14.086 Botschaft zur Genehmigung des Minamata-Übereinkommens über Quecksilber vom 19. November 2014

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf eines Bundesbeschlusses über die Genehmigung des Minamata-Übereinkommens über Quecksilber.

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

19. November 2014

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Didier Burkhalter Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

2014-2230

287

Übersicht Am 10. Oktober 2013 hat die Schweiz zusammen mit 91 weiteren Staaten in Kumamoto (Japan) das Minamata-Übereinkommen über Quecksilber unterzeichnet. Dieses steht nun zur Ratifikation an. Dank dieses Übereinkommens wird der Einsatz der toxischen Substanz Quecksilber über den ganzen Lebenszyklus reduziert, um die Umwelt und die menschliche Gesundheit weltweit zu schützen. Die Schweiz hat massgeblich zum erfolgreichen Abschluss dieses Übereinkommens beigetragen.

Ausgangslage Noch immer werden Quecksilber und seine Verbindungen weltweit verwendet. Ein unsachgemässer Umgang mit Quecksilber kann zu schwerwiegenden Auswirkungen auf Mensch und Umwelt führen, wie das Beispiel der japanischen Stadt Minamata aufzeigt, wo eine Quecksilbervergiftung rund 3000 Menschenleben forderte und rund 65 000 Menschen dauerhaft schädigte. Dank griffiger nationaler Vorschriften gibt es zwar in der Schweiz keine nennenswerten Quecksilberemissionen mehr; weil aber Quecksilberverbindungen weltweit über die Luft, das Wasser, die Nahrungskette, in Abfällen und Produkten transportiert werden, können die von Quecksilber ausgehenden Risiken mit nationalen Massnahmen allein nicht wirkungsvoll bekämpft werden. Die Umsetzung des Übereinkommens ist deshalb auch für die Umwelt und Gesundheit der Menschen in der Schweiz wichtig. Direkten Umsetzungsbedarf und entsprechende Auswirkungen entfaltet das Übereinkommen vor allem in den Entwicklungs- und Schwellenländern sowie in Ländern, die in Bezug auf die technisch und wirtschaftlich möglichen Umweltstandards im Verzug sind.

Als Initiatorin und aktive Teilnehmerin an den Verhandlungen hat die Schweiz einen entscheidenden Beitrag geleistet, um das Niveau der im Abkommen enthaltenen Massnahmen hoch zu halten und die Verwendung von Quecksilber über dessen gesamten Lebenszyklus zu regeln. Sie hat damit auch ihre führende Rolle in der internationalen Chemikalien- und Abfallpolitik bestätigt. Die Schweiz verfolgt aus Effizienz- und Kostengründen das Ziel, das Sekretariat des Minamata-Übereinkommens in das gemeinsame Sekretariat der Basel-, Rotterdam- und StockholmKonventionen zu integrieren. Damit wird gleichzeitig Genf als internationaler Standort gestärkt.

Inhalt der Vorlage Das Minamata-Übereinkommen legt völkerrechtlich verbindliche Regeln für den Umgang und die Verwendung von
Quecksilber fest und bekämpft auf globaler Ebene die gefährlichen Auswirkungen von Quecksilber und dessen Verbindungen. Dank des Übereinkommens wird der Einsatz der toxischen Substanz Quecksilber im Wirtschafts- und Stoffkreislauf so weit wie möglich reduziert; für das verbleibende Quecksilber werden Regeln zum Schutz der Umwelt und der Gesundheit festgelegt.

288

Das Minamata-Übereinkommen verbietet die Eröffnung neuer Quecksilberminen und befristet die Ausbeutung bestehender Minen. Der internationale Handel mit Quecksilber wird beschränkt. Er bedarf einer vorherigen schriftlichen Zustimmung des Importstaates und ist nur erlaubt für die gemäss Übereinkommen zulässigen Zwecke oder zur Entsorgung. Quecksilberhaltige Produkte wie Thermometer oder Quecksilberbatterien sowie Industrieprozesse wie die Chlor-Alkali-Elektrolyse werden ab einem bestimmten Datum verboten, weil dafür gleichwertige Alternativen bestehen. Dentalamalgam wird nicht komplett verboten, aber es werden Massnahmen zur Verminderung seines Einsatzes festgelegt. Länder mit kleingewerblichem Goldabbau müssen die Verwendung von Quecksilber in diesem Sektor reduzieren und soweit möglich vollständig eliminieren. Für die wichtigsten QuecksilberEmissionsquellen wie Kohlekraftwerke, kohlebefeuerte Industriekesselanlagen und Industriefeuerungen, Metallhütten für Nichteisenmetalle, Abfallverbrennungsanlagen und Zementwerke werden Massnahmen zur Emissionsbegrenzung festgelegt.

Weiter werden Regeln zur sicheren und umweltverträglichen Zwischenlagerung von unbenutzten Quecksilbervorräten und Quecksilberabfällen, zum fachgerechten Umgang damit und zur Entsorgung von Quecksilberabfällen, einschliesslich dem grenzüberschreitenden Verkehr mit Quecksilberabfällen definiert.

Das Übereinkommen enthält einen effizienten und wirksamen Mechanismus, um die Einhaltung der Verpflichtungen zu überprüfen. Die Finanzierung für den Kapazitätsaufbau und die technische Zusammenarbeit unter den Vertragsstaaten erfolgt durch den Globalen Umweltfonds (Global Environment Facility, GEF), was einem schweizerischen Anliegen entspricht. Zusätzlich wurde ­ auf Drängen der Entwicklungsländer ­ ein sogenanntes spezifisches internationales Programm beschlossen.

Für die Weiterentwicklung des Übereinkommens, die Überwachung und Regelung des Finanzmechanismus und die Erarbeitung technischer und organisatorischer Richtlinien ist die Vertragsparteienkonferenz zuständig .Die Schweiz wird als Vertragspartei finanzielle Verpflichtungen übernehmen, zudem wird die Kandidatur der Schweiz für den Sekretariatsitz des Übereinkommens finanzielle Auswirkungen haben. Es muss gesamthaft mit einem Betrag von jährlich rund drei Millionen Franken gerechnet
werden. Beim Bund muss eine zusätzliche Stelle im Umfang von 50 Prozent geschaffen werden.

Die Kantone und die Schweizer Wirtschaft sind dank bereits bestehender nationaler Vorschriften im Chemikalienrecht vom Übereinkommen insgesamt wenig betroffen.

Direkt betroffen sind einzig Firmen, welche Quecksilber aus Abfällen rezyklieren und als Rohstoff in den Handel bringen.

289

Botschaft 1

Grundzüge der Vorlage

1.1

Ausgangslage

Quecksilber ist ein Schwermetall, das bei Raumtemperatur flüssig ist und Quecksilberdampf freisetzt. Wegen seiner technischen und chemischen Eigenschaften wird es weltweit immer noch in vielen industriellen Anwendungen verwendet, z.B. in der Chemie, im Pflanzenschutz, für Messgeräte oder im kleingewerblichen Goldabbau.

Hauptquellen von Quecksilberemissionen sind der kleingewerbliche Goldabbau mittels Quecksilber, die Abluft aus Kohlekraftwerken und andere Verbrennungsprozesse, die unsachgemässe Verbrennung quecksilberhaltiger Abfälle und industrielle Prozesse, bei welchen Quecksilber verwendet wird. In der Umwelt, d.h. im Wasser und im Boden, kann Quecksilber in organische Quecksilberverbindungen umgesetzt werden, die durch das Wasser und die Luft verfrachtet werden. Diese werden von Mikroorganismen und Kleinlebewesen aufgenommen und nur sehr langsam wieder ausgeschieden. Dadurch reichert sich Quecksilber in der Nahrungskette (z.B. in Fischen, die sich von Kleinlebewesen ernähren) und schliesslich auch im menschlichen Körper an.

Quecksilber und seine Verbindungen sind hochgiftig und stellen eine grosse Gefahr für die menschliche Gesundheit und die Umwelt dar. Bereits eine geringe Aufnahme von Quecksilberverbindungen kann beim Menschen zum Tod führen. Eine Bedrohung für Mensch und Umwelt stellen insbesondere auch chronische Vergiftungen dar. Sie können neurologische Störungen hervorrufen, die Lunge und das Immunsystem schädigen und als Zellgift in Leber, Nieren und Gehirn wirken. Die geistige Entwicklung von Föten, Neugeborenen und Kleinkindern kann dadurch stark beeinträchtigt werden. Die dramatischen Auswirkungen von Quecksilberemissionen wurden der Weltöffentlichkeit mit der Quecksilbervergiftung in Minamata vor Augen geführt. Mehrere Jahrzehnte lang hatte eine Chemiefirma in Minamata (Japan) ungereinigtes Prozessabwasser mit Quecksilberverbindungen ins Meer geleitet. Das Quecksilber reicherte sich in den Fischen an; weil diese Fische für die lokale Bevölkerung ein Hauptnahrungsmittel darstellten, wurden zahlreiche Menschen damit vergiftet. Dieser Vorfall in Minamata hat etwa 65 000 Menschen dauerhaft geschädigt und rund 3000 Menschenleben gefordert.

Dank griffiger nationaler Vorschriften gibt es in der Schweiz keine nennenswerten Quecksilberemissionen mehr. Die Umwelt- und Gesundheitsgefahren
von Quecksilber können aber mit nationalen Massnahmen allein nicht wirkungsvoll bekämpft werden ­ Quecksilber wird weltweit über die Luft, die Nahrungskette und in Produkten verfrachtet und kann deshalb auf der ganzen Welt und auch weit entfernt vom ursprünglichen Freisetzungsort auftreten.

Als erster Schritt wurde das Schwermetall-Protokoll unter dem UNECE-Übereinkommen über weiträumige grenzüberschreitende Luftverunreinigung 1998 in Aarhus (Dänemark) verabschiedet. Das Protokoll ist seit 2003 in Kraft und wurde von 32 Ländern aus Europa und Nordamerika ratifiziert, darunter am 14. November 2000 auch von der Schweiz1. Ziel des Schwermetall-Protokolls ist die Reduktion der 1

290

SR 0.814.326

Emissionen von weiträumig verfrachteten giftigen Schwermetallen, insbesondere von Blei, Cadmium und Quecksilber. In Europa konnten die Emissionen von Quecksilber zwischen 1990 und 2010 um 60 Prozent reduziert werden. Eine Änderung des Schwermetall-Protokolls wurde im Dezember 2012 von den Protokollparteien verabschiedet. Dabei wurden die Anforderungen zur Emissionsminderung für Industrieanlagen an den Stand der Technik angepasst. Für die globale Quecksilberproblematik ist ein regionales Abkommen aber eine ungenügende Lösung. Ein Land kann zwar die Einfuhr von quecksilberhaltigen Produkten verbieten und mit grossem Aufwand die Einhaltung der Grenzwerte, z.B. auch in Fischen, kontrollieren. Damit ist jedoch kein ausreichender Schutz gegen die grenzüberschreitende Luftbelastung durch Quecksilberdampf und flüchtige Quecksilberverbindungen gegeben. Nur mit Massnahmen an der Quelle kann ein umfassender Schutz gegen Quecksilberemissionen auch in der Schweiz gewährleistet werden.

Diese Quellen liegen oft in Entwicklungsländern, für welche Quecksilber eines der vordringlichen Umwelt- und Gesundheitsschutzprobleme darstellt. Deshalb ist eine globale Regelung gleichzeitig auch ein entwicklungspolitisches Anliegen. Aus all diesen Gründen hat sich die Schweiz seit Jahren aktiv und an vorderster Front für ein Quecksilberabkommen eingesetzt.

1.2

Verlauf der Verhandlungen

Im Jahre 2002 publizierte das UNO Umweltprogramm (UNEP) eine umfassende Übersicht wissenschaftlicher Studien, welche die globale Dimension des Problems der schädlichen Auswirkungen von Quecksilber belegten.2 Gestützt darauf forderten die Schweiz und Norwegen als erste Länder international rechtlich verbindliche Regeln für Quecksilber und andere Schwermetalle. Nachdem der anfängliche Widerstand der USA, Kanada, Australien, Neuseeland, Indien und China überwunden werden konnte, verabschiedeten im Februar 2009 die Umweltminister anlässlich der 25. Sitzung des UNEP-Verwaltungsrates ein Mandat zur Verhandlung eines rechtlich verbindlichen, globalen Übereinkommens über Quecksilber.

Die Verhandlungen begannen im Juni 2010, und die Schweiz hat während des ganzen Verhandlungsprozesses eine zentrale Rolle gespielt. Sie hat namentlich mit einer von ihr etablierten und geleiteten Gruppe von gleichgesinnten Staaten die Verhandlungen entscheidend beeinflusst und den Prozess mit Expertise und finanziell unterstützt.

Heikle Verhandlungspunkte waren insbesondere:

2

­

der Finanzierungsmechanismus;

­

die Differenzierung zwischen Entwicklungs- und Industrieländern;

­

der konzeptionelle Ansatz eines Verbots (allgemeines Verbot mit Ausnahmen versus explizite Verbotsliste);

­

die Ausgestaltung des Mechanismus zur Überprüfung der Einhaltung der Verpflichtungen;

­

Übergangsfristen für Verbote;

Global Mercury Assessment, UNEP Chemicals, Dezember 2002, Genf, Schweiz.

291

­

Emissionsgrenzwerte;

­

die Behandlung des kleingewerblichen Goldabbaus sowie

­

der Einbezug der USA in das obligatorische Verfahren der vorherigen Zustimmung nach Inkenntnissetzung.

Die Verhandlungen konnten wie geplant nach fünf Runden im Januar 2013 in Genf erfolgreich abgeschlossen werden. Am 10. Oktober 2013 haben 91 Länder und die EU in Kumamoto, Japan, das Abkommen unterzeichnet. Für das Inkrafttreten des Abkommens sind 50 Ratifikationen nötig. Erwartungsgemäss wird es ungefähr drei Jahre dauern, bis so viele Staaten das Abkommen ratifiziert haben. Die USA hat das Abkommen bereits ratifiziert und ist erste Vertragspartei.

1.3

Verhandlungsergebnis

Das Minamata-Übereinkommen legt internationale, rechtlich verbindliche Regeln für Quecksilber fest, die nicht zwischen Entwicklungs- und Industrieländern differenzieren. Es verfolgt einen umfassenden Ansatz und deckt den gesamten Lebenszyklus von Quecksilber ab. Das Übereinkommen enthält rechtsverbindliche Verpflichtungen zur Verknappung des Angebots von Quecksilber und reguliert dessen Handel. Es beschränkt die Verwendung von Quecksilber in Produkten, Prozessen und Anwendungsgebieten wie dem kleingewerblichen Goldabbau und legt Massnahmen zur Emissionsbegrenzung und zur Anwendung der besten zur Verfügung stehenden und wirtschaftlich zumutbaren Verfahren und Technologien fest. Weiter verpflichtet das Übereinkommen die Vertragsstaaten zur umweltverträglichen und sicheren (End-) Lagerung von Quecksilber und Quecksilber-Abfällen. Dank des Übereinkommens wird der Einsatz der toxischen Substanz Quecksilber im Wirtschafts- und Stoffkreislauf so weit wie möglich reduziert, und für das verbliebende Quecksilber werden Regeln zum Schutz der Umwelt und der Gesundheit festgelegt.

1.4

Überblick über den Inhalt des Abkommens

Das Minamata-Übereinkommen enthält namentlich Regelungen zu folgenden Bereichen: ­

Verbot neuer Quecksilberminen und Befristung bestehender Quecksilberminen auf maximal 15 Jahre nach Inkrafttreten des Übereinkommens.

­

Beschränkung des internationalen Handels von Quecksilber auf die gemässÜbereinkommen zulässigen Verwendungen oder zur umweltgerechten Zwischenlagerung sowie die Verpflichtung zur vorherigen schriftlichen Zustimmung des Importstaates.

­

Verbot quecksilberhaltiger Produkte und Prozesse, für welche bereits gleichwertige Alternativen bestehen, ab einem bestimmten Datum.

­

Verpflichtung, überschüssiges Quecksilber aus stillgelegten Chlor-AlkaliElektrolyseanlagen nur im gleichen industriellen Sektor zu verwenden oder sicher und umweltgerecht zu entsorgen und endzulagern.

­

Konkrete Massnahmen zur Reduktion des Einsatzes des quecksilberhaltigen Dentalamalgams.

292

­

Festlegung von Reduktionsmassnahmen für die wichtigsten Emissionsquellen.

­

Verpflichtung für Länder mit kleingewerblichem Goldabbau, einen Plan zu erstellen, wie sie die Verwendung von Quecksilber in diesem Sektor reduzieren und soweit möglich vollständig eliminieren.

­

Bestimmungen zur sicheren und umweltgerechten Zwischenlagerung, zum fachgerechten Management und zur Entsorgung von Quecksilberabfällen.

­

Effizienter und effektiver Mechanismus zur Überprüfung der Einhaltung der Verpflichtungen durch die Vertragsparteien und zur Ergreifung angemessener Massnahmen.

­

Kohärente und effiziente multilaterale Finanzierung mit dem Globalen Umweltfonds (GEF) und mit weiteren Finanzierungselementen.

1.5

Würdigung

Als Initiatorin und sehr aktive Teilnehmerin der Verhandlungen hat die Schweiz einen entscheidenden Beitrag geleistet, das Niveau der im Abkommen enthaltenen Massnahmen hoch zu halten und die umfassende Regulierung von Quecksilber über dessen gesamten Lebenszyklus zu gewährleisten. Sie hat damit auch ihre führende Rolle in der internationalen Chemikalien- und Abfallpolitik bestätigt.

Das Minamata-Übereinkommen stellt einen grossen Erfolg für die internationale Umweltpolitik dar und beweist, dass auf multilateraler Ebene nach wie vor ambitiöse Lösungen gefunden werden können. Die Schweiz wird sich dafür einsetzen, dass das Sekretariat des neuen Übereinkommens in das gemeinsame Sekretariat der Basel-, Rotterdam- und Stockholm-Konventionen in Genf integriert wird, womit das internationale Genf und Genf als Kompetenzzentrum für die internationale Abfallund Chemikalienpolitik weiter gestärkt werden.

2 Art. 1 und 2

Erläuterungen zu einzelnen Artikeln des Übereinkommens Gegenstand und Definitionen

Ziel des Übereinkommens ist es, die menschliche Gesundheit und die Umwelt vor anthropogenen, d.h. vom Menschen verursachten Emissionen und Freisetzungen von Quecksilber und Quecksilberverbindungen zu schützen (Art. 1).

Das Übereinkommen gilt für Vertragsparteien, d.h. für einzelne Staaten oder für Staatengruppen, die in einer Organisation der regionalen Wirtschaftsintegration (z.B.

EU) zusammengeschlossen sind, und welche das Übereinkommen ratifiziert haben.

Artikel 2 enthält Begriffsbestimmung, die für das Übereinkommen von Bedeutung sind.

293

Art. 3

Angebot und Handel

Dieser Artikel legt Massnahmen fest, um das Angebot von Quecksilber und bestimmten Quecksilberverbindungen im Handel zu beschränken und die Handelswege zu kontrollieren. Er gilt nicht für Quecksilber zu Forschungszwecken, für natürlich vorkommende Spuren von Quecksilber in Mineralien oder fossilen Energieträgern und für quecksilberhaltige Produkte. Die wichtigsten Massnahmen sind: ­

Vertragsparteien dürfen keine neuen Quecksilberminen eröffnen und müssen bestehende Minen spätestens 15 Jahre nach Inkrafttreten des Übereinkommens schliessen.

­

Quecksilber darf nur für die vom Übereinkommen explizit zugelassenen Verwendungen oder zur umweltgerechten Zwischenlagerung exportiert werden.

­

Vertragsparteien müssen ihre Quecksilberlager und -quellen erheben und darüber Bericht erstatten.

­

Überschüssiges Quecksilber aus stillgelegten Chlor-Alkali-Elektrolyseanlagen nach dem Amalgamverfahren darf von Vertragsparteien nur im gleichen industriellen Sektor verwendet werden, oder das überschüssige Quecksilber muss sicher und umweltverträglich entsorgt und endgelagert werden.

­

Parteistaaten dürfen den Export von Quecksilber nur unter bestimmten Bedingungen erlauben: ­ In einen anderen Vertragsstaat nur mit dessen schriftlicher Zustimmung, und wenn sichergestellt ist, dass das Quecksilber für eine nach dem Übereinkommen erlaubte Verwendung bestimmt ist oder sicher und umweltverträglich gelagert wird.

­ In einen Nicht-Vertragsstaat nur, wenn der Empfänger-Staat ein mit dem Übereinkommen vergleichbares Schutzniveau für Mensch und Umwelt nachweisen kann und sichergestellt ist, dass das Quecksilber für eine nach dem Übereinkommen erlaubten Verwendung bestimmt ist oder sicher und umweltverträglich gelagert wird.

­

Der Import aus einem Nicht-Vertragsstaat ist nur zulässig, falls letzter beweisen kann, dass das Quecksilber aus zulässigen Quellen gemäss dem Übereinkommen stammt.

­

Bis zur ersten Vertragsparteienkonferenz müssen die Parteien gemeinsam eine Wegleitung für die Identifizierung von gelagertem Quecksilber erarbeiten und die Massnahmen zur Import- und Exportkontrolle konkretisieren.

Art. 4, 5 und 6

Produkte und Prozesse sowie Ausnahmen

Quecksilberhaltige Produkte bzw. Prozesse, für welche gleichwertige Alternativen bestehen, werden ab einem bestimmten Datum verboten. Die Einzelheiten werden in den Anlagen A und B des Übereinkommens geregelt. Für eine zeitlich beschränke Möglichkeit von Ausnahmen ist ein spezielles Verfahren vorgesehen.

Die wichtigsten Produkte, die gemäss Artikel 4 in Zusammenhang mit Anlage A Teil I ab dem Jahr 2020 verboten werden, sind: Thermometer, Batterien, Kosmetika, verschiedene Lampen, medizinische Messgeräte und Schalter. Für Dentalamalgam gibt es zwar moderne Ersatztechnologien auf Basis von Kunststoffen oder Keramik.

294

Allerdings sind letztere relativ teuer oder benötigen eine Infrastruktur (Wasser, Elektrizität) und Logistik (Verteilsysteme), die in Entwicklungsländern nicht immer gewährleistet werden können. Aus diesem Grund wird Dentalamalgam nicht verboten. Vertragsparteien müssen jedoch konkrete Massnahmen zur Reduktion des Einsatzes von Dentalamalgam und zur Verminderung von Emissionen aus den Amalgamabfällen in die Luft und in Gewässer ergreifen, welche in Anlage A Teil II festgelegt sind.

Zwei chemisch-technische Prozesse werden gemäss Artikel 5 Absatz 2 in Verbindung mit Anlage B I verboten: die Chemieanlagen für die Chlor-Alkali-Elektrolyse nach dem Amalgam-Verfahren ab 2025 und die Acetaldehyd-Produktion mit quecksilberhaltigen Katalysatoren ab 2018. Bei drei weiteren chemisch-technischen Prozessen müssen die Vertragsparteien gemäss Artikel 5 Absatz 3 in Verbindung mit Anlage B II verbindliche Massnahmen zu Emissionsreduktion, teils in Verbindung mit messbaren Zielgrössen, ergreifen.

Artikel 6 erlaubt den Vertragsparteien, in einem beschränkten Mass Ausnahmen zu beantragen. Damit kann das Datum für ein endgültiges Verbot eines gewissen Prozesses oder Produktes um maximal zweimal fünf Jahre hinausgeschoben werden.

Ausnahmen können nur zum Zeitpunkt beantragt werden, wenn ein Staat Vertragspartei wird oder wenn ein Prozess oder Produkt neu auf die Verbotsliste aufgenommen wird. Jede Ausnahme muss detailliert begründet werden, und es wird ein öffentliches Register mit den Ausnahmen und deren Begründungen geführt.

Art. 7

Kleingewerblicher Goldabbau

Artikel 7 enthält Regelungen und Massnahmen zur Einschränkung der Verwendung von Quecksilber im kleingewerblichen Goldabbau (Artisanal and Small Scale Gold Mining, ASGM). Die unsachgemässe Verwendung von Quecksilber im kleingewerblichen Goldabbau ist in vielen Entwicklungsländern ein grosses Problem. Von einem generellen Quecksilberverbot in diesem Bereich ist man aber im Laufe der Verhandlungen ­ gestützt auf die Erfahrungen auch aus der schweizerischen Entwicklungszusammenarbeit ­ wieder abgekommen. Weil der ASGM-Sektor in aller Regel im informellen Bereich und damit in einer rechtlichen Grauzone operiert, wäre ein Verbot nicht umsetzbar und damit auch nicht zielführend. Deshalb verpflichtet das Übereinkommen Länder mit kleingewerblichem Goldabbau, einen nationalen Aktionsplan zu erarbeiten und umzusetzen mit dem Ziel, die Verwendung vom Quecksilber im ASGM-Sektor einzuschränken und wenn immer möglich zu eliminieren. Die Schweiz wird Entwicklungsländer bereits im Zeitraum zwischen der Unterzeichnung und des Inkrafttretens des Übereinkommens (Interimsphase) bei der Erarbeitung ihrer Aktionspläne unterstützen.

Anlage C des Übereinkommens regelt im Detail die Anforderungen an nationale Aktionspläne. Diese müssen unter anderem die umwelt- und gesundheitschädlichsten Praktiken verbieten sowie die Formalisierung oder Regulierung dieses oft marginalisierten Sektors fördern. Weiter können auf freiwilliger Basis marktwirtschaftliche Instrumente oder Normen für den quecksilberfreien Abbau von Gold eingeführt werden. Ein nützliches Instrument dazu stellt die von der Schweiz unterstützte Better Gold Initiative dar. Durch diese werden in Zusammenarbeit mit den verschiedenen Akteuren der Goldwertschöpfungskette (Minen, Goldhändler, Raffinerien, Uhren- und Goldindustrie) ASGM-Minenarbeiter bei der Einführung von

295

umwelt- und sozialverträglichen Abbaumethoden und insbesondere bei der Umstellung auf quecksilberfreien Goldabbau unterstützt.

Art. 8

Emissionen in die Luft

Das Minamata-Übereinkommen schreibt Massnahmen zur Emissionsreduktion für die wichtigsten Emissionsquellen vor. Es sind dies Anlagen verschiedener Industriezweige gemäss Anlage D, wobei zwischen bestehenden und neuen Anlagen unterschieden wird. Eine Anlage gilt als neu, wenn sie mehr als ein Jahr nach Inkrafttreten des Übereinkommens für den entsprechenden Vertragsstaat oder nach Neuaufnahme in Anlage D gebaut oder substanziell verändert wurde.

Für neue Anlagen wird die Anwendung der besten verfügbaren Techniken (best available technique: BAT) bzw. der besten Umweltschutzpraktiken (best environment practices: BEP) vorgeschrieben. Unter den besten verfügbaren Techniken sind gemäss Artikel 2 diejenigen Techniken zu verstehen, die am wirksamsten sind, um Emissionen und Freisetzungen von Quecksilber in die Luft, das Wasser und den Boden und deren Auswirkungen auf die Umwelt als Ganzes unter Berücksichtigung wirtschaftlicher und technischer Erwägungen in Bezug auf eine bestimmte Vertragspartei oder eine bestimmte Anlage im Hoheitsgebiet der betreffenden Vertragspartei zu verhindern oder, wenn dies nicht praktikabel ist, zu verringern. Als beste Umweltschutzpraktiken gelten gemäss Artikel 2 die Anwendung der geeignetsten Kombination aus Kontrollmassnahmen und Strategien zum Schutz der Umwelt. Für bestehende Anlagen wird zur Emissionsreduktion eine an die nationale Situation angepasste Kombination von Massnahmen verlangt, die über einen freiwilligen nationalen Durchführungsplan umgesetzt werden sollen. Vertragsparteien müssen ein Verzeichnis der Emissionen aus relevanten Quellen erstellen und führen.

Bis zur ersten Vertragsparteienkonferenz müssen die Vertragsparteien eine Anleitung zur Festlegung von BAT/BEP, von Emissionsreduktionszielen und Emissionsgrenzwerten erstellen.

Art. 9

Freisetzungen in das Wasser und den Boden

Die Vertragsparteien sind verpflichtet, innert drei Jahren nach Inkrafttreten des Abkommens relevante Punktquellenkategorien von Quecksilberfreisetzungen zu erheben. Vertragsstaaten mit entsprechenden Quellen müssen Massnahmen zur Minderung der Freisetzungen planen und umsetzen, z.B. durch das Festlegen von Emissionsgrenzwerten für Boden und Wasser, oder indem Industrieanlagen mit den BAT ausgerüstet und nach den BEP betrieben werden. Vertragsparteien müssen ein Verzeichnis der Freisetzungen aus relevanten Quellen erstellen und führen.

Die Vertragsparteien sollen so rasch wie möglich entsprechende Richtlinien und Hilfsmittel zur Umsetzung der Verpflichtungen aus diesem Artikel erarbeiten und verabschieden.

Art. 10, 11 und 12

Umweltgerechte Zwischenlagerung von Quecksilber, Quecksilberabfällen und Altlasten

Quecksilber und Quecksilberverbindungen, die keine Abfälle sind, dürfen gemäss Artikel 10 nur für eine einer Vertragspartei erlaubten Verwendung umweltgerecht zwischengelagert werden.

296

Als Quecksilberabfälle gelten Quecksilber, Quecksilberverbindungen und quecksilberhaltige Produkte, die einen gewissen Schwellenwert an Quecksilberanteilen gemäss Artikel 11 Absatz 2 überschreiten und die entsorgt werden müssen, zur Entsorgung bestimmt sind oder aufgrund der innerstaatlichen Rechtsvorschriften oder aufgrund des Übereinkommens entsorgt werden müssen. Die Bestimmungen zum fachgerechten Management, zur Entsorgung und zum grenzüberschreitenden Verkehr von Abfällen sind kongruent mit denjenigen des Basler Übereinkommens über die Kontrolle der grenzüberschreitenden Verbringung gefährlicher Abfälle und ihrer Entsorgung (Basler Konvention3). Die Vertragsparteien der Basler Konvention wie die Schweiz dürfen zudem Quecksilberabfälle gemäss Artikel 11 Absatz 3 Buchstabe c nur zum Zweck der umweltgerechten Entsorgung über Staatsgrenzen hinweg befördern.

Die Regelung zur Sanierung von Altlasten in Artikel 12 ist allgemein gehalten und besagt, dass jede Vertragspartei sich um die Erarbeitung einer Strategie zur Erfassung und Beurteilung von Altlasten von Quecksilber und seinen Verbindungen bemüht. Sanierungsmassnahmen müssen umweltverträglich und unter Beurteilung des Risikos für Mensch und Umwelt ausgeführt werden.

Es müssen Grenzwerte für die Definition von Quecksilberabfällen, Richtlinien für die Zwischen- und Endlagerung von Quecksilber respektive Quecksilberabfällen und Angaben zur Sanierung von Altlasten erarbeitet werden. Die entsprechenden Entscheide und Richtlinien werden durch Expertengruppen vorbereitet und im Anschluss daran durch die Vertragsparteienkonferenz verabschiedet. Für die Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs mit Abfällen und für die Ausarbeitung von technischen Richtlinien zur Entsorgung von Quecksilber ist eine Zusammenarbeit mit den Organen der Basler Konvention vorgesehen.

Art. 13 und 14

Finanzierung und technische Unterstützung

Der Finanzmechanismus für den Kapazitätsaufbau und die technische Unterstützung gemäss Artikel 13 umfasst zwei Elemente. Der Globale Umweltfonds (GEF) dient als zentraler Finanzmechanismus des Übereinkommens. Dies entspricht dem schweizerischen Anliegen, dass der GEF der zentrale globale Umweltfinanzierungsmechanismus ist. Zusätzlich wurde ­ auf Drängen der Entwicklungsländer ­ ein sogenanntes spezifisches internationales Programm zur Unterstützung von Kapazitätsaufbau und technischer Hilfe beschlossen. Die erste Vertragsparteienkonferenz wird eine existierende Institution mit der Verwaltung des Programms betrauen und über die Dauer dieses Programms entscheiden. Die Vertragsparteienkonferenz wird diesem Finanzmechanismus jeweils Orientierungen betreffend die strategische Ausrichtung, die Programmprioritäten und den Kreis der Anspruchsberechtigten geben. Alle Länder sind aufgefordert, auf freiwilliger Basis Beiträge an den Mechanismus zu leisten. Der Privatsektor ist eingeladen, den Finanzmechanismus ebenfalls zu unterstützen. Dieser Finanzierungsmechanismus soll gemäss Artikel 14 ergänzt werden mit anderen bestehenden multilateralen, regionalen und bilateralen Finanzierungsquellen sowie mit Technologietransfer und technischer Unterstützung.

3

SR 0.814.05

297

Art. 15

Ausschuss zur Umsetzung und Überprüfung der Einhaltung der Verpflichtungen

Ein Ausschuss der Vertragsparteienkonferenz wird geschaffen, um die Umsetzung des Übereinkommens zu unterstützen und die Einhaltung der Verpflichtungen zu überprüfen. Dieses Instrument ist für eine effektive Umsetzung des Übereinkommens äusserst wichtig. Im Übereinkommen sind die Auslösemechanismen für ein Verfahren, die Zusammensetzung und wichtigsten Verfahrensregeln des Ausschusses sowie die möglichen Massnahmen bei Vertragsverletzung bereits im Detail geregelt. Damit kann der Ausschuss seine Arbeit unverzüglich nach Inkrafttreten des Übereinkommens aufnehmen. Der Ausschuss bereitet in einem ersten Schritt seine Verfahrensregeln vor und unterbreitet diese der zweiten Vertragsparteienkonferenz zur Genehmigung.

Die detaillierte Regelung des Ausschusses ist als grosser Verhandlungserfolg zu werten, für den sich namentlich die Schweiz stark eingesetzt hat. In anderen internationalen Umweltübereinkommen, wie im Rotterdamer Übereinkommen vom 10. September 1998 über das Verfahren der vorherigen Zustimmung nach Inkenntnissetzung für bestimmte gefährliche Chemikalien sowie Pflanzenschutz- und Schädlingsbekämpfungsmittel im internationalen Handel (PIC-Konvention4) und im Stockholmer Übereinkommen vom 22. Mai 2001 über persistente organische Schadstoffe (POP-Konvention5) fehlt eine ähnlich umfassende Regelung, und aus diesem Grund ist die Etablierung der entsprechenden Ausschüsse für diese Abkommen bis heute blockiert.

Art. 16

Gesundheitsaspekte

Ein Ziel des Übereinkommens ist der Schutz der menschlichen Gesundheit vor den negativen Auswirkungen von Quecksilber. Obwohl die Mehrzahl der Massnahmen des Übereinkommens dieses Ziel direkt oder indirekt verfolgt, war es für einige Länder wichtig, dem Gesundheitsaspekt mit einem eigenen Artikel mehr Gewicht zu geben. Artikel 16 sieht demzufolge vor, mit freiwilligen Massnahmen vor allem den Gesundheitssektor auf nationaler wie auch auf internationaler Ebene (Weltgesundheitsorganisation, WHO; Internationale Arbeitsorganisation, ILO) stärker in die Umsetzung des Übereinkommens einzubinden.

Art. 17 und 18

Informationsaustausch, Bewusstseinsbildung und Aufklärung

Sowohl dem Informationsaustausch unter den Vertragsstaaten als auch der Kommunikation mit der Öffentlichkeit kommen grosse Bedeutung zu. Die Parteistaaten sollen gemäss Artikel 17 Informationen über ökologische, technische und gesundheitsrelevante Fragen austauschen, wobei das Sekretariat des Übereinkommens als Drehscheibe und zur Unterstützung vorgesehen ist. Artikel 18 hält die Parteistaaten dazu an, entsprechende Informationen öffentlich zugänglich zu machen und die Bevölkerung über die Umwelt- und Gesundheitsauswirkungen von Quecksilber zu sensibilisieren.

4 5

298

SR 0.916.21 SR 0.814.03

Art. 19

Forschung, Entwicklung und Überwachung

Die Länder sollen auf der Basis bestehender Netzwerke zum Quecksilber-Monitoring und relevanter Forschungsprogramme unter anderem Verzeichnisse zu Verwendung, Verbrauch sowie zu Emissionen und Freisetzungen von Quecksilber erstellen. Die Erstellung solcher Verzeichnisse ist eine wichtige Grundvoraussetzung für die Umsetzung des Übereinkommens; die Schweiz plant, Schlüsselländer dabei zu unterstützen.

Art. 20 und 21

Durchführungspläne und Berichterstattung

Die Erarbeitung eines allgemeinen Durchführungsplans ist freiwillig. Die nationale Berichterstattung zur Umsetzung des Übereinkommens ist jedoch obligatorisch. Die erste Vertragsparteienkonferenz wird über Format und Periodizität dieser Berichterstattung entscheiden.

Art. 22

Bewertung der Wirksamkeit des Übereinkommens

Eine erste Bewertung der Wirksamkeit soll spätestens sechs Jahre nach Inkrafttreten des Übereinkommens erfolgen.

Art. 23 und 24

Konferenz der Vertragsparteien und Sekretariat

Artikel 23 sieht vor, dass spätestens ein Jahr nach Inkrafttreten des Übereinkommens die erste Vertragsparteienkonferenz und danach periodisch weitere stattfinden.

Anlässlich der ersten Konferenz müssen im Konsens die Verfahrensregeln und das Budget genehmigt werden. Die Vertragsparteienkonferenz ist zuständig für die Evaluation der Umsetzung des Übereinkommens und beschliesst unter anderem Anpassungen der Anlagen.

Das UNEP wird gemäss Artikel 24 mit der Leitung des Sekretariats des Übereinkommens betraut. Neben den traditionellen Aufgaben eines Sekretariats des Übereinkommens wird explizit die Möglichkeit der Vertragsparteienkonferenz hervorgehoben, eine engere Zusammenarbeit und Koordination mit den Sekretariaten weiterer internationaler Organen, namentlich denjenigen im Abfall- und Chemikalienbereich, zu beschliessen. Die diplomatische Konferenz zur Unterzeichnung des Übereinkommens im Oktober 2013 in Japan unterstützte in ihrer Schlussresolution ausdrücklich die enge Zusammenarbeit des Sekretariats des Minamata-Übereinkommens mit dem gemeinsamen Sekretariat der Basel-, Rotterdam- und StockholmKonventionen. Dies entspricht von der Stossrichtung her dem Anliegen der Schweiz, das Sekretariat des Minamata-Übereinkommens letztlich in das gemeinsame Sekretariat der Basel-, Rotterdam- und Stockholm-Konventionen in Genf zu integrieren.

Art. 25

Beilegung von Streitigkeiten

Das Verfahren zur Beilegung von Streitigkeiten gemäss Artikel 25 sieht vor, dass entweder ein Schiedsgericht oder der Internationale Gerichtshof angerufen werden kann. Die Regeln eines allfälligen Schiedsverfahrens sind in Anlage E enthalten. Das Verfahren entspricht der Standardregelung multilateraler Umweltabkommen.

299

Art. 26­28

Änderungen des Übereinkommens; zusätzliche oder geänderte Anlagen

Vorschläge zur Änderung des Übereinkommens können gemäss Artikel 26 von jeder Vertragspartei eingebracht werden; sie werden von der Konferenz der Vertragsparteien durch Konsens oder ­ sofern alle Bemühungen um einen Konsens scheitern ­ nötigenfalls mit Dreiviertelmehrheit der anwesenden und abstimmenden Mitglieder verabschiedet (Art. 26). Ein analoges Verfahren gilt für Vorschläge zur Änderung oder Neuaufnahme von Anlagen des Übereinkommens (Art. 27). Eine Änderung des Übereinkommens tritt nur für diejenigen Vertragsparteien in Kraft, die hierzu ihr Einverständnis geben (sogenanntes opt-in-Verfahren), während Änderungen der Anlagen für alle Vertragsparteien gelten, ausser eine Vertragspartei verweigert explizit ihr Einverständnis (opt-out-Verfahren). Jede Vertragspartei hat gemäss Artikel 28 eine Stimme. Der Bundesrat entscheidet über das Verhandlungsmandat der Schweizer Delegation für die Konferenzen der Vertragsparteien, an welchen über Änderungen des Übereinkommens resp. dessen Anlagen entschieden wird. Für die Umsetzung der Bestimmungen des Übereinkommens in nationales Recht gelten die normalen Verfahren, die beim Erlass neuer Verbote und bei Einschränkungen von Stoffen zur Anwendung gelangen.

Art. 29 und 30

Unterzeichnung sowie Ratifikation, Annahme, Genehmigung oder Beitritt

Das Übereinkommen lag am 10. und 11. Oktober 2013 in Kumamoto in Japan zur Unterzeichnung auf, seitdem und noch bis am 9. Oktober 2014 im UNO Generalsekretariat in New York. Alle Staaten sowie auch regionale Organisationen der Wirtschaftsintegration können dem Übereinkommen beitreten. Artikel 30 legt die damit verbundenen Rechte und Pflichten sowie das Verfahren fest.

Art. 31

Inkrafttreten

Das Übereinkommen tritt am neunzigsten Tag nach dem Zeitpunkt der Hinterlegung der fünfzigsten Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde in Kraft.

Art. 32­35

Schlussbestimmungen

Zum Übereinkommen können keine Vorbehalte eingebracht werden (Art. 32). Eine Vertragspartei kann jederzeit nach Ablauf von drei Jahren nach dem Zeitpunkt, zu dem das Übereinkommen für sie in Kraft getreten ist, durch eine an den Verwahrer gerichtete schriftliche Notifikation vom Übereinkommen zurücktreten. Der Rücktritt wird nach Ablauf eines Jahres nach dem Eingang der Notifikation beim Verwahrer wirksam (Art. 33). Depositär des Übereinkommens ist das Generalsekretariat der Vereinten Nationen (Art. 34). Als Originalsprachen gelten die Amtssprachen der Vereinten Nationen: Arabisch, Chinesisch, Englisch, Französisch, Russisch und Spanisch (Art. 35).

Anlage A

Quecksilberhaltige Produkte

Diese Anlage ist zweigeteilt. Anlage A Teil I zählt Produkte auf, welche nach 2020 nicht mehr hergestellt und auf den Markt gebracht werden dürfen. Dies sind namentlich Batterien mit erhöhtem Quecksilbergehalt, quecksilberhaltige Leuchtmittel, die 300

bestimmte Grenzwerte überschreiten, Kosmetikprodukte mit Quecksilberverbindungen, Pestizide, Biozide und Desinfektionsmittel mit Quecksilber sowie Messgeräte mit Quecksilber (mit Ausnahme von Geräten zur Hochpräzisionsmessung). Es handelt sich durchwegs um Produkte, für die ein gleichwertiger Ersatz bereits auf dem Markt ist. In der Schweiz und in der EU sind diese Produkte teils bereits verboten, oder sie werden in nächster Zeit verboten.

Anlage A Teil II legt fest, welche Massnahmen die Vertragsstaaten treffen müssen, falls sie weiterhin die Verwendung von Dentalamalgam zulassen.

Anlage B

Herstellungsprozesse unter Verwendung von Quecksilber oder Quecksilberverbindungen

In Anlage B Teil I werden die Ausstiegsdaten für zwei chemisch-technische Herstellungsprozesse festgelegt: Die Chloralkali-Elektrolyse, die Quecksilberelektroden zur Herstellung von Chlor, Natronlauge und Wasserstoff benötigt, ist ab 2025 verboten, und die Herstellung des chemischen Grundstoffes Acetaldehyd mittels quecksilberhaltiger Katalysatoren ab 2018.

In Anlage B Teil II figurieren drei chemische Prozesse, in denen heute kein vollwertiger Ersatz für Quecksilber existiert, für welche aber eine Reihe von Massnahmen zur Verminderung des Quecksilbereinsatzes und der Quecksilberemissionen getroffen werden müssen. Es sind dies die Produktionen von Vinylchloridmonomer, von Natrium- oder Kalium-Methylat oder -Ethylat sowie von Polyurethan-Kunststoff unter Nutzung von Quecksilber-Katalysatoren. Falls quecksilberfreie Katalysatoren auf Grundlage bestehender Prozesse technisch und wirtschaftlich machbar geworden sind und die Vertragsparteienkonferenz dies festgestellt hat, hat die Verwendung von Quecksilber in diesen Prozessen nach fünf Jahren zu unterbleiben.

Anlage C

Kleingewerblicher Goldabbau Nationaler Aktionsplan

Artikel 7 des Übereinkommens verlangt, dass Vertragsstaaten, in welchen kleingewerblicher Goldabbau (ASGM) mit Quecksilber betrieben wird, einen nationalen Aktionsplan zum Verzicht auf diese Methode erarbeiten. Anlage C legt im Detail die Anforderungen an einen solchen Aktionsplan fest.

Anlage D

Verzeichnis der punktuellen Emissionsquellen von Quecksilber oder Quecksilberverbindungen in die Atmosphäre

Diese Anlage definiert gemäss Artikel 8 fünf Anlagearten als Punktquellkategorie: Kohlekraftwerke, kohlebefeuerte Industriekesselanlagen, Schmelz- und Röstprozesse bei der Gewinnung von Nichteisenmetallen, Abfallverbrennungsanlagen und Zementwerke.

Anlage E

Schieds- und Vergleichsverfahren

Anlage E legt für die Schieds- und Schlichtungsverfahren unter den Parteistaaten im Detail die Regeln fest.

301

3

Auswirkungen

3.1

Auswirkungen auf den Bund

3.1.1

Finanzielle Auswirkungen

Die Schweiz wird einerseits als Vertragspartei finanzielle Verpflichtungen übernehmen und die Umsetzung des Übereinkommens gewährleisten müssen, andererseits wird die Kandidatur der Schweiz für den Sekretariatsitz des Übereinkommens finanzielle Auswirkungen haben.

Die Schweiz wird für ihre jährlichen obligatorischen Beitragszahlungen aufkommen müssen, die sich gemäss dem traditionellen Verteilschlüssel der UNO berechnen werden. Der zukünftige Mitgliederbeitrag lässt sich nicht exakt beziffern, weil erst die kommende erste Vertragsparteienkonferenz über das Budget entscheiden wird.

Bereits zuvor, in der Interimsphase, müssen das Interim-Sekretariat und entsprechende Aktivitäten finanziert werden. Von der Schweiz als Industriestaat ­ und vor dem Hintergrund der Schweizer Kandidatur für den Sitz des Sekretariats ­ wird zudem einerseits ein zusätzlicher Beitrag für die Arbeiten des (Interim-) Sekretariats, die über die durch das reguläre Budget abgedeckten Kernaktivitäten hinausgehen (bspw. zur Erarbeitung obenerwähnter technischer Richtlinien und Hilfsmitteln) erwartet; anderseits wird ein Beitrag zu den Finanzmechanismen des Übereinkommens erwartet, mit dem Entwicklungsländer bei der Umsetzung des Übereinkommens unterstützt werden. Der Finanzmechanismus des Übereinkommens ist primär der Globale Umweltfonds (GEF), dazu kommt ein spezifisches internationales Programm zur Unterstützung von Kapazitätsaufbau und technischer Hilfe. Der Beitrag der Schweiz an die 6. Wiederauffüllung des GEF ist Gegenstand einer separaten Vorlage an das Parlament (Erneuerung Rahmenkredit für die globale Umwelt). Der ordentliche Beitrag der Schweiz an das spezifische internationale Programm, welches frühestens 2016 etabliert wird, wird in der nächsten Erneuerung des Rahmenkredits für die globale Umwelt berücksichtigt.

Die Schweiz kandidiert für den definitiven Sitz des heute interimistisch in Genf angesiedelten und von der UNEP-Chemikalienabteilung geführten Sekretariates.

Ziel der Schweiz ist es, das permanente Sekretariat des Minamata-Übereinkommens in Genf nahtlos in das gemeinsame Sekretariat der Basel-, Rotterdam- und Stockholm-Konventionen zu integrieren. Damit wird nicht nur Genf als Kompetenzzentrum der internationalen Chemikalien- und Abfallpolitik bestätigt und gestärkt, sondern es werden auch Synergien sowohl
in fachlicher als auch finanzieller Hinsicht optimal genutzt; damit wird eine effiziente und effektive Politik-Weiterentwicklung, Verwaltung und Umsetzung des Übereinkommens gewährleistet. Für das Sekretariat des Minamata-Übereinkommens sind zwar noch keine Offerten anderer Länder eingegangen. Solche Offerten können aber keinesfalls ausgeschlossen werden, da sich der internationale Standortwettbewerb intensiviert hat. Ein attraktives Angebot der Schweiz könnte jedoch andere ausschlagen und verhindern. Von der Schweiz wird ein grosszügiges Angebot erwartet, das sich an der erfolgreichen Offerte der Schweiz für das Sekretariat der Stockholm-Konventionen orientieren soll. Für die Stockholm-Konvention zahlt die Schweiz jährlich zwei Millionen Franken als Gastlandbeitrag (inklusive obligatorischer Mitgliederbeitrag) sowie freiwillige Beiträge in der Höhe von jährlich rund 400 000 Franken.

Falls die Kandidatur von Genf als Sitz für das Sekretariat erfolgreich ist, ist die Schweiz folglich bereit, jährliche Leistungen im Betrag von bis zu 2,5 Millionen 302

Franken (inkl. Mitgliederbeitrag) zu erbringen, sowie freiwillige Beiträge in der Höhe von jährlich rund 500 000 Franken. Mit dem Gastlandbeitrag von 2,5 Millionen Franken soll im Unterschied zur Stockholm-Konvention auch noch eine Stelle im Sekretariat, Arbeitsbereich Integration, der vier Sekretariate, finanziert werden.

Diese könnte von einer Schweizer Expertin oder einem Schweizer Experten besetzt werden. Dadurch kann die zentrale Rolle der Schweiz in der internationalen Chemikalien- und Abfallpolitik zusätzlich verstärkt werden.

Mit einem zusätzlichen Sekretariatssitz in Genf werden die Anforderungen an die Schweiz als Gastland erhöht. Jährliche Anlässe verschiedener Art (ministerielle Treffen, Expertentreffen, Eröffnungsanlässe) sind im Gastland zu unterstützen. Auch die breite Teilnahme von Delegierten aus Entwicklungsländer an allen relevanten Treffen des Übereinkommens in der Schweiz muss sichergestellt werden. Schliesslich werden auch Mittel nötig sein, um spezifische Aktivitäten im Interesse der Schweiz finanzieren zu können. Dafür ist mit jährlichen Kosten von 500 000 Franken zu rechnen. Für die drei anderen Chemikalien- und Abfallkonventionen investiert die Schweiz nebst dem obligatorischen Mitglieder- und Gastlandbeitrag pro Jahr 1,2 Millionen Franken (CHF 400 000.­ pro Konvention) für Aktivitäten dieser Art. Entsprechende Mittel von CHF 3 Mio. werden plafonderhöhend ab Voranschlag 2016 im Budget des Bundesamtes für Umwelt (BAFU) (Kredit A2310.0124 Internationale Kommissionen und Organisationen) eingestellt (CHF 2 Mio.) und BAFU intern kompensiert (CHF 1 Mio.). Diese Mittel werden im BAFU-Budget eingestellt, weil die Gastlandbeiträge für die Rotterdam- und Stockholm-Konventionen bereits vom BAFU verwaltet werden und somit nur eine Verwaltungseinheit verantwortlich für alle Gastlandbeiträge an die (gemeinsamen) Sekretariate aller Chemikalien und Abfallkonvention bleibt; gleichzeitig wird damit eine kohärente Politik der Schweiz gewährleistet. In Absprache mit dem Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) wurde auf eine Berücksichtigung dieser Mittel im Bericht über das internationale Genf und dessen Zukunft6 auch deshalb verzichtet, weil sich letztere auf die Schaffung günstiger Rahmenbedingungen konzentriert, zeitlich auf vier Jahre beschränkt ist und explizit keine Beiträge zur langfristigen Unterstützung von Konventionssekretariaten vorsieht.

3.1.2

Personelle Auswirkungen

Die nationale Umsetzung und die internationale Begleitung und Weiterentwicklung des Übereinkommens wird für die Schweiz personelle Auswirkungen haben. Der personelle Aufwand entspricht rund zwei zusätzlichen Stellen im BAFU Diese Stellen werden mittels Anpassungen aktueller Verwaltungsaufgaben intern kompensiert werden.

Der personelle Zusatzaufwand ergibt sich einerseits im Zusammenhang mit der technischen Umsetzung auf nationaler Stufe. Andererseits muss die Schweiz auf internationaler Ebene aktiv bei der Weiterentwicklung des Übereinkommens mitwirken und an den relevanten internationalen Treffen der Vertragsparteien und Arbeitsgruppen des Übereinkommens ihre Interessen überzeugend und wirkungsvoll 6

Der Bericht ist in französischer Sprache veröffentlicht unter www.admin.ch > Aktuell > Medieninformationen > Archiv der Medienmitteilungen > Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA), 27.06.2103.

303

einbringen können. Dies ist umso wichtiger, als das Übereinkommen nur die grundlegenden Massnahmen stipuliert, deren konkrete Ausgestaltung aber in den meisten Bereichen durch die Vertragsparteien an diesen Treffen erfolgt.

3.2

Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden sowie auf urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete

Die Ansiedlung des (Interim-) Sekretariats des Minamata-Übereinkommens in Genf hat positive Auswirkungen auf diese Regionen und stärkt Genf als internationalen Standort und Kompetenzzentrum der internationalen Chemikalien- und Abfallpolitik.

3.3

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

Kohlekraftwerke, welche weltweit eine wichtige Quelle von Quecksilberemissionen sind, gibt es in der Schweiz nicht. Für Anlagen zur Verbrennung von Siedlungs- und Sonderabfällen sowie für Anlagen zur Chlorherstellung legt die LuftreinhalteVerordnung vom 16. Dezember 19857 (LRV)) spezifische Grenzwerte für Quecksilberemissionen fest. Für alle anderen Anlagen gilt ab einem gewissen Massenstrom ein allgemeiner Emissionsgrenzwert für Quecksilber. Im revidierten Schwermetallprotokoll von Aarhus8 wurden die Emissionsgrenzwerte für stationäre Anlagen an den Stand der Technik angepasst; damit entsprechen sie den einschlägigen EU-Vorschriften (Richtlinie 2010/75/EU über Industrieemissionen) und sind teilweise schärfer als diejenigen der LRV, welche nicht mehr in allen Bereichen dem Stand der Technik entspricht, oder weichen in ihrer Formulierung von der LRV ab. Dies betrifft den Quecksilbergrenzwert für Abfallverbrennungsanlagen und Anlagen zur Chlorherstellung sowie für Zementwerke, die auch Abfälle verbrennen. Entsprechende Anpassungen der LRV sind zurzeit in Vorbereitung. Erfahrungsgemäss kann davon ausgegangen werden, dass mit der Erfüllung der Vorgaben des Schwermetallprotokolls die zukünftig im Rahmen des Übereinkommens definierten internationalen Grenzwerte automatisch auch eingehalten werden. Schweizer Kehrichtverbrennungsanlagen sind deshalb vom Übereinkommen nicht direkt betroffen, weil sie bereits mit entsprechenden Rauchgasreinigungs-Technologien ausgerüstet sind.

Indirekt werden die Kehrichtverbrennungsanlagen durch das Übereinkommen sogar begünstigt, weil die Quecksilberbelastung in Abfällen abnehmen wird und dies den Betrieb der teuren Rauchgasreinigungsanlagen verbilligen wird.

In Bezug auf den Umgang mit Quecksilber und quecksilberhaltigen Produkten sind in der Schweiz bereits im Jahre 1986 weitgehende Einschränkungen eingeführt worden. Diese Vorschriften werden regelmässig entsprechend dem aktuellen Stand der Quecksilbersubstitution im Chemikalienrecht fortgeschrieben. Im Einklang mit dem EU-Recht ist vorgesehen, mit der 4. Revision der Chemikalien-Risikoreduktions-Verordnung den Quecksilberverbrauch weiter zu senken, indem das Inverkehrbringen von quecksilberhaltigen Batterien, Polyurethan-Elastomeren und 7 8

304

SR 814.318.142.1 SR 0.814.326

bestimmten Messgeräten sowie die Verwendung von Quecksilber bei der ChlorAlkali-Elektrolyse unter Gewährung von Übergangsfristen verboten wird. Für Quecksilber, das bei der Umstellung des einzigen Schweizer Chlor-AlkaliElektrolyse-Werks auf ein quecksilberfreies und energieeffizienteres Verfahren anfallen wird, muss eine Lösung für die sichere und umweltverträgliche Endlagerung gefunden werden. Damit wird die Schweiz die entsprechenden Anforderungen des Übereinkommens an Produkte und Prozesse bereits vor den im Übereinkommen festgelegten Übergangsfristen erfüllen.

Vor Einführung der Einschränkungen im Umgang mit Quecksilber im Jahr 1986 wurde der Quecksilber-Verbrauch in der Schweiz auf jährlich rund 20 Tonnen geschätzt. Aktuell beträgt der Inlandverbrauch nur noch rund zwei Tonnen pro Jahr.

Davon entfällt etwa die Hälfte auf metallisches Quecksilber, das bei der ChlorAlkali-Elektrolyse nach dem Amalgamverfahren zum Einsatz kommt. Das zweitwichtigste Anwendungsgebiet mit einem Anteil von rund 20 Prozent am Inlandverbrauch sind Chemikalien, darunter Phenylquecksilber-Verbindungen, die bei der Herstellung von Polyurethan-Elastomeren als Verarbeitungsadditive eingesetzt werden. Messgeräte sowie Batterien sind je für rund 10 Prozent des QuecksilberVerbrauchs verantwortlich. Der Rest entfällt namentlich auf Entladungslampen und Dentalamalgam. Der Quecksilberbedarf des einzigen Chlor-Alkali-ElektrolyseWerks der Schweiz wird durch den nationalen Recyclingsektor abgedeckt. Dessen Quecksilberproduktion stammt zum grössten Teil aus importierten quecksilberhaltigen Industrieabfällen. Weil das daraus zurückgewonnene Quecksilber den Inlandbedarf der Schweizer Industrie weit übersteigt, wird annähernd die gesamte Menge des zurückgewonnenen Quecksilbers exportiert.

Das Übereinkommen erlaubt zwar den Export von Quecksilber, allerdings nur unter der Voraussetzung, dass der Importstaat vorgängig schriftlich zustimmt und sichergestellt wird, dass das Quecksilber für eine nach dem Übereinkommen erlaubte Verwendung bestimmt ist oder sicher und umweltverträglich entsorgt wird. Ziel des Übereinkommens ist es aber, einerseits das Angebot von Quecksilber zu verknappen und andererseits auf der Nachfrageseite die erlaubten Verwendungen für Quecksilber stark einzuschränken und die meisten davon zeitlich zu befristen. Sowohl
die USA als auch die EU haben zur Verknappung des Angebots bereits vor Jahren und damit unabhängig vom Minamata-Übereinkommen ein allgemeines Exportverbot für Quecksilber erlassen. Der heutige Export bedeutender Mengen an Quecksilber, das in der Schweiz aus importierten quecksilberhaltigen Abfällen gewonnen und als Handelsware im Ausland vermarktet wird, widerspricht dem Ziel des Übereinkommens, die anthropogenen Emissionen und Freisetzungen von Quecksilber zu reduzieren. Der Bundesrat wird deshalb auf Verordnungsstufe geeignete Massnahmen treffen, um die Schweizer Ausfuhrmengen von Recycling-Quecksilber zu senken.

Insbesondere soll sichergestellt werden, dass allenfalls aus der Schweiz noch exportiertes Quecksilber nicht zur Anwendung in den kleingewerblichen Goldabbau gelangt. Davon betroffen ist insbesondere ein Unternehmen der Entsorgungsbranche, welches in den letzten Jahren grosse Mengen von aus quecksilberhaltigen Abfällen gewonnenem Quecksilber exportierte. Es ist aber davon auszugehen, dass viele Länder im Einklang mit dem Übereinkommen den Export von Quecksilberabfällen zur Zurückgewinnung und Wiederverwertung von Quecksilber unterbinden werden. Umgekehrt wird aufgrund der Bestimmungen des Übereinkommens die Nachfrage nach umweltgerechten Verfahren zur Aufbereitung von quecksilberhalten Abfällen und Konditionierung von Quecksilber zur Endlagerung zunehmen. Das in 305

der Schweiz etablierte Verfahren der Zurückgewinnung von Quecksilber aus industriellen Abfällen entspricht dem Stand der Technik und bezüglich Emissionsbegrenzung sowie Ressourceneffizienz den gesetzlichen Anforderungen. Damit bestehen in der Schweiz ideale Rahmenbedingungen, um das Verfahren für die umweltgerechte Aufarbeitung von Quecksilberabfällen zwecks künftiger Endlagerung zu etablieren und auf diese Weise zu kompensieren, dass zurückgewonnenes Quecksilber nicht mehr exportiert werden kann. Die Schweiz ist in diesem Zusammenhang in engem Kontakt mit der EU mit dem Ziel, sich gemeinsam auf möglichst hohe Standards für die umweltgerechte Entsorgung und Endlagerung von Quecksilber zu einigen.

3.4

Auswirkungen auf die Gesellschaft

Aufgrund der strengen nationalen Vorschriften über das Inverkehrbringen quecksilberhaltiger Produkte, über den Verkehr und die geeignete Behandlung quecksilberhaltiger Abfälle sowie der nationalen Vorschriften über zulässige QuecksilberEmissionen aus Prozessen oder Abfallverbrennungsanlagen erfüllt die Schweiz die im Übereinkommen festgelegten Anforderungen bereits heute weitestgehend. Die Schweiz profitiert aber vom weltweit sinkenden Quecksilberausstoss, namentlich durch die Abnahme der Quecksilbergehalte in importiertem Fisch, der die hauptsächliche Quelle der Exposition der Schweizer Bevölkerung mit dem toxischen Transformationsprodukt Methylquecksilber darstellt. Zudem profitiert die Schweizer Bevölkerung auch von der zu erwartenden Verminderung der Quecksilberverfrachtungen in der Luft.

3.5

Auswirkungen auf die Umwelt

Dank der bestehenden strengen Emissionsgrenzwerte für Quecksilber und den seit langem eingeleiteten und umgesetzten Massnahmen bei den in der Schweiz verwendeten Produkten und Prozessen ist die Quecksilberbelastung in der Schweiz nicht besorgniserregend. Da aber flüchtige Quecksilberverbindungen auch durch die Luft verfrachtet werden, und weil sich Quecksilber in der Nahrungskette anreichert und auf diese Weise in die Schweiz gelangen kann, ist die Umsetzung des Übereinkommens auch für die Umwelt und Gesundheit der Menschen in der Schweiz wichtig.

Eine grosse Bedeutung des Übereinkommens liegt beim Umweltschutz weltweit, vor allem in den Entwicklungs- und Schwellenländern sowie in Ländern, die hinsichtlich der technisch und wirtschaftlich möglichen Umweltstandards im Verzug sind. Dort werden die Massnahmen bewirken, dass die direkten umweltschädlichen und gesundheitsgefährdenden Auswirkungen durch die Verwendung von Quecksilber in Industrie, Gewerbe und in Alltagsprodukten reduziert werden.

306

4

Verhältnis zur Legislaturplanung und zu nationalen Strategien des Bundesrates

4.1

Verhältnis zur Legislaturplanung

Die Vorlage ist weder in der Botschaft vom 25. Januar 20129 zur Legislaturplanung 2011­2015 noch im Bundesbeschluss vom 15. Juni 201210 über die Legislaturplanung 2011­2015 angekündigt. Als Initiatorin und sehr aktive Teilnehmerin der Verhandlungen hat die Schweiz einen entscheidenden Beitrag geleistet, das Niveau der im Übereinkommen enthaltenen Massnahmen hoch zu halten und das Ziel einer umfassenden Regulierung von Quecksilber über dessen gesamten Lebenszyklus zu gewährleisten. Weiter setzt sich die Schweiz dafür ein, dass das Sekretariat des neuen Übereinkommens in das gemeinsame Sekretariat der Basel-, Rotterdam- und Stockholm-Konvention in Genf integriert wird, womit das internationale Genf und Genf als Kompetenzzentrum für die internationale Abfall- und Chemikalienpolitik weiter gestärkt werden. Sie hat demzufolge grösstes Interesse daran, dass das Übereinkommen rasch die für das Inkrafttreten notwendigen 50 Ratifikationen erreicht und dass die Schweiz selbst bis dann auch Parteistaat ist.

4.2

Verhältnis zu nationalen Strategien des Bundesrates

Das Übereinkommen entspricht wichtigen Zielsetzungen in der Nachhaltigkeitsstrategie 2012­201511, namentlich in den Bereichen «Gesundheit der Bevölkerung verbessern» und «Übernehmen von Verantwortung bei globalen Entwicklungs- und Umweltherausforderungen».

Das Übereinkommen entspricht den Zielsetzungen der Umweltschutz- und der Chemikaliengesetzgebung bezüglich der Verminderung der Belastung von Luft, Boden und Wasser durch Schadstoffe und der Reduktion von toxischen und ökotoxischen Stoffen in Produkten und Prozessen.

5

Rechtliche Aspekte

5.1

Verfassungsmässigkeit

Die Vorlage stützt sich auf Artikel 54 Absatz 1 der Bundesverfassung12 (BV), wonach der Bund für die auswärtigen Angelegenheiten zuständig ist. Artikel 184 Absatz 2 BV ermächtigt den Bundesrat, völkerrechtliche Verträge zu unterzeichnen und zu ratifizieren. Die Bundesversammlung ist nach Artikel 166 Absatz 2 BV für die Genehmigung völkerrechtlicher Verträge zuständig, sofern für deren Abschluss nicht aufgrund von Gesetz oder völkerrechtlichem Vertrag der Bundesrat zuständig ist (Art. 7a Abs. 1 RVOG13). Eine solche Delegation der Kompetenz zur Genehmigung des nun zur Ratifikation anstehenden Übereinkommens an den Bundesrat 9 10 11 12 13

BBl 2012 481 BBl 2012 7155 Die Strategie ist veröffentlicht unter www.are.admin.ch > Themen > Nachhaltige Entwicklung > Strategie Nachhaltige Entwicklung.

SR 101 SR 172.010

307

besteht nicht; für die Genehmigung des Übereinkommens ist daher die Bundesversammlung zuständig.

5.2

Erlassform

Nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 1 der Bundesverfassung (BV) unterliegen völkerrechtliche Verträge dem fakultativen Referendum, wenn sie unbefristet und unkündbar sind. Der vorliegende völkerrechtliche Vertrag ist auf unbestimmte Dauer abgeschlossen, kann aber gemäss Artikel 33 Absatz 1 nach Ablauf von drei Jahren nach dem Inkrafttreten jederzeit gekündigt werden. Die Kündigung wird gemäss Artikel 33 Absatz 2 ein Jahr nach Eingang der Kündigung beim Depositar wirksam.

Nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 2 der Bundesverfassung (BV) unterliegen völkerrechtliche Verträge dem fakultativen Referendum, wenn sie den Beitritt zu einer internationalen Organisation vorsehen. Eine internationale Organisation ist dadurch gekennzeichnet, dass sie auf einem völkerrechtlichen Vertrag beruht, dass ihre Mitglieder Staaten oder andere Völkerrechtssubjekte sind, dass sie über eigene Organe mit eigener Beschlussbefugnis verfügt und dass sie die Völkerrechtspersönlichkeit hat. Das Übereinkommen sieht keinen Beitritt zu einer internationalen Organisation in diesem Sinne vor.

Nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 der Bundesverfassung (BV) unterliegen völkerrechtliche Verträge dem fakultativen Referendum, wenn sie wichtige rechtsetzende Bestimmungen enthalten oder wenn deren Umsetzung den Erlass von Bundesgesetzen erfordert. Nach Artikel 22 Absatz 4 des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 200214 sind unter rechtsetzenden Normen jene Bestimmungen zu verstehen, die in unmittelbar verbindlicher und generell-abstrakter Weise Pflichten auferlegen, Rechte verleihen oder Zuständigkeiten festlegen. Als wichtig gelten Bestimmungen, die auf der Grundlage von Artikel 164 Absatz 1 BV in der Form eines Bundesgesetzes erlassen werden müssten. Die Umsetzung des Übereinkommens erfordert zwar keinen Erlass von Bundesgesetzen und wird nur geringfügige Anpassungen des Verordnungsrechts zur Folge haben, weil das Schweizer Recht die meisten Verpflichtungen des Übereinkommens bereits umsetzt. Entscheidend dafür, dass die Vorlage dem fakultativen Referendum zu unterstellen ist, ist aber unabhängig von der aktuellen Rechtslage in der Schweiz, dass das Übereinkommen wichtige rechtssetzende Bestimmungen gemäss Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 der BV enthält.

Der Bundesbeschluss über die Genehmigung des
Vertrags ist deshalb dem fakultativen Referendum nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffern 1­3 BV zu unterstellen. Der vorliegende Vertrag hat nur geringfügige Anpassungen des Landesrechts zur Folge, da die Schweiz die Regelungen des Vertrages bereits im Landesrecht verankert hat. Im Sinne von Artikel 2 des Vernehmlassungsgesetzes vom 18. März 200515 wurde deswegen auf ein Vernehmlassungsverfahren verzichtet.

14 15

308

SR 171.10 SR 172.061