Ablauf der Referendumsfrist: 9. April 2016 (1. Arbeitstag: 11. April 2016)

Bundesbeschluss über die Genehmigung und die Umsetzung des Internationalen Übereinkommens zum Schutz aller Personen vor dem Verschwindenlassen vom 18. Dezember 2015

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf die Artikel 54 Absatz 1 und 166 Absatz 2 der Bundesverfassung (BV)1, nach Einsicht in die Botschaft des Bundesrates vom 29. November 20132, beschliesst:

Art. 1 Das Internationale Übereinkommen vom 20. Dezember 20063 zum Schutz aller Personen vor dem Verschwindenlassen (Übereinkommen) wird genehmigt.

1

2

Der Bundesrat wird ermächtigt, das Übereinkommen zu ratifizieren.

Art. 2 Der Bundesrat gibt anlässlich der Ratifikation die in den Artikeln 31 und 32 des Übereinkommens vorgesehenen Erklärungen ab.

Art. 3 Das Bundesgesetz zum Internationalen Übereinkommen zum Schutz aller Personen vor dem Verschwindenlassen4 wird in der Fassung gemäss Anhang 1 angenommen.

1

Die Änderungen folgender Erlasse werden in den Fassungen gemäss Anhang 2 angenommen: 2

1 2 3 4 5 6

a.

Strafgesetzbuch5;

b.

Strafprozessordnung6;

SR 101 BBl 2014 453 SR ...; BBl 2014 509 BBl 2015 9597 SR 311.0 SR 312.0

2013-1509

9595

Genehmigung und Umsetzung des Internationalen Übereinkommens zum Schutz aller Personen vor dem Verschwindenlassen. BB

c.

Militärstrafgesetz vom 13. Juni 19277;

d.

Militärstrafprozess vom 23. März 19798.

Art. 4 Dieser Beschluss untersteht dem fakultativen Referendum (Art. 141 Abs. 1 Bst. d Ziff. 1 und Art. 141a Abs. 2 BV).

1

Der Bundesrat bestimmt das Inkrafttreten der Erlasse gemäss den Anhängen 1 und 2.

2

Nationalrat, 18. Dezember 2015

Ständerat, 18. Dezember 2015

Die Präsidentin: Christa Markwalder Der Sekretär: Pierre-Hervé Freléchoz

Der Präsident: Raphaël Comte Die Sekretärin: Martina Buol

Datum der Veröffentlichung: 31. Dezember 20159 Ablauf der Referendumsfrist: 9. April 2016

7 8 9

SR 321.0 SR 322.1 BBl 2015 9595

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Genehmigung und Umsetzung des Internationalen Übereinkommens zum Schutz aller Personen vor dem Verschwindenlassen. BB

Anhang 1 (Art. 3 Abs. 1)

Bundesgesetz zum Internationalen Übereinkommen zum Schutz aller Personen vor dem Verschwindenlassen vom 18. Dezember 2015

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf die Artikel 54 Absatz 1, 121 Absatz 1, 122 Absatz 1 und 123 Absatz 1 der Bundesverfassung10, in Ausführung des Internationalen Übereinkommens vom 20. Dezember 200611 zum Schutz aller Personen vor dem Verschwindenlassen, nach Einsicht in die Botschaft des Bundesrats vom 29. November 201312, beschliesst:

Art. 1

Gegenstand

Dieses Gesetz regelt die Umsetzung des Internationalen Übereinkommens vom 20. Dezember 2006 zum Schutz aller Personen vor dem Verschwindenlassen (Übereinkommen).

Art. 2

Begriff

Als verschwunden im Sinne dieses Gesetzes gilt jede Person, der im Auftrag oder mit Billigung des Staates die Freiheit entzogen wurde, über deren Schicksal oder Verbleib die Auskunft verweigert wird und die dadurch dem Schutz des Gesetzes entzogen ist.

Art. 3

Aktenführungspflicht

1

Behörden, die Freiheitsentzüge vollziehen, stellen sicher, dass amtliche Akten geführt werden, in denen die in Artikel 17 Absatz 3 des Übereinkommens genannten Daten erfasst sind.

2

Sie leiten diese Daten auf Anfrage unverzüglich an die zuständige Koordinationsstelle weiter.

10 11 12

SR 101 SR ...; BBl 2014 509 BBl 2014 453

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Genehmigung und Umsetzung des Internationalen Übereinkommens zum Schutz aller Personen vor dem Verschwindenlassen. BB

Art. 4

Netzwerk

Der Bund errichtet in enger Zusammenarbeit mit den Kantonen ein Netzwerk, das dem Informationsaustausch bei der Suche nach mutmasslich verschwundenen Personen dient.

1

2

Der Bund und jeder Kanton setzen zu diesem Zweck eine Koordinationsstelle ein.

3

Der Bundesrat regelt unter Einbezug der Kantone die Funktionsweise des Netzwerks und die Bearbeitungsfristen.

Art. 5

Informationsgesuch

Personen, die eine nahestehende Person vermissen und befürchten, dass diese verschwunden ist, können bei der Koordinationsstelle des Bundes ein schriftliches Informationsgesuch einreichen.

1

Das Gesuch ist zu begründen. In der Begründung ist namentlich darzulegen, in welchem Verhältnis die gesuchstellende Person zur gesuchten Person steht und woraus sich der Verdacht ergibt, dass die gesuchte Person verschwunden ist.

2

Art. 6

Suche im Netzwerk

Die Koordinationsstelle des Bundes löst eine Suche im Netzwerk und, falls nötig, bei den für den Vollzug von Freiheitsentzügen zuständigen Bundesstellen aus, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sich die gesuchte Person in einem Freiheitsentzug befindet.

1

Die Koordinationsstellen der Kantone und die für den Vollzug von Freiheitsentzügen zuständigen Bundesstellen teilen der Koordinationsstelle des Bundes unverzüglich mit, ob sich die gesuchte Person in einem Freiheitsentzug befindet.

2

Befindet sich die gesuchte Person in einem Freiheitsentzug, so teilt die Koordinationsstelle des zuständigen Kantons oder die für den Vollzug von Freiheitsentzügen zuständige Bundesstelle zudem mit, wo sich die Person im Freiheitsentzug befindet, welche Behörde diesen angeordnet hat und in welchem Gesundheitszustand sich die Person befindet.

3

Die Koordinationsstelle des Bundes entscheidet unverzüglich über die Auslösung einer Suche im Netzwerk. Sie kann ihren Entscheid der gesuchstellenden Person formlos mitteilen. Wird die Suche im Netzwerk verweigert, kann die gesuchstellende Person eine Verfügung verlangen.

4

Art. 7

Benachrichtigung

Kann der Aufenthaltsort der gesuchten Person mit der Suche im Netzwerk nicht ermittelt werden, so benachrichtigt die Koordinationsstelle des Bundes die gesuchstellende Person darüber.

1

Ergibt die Suche im Netzwerk, dass sich die gesuchte Person in einem Freiheitsentzug befindet, so benachrichtigt die Koordinationsstelle des Bundes die gesuchstellende Person über den Aufenthaltsort und die Kontaktdaten; hierzu holt die 2

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Genehmigung und Umsetzung des Internationalen Übereinkommens zum Schutz aller Personen vor dem Verschwindenlassen. BB

Koordinationsstelle des Bundes vorgängig die ausdrückliche Einwilligung der gesuchten Person ein.

Willigt die gesuchte Person nicht ausdrücklich in die Benachrichtigung ein oder hat die zuständige Strafbehörde gemäss Artikel 214 Absatz 2 der Strafprozessordnung13 entschieden, dass der Untersuchungszweck die Benachrichtigung verbietet, so teilt die Koordinationsstelle des Bundes mit Verfügung mit, dass die Person nicht verschwunden ist und dass keine weiteren Angaben gemacht werden können.

3

Art. 8

Rechtsschutz

Der Rechtsschutz richtet sich nach den allgemeinen Bestimmungen über die Bundesrechtspflege.

Art. 9

Informationssystem der Koordinationsstelle des Bundes

Die Koordinationsstelle des Bundes betreibt ein Informationssystem zur Erfassung der Suchen im Netzwerk und der Benachrichtigungen.

1

Das System enthält die in Artikel 18 Absatz 1 des Übereinkommens aufgeführten Daten.

2

Der Bundesrat regelt den Datenkatalog, die Aufbewahrungsdauer der Daten und die Datensicherheit.

3

13

SR 312.0

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Genehmigung und Umsetzung des Internationalen Übereinkommens zum Schutz aller Personen vor dem Verschwindenlassen. BB

Anhang 2 (Art. 3 Abs. 2)

Änderung anderer Erlasse Die nachstehenden Erlasse werden wie folgt geändert:

1. Strafgesetzbuch14 Art. 64 Abs. 1bis Einleitungssatz 1bis

Das Gericht ordnet die lebenslängliche Verwahrung an, wenn der Täter einen Mord, eine vorsätzliche Tötung, eine schwere Körperverletzung, einen Raub, eine Vergewaltigung, eine sexuelle Nötigung, eine Freiheitsberaubung oder Entführung, eine Geiselnahme, ein Verschwindenlassen, Menschenhandel, Völkermord, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder ein Kriegsverbrechen (Zwölfter Titelter) begangen hat und wenn die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind: Art. 185bis Verschwindenlassen

Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer in der Absicht, eine Person für längere Zeit dem Schutz des Gesetzes zu entziehen: 1

a.

im Auftrag oder mit Billigung eines Staates oder einer politischen Organisation der Person die Freiheit entzieht, wobei in der Folge die Auskunft über ihr Schicksal oder ihren Verbleib verweigert wird; oder

b.

im Auftrag eines Staates oder einer politischen Organisation oder entgegen einer Rechtspflicht die Auskunft über das Schicksal oder den Verbleib dieser Person verweigert.

Strafbar ist auch, wer die Tat im Ausland begangen hat, sich in der Schweiz befindet und nicht ausgeliefert wird. Artikel 7 Absätze 4 und 5 ist anwendbar.

2

Art. 260bis Abs. 1 Bst. fbis Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer planmässig konkrete technische oder organisatorische Vorkehrungen trifft, deren Art und Umfang zeigen, dass er sich anschickt, eine der folgenden strafbaren Handlungen auszuführen: 1

fbis. Verschwindenlassen (Art. 185bis); 14

SR 311.0

9600

Genehmigung und Umsetzung des Internationalen Übereinkommens zum Schutz aller Personen vor dem Verschwindenlassen. BB

2. Strafprozessordnung15 Art. 269 Abs. 2 Bst. a Eine Überwachung kann zur Verfolgung der in den folgenden Artikeln aufgeführten Straftaten angeordnet werden: 2

a.

StGB16: Artikel 111­113, 115, 118 Absatz 2, 122, 124, 127, 129, 135, 138­ 140, 143, 144 Absatz 3, 144bis Ziffer 1 Absatz 2 und Ziffer 2 Absatz 2, 146­ 148, 156, 157 Ziffer 2, 158 Ziffer 1 Absatz 3 und Ziffer 2, 160, 163 Ziffer 1, 180 ­185bis, 187, 188 Ziffer 1, 189­191, 192 Absatz 1, 195­197, 221 Absätze 1 und 2, 223 Ziffer 1, 224 Absatz 1, 226, 227 Ziffer 1 Absatz 1, 228 Ziffer 1 Absatz 1, 230bis, 231 Ziffer 117, 232 Ziffer 1, 233 Ziffer 1, 234 Absatz 1, 237 Ziffer 1, 238 Absatz 1, 240 Absatz 1, 242, 244, 251 Ziffer 1, 258, 259 Absatz 1, 260bis­260quinquies, 261bis, 264­267, 271, 272 Ziffer 2, 273, 274 Ziffer 1 Absatz 2, 285, 301, 303 Ziffer 1, 305, 305 bis Ziffer 2, 310, 312, 314, 317 Ziffer 1, 319, 322ter, 322quater und 322septies;

Art. 286 Abs. 2 Bst. a Die verdeckte Ermittlung kann zur Verfolgung der in den folgenden Artikeln aufgeführten Straftaten eingesetzt werden: 2

a.

15 16 17 18 19

StGB18: Artikel 111­113, 122, 124, 129, 135, 138­140, 143 Absatz 1, 144 Absatz 3, 144bis Ziffer 1 Absatz 2 und Ziffer 2 Absatz 2, 146 Absätze 1 und 2, 147 Absätze 1 und 2, 148, 156, 160, 182­185bis, 187, 188 Ziffer 1, 189 Absätze 1 und 3, 190 Absätze 1 und 3, 191, 192 Absatz 1, 195, 196, 197 Absätze 3­5, 221 Absätze 1 und 2, 223 Ziffer 1, 224 Absatz 1, 227 Ziffer 1 Absatz 1, 228 Ziffer 1 Absatz 1, 230bis, 231 Ziffer 119, 232 Ziffer 1, 233 Ziffer 1, 234 Absatz 1, 237 Ziffer 1, 238 Absatz 1, 240 Absatz 1, 242, 244 Absatz 2, 251 Ziffer 1, 260bis­260quinquies, 264­267, 271, 272 Ziffer 2, 273, 274 Ziffer 1 Absatz 2, 301, 305bis Ziffer 2, 310, 322ter, 322quater und 322septies;

SR 312.0 SR 311.0 Mit Inkrafttreten des Epidemiengesetzes vom 28. Sept. 2012 (AS 2015 1435) wird Art. 231 Ziff. 1 zu Art. 231.

SR 311.0 Mit Inkrafttreten des Epidemiengesetzes vom 28. Sept. 2012 (AS 2015 1435) wird Art. 231 Ziff. 1 zu Art. 231.

9601

Genehmigung und Umsetzung des Internationalen Übereinkommens zum Schutz aller Personen vor dem Verschwindenlassen. BB

3. Militärstrafgesetz vom 13. Juni 192720 Art. 151d Verschwindenlassen

Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer in der Absicht, eine Person für längere Zeit dem Schutz des Gesetzes zu entziehen: a.

im Auftrag oder mit Billigung eines Staates oder einer politischen Organisation der Person die Freiheit entzieht, wobei in der Folge die Auskunft über ihr Schicksal oder ihren Verbleib verweigert wird; oder

b.

im Auftrag eines Staates oder einer politischen Organisation oder entgegen einer Rechtspflicht die Auskunft über das Schicksal oder den Verbleib dieser Person verweigert.

Art. 171b Abs. 1 Bst. ibis Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer planmässig konkrete technische oder organisatorische Vorkehrungen trifft, deren Art und Umfang zeigen, dass er sich anschickt, eine der folgenden strafbaren Handlungen auszuführen: 1

ibis. Verschwindenlassen (Art. 151d);

4. Militärstrafprozess vom 23. März 197921 Art. 70 Abs. 2 Die Überwachung kann zur Verfolgung der in den folgenden Artikeln des MStG 22 aufgeführten Straftaten angeordnet werden: Artikel 86, 86a, 103 Ziffer 1, 106 Absätze 1 und 2, 108­114a, 115, 116, 121, 130­132, 134 Absatz 3, 135 Absätze 1, 2 und 4, 137a, 137b, 141, 142, 151a­151d, 155, 156, 160 Absätze 1 und 2, 161 Ziffer 1, 162, 164­169, 169a Ziffer 1, 170 Absatz 1, 171b, 172 und 177.

2

20 21 22

SR 321.0 SR 322.1 SR 321.0

9602