Bekanntmachung über die wettbewerbsrechtliche Behandlung von vertikalen Abreden im Kraftfahrzeugsektor (KFZ-Bekanntmachung, KFZ-Bek) Beschluss der Wettbewerbskommission vom 29. Juni 2015 (BBl 2015 6048)

Die Wettbewerbskommission (nachfolgend: die WEKO) erlässt die folgende allgemeine Bekanntmachung in Erwägung nachstehender Gründe: I.

Gemäss Artikel 6 Absatz 1 KG1 kann die WEKO in allgemeinen Bekanntmachungen die Voraussetzungen umschreiben, unter denen einzelne Arten von Wettbewerbsabreden aus Gründen der wirtschaftlichen Effizienz im Sinne von Artikel 5 Absatz 2 KG in der Regel als gerechtfertigt gelten.

Wenn ein Bedürfnis nach mehr Rechtssicherheit es erfordert, kann sie in analoger Anwendung von Artikel 6 KG auch andere Grundsätze der Rechtsanwendung in allgemeinen Bekanntmachungen veröffentlichen.

II.

Die vorliegende Bekanntmachung basiert auf der KFZ-Bekanntmachung 20022, welche sich an die KFZ-GVO 2002 der EU3 anlehnte.

III. Die KFZ-GVO 2002 der EU wurde am 1. Juni 2010 durch die KFZ-GVO 2010 der EU4 ersetzt. Die KFZ-GVO 2010 der EU regelt seit dem 1. Juni 2010 die Märkte für Instandsetzungs- und Wartungsdienstleistungen sowie für den Vertrieb von Ersatzteilen für Kraftfahrzeuge (Sekundärmarkt). Für den Verkauf von neuen Kraftfahrzeugen (Primärmarkt) gilt hingegen gemäss der KFZ-GVO 2010 der EU seit 1. Juni 2013 die Vertikal-GVO der EU5.

IV. Die KFZ-Bekanntmachung 2002 wurde seit ihrem Inkrafttreten am 1. November 2002 nicht geändert. Hingegen veröffentlichte die WEKO zweimal Erläuterungen zur KFZ-Bekanntmachung, welche den Praxiserfahrungen der Wettbewerbsbehörden und dem neuen rechtlichen Rahmen auf europäischer Ebene Rechnung trugen.6 Ausserdem wurde, nach Inkrafttreten am 1. April 1 2

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Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG; SR 251).

Bekanntmachung der WEKO vom 21. Oktober 2002 über die wettbewerbsrechtliche Behandlung von vertikalen Abreden im Kraftfahrzeughandel (KFZ-Bekanntmachung 2002).

Verordnung (EG) Nr. 1400/2002 der Kommission vom 31. Juli 2002 über die Anwendung von Artikel 81 Absatz 3 des Vertrags auf Gruppen von vertikalen Vereinbarungen und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen im Kraftfahrzeugsektor, ABI. L 203 vom 1.8.2002 S. 30 (nachfolgend: KFZ-GVO 2002 der EU).

Verordnung (EU) Nr. 461/2010 der Kommission vom 27. Mai 2010 über die Anwendung von Artikel 101 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf Gruppen von vertikalen Vereinbarungen und abgestimmten Verhaltensweisen im Kraftfahrzeugsektor, ABl. L 129 vom 28.5.2010 S. 52 (nachfolgend: die KFZ-GVO 2010 der EU).

Verordnung (EU) Nr. 330/2010 der Kommission vom 20. April 2010 über die Anwendung von Artikel 101 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf Gruppen von vertikalen Vereinbarungen und abgestimmten Verhaltensweisen, ABl. L 102 vom 23.4.2010 S. 1 (nachfolgend: Vertikal-GVO der EU).

Vgl. RPW 2004/3, 964 ff.; RPW 2010/3, 624 ff.

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2015-2169

2004 der Teilrevision des Kartellgesetzes vom 20. Juni 2003, die Vertikalbekanntmachung7 am 2. Juli 2007 und zuletzt am 28. Juni 2010 revidiert.

V.

Die aktuelle Revision der KFZ-Bekanntmachung trägt der Fallpraxis der Wettbewerbsbehörden, den neuen Markt- und Technikentwicklungen sowie den Anpassungen im europäischen und schweizerischen Kartellrecht Rechnung, insbesondere orientiert sie sich im Sekundärmarkt an der KFZ-GVO 2010 der EU. Sie berücksichtigt die in der Schweiz herrschenden rechtlichen und wirtschaftlichen Bedingungen. Die WEKO will damit weiterhin den Interbrand- und Intrabrandwettbewerb auf den Märkten des Vertriebs neuer Kraftfahrzeuge, des Vertriebs von Ersatzteilen und der Erbringung von Instandsetzungs- und Wartungsdienstleistungen für Kraftfahrzeuge fördern, wettbewerbsschädliche vertikale Abreden verhindern, eine Isolierung des schweizerischen Automobilmarkts vermeiden und Rechtssicherheit schaffen.

VI. Die Vertikalbekanntmachung in der jeweils gültigen Form findet auf vertikale Abreden beim Vertrieb von neuen Kraftfahrzeugen und Ersatzteilen sowie bei der Erbringung von Instandsetzungs- Wartungsdienstleistungen insoweit Anwendung, als die vorliegende Bekanntmachung keine Vorschriften enthält.

VII. Bei der Anwendung der in dieser KFZ-Bekanntmachung dargelegten Grundsätze ist auf die faktischen und rechtlichen Umstände des Einzelfalls abzustellen. Die Wettbewerbsbehörden werden die Bestimmungen der KFZBekanntmachung angemessen, flexibel und mit Berücksichtigung auf die Praxiserfahrungen anwenden.

VIII. Diese Bekanntmachung bindet die Zivilgerichte, das Bundesverwaltungsgericht und das Bundesgericht nicht bei der Auslegung der kartellrechtlichen Bestimmungen.

A.

Begriffe

Art. 1

Kraftfahrzeuge

Kraftfahrzeuge sind Fahrzeuge mit Selbstantrieb und mindestens drei Rädern, die für den Verkehr auf öffentlichen Strassen bestimmt sind.

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7

Kraftfahrzeuge im Sinne der vorliegenden Bekanntmachung sind namentlich: a.

Personenkraftwagen, die der Beförderung von Personen dienen und zusätzlich zum Fahrersitz nicht mehr als acht Sitze aufweisen;

b.

Leichte Nutzfahrzeuge, die der Beförderung von Waren oder Personen dienen und deren zulässige Gesamtmasse 3,5 Tonnen nicht überschreitet;

c.

Lastkraftwagen, die der Beförderung von Waren dienen und deren zulässige Gesamtmasse 3,5 Tonnen überschreitet;

d.

Busse, die der Beförderung von Personen dienen.

Motorräder sind von der vorliegenden Bekanntmachung nicht erfasst.

Bekanntmachung der WEKO vom 28. Juni 2010 über die wettbewerbsrechtliche Behandlung vertikaler Abreden (Vertikalbekanntmachung, VertBek).

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Art. 2

Kraftfahrzeuganbieter

Unter Kraftfahrzeuganbieter sind der Hersteller von Kraftfahrzeugen oder seine zugelassenen Importeure in der Schweiz zu verstehen.

Art. 3

Zugelassener Händler

Ein zugelassener Händler ist ein Händler von neuen Kraftfahrzeugen oder Ersatzteilen für Kraftfahrzeuge, der dem von einem Kraftfahrzeuganbieter eingerichteten Vertriebssystem angehört.

Art. 4

Zugelassene Werkstatt

Eine zugelassene Werkstatt ist ein Erbringer von Instandsetzungs- und Wartungsdienstleistungen für Kraftfahrzeuge, der dem von einem Kraftfahrzeuganbieter eingerichteten Vertriebssystem angehört.

Art. 5

Unabhängiger Händler

Ein unabhängiger Händler ist ein Händler von neuen Kraftfahrzeugen oder Ersatzteilen für Kraftfahrzeuge, der nicht dem von einem Kraftfahrzeuganbieter eingerichteten Vertriebssystem angehört.

1

Als unabhängiger Händler im Sinne dieser Bekanntmachung gilt auch ein zugelassener Händler im Vertriebssystem eines Kraftfahrzeuganbieters, soweit er neue Kraftfahrzeuge oder Ersatzteile für Kraftfahrzeuge vertreibt, für die er nicht Mitglied des Vertriebssystems des entsprechenden Kraftfahrzeuganbieters ist.

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Art. 6

Unabhängige Werkstatt

Eine unabhängige Werkstatt ist ein Erbringer von Instandsetzungs- und Wartungsdienstleistungen für Kraftfahrzeuge, der nicht dem von einem Kraftfahrzeuganbieter, dessen Kraftfahrzeuge er instand setzt oder wartet, eingerichteten Vertriebssystem angehört.

1

Als unabhängige Werkstätten im Sinne dieser Bekanntmachung gelten auch zugelassene Werkstätten im Vertriebssystem eines Kraftfahrzeuganbieters, soweit sie Instandsetzungs- und Wartungsdienstleistungen für Kraftfahrzeuge erbringen, für die sie nicht Mitglied des Vertriebssystems des entsprechenden Kraftfahrzeuganbieters sind.

2

Art. 7

Unabhängige Marktteilnehmer

Als unabhängige Marktteilnehmer im Sinne der vorliegenden Bekanntmachung gelten neben den unabhängigen Händlern und Werkstätten auch Ersatzteilhersteller und -händler, Hersteller von Werkstattausrüstungen oder Werkzeugen, Herausgeber von technischen Informationen, Automobilclubs, Pannenhilfsdienste, Anbieter von Inspektions- und Prüfdienstleistungen und Einrichtungen der Aus- und Weiterbildung für Werkstattmitarbeiter.

6050

Art. 8

Mitglieder eines Vertriebssystems

Als Mitglieder eines Vertriebssystems im Sinne der vorliegenden Bekanntmachung gelten zugelassene Händler und zugelassene Werkstätten von einem Vertriebssystem eines Kraftfahrzeuganbieters.

Art. 9

Ersatzteile

Ersatzteile sind Waren, die in ein Kraftfahrzeug eingebaut oder an ihm angebracht werden und ein Bauteil dieses Fahrzeugs ersetzen. Dazu zählen auch Waren wie Schmieröle, die für die Nutzung des Kraftfahrzeugs erforderlich sind, mit Ausnahme von Treibstoffen.

Art. 10

Originalersatzteile oder -ausrüstungen

Originalersatzteile oder -ausrüstungen sind Teile oder Ausrüstungen, die nach den Spezifikationen und Produktionsnormen gefertigt werden, die der Kraftfahrzeughersteller für die Fertigung von Teilen oder Ausrüstungen für den Bau des betreffenden Kraftfahrzeugs vorschreibt.

1

Als Originalersatzteile oder -ausrüstungen gelten auch solche Ersatzteile und Ausrüstungen, die auf der gleichen Produktionsanlage hergestellt wurden wie die Teile oder Ausrüstungen für den Bau des Kraftfahrzeugs.

2

Es ist bis zum Nachweis des Gegenteils davon auszugehen, dass Ersatzteile Originalersatzteile sind, wenn der Ersatzteilhersteller bescheinigt, dass die Ersatzteile die gleiche Qualität aufweisen wie die für den Bau des betreffenden Fahrzeugs verwendeten Bauteile und nach den Spezifikationen und Produktionsnormen des Kraftfahrzeugherstellers gefertigt wurden.

3

Art. 11

Qualitativ gleichwertige Ersatzteile

Ersatzteile können als qualitativ gleichwertige Ersatzteile angesehen werden, wenn sie so beschaffen sind, dass ihre Verwendung das Ansehen des betreffenden Netzes zugelassener Werkstätten nicht gefährdet. Der Kraftfahrzeughersteller kann den Nachweis erbringen, dass ein bestimmtes Ersatzteil diese Voraussetzung nicht erfüllt.

B.

Regeln

Art. 12

Geltungsbereich

Diese Bekanntmachung gilt für vertikale Wettbewerbsabreden beim Vertrieb von neuen Kraftfahrzeugen und Ersatzteilen sowie bei der Erbringung von Instandsetzungs- und Wartungsdienstleistungen.

1

Die Anwendung der vorliegenden Bekanntmachung schliesst nicht aus, dass ein Sachverhalt ganz oder teilweise als horizontale Wettbewerbsabrede gemäss Artikel 5 Absatz 3 KG qualifiziert oder von Artikel 7 KG erfasst wird. Diesfalls ist der Sachverhalt unabhängig von der vorliegenden Bekanntmachung gemäss den einschlägigen Vorschriften des Kartellgesetzes zu beurteilen.

2

6051

Art. 13

Verhältnis zu der Vertikalbekanntmachung

Die vorliegende Bekanntmachung geht der Vertikalbekanntmachung vor. Soweit sich die vorliegende Bekanntmachung nicht äussert, sind die Vorschriften der Vertikalbekanntmachung anwendbar.

Art. 14

Qualitativ schwerwiegende Beeinträchtigungen

Abreden werden als qualitativ schwerwiegend betrachtet, wenn sie eine der in den Artikeln 15­19 aufgeführten Beschränkungen zum Gegenstand haben.

1

Auch bei diesen qualitativ schwerwiegenden Beeinträchtigungen sind die Erheblichkeit der Wettbewerbsbeschränkung und die Möglichkeit einer Rechtfertigung aus Gründen der wirtschaftlichen Effizienz im Einzelfall zu prüfen.

2

Art. 15

Beschränkungen betreffend den Bestimmungsort des Kraftfahrzeugs und die Garantie

Als qualitativ schwerwiegende Beeinträchtigungen des Wettbewerbs sind zu betrachten: 1.

Abreden zwischen Kraftfahrzeuganbietern und zugelassenen Händlern, die den Verkauf von Kraftfahrzeugen durch zugelassene Händler an Endverbraucher einschränken, indem beispielsweise: a. die Vergütung des zugelassenen Händlers oder der Verkaufspreis vom Bestimmungsort des Kraftfahrzeugs oder vom Wohnort des Endverbrauchers abhängig gemacht wird; b. eine auf den Bestimmungsort des Kraftfahrzeugs bezogene Prämienregelung oder jede Form einer diskriminierenden Produktlieferung an zugelassene Händler vereinbart wird.

2.

Abreden zwischen Kraftfahrzeuganbietern und zugelassenen Werkstätten, die diese verpflichten, der gesetzlichen Herstellergarantie sowie der kostenlosen Wartung und sämtlichen Arbeiten im Rahmen von Rückrufaktionen in Bezug auf jedes in der Schweiz oder im Europäischen Wirtschaftsraum verkaufte Kraftfahrzeug der betroffenen Marke nicht nachzukommen.

3.

Abreden zwischen den Kraftfahrzeuganbietern und zugelassenen Händlern oder zugelassenen Werkstätten, die die gesetzliche oder erweiterte Herstellergarantie davon abhängig machen, dass der Endverbraucher nicht unter die Garantie fallende Instandsetzungs- und Wartungsdienste nur innerhalb des Netzes zugelassener Werkstätten ausführen lässt oder dass bei nicht unter die Garantie fallenden Austauschmassnahmen nur Ersatzteile mit Markenzeichen des Kraftfahrzeuganbieters verwendet werden.

Art. 16

Vertrieb von Ersatzteilen, Instandsetzungs- und Wartungsdienstleistungen

Als qualitativ schwerwiegende Beeinträchtigungen des Wettbewerbs sind zu betrachten: a.

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die Verpflichtung einer zugelassenen Werkstatt, die Erbringung von Instandsetzungs- und Wartungsdienstleistungen mit dem Vertrieb von Ersatzteilen oder mit dem Vertrieb von neuen Kraftfahrzeugen zu verknüpfen;

b.

die Verpflichtung eines zugelassenen Händlers, den Vertrieb von neuen Kraftfahrzeugen mit der Erbringung von Instandsetzungs- und Wartungsdienstleistungen oder dem Vertrieb von Ersatzteilen zu verknüpfen;

c.

die Beschränkung der Möglichkeit eines zugelassenen Händlers, die Erbringung von Instandsetzungs- und Wartungsdienstleistungen an zugelassene Werkstätten untervertraglich weiter zu vergeben. Der Kraftfahrzeuganbieter kann jedoch verlangen, dass der zugelassene Händler dem Endverbraucher vor Abschluss des Kaufvertrags den Namen und die Anschrift der zugelassenen Werkstatt(ätten) mitteilt und, sollte sich eine der zugelassenen Werkstätten nicht in der Nähe der Verkaufsstelle befinden, den Endverbraucher über die Entfernung der fraglichen Werkstatt(ätten) von der Verkaufsstelle unterrichtet;

d.

die Verpflichtung eines für den Vertrieb von Ersatzteilen zugelassenen Händlers, die Tätigkeiten von Instandsetzungs- und Wartungsdienstleistungen aufzunehmen;

e.

die Beschränkung der Möglichkeit eines zugelassenen Händlers, Instandsetzungs- und Wartungsdienstleistungen als unabhängige Werkstatt für Kraftfahrzeuge konkurrierender Kraftfahrzeuganbietern zu erbringen;

f.

die Beschränkung des Verkaufs von Ersatzteilen durch Mitglieder eines selektiven Vertriebssystems an unabhängige Werkstätten, welche diese Teile für die Instandsetzung und Wartung eines Kraftfahrzeugs verwenden;

g.

die Beschränkung der Möglichkeit eines Herstellers von Ersatzteilen, Instandsetzungsgeräten, Diagnose- oder Ausrüstungsgegenständen, diese Waren an Mitglieder eines Vertriebssystems, unabhängige Marktteilnehmer oder an Endverbraucher zu verkaufen;

h.

die Beschränkung der Möglichkeit eines Mitglieds eines Vertriebssystems, Originalersatzteile und -ausrüstungen oder qualitativ gleichwertige Ersatzteile von einem Hersteller oder einem Händler dieser Waren ihrer Wahl zu erwerben und diese Teile für die Instandsetzung oder Wartung von Kraftfahrzeugen zu verwenden. Davon unberührt bleibt das Recht der Kraftfahrzeuganbieter für Arbeiten im Rahmen der Gewährleistung, des unentgeltlichen Kundendienstes oder von Rückrufaktionen die Verwendung von Originalersatzteilen, die vom Kraftfahrzeughersteller bezogen wurden, vorzuschreiben.

Art. 17

Zugang zu technischen Informationen, Werkzeugen und fachliche Unterweisungen

Abreden zwischen Kraftfahrzeuganbietern und Mitgliedern eines Vertriebssystems, die den Zugang von unabhängigen Marktteilnehmern zu den für die Instandsetzung und Wartung von Kraftfahrzeugen oder für Umweltschutzmassnahmen erforderlichen technischen Informationen, Diagnosegeräte sowie anderen Geräten und Werkzeugen nebst einschlägiger Software oder die fachlichen Unterweisungen verweigern, sind als qualitativ schwerwiegende Beeinträchtigungen des Wettbewerbs zu betrachten.

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2

Absatz 1 umfasst insbesondere folgende Informationen und Werkzeuge: a.

elektronische Kontroll- und Diagnosesysteme eines Kraftfahrzeugs und deren Programmierung gemäss den Standardverfahren des Kraftfahrzeuganbieters;

b.

Servicehandbücher und elektronische Servicehefte;

c.

Instandsetzungs- und Wartungsanleitungen;

d.

Informationen über Bauteile, Diagnose- und Wartungsgeräte (z.B. untere und obere Grenzwerte für Messungen) sowie über sonstige Ausrüstungen;

e.

Schaltpläne;

f.

Fehlercodes des Diagnosesystems (einschliesslich herstellerspezifischer Codes);

g.

die für den Fahrzeugtyp geltende Kennnummer der Softwarekalibrierung;

h.

Informationen über Datenspeicherung und bidirektionale Kontroll- und Prüfdaten.

Art. 18

Mehrmarkenvertrieb

Die Verpflichtung eines Mitglieds eines Vertriebssystems, Kraftfahrzeuge oder Ersatzteile konkurrierender Kraftfahrzeuganbietern nicht zu verkaufen oder Instandsetzungs- und Wartungsdienstleistungen für Kraftfahrzeuge konkurrierender Kraftfahrzeuganbieter nicht zu erbringen, ist als qualitativ schwerwiegende Beeinträchtigung des Wettbewerbs zu betrachten.

Art. 19

Vertragsauflösung

Bestimmungen über Vertragsauflösungen sind als qualitativ schwerwiegende Beeinträchtigungen des Wettbewerbs zu betrachten, wenn sie den folgenden Kündigungsmodalitäten nicht entsprechen: 1.

bei befristeten Verträgen von mindestens fünf Jahren die Nichtverlängerung mindestens sechs Monate im Voraus anzukündigen;

2.

bei unbefristeten Verträgen eine Kündigungsfrist von mindestens zwei Jahren einzuhalten;

3.

bei unbefristeten Verträgen eine verkürzte Kündigungsfrist von mindestens einem Jahr einzuhalten, sofern die Kündigung schriftlich begründet ist und a. der Kraftfahrzeuganbieter aufgrund gesetzlicher Bestimmungen oder aufgrund besonderer Absprachen bei Vertragsbeendigung eine angemessene Entschädigung zu zahlen hat, oder b. sich für den Kraftfahrzeuganbieter die Vertragsbeendigung durch die Notwendigkeit ergibt, das Vertriebsnetz insgesamt oder zu einem wesentlichen Teil umzustrukturieren.

Art. 20

Aufhebung der bisherigen Bekanntmachung

Mit dem Inkrafttreten dieser Bekanntmachung wird die KFZ-Bekanntmachung 2002 aufgehoben.

6054

Art. 21

Übergangsregelung

Diese Bekanntmachung soll während der Periode zwischen dem 1. Januar 2016 und dem 31. Dezember 2016 auf all diejenigen Vereinbarungen nicht zur Anwendung kommen, welche vor dem 1. Januar 2016 in Kraft traten und den Kriterien der aufgehobenen Bekanntmachung entsprachen, nicht hingegen den Kriterien vorliegender Bekanntmachung genügen.

Art. 22

Inkrafttreten und Geltungsdauer

1

Diese Bekanntmachung tritt am 1. Januar 2016 in Kraft.

2

Sie gilt bis zum 31. Dezember 2022.

29. Juni 2015

Wettbewerbskommission Der Präsident: Vincent Martenet

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