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Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung in Sachen des Rekurses des Job. Rudolf Kyburz in Erlinsbach, Kanton Solothurn, gegen einen bundesrätlichen Entscheid betreffend Herabsetzung seiner Militärpension.

(Vom 26. November 1895.)

Tit.

Job. Rudolf Kyburz in Erlinsbach rückte im Jahre 1879 als Kanoniergefreiter zum Wiederholungskurse der Feldbatterie Nr. 26 in Thun ein. Während eines Gefechtsmanövers verunglückte er und erlitt dabei verschiedene Verletzungen. Alle seine Verletzungen heilten, es blieb ihm aber ein Nachteil, der darin besteht, daß er das linke Knie nicht mehr ganz strecken und nicht wie das rechte biegen kann.

Angesichts dieses bleibenden Nachteiles hat der Bundesrat dem Kyburz im Jahre 1880 eine Aversalentschädigung im Betrage von Fr. 800 und unterm 6. Januar 1882 ferner eine Jahrespension im Betrage von Fr. 200 zugesprochen. Diese Pension bezog Kyburz bis und mit dem Jahre 1894.

Die eidgenössische Pensionskommission, welche jeweilen gegen Jahresschluß zum Zwecke der Revision der Pensionen zusammenberufen wird, stellte anläßlich der Revision der Pensionen im Dezember 1894, gestützt auf das Resultat vorangegangener Erhebungen über die ökonomischen Verhältnisse und den Zustand des Pensionärs, den Antrag auf Reduktion der Pension von Fr. 200 auf Fr. 100.

Diesem Antrage stimmte das Militärdepartement in seiner Vorlage an den Bundesrat vom 27. Dezember 1894/4. Januar 1895 bei und es hat der letztere dann auch unterm 6. Januar d. J. im Sinne dieses Antrages entschieden.

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Unterm 6. Februar d. J. stellte Kyburz das Gesuch, es möchte seine Pension wieder auf Fr. 200 festgesetzt werden ; dieses Gesuch haben wir aber abgewiesen, da vom Petenten keine solchen Gründe vorgebracht worden waren, die es als angezeigt erscheinen ließen, auf die Erwägungen, die unserer Schlußnahme vom 6. Januar zu Grunde lagen, und damit auf diese letztere selbst zurück zu kommen.

Gegen diesen Entscheid hat nun Kyburz mittelst Eingabe vom 1. Mai bei Ihnen Rekurs erhoben.

Wir haben diese Eingabe dem Militärdepartement zur Begutachtung zugewiesen, welches dieselbe sodann mit allen Akten der eidgenössischen Pensionskommission vorgelegt hat.

Diese Kommission ist neuerdings, nach Prüfung aller Verhältnisse, '/.um Schlüsse gekommen, daß Kyburz mit einer Pension von Fr. 100 genügend entschädigt sei.

Angesichts der Sachlage sind wir nicht im Falle, auf unsere Entscheide vom 6. Januar und 26. Februar d. J. zurückzukommen.

Wir stellen uns im konkreten Falle auf denselben Standpunkt, welchen wir im Rekursfalle Buser (vide unsern Bericht vom 14. November 1893, Bundesbl. 1893, IV, 891/893) eingenommen und wobei wir die Kompetenz der Bundesversammlung, Rekurse dieser Art materiell zu behandeln, in Frage gezogen haben. Dieser Standpunkt wurde von uns unter Berufung auf Art. 12 des Bundesgesetzes über Militärpensionen und Entschädigungen vom 13. November 1874, wonach alle Beschlüsse betreffend die Bewilligung, Veränderung oder Zurückziehung · einer auf den Vorschriften des genannten Gesetzes beruhenden Pension oder anderweitigen Entschädigung vom Bundesrate gefaßt werden, mittelst folgenden Ausführungen des nähern präcisiert und begründet : ,,Gegen solche Beschlüsse erscheint indessen eine Weiterziehung an eine andere Instanz nicht zulässig. In dem Bundesgesetze über Militärpensionen und Entschädigungen vom 13. November 1874 ist nämlich das durch Alinea 2 des Art. 16 des frühern Pensionsgesetees vom 7. August 1852 ausdrücklich gewahrte Rekursrecht an die Bundesversammlung fallen gelassen worden. In der bezüglichen Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung vom 27. Mai 1874 (Bundesbl. 1874, Band I, Seite 986 ff.) wird dies wie folgt begründet: ,,,,Die Bundesversammlung ist gewiß nicht die richtige Behörde, um letztinstanzlich über oft sehr verwickelte Verhältnisse zu entscheiden, zu deren Beurteilung specifisch-technische Detailkenntnisse erforderlich sind, und nur zu of't würden die Gründe reinster

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Humanität den Sieg über eine mehr realistische Erwägung der Dinge davontragen und so eine bedauerliche Ungleichheit zu gunsten derer schaffen, welche den Rekursweg zu betreten keinen Anstand nehmen. Sollte aber ein Rekurs gegen die bezüglichen Beschlüsse des Bundesrates dennoch belieben, so wäre es vielleicht angezeigt, das Bundesgericht als Rekursbehörde zu bezeichnen.'"

,,Die Bundesversammlung hat dieser Ansicht beigepflichtet, indem sie den vom Bundesrate vorgelegten Entwurf eines neuen Pensionsgesetzes, in welchem das Rekursrecht an die Bundesver-sammlung nicht mehr aufgenommen war, sanktioniert hat.

,,Der Bundesrat, indem er sich auf diesen Boden stellt, begiebt sich nicht in Widerspruch mit sich selber, obgleich er sich in dem Beschwerdefall des Soldaten Aug. Löw, in Basel (Bundesbl. 1893, Band III, Seite 17 ff.), nicht veranlaßt gesehen hat die Kompetenzfrage aufzuwerten ; denn es entspricht der bundesrätlichen Praxis, im einzelnen Falle die Kompetenzfrage nicht ohne zwingenden Grund zu stellen, auch wenn das Gesetz ihn dazu berechtigen würde. Heute handelt es sich aber darum, zu verhindern, daß sich nach und nach eine Rekurspraxis bilde, welche mit dem Gesetze im Widersprach steht. " Wir stellen also auch im Rekursfalle Kyburz die Kompetenzfrage ; immerhin fügen wir die bezüglichen Akten zu Ihrer Kenntnisnahme bei.

Gestützt hierauf beehren wir uns zu beantragen, die Bundesversammlung wolle den Rekurs .des Joh. Rudolf Kyburz in Erlinsbach wegen Inkompetenz abweisen.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 26. November 1-895.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : Zemp.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft : Eingier.

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Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung in Sachen des Rekurses des Job.

Rudolf Kyburz in Erlinsbach, Kanton Solothurn, gegen einen bundesrätlichen Entscheid betreffend Herabsetzung seiner Militärpension. (Vom 26. November 1895.)

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