2012, S. 8.

Protokoll der FinDel vom 19. Sept. 2012, S. 8.

6678

rin des EFD gegenüber der Öffentlichkeit beim EFD liege und dass die FinDel nicht für das Scheitern des Projekts verantwortlich gemacht werden könne.1814 Am darauffolgenden Tag wurde der Projektabbruch den FK mitgeteilt und mit einer Medienmitteilung publik gemacht.1815

7.2.2

Beurteilung der parlamentarischen Oberaufsicht der FinDel

7.2.2.1

Informationsbasis und Aktivität der FinDel

Informationsbasis der FinDel Die FinDel stützte ihre Tätigkeit weitgehend auf die Informationen ab, die sie von der EFK erhielt.1816 Im Zentrum standen bis 2004 verschiedene Prüfberichte zu Fragen der Informatiksicherheit in der ESTV. Danach folgten insgesamt vier eigentliche Projektprüfungen zu INSIEME (2005, 2006, 2008 und 2011/12). Diese wurden allesamt in den Sitzungen der FinDel traktandiert und mit dem Direktor der EFK (1998­2013) besprochen.

Ergänzend dazu liess sich die FinDel direkt vom EFD und von der ESTV zu INSIEME informieren.1817 Diese Information erfolgte einerseits im Rahmen verschiedener Anhörungen, an denen stets auch eine Vertretung der EFK teilnahm, sowie an zwei Informationsbesuchen der zuständigen Subdelegation im Jahr 2011 und ­ gemeinsam mit der zuständigen Subkommission der FK-N ­ im Jahr 2012.1818 2005 und 2010 kamen noch Informationen im Hinblick auf die Kreditbegehren zu INSIEME hinzu, wobei die FinDel den ersten Verpflichtungskredit von 2005 nicht beriet.1819 Andererseits verlangte die FinDel verschiedene schriftliche Berichte:1820 ­

in den Jahren 2002­2004 solche der ESTV und des GS EFD zu den Informatikproblemen in der Steuerverwaltung,

1814 1815

Protokoll der FinDel vom 19. Sept. 2012, S. 12.

Abbruch des Informatikprojekts INSIEME der ESTV, Medienmitteilung des EFD vom 20. Sept. 2012.

Nach Auskunft des SPFA befasste sich die FinDel mit einzelnen Informatikprojekten in der Regel, wenn entsprechende Prüfberichte der EFK auf Mängel hinwiesen. Die FinDel befasste sich allerdings ab 2005 vertieft mit übergeordneten Fragen zur Informatik des Bundes. Dabei standen vor allem die Informatiksicherheit, die Informatikstrategie des Bundes und die diesbezüglichen verschiedenen Rollen in der Bundesverwaltung im Fokus ihres Interesses. Dazu verlangte die FinDel von verschiedener Seite Informationen, so u. a. auch vom Leiter des IRB (2001­2007).

Die FinDel hörte den IRB und das ISB im Zusammenhang mit INSIEME laut Aussagen des Delegierten des ISB (2001­2007) und des Delegierten des ISB (seit 2007) nie an (vgl.

Protokoll der AGI vom 13. Sept. 2013, S. 46 und 57).

Die Informationsbesuche, welche die FinDel für 2006 und 2009 beschlossen hatte, fanden dagegen nicht statt. Siehe dazu Kapitel 7.2.1.1 und 7.2.1.2.

Als Bestandteil der Botschaft zum Voranschlag 2006 lag die Beratung des Verpflichtungskredits von 2005 in der Zuständigkeit der FK.

Der Beschluss der FinDel vom 29./30. Aug. 2005, per Ende 2006 einen Bericht über die Umsetzung von INSIEME zu verlangen (Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 29./30. Aug. 2005, Eidg. Steuerverwaltung ­ interne Projekte INSIEME, INISCH und FITIN, S. 4), wurde dagegen nicht umgesetzt; dieser Bericht wurde nie einverlangt.

1816

1817

1818 1819 1820

6679

­

ab Mitte 2011 die Quartalsreportings zu INSIEME,1821

­

im Herbst 2011 einen Zwischenbericht zum Gesamtvorhaben (Meilensteine und Kostenplanung)1822 und

­

ein Jahr später den Analysebericht der ESTV zum Stand von INSIEME.

Handlungsbedarf und Aktivität der FinDel Die FinDel liess sich bereits vor 2005 teilweise ausführlich vom EFD und von der ESTV über deren Informatikschwierigkeiten informieren; dennoch war ­ nach Ansicht verschiedener ehemaliger FinDel-Präsidenten ­ die Kritik der EFK aufgrund deren ersten Projektprüfung von 2005 der eigentliche Ausgangspunkt der Befassung der FinDel mit INSIEME.1823 Da die EFK trotz der festgestellten Mängel keinen Handlungsbedarf für die Oberaufsicht erkannte,1824 beschloss die FinDel zwar, das Projekt INSIEME eng zu begleiten, verzichtete aber auf weitergehende Interventionen.1825 Obwohl die EFK in den Folgejahren mehrfach feststellen musste, dass ihre Empfehlungen (auch solche aus früheren Jahren) nicht umgesetzt worden waren,1826 hielt sie eine Intervention der parlamentarischen Oberaufsicht in Bezug auf INSIEME nicht für notwendig1827 ­ wozu es dann auch nicht kam.1828 Daran änderte auch der sehr kritische Prüfbericht der EFK zum Gesamtvorhaben INSIEME vom 18. Dezember 2008 nichts. Die EFK erachtete ein Einschreiten der FinDel nicht als notwendig, da sich die ESTV mit allen Empfehlungen einverstanden erklärt und versprochen hatte, diese umzusetzen. Die Möglichkeit, kritische Fragen zu stellen und entsprechende Dokumente einzufordern, werde sich im Zusammenhang mit einem allfälligen Zusatz- und Nachtragskredit bieten.1829 Erst 2010, insbesondere im Zusammenhang mit dem Antrag auf einen Nachtragskredit mit Vorschuss, erkannte die FinDel Handlungsbedarf für die Finanzoberaufsicht und wurde aktiv.1830 Dabei ging es vorerst um ein Ansprechen von Problemen 1821 1822 1823

1824 1825

1826 1827 1828

1829 1830

Diese erhielt die FinDel vonseiten des EFD in Erfüllung des Auftrags, regelmässig über das Projekt Bericht zu erstatten.

Diesen erhielt die FinDel auf ihr Verlangen hin.

Insbesondere der Präsident der FinDel von 2004 sagte hierzu: «Die erste Kritik an INSIEME durch die EFK erreichte die FinDel erst 2005. Diese Kritik führte u. a. dazu, dass der Verpflichtungskredit eingereicht wurde. Vorher war INSIEME das Licht am Ende des Tunnels. [...] Weil der FinDel von keiner Seite eine Kritik am neuen System zu Ohren kam, beschäftigte sie sich auch nicht damit» (Protokoll der AGI vom 14. März 2014, S. 38, siehe auch S. 47).

Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 27./28. Juni 2005, S. 2.

Der Beschluss, vom EFD einen Bericht über die Umsetzung von INSIEME zu verlangen, wurde nie umgesetzt, und der im Jahresbericht 2005 in Aussicht gestellte Informationsbesuch (vgl. Jahresbericht 2005 der FinDel an die FK, Ziff. 5.6.3: Eidg. Steuerverwaltung [ESTV]; Informatikprojekte [BBl 2006 4099, hier 4141]) fand nicht statt.

Siehe Kapitel 7.2.1.2.

Auszüge aus den Protokollen der FinDel vom 24./25. Jan. 2006, S. 9; vom 29./30. Aug.

2006, S. 3; vom 2./3. Juli 2007, S. 2 f.

Zu einer Intervention kam es einzig in Bezug auf die von der ESTV zurückgewiesene Empfehlung der EFK bezüglich der Katastrophenvorsorge in der Bundesverwaltung.

Siehe dazu Kapitel 7.2.1.1.

Siehe Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 14./15. April 2009, S. 2 und 4.

Die EFK hingegen sah auch 2010 für die FinDel noch keinen Handlungsbedarf (vgl.

insbesondere die neutrale Berichterstattung zu INSIEME im Jahresbericht 2010 der EFK vom März 2011, S. 29, sowie den allgmeinen Hinweis, wonach aufgrund abgegebener Empfehlungen kein Handlungsbedarf für das Parlament bestehe, S. 39).

6680

und in der Folge um die direkte Suche nach Lösungen mit dem Amtsdirektor sowie mit dem Departement.1831 Erneut beschloss die FinDel, die weiteren Arbeiten eng zu begleiten, dafür vom EFD bzw. von der ESTV eine entsprechende Berichterstattung zu verlangen sowie der ESTV 2011 einen Besuch abzustatten.1832 Die daraufhin erhaltenen Quartalsberichte aus dem Projekt wurden allerdings kaum je genutzt. Offenbar wurden sie als zu technisch eingeschätzt.1833 Diese Beurteilung führte allerdings nicht dazu, dass seitens der FinDel Anpassungen an der Berichterstattung verlangt worden wären ­ dies, obwohl der Vorsteher des EFD (2004­2010) in Aussicht gestellt hatte, dass die ESTV ihre Berichte bei Bedarf ergänzen werde,1834 und obwohl auch im Rahmen der ursprünglichen Beschlussfassung der FinDel von verschiedener Seite angeregt worden war, nach Erhalt der zu einem anderen Zweck erstellten Quartalsrapporte die künftige Ausgestaltung der Berichterstattung an die FinDel festzulegen und dabei auf eine stufengerechte Information zu achten.1835 Auch die EFK wurde nie damit beauftragt, die Berichterstattung zu überprüfen.1836 Damit blieben die Quartalsberichte für die Entscheidfindung der FinDel bis Anfang 2012 unberücksichtigt, was für die Oberaufsichtskommissionen in Anbetracht der Umstände1837 schwer nachvollziehbar ist.1838 Dass tatsächlich schwerwiegende Probleme bestanden, erkannte die FinDel Mitte 2011 aufgrund des Informationsbesuchs ihrer Subdelegation bei der ESTV.1839 Das EFD wurde ­ auf Anregung des Direktors der EFK (1998­2013)1840 ­ aufgefordert, über den Stand der Dinge Bericht zu erstatten,1841 und in der Folge dazu angehört.

1831

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1834 1835 1836 1837 1838

1839 1840 1841

Dies verstehen zumindest die Präsidenten der FinDel von 2003 und 2007 (Protokoll der AGI vom 14. März 2014, S. 50) und von 2011 (Protokoll der AGI vom 26. März 2014, S. 27) unter Handlungsbedarf.

Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 9./10. Sept. 2010, ESTV: Kreditgeschäft, INSIEME, S. 3 und 7.

Explizit sagte dies der Präsident der FinDel von 2010 und 2014 an seiner Anhörung durch die AGI (Protokoll der AGI vom 26. März 2014, S. 10). Vgl. auch Protokoll der AGI vom 26. März 2014, S. 51 (Präsidentin FinDel 2013). Der Präsident der FinDel von 2011 ­ das war das Jahr, in dem die Berichte erstmals an die FinDel gelangten und an verschiedenen Sitzungen zur Kenntnis genommen wurden ­ konnte sich nicht mehr an diese Berichte erinnern und meinte: «Es wäre ja vermutlich auch nicht richtig gewesen, wenn wir diese Quartalsberichte erhalten hätten» (Protokoll der AGI vom 26. März 2014, S. 29).

Schreiben des Vorstehers des EFD (2004­2010) an die FinDel vom 21. Okt. 2010.

Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 9./10. Sept. 2010, ESTV: Kreditgeschäft, INSIEME, S. 6 f.

Protokoll der AGI vom 14. Okt. 2013, S. 38 (stv. Direktor EFK 2000­2013).

Siehe dazu auch Kapitel 7.2.2.3.

Im Nachhinein beurteilten auch einzelne der angehörten ehemaligen Präsidenten der FinDel den Umgang mit den Informationen aus dem Projekt als nicht besonders geschickt. So hielt der Präsident der FinDel von 2010 und 2014 an seiner Anhörung durch die AGI fest: «Rückblickend hätten wir hier vielleicht schärfer sein und eigene Quartalsoder Halbjahresberichte verlangen sollen» (Protokoll der AGI vom 26. März 2014, S. 10).

Entsprechend verlangt die FinDel seit 2014 beim Nachfolgeprojekt FISCAL-IT jeweils eine Beurteilung einer solchen Berichterstattung durch das zuständige Departement und eine Konsolidierung durch den Bundesrat (vgl. Protokoll der AGI vom 26. März 2014, S. 24 [Präsident FinDel 2010 und 2014] sowie S. 51 und 55 [Präsidentin FinDel 2013]).

Dazu, dass es sich möglicherweise gelohnt hätte, die Quartalsberichte genau anzuschauen, siehe Kapitel 3.3.2.3 und 3.3.2.4.

Protokoll der AGI vom 26. März 2014, S. 49 (Präsidentin FinDel 2013).

Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 23./24. Juni 2011, S. 3.

Schreiben der FinDel vom 14. Juli 2011 an die Vorsteherin des EFD (seit 2010).

6681

Dabei bezeichneten die angehörten Personen das Projekt als auf Kurs befindlich, konnten aber die Fragen zu den Gesamtkosten nicht beantworten.

Da die EFK bisher zu ihren Empfehlungen von 2008 keine Nachkontrolle durchgeführt hatte,1842 eine solche allerdings in Arbeit war, regte der Direktor der EFK (1998­2013) an, auf eine weitergehende Intervention seitens der FinDel zu verzichten, bis der Bericht der EFK von 2012 vorliegen würde.1843 Die FinDel folgte diesem Rat und teilte Anfang 2012 die Beurteilung von INSIEME durch die EFK. Zu diesem Zeitpunkt erachteten beide die Situation als kritisch.

Zudem erkannte die FinDel eine erwähnenswerte Differenz zwischen den Erkenntnissen der EFK und den Berichterstattungen aus dem Projekt.1844 In der Folge befasste sich die FinDel an beinahe jeder weiteren Sitzung mit dem Grossprojekt, wobei die Einschätzungen zu dessen Realisierbarkeit von Sitzung zu Sitzung variierten. Im September 2012 fällte die Vorsteherin des EFD schliesslich den Abbruchentscheid.

Orientierung an den Oberaufsichtskriterien Es gibt nur wenige Anhaltspunkte dafür, dass sich die FinDel bei ihrer Begleitung von INSIEME und ihren Feststellungen spezifisch an den Kriterien der parlamentarischen Oberaufsicht orientiert hätte. Im Zentrum standen viel mehr Kostenüberlegungen und die Sicherstellung der Einnahmen des Bundes.

In Bezug auf die Zielsetzung von INSIEME selbst warf die FinDel mehrfach die Frage auf, worauf die Schätzung der ESTV bezüglich der Steuermehrerträge basiere.

Die Antworten der ESTV schienen ihr wenig überzeugend.1845 Anfang 2012 zweifelte dann auch die EFK an deren Realisierbarkeit, ohne die Schätzung selbst überprüft zu haben.1846 Die Wirtschaftlichkeit der neuen, über INSIEME zu schaffenden IT-Lösung stand allerdings nicht im Zentrum der Zielsetzung des Projekts, sondern die Ablösung der Altsysteme.1847

7.2.2.2

Selbstverständnis der FinDel

Möglichkeiten zur Plausibilisierung der erhaltenen Informationen Unbestrittenermassen erhielt die FinDel ­ bis auf solche zu den Gesamtkosten ­ alle Informationen, die sie einverlangte. Diese Informationen wirkten sich aber ­ so scheint es heute ­ in stark unterschiedlicher Art und Weise auf die Meinungsbildung und Entscheidfindung der FinDel aus ­ je nachdem, von wem die Informationen stammten und wie gut die FinDel sie beurteilen konnte.

1842 1843 1844 1845

Siehe dazu Kapitel 6.4.5.

Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 28./29. Nov. 2011, S. 5.

Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 6./7. Febr. 2012, S. 2 f. und 7.

Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 24./25. Juni 2010, ESTV: Zusatzkredit für die Finanzierung des Informatikprojektes INSIEME, S. 3; Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 9./10. Sept. 2010, ESTV: Kreditgeschäft, INSIEME, S. 4­7; und Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 28./29. Nov. 2011, S. 3. Vgl. auch den Jahresbericht 2010 der FinDel an die FK, Ziff. 2.2.3: Eidg. Steuerverwaltung, Projekt INSIEME (BBl 2011 3855, hier 3875).

1846 Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 29./30. März 2012, S. 4.

1847 So explizit auch die EFV zur Erläuterung, weshalb sie die postulierten Mehreinnahmen nie detailliert geprüft habe (Bericht der EFV an die AGI vom 6. Jan. 2014, S. 6).

6682

Die FinDel hätte aber nicht einfach darauf vertrauen müssen, vollständig und wahrheitsgemäss informiert zu werden, auch wenn alle Personen im Dienst des Bundes zu einer entsprechenden Auskunftserteilung verpflichtet waren (Art. 156 Abs. 1 ParlG). Vielmehr hätten der FinDel verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung gestanden, die erhaltenen Informationen soweit notwendig zu überprüfen. Neben eigenem kritischem Nachfragen1848 hätte die FinDel die Möglichkeit gehabt, die EFK ­ im Rahmen ihrer Unabhängigkeit (vgl. Art. 1 Abs. 2 FKG) ­, einen externen Sachverständigen sowie selbstverständlich auch ihr eigenes Sekretariat mit der Plausibilisierung der erhaltenen Informationen zu beauftragen.1849 Davon machte die FinDel jedoch keinen Gebrauch.

Verhältnis zur EFK Im Rahmen ihrer Anhörungen durch die AGI stellten die angehörten ehemaligen Präsidenten der FinDel klar, dass sie es für die Beurteilung der Frage nach einem Aktivwerden der FinDel als entscheidend erachteten, ob der Direktor der EFK (1998­2013) eine solche Intervention für notwendig hielt.1850 So sahen sie es zwar als Aufgabe der FinDel an, den Bundesrat in finanziellen Belangen zu überprüfen; die FinDel sei aber nicht in der Lage, selber aktiv zu werden:1851 Dazu «bräuchte die FinDel einen ganz anderen Apparat».1852 «Es wäre unseriös zu meinen, die sechs Mitglieder der FinDel könnten im lockeren Gespräch mit dem Amtschef oder mit einzelnen Mitarbeitenden wunde Punkte erkennen. Gerade bei Informatikprojekten war eine vernünftige Beurteilung der Abläufe [...] nur mit Hilfe der EFK möglich.»1853 Der Präsident der FinDel der Jahre 2003 und 2007 meinte sogar: «Die Überprüfung inhaltlicher Fragen [...] war nie unsere Aufgabe, sondern Sache der zuständigen Ämter und allenfalls der Informatikrevision durch EFK-eigene Informatiker.»1854 Das sei aber kein Problem; schliesslich sei die EFK das Instrument der FinDel.1855 Insofern erschien es den ehemaligen FinDel-Präsidenten auch selbstverständlich, dass die EFK der FinDel eine Auswahl ihrer Berichte zur vertieften Behandlung

1848

1849 1850

1851 1852 1853 1854 1855

So führte die Präsidentin der FinDel von 2013 an der Sitzung vom 19. Sept. 2012 aus, dass zwar «gewisse Bedenken» bei der Gewährung des Nachtragskredits vorhanden gewesen seien, man aber auf alle kritischen Nachfragen hin zu hören bekommen hätte, dass alles gut sei. Die Richtigkeit dieser Antworten sei schwierig zu beurteilen gewesen (Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 19. Sept. 2012, S. 12). Vgl. Protokoll der AGI vom 26. März 2014, S. 50 (Präsidentin FinDel 2013).

Siehe Kapitel 7.1.3.

Vgl. insbesondere das Protokoll der AGI vom 14. März 2014, S. 57 (Präsident FinDel 2003 und 2007). Vgl. auch das Protokoll der AGI vom 26. März 2014, S. 10 (Präsident FinDel 2010 und 2014). Als ehemaliges Mitglied der FinDel teilte auch der Vorsteher des EFD (2004­2010) diese Einschätzung (Protokoll der AGI vom 8. Nov. 2013, S. 38).

Protokoll der AGI vom 14. März 2014, S. 34 (Präsident FinDel 2004). Vgl. auch Protokoll der AGI vom 26. März 2014, S. 26 ff. und 31 (Präsident FinDel 2011).

Protokoll der AGI vom 14. März 2014, S. 69 (Präsident FinDel 2003 und 2007).

Protokoll der AGI vom 14. März 2014, S. 53 (Präsident FinDel 2003 und 2007).

Protokoll der AGI vom 14. März 2014, S. 54 (Präsident FinDel 2003 und 2007).

Vgl. auch Protokoll der AGI vom 26. März 2014, S. 25 (Präsident FinDel 2011).

Protokoll der AGI vom 26. März 2014, S. 28 (Präsident FinDel 2011). Ebenso der Vorsteher des EFD (2004­2010) (Protokoll der AGI vom 8. Nov. 2013, S. 44).

6683

empfahl,1856 und dass der Direktor der EFK (1998­2013) gemäss Praxis der FinDel an all ihren Sitzungen zu INSIEME teilgenommen hatte.1857 Denn letztlich müsse die Oberaufsicht nur aktiv werden, wenn sie über ihre normalen Mittel1858 oder von aussen auf einen gewissen «Anfangsverdacht» hingewiesen werde.1859 Verhältnis zum EFD Auch zum EFD als zu beaufsichtigende Verwaltungseinheit bestand aufgrund dessen Aufgabe in Bezug auf den Finanzhaushalt aus Sicht verschiedener Vertreter der FinDel, die von der AGI angehört wurden, ein besonders enges Verhältnis.1860 So betrachtete sich die FinDel «bei der Aufsicht über die Finanzen des Bundes [...] als Partnerin des Finanzministers und des Direktors der EFV. Wir hatten die gleichen Ziele. Es ist die Aufgabe des Finanzministers, dafür zu sorgen, dass finanziell alles im richtigen Rahmen läuft.»1861 Entsprechend war gemäss dem Präsidenten der FinDel von 2004 «an fast jeder FinDel-Sitzung [...] der verantwortliche Finanzminister anwesend» und es war auch üblich, «dass der Präsident der FinDel mit dem Finanzminister eine längere Vorbesprechung zu den traktandierten Themen durchführte».1862 «Die FinDel erachtete es also als wichtig, die Spitze des EFD über ihre Diskussionen und Interventionen zu informieren.»1863 Insofern schien es auch selbstverständlich,1864 dass die Vorstehenden des EFD1865 alle Protokolle der FinDel

1856

1857 1858 1859 1860

1861 1862 1863 1864

1865

Wobei die Berichte zu INSIEME von der EFK allesamt zur Besprechung vorgeschlagen worden waren, weil sie die FinDel seit März 2002 aufgrund der Vorgeschichte zur Informatik der ESTV auf dem Laufenden halten wollte (vgl. Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 29./30. Aug. 2006, S. 3). Siehe auch Protokoll der AGI vom 14. März 2014, S. 39 (Präsident FinDel 2004).

Siehe dazu Kapitel 6.6.8.

«Die internen Informationen kamen immer über die EFK» (Protokoll der AGI vom 14. März 2014, S. 35 [Präsident FinDel 2004]).

Protokoll der AGI vom 14. März 2014, S. 69 (Präsident FinDel 2003 und 2007).

So insb. der Präsident der FinDel von 2003 und 2007 (Protokoll der AGI vom 14. März 2014, S. 51 und 58). Vgl. auch Protokoll der AGI vom 26. März 2014, S. 55 (Präsidentin FinDel 2013).

Protokoll der AGI vom 14. März 2014, S. 44 (Präsident FinDel 2004). Ebenso: Protokoll der AGI vom 14. März 2014, S. 62 (Präsident FinDel 2003 und 2007).

Protokoll der AGI vom 14. März 2014, S. 38. Vgl. auch Protokoll der AGI vom 14. März 2014, S. 53 (Präsident FinDel 2003 und 2007).

Protokoll der AGI vom 14. März 2014, S. 62 (Präsident FinDel 2003 und 2007).

Explizit sagte das der Präsident der FinDel von 2004 (Protokoll der AGI vom 14. März 2014, S. 44). Vgl. auch Protokoll der AGI vom 26. März 2014, S. 14 f. (Präsident FinDel 2010 und 2014).

Die Vorstehenden des EFD machten die Protokolle nach Bedarf dem eigenen Stab zugänglich (vgl. Protokolle der AGI vom 9. Okt. 2013, S. 56 [Generalsekretär EFD seit 2010]; vom 28. Okt. 2013, S. 28 [Vorsteher EFD 1996­2003]; und vom 8. Nov. 2013 [Vorsteher EFD 2004­2010]).

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integral erhielten,1866 ohne dass damit ein besonderer Auftrag verbunden gewesen wäre.1867 Auch die EFD-Vorstehenden erachteten die FinDel als besondere Partnerin1868 und die Möglichkeit, Probleme mit ihr zu diskutieren, als grosse Unterstützung1869. Die vom Generalsekretär des EFD (seit 2010) dargelegte Rolle der FinDel als «Sparringpartner» und «Soundingboard»1870 wurde hingegen von den angehörten Vertretern der FinDel weitgehend zurückgewiesen.1871 Verschiedene ehemalige Präsidenten der FinDel waren sich zwar ­ mehr oder weniger1872 ­ der Möglichkeiten bewusst, die ihnen zur Verfügung gestanden hätten, um ihren Erkenntnissen Nachdruck zu verleihen.1873 Es herrschte allerdings die Vorstellung, «Unzulänglichkeiten so lange wie möglich zusammen mit der Verwaltung zu korrigieren zu versuchen».1874 Kritik wurde zwar angebracht, ohne aber die Konfrontation oder gar den Gang an die Öffentlichkeit zu suchen; dies in der Hoffnung, im Gespräch mehr zu erreichen,1875 so dass am Ende der Diskussionen ein Konsens über das weitere Vorgehen resultieren würde.1876

1866

1867

1868 1869

1870 1871

1872

1873

1874 1875

1876

Ziff. 8 Bst. b Weisungen der Finanzkommissionen und der Finanzdelegation der eidgenössischen Räte vom 19. Nov. 2004 über die Behandlung ihrer Protokolle und Unterlagen; Art. 22 Abs. 3 Reglement für die Finanzkommissionen und die Finanzdelegation der eidgenössischen Räte vom 8. Nov. 1985 (AS 1986 116), aufgehoben per 1. Jan. 2012 (AS 2011 5859, hier 5861). Im Nachhinein fanden allerdings auch verschiedene Präsidenten der FinDel, dass es sich dabei nicht um eine adäquate Lösung gehandelt hatte. So hätte «zumindest eine gewisse Triage [...] vorgenommen werden müssen» (Protokoll der AGI vom 14. März 2014, S. 63 [Präsident FinDel 2003 und 2007]). Eine der Lehren der FinDel aus dem Abbruch von INSIEME sei, dass nun keine solche Informationspolitik mehr bestehe (Protokoll der AGI vom 26. März 2014, S. 54 f. [Präsidentin FinDel 2013]).

So bestand denn auch nicht eine einheitliche Auffassung dazu, ob mit der Weiterleitung auch eine Auftragsvergabe verbunden war bzw. wofür die EFD-Vorstehenden die erhaltenen Informationen hätten verwenden sollen. Vgl. z. B. die Protokolle der AGI vom 9. Okt. 2013, S. 33 (Vorsteherin EFD seit 2010); vom 28. Okt. 2013, S. 28 (Vorsteher EFD 1996­2003); vom 14. März 2014, S. 45 (Präsident FinDel 2004); und vom 26. März 2014, S. 14 (Präsident FinDel 2010 und 2014).

Protokolle der AGI vom 28. Okt. 2013, S. 21 (Vorsteher EFD 1996­2003), und vom 8. Nov. 2013, S. 45 (Vorsteher EFD 2004­2010).

Protokoll der AGI vom 9. Okt. 2013, S. 33 (Vorsteherin EFD seit 2010). Sogar der Direktor der ESTV hielt fest, dass er die Befassung der FinDel mit INSIEME als sehr motivierend und konstruktiv empfand (Protokoll der AGI vom 10. Juni 2013, S. 65).

Protokoll der AGI vom 9. Okt. 2013, S. 56.

Protokoll der AGI vom 14. März 2014, S. 18 (Präsident FinDel 2003 und 2007); Protokoll der AGI vom 26. März 2014, S. 18 f. (Präsident FinDel 2010 und 2014) und S. 35 (Präsident FinDel 2011). Der Präsident der FinDel von 2004 äusserte sich dagegen positiv zu dieser Rolle (Protokoll der AGI vom 14. März 2014, S. 47).

Weder der Präsident der FinDel von 2011 noch die Präsidentin der FinDel von 2013 führten gegenüber der AGI Massnahmen in Bezug auf die Schaffung von Öffentlichkeit auf (Protokoll der AGI vom 26. März 2014, S. 26 und 48).

Protokoll der AGI vom 14. März 2014, S. 35 (Präsident FinDel 2004) und
S. 51 (Präsident FinDel 2003 und 2007); Protokoll der AGI vom 26. März 2014, S. 7 (Präsident FinDel 2010 und 2014).

Protokoll der AGI vom 14. März 2014, S. 62 (Präsident FinDel 2003 und 2007).

Protokoll der AGI vom 14. März 2014, S. 51, 61 und 65 (Präsident FinDel 2003 und 2007). Vgl. auch Protokoll der AGI vom 26. März 2014, S. 7 und 10 (Präsident FinDel 2010 und 2014).

Protokoll der AGI vom 9. Okt. 2013, S. 56 (Generalsekretär EFD seit 2010).

6685

Dementsprechend trat die FinDel nach 20061877 erstmals wieder mit ihrem Jahresbericht 2010 bezüglich INSIEME in der Öffentlichkeit in Erscheinung. Die Berichterstattung blieb allerdings neutral1878 und die Medienmitteilung zur Veröffentlichung enthielt keine Nennung von INSIEME.1879 Auch als die FinDel Mitte 2011 dringenden Handlungsbedarf erkannte, informierte sie die Öffentlichkeit nicht. Erst mit der Publikation des Tätigkeitsberichts 2011 und der entsprechenden Medienmitteilung am 20. April 2012 positionierte sich die FinDel in der Öffentlichkeit klar kritisch gegenüber dem Gesamtvorhaben INSIEME.1880 In Bezug auf die Behandlung der Voranschläge in den FK stellte die FinDel während der gesamten Laufzeit von INSIEME nie einen Antrag und gab auch nie Empfehlungen ab.

Tatsächliche Plausibilisierung der erhaltenen Informationen Auf der Basis ihrer engen Beziehungen sowohl zur EFK als auch zum EFD sah die FinDel keinen Anlass für Aufträge an Dritte «oder dafür, im Sekretariat jemanden mit besonderen Aufgaben zu betrauen».1881 Vielmehr vertraute die FinDel während der gesamten Dauer von INSIEME darauf, dass die vonseiten der Verwaltung erhaltenen Zusicherungen auch den Tatsachen entsprachen,1882 oder dass die EFK schon intervenieren würde.1883 So liess sich die FinDel lange vonseiten des EFD (inkl. ESTV) in Bezug auf die Situation von INSIEME beruhigen.1884 Gerade der Vorsteher des EFD (2004­2010) und seine Generalsekretärin (2007­2010) vermittelten der FinDel trotz vorhandener 1877 1878 1879

1880

1881

1882 1883

1884

Jahresbericht 2005 der FinDel an die FK, Ziff. 5.6.3: Eidg. Steuerverwaltung (ESTV); Informatikprojekte (BBl 2006 4099, hier 4141).

Jahresbericht 2010 der FinDel an die FK, Ziff. 2.2.3: Eidg. Steuerverwaltung, Projekt INSIEME (BBl 2011 3855, hier 3875).

Die Finanzdelegation der eidg. Räte veröffentlicht ihren Tätigkeitsbericht 2010, Medienmitteilung der FinDel vom 8. April 2011 (abrufbar unter: www.parlament.ch > Service und Presse > Medienmitteilungen [Stand: 5. Aug. 2014]).

Jahresbericht 2011 der FinDel an die FK, Ziff. 3.6.1: ESTV: Informatikprojekt INSIEME, Informationsbesuch bei der ESTV (BBl 2012 6993, hier 7035); Die Finanzdelegation der eidg. Räte veröffentlicht ihren Tätigkeitsbericht 2011, Medienmitteilung der FinDel vom 20. April 2012, (abrufbar unter: www.parlament.ch > Service und Presse > Medienmitteilungen [Stand: 5. Aug. 2014]).

So der Präsident der FinDel von 2003 und 2007 (Protokoll der AGI vom 14. März 2014, S. 53), der weiter ausführte: «Zu vertiefenden Prüfungen von Fachleuten über die EFK hinaus kam es nicht.» Vgl. auch Protokoll der AGI vom 14. März 2014, S. 48 (Präsident FinDel 2004).

Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 6./7. Sept. 2012, S. 8.

Protokoll der AGI vom 14. März 2014, S. 53 (Präsident FinDel 2003 und 2007): «Wir stützten uns auf die EFK und verliesssen uns auf die Berichterstattung des Departements bzw. des Amtes.» Und ähnlich nochmals auf S. 55: «Im Rahmen der Pendenzenkontrolle waren wir darauf angewiesen, dass uns [...] die EFK auf möglicherweise unzulängliche Antworten hinweist. Es war klar, dass die drei Ständeräte und die drei Nationalräte [...]

nicht den Überblick darüber hatten, was ein halbes oder drei Viertel Jahre zuvor besprochen wurde.» Ähnlich äusserte sich auch die Präsidentin der FinDel von 2013 (Protokoll der AGI vom 26. März 2014, S. 51). An dieser Einschätzung hätte nach Ansicht der Oberaufsichtskommissionen aller Wahrscheinlichkeit nach auch die Weiterleitung der kritischen Hinweise aus der anonymen E-Mail vom 12. Okt. 2009 an die FinDel nichts geändert.

Symptomatisch ist die Berichterstattung eines Mitglieds der FinDel in der FK-N 2011, wonach sie jetzt den Direktor der ESTV (2000­2012) «nicht nur bei seiner Ehre, sondern auch bei seiner Würde gepackt» hätten (Protokoll der FK-N vom 7./8. April 2011, S. 64).

Vgl. dazu auch Kapitel 4.3.4 und 4.4.

6686

Problemhinweise «das Gefühl, man habe die Situation im Griff».1885 Im Nachhinein waren sich die ehemaligen Präsidenten der FinDel jedoch nicht mehr sicher, ob sie «alle Informationen erhielten, die für eine Beurteilung nützlich gewesen wären». Es wurde sogar die Frage aufgeworfen, ob die erhaltenen Informationen teilweise nicht den Tatsachen entsprachen.1886

7.2.2.3

Rolle und Funktionsweise der EFK

Falsche Vorstellung der Rolle der EFK Die Oberaufsichtskommissionen anerkennen, dass der EFK eine herausragende Rolle in Bezug auf die Wahrnehmung der Oberaufsichtsfunktion durch die FinDel zukommen musste. So wird der EFK denn auch bereits im Finanzkontrollgesetz eine entsprechende Aufgabe übertragen.1887 Dazu gehört, dass die EFK der FinDel in Bezug auf deren Aufgabenwahrnehmung beratend zur Seite steht. Nach Ansicht der FK und GPK gehört auch dazu, dass sie entsprechende Einschätzungen abgibt ­ wie sie es in Bezug auf INSIEME auch getan hat.

Die EFK ist aber eine unabhängige Fachbehörde, die selbständig entscheidet, was und wie intensiv sie prüft.1888 Ihr Fokus liegt dabei auf den finanztechnischen Gesichtspunkten. Diesbezüglich anerkennen die Oberaufsichtskommissionen durchaus, dass sich die EFK ­ begleitet von der FinDel und vom EFD ­ einer allgemeinen Qualitätsüberprüfung durch den deutschen Bundesrechnungshof unterziehen liess, die positiv ausfiel.1889 Die Überprüfung bezog sich allerdings auf die Aufgabe der EFK als Finanzkontrollorgan.

Die FinDel verfolgt nicht die gleichen Zielsetzungen wie die EFK.1890 So ist die EFK nicht Teil der parlamentarischen Oberaufsicht1891 ­ sie arbeitet ja auch für den Bundesrat1892 ­ und weder legitimiert, über den politischen Handlungsbedarf zu 1885

1886

1887

1888 1889

1890 1891 1892

Protokoll der AGI vom 26. März 2014, S. 50 und 56 (Präsidentin FinDel 2013). Allerdings teilte der Vorsteher des EFD (2004­2010) der FinDel auch mit, dass er klar der Ansicht sei, dass die Verantwortung bei der ESTV liege, weshalb er sich nicht weiter um das Projekt kümmere (Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 19./20. Mai 2009, S. 3 [die Aussage wurde im Rahmen der Vorbesprechung der FinDel-Sitzung gemacht]). Im Rahmen ihrer Anhörungen durch die AGI zeigten sich der Präsident der FinDel von 2010 und 2014 sowie die Präsidentin von 2013 mit dieser Aussage klar nicht (mehr) einverstanden (Protokoll der AGI vom 26. März 2014, S. 16 und 56).

So explizit der Präsident der FinDel von 2010 und 2014 (Protokoll der AGI vom 26. März 2014, S. 9 [inkl. zitierter Stelle]). Ein Mitglied der FK-N warf im Rahmen der Berichterstattung zum Informationsbesuch von 2012 die Frage auf, ob die Oberaufsicht «an der Nase herumgeführt worden» war (Auszug aus dem Protokoll der FK-N vom 5. Juli 2012, S. 4).

Vgl. insbesondere Art. 1 Abs. 1 Bst. a FKG (SR 614.0). Vgl. auch die Botschaft vom 22. Juni 1998 betreffend die Revision des Bundesgesetzes über die Eidgenössische Finanzkontrolle (FKG) (BBl 1998 V 4703, hier 4707).

Vgl. dazu Kapitel 6.2.1.

Gute Ergebnisse einer Überprüfung der Eidg. Finanzkontrolle, Medienmitteilung der FinDel vom 13. Juli 2005 . Vgl. dazu auch die Ausführungen verschiedener ehemaliger Präsidenten der FinDel (Protokoll der AGI vom 14. März 2014, S. 39 und 41 [Präsident FinDel 2004], sowie S. 59 f. [Präsident FinDel 2003 und 2007]).

Der Präsident der FinDel von 2004 war allerdings explizit der Meinung, die FinDel und die EFK hätten dieselben Zielsetzungen (Protokoll der AGI vom 14. März 2014, S. 44).

Protokoll der AGI vom 14. März 2014, S. 57 (Präsident FinDel 2003 und 2007).

Art. 1 Abs. 1 Bst. b FKG (SR 614.0). Siehe dazu Kapitel 6.6.1.

6687

urteilen, noch ist dies ihre Aufgabe. Die Verantwortung für die Wahrnehmung dieser Aufgabe trägt alleine die FinDel. Eine Vermischung dieser Rollen ist letztlich der jeweiligen Unabhängigkeit von EFK und FinDel abträglich.1893 Deshalb ist aus Sicht der Oberaufsichtskommissionen eine klarere Trennung dieser beiden Funktionen vorzunehmen. So erachten es die FK und GPK z. B. weder als sinnvoll noch als notwendig,1894 dass Kontakte zwischen der EFK und den Departementsvorstehenden weitestgehend im Rahmen von FinDel-Sitzungen stattfinden.1895 Auch darf es auf der Basis der dargestellen Rollenteilung keine «stille» Selektion bei der Informationsbereitstellung der EFK geben, also eine Selektion auf der Basis von nicht klar vereinbarten Kriterien; weder über die Vorschläge der EFK, welche Berichte in der FinDel behandelt werden sollten, noch auf andere Weise. Die FinDel entscheidet selbst und unabhängig über die Ausübung ihrer Informationsrechte (Art. 153 Abs. 6 ParlG).

Demgegenüber enthielt aber z. B. die gemäss Artikel 14 Absatz 1 FKG zu erstellende Zusammenfassung der EFK zuhanden der FinDel zum Prüfbericht vom 18. Mai 2005, die als Basis für den Drehbuchbeitrag des SPFA diente, nur selektive Hinweise auf Probleme. Informationen zu den aufgedeckten lückenhaften Kostenkontrollen, den Kosten- und Terminüberschreitungen sowie zur Nichteinhaltung der beschaffungsrechtlichen Bestimmungen fanden sich nur im Bericht der EFK.1896 Eine Diskussion über diese Probleme fand denn in der FinDel zu jenem Zeitpunkt auch nicht statt.1897 Ebenso waren in der Zusammenfassung zur Projektprüfung von 2008 keine Probleme beim Beschaffungsrecht aufgeführt, obwohl die EFK solche aufgedeckt hatte.1898 Entsprechend fanden diese auch keinen Niederschlag in der FinDel.1899 Es ist zudem unklar, an welchen Kriterien sich die EFK bei ihren Beurteilungen zuhanden der FinDel orientiert.1900 Deshalb erachten es die FK und GPK als notwendig, die Einschätzungen der EFK bezüglich der Aufgabenwahrnehmung durch die FinDel sowohl auf ihre Plausibilität als auch auf ihre politische Opportunität hin zu prüfen ­ gerade auch vor dem Hintergrund der hervorgehobenen Rolle der EFK.

Die Unabhängigkeit der FinDel verlangt eine solche Klärung. Dass es sich dabei nicht einzig um eine Misstrauensbekundung gegenüber der EFK handelt, zeigt sich auch darin, dass die mündlichen Auskünfte des Direktors der EFK (1998­2013) an den Sitzungen der FinDel einerseits offenbar nicht immer dem aktuellsten Wissens1893 1894

1895

1896 1897 1898 1899 1900

Bezüglich EFK siehe dazu auch Kapitel 6.6.8.

Demgegenüber betrachtete es der Präsident der FinDel von 2004 «als einen Vorteil, wenn der Direktor der EFK einem Bundesrat mit dem Rückhalt der FinDel gegenübertreten kann» (Protokoll der AGI vom 14. März 2014, S. 46). Siehe auch Protokoll der AGI vom 14. März 2014, S. 67 (Präsident FinDel 2003 und 2007).

Gemäss Auskunft des aktuellen Direktors der EFK ist dies allerdings der Fall (Protokoll der AGI vom 27. Febr. 2013, S. 14). Offenbar wurden solche Gespräche auch dazu genutzt, das in Art. 15 Abs. 3 FKG (SR 614.0) vorgesehene Verfahren zu umgehen. Dazu und zur Empfehlung, in Zukunft vermehrt auch eigenständige Kontakte der EFK mit den Departementen vorzusehen, siehe Kapitel 6.6.1.

Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 27./28. Juni 2005, S. 1 f.

Auszüge aus den Protokollen der FinDel vom 27./28. Juni 2005 und vom 29./30. Aug.

2005.

Siehe dazu Kapitel 6.4.1 und 6.6.8.

Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 14./15. April 2009.

Siehe dazu Kapitel 6.6.8.

6688

stand der EFK entsprachen und andererseits nicht unbedingt auf tatsächlich vorliegenden Informationen basierten ­ wie die FK und GPK feststellen mussten. So führte er z. B. an der Sitzung der FinDel vom 2./3. Juli 2007 aus, dass das Projekt INSIEME auf Kurs sei, weshalb kein Handlungsbedarf für die FinDel bestehe.1901 Tatsächlich zeigten die Ergebnisse des Auditberichts der Firma Capgemini vom 22. März 2007, die der EFK ­ wohl aber nicht deren Direktor ­ gut bekannt waren, jedoch klar auf, dass grosse Probleme bestanden.1902 Auch äusserte sich der Direktor der EFK (1998­2013) an der Sitzung der FinDel vom 14./15. April 2009 dahingehend, dass die Empfehlungen der EFK aus der Projektprüfung von 2008 in der ESTV positiv aufgenommen worden seien und deren Umsetzung deshalb auf gutem Wege sei. Erneut sah er deshalb keinen Handlungsbedarf für die parlamentarische Oberaufsicht.1903 Tatsächlich hatte die EFK die Umsetzung ihrer Empfehlungen bis dahin nicht überprüft. Über den Stand der Umsetzung lagen keinerlei aktuelle Informationen vor.

Im Zusammenhang mit dem Beschluss des Bundesrats, ein Monitoring zur Umsetzung von INSIEME einzurichten,1904 führte der Direktor der EFK (1998­2013) aus, dass die EFK davon ausgehe, dass das FISP ESTV gewisse Prüfungen zur Qualität des Reportings und des Controllings vornehme.1905 Diese Annahme konnte sich jedoch auf keine ihm vorliegenden Informationen stützen und erwies sich letztlich als falsch.1906 Vor diesem Hintergrund erachten es die Oberaufsichtskommissionen als notwendig, dass sich die FinDel in Zukunft nicht einzig auf die EFK als Quelle abstützt1907 und unabhängig von der EFK entscheidet, inwieweit aus Sicht der parlamentarischen Oberaufsicht Handlungsbedarf besteht.1908

1901 1902 1903 1904 1905

Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 2./3. Juli 2007, S. 2 f.

Siehe dazu Kapitel 6.3.5.

Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 14./15. April 2009, S. 2 ff.

Siehe dazu Kapitel 5.3.1.3.

Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 9./10. Sept. 2010, ESTV: Kreditgeschäft, INSIEME, S. 6.

1906 Der weitere Verlauf dieser Angelegenheit war nicht optimal: So konnten die in der Folge durchgeführten Abklärungen die Frage allfälliger bisheriger Prüfungen durch das FISP ESTV eigentlich nicht klären (vgl. Schreiben der FinDel an das EFD vom 11. Okt. 2010; Schreiben des Vorstehers des EFD [2004­2010] an die FinDel vom 21. Okt. 2010; E-Mail der ESTV an das SPFA vom 10. Nov. 2010 mit Verweis auf die Geschäftsordnung des FISP ESTV vom 8. Okt. 2002, Art. 10). Der Drehbuchbeitrag des SPFA für die Sitzung der FinDel vom 25. Nov. 2010 vermittelte allerdings den Eindruck, dass solche Kontrollen tatsächlich stattfinden würden (Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 25./26. Nov. 2010, S. 1). Siehe dazu Kapitel 6.4.3.

1907 Gerade so aber der Präsident der FinDel von 2011, der ergänzend sogar meinte: «Wir hatten wie gesagt die Berichte der EFK, die unser Instrument waren. Was verwaltungsintern gelaufen ist, weiss ich nicht» (Protokoll der AGI vom 26. März 2014, S. 28 f.).

1908 Dass die Handlungsempfehlungen der EFK an die FinDel kaum hinterfragt wurden, geht u. a. hervor aus dem Protokoll der AGI vom 26. März 2014, S. 12 f. (Präsident FinDel 2010 und 2014).

6689

Mangelhafte Kenntnis der Funktionsweise der EFK Die Inspektion der FK und GPK zeigte, dass sich die FinDel stark auf die EFK abstützte, obwohl ihr nicht hinreichend klar war, wie diese ihre Aufgaben tatsächlich erfüllte.1909 So führte die EFK z. B. weder in regelmässigen Abständen noch unmittelbar nach Ablauf der Umsetzungsfristen systematisch Nachkontrollen bezüglich abgegebener Empfehlungen durch.1910 Viele ehemalige Präsidenten der FinDel gingen aber davon aus, dass dies so sei,1911 bzw. dass es bei INSIEME so hätte sein sollen.1912 Tatsächlich wurde bezüglich INSIEME nur der Grossteil der prioritären Empfehlungen im Rahmen der Folgeprüfungen von 2006 und 2011 nachkontrolliert.1913 Die Folgeprüfung von 2011 fand allerdings erst drei Jahre nach Vorliegen des Prüfberichts und rund zweieinhalb Jahre nach Ablauf der letzten Umsetzungsfristen statt.1914 Während dieser zweieinhalb Jahre hatte die EFK keinerlei Informationen zum Stand der Umsetzungen ihrer Empfehlungen und wusste nicht, dass ein Grossteil ihrer Empfehlungen nicht umgesetzt worden war.1915 Trotzdem erteilte der Direktor der EFK (1998­2013) gegenüber der FinDel Auskünfte zum Umsetzungsstand.1916 Die FinDel ging in den allermeisten Fällen davon aus, sich über die Berichterstattung der EFK einen Überblick über den Umsetzungsstand der Empfehlungen verschaffen zu können.1917 Nur schon aufgrund dieser Nachkontroll-Praxis konnte die EFK ihrer Pflicht nach Artikel 14 Absatz 3 FKG, unter anderem die FinDel in ihrem Jahresbericht über Pendenzen bei der Umsetzung ihrer Empfehlungen zu informieren, nicht angemessen nachkommen.1918 Inwiefern dies der FinDel bewusst war, muss hier offen bleiben. Dass eine entsprechende Informationspflicht der EFK bestanden hätte, war dem Präsidenten der FinDel von 2010 und 2014 sowie der Präsidentin der FinDel von 2013 nicht bekannt,1919 wogegen die Präsidenten der FinDel von 2004 und 2011 der 1909

1910 1911

1912

1913 1914 1915 1916

1917 1918 1919

Der Präsident der FinDel von 2010 und 2014 hielt im Rahmen seiner Anhörung durch die AGI fest: «Wir kümmerten uns nie um die Frage, wie die EFK ihre Arbeit macht» (Protokoll der AGI vom 26. März 2014, S. 13).

Protokoll der AGI vom 14. Okt. 2013, S. 23 (Direktor EFK 1998­2013).

Protokolle der AGI vom 14. Okt. 2013, S. 55 (Präsident FinDel 2012); vom 14. März 2013, S. 41 (Präsident FinDel 2004, der aufgrund der erfolgreich bestandenen Überprüfung durch den Bundesrechnungshof zu diesem Schluss kam) und S. 59 (Präsident FinDel 2003 und 2007); sowie vom 26. März 2014, S. 12 (Präsident FinDel 2010 und 2014) und S. 31 (Präsident FinDel 2011).

Protokoll der AGI vom 26. März 2014, S. 53 f. (Präsidentin FinDel 2013; allerdings ging sie auch davon aus, dass die FinDel bei wichtigen Empfehlungen der EFK selbst eine Nachkontrolle durchführe).

Die Umsetzung von Empfehlungen tieferer Gewichtung wurde hingegen weitestgehend nicht nachkontrolliert; siehe dazu Kapitel 6.6.9.

Auszug aus dem elektronischen Empfehlungcontrolling (i-world) der EFK vom 28. Aug.

2013.

EFK-Bericht vom Januar 2012, S. 23; Schreiben der EFK an die AGI vom 12. Dez. 2013, Beilage 3.

Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 14./15. April 2009, S. 2 ff. Vgl. auch Protokoll der AGI vom 26. März 2014, S. 53. Hier hält die Präsidentin der FinDel von 2013 gegenüber der AGI denn auch fest, dass der Direktor der EFK jeweils ganz generell über den Umsetzungsstand der Empfehlungen informiert habe.

Protokoll der AGI vom 14. März 2014, S. 42 (Präsident FinDel 2004) und S. 60 (Präsident FinDel 2003 und 2007).

Siehe dazu Kapitel 6.6.10.

Protokoll der AGI vom 26. März 2014, S. 13 (Präsident FinDel 2010 und 2014), und S. 54 (Präsidentin FinDel 2013).

6690

Überzeugung waren, die EFK habe ihre Pflicht stets erfüllt.1920 Tatsächlich hat sie jedoch nie Pendenzen ausgewiesen. Inwiefern dies damit im Zusammenhang steht, dass die EFK ­ nach eigenen Angaben ­ grundsätzlich von der Annahme ausgeht, dass akzeptierte Empfehlungen von den Verwaltungseinheiten auch umgesetzt würden,1921 kann hier offen bleiben. Letztlich bestand in ihren Augen schlicht keine Pendenz. Entsprechend hatte die FinDel vom tatsächlichen Umsetzungstand der Empfehlungen aus der Projektprüfung von 2008 keine Kenntnis.

Ob sich die Mitglieder der FinDel bewusst waren, dass die EFK ihre Information an die FinDel darüber hinaus nach eigenen Kriterien selektierte,1922 muss ebenfalls offen bleiben. Die FK und GPK erachten jedoch die vollständige Information der Oberaufsichtsorgane als wesentliche Funktionsvoraussetzung. Eine Informationsselektion auf der Basis nicht klarer bzw. nicht vonseiten der Oberaufsicht festgelegter Kriterien beeinträchtigt die Aufgabenwahrnehmung der FinDel.

Nutzung der Informationen der EFK Die FinDel stützte sich wie dargelegt stark auf die Beurteilungen der EFK ab.

Brachte sich diese allerdings nicht selbst in die Beratungen der FinDel ein, wurden ihre Erkenntnisse nicht systematisch in die Entscheidfindung der FinDel einbezogen.

So befasste sich die FinDel im Herbst 2010 aufgrund des beantragten Zusatz- und Nachtragskredits mit Vorschuss mit dem Projekt. Es fand eine Aussprache mit dem Direktor der ESTV (2000­2012) statt, der die Notwendigkeit des Vorschusses damit begründete, dass eine ordentliche Beantragung das Projekt unterbrochen hätte.1923 Letztlich nahm die FinDel nicht nur vom Nachtrag Kenntnis, sondern stimmte auch dem Vorschuss zum Nachtragskredit zu.1924 Die EFK hatte aber bereits in ihrem Bericht vom 18. Dezember 2008 darauf hingewiesen, dass eine fundierte Mittelbedarfsplanug zu erstellen sei, damit letztlich die benötigen Mittel problemlos ­ sprich in den regulären Verfahren ­ beantragt werden könnten.1925 In Kenntnis dieser Aufforderung hätte der Vorschuss wohl abgelehnt werden müssen, denn offenbar hatte nichts anderes als mangelhafte Planung bei der Kreditbeantragung zur Dringlichkeit der zusätzlichen Mittel im Umfang von 8 Millionen Franken geführt. Eine mangelhafte Planung kann eine Dringlichkeit und damit eine

1920 1921 1922

1923

1924

1925

Protokolle der AGI vom 14. März 2014, S. 42 (Präsident FinDel 2004), sowie vom 26. März 2014, S. 31 (Präsident FinDel 2011).

Protokoll der AGI vom 27. Febr. 2013, S. 12 (Vizedirektor EFK 2000­2013).

So in Bezug auf ihre Vorschläge, welche Berichte der EFK im Rahmen von FinDelSitzungen zu besprechen seien, oder auch in Bezug auf mündliche Interventionen seitens der EFK-Vertretung an den Sitzungen der FinDel. Siehe dazu Kapitel 6.6.8.

Präsentation der ESTV, Gesamtvorhaben INSIEME, NK II / 2010 ­ Vorschuss, Folie 9 f.; Beilage zum Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 9./10. Sept. 2010, ESTV: Kreditgeschäft, INSIEME. Vgl. auch Finanzierung des Informatikprojekts INSIEME der Eidg.

Steuerverwaltung, Stellungnahme der ESTV zuhanden der FinDel betreffend den beantragten Vorschuss zum NK II/2010 vom 18. Juni 2010.

Bei einem Antrag auf einen Nachtragskredit mit Vorschuss handelt es sich um einen nachträglich zu bewilligenden Voranschlagskredit, der notwendig ist, weil kein ausreichender Voranschlagskredit zur Verfügung steht (Nachtragskredit) und dessen Bewilligung keinen Aufschub duldet (Vorschuss), vgl. Art. 34 Abs. 1 FHG (SR 611.0).

EFK-Bericht vom 18. Dez. 2008, S. 17. Vgl. auch den EFK-Jahresbericht 2009, S. 28 (abrufbar unter: www.efk.admin.ch > Publikationen > Jahresberichte [Stand: 5. Aug.

2014]).

6691

legitime Umgehung der Finanzhoheit des Parlaments aber nicht begründen.1926 Der an der entsprechenden Sitzung der FinDel teilnehmende Direktor der EFK (1998­ 2013) äusserte sich jedoch nicht zu diesem Aspekt,1927 weshalb die Information letztlich ungenutzt blieb.1928 Der damalige Präsident der zuständigen Subkommission der FK-N äusserte sich diesbezüglich gegenüber dem Direktor der ESTV (2000­ 2012) allerdings klar und deutlich und verurteilte das Vorgehen der ESTV bzw. des EFD bei der Kreditbeantragung.1929 Als Beispiel für die suboptimale Nutzung der Informationen der EFK sei hier genannt, dass der Präsident der FinDel von 2012 im Rahmen seiner Ausführungen vor der AGI festhielt, dass die FinDel nach dem Informationsbesuch ihrer Subdelegation im Juni 2012 die Ziele von INSIEME wieder als erreichbar erachtete, weil sie der Ansicht war, die ESTV sei «jetzt personell gut aufgestellt und habe die Probleme so weit in den Griff bekommen, dass das Projekt ­ wenn auch unter Schwierigkeiten ­ zu Ende geführt werden kann».1930 Weshalb die Auskünfte der ESTV als glaubwürdig erachtet wurden, nachdem die FinDel das Projekt nur kurz zuvor auf der Basis einer Projektprüfung der EFK als kritisch beurteilt hatte, bleibt offen. Weder im Rahmen der Berichterstattung der Subdelegation an der Sitzung der FinDel vom 25. Juni 2012 noch anlässlich der Berichterstattung der zuständigen Subkommission der FK-N an der Sitzung der FK-N vom 5. Juli 2012 äusserte sich der damals anwesende Direktor der EFK (1998­2013) zu dieser Einschätzung oder gab eine eigene ab. INSIEME wurde nur drei Monate nach diesem Besuch abgebrochen.

1926

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1929

1930

Vgl. dazu Art. 27 Abs. 1 und Art. 33 Abs. 1 FHG (SR 611.0). Demnach bedeutet Dringlichkeit im Sinne von Art. 28 Abs. 1 und Art. 34 Abs. 1 FHG, dass nur durch die sofortige Bewilligung des anbegehrten Kredits ein finanzieller oder sonstiger Schaden für die Eidgenossenschaft abgewendet werden kann. Die Dringlichkeit ergibt sich aus der Unmöglichkeit, das ordentliche Verfahren zu beschreiten.

Die EFK sei auch nie für die Beurteilung der Kreditbegehren beigezogen worden (Protokoll der AGI vom 14. Okt. 2013, S. 18 [Direktor EFK 1998­2013]). Siehe dazu auch Protokoll der AGI vom 26. März 2014, S. 21: Der Präsident der FinDel von 2010 und 2014 hielt auf die Frage des Präsidenten der AGI, ob die FinDel über Informationen zum Stand der Umsetzung der Empfehlungen der EFK zu INSIEME vom Dezember 2008 verfügte, als sie über die Kreditbegehren beriet, fest: «Der Direktor der EFK war an der Sitzung dabei und gab seine Beurteilung des Geschäfts ab, was für uns ausreichend war.» Inwiefern diese Information tatsächlich dazu geführt hätte, dass die FinDel den Vorschuss abgelehnt hätte, ist auch deshalb unklar, weil die FinDel dem Vorschuss zustimmte, obwohl die Frage, wie der ausgewiesene Gesamtnutzen auf 200 Millionen Franken beziffert werden konnte, unbeantwortet blieb (Protokoll der AGI vom 26. März 2014, S. 61 [Präsidentin FinDel 2013]).

Protokoll der FK-N6 vom 28. Okt. 2010, S. 17. Der zuständigen Subkommission der FK-N war bereits bei ihrem Informationsbesuch vom Sommer 2009 ein entsprechendes Nachtragskreditbegehren in Aussicht gestellt worden (Protokoll des Informationsbesuchs der FK-N6 vom 26. Aug. 2009, S. 23 f.). Dazu, dass der Vorschuss eventuell auch aus anderen Gründen nicht gerechtfertigt war, siehe Brief des Direktors der EFV an den Direktor der ESTV vom 18. Mai 2010: Ämterkonsultation Zusatzkredit für INSIEME, S. 2.

Protokoll der AGI vom 26. März 2014, S. 46. Ähnlich fiel auch die Berichterstattung zum Informationsbesuch in der FK-N aus (vgl. Auszug aus dem Protokoll der FK-N vom 5. Juli 2012, S. 1).

6692

7.2.2.4

Rolle und Aufgaben des SPFA

Aufgaben des SPFA im Allgemeinen Das SPFA stand der FinDel bei der Wahrnehmung ihrer Oberaufsichtsfunktion während der gesamten Laufzeit von INSIEME unterstützend zur Seite.

Die angehörten FinDel-Präsidenten sahen die Aufgaben ihres Sekretariats im Wesentlichen in der Sitzungsvorbereitung und Drehbucherstellung, der Weiterleitung von Aufträgen, der Pendenzenkontrolle und der Protokollführung bei den Sitzungen der FinDel.1931 Im Zentrum standen folglich die ordentlichen Aufgaben der Parlamentsverwaltung (siehe dazu Art. 64 ParlG) und die Koordination mit der EFK (Art. 18 FKG).1932 Mit der Erfüllung dieser Aufgaben waren die angehörten Vertreter der Oberaufsicht stets zufrieden.1933 Was die Bedeutung dieser Aufgaben betrifft, waren sie sich dagegen nicht einig: Einerseits wurden die Aufgaben, insbesondere die Pendenzenkontrolle, als sehr wichtig für die FinDel bezeichnet.1934 So wies der Präsident der FinDel von 2003 und 2007 darauf hin, dass die FinDel gerade bei der Pendenzenkontrolle auch darauf angewiesen war, dass das SPFA tadellos arbeite.1935 Der Präsident der FinDel von 2004 zeigte sich dagegen von einem guten Kenntnisstand der FinDel überzeugt: «Auch die Mitglieder der FinDel wussten immer, wenn der Bundesrat noch eine Antwort schuldig war und fragten jeweils nach.»1936 Gestützt auf die vorhandenen Unterlagen gelangten die Oberaufsichtskommissionen zur Erkenntnis, dass sich die FinDel bei ihrer materiellen Tätigkeit der Oberaufsicht kaum auf das SPFA abstützte.1937 Eine eigentliche Beraterrolle war dem SPFA nicht zugedacht;1938 folglich wurde es auch kaum mit besonderen Aufträgen bedacht.1939 Ein Grund dafür scheint unter anderem1940 gewesen zu sein, dass das SPFA nicht 1931

1932

1933 1934 1935

1936 1937 1938 1939

1940

Protokolle der AGI vom 14. März 2014, S. 67 (Präsident FinDel 2003 und 2007), und vom 26. März 2014, S. 22 (Präsident FinDel 2010 und 2014), S. 39 (Präsident FinDel 2011) und S. 62 (Präsidentin FinDel 2013).

Vgl. auch Art. 21 Abs. 4 des Reglements für die Finanzkommissionen und die Finanzdelegation der eidgenössischen Räte vom 8. Nov. 1985 (AS 1986 116), welches mit Wirkung ab dem 1. Jan. 2012 aufgehoben wurde (AS 2011 5859, hier 5861).

Vgl. insbesondere die Protokolle der AGI vom 26. März 2014, S. 30 und 39 (Präsident FinDel 2011), und vom 14. März 2014, S. 39 (Präsident FinDel 2004).

Protokoll der AGI vom 26. März 2014, S. 62 (Präsidentin FinDel 2013).

Protokoll der AGI vom 14. März 2014, S. 55 f. und 59. Dabei hielt er auch fest: «Es war klar, dass die drei Stände- und die drei Nationalräte [...] nicht den Überblick darüber hatten, was ein halbes oder drei Viertel Jahre zuvor besprochen wurde.» Protokoll der AGI vom 14. März 2014, S. 30.

Protokoll der AGI vom 14. März 2014, S. 53 und 55 (Präsident FinDel 2003 und 2007).

Protokoll der AGI vom 14. März 2014, S. 48 (Präsident FinDel 2004).

Das SPFA wurde einzig in Bezug auf den gemeinsamen Informationsbesuch der Subdelegation der FinDel und der zuständigen Subkommission der FK-N damit beauftragt, einen Fragenkatalog zu erstellen (Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 29./30. März 2012, S. 5).

Inwiefern Ressourcenschwierigkeiten dazu beigetragen haben, dass auf eine Mandatierung verzichtet wurde, kann hier nicht beurteilt werden. Der Präsident der FinDel von 2003 und 2007 wies im Rahmen seiner Anhörung durch die AGI darauf hin, dass er während seiner zweiten Präsidialzeit vermehrt Vorbereitungsarbeiten seitens des SPFA eingefordert habe, aber oft Klagen wegen Überstunden und Überlastung zu hören bekam. Bei der Vorbereitung von Besuchen bei der Verwaltung sei deshalb auf eine stärkere Beanspruchung des SPFA verzichtet worden, und aus diesem Grund habe die FinDel auch die Bezeichnung von Kontroll- zu Informationsbesuchen geändert (Protokoll der AGI vom 14. März 2014, S. 67).

6693

über Informatik-Fachleute verfügte.1941 Für die Oberaufsichtskommissionen ist dies ein schwer nachvollziehbarer Befund, erkannte die FinDel doch spätestens ab 2010, dass weniger ein Informatik- als ein Führungsproblem bestand.1942 Pendenzenkontrolle ...

In Bezug auf die Pendenzenkontrolle stellten die Oberaufsichtskommissionen fest, dass verschiedene Beschlüsse der FinDel nicht umgesetzt wurden, ohne dass seitens der FinDel nachgefragt worden wäre.

So beschloss die FinDel für die Jahre 2006 und 2009, der ESTV im Zusammenhang mit INSIEME einen Informationsbesuch abzustatten,1943 wozu es allerdings nicht kam. Auch der Beschluss der FinDel vom August 2005, vom Bundesrat per Ende 2006 einen Bericht über die Umsetzung von INSIEME zu verlangen,1944 wurde nicht umgesetzt. Dasselbe gilt für den Beschluss vom Herbst 2007, den Direktor der ESTV (2000­2012) im darauffolgenden Jahr zu INSIEME anzuhören.1945 Ausgerechnet 2008 befasste sich die FinDel kaum mit diesem Projekt.

Weshalb auf die Besuche verzichtet wurde und auch die übrigen Beschlüsse nicht umgesetzt wurden, muss offen bleiben: Die von der FinDel zur Verfügung gestellten Unterlagen und Protokolle können diese Frage nicht klären. Offensichtlich fand in dieser Zeit kein wirksames Beschlusscontrolling statt.1946 ... und Protokollierung Dass nicht nachvollziehbar ist, was mit den genannten protokollarisch festgehaltenen Beschlüssen der FinDel geschehen ist,1947 erachten die Oberaufsichtskommissionen als sehr problematisch. Zwar dienen die Protokolle in erster Linie der FinDel selbst; sie müssen aber im Sinne der Archivgesetzgebung die Nachvollziehbarkeit ihrer Beratungen und Beschlüsse auch darüber hinaus sicherstellen.1948 Diese Anforderungen bedingen keine Wortprotokolle: Analytische Protokolle, wie sie in Artikel 4 Absatz 3 ParlVV vorgesehen sind, genügen, sofern sie vollständig sind.

Den Oberaufsichtskommissionen scheint auch aus einem weiteren Grund nicht sichergestellt gewesen zu sein, dass diesen Anforderungen entsprochen wurde: Wie bereits dargelegt, wurden die Sitzungsprotokolle der FinDel nicht nur ihren Mitgliedern, sondern grundsätzlich immer auch dem Vorsteher bzw. der Vorsteherin des

1941 1942 1943

1944 1945 1946

1947

1948

Protokoll der AGI vom 26. März 2014, S. 22 (Präsident FinDel 2010 und 2014).

Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 24./25. Juni 2010, Informatikstrategie des Bundes (ISB), S. 9 f.

Jahresbericht 2005 der FinDel an die FK, Ziff. 5.6.3: Eidg. Steuerverwaltung (ESTV); Informatikprojekte (BBl 2006 4099, 4141); Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 5./6. Febr. 2009, S. 4.

Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 29./30. Aug. 2005, Eidg. Steuerverwaltung ­ interne Projekte INSIEME, INISCH und FITIN, S. 4.

Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 30./31. Aug. 2007, S. 2.

Gemäss Informationen des SPFA wurde nach dem Wechsel an der Sekretariatsspitze Ende 2008 im SPFA ein systematisches Beschluss- und Auftragscontrolling für die FinDel eingeführt.

Gemäss Informationen des SPFA wurden die Protokolle der FinDel bis Ende 2007 vom Sekretär, seinem Stellvertreter und wissenschaftlichen Mitarbeitenden verfasst. Es entsprach der Philosophie der damaligen Sekretariatsleitung, nur die Quintessenz der Beratungen wiederzugeben.

Siehe dazu Kapitel 7.1.3.

6694

EFD und dem Direktor der EFV abgegeben.1949 Zwar äusserten sich die angehörten FinDel-Präsidenten dahingehend, dass diese in den Weisungen der FK und FinDel1950 festgehaltene Praxis ihrer Ansicht nach keine Auswirkungen auf die Diskussionen in der FinDel gehabt habe.1951 Danach gefragt, ob sich diese Informationsweitergabe aber auf die Protokollierung ausgewirkt habe, hielten es zumindest zwei ehemalige Präsidenten der FinDel durchaus für möglich, «dass Diskussionen zu gewissen Themen gar nicht ins Protokoll aufgenommen wurden»1952 ­ oder zumindest nicht so, wie sie geführt worden waren.1953 Die GPK befassten sich in der Vergangenheit bereits mehrfach mit einer ähnlich gelagerten Problematik. So wandten sie sich bezüglich der Anforderungen an die Sitzungsprotokolle des Bundesrats verschiedene Male an diesen und reichten dazu in beiden Räten gleichlautende Motionen ein.1954 Die Oberaufsichtskommissionen sehen keinen Grund, für die Protokolle parlamentarischer Gremien weniger weit gehende Forderungen als genügend zu erachten. In Anbetracht der offensichtlichen Lücken halten es die FK und die GPK für wichtig, dass die Protokollierung der FinDel in Zukunft die an sie gestellten Ansprüche vollständig erfüllt.

7.2.2.5

Zwischenfazit

Beurteilung der Wahrnehmung der Oberaufsichtsfunktion durch die FinDel bezüglich INSIEME Zusammenfassend halten die Oberaufsichtskommissionen fest: ­

Die FinDel stützte sich bei ihrer Tätigkeit weitgehend auf die Informationen der EFK und auf deren Einschätzung des Handlungsbedarfs für die parlamentarische Oberaufsicht ab.

­

Die von der Verwaltung ergänzend verlangten Informationen spielten eine zu geringe Rolle. Die Möglichkeit, diese Informationen z. B. über eine Auftragsvergabe an externe Sachverständige auf ihre Richtigkeit bzw. Plausibilität hin überprüfen zu lassen, wurde in der FinDel nie thematisiert.1955

1949

1950 1951 1952 1953 1954

1955

Die Oberaufsichtskommissionen haben zur Kenntnis genommen, dass die FinDel ihre diesbezügliche Praxis per Anfang 2014 geändert hat und seither auf eine Zustellung der Gesamtprotokolle an das EFD (Vorsteher/in und Direktor EFV) verzichtet.

Ziff. 8b der Weisungen der Finanzkommissionen und der Finanzdelegation der eidgenössischen Räte über die Behandlung ihrer Protokolle und Unterlagen vom 19. Nov. 2004.

Protokoll der AGI vom 26. März 2014, S. 15 (Präsident FinDel 2010 und 2014).

Vgl. auch Protokoll der AGI vom 26. März 2014, S. 55 (Präsidentin FinDel 2013).

Protokoll der AGI vom 14. März 2014, S. 44 (Präsident FinDel 2004).

Protokoll der AGI vom 14. März 2014, S. 62 (Präsident FinDel 2003 und 2007).

Vgl. insbesondere: Mo. GPK-N/S «Die Behörden unter dem Druck der Finanzkrise und der Herausgabe von UBS-Kundendaten an die USA (2)» vom 30. Mai 2010 (10.3392 / 10.3631).

Eine solche Überprüfung der vom EFD erhaltenen Informationen hätte sich durchaus gelohnt; vgl. dazu Kapitel 4.4.5.

6695

­

Auch dem SPFA war weitgehend keine Rolle zugedacht. Vielmehr vertraute die FinDel darauf, dass die vonseiten der Verwaltung erhaltenen Zusicherungen den Tatsachen entsprachen oder dass die EFK intervenieren würde.

Druck wurde denn auch nie über die Öffentlichkeit, sondern einzig im direkten Kontakt mit der ESTV und dem EFD aufgesetzt. Damit begab sich die FinDel in ein starkes Abhängigkeitsverhältnis zur EFK und zum EFD.

In Anbetracht dessen, dass in der FinDel teilweise falsche Vorstellungen darüber bestanden, wie die EFK tatsächlich funktioniert, und die Berichterstattungen der Verwaltung kaum plausibilisiert wurden, konnte sich die FinDel letztlich nur schwer ein Bild von den tatsächlich bestehenden Problemen machen, die über die gesamte Projektlaufzeit von INSIEME bestanden.

Es erscheint den Oberaufsichtskommissionen deshalb bezeichnend, dass ein Mitglied der FinDel, kurz nachdem diese über den Abbruch von INSIEME informiert worden war, die Fragen aufwarf, wie Unterlagen und Aussagen von Ämtern und Projektverantwortlichen überprüft werden könnten, und ob mehr kontrolliert werden müsste.1956 Die FK und GPK kommen zum Schluss, dass die FinDel mehr hätte machen können.1957 Das betrifft insbesondere auch die Information der FinDel an die ständerätliche FK: Die Oberaufsichtskommissionen stellten fest, dass die FK-S von der FinDel nur schriftlich über diejenigen Tätigkeitsberichte der FinDel, in denen INSIEME ein Thema war, informiert wurde, nicht aber im Rahmen der mündlichen Berichterstattung der FinDel in der FK-S während des Jahres.1958 Anstösse zur Verbesserung der Wahrnehmung der Oberaufsichtsfunktion durch die FinDel In Bezug auf die Bewältigung künftiger Situationen gilt es nach Ansicht der Oberaufsichtskommissionen dafür zu sorgen, dass die EFK und die FinDel stärker und konsequenter auf ihre jeweilige Aufgabe fokussieren.

Dazu dürfte es notwendig sein, ihre Tätigkeiten stärker voneinander zu trennen.1959 Insbesondere die Agendaführung, die Definition der Informationsbedürfnisse und die Bewertung der erhaltenen Informationen müssen ­ entsprechend ihrer Funktion ­ zwingend allein von der FinDel vorgenommen werden. Insofern erscheint es den FK und GPK auch nicht adäquat, dass die EFK gemäss Artikel 14 Absatz 2 FKG über die Veröffentlichung einer Beurteilung der FinDel entscheiden kann. Die Oberaufsichtskommissionen regen eine Aufhebung der diesbezüglichen Regelung im FKG an.1960 1956 1957

Protokoll der FinDel vom 19. Sept. 2012, S. 13.

Anderer Ansicht zeigte sich ein Mitglied der FinDel am Rande des gemeinsamen Informationsbesuchs der Subdelegation der FinDel und der zuständigen Subkommission der FK-N (Protokoll vom 22. Juni 2012, S. 5). Vgl. auch Protokoll der AGI vom 26. März 2014, S. 31, 38 und 39 f. (Präsident FinDel 2011).

1958 Einzig an den Sitzungen der für das EFD zuständigen Subkommission der FK-S vom 6. April 2011 zur Staatsrechnung sowie an deren Informationssitzung zum BIT vom 5. April 2012 kam INSIEME kurz zur Sprache. Dabei wurde allerdings nur darauf hingewiesen, dass die FinDel das Projekt eng begleite (Auszüge aus den Protokollen vom 6. April 2011, S. 13, und vom 5. April 2012, S. 23). Vgl. auch die einzige Erwähnung in der FK-S im Rahmen der Behandlung des Tätigkeitsberichts der FinDel zum Jahr 2011 (Protokoll der FK-S vom 19./20. April 2012, S. 57). Siehe dazu auch Kapitel 7.3.1.

1959 Bezüglich EFK siehe Kapitel. 6.6.8.

1960 Vgl. Motion 1 der FK und GPK zur Änderung des FKG in Kapitel 6.7.

6696

Damit die FinDel ihre Aufgaben als Oberaufsichtsorgan adäquat wahrnehmen kann, scheint es den FK und GPK notwendig, die FinDel in Bezug auf ihr Arbeitsvolumen zu entlasten: Jährlich finden sechs ordentliche Sitzungen1961 mit einer Dauer von eineinhalb Tagen statt. Hinzu kommen ca. sieben ausserordentliche einstündige Sitzungen sowie ca. sieben halb- bis ganztägige Informationssitzungen der verschiedenen Subdelegationen. Jährlich kommt die FinDel so aktuell auf insgesamt ca. 20 Sitzungen. Pro ordentliche Sitzung stehen 40­100 Geschäfte zur Behandlung an, bei den ausserordentlichen und den Informationssitzungen sind es ca.

fünf Geschäfte.

Auch wenn die Anzahl Sitzungstage und Geschäfte in den letzten Jahren leicht zugenommen hat, wurde die FinDel auch während der Laufzeit von INSIEME «laufend mit einer Unzahl von Berichten und Themen gefüttert und hatte die Aufgabe, allfällig zusätzlichen Handlungsbedarf herauszufinden und diesen mit den Follow-ups oder mittels einer erneuten Traktandierung aufzunehmen».1962 Nach Ansicht des Präsidenten der FinDel von 2003 und 2007 lag es dementsprechend «wahrscheinlich in der Natur der Sache und auch in der Arbeitsweise der FinDel, dass der eine oder andere Fall nicht als wesentlich erkannt worden war».1963 Die Oberaufsichtskommissionen empfehlen der FinDel deshalb, sich konsequent auf einzelne Tätigkeiten und Projekte zu konzentrieren und bewusst Schwerpunkte zu setzen. Eine klare und etwas anders gelagerte Aufgabenteilung zwischen FK und FinDel könnte hier ebenfalls Abhilfe schaffen.1964 So obliegt der FinDel zwar die nähere Prüfung und Überwachung des gesamten Finanzhaushalts (Art. 51 Abs. 2 ParlG). Bereits der Umfang des Finanzhaushalts (rund 66,2 Milliarden Franken im Jahr 2014) bewirkt aber, dass sich die FinDel nur mit Beratungsgegenständen befassen kann, die von grundsätzlicher Bedeutung für den Staatshaushalt sind oder bei denen sehr hohe Beträge auf dem Spiel stehen.1965 Eine flächendeckende Überwachung des Bundeshaushalts ist nicht nur nicht möglich, sondern aus Sicht der FK und GPK auch nicht notwendig.

Entsprechend nehmen die Oberaufsichtskommissionen mit Befriedigung zur Kenntnis, dass die FinDel im Frühjahr 2014 den FK in Bezug auf die Finanzoberaufsicht über die Informatik des Bundes eine klare Aufgabenteilung vorgeschlagen hat, bei der sich die FinDel auf die Oberaufsicht über die IKT-Schlüsselprojekte kon-

1961 1962 1963 1964

Ziff. 1.2 Handlungsgrundsätze der FinDel.

Protokoll der AGI vom 14. März 2014, S. 59 (Präsident FinDel 2003 und 2007).

Protokoll der AGI vom 14. März 2014, S. 59 (Präsident FinDel 2003 und 2007).

Eine Aufgabenteilung zwischen den FK und der FinDel in Bezug auf INSIEME hat offenbar nicht stattgefunden. Vgl. Protokoll der AGI vom 26. März 2014, S. 19 (Präsident FinDel 2010 und 2014), S. 35 (Präsident FinDel 2011) und S. 59 (Präsidentin FinDel 2013). Letztere meinte immerhin, dass zwar keine Aufgabenteilung, aber zumindest eine Koordination stattgefunden habe; so auch der Präsident der FinDel von 2003 und 2007 (Protokoll der AGI vom 14. März 2014, S. 66).

1965 Vgl. für die Oberaufsicht über die Geschäftsführung durch die GPK deren Handlungsgrundsätze vom 29. Aug. bzw. 4. Sept. 2003, wonach sie jedes Jahr Schwerpunkte setzen und sich mit Einzelfällen nur befassen, soweit diese eine systematische Bedeutung aufweisen.

6697

zentriert1966 und die FK die IKT-Fachanwendungen und Standarddienste im Rahmen der Staatsrechnung und des Voranschlags vertieft prüfen.1967 Wichtig erscheint den FK und GPK, dass die FinDel den FK in Zukunft konsequent über ihre wesentlichen Feststellungen Bericht erstattet und allenfalls Antrag stellt oder Empfehlungen abgibt.1968 Dabei handelt es sich um eine politische Wertung und Gewichtung seitens der FinDel der für die FK relevanten Themen.

Darüber hinaus sind im SPFA die Voraussetzungen zu schaffen, damit eine systematische materielle Beratung der FinDel möglich ist, ohne dass dies gleichzeitig zu einem Abbau der Unterstützung der FK und ihrer Subkommissionen führt. Dazu gehört nach Ansicht der Oberaufsichtskommissionen eine personelle Verstärkung.

Auf der anderen Seite ist für die FK und GPK von grundlegender Bedeutung, dass die FinDel die ihr zur Verfügung stehenden Instrumente und Mittel systematisch und aktiver nutzt, vor allem durch eine vermehrte Information der Öffentlichkeit, den Beizug externer Experten oder eine konsequente Weiterleitung von relevanten Informationen für die Vorberatung der Voranschläge und der Nachträge in den FK.1969 Gerade über den vermehrten Einsatz dieser beiden Mittel, so scheint es den FK und GPK, könnte die Verwaltungsführung in Zukunft mehr in die Verantwortung genommen und zur Rechenschaftsablage gezwungen werden.

7.3

Rolle der Finanzkommissionen

7.3.1

Wahrnehmung der Oberaufsichtsfunktion bei INSIEME1970

7.3.1.1

Phase 1: Projektkonzeption bis Abbruch der Verhandlungen mit Unisys (2001­August 2007)

Um die Jahrtausendwende befassten sich die FK primär im Rahmen von NOVE-IT mit der Informatik der ESTV. Die zuständige Subkommission der FK-N thematisierte das Projekt regelmässig an ihren Sitzungen zum Voranschlag bzw. zur Staats-

1966

1967

1968 1969 1970

Protokoll der AGI vom 26. März 2014, S. 44 und 47 (Präsident FinDel 2012). Die an der Sitzung der FinDel vom 6./7. September 2012 aufgeworfene Frage, ob sie Projekte wie INSIEME überhaupt beaufsichtigen könne (Auszug aus dem Protokoll, S. 8), hat die FinDel folglich bereits selbst beantwortet.

Die FK-S stimmte diesem Antrag der FinDel am 24. März 2014 zu (Finanzkommission nimmt Kenntnis von den Weisungen des Bundesrates zum Voranschlag 2015 und zum Finanzplan 2016­2018, Medienmitteilung der FK-S vom 25. März 2014). Die FK-N beschloss am 3. April 2014, die Behandlung des Antrags der FinDel zu sistieren, bis die Ergebnisse der Arbeitsgruppe INSIEME vorliegen (FK nimmt Tätigkeitsbericht FinDel zur Kenntnis, Medienmitteilung der FK-N vom 4. April 2014).

Art. 51 Abs. 4 ParlG (SR 171.10); siehe auch Ziff. 6.3 Handlungsgrundsätze der FinDel.

Siehe dazu Kapitel 7.1.3.

Die nachfolgende Schilderung entspricht keiner vollständigen Darstellung aller Befassungen beider FK mit INSIEME. Oft streifte man das Projekt nur am Rande (in der FK-N insb. im Rahmen der Berichterstattungen aus der FinDel bzw. in den zuständigen Subkommissionen beider FK bei der Befassung mit dem Voranschlag oder der Staatsrechnung) oder im Zusammenhang mit einem anderen Dossier und/oder beschloss keine weiteren Massnahmen.

6698

rechnung.1971 Im Jahr 2000 führte sie zudem einen Informationsbesuch bei der ESTV durch. Dabei nahm sie zur Kenntnis, dass sich die IT in der ESTV wegen NOVE-IT im Umbruch befand.1972 Am 22. August 2002 nahm die FK-N davon Kenntnis, dass die EFK aufgrund der schwerwiegenden Mängel im Informatikbereich eine Meldung gemäss Artikel 15 Absatz 3 FKG für notwendig hielt.1973 Die FinDel legte an der Sitzung der FK-N vom 3. April 2003 dar, dass sie sich über diese Angelegenheit auf dem Laufenden halten und sie bis zur völligen Normalisierung der Verhältnisse mitverfolgen werde.1974 Am 27. August 2004 stellte die zuständige Subkommission der FK-N anlässlich ihres Informationsbesuchs bei der ESTV strukturelle und organisatorische Mängel fest, die mit INSIEME behoben werden sollten, und beschloss in der Folge, der FK-N eine Motion zu NOVE-IT zu beantragen, der die FK-N Ende August 2005 und die FK-S Ende April 2006 zustimmten.1975 2005 präsentierte der Direktor der ESTV (2000­2012) das Projekt INSIEME den zuständigen Subkommissionen der FK am Rande der Sitzungen zur Staatsrechnung 20041976 und zum Voranschlag 20061977 Er kündigte den Verpflichtungskredit an, erläuterte diesen und verwies auf den Nutzen des neuen Systems. Ende 2005 sprach das Parlament auf Antrag beider FK einen Verpflichtungskredit von 71 Millionen Franken für INSIEME.1978 Anfang 2006 informierte die FinDel die FK-N im Rahmen der mündlichen Berichterstattung, dass die hauptsächlichen Probleme gelöst seien und dass das Projekt ab 2008 operativ sein sollte.1979 Im Übrigen wurde INSIEME im Jahr 2006 in den FK nur am Rande thematisiert. So informierte der Direktor der ESTV (2000­2012) im Rahmen der Vorberatung der Staatsrechnung im April die zuständige Subkommission der FK-N über den Chefwechsel bei der Hauptabteilung MWST;1980 dabei beteuerte er, dass das Projekt auf Kurs sei. Im Mai wurde die zuständige Subkommission der FK-S zudem über die Konsequenzen der Organisationsumstrukturierung informiert.1981 Am 31. Mai 2006 führte die zuständige Subkommission der FK-S bei der ESTV einen Informationsbesuch durch. Aufgrund des umfangreichen Programms konnten die Informatikprojekte jedoch nicht traktandiert werden.1982 1971 1972 1973 1974 1975

1976 1977 1978 1979 1980 1981 1982

Protokolle der FK-N6 vom 10. Nov. 1999, S. 10, 12 und 16; vom 17. Aug. 2000, S. 8 f.; und vom 16. Mai 2001, S. 7 f.

Protokoll der FK-N6 vom 17. Aug. 2000, S. 9.

Protokoll der FK-N vom 22. Aug. 2002, S. 11 f. Siehe dazu auch Kapitel 6.3.1.

Protokoll der FK-N vom 3. April 2003, S. 26.

Mo. FK-N «Festlegung und Durchsetzung von Normen und Standards im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologien» vom 26. Aug. 2005 (05.3470).

Die Motion wurde in beiden Räten einstimmig angenommen (AB 2006 N 98 und 2006 S 529).

Protokoll der FK-N6 vom 27. April 2005, S. 15 f.

Auszug aus dem Protokoll der FK-N6 vom 6. Sept. 2005, S. 4 f., und Protokoll der FK-S1 vom 5. Sept. 2005, S. 14 f.

Im Rahmen der Zustimmung zum Voranschlag 2006 (AB 2005 S 1175 und 2005 N 1926).

Protokoll der FK-N vom 27./28. März 2006, S. 46.

Protokoll der FK-N6 vom 19. April 2006, S. 19 und 22.

Protokoll der FK-S1 vom 5. Mai 2006, S. 21 f.

Hinweis des Sekretariats im Drehbuch zur Sitzung der FinDel vom 29./30. Aug. 2006 (Auszug aus dem Protokoll, S. 2).

6699

Am 9. Mai 2007 erwähnte die Generalsekretärin des EFD (2007­2010) anlässlich einer Sitzung der zuständigen Subkommission der FK-N Schwierigkeiten bei den Vertragsverhandlungen mit Unisys, zeigte sich aber zuversichtlich, dass die Verträge im selben Jahr abgeschlossen würden. Ferner sagte sie aus, dass die Kosten von INSIEME der Planung entsprächen.1983

7.3.1.2

Phase 2: Projektneustart bis Einleitung der Administrativuntersuchung (September 2007­Januar 2012)

Ende August 2007 kam es zum Widerruf des WTO-Zuschlags an die Firma Unisys.

An der Sitzung der zuständigen Subkommission der FK-N zum Voranschlag 2008 bezeichnete der ESTV-Direktor (2000­2012) am 14. September 2007 die Projektverzögerung als Hauptschaden des Abbruchs. Die Subkommission beschloss keine Massnahmen.1984 Im Jahr 2008 wurden die FK-N und deren Subkommission anlässlich der Staatsrechnungs- und Voranschlagssitzungen über den Stand des Projekts in Kenntnis gesetzt. Der stv. Direktor der ESTV (seit 1995) schätzte die durch den Abbruch verursachte Projektverzögerung an der Sitzung der zuständigen Subkommission der FK-N vom 17. April 2008 auf ein Jahr. Zudem hätten die Projektrisiken durch die gewählte etappierte Vorgehensweise minimiert werden können1985 ­ eine Aussage, die der Direktor der ESTV (2000­2012) am 10. September 2008 wiederholte.1986 Die Zunahme des Informatikaufwandes des Bundes im Voranschlag für 2009 um zwölf Prozent gegenüber dem Vorjahr begründete der Vorsteher des EFD (2004­ 2010) an der Sitzung der FK-N vom 12.­14. November 2008 unter anderem mit dem Mehrbedarf von INSIEME. Ein Antrag, den Informatikaufwand zu reduzieren, fand keine Mehrheit.1987 An ihrer Sitzung vom 14./15. Mai 2009 wurde die FK-N von der FinDel erstmals seit 2006 wieder über INSIEME informiert. Dabei stellte sie klar, dass sie weiter eng am Projekt dranbleibe; insbesondere, da ihr die jüngsten Entwicklungen in der ITStrategie des Bundes ­ ein Thema, mit dem sich die zuständige Subkommission der FK-N 2009 vertieft zu befassen beschlossen hatte1988 ­ Sorge bereiteten.1989 Anlässlich des Informationsbesuchs vom 26. August 2009 bei der ESTV, an den sich die zuständige Subkommission der FK-N auf Vorschlag des Präsidenten der FinDel vom zuständigen Mandatsleiter der EFK begleiten liess,1990 bekräftigte die ESTV in Anwesenheit der Generalsekretärin des EFD (2007­2010), dass sie die

1983 1984 1985 1986 1987 1988 1989 1990

Protokoll der FK-N6 vom 9. Mai 2007, S. 16.

Protokoll der FK-N6 vom 14. Sept. 2007, S. 18 f.

Protokoll der FK-N6 vom 17. April 2008, S. 23 und 54.

Protokoll der FK-N6 vom 10. Sept. 2008, S. 16.

Protokoll der FK-N vom 12.­14. Nov. 2008, S. 47 f.

Protokoll der FK-N6 vom 20. April 2009, S. 40.

Protokoll der FK-N vom 14./15. Mai 2009, S. 38.

Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 14./15. April 2009, S. 3. Siehe dazu auch Kapitel 6.4.2.

6700

Empfehlungen der EFK aus dem Jahr 20081991 ernst nehme.1992 Der Direktor der ESTV (2000­2012) setzte die Subkommission zudem in Kenntnis, dass für das Projekt ein Nachtragskredit im Rahmen von 70 Millionen Franken nötig sei.1993 Die Subkommission beschloss, die FK-N über den anstehenden Nachtragskredit zu informieren.1994 Im Übrigen zeigte sie sich nach Rückfrage an die Vertretung der EFK1995 aber zufrieden, dass die ESTV Massnahmen ergriffen hatte und die EFK das Projekt mit besonderer Aufmerksamkeit weiterverfolgen werde.1996 An ihrer Sitzung vom 14. Oktober 2009 zum Voranschlag 2010 äusserte sich die Generalsekretärin des EFD (2007­2010) erstmals auch gegenüber der zuständigen Subkommission der FK-S zu INSIEME und informierte zusammen mit dem Direktor der ESTV über den Stand des Projekts und die Lehren aus dem Abbruch von 2007.1997 An ihrer Sitzung vom 11.­13. November 2009 zum Voranschlag 2010 hielt die FK-N fest, dass eine verstärkte Führung von Informatikprojekten durch das oberste Management nötig sei; Letzteres überlasse diese Aufgabe zu oft den Informatikern.

Ein Antrag auf Kürzung der Informatikmittel des Bundes im Rahmen des Voranschlags 2010 wurde abgelehnt.1998 Bei der Vorberatung der Staatsrechnung 2009 im April 2010 fragte die zuständige Subkommission der FK-S nach dem Stand des Projekts und nach allfälligen zusätzlichen Mitteln. Der Direktor der ESTV (2000­2012) nannte in der Folge die Lehren aus dem Projektabbruch (kleinere Etappen, interner Gesamtprojektleiter, bessere Zusammenarbeit mit dem BIT) und informierte, dass er allenfalls einen Nachtragskredit II beantragen werde.1999 Der stv. Direktor der ESTV (seit 1995) bezeichnete INSIEME an der Sitzung der zuständigen Subkommission der FK-N vom 27. April 2010 bei der Behandlung der Staatsrechnung 2009 als sehr schwieriges und ambitiöses Projekt, war aber zuversichtlich und rechnete mit dem Projektabschluss für 2012/13.2000 Erneut legte die zuständige Subkommission der FK-N im Jahr 2010 den Schwerpunkt ihrer Tätigkeit auf die Informatikstrategie des Bundes. Sie wollte die Frage der Führungsorganisation von Informatikprojekten enger begleiten. Auf ihren An1991

1992 1993

1994 1995

1996 1997 1998 1999 2000

2008 führte die EFK eine Prüfung des Gesamtvorhabens INSIEME durch (EFK-Bericht vom 18. Dez. 2008). Die FinDel beschloss an ihrer Sitzung vom 14./15. April 2009, den Protokollauszug und den EFK-Bericht der zuständigen Subkommission der FK-N für deren Informationsbesuch bei der ESTV zur Verfügung zu stellen (Auszug aus dem Protokoll, S. 4).

Protokoll der FK-N6 vom 26. Aug. 2009, S. 15.

Protokoll der FK-N6 vom 26. Aug. 2009, S. 23. Auch im Rahmen der Befassung mit dem Voranschlag an der Sitzung der zuständigen Subkommission der FK-N vom 7. Okt. 2009 informierte der Direktor der ESTV (2000­2012) in Anwesenheit der Generalsekretärin des EFD (2007­2010) darüber, dass man wegen INSIEME «mit grossen Investititonen in den nächsten Jahren» rechnen müsse (Protokoll, S. 16).

Diese Information führte allerdings nicht dazu, dass sich die FK-N damit befasst hätte; siehe dazu das Protokoll der FK-N vom 22. Okt. 2009, S. 41.

Der zuständige Mandatsleiter der EFK führte dabei aus, dass er erstmals etwas zum Stand der Umsetzung der Empfehlungen aus 2008 gehört habe, beurteilte die Situation aber sehr positiv (Protokoll der FK-N6 vom 26. Aug. 2009, S. 39).

Protokoll der FK-N6 vom 26. Aug. 2009, S. 40.

Protokoll der FK-S1 vom 14. Okt. 2009, S. 12 und 26.

Protokoll der FK-N vom 11.­13. Nov. 2009, S. 54­57.

Protokoll der FK-S1 vom 14. April 2010, S. 33.

Auszug aus dem Protokoll der FK-N6 vom 27. April 2010, S. 4 f.

6701

trag hin verabschiedete die FK-N im September 2010 zwei Motionen in diesem Bereich.2001 Die FK-S folgte den Entscheiden im Mai 2011.2002 Das Thema INSIEME behandelte die zuständige Subkommission der FK-N erneut ausführlich im Rahmen der Sitzung vom 6. Oktober 2010 zum Voranschlag 2011 und zum Nachtragskredit II 2010.2003 Der Direktor der ESTV (2000­2012) erläuterte dabei die finanzielle Situation des Projekts und hielt in Anwesenheit der Generalsekretärin des EFD (2007­2010) und des Leiters des ISB (seit 2007) fest, dass keine Einsparungen möglich seien.2004 Die Subkommission bemängelte gegenüber der FK-N an deren Sitzung vom 18./19. Oktober 2010 die intransparente Information der ESTV im Kontext des Nachtragskreditbegehrens für INSIEME.2005 Die ESTV wurde für das Vorgehen bezüglich des Vorschusses vom damaligen Präsidenten der zuständigen Subkommission der FK-N an deren Sitzung vom 28. Oktober 2010 massiv kritisiert.2006 Ein Antrag auf Reduktion des Informatikaufwandes wurde in der Kommission jedoch abgelehnt.2007 Im Dezember 2010 genehmigte das Parlament schliesslich den Zusatz- und Nachtragskredit zu INSIEME.2008 Bei der Befassung mit der Staatsrechnung 2010 sah die zuständige Subkommission der FK-S bewusst von einer engeren Begleitung von INSIEME ab, da sich die FinDel intensiv mit dem Projekt befasste.2009 Aufgrund der mündlichen Berichterstattung der FinDel zu INSIEME und auf deren Wunsch hin beauftragte die FK-N an ihrer Sitzung vom 7./8. April 2011 ihre für das EFD zuständige Subkommission, das Projekt im Rahmen der Oberaufsicht über die Informatik ebenfalls weiterhin zu begleiten.2010 Deshalb liess sich die Subkommission im Rahmen der Befassung mit der Staatsrechnung 2010 vom Direktor der ESTV (2000­2012) erneut über den Projektstand informieren: Dieser bezeichnete INSIEME als Sorgenkind und informierte, dass die Kosten höher als geplant ausgefallen seien und man den GPL ausgewechselt habe. Er zeigte sich aber optimistisch, dass das Projekt mit den verfügbaren Mitteln verwirklicht werden könne und dass es am Ende einen jährlichen Mehrertrag von ca. 200 Millionen Franken bringen werde.2011 Die Subkommission beschloss in der Folge, dass sie aufgrund der engen Projektbegleitung durch die FinDel etwas zurückstehen und für die Beurteilung eines allfälligen Handlungsbedarfs die Ergebnisse der FinDel abwarten wolle.2012 Dennoch 2001

2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012

Mo. FK-N «Überprüfung der Steuerung der Informatiklösung SAP in der Bundesverwaltung» vom 7. Sept. 2010 (10.3641); sowie Mo. FK-N «Zuständigkeiten im Bereich der Informatik und Telekommunikation der Bundesverwaltung» vom 7. Sept. 2010 (10.3640).

Die beiden Motionen wurden in beiden Räten angenommen (AB 2011 S 654 und 2010 N 1777).

Protokoll der FK-N6 vom 6. Okt. 2010, S. 9 f. und 34 f.

Ähnlich äusserte er sich am 20. Okt. 2010 auch gegenüber der FK-S1 (Protokoll der FK-S1, S. 22 f.).

Protokoll der FK-N vom 18./19. Okt. 2010, S. 56 f.

Protokoll der FK-N6 vom 28. Okt. 2010, S. 17.

Protokoll der FK-N vom 10.­12. Nov. 2010, S. 64­66.

AB 2010 S 1144 und 2010 N 1777.

Siehe dazu die Bemerkungen im Auszug aus dem Protokoll der FK-S1 vom 6. April 2011, S. 13.

Protokoll der FK-N vom 7./8. April 2011, S. 64.

Protokoll der FK-N6 vom 27. April 2011, S. 22 f.

Protokoll der FK-N6 vom 27. April 2011, S. 24.

6702

zeigte sie sich in ihrer Berichterstattung an die FK-N kritisch, wobei ein Hinweis darauf, dass auf die Ergebnisse der FinDel gewartet werden sollte, fehlte.2013 Auch im Rahmen der Beratungen zum Voranschlag 2012 sagte der Direktor der ESTV (2000­2012) sowohl gegenüber der zuständigen Subkommission der FK-N2014 als auch gegenüber der zuständigen Subkommission der FK-S aus, dass INSIEME mit den bewilligten Krediten umgesetzt werden könne. Der Direktor des BIT (seit 2011) verneinte die Frage der zuständigen Subkommission der FK-S, ob mit einem Abbruch gerechnet werden müsse.2015 Die Vorsteherin des EFD (seit 2010) informierte die FK-N an deren Sitzung vom 23.­25. November 2011 über die vorgenommene Redimensionierung. Sie sah das Projekt ­ nun ­ auf gutem Weg. Ein Antrag auf Kürzung des Informatikaufwandes im Voranschlag 2012 wurde in der FK-N abgelehnt.2016

7.3.1.3

Phase 3: nach Einleitung der Administrativuntersuchung bis Projektabbruch (Februar 2012­September 2012)

INSIEME kam im Jahr 2012 regelmässig in den FK zur Sprache. Immer wieder wurde dabei darauf verwiesen, dass INSIEME in der FinDel ein Dauerthema sei bzw. sie sich damit befasse,2017 wobei die FK-N im Rahmen der Beratung des Tätigkeitsberichts der FinDel zu 2011 erstmals über die Rollen und die Aufgabenteilung von FK und FinDel in Bezug auf INSIEME diskutierte.2018 Die zuständige Subkommission der FK-N befasste sich bei ihrem Informationsbesuch am 26. März 2012 deshalb zwar mit der ESTV als Organisation und den Herausforderungen der ESTV, nach Absprache mit der FinDel aber nur am Rande mit INSIEME.2019 Im Zusammenhang mit INSIEME gestand der Direktor der ESTV (2000­2012) Fehler ein, beurteilte die momentane Situation allerdings als sehr positiv und bezifferte den voraussichtlichen Nutzen von INSIEME erneut auf 200 Millionen Franken pro Jahr:2020 Eine Aussage, die vom Direktor der EFK (1998­2013) bei ihrer Erwähnung im Rahmen der Berichterstattung an der Sitzung der FK-N vom 7./8. Mai 2012 mit einem Fragezeichnen versehen wurde, da die EFK 2013 2014 2015 2016 2017

Protokoll der FK-N vom 16./17. Mai 2011, S. 23.

Auszug aus dem Protokoll der FK-N6 vom 7. Okt. 2011, S. 21.

Protokoll der FK-S1 vom 12. Okt. 2011, S. 27.

Auszug aus dem Protokoll der FK-N vom 23.­25. Nov. 2011, S. 48 f.

So z. B. die damalige Vizepräsidentin der FinDel an den Sitzungen der FK-N vom 16./17. Febr. 2012 (siehe Protokoll, S. 56) und vom 22./23. März 2012 (siehe Protokoll, S. 46 f. und 50) sowie ein ständerätliches Mitglied der FinDel am Informationsbesuch der FK-S1 beim BIT (siehe Protokoll vom 5. April 2012, S. 23 f.).

2018 Protokoll der FK-N vom 22./23. März 2012, S. 47 ff.

2019 Siehe die Ausführungen des damaligen Subkommissionspräsidenten im Protokoll der FKN vom 16./17. Febr. 2012, S. 57. Siehe auch das Votum des damaligen Präsidenten der FK-N, der festhielt, dass es an der FinDel sei, sich damit zu befassen, stamme doch die Kritik insb. vonseiten der EFK (S. 58). Allerdings waren mit diesem Entscheid nicht alle Mitglieder einverstanden. So hielt ein damaliges Mitglied der zuständigen Subkommission der FK-N am Rande des Informationsbesuchs fest, dass er weder verstehe, weshalb die Subkommission einen Besuch bei der ESTV mache, dabei aber nicht über INSIEME spreche, noch weshalb sich die FinDel mit diesem Projekt befasse (Protokoll der FK-N1 vom 26. März 2012, S. 48).

2020 Protokoll der Informationssitzung der FK-N1 bei der ESTV vom 26. März 2012, S. 6 f.

6703

im Herbst 2011 andere Feststellungen gemacht hatte ­ ohne aber die Schätzung der ESTV selbst überprüft zu haben.2021 Im April 2012 betonte der Generalsekretär des EFD (seit 2010) gegenüber der zuständigen Subkommission der FK-N, INSIEME sei nun in ruhigere Fahrwasser gekommen und es könne davon ausgegangen werden, dass INSIEME zeitgerecht und innerhalb des bestehenden Kostenrahmens beendet werden könne.2022 Im Rahmen der Vorberatungen der Staatsrechnung 2011 im April 2012 stellte der Direktor der ESTV (2000­2012) INSIEME auch gegenüber der zuständigen Subkommission der FK-S als auf gutem Weg befindlich dar.2023 Am 22. Juni 2012 besuchte die zuständige Subkommission der FK-N zusammen mit der zuständigen Subdelegation der FinDel die ESTV: Sie liessen sich in Anwesenheit des Generalsekretärs des EFD (seit 2010) über den Stand und die Risiken von INSIEME informieren. Die Mitglieder gewannen den Eindruck, dass das Projekt in technischer Hinsicht grundsätzlich auf gutem Wege war, nicht zuletzt wegen des neuen Projektleiters. Die Zusammenarbeit mit dem BIT schien sich ebenfalls stark verbessert zu haben. Der zur Diskussion stehende allfällige Abbruch des Projekts habe das Personal jedoch verunsichert; zudem stand die ESTV vor dem Problem, dass sie bei Weiterführung des Projekts für die Weiterbeschäftigung von elf bis zwölf externen Schlüsselpersonen eine beschaffungsrechtlich konforme Lösung finden musste.

Auf der Basis der Berichterstattung zum Informationsbesuch befasste sich die FK-N am 5. Juli 2012 intensiv mit INSIEME und beschloss, das SPFA mit einer Zusammenstellung aller Protokollauszüge zu diesem Thema zu beauftragen und eine Aussprache mit der Vorsteherin des EFD (seit 2010) durchzuführen.2024 An ihrer nächsten Sitzung vom 3./4. September 2012 fand diese Aussprache statt. Zwar wurde das Projekt nun als organisatorisch und technisch auf Kurs bezeichnet, ein Neustart sei allerdings dennoch zu diskutieren.2025 Am 20. September 2012 informierte die Vorsteherin des EFD (seit 2010) die FK über den Abbruch von INSIEME und veröffentlichte eine entsprechende Medienmitteilung.2026

2021 2022 2023 2024 2025 2026

Auszug aus dem Protokoll der FK-N vom 7./8. Mai 2012, S. 42.

Protokoll der FK-N vom 17./18. April 2012, S. 14.

Protokoll der FK-S1 vom 11. April 2012, S. 26.

Auszug aus dem Protokoll der FK-N vom 5. Juli 2012, S. 4 f.

Protokoll der FK-N vom 3./4. Sept. 2012, S. 42 f.

Abbruch des Informatikprojekts INSIEME der ESTV, Medienmitteilung des EFD vom 20. Sept. 2012.

6704

7.3.2

Beurteilung der parlamentarischen Oberaufsicht der FK

7.3.2.1

Informationsbasis und Aktivität der FK-N

Informationsbasis der FK-N Die zuständige Subkommission der FK-N stützte sich bei ihrer Befassung mit INSIEME im Wesentlichen auf Informationen, die sie von der ESTV und vom EFD2027 erhielt. Die Übermittlung dieser Informationen erfolgte einerseits im Rahmen der Beratungen der Voranschläge2028 und Staatsrechnungen2029, andererseits an insgesamt vier Besuchen der Subkommission bei der ESTV.2030 In den Jahren 2009 und 2010 legte die Subkommission zudem den Schwerpunkt ihrer Oberaufsichtstätigkeit auf die Informatikstrategie des Bundes.2031 Die FK-N befasste sich bis 2012 im Wesentlichen im Rahmen der Vorberatungen der Voranschläge (systematisch ab 2008)2032 sowie in unregelmässigen Abständen im Zusammenhang mit der mündlichen Berichterstattung der FinDel2033 mit INSIEME.2034 Ihre Informationen stammten also einerseits von der Verwaltung2035 bzw. von deren angehörten Vertretern, andererseits ­ wohl weitgehend indirekt ­ von der EFK2036.

2027

2028 2029 2030 2031 2032

2033

2034

2035

2036

Wozu an dieser Stelle auch das ISB gezählt wird. Dessen Delegierter (seit 2007) hatte sich in der zuständigen Subkommission der FK-N mehrfach ­ zumindest am Rande ­ zu INSIEME geäussert (Protokolle der Subkommission vom 26. Aug. 2009, S. 27 und 28 f.

[Informationsbesuch bei der ESTV]; vom 6. Okt. 2010, S. 3 f.; vom 27. April 2011, S. 3; vom 7. Okt. 2011, S. 6; und vom 17./18. April 2012, S. 14 f.).

Sitzungen der FK-N6 vom 6. Sept. 2005, 14. Sept. 2007, 10. Sept. 2008, 7. Okt. 2009, 6. Okt. 2010, 28. Okt. 2010 und 7. Okt. 2011.

Sitzungen der FK-N6 vom 27. April 2005, 17. April 2008, 20. April 2009, 27. April 2010, 27. April 2011 und 17./18. April 2012.

Informationsbesuche vom 27. Aug. 2004, 26. Aug. 2009, 26. März 2012 und ­ gemeinsam mit der zuständigen Subdelegation der FinDel ­ 22. Juni 2012.

Protokoll der FK-N6 vom 20. April 2009, S. 40, und Auszug aus dem Protokoll der FK-N6 vom 27. April 2010, S. 16 f.

Sitzungen der FK-N vom 12.­14. Nov. 2008, 11.­13. Nov. 2009, 18./19. Okt. 2010 und 23.­25. Nov. 2011. Der Verpflichtungskredit 2005 führte dagegen nicht zu einer Erwähnung an der Sitzung der FK-N zum Voranschlag. Im Rahmen der Beratung der Staatsrechnung kam INSIEME in der FK-N nur an ihrer Sitzung vom 16./17. Mai 2011 zur Sprache (Protokoll, S. 23).

Sitzungen der FK-N vom 27./28. März 2006 (zum Tätigkeitsbericht 2005 der FinDel), 14./15. Mai 2009, 18./19. Okt. 2010, 7./8. April 2011 (zum Tätigkeitsbericht 2010 der FinDel) und 5./6. Sept. 2011. Vgl. auch die im Anschluss an die Berichterstattung der FinDel erfolgte Erwähnung von INSIEME an der Sitzung der FK-N vom 6./7. Sept. 2010 als Beispiel für ein Projekt, das grosse Probleme bereitete (Protokoll, S. 46).

Im Rahmen der Berichterstattung der Subkommission zu ihren Informationsbesuchen bei der ESTV vor 2012 informierte der damalige Präsident der Subkommission 2009 einzig darüber, dass mit einem Nachtragskredit zu rechnen sei. Im Übrigen sei das Projekt nach verschiedenen Schwierigkeiten nun auf gutem Wege (Protokoll der FK-N vom 22. Okt.

2009, S. 41).

Vgl. auch die schriftlichen Unterlagen (Botschaften für den Voranschlag und für die Nachtragskredite, Botschaften zur Staatsrechnung sowie die Zusatzdokumentationen des EFD). Im Folgenden werden nur diejenigen Dokumente spezifisch genannt, auf die konkret Bezug genommen wird.

Dazu, dass sich die FinDel weitgehend auf Informationen der EFK abstützte, siehe Kapitel 7.2.2.1.

6705

Im Jahr 2012 war INSIEME an den Sitzungen der FK-N regelmässig ein Thema ­ aus unterschiedlichem Anlass.2037 Dabei äusserte sich auch erstmals ­ und in der Folge regelmässig ­ ein Vertreter der EFK zu INSIEME.2038 Handlungsbedarf und Aktivität der FK-N Bis zum Abbruch der Verhandlungen und zum Widerruf des WTO-Zuschlags an die Firma Unisys im Jahr 2007 stellte INSIEME nicht ein Problem, sondern eher die Lösung der bestehenden Schwierigkeiten im Informatikbereich der ESTV dar.2039 Im Zusammenhang mit dem Abbruch der Zusammenarbeit mit Unisys wurde erstmals von gewissen Schwierigkeiten bei INSIEME gesprochen.2040 Besondere Schritte beschloss die zuständige Subkommission aufgrund dieser Entwicklung vorerst nicht.2041 Ab 2008 befasste sie ­ und auf der Basis ihrer Erkenntnisse auch die FK-N ­ sich dann allerdings regelmässiger und im Rahmen der Voranschlagssitzungen sogar systematisch mit INSIEME.

In einer ersten Phase standen dabei die Lehren aus dem Abbruch im Zentrum. Das Projekt wurde von den angehörten Personen bereits wieder als auf gutem Weg befindlich gesehen.2042 Zwar kamen später gewisse zusätzliche Schwierigkeiten2043 hinzu, die auch eingestanden wurden; an der Einschätzung der Vertreter der ESTV und des EFD, dass das Projekt jeweils nach entsprechenden Interventionen (wieder) gut unterwegs sei, änderte sich aber kaum etwas.2044 Bis zum Antrag für den Nachtragskredit 2010 teilte die zuständige Subkommission der FK-N diese Beurteilung offenbar. So hielt denn auch ein Mitglied der Subkommission am Ende des Informationsbesuchs bei der ESTV vom 26. August 2009 fest: «Ich habe einen ausgezeichneten Eindruck von INSIEME gewonnen. Die gemachten Fehler wurden erkannt und auf den Tisch gelegt. Das ist eigentlich eine gute Sache, und ich bin eigentlich zuversichtlich, dass es ein gutes Projekt wird.»2045

2037

2038

2039 2040 2041 2042

2043 2044

2045

Bis zum Abbruchentscheid des EFD im September 2012: Sitzungen der FK-N vom 16./17. Febr. 2012 (anlässlich der mündlichen Berichterstattung der FinDel im Zusammenhang mit der Projektprüfung der EFK von 2011), vom 22./23. März 2012 (anlässlich der Besprechung des Tätigkeitsberichts 2011 der FinDel), vom 7./8. Mai 2012 (anlässlich der Berichterstattung der Subkommission zum Informationsbesuch bei der ESTV, der Beratung der Staatsrechnung 2011 und der Kenntnisnahme des Jahresberichts 2011 der EFK), vom 5. Juli 2012 (anlässlich einer weiteren mündlichen Berichterstattung der FinDel, u. a. zum Besuch bei der ESTV vom Juni 2012) sowie vom 3./4. Sept. 2012 (anlässlich einer besonderen Aussprache mit der Vorsteherin des EFD zu INSIEME).

Erstmals an der Sitzung vom 22./23. März 2012 (Protokoll, S. 50­52). Im Übrigen siehe Protokoll der FK-N vom 7./8. Mai 2012, S. 39 und 42; Auszug aus dem Protokoll der FK-N vom 5. Juli 2012, S. 3 und 5; und Protokoll der FK-N vom 3./4. Sept. 2012, S. 40 und 43.

Siehe Kapitel 7.3.1.1.

Protokolle der FK-N6 vom 9. Mai 2007, S. 16, und vom 14. Sept. 2007, S. 18 f.

Protokoll der FK-N6 vom 14. Sept. 2007, S. 18 f.

Protokolle der FK-N6 vom 17. April 2008, S. 23 und 54; vom 10. Sept. 2008, S. 16; vom 26. Aug. 2009, S. 12 f. und 24; und Auszug aus dem Protokoll der FK-N6 vom 27. April 2010, S. 4 f.

Siehe Kapitel 7.3.1.2 und 7.3.1.3.

Vgl. etwa die Protokolle der FK-N6 vom 27. April 2011, S. 22 f.; vom 26. März 2012, S. 4 und 6 f.; und vom 17./18. April 2012, S. 14. Siehe auch die Aussage der Vorsteherin des EFD (seit 2010) gegenüber der FK-N an deren Sitzung vom 23.­25. Nov. 2011 (Protokoll, S. 48 f.).

Protokoll der FK-N6 vom 26. Aug. 2009, S. 40.

6706

Zu dieser Beurteilung gelangte das Subkommissionsmitglied auch, weil der zuständige Mandatsleiter der EFK (seit 2008), der die Subkommission auf Anregung des FinDel-Präsidenten beim Besuch begleitete,2046 festhielt ­ ohne dass dies von der EFK geprüft worden wäre ­, dass der Umsetzungsstand der Empfehlungen aus der Projektprüfung der EFK von 2008 sehr zufriedenstellend zu sein scheine. Seiner Meinung nach seien die Lehren aus der Vergangenheit gezogen worden; die EFK werde aber den Stand der Empfehlungen weiterverfolgen und allenfalls in einer späteren Phase eine Folgeprüfung vorsehen.2047 Der Präsident der Subkommission stellte jedoch aufgrund der Ankündigung des Nachtragskredits2048 bereits klar: «Für uns ist wichtig, dass der weitere Ablauf des Projektes einwandfrei ist, weil wir uns über einen Ergänzungskredit äussern werden.

Da ist dann auch unsere Verantwortung mit im Spiel.»2049 Ab Herbst 2010 zeigte sich die Subkommission gegenüber dem Projekt und den dafür verantwortlichen Personen kritischer in Bezug auf die allgemeine Situation bei der Bundesverwaltungsinformatik,2050 in Bezug auf das Nachtragskreditbegehren2051 und auch in grundsätzlicher Form in Bezug auf das Projekt INSIEME2052.2053 Entsprechend fiel auch ihre Berichterstattung zuhanden der FK-N aus;2054 Anträge stellte sie allerdings keine. Vielmehr beschloss sie, gegenüber der FinDel, die das

2046 2047 2048 2049 2050

2051

2052

2053

2054

Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 14./15. April 2009, S. 3. Siehe dazu auch Kapitel 6.4.2.

Protokoll der FK-N6 vom 26. Aug. 2009, S. 39.

Protokoll der FK-N6 vom 26. Aug. 2009, S. 23­25.

Protokoll der FK-N6 vom 26. Aug. 2009, S. 40.

Vgl. insb. die Protokolle der FK-N6 vom 6. Okt. 2010, S. 5­11 und 30­35, und vom 27. April 2011, S. 4­7, sowie den Auszug aus dem Protokoll der FK-N6 vom 7. Okt.

2011, S. 6 f.

Explizit wurde das gewählte Vorgehen kritisiert, einen Nachtragskredit mit Vorschuss zu beantragen, obwohl schon länger klar war, dass es einen solchen Nachtragskredit brauchen werde (Protokoll der FK-N6 vom 28. Okt. 2010, S. 17).

Vgl. insb. das Protokoll der FK-N6 vom 27. April 2011, S. 22­24; den Auszug aus dem Protokoll der FK-N6 vom 7. Okt. 2011, S. 22 und 24; und das Protokoll der FK-N6 vom 26. März 2012, S. 5.

Über lange Zeit kaum infrage gestellt wurden seitens der FK-N dagegen die von der ESTV bzw. vom EFD in Aussicht gestellten Effizienzgewinne von ca. 200 Millionen Franken jährlich nach erfolgter Umsetzung von INSIEME (vgl. erstmals im Sammelantrag des EFD, «Verpflichtungskredite für die Programme INSIEME der ESTV und FIRE 111 der EZV» vom 27. Juni 2005, S. 2). Erst im Zusammenhang mit dem gemeinsamen Besuch der zuständigen Subdelegation der FinDel und der zuständigen Subkommission der FK-N bei der ESTV vom 22. Juni 2012 wurde festgehalten, dass kaum mehr mit der Realisierung dieser Effizienzgewinne gerechnet werden könne (Protokoll zum Besuch, S. 18 f.; Protokoll der FK-N vom 5. Juli 2012, S. 1). Vgl. auch den Auszug aus dem Protokoll der FK-N vom 7./8. Mai 2012, S. 42, wo der Direktor der EFK (1998­ 2013) den geltend gemachten Nutzen von 200 Millionen Franken mit einem Fragezeichen versah, ohne die zugrunde liegende Schätzung geprüft zu haben. Eine Diskussion über diesen Betrag fand in der FinDel an deren Sitzung vom 9./10. Sept. 2010 statt. Damals erläuterte der Direktor der ESTV (2000­2012) die Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen (vgl.

Auszug aus dem Protokoll, S. 100).

Protokolle der FK-N vom 18./19. Okt. 2010, S. 56 f.; vom 16./17. Mai 2011, S. 23; und vom 7./8. Mai 2012, S. 15 f.

6707

Projekt schon länger eng begleitete,2055 zurückzustehen und für die Beurteilung eines allfälligen Handlungsbedarfs die Ergebnisse der FinDel abzuwarten.2056 Nachdem auch an den Sitzungen der FK-N mehrfach festgehalten worden war, dass sich die FinDel prioritär mit INSIEME befasse,2057 beschloss die FK-N an ihrer Sitzung vom 5. Juli 2012, einerseits ihre bisherigen Befassungen mit dem Projekt aufzuarbeiten2058 und andererseits im September 2012 eine Aussprache mit der Vorsteherin des EFD (seit 2010) durchzuführen.2059 Am Rande dieser Anhörung, die am 4. September 2012 stattfand, wurde erneut festgehalten, dass sich die FinDel mit INSIEME befasse ­ was die FK-N aber nicht daran hindere, sich direkt informieren zu lassen.2060 Die Vorsteherin des EFD (seit 2010) stellte erstmals klar, dass INSIEME nicht mehr das war, was ursprünglich geplant worden war.2061 Zudem informierte sie darüber, dass vor Herbst 2011 keine detaillierte Kostenrechnung und keine Kostenplanung erstellt worden waren.2062 Der Entscheid über das weitere Vorgehen wurde allerdings erneut vertagt, um Doppelspurigkeiten mit der FinDel zu vermeiden.2063 In Bezug auf die Behandlung der Voranschläge in den FK stellte die FinDel während der gesamten Laufzeit von INSIEME nie einen Antrag und gab auch nie Empfehlungen ab. Von Mitgliedern gestellte Anträge, den Informatikaufwand zu reduzieren, fanden jeweils keine Mehrheit.2064

2055

2056 2057 2058

2059 2060

2061 2062

2063 2064

Vgl. die entsprechenden Hinweise der FinDel gegenüber der FK-N im Rahmen ihrer mündlichen Berichterstattung von 2009 (Protokoll der FK-N vom 14./15. Mai 2009, S. 38).

Protokoll der FK-N6 vom 27. April 2011, S. 24. Beachte allerdings die Diskussion dazu am Informationsbesuch der FK-N6 bei der ESTV vom 26. März 2012 (Protokoll S. 48).

Vgl. insb. die Hinweise in den Protokollen der FK-N vom 16./17. Febr. 2012, S. 57 f., und vom 22./23. März 2012, S. 50 f.

Es wurde die Frage aufgeworfen, «ob die Finanzoberaufsicht bei INSIEME versagt habe» (so die Formulierung des damaligen Präsidenten der FK-N an deren Sitzung vom 3./4. Sept. 2012; siehe Protokoll, S. 34).

Auszug aus dem Protokoll der FK-N vom 5. Juli 2012, S. 4 f.

Protokoll der FK-N vom 3./4. Sept. 2012, S. 34. Die Zuständigkeit der FinDel schien aber nicht so klar zu sein, wie sie der damalige Präsident der FK-N darzustellen versuchte (vgl.

die Diskussion im Protokoll der FK-N vom 3./4. Sept. 2012, S. 40­43).

Protokoll der FK-N vom 3./4. Sept. 2012, S. 34.

Protokoll der FK-N vom 3./4. Sept. 2012, S. 37. Bereits am Informationsbesuch der zuständigen Subdelegation der FinDel und der zuständigen Subkommission der FK-N vom 22. Juni 2012 hatte der damalige Projektleiter darauf hingewiesen (siehe Protokoll, S. 10). Die Information wurde aber weder an die FinDel noch an die FK-N weitergeleitet.

Protokoll der FK-N vom 3./4. Sept. 2012, S. 43.

Protokolle der FK-N vom 12.­14. Nov. 2008, S. 47 f.; vom 11.­13. Nov. 2009, S. 54­57; vom 10.­12. Nov. 2010, S. 64­66; und Auszug aus dem Protokoll der FK-N vom 23.­ 25. Nov. 2011, S. 48 f. Aus den vorliegenden Unterlagen lässt sich nicht ableiten, ob diese Anträge (auch) wegen INSIEME gestellt wurden. Die Zunahme des Informatikaufwandes des Bundes im Voranschlag für 2009 um zwölf Prozent gegenüber dem Vorjahr begründete der Vorsteher des EFD (2004­2010) an der Sitzung der FK-N vom 12.­ 14. Nov. 2008 unter anderem mit dem Mehrbedarf von INSIEME (Protokoll, S. 47 f.).

6708

Plausibilisierung der erhaltenen Informationen Nach dem Abbruch von INSIEME stellte sich für verschiedene Mitglieder der FK-N und der zuständigen Subkommission die Frage, ob sie im Rahmen ihrer Befassung mit dem Projekt jeweils korrekt informiert worden waren.2065 Ebenso wie die FinDel2066 hätten aber auch die FK-N und ihre Subkommission verschiedene Möglichkeiten gehabt, um die von den Verwaltungsvertretern erhaltenen Informationen zu überprüfen, sofern sie dies für die Wahrnehmung ihrer Aufgabe als notwendig erachtet hätten. So hätten insbesondere ein externer Sachverständiger oder das SPFA mit der Plausibilisierung der erhaltenen Informationen beauftragt werden können.2067 Von dieser Möglichkeit wurde jedoch ­ trotz der ab Herbst 2010 aufkommenden kritischeren Haltung gegenüber INSIEME ­ kein Gebrauch gemacht.

Auch die EFK hätte von der FK-N gemäss Artikel 7 Absatz 2 FKG zur Unterstützung bei der Voranschlagsberatung beigezogen werden können, so z. B. zur Prüfung der einem Verpflichtungskreditantrag zugrundeliegenden Schätzungen oder auch nur, um von der EFK eine Stellungnahme zu Geschäften einzuholen, die sie aufgrund ihrer Prüftätigkeit eingesehen hatte.2068 Ein Einbezug der EFK fand aber nicht statt.2069 So blieb z. B. letztlich unentdeckt, dass die Projektverantwortlichen bis im Herbst 2011 keine detaillierte Kostenrechnung zu INSIEME erstellt hatten, weshalb die angefallenen Kosten bis heute nicht den jeweiligen Systemkomponenten zugeteilt werden können.2070 Beurteilung der Wahrnehmung der Oberaufsichtsfunktion durch die FK-N bezüglich INSIEME Die Oberaufsichtskommissionen stellen fest, dass die FK-N oder ihre Subkommission Problemen bei INSIEME in der Regel nachgingen, wenn sie solche erkannten.

Kritisch scheint den FK und GPK allerdings, dass ­

sich die FK-N bzw. ihre Subkommission dabei regelmässig zurückhielten, weil die FinDel mit INSIEME befasst war ­ obwohl nie eine explizite Aufgabenteilung vereinbart wurde ­,2071 und dass

2065

Vgl. insb. die Protokolle der FK-N1 vom 24. Sept. 2012, S. 5 f., und vom 2./3. Okt. 2012, S. 77 f., sowie den Auszug aus dem Protokoll der FK-N vom 15./16. Okt. 2012, S. 31. So stellte denn auch der Generalsekretär des EFD (seit 2010) fest, die Situation sei wohl «schöngeredet» worden (Protokoll vom 24. Sept. 2012, S. 6 und 9). Vgl. dazu auch Kapitel 4.3.4 und 4.4.

Siehe Kapitel 7.2.2.2.

Siehe Kapitel 7.1.3.

Siehe dazu und zur Beurteilung der aktiven Information seitens der EFK Kapitel 6.6.11.2.

Protokoll der AGI vom 14. Okt. 2013, S. 19 (Direktor EFK 1998­2013). So nahm z. B. an den Sitzungen der FK-N bzw. ihrer Subkommission zum Nachtragskredit 2010 keine Vertretung der EFK teil, obwohl die EFK im Rahmen der Beratung ihrer Projektprüfung von 2008 an der Sitzung der FinDel vom 14./15. April 2009 festgehalten hatte, dass sich im Zusammenhang mit dem absehbaren Zusatz- und Nachtragskredit die Möglichkeit bieten werde, kritische Fragen zu stellen und entsprechende Dokumente einzufordern (Auszug aus dem Protokoll, S. 2 und 4.).

Siehe dazu Kapitel 2.3 und 4.3.3.

Dazu gleich mehr in Kapitel 7.3.2.3.

2066 2067 2068 2069

2070 2071

6709

­

nicht sichergestellt war, dass die FK-N bzw. ihre Subkommission an die Informationen gelangten, die sie für die Beurteilung der Situation bei INSIEME brauchten.

Anstösse zur Verbesserung der Wahrnehmung der Oberaufsichtsfunktion durch die FK-N Die Oberaufsichtskommissionen halten fest, dass sich die FK-N und ihre Subkommission grundsätzlich auf von Verwaltungsseite erhaltene Informationen verlassen können müssen. Das gilt insbesondere für Auskünfte, die sie im Rahmen der Voranschlags- und Staatsrechnungssitzungen erhalten.

Um ihre Aufgaben effektiv wahrnehmen zu können, ist die FK-N darauf angewiesen, dass ihr sowohl die FinDel als auch die EFK konsequent über Feststellungen und Beurteilungen Bericht erstatten, die für die FK-N absehbar ­ insbesondere für die Vorberatung der Voranschläge und Staatsrechnungen ­ von Bedeutung sind. Die Oberaufsichtskommissionen fordern die FinDel und die EFK denn auch dazu auf, aktiv auf die FK-N zuzugehen.2072 Darüber hinaus erachten die GPK und FK eine Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen der FinDel und der FK-N als wichtige Massnahme zur Verbesserung der Wahrnehmung der finanziellen Oberaufsicht (siehe dazu Kapitel 7.3.2.3).

Auf der anderen Seite ist für die FK und GPK von grundlegender Bedeutung, dass die FK-N die ihr zur Verfügung stehenden Instrumente und Mittel aktiver nutzt als bisher. Dazu gehört der vermehrte Beizug externer Experten oder der EFK ebenso wie die Nutzung der Möglichkeiten, welche die Vorberatung von Voranschlag und Staatsrechnung bieten. Da dabei dem SPFA eine nicht zu unterschätzende Rolle zukommt, sind die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass es seine diesbezüglichen Beratungsaufgaben im Interesse der FK-N und ihrer Subkommissionen wahrnehmen kann, ohne dass dies gleichzeitig zu einem Abbau der Unterstützung der FinDel führt. Deshalb ist nach Ansicht der Oberaufsichtskommissionen für eine personelle Verstärkung des SPFA zu sorgen.2073 Über einen vermehrten und gezielten Einsatz der zur Verfügung stehenden Möglichkeiten und Ressourcen kann die FK-N in Zukunft noch besser überprüfen, ob die Steuerung des Bundeshaushalts, die finanzielle Führung auf Verwaltungsebene und die Rechnungslegung den finanzhaushaltrechtlichen Grundlagen entsprechen und ob ein wirksamer und wirtschaftlicher Einsatz der Mittel sichergestellt ist.

7.3.2.2

Informationsbasis und Aktivität der FK-S

Die zuständige Subkommission der FK-S streifte INSIEME während seiner gesamten Laufzeit weitestgehend2074 nur im Zusammenhang mit den Budgetberatungen2075 bzw. mit der Staatsrechnung.2076 Eine vertiefende Befassung fand nie statt.

2072 2073 2074

Siehe hierzu Kapitel 6.6.11.2 (betr. EFK) und Kapitel 7.2.2.5 (betr. FinDel).

Vgl. Kapitel 7.2.2.5.

Die einzige Ausnahme stellt die Thematisierung von INSIEME am Rande des Informationsbesuchs der Subkommission beim BIT vom 5. April 2012 dar (Protokoll, S. 6 und 15).

Dabei wies der Präsident der FinDel von 2010 und 2014 allerdings darauf hin, dass sich die FinDel mit INSIEME befasse (Protokoll, S. 23).

2075 Protokolle der FK-S1 vom 5. Sept. 2005, S. 14 f.; vom 14. Okt. 2009, S. 12 und 26; und vom 20. Okt. 2010, S. 22 f.

6710

Im Frühjahr 2011 sah die Subkommission aufgrund der Tatsache, dass die FinDel das Projekt eng begleitete, bewusst davon ab, sich stärker mit INSIEME zu befassen.2077 Die vorhandenen Unterlagen lassen darauf schliessen, dass die Subkommission die wenigen ­ mündlichen2078 wie auch schriftlichen2079 ­ Informationen, die sie zu INSIEME erhielt, nie anzweifelte. So beantragte sie ausnahmslos Zustimmung zu den Voranschlägen und den Staatsrechnungen, ohne weitere Klärungen zu verlangen. Sie berichtete der FK-S auch nicht darüber, dass INSIEME an den Sitzungen der Subkommission angesprochen worden war.

Die FinDel ihrerseits informierte die FK-S nur schriftlich über ihre Aktivitäten im Zusammenhang mit INSIEME ­ nämlich in ihren Tätigkeitsberichten2080 ­, nicht aber im Rahmen ihrer mündlichen Berichterstattung während des Jahres, und stellte ihr diesbezüglich keine Anträge.2081 So befasste sich die FK-S an ihren Sitzungen bis zur Beratung des Tätigkeitsberichts der FinDel zum Jahr 2011 am 19./20. April 20122082 nie mit INSIEME.

In Bezug auf die Nutzung der Instrumente zur Plausibilisierung der erhaltenen Informationen wird auf die Ausführungen zur FK-N verwiesen (Kapitel 7.3.2.1).

Die FK und GPK erachten die fehlende Befassung der FK-S mit dem Projekt INSIEME aus folgendem Grund als kritisch: So war die FK-S zwar darüber informiert, dass sich die FinDel mit dem Projekt auseinandersetzte, aber obwohl keine mündliche Berichterstattung der FinDel dazu stattfand, wurde seitens der FK-S nie nachgefragt. Die Oberaufsichtskommissionen sehen deshalb in der Intensivierung der Zusammenarbeit zwischen der FinDel und der FK-S eine wichtige Massnahme zur Verbesserung der Wahrnehmung der finanziellen Oberaufsicht (siehe dazu Kapitel 7.3.2.3).

2076 2077

2078

2079

2080

2081 2082

Protokolle der FK-S1 vom 14. April 2010, S. 33; vom 6. April 2011, S. 13; und vom 11. April 2012, S. 26.

Siehe dazu die Bemerkungen im Auszug aus dem Protokoll der FK-S1 vom 6. April 2011, S. 13. Vgl. auch den Auszug aus dem Protokoll zur Informationssitzung beim BIT vom 5. April 2012, S. 23, wo erneut auf die Befassung der FinDel mit INSIEME hingewiesen wurde.

So sagte z. B. der Direktor der ESTV (2000­2012) an der Sitzung der FK-S1 vom 11. April 2012, dass INSIEME nach verschiedenen Schwierigkeiten nun wieder auf gutem Weg sei (Protokoll, S. 26).

Vgl. insb. die Botschaft über den Nachtrag II zum Voranschlag 2010 vom 1. Okt. 2010, S. 13, 16, 30 und 35 (keine BBl-Publikation, vgl. BBl 2010 7393); das Nachtragskreditbegehren des Vorstehers des EFD (2004­2010) an den Bundesrat vom 18. Juni 2010; und die Zusatzdokumentation des EFD zum Voranschlag 2011 vom 23. Aug. 2010, S. 25 f.

und 41­43.

Jahresbericht 2004 der FinDel an die FK, Ziff. 5.6.4: Informatikprobleme der Eidgenössischen Steuerverwaltung (BBl 2005 3011, hier 3052); Jahresbericht 2005 der FinDel an die FK, Ziff. 5.6.3: Eidg. Steuerverwaltung (ESTV); Informatikprojekte (BBl 2006 4099, hier 4141); Jahresbericht 2010 der FinDel an die FK, Ziff. 2.2.3: Eidg. Steuerverwaltung, Projekt INSIEME (BBl 2011 3855, hier 3875); und Jahresbericht 2011 der FinDel an die FK, Ziff. 3.6.1: ESTV: Informatikprojekt INSIEME, Informationsbesuch bei der ESTV (BBl 2012 6993, hier 7035).

Siehe dazu Kapitel 7.2.1.

Protokoll der FK-S vom 19./20. April 2012, S. 57 (wobei keinerlei Nachfragen zur Berichterstattung des Präsidenten der FinDel 2012 gestellt wurden).

6711

7.3.2.3

Aufgabenteilung zwischen der FinDel und den FK

Dass zwischen den FK und der FinDel bezüglich INSIEME keine klar definierte Aufgabenteilung vorgenommen wurde,2083 beurteilen die FK und GPK im Nachhinein als nicht zielführend.2084 Dies führte dazu, dass sich die FK-S gar nicht mit dem Projekt befasste. Auch die FK-N, die sich zwar immer wieder mit INSIEME beschäftigte, verzichtete darauf, ihrer immer kritischeren Haltung weitere Schritte folgen zu lassen, und überliess das Dossier über weite Strecken der FinDel.

Die FK haben nicht nur eine Funktion in Bezug auf die Finanzhoheit der Bundesversammlung, sondern auch eine Oberaufsichtsfunktion. So steht ihnen nicht nur die Möglichkeit offen, gewisse Sachverhalte abzuklären, sondern sie haben die Aufgabe, dies auch tatsächlich zu tun, sofern der Vollzug des Finanzhaushalts davon betroffen ist.2085 Dementsprechend erachten es die Oberaufsichtskommissionen als wichtig, dass einerseits eine klare Aufgabenteilung mit der FinDel vereinbart wird, und dass andererseits die FK in Zukunft vermehrt eigene Untersuchungen führen ­ so wie sie dies im Rahmen der vorliegenden Aufarbeitung von INSIEME (ausnahmsweise zusammen mit den GPK) getan haben.

7.4

Rolle der Geschäftsprüfungskommissionen

7.4.1

Wahrnehmung der Oberaufsichtsfunktion bei INSIEME

Die GPK-N befasste sich am Rande zweier Dienststellenbesuche bei der ESTV durch ihre Subkommission EFD/EVD2086 mit dem Projekt INSIEME. Der Dienststellenbesuch am 11. Oktober 2004 galt der Hauptabteilung MWST, derjenige vom 20. Oktober 2011 dem ganzen Amt.

INSIEME war bei beiden Besuchen nicht das Hauptthema, kam jedoch zur Sprache.

Der Direktor der ESTV (2000­2012) äusserte sich im Rahmen des zweiten Besuchs gegenüber der Subkommission zuversichtlich, dass das Projekt nach einigen Schwierigkeiten insbesondere im Bereich der Projektführung und aufgrund der Komplexität des Unterfangens nun erfolgreich zu einem Ende geführt werden könne.2087 Nach beiden Besuchen sah die Subkommission keinen Handlungsbedarf für die GPK-N, informierte diese allerdings im Rahmen ihrer Berichterstattung darüber, dass die Weiterentwicklung der IT eine grosse Herausforderung für die ESTV darstelle.2088 Die GPK-S befasste sich nie mit INSIEME.

2083 2084

2085 2086 2087 2088

Protokoll der AGI vom 26. März 2014, S. 19 (Präsident FinDel 2010 und 2014), S. 35 (Präsident FinDel 2011) und S. 59 (Präsidentin FinDel 2013).

Die Präsidentin der FinDel von 2013 hielt gegenüber der AGI fest, dass zwar keine Aufgabenteilung, aber zumindest eine Koordination stattgefunden habe (Protokoll der AGI vom 26. März 2014, S. 59); so auch der Präsident der FinDel von 2003 und 2007 (Protokoll der AGI vom 14. März 2014, S. 66). Es muss hier allerdings offenbleiben, wie diese Koordination genau aussah. Dass eine solche wichtig wäre, scheint zumindest unbestritten (vgl. die Diskussion im Protokoll der FK-N1 vom 24. Sept. 2012, S. 17 f.).

Weist ein Sachverhalt auf Probleme bei der Geschäftsführung hin, haben sich die FK an die GPK zu wenden und diese darüber zu informieren. Siehe dazu Kapitel 7.5.

Heute Subkommission EFD/WBF.

Protokoll der Subkommission EFD/EVD vom 20. Okt. 2011, S. 29.

Protokoll der GPK-N vom 21. Okt. 2011, S. 19.

6712

7.4.2

Beurteilung der parlamentarischen Oberaufsicht der GPK

Beurteilung der Wahrnehmung der Oberaufsichtsfunktion durch die GPK bezüglich INSIEME Die GPK bestimmen ihre Untersuchungsgegenstände weitgehend autonom und setzen ihre Arbeitsschwerpunkte nach eigenem Ermessen (Art. 52 Abs. 2 ParlG); sie tun dies auch unabhängig davon, ob und wie der Bundesrat seine Aufsichtsfunktion wahrnimmt. Zu diesem Zweck erstellen sie jedes Jahr ein Programm, das die Prioritäten in jedem Verwaltungsbereich festlegt.

Dabei orientieren sie sich an Hinweisen auf Mängel und Verbesserungsmöglichkeiten in den kontrollierten Institutionen. Woher die Hinweise stammen, spielt dabei keine Rolle. So können sie von aussen über Aufsichtseingaben (Art. 129 ParlG) oder über Anfragen bzw. Mitteilungen anderer parlamentarischer Kommissionen an die GPK herangetragen werden. Eine Befassung der GPK kann auch aufgrund von Anträgen ihrer Mitglieder bzw. Subkommissionen oder auf Anregung der PVK erfolgen, falls diese im Rahmen ihrer Tätigkeit auf Problemhinweise stösst.

Über Informationen vonseiten der EFK verfügten die GPK nicht,2089 und auch von den FK oder der FinDel wurden die GPK nie über allfällige Probleme bei der Geschäftsführung informiert.2090 Einzig im Rahmen der viermal jährlich stattfindenden Treffen der Sekretariate der Oberaufsichtskommissionen ­ diese Treffen dienen der Koordination der Oberaufsichtstätigkeiten von FK und GPK ­ wurde darüber informiert, dass die FinDel INSIEME eng begleite.

Gewisse Entwicklungen im Projekt wurden allerdings in den Medien behandelt: So berichteten verschiedene Medien insbesondere über den Abbruchentscheid von 20072091 und dann intensiv über den Jahresbericht 2011 der FinDel.2092 Hinweise auf die Probleme im Projekt INSIEME lagen den GPK-N/S also aufgrund der erwähnten Medienberichterstattungen potenziell vor, doch diese wurden anlässlich der GPK-Sitzungen nicht thematisiert. Die GPK-N erhielt zusätzliche Problemhinweise über die Berichterstattungen ihrer für das EFD zuständigen Subkommissi2089

Die Berichte der EFK zu INSIEME aus den Jahren 2006, 2008 und 2012 wurden von der EFK erst im Oktober 2012 veröffentlicht, nachdem das EFD die Berichte von 2008 und 2012 auf seiner Webseite veröffentlicht hatte (Protokoll der AGI vom 14. Okt. 2013, S. 53 [Vizedirektor EFK 2000­2013]). Der Bericht zur Prüfung von 2005 wurde nicht veröffentlicht. Konkrete Hinweise auf Probleme bei der Geschäftsführung fanden sich in den veröffentlichten Jahresberichten der EFK kaum; vielmehr wurde seit 2007 darauf hingewiesen, dass kein Handlungsbedarf für den Bundesrat oder das Parlament bezüglich der Umsetzung von Empfehlungen der EFK bestehe (vgl. EFK-Jahresberichte 2007, S. 42 f., 2008, S. 38 f., 2009, S. 37, 2010, S. 39, und 2011, S. 26).

2090 So war INSIEME auch im Rahmen der zwischenzeitlich zur materiellen Koordination zur Verfügung gestandenen Konferenz der Präsidien der Aufsichtskommissionen und -delegationen (KPA) nie Thema. Siehe dazu Kapitel 7.5.

2091 Vgl. u. a. «St. Galler Tagblatt», Gesamtausgabe vom 4. Sept. 2007 («Informatikprojekt geplatzt»), sowie «NZZ am Sonntag» vom 26. Aug. 2007 («Bund möchte Millionenauftrag widerrufen»).

2092 So u. a. «Tagesanzeiger» und «Der Bund» vom 20. April 2012 («Finanzdelegation will Bundesverwaltung stärker kontrollieren lassen»), «Berner Zeitung» vom 20. April 2012 («Scharfe Kritik an der Bundesverwaltung»), «Netzwoche» vom 9. Mai 2012 («Informatikprojekt INSIEME in der Kritik»).

6713

on (Dienststellenbesuche). Offensichtlich erkannten die GPK in diesen Hinweisen jedoch keinen genügenden Anlass, um selber tätig zu werden.

Rückblickend muss aus Sicht der FK und GPK die fehlende Befassung der GPK mit dem Projekt INSIEME kritisch beurteilt werden. Es stellt sich auch hier die Frage, welche Vorkehrungen getroffen werden können, damit die GPK ihre Aufgabe in zukünftigen Fällen trotz Behandlung durch die FK oder die FinDel angemessen wahrnehmen.

Die GPK befassten sich in der Vergangenheit kaum je in übergeordnetem Sinne mit dem Projektmanagement und den Voraussetzungen für eine erfolgreiche Führung von Projekten in der Bundesverwaltung. Angesichts der Möglichkeit der GPK, ihre Beratungsgegenstände stärker selbst zu bestimmen als die FK, ist dies nicht nachvollziehbar.

Anstösse zur Verbesserung der Wahrnehmung der Oberaufsichtsfunktion durch die GPK Eine wichtige Massnahme liegt in der Verbesserung der Koordination zwischen FinDel/FK und den GPK auf Stufe der Organe (siehe dazu Kapitel 7.5).

Darüber hinaus ist für einen verbesserten Informationsfluss zwischen der EFK und den GPK zu sorgen. So antwortete der stellvertretende Direktor der EFK (1998­ 2013) auf die Frage, weshalb die GPK von der EFK nicht über die bestehenden Geschäftsführungsprobleme informiert worden waren, obwohl sie die Probleme vor allem in der Führung der ESTV sah,2093 dass die EFK mit der FinDel und den FK zusammenarbeite.2094 Tatsächlich entspricht diese Sichtweise der aktuellen Regelung im FKG in Bezug auf die Information über die Feststellungen der EFK und die Umsetzung ihrer Empfehlungen.2095 In Anbetracht der Aufgabe der EFK, «die Bundesversammlung bei der Ausübung [...] ihrer Oberaufsicht über die eidgenössische Verwaltung und Rechtspflege» zu unterstützen (Art. 1 Abs. 1 Bst. a FKG), erachten die Oberaufsichtskommissionen eine direkte Information der GPK über von der EFK festgestellte Mängel in der Geschäftsführung nicht nur als sinnvoll und zeitgemäss, sondern auch als geboten. Wie auch die EFK feststellte, ist die Grenze zwischen Finanzoberaufsicht und Oberaufsicht über die Geschäftsführung insbesondere im Rahmen der gesetzlich vorgesehenen Wirtschaftlichkeitsprüfungen verwischt.2096 Deshalb regen die Oberaufsichtskommissionen eine entsprechende Anpassung des FKG an (vgl.

Kapitel 6.6.2.1 und Motion 1 der FK und GPK in Kapitel 6.7).

2093 2094

Auszug aus dem Protokoll der FinDel vom 19. Sept. 2012, S. 13.

Protokoll der AGI vom 14. Okt. 2013, S. 34 f. Vgl. auch die Aussage des Vizedirektors der EFK (2000­2013) am 19. Sept. 2012 in der FinDel (Protokoll S. 13): «Erstaunlich ist die Begründung für die Massnahmen gegenüber [dem damaligen Direktor der ESTV A. d. Verf.]. Wenn man das Problem mit den Beschaffungen nicht gehabt hätte, wäre der Direktor [...] immer noch im Amt. Es scheint sehr schwierig zu sein, einen Chefbeamten für Mängel in seiner Geschäftsführung zur Rechenschaft zu ziehen. Der wesentliche Fehler [...] bestand aber in der fehlenden Führung des Projekts.» Ähnlich hatte er sich bereits in der FK-N geäussert (Protokoll der FK-N vom 22./23. März 2012, S. 51).

2095 Art. 14 Abs. 1 und 4 FKG (SR 614.0).

2096 Protokoll der GPK-N vom 28. Febr. 2014, S. 14.

6714

7.5

Zusammenarbeit und Koordination zwischen den parlamentarischen Oberaufsichtsorganen

Artikel 49 Absatz 1 ParlG verpflichtet alle Kommissionen zur gegenseitigen Koordination. Eine darüber hinausgegehende Pflicht gibt es für die Oberaufsichtsorgane nicht. Weil sich die Oberaufsicht über die Finanzen und diejenige über die Geschäftsführung in einem gewissen Masse überlappen bzw. nicht immer klar trennen lassen,2097 informieren sich die Sekretariate in der Praxis gegenseitig über die laufenden Geschäfte ihrer Kommissionen und Delegationen.2098 Die Finanzoberaufsichtsorgane orientierten sich bei der Wahrnehmung ihrer Aufgabe in Bezug auf INSIEME im Wesentlichen daran, dass das Projekt von der EFK geprüft wurde, deren Berichte an die FinDel gingen und sich die FinDel allenfalls in die FK einbringen würde.2099 Obwohl sie sich selbst dazu verpflichtet hatten,2100 informierten letztlich weder die FinDel noch die FK die GPK über die bestehenden Geschäftsführungsprobleme bei INSIEME, und sie regten keine Befassung der GPK mit INSIEME an.2101 Auf der anderen Seite luden aber auch die GPK die FinDel oder die FK nicht ein, über INSIEME zu informieren, und sie prüften nie, ob bei diesem derart lange andauernden Projekt Probleme bei der Geschäftsführung bestanden. Sie liessen sich auch nicht über die Arbeiten der FinDel und der FK zum Projekt INSIEME informieren.

Über den Grossteil der Laufzeit von INSIEME fand kein Austausch statt; auch nicht im Rahmen der zwischenzeitlich für die materielle Koordination zur Verfügung gestandene Konferenz der Präsidien der Aufsichtskommissionen und -delegationen (KPA).2102 Das Projekt INSIEME wurde in der KPA in keiner Art und Weise thematisiert.

Erst als sich die FinDel in ihrem Jahresbericht 2011 kritisch über INSIEME geäussert hatte,2103 traten die Präsidenten der FinDel und der GPK-N in Kontakt zueinan2097 2098 2099

2100

2101

2102

2103

Der Graubereich wird mitunter sogar als sehr breit bezeichnet (Protokoll der GPK-N vom 28. Febr. 2014, S. 14 [Direktor EFK seit 2014]).

Für die Finanzoberaufsichtsorgane: Ziff. 5 Handlungsgrundsätze der FinDel; Ziff. 5.3 Handlungsgrundsätze der FK.

Ein Vorgehen, das im Übrigen auch von der EFK getragen wurde (vgl. die Aussage des Direktors der EFK [1998­2013] gegenüber der FinDel: «Es ist Aufgabe der Finanzdelegation Beschaffungen zu behandeln, weil die EFK den gesetzlichen Auftrag hat, die Beschaffungen zu prüfen und der FinDel darüber Bericht erstattet.» [Protokoll der FinDel vom 25./26. Juni 2012, S. 9]).

Ziff. 5 Bst. c 2. Abs. Handlungsgrundsätze der FinDel: «Stellt die Finanzdelegation eine mangelhafte Geschäftsführung fest, so informiert sie die Geschäftsprüfungskommissionen»; Ziff. 5.3 Bst. a Handlungsgrundsätze der FK. Vgl. auch Art. 16 Abs. 2 des Reglements für die Finanzkommissionen und die Finanzdelegation der eidgenössischen Räte vom 8. Nov. 1985 (AS 1986 116), welches mit Wirkung ab dem 1. Jan. 2012 aufgehoben wurde (AS 2011 5859, hier 5861).

Sowohl die FinDel als auch die FK-N wurden von der EFK darüber informiert, dass ihrer Ansicht nach ein Führungsproblem in der ESTV bestand. Siehe dazu Kapitel 7.2.1 und 7.3.1.

Vgl. altArt. 54 ParlG (AS 2003 3543, hier 3558), per 2. März 2009 formell wieder aufgehoben (AS 2009 725, hier 726). Die KPA selbst beschloss an ihrer Sitzung vom 3. März 2008 einstimmig, sich auflösen zu wollen und die Aufhebung der gesetzlichen Grundlage im ParlG zu beantragen.

Jahresbericht 2011 der FinDel an die FK, Ziff. 3.6.1: ESTV: Informatikprojekt INSIEME, Informationsbesuch bei der ESTV (BBl 2012 6993, hier 7035).

6715

der.2104 Nachdem INSIEME abgebrochen worden war, liess sich die GPK-N vom Präsidenten der FinDel von 2012 über die Probleme bei diesem Vorhaben in Kenntnis setzen.2105 Dabei stand jedoch bereits die Koordination der Oberaufsichtsorgane in Bezug auf die Aufarbeitung des Abbruchs von INSIEME und die Begleitung des Nachfolgeprojekts durch die parlamenarische Oberaufsicht im Fokus.

Entgegen der usprünglichen Intention des Gesetzgebers2106 konnte auch über die Fokussierung der Oberaufsichtsorgane auf bestimmte Prüfungskriterien in Bezug auf INSIEME keine Verbesserung der Koordination zwischen den GPK und der FinDel bzw. den FK erreicht werden. So waren bei der Prüfung der Wirtschaftlichkeit des Verwaltungshandelns ­ dieses Kriterium stand noch am ehesten im Zentrum der Befassung der FinDel mit INSIEME2107 ­ zwingend auch Fragen der Geschäftsführung zu klären.2108 Diese wurden jedoch nicht an die GPK herangetragen.

Aufgrund der mit INSIEME gemachten Erfahrungen sind die FK und GPK klar der Ansicht, dass die Koordination zwischen den verschiedenen Organen der Oberaufsicht verbessert werden muss, und dass ­ zumindest in gewissen Bereichen ­ auch eine verstärkte Zusammenarbeit dieser Organe bei gleichzeitiger Wahrung klarer Verantwortlichkeiten anzustreben ist.2109 In Anbetracht dessen, dass sich das im Rahmen der Verabschiedung des Parlamentsgesetzes geschaffene Instrument der KPA in der Praxis nicht bewährt hat (weshalb es auch wieder abgeschafft wurde),2110 müssen nach Ansicht von GPK und FK neue bzw. allenfalls bereits einmal verworfene Wege in Erwägung gezogen werden. Gerade im Hinblick auf eine verstärkte Verbindung von Aufgaben und Ressourcen bei der Verwaltungsführung über das Neue Führungsmodell für die Bundesverwaltung (NFB) werden die Oberaufsichtsorgane erneut eine Zusammenlegung der Aufsichtskommissionen prüfen.2111

7.6

Zwischenfazit zur parlamentarischen Oberaufsicht

Die Ausübung der parlamentarischen Oberaufsicht soll nicht dazu führen, dass das Parlament anstelle der Regierung handelt: Das stünde im Widerspruch zur verfassungsmässigen Kompetenzordnung. Die Verwaltungsführung ist Aufgabe der exekutiven Organe.

2104

2105 2106 2107 2108 2109 2110 2111

Vgl. die einleitende Bemerkung des Präsidenten der FinDel von 2012 an der Sitzung der FinDel vom 25./26. Juni 2012 (Protokoll, S. 1) sowie die Hinweise des Präsidenten der GPK-N von 2012/2013 an der Sitzung der GPK-N vom 5. Sept. 2012 (Protokoll, S. 30).

Protokoll der GPK-N vom 16. Okt. 2012, S. 27­38, insb. S. 31­33.

Parlamentarische Initiative Parlamentsgesetz (PG). Bericht der Staatspolitischen Kommission des Nationalrates vom 1. März 2001 (BBl 2001 3467, hier 3556).

Siehe dazu Kapitel 7.2.2.1.

So auch der Direktor der EFK (seit 2014) gegenüber der GPK-N (Protokoll der GPK-N vom 28. Febr. 2014, S. 14).

So auch der Präsident der FinDel von 2012 (Protokoll der AGI vom 26. März 2014, S. 45 und 47).

Siehe das entsprechende Votum des Kommissionssprechers in der Debatte im Ständerat (AB 2008 S 715).

So wurde während der Vorarbeiten zum ParlG zum letzten Mal der Zusammenschluss von GPK und FK zu einer einzigen Aufsichtskommission diskutiert, letztlich aber ­ wie bisher stets ­ verworfen (vgl. Parlamentarische Initiative Parlamentsgesetz [PG]. Bericht der Staatspolitischen Kommission des Nationalrates vom 1. März 2001 [BBl 2001 3467, hier 3553­3555]).

6716

Die Oberaufsichtskommissionen halten deshalb fest: FinDel, FK und GPK trugen weder die Verantwortung für INSIEME, noch tragen sie eine solche für das Scheitern des Projekts.

Im Rahmen ihrer Inspektion konnten die FK und GPK aber in Bezug auf die Verfolgung der Ziele der Oberaufsicht verschiedene Schwachstellen aufdecken und Optimierungspotenziale aufzeigen.

Die parlamentarische Oberaufsicht dient folgenden Zielen: Sie fordert den Bundesrat und die Bundesverwaltung dazu auf, über ihre Aufgabenerfüllung Rechenschaft abzulegen. Dadurch soll die Regierung zu einem Lernprozess motiviert werden, der die Staatsleitung und den Gesetzesvollzug laufend verbessert, weil Mängel und Missstände behoben und Optimierungspotenziale erkannt und genutzt werden. Das Parlament sorgt auf diesem Weg für eine bessere Umsetzung der politischen Vorgaben und Ziele: Konkret bewirkt es, dass in der Verwaltung rechtmässig gehandelt wird und dass die Aufgaben zweckmässig, wirksam und wirtschaftlich erfüllt werden (Art. 26 Abs. 3 ParlG). Dadurch wiederum wird das Vertrauen in die Regierung und die Verwaltung erhalten und gestärkt.

Nach Ansicht der Oberaufsichtskommissionen kann die Wahrnehmung der Oberaufsichtsfunktion durch die FinDel verbessert werden, indem diese ihre Informationsbasis verbreitert und ihre Informationen nicht mehr fast ausschliesslich von der EFK bezieht, verstärkt Schwerpunkte für ihre Tätigkeit setzt und dabei die ihr zur Verfügung stehenden Instrumente und Mittel vermehrt einsetzt. Die FK und GPK erachten es aber auch als unabdinglich, dass die FinDel in Bezug auf ihr Arbeitsvolumen entlastet wird, unter anderem über eine klare Aufgabenteilung zwischen den FK und der FinDel.

Die Festlegung einer klaren Aufgabenteilung ist aus Sicht der Oberaufsichtskommissionen auch angebracht, um den FK eine aktivere Wahrnehmung ihrer Oberaufsichtsfunktion zu ermöglichen. Von grundlegender Bedeutung für ihren Erfolg dabei ist, dass die FK ­ genau wie auch die FinDel ­ die ihnen zur Verfügung stehenden Instrumente aktiv nutzen. Zudem sind sie darauf angewiesen, dass die benötigten Informationen sowohl von der FinDel als auch von der EFK an sie herangetragen werden.

Um eine vermehrte Eigenständigkeit und Aktivität der Oberaufsichtsorgane realisieren zu können, werden diese eine Verstärkung der personellen Ressourcen
prüfen, speziell im SPFA.

In Anbetracht dessen, dass die Grenze zwischen Finanzoberaufsicht und Oberaufsicht über die Geschäftsführung immer unschärfer wird, und im Hinblick auf die Herausforderungen, die mit der Umsetzung des NFB auf die Oberaufsichtsorgane zukommen werden, sehen die Oberaufsichtskommissionen die Verbesserung der Koordination und die Verstärkung der Zusammenarbeit von FinDel/FK und GPK auf Stufe der Organe als wichtige Massnahmen zur Verbesserung der Wahrnehmung der Oberaufsichtsfunktion. Diesbezüglich werden die FK und GPK ­ erneut ­ eine Zusammenlegung der Aufsichtskommissionen prüfen.

6717

8

Schlussfolgerungen und weiteres Vorgehen

8.1

Schlussfolgerungen

Das Projekt INSIEME war im Jahr 2001 von der ESTV mit dem Ziel gestartet worden, ein steuerartenübergreifendes IT-Gesamtsystem zu schaffen, das die bestehenden, veralteten Informatiksysteme ablösen sollte. Dank der Bereitstellung von Informationen und Diensten über das Internet sollte eine Verbesserung der Leistungen für die Steuerzahlenden, Behörden und betroffenen Organisationen erzielt werden. Ausserdem rechnete die ESTV aufgrund der angestrebten Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen den Steuerhauptabteilungen und einer Optimierung der Risikoanalyse bei der Steuerinspektion mit Steuermehrerträgen von 200 Millionen Franken pro Jahr.

Zwölf Jahre später, am 20. September 2012, gab die Vorsteherin des EFD (seit 2010) ihren Entscheid bekannt, das Informatikprojekt INSIEME abzubrechen. Zu diesem Zeitpunkt hatte INSIEME bereits Ausgaben von rund 105 Millionen Franken generiert ­ nach Abschluss aller Abbrucharbeiten waren es 115,9 Millionen Franken ­, ohne einen nennenswerten Gegenwert geschaffen zu haben. Ein Nachfolgeprojekt (FISCAL-IT) mit nahezu identischer Zielbestimmung musste 2012 gestartet werden.

Vor diesem Hintergrund beschlossen die FK und GPK beider Räte, das Scheitern von INSIEME aufzuarbeiten, um Lehren für künftige Informatikprojekte zu ziehen.

Das Ziel war, Transparenz über die Projektführung und die Aufsicht durch die vorgesetzten Stellen über alle Hierarchiestufen bis zum Gesamtbundesrat zu schaffen, die Verantwortlichkeiten sowohl der involvierten Bundesstellen als auch der externen Leistungserbringer festzustellen und zu beurteilen sowie die Funktionen und Rollen der EFK als oberstes Finanzaufsichtsorgan und der parlamentarischen Oberaufsichtsorgane im Projekt INSIEME zu klären.

Transparenz über die Projektführung und Aufsicht durch die vorgesetzten Stellen über alle Hierarchiestufen bis zum Gesamtbundesrat Das erste Ziel ­ die Schaffung von Transparenz ­ konnte nur teilweise erreicht werden. Die lückenhafte Dokumentationslage (vgl. Empfehlung 1) und die zeitlichen Rahmenbedingungen verunmöglichten eine vollständige Nachvollziehbarkeit der Projekt- und Aufsichtstätigkeit zu INSIEME.

Verantwortlichkeiten der involvierten Bundesstellen und der externen Leistungserbringer Auch die Verantwortung der externen Leistungserbringer konnte aufgrund mangelnder Informationen nicht
abschliessend geklärt und beurteilt werden.

Für die Beurteilung der Verantwortlichkeiten der Bundesstellen, die in der langen Laufzeit von INSIEME auf irgendeine Art und Weise in das Projekt involviert waren, orientierten sich die Oberaufsichtskommissionen an deren Funktionen und Aufgaben.

So übt der Bundesrat als oberste leitende Behörde des Bundes die ständige und systematische Aufsicht über die Bundesverwaltung aus; gegenüber der zentralen Bundesverwaltung ist diese umfassend (Organ- und Dienstaufsicht). Die Departementsvorstehenden führen die Departemente und tragen dafür die politische Ver-

6718

antwortung. Innerhalb ihres Departements verfügen sie grundsätzlich über uneingeschränkte Weisungs-, Kontroll- und Selbsteintrittsrechte.2112 Auf diese Weise haben der Bundesrat und die Departemente die Erfüllung der verfassungsmässigen und gesetzlichen Aufgaben sicherzustellen. Weder die dem Bundesrat zustehende oberste Leitungs- und Aufsichtsverantwortung noch die Leitungs- und Aufsichtsverantwortung der Departementsvorstehenden sind delegierbar. Der Bundesrat und die Departementsvorstehenden werden bei der Wahrnehung dieser Aufgabe aber von ihren Stabsstellen (Bundeskanzlei und Generalsekretariate), von verschiedenen Querschnittsämtern (u. a. EFV und BIT) sowie von der EFK unterstützt. Zu Koordinationszwecken bestehen darüber hinaus verschiedene weitere Gremien (z. B. der IRB oder die Generalsekretärinnen- und -sekretärenkonferenz). Die Direktorinnen und Direktoren der Bundesämter sind ihrerseits gegenüber den Departementsvorstehenden für die Führung der ihnen unterstellten Verwaltungseinheiten sowie für die Erfüllung der ihnen übertragenen Aufgaben verantwortlich.

In Bezug auf das Projekt INSIEME (Kapitel 3) stellten die Oberaufsichtskommissionen fest, dass insbesondere mangelnde Führung aufseiten des Projektauftraggebers (dem Direktor der ESTV [2000­2012]) und der Gesamtprojektleitung entscheidend war für das Scheitern von INSIEME. Der Direktor der ESTV (2000­2012) hatte INSIEME zwar immer wieder als strategisches Projekt bezeichnet und entsprechend die Vision für das Projekt vorgegeben. Konkret befasste er sich aber nur ungenügend damit, was sich u. a. darin zeigte, dass weder ein eigentliches (Projekt-)Controlling geführt wurde, noch dass bezüglich INSIEME ein Risikobewusstsein und eine entsprechenden Planung und Steuerung bestanden. Der von ihm in der zweiten Phase eingesetzte GPL (2007­2011) war seiner Aufgabe von Anfang an nicht gewachsen (vgl. Empfehlung 3); dennoch wurde er erst nach gut dreieinhalb Jahren ersetzt, als das Projekt schon stark aus dem Ruder gelaufen war.

Dem Projekterfolg ebenfalls abträglich war, dass die Führung der ESTV in Bezug auf das Einhalten klarer Vorgaben und Regeln sowohl zum Führen und Abwickeln von IKT-Projekten als auch zur Beschaffung von Gütern und Dienstleistungen (vgl.

Empfehlung 4) kein Vorbild war. So bestanden bis zuletzt Unklarheiten in Bezug
auf die Rollen der involvierten Stellen. Insofern ist nach Ansicht der FK und GPK auch das BIT nicht ganz unschuldig am Scheitern von INSIEME; hätte doch nicht nur die Möglichkeit, sondern auch die Pflicht bestanden, eine Rollenklärung zu verlangen ­ gegebenenfalls über eine Eskalation an das EFD (vgl. Empfehlung 2), dem die genannten Ämter alle angehörten.

In Bezug auf die Aufsicht und Führung durch die Linie (Kapitel 4) kamen die FK und GPK zum Schluss, dass weder die ESTV noch das EFD ihre Führungs- und Aufsichtsfunktionen in zufriedenstellender Art und Weise ausübten: So wurden Konflikte nicht geklärt und nicht nachvollziehbare Personalentscheide gefällt, und es wurde nicht dafür gesorgt, dass verlässliche Informationen über den Projektverlauf vorlagen.

Innerhalb der ESTV verhinderte ein ausgeprägtes «Silodenken» in den beiden Hauptabteilungen, das von der Direktion nicht aufgebrochen werden konnte, eine Gesamtsicht auf INSIEME. Das lag auch daran, dass die Projektorganisation zu wenig von der Stammorganisation getrennt war, wodurch ­ auch ­ amtsintern unklare Rollen entstanden (vgl. Empfehlung 5). Dem EFD gelang es nicht, zu veranlas2112

Unter dem Selbsteintrittsrecht ist die Möglichkeit einer übergeordneten Verwaltungsinstanz zu verstehen, anstelle einer ihr hierarchisch untergeordneten Instanz zu handeln.

6719

sen, dass zwischen der ESTV, dem BIT und dem BBL die notwendige Zusammenarbeit stattfand (vgl. Empfehlung 9). Zudem wurde seitens des EFD die Mangelhaftigkeit der Projektinformationen lange Zeit nicht erkannt. Dem Direktor der ESTV (2000­2012) gelang es bis zuletzt, INSIEME gegenüber dem EFD (und auch den Oberaufsichtgremien) in einem relativ guten Licht darzustellen ­ entweder durch Beschönigungen oder mit Verbesserungsversprechen. Dass dies möglich war, schreiben die Oberaufsichtskommissionen sowohl der ungeklärten Rolle des EFD als auch dessen mangelhaften Aufsichtsinstrumenten zu (vgl. Empfehlungen 6 und 7). Auch der lückenhafte Informationsfluss bei Stabübergaben an der Departementsspitze schwächte die Aufsicht durch das EFD (vgl. Empfehlung 8).

In Bezug auf den Bundesrat und seine Verantwortung (Kapitel 5) stellten die FK und GPK fest, dass sich dieser einzig im Rahmen seiner Finanzaufgaben mit INSIEME befasste. Dabei verfügte er nicht über die Informationen, die dafür notwendig gewesen wären (vgl. Empfehlungen 11, 15 und 22). Ebenfalls auf eine ­ zumindest teilweise ­ ungenügende Informationsbasis stützt sich nach Ansicht der Oberaufsichtskommissionen die Konzeption des Risikomanagements des Bundes (vgl.

Empfehlungen 16 und 20). Die vom Bundesrat zu verantwortende Organisation in Sachen IKT war zudem in Bezug auf die Zuständigkeiten und Rollen weder ausreichend klar (vgl. Empfehlungen 10, 13 und 14), noch erlaubte sie dem ISB bzw. dem IRB, ihre Aufgaben effektiv zu erfüllen (vgl. Empfehlung 12).

Aus den oben genannten Gründen kommen die FK und GPK zum Schluss, dass die ESTV die Hauptverantwortung für das Scheitern von INSIEME trägt: Das Projekt wurde nicht genügend geführt und beaufsichtigt. Zudem wurden klare Vorgaben insbesondere bezüglich Projektführung und Beschaffungen missachtet. Das EFD trägt aufgrund seiner Aufgaben und Funktion aber klar eine Mitverantwortung: Es hat insbesondere in der Zeit von 2004­2010 seine Aufsichts- und Führungsfunktion zu weiten Teilen zu wenig wahrgenommen. Schliesslich trägt auch der Bundesrat eine gewisse, übergeordnete Verantwortung dafür, dass INSIEME abgebrochen werden musste: Er hat es verpasst, klare Rahmenbedingungen zu schaffen und wirkungsvolle Vorgaben zu machen.

Funktion und Rolle der parlamentarischen Oberaufsichtsorgane In Bezug auf die
Klärung der Funktion und Rolle der parlamentarischen Oberaufsicht ist festzuhalten, dass diese im Unterschied zur Aufsicht kein Mittel der Verwaltungsführung, sondern Ausdruck der Überordnung der Volksvertretung gegenüber der Regierung ist. Im Zentrum steht dementsprechend die demokratische Kontrolle der Regierungs- und Verwaltungstätigkeit. Das Parlament kann ­ folgerichtig ­ Beschlüsse von Verwaltungsbehörden weder aufheben oder ändern noch anstelle dieser Behörde handeln oder ihnen verbindliche Weisungen erteilen. Die parlamentarische Oberaufsicht beschränkt sich im Wesentlichen darauf, Informationen zu sammeln, Kritik zu formulieren, Empfehlungen auszusprechen und allenfalls ­ über das parlamentarische Instrumentarium ­ Massnahmen anzustossen. Sie erfolgt im Gegensatz zur erwähnten Aufsicht des Bundesrats und der Departemente punktuell; im Wesentlichen durch die Festlegung von Schwerpunkten. Die Organe der Oberaufsicht werden bei ihrer Aufgabenwahrnehmung von ihren Sekretariaten und ­ wie auch der Bundesrat und die Departemente bei der Ausübung ihrer Aufsichtsfunktion ­ von der EFK unterstützt.

Die Oberaufsichtskommissionen halten deshalb fest, dass die FinDel, die FK und die GPK als Organe der parlamentarischen Oberaufsicht keine «operative» Rolle gegen6720

über dem Bundesrat und der Bundesverwaltung haben. In diesem Sinne trugen sie weder die Verantwortung für INSIEME, noch tragen sie eine solche für das Scheitern des Projekts.

Die FK und GPK kommen aber zum Schluss, dass sie ihre Aufgabe als Organe der parlamentarischen Oberaufsicht in Bezug auf INSIEME ebenfalls nicht zufriedenstellend erfüllt haben (Kapitel 7).2113 Nach Auffassung der Oberaufsichtskommissionen lag dies insbesondere daran, dass die den Oberaufsichtsorganen zur Verfügung gestandenen Instrumente kaum genutzt wurden und eine Aufgabenteilung bzw. Koordination zwischen den verschiedenen Gremien nur sehr marginal stattfand. So stützte sich die mit INSIEME befasste FinDel weitgehend auf die EFK ab, ohne deren Funktionsweise genau zu kennen, so dass sie sich letztlich nur schwer ein Bild von den tatsächlich bestehenden Problemen machen konnte, die über die gesamte Projektlaufzeit von INSIEME bestanden.

Die FK befassten sich dagegen kaum mit INSIEME, weil sich die FinDel damit beschäftigte ­ allerdings ohne dass eine solche Aufgabenteilung explizit vereinbart worden wäre. Auch die GPK befassten sich trotz der weitgehend autonomen Festlegung ihrer Beratungsgegenstände und des Vorliegens gewisser Problemhinweise faktisch nicht mit diesem Projekt.

Funktion und Rolle der EFK als oberstes Finanzaufsichtsorgan Nach Ansicht der FK und GPK trägt auch die EFK als oberstes Finanzaufsichtsorgan, das weder Teil der Verwaltungshierarchie noch der parlamentarischen Oberaufsicht ist, aufgrund ihrer Rolle keine direkte Verantwortung für das Scheitern von INSIEME. Sie muss sich aber daran messen lassen, inwieweit sie den Bundesrat bei der Ausübung der Aufsicht bzw. die Bundesversammlung bei der Wahrnehmung der parlamentarischen Oberaufsicht betreffend INSIEME ausreichend unterstützte.

Diesbezüglich kommen die Oberaufsichtskommissionen zum Schluss, dass weder ihre Unterstützung des Bundesrats noch der Oberaufsichtsorgane angemessen war (Kapitel 6).

Die EFK erkannte zwar bereits relativ früh zahlreiche Mängel bei INSIEME und formulierte Empfehlungen zu deren Beseitigung; sie gelangte aber damit bzw. mit konkreten Problemhinweisen kaum je an die Vorstehenden des EFD und an den Bundesrat. Im Gegensatz dazu wurde die FinDel als Hauptansprechpartnerin aufseiten der Oberaufsichtsorgane von der EFK zwar direkt
informiert; damit verbunden war allerdings oft die Einschätzung der EFK, dass für die FinDel kein Handlungsbedarf bestehe.

Die FK und GPK sehen bezüglich Informationsverarbeitung und -weiterleitung der EFK Anpassungsbedarf sowohl im FKG (vgl. Motion 1) als auch in der Praxis der EFK (vgl. Empfehlungen 17, 18, 19 und 21). Die Oberaufsichtskommissionen sind der Ansicht, dass die EFK der Unterstützung des Bundesrats in Zukunft mehr Gewicht beimessen sollte. Hingegen ist die Unterstützung der Oberaufsichtsorgane stärker von der Aufgabenwahrnehmung der FinDel zu trennen. Die EFK sollte sowohl gegenüber den Oberaufsichtsorganen als auch gegenüber dem Bundesrat und den Departementen primär auf eine ­ möglichst gezielte ­ Informationsbereitstel2113

Die parlamentarischen Oberaufsichtsorgane verzichten darauf, Empfehlungen an sich selbst zu formulieren. Sie werden sich aber selbstverständlich mit den sie betreffenden Feststellungen und Schlussfolgerungen befassen, die identifizierten Probleme und Schwachstellen angehen und gegebenenfalls entsprechende Massnahmen ergreifen.

6721

lung fokussieren. Um diese Aufgabe wahrnehmen zu können, muss die Informationsbasis der EFK verbessert werden (insb. betreffend den Umsetzungsstand ihrer Empfehlungen).

Entscheidende Gründe für das Scheitern von INSIEME und Lehren für künftige Informatikprojekte Zusammenfassend erachten die Oberaufsichtskommissionen folgende Gründe für das Scheitern von INSIEME als entscheidend: ­

Die Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten der betroffenen Stellen und damit die eigentlich wahrzunehmenden Rollen waren wiederholt unklar.2114

­

Regeln wurden von den verschiedenen Akteuren nicht eingehalten, Vorgaben ­ teils bewusst, teils aus Unkenntnis ­ oft nicht befolgt, ohne dass dies sanktioniert worden wäre. Dafür haben die Oberaufsichtskommissionen kein Verständnis.

­

Informationen wurden ohne Bezugnahme auf die jeweilige Rolle der Empfänger breit gestreut.2115

­

Informationen wurden in aller Regel entgegengenommen, ohne sie auch nur stichprobenmässig auf ihre Plausibilität hin zu überprüfen.2116

­

Auf vorhandene Fähigkeiten und Fachkenntnisse ausserhalb der eigenen Linie wurde nur ungenügend zurückgegriffen.

Nach Ansicht der FK und GPK braucht es auf allen Stufen zwingend klare Vorgaben ­ insbesondere in Bezug auf die Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortlichkeiten aller Akteure. Die FK und GPK haben zur Kenntnis genommen, dass der Bundesrat seit dem Abbruch von INSIEME insbesondere im Bereich des Beschaffungsrechts und der Projektvorgaben (vgl. Postulate 1 und 2) bereits erste Massnahmen ergriffen hat.

Notwendig ist auch eine funktionsfähige und wirksame Aufsicht sowohl auf Amtsals auch auf Departementsstufe, die insbesondere Verletzungen von Vorgaben aufdeckt und ahndet. Dass Vorgaben eingehalten werden, ist aber nicht nur eine Frage von Kontrolle und Aufsicht: Die Oberaufsichtskommissionen erachten auch kulturelle Aspekte als entscheidend (vgl. Empfehlung 9).

Aus Sicht der FK und GPK sind die identifizierten Probleme anzugehen und entsprechende Massnahmen zu ergreifen.

2114

Inwiefern dies zum Teil auch an der schieren Anzahl verschiedenster Gremien lag, die in der Bundesverwaltung extra zu Koordinationszwecken geschaffen wurden, muss offenbleiben. Die Oberaufsichtskommissionen kommen aber nicht darum herum, die Frage aufzuwerfen, ob damit die eigentlichen Verantwortlichkeiten nicht unnötig verwischt wurden.

2115 Die Informationsverbreitung an Organe, welche die Information zwar zur Kenntnis nahmen, jedoch in keiner Weise in die Projektprozesse eingebunden waren, führte zu einer unbefriedigenden Situation: In der Wahrnehmung des Einzelnen hätte jeweils eine andere Stelle reagieren müssen; da aber keine Reaktion erfolgte, gingen alle davon aus, dass kein Anlass zur Sorge bestand.

2116 Die Abhängigkeit der involvierten Behörden von der ESTV war dermassen gross, dass es für die ESTV ein Leichtes war, den Projektverlauf besser darzustellen als er tatsächlich war.

6722

8.2

Weiteres Vorgehen

Die GPK und die FK ersuchen den Bundesrat und die EFK, bis zum 27. Februar 2015 zu den sie betreffenden Feststellungen und Empfehlungen Stellung zu nehmen.

Zudem bitten sie den Bundesrat und die EFK aufzuzeigen, wie und bis wann sie die Empfehlungen der Oberaufsichtskommissionen umzusetzen gedenken.

Die Oberaufsichtskommissionen befassen sich ihrerseits mit den sie betreffenden Feststellungen und Anregungen.

21. November 2014

Im Namen der Finanz- und der Geschäftsprüfungskommissionen der eidgenössischen Räte Der Präsident der FK-N: Nationalrat Leo Müller Der Präsident der FK-S: Ständerat Hans Altherr Der Präsident der GPK-N: Nationalrat Rudolf Joder Der Präsident der GPK-S: Ständerat Hans Hess Der Präsident der Arbeitsgruppe INSIEME: Ständerat Paul Niederberger Die Vize-Präsidentin der Arbeitsgruppe INSIEME: Nationalrätin Barbara Gysi Der Sekretär der FK: Stefan Koller Die Sekretärin der GPK: Beatrice Meli Andres

6723

Materialienverzeichnis Eidgenössisches Finanzdepartement: Administrativuntersuchung vom 13. Juni 2012 ­ Beschaffungsprozesse INSIEME Im Bericht verwendete Kurzbezeichnung: [EFD-Administrativuntersuchung vom 13. Juni 2012] Audit-Bericht der Firma Accenture vom April 2009: Abschlussbericht zum Projektreview INSIEME Projekt für die Eidgenössische Steuerverwaltung [Audit-Bericht Accenture vom April 2009] Audit-Bericht der Firma Capgemini vom 22. März 2007: Projektaudit INSIEME REAL. Zweiter Lenkungsausschuss [Audit-Bericht Capgemini vom 22. März 2007] Audit-Bericht der Firma SQS vom 17. November 2010: Projekt INSIEME: SQS PractiQ-HealthCheck: Ergebnispräsentation [Audit-Bericht SQS vom 17. Nov. 2010] Audit Letter Nr. 14 der Eidgenössischen Finanzkontrolle an alle Direktionen der Bundesverwaltung vom Februar 2013 [Audit Letter der EFK vom Februar 2013] Bericht der Arbeitsgruppe «IT-Zuständigkeiten der ESTV» vom 15. Dez. 2003 Bericht der Eidgenössischen Finanzkontrolle vom 14. Mai 2013: Auflösung des Projekts INSIEME. Eidgenössische Steuerverwaltung [EFK-Bericht vom 14. Mai 2013] Bericht der Eidgenössischen Finanzkontrolle vom Januar 2012: Projekt INSIEME ­ Eidgenössische Steuerverwaltung [EFK-Bericht vom Januar 2012] Bericht der Eidgenössischen Finanzkontrolle vom Dezember 2011: Qualitäts- und Wirksamkeitsbeurteilung Finanzinspektorat. Eidgenössische Steuerverwaltung ESTV [EFK-Bericht vom Dezember 2011] Bericht der Eidgenössischen Finanzkontrolle vom 21. Oktober 2009, Informatikstrategieorgan Bund (ISB): Prüfung im Bereich der Infomatikstrategie Bund [EFK-Bericht vom 21. Okt. 2009] Bericht der Eidgenössischen Finanzkontrolle vom 18. Dezember 2008: Eidg. Steuerverwaltung ­ Gesamtvorhaben INSIEME [EFK-Bericht vom 18. Dez. 2008] Bericht der Eidgenössischen Finanzkontrolle vom 28. November 2006: Qualitätsund Wirksamkeitsbeurteilung. Finanzinspektorat der Eidg. Steuerverwaltung [EFK-Bericht vom 28. Nov. 2006] 6724

Bericht der Eidgenössischen Finanzkontrolle vom 29. Mai 2006: Eidgenössische Steuerverwaltung ­ Prüfung zum Stand des Programms INSIEME, insbesondere über das Projekt INSIEME DATA und das Konzept für die Datenmigration [EFK-Bericht vom 29. Mai 2006] Bericht der Eidgenössischen Finanzkontrolle vom 22. September 2005: Eidg. Steuerverwaltung. Bericht über die Dienststellenrevision 2005 bei der Hauptabteilung Mehrwertsteuer (Finanzaufsichtsprüfung) [EFK-Bericht vom 22. Sept. 2005] Bericht der Eidgenössischen Finanzkontrolle vom 28. Juli 2005: Bundesamt für Informatik und Telekommunikation. Prüfung des Projektes Katastrophenvorsorge Bundesverwaltung. Auszug ESTV [EFK-Bericht vom 28. Juli 2005] Bericht der Eidgenössischen Finanzkontrolle vom 25. Februar 2005: Rapport à la Direction de l'Administration fédérale des contributions sur l'analyse critique des projets internes INSIEME, INISCH et FITIN (auf Französisch) [EFK-Bericht vom 25. Febr. 2005] Bericht der Eidgenössischen Finanzkontrolle vom 16. Februar 2004: Bericht an den Direktor der Eidg. Steuerverwaltung (ESTV) über die Beschaffungen und die Kreditführung im Bereich der IT-Investitionen [EFK-Bericht vom 16. Febr. 2004] Bericht der Eidgenössischen Finanzkontrolle vom 19. Dezember 2003: Informatikstrategieorgan Bund: Follow-up der Prüfung 2001 des Programms NOVE-IT [EFK-Bericht vom 19. Dez. 2003] Bericht der Eidgenössischen Finanzkontrolle vom 7. November 2003: Bericht an die Direktion der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) über die Dienststellenrevision 2003 bei der Hauptabteilung Direkte Bundessteuer, Verrechnungssteuer, Stempelabgaben (HA DVS), Bereich Verrechnungssteuern (VST) [EFK-Bericht vom 7. Nov. 2003] Bericht der Eidgenössischen Finanzkontrolle vom 5. November 2003: Bericht an die Direktion des Bundesamtes für Informatik und Telekommunikation über die Informatikprüfung in den Bereichen Entwicklung, Unterhalt und Betrieb von Systemen [EFK-Bericht vom 5. Nov. 2003] Bericht der Eidgenössischen Finanzkontrolle vom 31. Oktober 2002: Bericht an die Direktion der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) über die Dienststellenrevision 2002 bei der Hauptabteilung Mehrwertsteuer (HA MWST) [EFK-Bericht vom 31. Okt. 2002] Bericht der Eidgenössischen Finanzkontrolle vom 25. März 2002: Bericht an die Direktion der Eidgenössischen Steuerverwaltung
(ESTV) über die Dienststellenrevision 2001 bei der Hauptabteilung Direkte Bundessteuer, Verrechnungssteuer, Stempelabgaben (DVS), speziell Bereich Verrechnungssteuern [EFK-Bericht vom 25. März 2002] 6725

Bericht der Eidgenössischen Finanzkontrolle vom 22. Oktober 2001: Bericht an die Direktion der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) über die Revision bei der Hauptabteilung Mehrwertsteuer (HA MWST) [EFK-Bericht vom 22. Okt. 2001] Bericht der Eidgenössischen Finanzkontrolle vom 12. September 2000: Bericht an die Direktion der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) über die Revision bei der Hauptabteilung Mehrwertsteuer (HA MWST) [EFK-Bericht vom 12. Sept. 2000] Bericht der Eidgenössischen Finanzverwaltung an die Arbeitsgruppe INSIEME vom 6. Januar 2014: Informatikprojekt INSIEME der Eidg. Steuerverwaltung. Antworten der EFV auf die Fragen der Arbeitsgruppe INSIEME der GPK/FK [Bericht der EFV an die AGI vom 6. Jan. 2014] Bericht der Eidgenössischen Steuerverwaltung vom 25. Januar 2013: Informatikvorhaben INSIEME der ESTV, Teil 1, verfasst von dem stv. Direktor der ESTV (seit 1995) [Bericht der ESTV (stv. Direktor ESTV seit 1995) vom 25. Jan. 2013, Teil 1] Bericht der Eidgenössischen Steuerverwaltung vom 25. Januar 2013: Informatikvorhaben INSIEME der ESTV, Teil 2, verfasst von dem Vizedirektor der ESTV (seit 2008) [Bericht der ESTV (Vizedirektor ESTV seit 2008) vom 25. Jan. 2013, Teil 2] Bericht der Eidgenössischen Steuerverwaltung vom 25. Januar 2013: Informatikvorhaben INSIEME der ESTV, Teil 3, verfasst von dem GPL (2011­2012) [Bericht der ESTV (GPL 2011­2012) vom 25. Jan. 2013, Teil 3] Bericht der Finanzdelegation an die Finanzkommissionen des Nationalrates und des Ständerates vom 20. April 2012 betreffend die Oberaufsicht über die Bundesfinanzen im Jahre 2011, BBl 2012 6993 [Jahresbericht 2011 der FinDel an die FK] Bericht der Finanzdelegation an die Finanzkommissionen des Nationalrates und des Ständerates vom 8. April 2011 betreffend die Oberaufsicht über die Bundesfinanzen im Jahre 2010, BBl 2011 3855 [Jahresbericht 2010 der FinDel an die FK] Bericht der Finanzdelegation an die Finanzkommissionen des Nationalrates und des Ständerates vom 28. Februar 2006 betreffend die Oberaufsicht über die Bundesfinanzen im Jahre 2005, BBl 2006 4099 [Jahresbericht 2005 der FinDel an die FK] Bericht der Finanzdelegation an die Finanzkommissionen des Nationalrates und des Ständerates vom 16. Februar 2005 betreffend die Oberaufsicht über die Bundesfinanzen im Jahre 2004, BBl 2005 3011 [Jahresbericht 2004 der FinDel an die FK]

6726

Bericht der Finanzdelegation an die Finanzkommissionen des Nationalrates und des Ständerates vom 26. Februar 2003 betreffend die Oberaufsicht über die Bundesfinanzen im Jahre 2002, BBl 2003 6927 [Jahresbericht 2002 der FinDel an die FK] Bericht der Firma KPMG zuhanden des GS EFD vom 11. Juni 2012: Projekt Gurten: Hauptbericht [KPMG-Bericht vom 11. Juni 2012] Bericht der Geschäftsprüfungskommissionen des Nationalrates und des Ständerates vom 30. Mai 2010: Inspektion der Geschäftsprüfungskommissionen der eidgenössischen Räte «Die Behörden unter dem Druck der Finanzkrise und der Herausgabe von UBS-Kundendaten an die USA», BBl 2011 3099 [Bericht der GPK vom 30. Mai 2010] Bericht des Bundesamts für Informatik und Telekommunikation vom 25. Januar 2013: Das Projekt INSIEME aus BIT-Sicht (2001­2013) [Bericht des BIT vom 25. Jan. 2013] Bericht des Bundesrats über seine Geschäftsführung und die Schwerpunkte der Verwaltungsführung im Jahre [diverse Jahre, Band I/II] [Geschäftsbericht des Bundesrats ...]

Bericht des Finanzinspektorats der Eidgenössischen Steuerverwaltung vom 11. Juli 2011: Contrôle d'aspects financiers du projet INSIEME: Rapport à Monsieur Urs Ursprung, Directeur de l'Administration fédérale des contributions (auf Französisch) [Bericht des FISP ESTV vom 11. Juli 2011] Bericht des FISP ESTV betreffend des Jahresabschlusses [diverse Jahre] der ESTV; Bericht des FISP ESTV betreffend die Prüfung der Jahresrechnung der ESTV [diverse Jahre] [Jahresrechnungsbericht ... des FISP ESTV] Bericht vom 7. Okt. 1996 der Parlamentarischen Untersuchungskommission über die Organisations- und Führungsprobleme bei der Pensionskasse des Bundes (PKB) und über die Rolle des Eidgenössischen Finanzdepartementes in Bezug auf die PKB Beschluss des Bundesrats vom 18. Juni 2010 über die Vergabe von Zusatzkrediten für die Finanzierung des Informatikprojektes INSIEME der Eidgenössischen Steuerverwaltung Botschaft vom 1. Okt. 2010 über den Nachtrag II zum Voranschlag 2010 Botschaft vom 10. Sept. 2008 zum Bundesgesetz über die Organisation der Strafbehörden des Bundes (Strafbehördenorganisationsgesetz, StBOG), BBl 2008 8125 Botschaft vom 24. Aug. 2005 zum Voranschlag 2006 Botschaft vom 24. Nov. 2004 zur Totalrevision des Bundesgesetzes über den eidgenössischen Finanzhaushalt (Finanzhaushaltgesetz, FHG), BBl 2005 5 6727

Botschaft über die Finanzierung der Reorganisation der Informatik und Telekommunikation in der Bundesverwaltung (NOVE-IT) vom 23. Febr. 2000, BBl 2000 1641 Botschaft vom 22. Juni 1998 betreffend die Revision des Bundesgesetzes über die Eidgenössische Finanzkontrolle (Finanzkontrollgesetz, FKG), BBl 1998 V 4703 Botschaft vom 30. März 1994 zur Änderung des Finanzkontrollgesetzes, BBl 1994 II 721 Botschaft vom 25. Nov. 1966 zum Entwurf eines Bundesgesetzes über die Eidgenössische Finanzkontrolle, BBl 1966 II 708 Bundesratsbericht vom 15. Januar 2014: Ergänzender Bericht des Bundesrats zum Informatikprojekt INSIEME ­ Projektführung und Aufsicht unterhalb der Direktionsstufe 2001­2012 ­ Bericht zu Ursachen für den Einbezug externer Experten 2001­2012 ­ Bericht zu angekündigten Abklärungen im Beschaffungswesen ­ Bericht zu den Systemanforderungen 2001­2012 [3. BR-Bericht vom 15. Jan. 2014] Bundesratsbericht vom 13. November 2013: Informatikprojekt INSIEME der Eidg.

Steuerverwaltung (ESTV) ­ Ergänzende Berichte ­ Bericht zuhanden der Geschäftsprüfungs- und Finanzkommissionen ­ Projektführung und Aufsicht ­ Einbezug externer Experten ­ Getroffene Abklärungen im Beschaffungswesen ­ Systemanforderungen INSIEME im Zeitraum 2001­2012 [2. BR-Bericht vom 13. Nov. 2013] Bundesratsbericht vom 27. Februar 2013: Bericht des Bundesrats zum Informatikprojekt INSIEME ­ Informatikprojekt INSIEME der Eidgenössischen Steuerverwaltung ­ Bericht zuhanden der Geschäftsprüfungs- und Finanzkommissionen [1. BR-Bericht vom 27. Febr. 2013] Ergebnisse der Arbeitsgruppe INSIEME-Relaunch (AIR) vom 15. November 2007 [Ergebnisse der AIR vom 15. Nov. 2007] Erläuterung zur Regierungs- und Verwaltungsorganisationsverordnung (RVOV) vom 25. November 1998 [Erläuterungen RVOV vom 25. Nov. 1998] Erläuterungen vom 9. Dez. 2012 zu den Weisungen über die Risikopolitik des Bundes Erläuterungen zur revidierten Verordnung über die Organisation des öffentlichen Beschaffungswesens der Bundesverwaltung (Org-VöB) vom 24. Oktober 2012 [Erläuternder Bericht zur revidierten Org-VöB vom 24. Okt. 2012]

6728

Gesamtvorhaben INSIEME vom 17. Dezember 2009: Projektantrag [Projektantrag Gesamtvorhaben INSIEME vom 17. Dez. 2009] HERMES 5, Ausgabe 2013: Projektmanagementmethode für alle Projekte; Informatiksteuerungsorgan des Bundes ISB [HERMES, Ausgabe 2013] HERMES, Ausgabe 2003, Auflage Februar 2004: Führen und Abwickeln von Projekten der Informations- und Kommunikationstechnik (IKT); Informatikstrategieorgan Bund (ISB) [HERMES, Ausgabe 2003] HERMES, Ausgabe 1995, Auflage Februar 1996: Führen und Abwickeln von Informatikprojekten, Bundesamt für Informatik [HERMES, Ausgabe 1995] ISB, Faktenblatt Nr. 5: Bundesinformatik 2012­2015, (Stand: 16.12.2013) [ISB, Faktenblatt Nr. 5: Bundesinformatik 2012­2015] ISB: IKT-Strategie der Bundesverwaltung 2007­2011 [IKT-Strategie 2007­2011] Jahr-2000-Bericht Dezember 1999­Januar 2000 der Eidg. Steuerverwaltung vom 14. Januar 2000 [Jahr-2000-Bericht der ESTV vom 14. Jan. 2000] Jahresbericht [diverse Jahre] der Eidgenössischen Finanzkontrolle über ihre Tätigkeit [EFK-Jahresbericht ...]

Jahresbericht [diverse Jahre] des Finanzinspektorats der ESTV an den Direktor der Eidg. Steuerverwaltung; Tätigkeiten des FISP ESTV im Jahr [diverse Jahre]. Jahresbericht an den Direktor der Eidg. Steuerverwaltung [Jahresbericht ... des FISP ESTV] Kurzbericht des Finanzinspektorats der Eidgenössischen Steuerverwaltung vom 19. November 2010: Finanzprüfung im Projekt INSIEME. Rechnungsstellung [Kurzbericht FISP ESTV vom 19. Nov. 2010] Mitbericht des EDA vom 9. Juni 2010 betreffend den Antrag des EFD vom 31. Mai 2010 und vom 9. Juni 2010 [Mitbericht des EDA vom 9. Juni 2010] Mitbericht des EJPD vom 29. Juni 2005 über den Antrag des EFD vom 27. Juni 2005 betreffend die Verpflichtungskredite für die Programme INSIEME der ESTV und FIRE III der EZV Parlamentarische Initiative Parlamentsgesetz (PG). Bericht der Staatspolitischen Kommission des Nationalrates vom 1. März 2001, BBl 2001 3467 6729

Parlamentarische Initiative Züger. Revision Artikel 15 Bundesgesetz über die Eidgenössische Finanzkontrolle. Stellungnahme des Bundesrats vom 15. Juni 1992, BBl 1992 V 861 Parlamentarische Initiative Züger. Revision Artikel 15 Bundesgesetz über die Eidgenössische Finanzkontrolle. Bericht der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrats vom 6. April 1992, BBl 1992 V 857 Projekt-Charta INSIEME vom 16. März 2011 Projektauftrag an die Arbeitsgruppe INSIEME-Relaunch (AIR) vom 14. September 2007 [Projektauftrag an die AIR vom 14. Sept. 2007] Sammelantrag Verpflichtungskredite für die Programme INSIEME der ESTV und FIRE III der EZV vom 15. August 2005 [Sammelantrag Verpflichtungskredite der EZV vom 15. Aug. 2005] Schlussbericht der Bundesverwaltungsreform 2005/2007 vom 20. Dez. 2007 Untersuchungskonzept zur Inspektion INSIEME vom 3. Mai 2013 ­ Antrag der Arbeitsgruppe an die Stammkommissionen [Untersuchungskonzept der FK und GPK vom 3. Mai 2013] Zusatzdokumentation des EFD vom 23. Aug. 2010 zum Voranschlag 2011

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Abkürzungsverzeichnis AB AG AGI AIR AKV AS BA BAK BAR BBl BBL BGA BinfV BInfW BIT BJ BK BKB BöB BPG BPV BR BV CIO CMA DVS EDA EDI EDÖB EFD EFK EFV EJPD EPA ESTV

Amtliches Bulletin Aktiengesellschaft Arbeitsgruppe INSIEME der GPK-N/-S und FK-N/-S Arbeitsgruppe INSIEME Relaunch Aufgaben, Kompetenzen, Verantwortung Amtliche Sammlung Bundesanwaltschaft Bundesamt für Kultur Schweizerisches Bundesarchiv Bundesblatt Bundesamt für Bauten und Logistik Bundesgesetz vom 26. Juni 1998 über die Archivierung (Archivierungsgesetz, SR 152.1) Verordnung vom 9. Dezember 2011 über die Informatik und Telekommunikation in der Bundesverwaltung (Bundesinformatikverordnung, SR 172.010.58) Weisungen des Bundesrats vom 23. Februar 2000 über die Informatik und Telekommunikation in der Bundesverwaltung (Informatikweisungen Bundesrat) Bundesamt für Informatik und Telekommunikation Bundesamt für Justiz Bundeskanzlei Beschaffungskonferenz des Bundes Bundesgesetz vom 16. Dezember 1994 über das öffentliche Beschaffungswesen (SR 172.056.1) Bundespersonalgesetz vom 24. März 2000 (SR 172.220.1) Bundespersonalverordnung vom 3. Juli 2001 (SR 172.220.111.3) Bundesrat Bundesverfassung (SR 101) Chief Information Officer Custom-Made-Architektur Direkte Bundessteuer, Verrechnungssteuer, Stempelabgaben Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten Eidgenössisches Departement des Innern Eidgenössischer Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragter Eidgenössisches Finanzdepartement Eidgenössische Finanzkontrolle Eidgenössische Finanzverwaltung Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement Eidgenössisches Personalamt Eidgenössische Steuerverwaltung 6731

EVD FHG FHV FinDel FISP FISP ESTV FITIN FK FKG

Eidgenössisches Volkswirtschaftsdepartement (bis 31. Dez. 2012) Bundesgesetz vom 7. Oktober 2005 über den eidgenössischen Finanzhaushalt (Finanzhaushaltgesetz, SR 611.0) Finanzhaushaltverordnung vom 5. April 2006 (SR 611.01) Finanzdelegation

Finanzinspektorat Finanzinspektorat der Eidgenössischen Steuerverwaltung Projektbezeichnung für Fitte Organisation für INSIEME Finanzkommissionen Bundesgesetz vom 28. Juni 1967 über die Eidgenössische Finanzkontrolle (Finanzkontrollgesetz, SR 614.0) FK-N Finanzkommission des Nationalrates FK-S Finanzkommission des Ständerates GL Geschäftsleitung GL-i Geschäftsleitung Informatik GO Geschäftsordnung GOPD Geschäftsordnung der Parlamentsdienste vom 16. Mai 2014 GPA Gesamtprojektausschuss GPDel Geschäftsprüfungsdelegation GPK Geschäftsprüfungskommissionen GPK-N Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates GPK-S Geschäftsprüfungskommission des Ständerates GPL Gesamtprojektleiter GS EFD Generalsekretariat des Eidgenössischen Finanzdepartements GSK Generalsekretärenkonferenz GU Generalunternehmer GVI Geschäftsverwaltung INSIEME HA Hauptabteilung HA DVS Hauptabteilung Direkte Bundessteuer, Verrechnungssteuer und Stempelabgaben der Eidgenössischen Steuerverwaltung HA MWST Hauptabteilung Mehrwertsteuer der Eidgenössischen Steuerverwaltung IKS Internes Kontrollsystem IKT Informations- und Kommunikationstechnologie INISCH Projektbezeichnung für INSIEME im Schwung INSIEME Projektbezeichnung für Gemeinsame IT-Systeme ESTV IRB Informatikrat des Bundes ISB Informatiksteuerungsorgan des Bundes (seit 1. Jan. 2012) Informatikstrategieorgan Bund (bis 31. Dez. 2011) IT Information Technology KBB Kompetenzzentrum für das öffentliche Beschaffungswesen des Bundes

6732

KPA KPMG LAS LBK LBO MOLIS MWST MWSTG MWSTV NFB NOVE-IT Org-VöB OV-EFD ParlG ParlVV PCO PKB PL PMO PO PUK PUK EMD PUK PKB PVK QM RM RVOG RVOV SAP SCO

Konferenz der Präsidien der Aufsichtskommissionen und -delegationen Klynveld, Peat, Marwick und Goerdeler, Gesellschaft für Wirtschaftsprüfungs-, Steuer- und Beratungsdienstleistungen Lenkungsausschuss Leistungsbezügerkonferenz Leistungsbezügerorganisation Mehrwertsteuer-Online-Informationssystem Mehrwertsteuer Bundesgesetz vom 12. Juni 2009 über die Mehrwertsteuer (Mehrwertsteuergesetz, SR 641.20) Mehrwertsteuerverordnung vom 27. November 2009 (SR 641.201) Neues Führungsmodell für die Bundesverwaltung Projekt zur Reorganisation der Informatik des Bundes 1997­2003 Verordnung vom 24. Oktober 2012 über die Organisation des öffentlichen Beschaffungswesens der Bundesverwaltung (SR 172.056.15) Organisationsverordnung für das Eidgenössische Finanzdepartement vom 17. Februar 2010 (SR 172.215.1) Bundesgesetz vom 13. Dezember 2002 über die Bundesversammlung (Parlamentsgesetz, SR 171.10) Verordnung der Bundesversammlung vom 3. Oktober 2003 zum Parlamentsgesetz und über die Parlamentsverwaltung (Parlamentsverwaltungsverordnung, SR 171.115) Projektcontrolling Pensionskasse des Bundes Projektleiter Project Management Office Projektorganisation Parlamentarische Untersuchungskommission (gemäss Art. 163 ParlG) Parlamentarische Untersuchungskommission (PUK) über die Vorkommnisse im Eidgenössischen Militärdepartement (EMD) Parlamentarische Untersuchungskommission (PUK) über die Organisations- und Führungsprobleme bei der Pensionskasse des Bundes (PKB) Parlamentarische Verwaltungskontrolle Qualitätsmanagement Risikomanagement Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz vom 21. März 1997 (SR 172.010) Regierungs- und Verwaltungsorganisationsverordnung vom 25. November 1998 (SR 172.010.1) Europäischer Softwarehersteller bzw. Software, die von diesem Unternehmen entwickelt wird («Systems, Applications and Products») Studiencontrolling 6733

SPFA SR STOLIS VBGA VBS VILB VöB WBF WTO WUBinfV

6734

Sekretariat der parlamentarischen Aufsicht über Finanzen und AlpTransit Systematische Rechtssammlung Stempelabgaben-Online-Informationssystem Verordnung vom 8. September 1999 zum Bundesgesetz über die Archivierung (Archivierungsverordnung, SR 152.11) Eidgenössisches Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport Verordnung vom 5. Dezember 2008 über das Immobilienmanagement des Bundes (SR 172.010.21) Verordnung vom 11. Dezember 1995 über das öffentliche Beschaffungswesen (SR 172.056.11) Eidgenössisches Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung World Trade Organisation Weisung des EFD vom 19. Februar 2013 zur Umsetzung der Bundesinformatikverordnung

Anhang 1

Liste der angehörten Personen Name und Vorname

Funktion

ab

bis

Altherr Hans

Ständerat Präsident FinDel

08.03.2004 01.01.2010 01.01.2014

heute 31.12.2010 heute

Carobbio Guscetti Marina

Nationalrätin Präsidentin FinDel

04.06.2007 01.01.2013

heute 31.12.2013

Conti Giovanni

Direktor BIT

15.08.2011

heute

Fetz Marco

Leiter Kompetenzzentrum Beschaffungswesen Bund

01.09.2010

30.06.2013

Fischer Peter

Delegierter ISB, Vorsitzender IRB

01.05.2007

heute

Flückiger Federico

Leiter IKT EFD

01.06.2009

heute

Fünfschilling Hans

Ständerat Präsident FinDel

06.12.1999 01.01.2004

02.12.2007 31.12.2004

Gasser Jörg

Generalsekretär EFD

01.11.2010

heute

Grüter Kurt

Direktor EFK

01.10.1998

31.12.2013

Grütter Peter

Generalsekretär EFD

01.05.1996

31.03.2007

Gschwandner Norbert

Leiter FISP ESTV

01.03.2005

heute

Hänni Silvio

Leiter Ressourcen EFD Stv. Generalsekretär EFD

01.10.2008 01.03.2011

heute heute

Hofmann Urs

Nationalrat Präsident FinDel

06.12.1999 01.01.2003 01.01.2007

28.02.2009 31.12.2003 31.12.2007

Hug Adrian

Direktor ESTV

01.04.2013

heute

Huissoud Michel

Vizedirektor EFK Stv. Direktor EFK Direktor EFK

01.01.2000 01.06.2013 01.01.2014

31.05.2013 31.12.2013 heute

König Peter

Revisionsleiter EFK

01.01.2009

heute

Loepfe Arthur

Nationalrat Präsident FinDel

06.12.1999 01.01.2011

04.12.2011 31.12.2011

6735

Name und Vorname

Funktion

ab

bis

Marchand Gustave Ernest

Direktor BBL

01.01.1999

heute

Merz Hans-Rudolf

Bundesrat Vorsteher EFD

01.01.2004

31.10.2010

Meyer Andreas

Mandatsleiter EFK

01.06.2008

heute

Meyerhans-Sarasin Elisabeth

Generalsekretärin EFD

01.04.2007

31.10.2010

Prader Eva

Vizedirektorin BIT

01.11.2007

30.06.2012

Redli Marius

Direktor BIT

01.07.1999

30.04.2011

Roth Daniel

Leiter Rechtsdienst EFD

01.10.2010

heute

Römer Jürg

Delegierter ISB

01.01.2001

30.04.2007

Rumo Gabriel

Vizedirektor ESTV

01.06.2008

heute

Tanner Samuel

Stv. Direktor ESTV Direktor ESTV ad interim

01.01.1995 01.07.2012

heute 31.03.2013

Ursprung Urs

Direktor ESTV

01.03.2000

31.07.2012

Villiger Kaspar

Bundesrat Vorsteher EFD

01.01.1989 01.01.1996

31.12.2003 31.12.2003

Vuillemin Armin

Stv. Direktor EFK

01.01.2000

31.05.2013

Widmer-Schlumpf Eveline

Bundesrätin Vorsteherin EFD

01.01.2008 01.11.2010

heute heute

6736

Anhang 2

An der Berichtserstellung beteiligte Personen des Sekretariats GPK und des SPFA Beatrice Meli Andres, Sekretärin der GPK/GPDel Christoph Albrecht, stv. Sekretär der GPK Stefan Koller, Sekretär der FK/FinDel Roberto Ceccon, stv. Sekretär der FK/FinDel Philipp Mäder, wiss. Mitarbeiter der GPK Martin Allemann, wiss. Mitarbeiter der Arbeitsgruppe INSIEME Quentin Schärer, wiss. Mitarbeiter der Arbeitsgruppe INSIEME Hanspeter Loder, wiss. Mitarbeiter der Arbeitsgruppe INSIEME Beat Wolfensberger, wiss. Mitarbeiter der Arbeitsgruppe INSIEME

6737

Anhang 3

Liste der Empfehlungen und Vorstösse Motion 1: Aufsicht durch die Eidgenössische Finanzkontrolle ­ Änderung des FKG Der Bundesrat wird beauftragt, der Bundesversammlung einen Revisionsentwurf zum FKG vorzulegen, wonach: ­

die EFK den Departementsvorstehenden anstelle der Zusammenfassungen zukünftig ihre vollständigen Prüfberichte zustellt. Der Versand hat gleichzeitig mit der Zustellung der Prüfberichte an die geprüften Stellen zu erfolgen (Streichung des dritten Satzes von Art. 14 Abs. 1 FKG sowie Ergänzung von Art. 12 Abs. 1 FKG) (Kapitel 4.4.2.5 und 6.6.5);

­

die EFK festgestellte wesentliche Mängel in der Geschäftsführung den GPK bzw. der GPDel im direkten Verkehr zur Kenntnis bringen muss. Die entsprechende Information an die GPK bzw. GPDel hat gleichzeitig mit der Berichterstattung an die FinDel zu erfolgen (Kapitel 6.6.2.1);

­

die EFK Sonderaufträge ablehnen kann, welche die Unabhängigkeit und Unvoreingenommenheit ihrer künftigen Prüftätigkeit gefährden. Die Annahme oder die Ablehnung von Sonderaufträgen soll im Schriftverkehr mit der auftragserteilenden Stelle und unter Angabe der Gründe für eine allfällige Ablehnung erfolgen (Ergänzung von Art. 1 Abs. 2 FKG) (Kapitel 6.6.2.2);

­

die EFK alle betroffenen Querschnittsämter und -organe über wahrgenommene Mängel in der Organisation, Verwaltungsführung oder Aufgabenerfüllung unterrichten muss (Änderung von Art. 13 Abs. 2 FKG) (Kapitel 6.6.7.2);

­

die Verwaltungseinheiten der EFK jährlich sowie unmittelbar nach Ablauf der Umsetzungsfristen den Stand ihrer wichtigen Umsetzungspendenzen («Revisionspendenzen») ­ d. h. der offenen Empfehlungen der höchsten Wichtigkeitsstufe ­ mitteilen müssen. In der französischen Version des FKG ist der Begriff «révisions en suspens» in Artikel 14 Absatz 3 und 4 FKG anzupassen (Kapitel 6.6.9.1 und 6.6.10);

­

die EFK an die nächsthöhere Aufsichtsinstanz (Departementsvorsteher ­ Bundesrat) eskalieren muss, wenn sie feststellt, dass wichtige Umsetzungspendenzen («Revisionspendenzen») ­ d. h. offene Empfehlungen der höchsten Wichtigkeitsstufe ­ nicht innert Frist beseitigt werden. Nach erfolgter Eskalation ist die oder der betroffene Departementsvorstehende für die Mitteilungen zum Stand der Umsetzungspendenzen («Revisionspendenzen») an die EFK zuständig (Kapitel 6.6.10);

­

die EFK zukünftig nicht mehr befugt ist, Beurteilungen der FinDel zu den Prüfberichten der EFK zu veröffentlichen (Anpassung des letzten Satzes von Art. 14 Abs. 2 FKG) (Kapitel 7.2.2.5).

6738

Postulat 1: Evaluation von HERMES 5 (Kapitel 3.3.3) Die FK und GPK beauftragen den Bundesrat, zu prüfen und Bericht zu erstatten, inwiefern es zweckmässig ist, die überarbeitete Projektführungsmethode HERMES 5, welche u. a. auf den Erkenntnissen aus INSIEME basiert und im Frühjahr 2013 in der Bundesverwaltung eingeführt wurde, nach drei Jahren auf deren Umsetzungswirkung zu evaluieren.

Postulat 2: Evaluation von (Gross-)Projekten (Kapitel 3.3.3) Die FK und GPK beauftragen den Bundesrat, bis Ende 2015 zu prüfen und Bericht zu erstatten, ob er für künftige (Gross-)Projekte während des Projektverlaufs sogenannte Projektassessments sowie nach Abschluss der Projekte sogenannte Projektevaluationen vorgeben will.

Empfehlung 1: Aktenführung und Archivierung (Kapitel 1.4.1) Die FK und GPK fordern den Bundesrat auf, den Vollzug der Rechtsvorgaben betreffend Aktenführung und Archivierung zu gewährleisten und zu beaufsichtigen. Insbesondere hat er die Nachvollziehbarkeit und Nachweisbarkeit der Geschäftstätigkeit in den Unterlagen der Verwaltungseinheiten zukünftig sicherzustellen.

Empfehlung 2: Aufgabenteilung zwischen Leistungsbezüger und Leistungserbringer (Kapitel 3.5.4.2) Die FK und GPK fordern den Bundesrat auf, für die gesamte Bundesverwaltung die Aufgabenteilung zwischen Leistungsbezüger und Leistungserbringer klar und einheitlich zu definieren und durchzusetzen.

Empfehlung 3: Projektleitungsfunktionen (Kapitel 3.6.5.3) Die FK und GPK fordern den Bundesrat auf, dafür zu sorgen, dass Fach- und Organisationsentwicklungsprojekte durch bundesinterne Mitarbeitende geleitet werden und dass dazu das Projektleitungs-Know-how in der Bundesverwaltung verstärkt gefördert wird. Druck auf den Personalkrediten darf nicht dazu führen, dass solche Leitungsfunktionen über Sachkredite eingekauft werden.

6739

Empfehlung 4: Kontrolle der Rechtskonformität durch die zentralen Beschaffungsstellen (Kapitel 3.7.4.4) Die FK und GPK fordern den Bundesrat auf, sicherzustellen, dass die zentralen Beschaffungsstellen ihre Kontrollfunktion in Bezug auf die Einhaltung der beschaffungsrechtlichen Bestimmungen wahrnehmen. Die zentralen Beschaffungsstellen sollen die Delegation der Beschaffungskompetenz bei IT-Beschaffungen restriktiv handhaben.

Empfehlung 5: Trennung von Stamm- und Projektorganisation (Kapitel 4.3.1.1) Die FK und GPK fordern den Bundesrat auf, darauf hinzuwirken, dass bei der Führung und Aufsicht von Projekten in der Bundesverwaltung eine Trennung zwischen Stamm- und Projektorganisation erfolgt. Die FK und GPK empfehlen dem Bundesrat insbesondere, Amtsdirektorinnen bzw. Amtsdirektoren nicht als Auftraggeberinnen bzw. Auftraggeber (gemäss HERMES) von Projekten oder Programmen einzusetzen.

Empfehlung 6: Aufsichtsfunktion der Generalsekretariate (Kapitel 4.4.1.3) Die FK und GPK fordern den Bundesrat auf, darauf hinzuwirken, dass die Departemente ein gemeinsames Aufsichtskonzept mit Standardinstrumenten entwickeln und anwenden. Insbesondere gilt es, die Kriterien festzulegen, anhand derer die Departemente entscheiden, ob ein Generalsekretariat Einsitz in Projektbzw. Programmausschüsse nimmt oder nicht. Weiter gilt es die Rolle der Vertretung der Generalsekretariate in Projekt- bzw. Programmausschüssen zu definieren.

Empfehlung 7: Umsetzungscontrolling der EFK-Empfehlungen auf Stufe der Departemente (Kapitel 4.4.2.5) Die FK und GPK fordern den Bundesrat auf, ein Umsetzungscontrolling der EFK-Empfehlungen auf Stufe der Departemente zu etablieren.

Empfehlung 8: Wissenstransfer bei Stabübergaben (Kapitel 4.4.2.7) Die FK und GPK fordern den Bundesrat auf, darauf hinzuwirken, dass bei Wechseln in der Departementsführung eine Stabübergabe erfolgt, welche die Geschäftskontinuität sicherstellt. Der Wissenstransfer ist insbesondere durch eine lückenlose Dokumentation der zentralen Geschäfte zu gewährleisten.

6740

Empfehlung 9: Intra- und interdepartementale Zusammenarbeit und Koordination (Kapitel 4.4.3.5) Die FK und GPK fordern den Bundesrat auf, dafür zu sorgen, dass der intra- und interdepartementalen Zusammenarbeit und Koordination künftig ein höherer Stellenwert eingeräumt wird. Insbesondere ist die Zusammenarbeit zwischen den Fach- und Querschnittsämtern zu verbessern und den kulturellen Aspekten der Zusammenarbeit mehr Gewicht beizumessen. Die FK und GPK ersuchen den Bundesrat, ihnen eine diesbezügliche Auflistung mit geplanten Massnahmen zu unterbreiten.

Empfehlung 10: Festlegung der Zuständigkeiten in Sachen IKT (Kapitel 5.3.1.3) Die FK und GPK fordern den Bundesrat auf, zu überprüfen, ob die neue Bundesinformatikverordnung faktisch zu einer hinreichend klaren Verteilung der Aufgaben und Kompetenzen aller an der Führung, Steuerung oder Beaufsichtigung der IKT-Projekte beteiligten Organe geführt hat, und nötigenfalls dafür zu sorgen, dass diese Zuständigkeiten klar festgelegt werden.

Empfehlung 11: Information des Bundesrats durch die EFK (Kapitel 5.3.2.2) Die FK und GPK fordern den Bundesrat auf, sich regelmässig mit der Direktion der EFK zu treffen und sich über die wichtigen Umsetzungspendenzen («Revisionspendenzen») zu informieren. Er sorgt dafür, dass die EFK für den Bedarfsfall einen privilegierten Zugang zu ihm oder seinen Ausschüssen hat.

Empfehlung 12: Kompetenzen des ISB (Kapitel 5.4.1.3) Die FK und GPK fordern den Bundesrat auf, dafür zu sorgen, dass das ISB über die für die Erfüllung seiner Aufgaben notwendigen Kompetenzen verfügt.

Empfehlung 13: Zuständigkeit für die Bewilligung von Abweichungen von Informatikvorgaben (Kapitel 5.4.1.3) Die FK und GPK fordern den Bundesrat auf, die jeweiligen Zuständigkeiten im Verfahren zur Bewilligung von Abweichungen von Informatikvorgaben klar zu regeln und festzulegen, bei welchen Normen und Standards die Anträge an das ISB oder an den Bundesrat zu richten sind, um so die Komplexität des Verfahrens zu verringern.

6741

Empfehlung 14: Neuordnung von Normen und Standards (Kapitel 5.4.3.2) Die FK und GPK fordern den Bundesrat auf, die verschiedenen Informatiknormen und -standards neu zu ordnen. Dabei ist dafür zu sorgen, dass diese im Einklang mit den Normen anderer Bereiche (zum Beispiel jenen des öffentlichen Beschaffungsrechts) stehen. Der Bundesrat sorgt auch dafür, dass diese Normen und Standards in der Bundesverwaltung bekannt sind und angewendet werden.

Empfehlung 15: Bewilligung der IKT-Kredite (Kapitel 5.4.3.2) Die FK und GPK fordern den Bundesrat auf, zu den IKT-Kreditanträgen alle Informationen einzuverlangen, die für die Beurteilung des Kreditbegehrens notwendig sind.

Empfehlung 16: Kriterien für die Risikoselektion (Kapitel 5.4.4.2) Die FK und GPK fordern den Bundesrat auf, sicherzustellen, dass beim Risikomanagement des Bundes die IKT-Implikationen mitberücksichtigt werden. Ausserdem sollte er dafür besorgt sein, dass bei der Risikoselektion nicht nur die Kosten, sondern auch die Bedeutung und die Auswirkungen des Projekts in Betracht gezogen werden.

Empfehlung 17: Gewichtung von Empfehlungen der EFK (Kapitel 6.6.3) Die FK und GPK empfehlen der EFK, in Zusammenarbeit mit Vertretern der Ämter, der Departemente und der FinDel ein System zur Gewichtung ihrer Empfehlungen und Beanstandungen zu definieren, das auf einheitlichen und prüfungsunabhängigen Kriterien basiert, und dieses konsequent anzuwenden.

Empfehlung 18: Häufigere Meldungen der EFK nach Artikel 15 Absatz 3 FKG (Kapitel 6.6.6) Die FK und GPK empfehlen der EFK, ihre Praxis im Zusammenhang mit Artikel 15 Absatz 3 FKG dahingehend zu ändern, dass sie diesen nicht nur bei der Feststellung von wichtigen Mängeln im Finanzgebaren, sondern auch in der Geschäftsführung systematisch anwendet, und zwar unabhängig vom Faktor Dringlichkeit.

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Empfehlung 19: Konsequente Ausweisung von wichtigen Umsetzungspendenzen («Revisionspendenzen») in den Jahresberichten der EFK (Kapitel 6.6.10) Die FK und GPK empfehlen der EFK, wichtige Umsetzungspendenzen («Revisionspendenzen») ­ d. h. alle offenen Empfehlungen der höchsten Wichtigkeitsstufe ­ im Rahmen ihrer Jahresberichterstattung konsequent auszuweisen (Art. 14 Abs. 3 FKG).

Empfehlung 20: Berücksichtigung von wichtigen Umsetzungspendenzen («Revisionspendenzen») im Rahmen des Risikomanagements des Bundes (Kapitel 6.6.10) Die FK und GPK fordern den Bundesrat auf, dafür zu sorgen, dass die jährliche Berichterstattung der EFK über wichtige Umsetzungspendenzen («Revisionspendenzen») ­ d. h. alle offenen Empfehlungen der höchsten Wichtigkeitsstufe ­ angemessen in das Risikomanagement des Bundes sowie in das jährliche Risikoreporting des Bundesrates an die GPK einfliesst.

Empfehlung 21: Stellungnahme und Beratung der EFK (Kapitel 6.6.11.2) Die FK und GPK empfehlen der EFK, in der Ämterkonsultation konsequent zu wichtigen Umsetzungspendenzen («Revisionspendenzen») ­ d. h. zu allen offenen Empfehlungen der höchsten Wichtigkeitsstufe ­ Stellung zu nehmen.

Wichtige Umsetzungspendenzen («Revisionspendenzen») sind den FK und der FinDel anlässlich ihrer Beratungen zu Kreditbegehren sowie zum Voranschlag zur Kenntnis zu bringen.

Empfehlung 22: Ausweisen von Stellungnahmen der EFK aus der Ämterkonsultation (Kapitel 6.6.11.2) Die FK und GPK fordern den Bundesrat auf, dafür zu sorgen, dass alle Stellungnahmen der EFK aus der Ämterkonsultation in den Anträgen der Departemente an den Bundesrat systematisch ausgewiesen werden.

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