15.061 Botschaft zu einem Bundesgesetz über die Ermächtigung des Bundesrates zur Genehmigung von Änderungen des Europäischen Übereinkommens vom 1. Juli 1970 über die Arbeit des im internationalen Strassenverkehr beschäftigten Fahrpersonals (AETR) vom 11. September 2015

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf eines Bundesgesetzes über die Ermächtigung des Bundesrates zur Genehmigung von Änderungen des Europäischen Übereinkommens vom 1. Juli 1970 über die Arbeit des im internationalen Strassenverkehr beschäftigten Fahrpersonals (AETR).

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

11. September 2015

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Simonetta Sommaruga Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

2015-2053

7001

Botschaft 1

Grundzüge der Vorlage

1.1

Ausgangslage

Die Bundesversammlung hat am 8. Oktober 1999 das Europäische Übereinkommen über die Arbeit des im internationalen Strassenverkehr beschäftigten Fahrpersonals (AETR)1 genehmigt.2 Gleichzeitig hat die Bundesversammlung das Bundesgesetz3 über die Ermächtigung des Bundesrates zur Annahme von Änderungen des Europäischen Übereinkommens vom 1. Juli 1970 über die Arbeit des im internationalen Strassenverkehr beschäftigten Fahrpersonals (AETR) und dessen Anhanges erlassen.4 Es ermächtigt den Bundesrat, Änderungen des AETR oder dessen Anhanges zu genehmigen oder diesen zuzustimmen, wenn sie nicht unter das Staatsvertragsreferendum fallen. Das Gesetz wurde auf 15 Jahre befristet und läuft per 31. Januar 2016 aus.

Das Vertragsänderungsverfahren des AETR sieht eine sehr kurze Frist von sechs Monaten für die Einsprache gegen Änderungen vor. Wird innert dieser Frist keine Einsprache erhoben, gilt dies als stillschweigende Zustimmung der Schweiz zur Änderung. Ohne Kompetenzdelegation an den Bundesrat kann die Schweiz diese Fristen nur schwer einhalten, weil dann über sämtliche Änderungen des AETR, die nicht von beschränkter Tragweite im Sinne von Artikel 7a Absatz 2 des Regierungsund Verwaltungsorganisationsgesetzes vom 21. März 19975 (RVOG) sind (z.B.

Änderungen des AETR, die den Chauffeuren und Chauffeusen neue Pflichten auferlegen), das Parlament entscheiden und gegebenenfalls selber das Einspracheverfahren einleiten müsste. Zudem betrifft das AETR Regelungsbereiche, für die im Landesrecht ohnehin der Bundesrat zuständig ist (vgl. Art. 56 des Strassenverkehrsgesetzes vom 19. Dezember 19586 [SVG]).

Die Ermächtigung des Bundesrates, Änderungen des AETR oder dessen Anhanges zu genehmigen oder ihnen zuzustimmen, wenn sie nicht dem Staatsvertragsreferendum unterstehen, sollte ursprünglich mittels Bundesbeschluss7 erfolgen. Nach dem damals geltenden Geschäftsverkehrsgesetz8 (Art. 6 Abs. 1) waren solche Beschlüsse zu befristen, wenn sie rechtsetzende Bestimmungen enthielten. Im Rahmen der Totalrevision9 der Bundesverfassung10 wurden die Erlassformen neu geregelt.

Bundesbeschlüsse können seither keine rechtsetzenden Bestimmungen mehr enthalten (vgl. Art. 163 BV). Der Beschluss über die Ermächtigung des Bundesrates zur 1 2

3 4 5 6 7 8

9 10

SR 0.822.725.22 Bundesbeschluss betreffend das Europäische Übereinkommen vom 1. Juli 1970 über die Arbeit des im internationalen Strassenverkehr beschäftigten Fahrpersonals (AETR); AS 2003 1764.

SR 822.22 AS 2001 136 SR 172.021 SR 741.01 Weiterführende Informationen in Curia vista, Geschäftsnummer 99.042.

Bundesgesetz vom 23. März 1962 über den Geschäftsverkehr der Bundesversammlung sowie über die Form, die Bekanntmachung und das Inkrafttreten ihrer Erlasse (Geschäftsverkehrsgesetz; SR 171.11; AS 1962 773).

BBl 1999 7922 SR 101

7002

Annahme von Änderungen des Europäischen Übereinkommens vom 1. Juli 1970 über die Arbeit des im internationalen Strassenverkehr beschäftigten Fahrpersonals (AETR) und dessen Anhanges wurde deshalb von der Redaktionskommission vor der Schlussabstimmung in ein Bundesgesetz umgewandelt. Die Befristung wurde aber nicht aufgehoben. Dies hat zur Konsequenz, dass der ursprüngliche Erlass am 31. Januar 2016 ausläuft.

Der Vorbehalt zugunsten des Staatsvertragsreferendums, welcher in der bisherigen Regelung enthalten war, ist aufgrund der geänderten Rechtslage bezüglich dem Staatsvertragsreferendum (vgl. Art. 141 Abs. 1 Bst. d BV und Art. 89 Abs. 3 Bst. c aBV) und der hierzu entwickelten Praxis11 überholt. Das AETR regelt zudem spezifische Fragen zu den Arbeitsbedingungen berufsmässiger Chauffeure, für deren Regelung im Landesrecht der Bundesrat zuständig ist (vgl. Art. 56 SVG).

1.2

Die beantragte Neuregelung

Dem Bundesrat soll die Kompetenz übertragen werden, Änderungen des AETR und dessen Anhänge zu genehmigen. Die Kompetenz des Bundesrates soll neu nicht mehr befristet werden und keinen Vorbehalt zugunsten des Staatsvertragsreferendums mehr enthalten.

1.3

Begründung und Bewertung der vorgeschlagenen Lösung

Beschlossene Änderungen des AETR werden den Vertragsparteien mitgeteilt. Ab dieser Mitteilung haben die Vertragsparteien sechs Monate Zeit, um gegen die Änderung Einsprache zu erheben. Wird innert Frist keine Einsprache erhoben, gilt dies als Zustimmung der betreffenden Vertragspartei. Innerhalb dieser Frist müsste eine Botschaft erarbeitet und ein Parlamentsbeschluss erlangt werden. Die bisherige Lösung, welche dem Bundesrat die Kompetenz einräumt, allenfalls Einsprache gegen Änderungen zu erheben, hat sich bewährt. Das AETR regelt, wie schon erwähnt, spezifische Fragen zu den Arbeitsbedingungen berufsmässiger Chauffeure, für deren Regelung im Landesrecht der Bundesrat zuständig ist (vgl. Art. 56 SVG).

Der Bundesrat bzw. dessen Vertreter sind bei der Erarbeitung der Änderungen des AETR in den entsprechenden Gremien beteiligt.

Eine Integration der Kompetenzdelegation in Artikel 106a SVG wurde geprüft, aber vorerst verworfen. Sie soll im Rahmen einer nächsten ordentlichen SVG-Revision erfolgen.

Auf die Durchführung eines Vernehmlassungsverfahrens wurde vorliegend gestützt auf Artikel 3 Absatz 1bis des Vernehmlassungsgesetzes vom 18. März 200512 verzichtet, da es lediglich um die Erneuerung einer Kompetenzverteilung zwischen Bundesrat und Parlament geht, die bereits seit 2001 angewendet wird.

11 12

Vgl. Motion der Staatspolitischen Kommission des Nationalrates vom 22.04.2004 in Curia vista, Geschäftsnummer 04.3203.

SR 172.061

7003

1.4

Abstimmung von Aufgaben und Finanzen

Die Weiterführung der bisherigen Kompetenzverteilung zwischen Bundesrat und Bundesversammlung für die Genehmigung von Änderungen des AETR oder dessen Anhänge entlastet die Bundesversammlung. Denn ohne diese Regelung müsste die Bundesversammlung selber über sämtliche Änderungen des AETR oder dessen Anhanges befinden, welche der Bundesrat nicht gestützt auf Artikel 7a Absatz 2 RVOG selber genehmigen kann, und allenfalls selber das Einspracheverfahren einleiten. Alles innert der Einsprachefrist von sechs Monaten.

2

Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln

Ingress Im Ingress des bisherigen Erlasses wird noch auf Artikel 164 BV hingewiesen. Die materielle Kompetenz für die Rechtsetzung im Bereich des Strassenverkehrsrechts ergibt sich aber aus Artikel 82 BV.

Art. 1 Grundsätzlich ist die Bundesversammlung für die Genehmigung von völkerrechtlichen Verträgen und für die Genehmigung von Änderungen völkerrechtlicher Verträge zuständig (vgl. Art. 166 Abs. 1 BV). Dem Bundesrat kommt diese Kompetenz nur zu, wenn sie ihm durch Gesetz oder völkerrechtlichen Vertrag eingeräumt wird (vgl. Art. 166 Abs. 2 BV). Durch die Übertragung dieser Genehmigungskompetenz an den Bundesrat kann sichergestellt werden, dass die Schweiz innert der sehr kurzen Frist von sechs Monaten gegen Änderungen des AETR Einsprache erheben kann, wo diese den Interessen der Schweiz entgegenlaufen. Sowohl die Befristung, als auch der Vorbehalt zugunsten des Staatsvertragsreferendums, die in der bisherigen Regelung enthalten waren, sind heute nicht mehr nötig und wurden deshalb gestrichen.

3

Auswirkungen

3.1

Auswirkungen auf den Bund

3.1.1

Finanzielle Auswirkungen

Die Vorlage hat keine besonderen finanziellen Auswirkungen.

3.1.2

Personelle Auswirkungen

Die Vorlage hat keine besonderen Auswirkungen auf das Bundespersonal.

3.1.3

Andere Auswirkungen

Die Vorlage hat keine anderen Auswirkungen auf den Bund.

7004

3.2

Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden sowie auf urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete

Auf die Kantone, Gemeinden, urbanen Zentren, Agglomerationen und Berggebiete hat die vorliegende Änderung keine Auswirkungen.

3.3

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

Die Vorlage hat keine Auswirkungen auf die Volkswirtschaft.

3.4

Auswirkungen auf die Gesellschaft

Die Vorlage hat keine Auswirkungen auf die Gesellschaft.

4

Verhältnis zur Legislaturplanung

Die Vorlage ist weder in der Botschaft vom 25. Januar 201213 zur Legislaturplanung 2011­2015 noch im Bundesbeschluss vom 15. Juni 201214 über die Legislaturplanung 2011­2015 angekündigt. Da das Bundesgesetz vom 8. Oktober 1999 über die Ermächtigung des Bundesrates zur Annahme von Änderungen des Europäischen Übereinkommens vom 1. Juli 1970 über die Arbeit des im internationalen Strassenverkehr beschäftigten Fahrpersonals (AETR) und dessen Anhanges am 31. Januar 2016 ausläuft, ist die Vorlage dennoch zu behandeln, da in den nächsten Jahren mit Änderungen des AETR gerechnet werden muss und die Erneuerung der Kompetenzregelung deshalb möglichst bald erfolgen sollte.

5

Rechtliche Aspekte

5.1

Verfassungs- und Gesetzmässigkeit

Die Vorlage stützt sich auf Artikel 82 Absatz 1 BV, wonach der Bund Vorschriften über den Strassenverkehr erlässt.

Die Vorlage beinhaltet den Erlass eines Bundesgesetzes. Sie ist deshalb dem fakultativen Referendum zu unterstellen (Art. 141 Abs. 1 Bst. a BV).

13 14

BBl 2012 481 BBl 2012 7155

7005

5.2

Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz

Die Vorlage betrifft nur die innerstaatliche Kompetenzverteilung für die Genehmigung von Änderungen eines völkerrechtlichen Vertrages. Internationale Verpflichtungen der Schweiz werden dadurch nicht berührt.

7006