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Schweizerisches Bundesblatt.

47. Jahrgang. III.

Nr. 28.

26. Juni 1895.

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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend den Bauplatz für das eidgenössische Archiv- und Landesbibliothekgebäude in Bern.

(Vom 2l. Juni 1895.)

Tit.

Gemäß Ihrem Beschlüsse vom 24. Juni 1892 ist behufs Erstellung eines eidgenössischen Staatsarchives auf dem Kirchenfelde in Bern ein Bauplatz von 4607 m 2 Inhalt zum Preise von Fr. 64,498 angekauft worden. Es unterlag damals keinem Zweifel, daß dieser etwas tief und abseits gelegene Platz zu dem gedachten Zwecke geeignet sei, denn es handelte sich wesentlich um die Schaffung trockener, gut beleuchteter Aktenmagazine, denen ein über den Archivzweck hinausgehendes höheres Interesse nicht innewohnte.

Nachdem aber am 28. Juni 1894 beschlossen worden war, eine s c h w e i z e r i s c h e L a n d e s b i b l i o t h e k zu gründen und dieselbe im nämlichen Bau, obgleich räumlich getrennt, mit dem Staatsarchive unterzubringen, konnte keine Rede mehr davon sein, in dem architektonischen Charakter des zu schaffenden Gebäudes den bloßen Magazinzweck in erster Linie zu berücksichtigen, sondern es handelte sich darum, der inneren geistigen Bedeutung der Bibliothek auch äußerlich einen würdigen, in großen Formen durchgeführten Ausdruck zu verleihen. In diesem Sinne haben wir Ihren auf vorliegende Projekte gestützten Beschluß vom 18. Dezember 1894, ein eidgenössisches Archiv- und Landesbibliothekgebäude in ' Bern zu errichten und dafür einen Kredit von Fr. 750,000 zu gewähren, aufgefaßt.

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Durch diese Veränderung in der Bestimmung des Baues erhielt derselbe aber nicht bloß einen höhern intellektuellen Wert, sondern er wurde auch in eine ganz andere, direktere Beziehung zur Bevölkerung und zur baulichen Entwicklung seiner Umgebung gesetzt.

Es handelte sich deshalb schon auf dem alten Platze darum, nach Analogie der wichtigsten Bibliothekbauten anderer Kulturstaaten, den beschlossenen Neubau so zu stellen, daß er, möglichst wenig beeinflußt von den in der Nähe befindlichen oder entstehenden privaten Bauelementen, eine Lage erhielte, welche den Anforderungen, soweit hier überhaupt erreichbar, entspräche, die man an die Ausstattung eines derartigen Institutes zu knüpfen berechtigt ist.

Um so angemessener erschien es daher, einem vom Gemeinderate der Stadt Bern unterm 12. Juni abhin offiziell eingebrachten Vorschlag Gehör zu geben, welcher dahin ging, es sei der Neubau an den auf dem Spitalacker in der Achse der Kornhausbrücke zu schaffenden hochgelegenen großen Viktoriaplatz zu verlegen, ein Platz, dessen Abmessungen (von cirka 134 X 68 m.), in Verbindung mit der bedeutenden Perspektive von der Hochbrücke her, einem monumentalen Gebäude von der Wichtigkeit des in Frage stehenden erst seine volle Wirkung sichern werden. Wir müssen diese Verlegung ala einen äußerst glücklichen Gedanken bezeichnen, um so mebr, da keine oder nur eine ganz unwesentliche Vergrößerung der Entfernung vom Bundeshaus damit verbunden ist. Die Größe des Umschwungs ist unseres Erachtens hinreichend, um das Institut in ebenso zweckmäßiger Weise, wenn nicht in höherem Grade als auf dem Kirchenfelde, vor Straßenlärm und Staub oder, in Anbetracht der ausgezeichneten Lage am Viktoriaplatz, gar vor dem unangenehmen Einflüsse etwa in Zukunft entstehender industrieller Unternehmungen zu schützen.

Der Gerneinderat von Bern, ermächtigt durch einen am 19. Juni vom Großen Stadtrat mit 58 gegen 3 Stimmen gefaßten Beschluß, ist bereit, den unregelmäßigen und peripherisch gelegenen Archivplatz auf dem Kirchenfelde zu übernehmen und dafür der Eidgenossenschaft einen gleich großen, regelmäßig rechteckigen Platz von 87 m. Länge und 52,95 m. Breite auf dem Spitalacker, in der Achse der Kornhausbrücke und am Viktoriaplatz befindlich, abzutreten und dabei folgende Verpflichtungen einzugehen : 1. Mit dem Bundesrate einen Tausch vertrag
abzuschließen, wonach ersterer der Gemeinde Bern das von der Berne LandCompany erworbene Terrain auf dem Kirchenfeld mit einem Flächeninhalt von 4607 m 2 gegen Abtretung eines Bauplatzes von gleich großer Flächenausdehnung, d. h. 87 m. Länge und 52,95 m. Tiefe, auf dem Spitalacker am zukünftigen Viktoriaplatz und in der

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Verlängerung der Kornhausbrüekenachse gelegen, eigentümlich zu überlassen hätte, · wobei vorausgesetzt wird, daß das Straßennetz um den von der Gemeinde Bern abzutretenden Bauplatz definitiv nach dem vorgelegten Alignementsplan zur Ausführung gelangen werde.

Der gegenseitige Nutz- und Schadensanfang würde mit dem Tage des Vertragsabschlusses, dessen Kosten samt allfälligen Handänderungsgebühren die Gemeinde Bern allein zu übernehmen hätte, beginnen.

2. Dasjenige Stück der neuen Beundenfeldstraße von der Spitalackerstraße bis zum Viktoriaplatz bis Ende Juli laufenden Jahres und die übrigen von der Gemeinde beschlossenen Zufahrtsstraßen zum Viktoriaplatz in möglichster Bälde anzulegen.

3. Die Kloakenleitung, welche die Abwasser der Gebäude am Viktoriaplatze aufzunehmen haben wird, in möglichster Bälde, jedenfalls vor Eirideckung des Archivgebäudes auszuführen.

4. Die Stadtwasserleitung in kürzester Frist bis zum Viktoriaplatz zu führen.

5. Wenn nötig, fehlendes Auffüllmaterial auf dem Bauplatz des Archivgebäudes aus dem sogenannten Schänzlieinschnitt ohne besondere Entschädigung ablagern zu lassen oder, falls sich vom Archivgebäude überflüssiges Aushubmaterial ergeben würde, der eidgenössischen Bauverwaltung zu gestatten, solches in die Auffüllung der zunächst dem Viktoriaplatze anzulegenden Straßen deponieren zu dürfen.

6. Für die Ausstellung einer provisorischen Baubewilligung zu sorgen, damit mit den Bauarbeiten eventuell kurz nach Erledigung der Angelegenheit durch die Bundesversammlung begonnen werden könnte.

7. Die Gemeinde Bern wird gegenüber der Berne Land-Company an Stelle des Bundes für etwaige Rechtsansprüche, welche diese wegen Nichtausführung des Archivgebäudes auf dem von ersterer erworbenen Bauplatz und deren Folgen allfällig stellen wird, aufkommen.

Dagegen hätte der Bundesrat die Verpflichtung zu übernehmen, auf Wunsch des Gemeinderates von Bern auf der hintern, d. h.

nordöstlichen Seite des Bauplatzes einen 7 m. breiten Streifen Terrain zur Anlage einer öffentlichen, auf Kosten der Gemeinde zu erstellenden Straße unentgeltlich abzutreten.

Wir stehen nicht an, diese Bedingungen für den Bund, auch abgesehen von der bereits erwähnten, außerordentlich günstigen

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Lage des Gebäudes, als vorteilhaft zu bezeichnen, denn es entstehen dadurch nicht bloß keine Mehrkosten, sondern es ist zu gewärtigen, daß hinsichtlich des kürzeren Hausteintransportes aus den Gruben von Ostermundigen etwelche Ersparnisse erzielt werden können.

Der absolute Wert des Bodens, welcher auf dem Kirchenfelde mit Fr. 14 per m 2 bezahlt worden ist, kann am Viktoriaplatz kaum unter Fr. 20 angenommen werden, und es ist nur den Vorteilen, welche die dortige Erstellung des Archiv- und Bibliothekgebäudes für die Entwicklung des Quartiers im besonderen, hauptsächlich aber für die Charakterisierung des gesamten Städtebildes im allgemeinen hat, zuzuschreiben, daß der Gemeinderat auf den Tauschvertrag eingegangen ist.

Der Beginn der Bauarbeiten würde durch die Wahl des neuen Bauplatzes nur um einige Wochen hinausgeschoben, so daß die Baufrist von ungefähr zwei Jahren für beide Bauplätze die nämliche bleibt. Was die Vollendung der Bauarbeiten und den Bezug des Gebäudes anbetrifft, so würden dieselben annähernd mit der Fertigstellung der neuen Kornhausbrücke, d. h. mit dem Zeitpunkte zusammenfallen, in welchem der Spitalacker mit dem Mittelpunkte der Stadt in direkteste Verbindung gesetzt wird.

Diese Verbindung wird unzweifelhaft binnen verhältnismäßig kurzer Zeit durch die Erweiterung des städtischen Tramwaynetzes noch bequemer gemacht werden, was für die Benutzung der Landesbibliothek seitens des Publikums immerhin von nicht zu unterschätzendem Wert ist, während der Bauplatz auf dem Kirchenfeld infolge seiner excentrischen Situation auch für den Fall einer Verlängerung der Trambahn auf das Kirchenfeld von einer auch nur einigermaßen direkten Berührung mit derselben ausgeschlossen bleiben wird.

Wir erwähnen hier, daß die Berne Land-Company als frühere Besitzerin und Verkäuferin des alten Platzes in einer besonderen Eingabe an den Bundesrat unter Androhung der Ergreifung von Rechtsmitteln der Ansicht Ausdruck gegeben hat, daß die Eidgenossenschaft mit dem Kauf dieses Platzes auch die Verpflichtung übernommen habe, das Archivgebäude unter allen Umständen auf demselben zu errichten und daher keine andere Verwendung desselben in Aussicht zu nehmen. Allein einmal ist von einer solchen Verpflichtung in dem einschlägigen Kaufvertrage in keiner Weise die Rede, und sodann übernimmt die Gemeinde Bern in
dem projektierten Tauschvertrage alle rechtlichen Konsequenzen, welche aus der beabsichtigten Transaktion erwachsen könnten. Wir erachten somit diesen Punkt für die Eidgenossenschaft als vollständig erledigt.

si?

Ein großer Teil der Bevölkerung des Kirchenfeldes hat durch eine Deputation und eine mit Unterschriften bedeckte Eingabe um Aufrechthaltung des frühereu Beschlusses betreffend Erstellung des Archiv- und Landesbibliothekgebäudes auf dem Kirchenfeld nachsuchen lassen, allein es liegen keine ausschlaggebenden sachlichen Gründe vor, auf dieses Gesuch einzugehen.

Indem wir im übrigen auf die Beilagen verweisen, beehren wir uns, Ihnen den nachstehenden Entwurf eines Bundesbeschlusses zur Annahme zu empfehlen, gleichzeitig den Anlaß benutzend, Sie unserer erneuten Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 21. Juni 1895.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Zemp.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Bingier.

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(Entwurf.)

Bnndesbeschlnß betreffend

den Bauplatz für das eidgenössische Archiv- und Landesbibliothekgebäude in Bern.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht eines Berichtes des Bundesrates vom 21. Juni 1895, beschließt: 1. Das Archiv- und Landesbibliothekgebäude soll am Viktoriaplatz auf dem Spitalacker in der Verlängerung der Kornhausbruckenach.se erstellt werden.

2. Zu diesem Ende wird der Bundesrat ermächtigt, mit dem Gemeinderat der Stadt Bern eine Vereinbarung folgenden Inhaltes zu treffen : a. Es wird zwischen dem Bundesrate, namens der Eidgenossenschaft, und dem Gemeinderate der Stadt Bern, namens der Gemeinde Bern, ein Tauschvertrag abgeschlossen, wonach ersterer der Gemeinde Bern das von der Berne Land-Company erworbene Terrain auf dem Kirchenfeld mit einem Flächeninhalt von 4607 m 2 gegen Abtretung eines Bauplatzes von gleich großer Fläehenausdehnung, d. h. 87,oo m. Länge und 52,96 m.

Tiefe, auf dem Spitalacker, am zukunftigen Viktoria-

519 platz und in der Verlängerung der Kornhausbrückenachse gelegen, eigentümlich zu überlassen hat. Hierbei wird vorausgesetzt, daß das Straßennetz um den von der-Gemeinde Bern abzutretenden Bauplatz definitiv nach dem vorgelegten Âlignementsplane zur Ausführung gelangen werde.

Der gegenseitige Nutz- und Schadensanfang beginnt mit dem Tage des Vertragsabschlusses, dessen Kosten samt allfälligen Handänderungsgebühren die Gemeinde Bern allein zu übernehmen hat.

&. Der Gemeinderat hat dafür zu sorgen, daß dasjenige Stück der neuen Beundenfeldstraße von der Spitalackerstraße bis zum Viktoriaplatz bis Ende Juli laufenden Jahres und die übrigen von der Gemeinde beschlossenen Zufahrtsstraßen zum Viktoriaplatz in möglichster Bälde angelegt werden.

c. Der Gemeinderat verpflichtet sich, die Kloakenleitung, welche die Abwasser der Gebäude am Viktoriaplatz aufzunehmen haben wird, in möglichster Bälde, jedenfalls vor Eindeokung des Archivgebäudes auszuführen.

d. Der Gemeinderat soll die Stadtwasserleitung in kürzester Frist bis zum Viktoriaplatz führen lassen.

e. Wenn nötig, wird der Gemeinderat das fehlende Auffüllmaterial auf dem Bauplatz des Archivgebäudes aus dem sogenannten Schänzlieinschuitt ohne besondere Entschädigung ablagern lassen oder, falls sich vom Archivgebäude überschüssiges Aushubmaterial ergeben würde, der eidgenössischen Bauverwaltung gestatten, solches in die Auffüllung der zunächst dem Viktoriaplatz anzulegenden Straßen deponieren zu dürfen.

f. Der Gemeinderat wird für die "Ausstellung einer provisorischen Baubewilligung sorgen, damit mit den Bauarbeiten spätestens vier Wochen nach Inkrafttreten des vorliegenden Bundesbeschlusses begonnen werden kann.

520 g. Die Gemeinde wird gegenüber der Berne Land-Company an Stelle des Bundes fUr etwaige Rechtsansprüche, welche diese wegen Nichtausführung des Archivgebäudes auf dem von ersterer erworbenen Bauplatze und deren Folgen allfällig stellen wird, aufkommen.

h. Der Bundesrat übernimmt die Verpflichtung, auf Wunsch des Genieinderates von Bern auf der hintern, d. h.

nordöstlichen Seite des Bauplatzes einen 7 m. breiten Streifen Terrain zur Anlage einer öffentlichen, auf Kosten der Gemeinde zu erstellenden Straße unentgeltlich abzutreten.

3. Dieser Beschluß tritt, als nicht allgemein verbindlicher Natur, sofort in Kraft.

4. Der Bundesrat ist mit der Ausführung desselben beauftragt.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend den Bauplatz für das eidgenössische Archiv- und Landesbibliothekgebäude in Bern. (Vom 2l. Juni 1895.)

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26.06.1895

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