15.052 Botschaft zur Änderung des Revisionsaufsichtsgesetzes (extraterritoriale Zuständigkeit der Revisionsaufsicht) vom 1. Juli 2015

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf zur Änderung des Bundesgesetzes über die Zulassung und Beaufsichtigung der Revisorinnen und Revisoren (extraterritoriale Zuständigkeit der Revisionsaufsicht).

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

1. Juli 2015

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Simonetta Sommaruga Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

2015-0252

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Übersicht Das Revisionsaufsichtsgesetz dient insbesondere dem Schutz der Investorinnen und Investoren auf dem Schweizer Kapitalmarkt. Da auch ausländische Unternehmen auf diesem Markt aktiv sind, muss das Gesetz eine dementsprechende extraterritoriale Wirkung entfalten. Die Revisionsorgane ausländischer Emittenten müssen demnach entweder von der Eidgenössischen Revisionsaufsichtsbehörde (RAB) oder durch eine vom Bundesrat anerkannte ausländische Revisionsaufsichtsbehörde beaufsichtigt werden. Die bisherigen Erfahrungen in der Revisionsaufsicht zeigen, dass zur Sicherstellung der Wettbewerbsfähigkeit des Schweizer Kapitalmarktes eine massvolle Deregulierung notwendig ist, ohne dass der Investorenschutz dadurch beeinträchtigt wird.

Ausgangslage Der Zuständigkeit der Schweizer Revisionsaufsicht unterstehen die Revisionsorgane ausländischer Gesellschaften, die entweder Beteiligungspapiere an einer Schweizer Börse kotiert haben, in der Schweiz Anleihensobligationen ausstehend haben (ob börsenkotiert oder nicht) oder wesentliche Tochtergesellschaften eines vorerwähnten Unternehmens sind. Zur Vermeidung von Doppelspurigkeiten entfallen die Zulassungspflicht und die Aufsicht durch die RAB in zwei Ausnahmefällen:



Zum einen ist dies der Fall, wenn ein ausländisches Revisionsunternehmen einer vom Bundesrat anerkannten ausländischen Revisionsaufsichtsbehörde untersteht.



Zum anderen erfolgt dies, wenn die in der Schweiz angebotenen Anleihensobligationen durch eine Gesellschaft garantiert werden, die über ein staatlich beaufsichtigtes Revisionsunternehmen verfügt.

Der Gesetzgeber ging beim Erlass dieser Regelung im Jahr 2005 davon aus, dass die Beaufsichtigung ausländischer Revisionsorgane weitestgehend an die Aufsichtsbehörden in den Sitzstaaten der Revisionsunternehmen delegiert werden kann.

Aufgrund der Erfahrungen der letzten Jahre zeigt sich jedoch, dass dies nicht immer möglich ist. Entweder besteht im Heimatland eines Revisionsunternehmens gar keine Aufsicht oder dann nur eine, die nicht als gleichwertig anerkannt werden kann. Zulassung und Beaufsichtigung von ausländischen Revisionsunternehmen durch die Schweizer Aufsichtsbehörde können allerdings Auswirkungen auf die Attraktivität des Schweizer Kapitalmarktes haben. Dies gilt es im Interesse des Finanzplatzes zu minimieren, ohne dass der Investorenschutz darunter leidet.

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Inhalt der Vorlage Der Entwurf bezweckt die massvolle Deregulierung des extraterritorialen Geltungsbereichs der Schweizer Revisionsaufsicht bei ausländischen Emittenten von Anleihensobligationen und bei wesentlichen Tochtergesellschaften von ausländischen Emittenten. Durch die Einführung flankierender Massnahmen bleibt der Investorenschutz sichergestellt.

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Botschaft 1

Grundzüge der Vorlage

1.1

Ausgangslage

1.1.1

Extraterritoriale Wirkung des RAG

Der Kapitalmarkt hat sich in den letzten Jahren zunehmend internationalisiert und globalisiert. Es sind daher auch zahlreiche ausländische Gesellschaften am Schweizer Kapitalmarkt aktiv. Revisionsunternehmen, die für solche Gesellschaften tätig sind, müssen ebenfalls angemessen beaufsichtigt werden, wenn die Qualität der Revision und der Schutz der Investorinnen und Investoren auf dem Schweizer Kapitalmarkt gewährleistet werden soll.

Das Revisionsaufsichtsgesetz vom 16. Dezember 20051 (RAG) entfaltet daher auch extraterritoriale Wirkung. Ausländische Revisionsunternehmen müssen demnach entweder von der RAB oder einer vom Bundesrat anerkannten ausländischen Revisionsaufsichtsbehörde beaufsichtigt werden, wenn sie ausländische Gesellschaften prüfen, die den Schweizer Kapitalmarkt direkt oder indirekt in Anspruch nehmen.

Damit wird der inländische Geltungsbereich der Revisionsaufsicht2 ins internationale Verhältnis abgebildet3.

Artikel 8 RAG bildet die gesetzliche Grundlage für diesen extraterritorialen Geltungsbereich. Diese Bestimmung ist derzeit allerdings noch nicht in Kraft, weil mit den wesentlichen ausländischen Partnerbehörden zuerst Absprachen über die Zusammenarbeit und gegenseitige Anerkennung getroffen werden müssen, bevor eine Inkraftsetzung erfolgen kann4.

1.1.2

Geltende Regelung

Dem Geltungsbereich des RAG unterstehen alle Revisionsunternehmen, die Revisionsdienstleistungen nach ausländischem oder Schweizer Recht für Gesellschaften erbringen, die einen gesetzlichen Anknüpfungspunkt erfüllen. Als Publikumsgesellschaften gelten daher aus Sicht des Revisionsrechts (Art. 8 Abs. 1 RAG):

1 2 3

4



Gesellschaften nach ausländischem Recht, deren Beteiligungspapiere an einer Schweizer Börse kotiert sind (Bst. a);



Gesellschaften nach ausländischem Recht, die in der Schweiz Anleihensobligationen ausstehend haben (und zwar unabhängig davon, ob diese an einer Börse kotiert sind oder nicht, Bst. b); SR 221.302 Vgl. Art. 2 Bst. c Ziff. 1 RAG i.V.m. Art. 727 Abs. 1 Ziff. 1 Obligationenrecht (OR; SR 220).

Vgl. dazu die Botschaft des Bundesrates vom 23. Juni 2004 zur Änderung des Obligationenrechts (Revisionspflicht im Gesellschaftsrecht) sowie zum Bundesgesetz über die Zulassung und Beaufsichtigung der Revisorinnen und Revisoren, BBl 2004 3969, 4066 ff.

Vgl. dazu die Botschaft des Bundesrates vom 23. Juni 2004 zur Änderung des Obligationenrechts (Revisionspflicht im Gesellschaftsrecht) sowie zum Bundesgesetz über die Zulassung und Beaufsichtigung der Revisorinnen und Revisoren, BBl 2004 3969, 4094.

5720



Gesellschaften nach schweizerischem oder ausländischem Recht, die mindestens 20 Prozent der Aktiven oder des Umsatzes zur Konzernrechnung einer Gesellschaft der beiden vorstehenden Kategorien beitragen (Bst. c);



Gesellschaften nach ausländischem Recht, die mindestens 20 Prozent der Aktiven oder des Umsatzes zur Konzernrechnung einer schweizerischen Publikumsgesellschaft5 beitragen (Bst. d).

Dieser extraterritoriale Geltungsbereich hat zur Folge, dass die Revisionsstelle eines internationalen Konzerns von der Revisionsaufsicht mehrerer Staaten erfasst werden kann. Zur Vermeidung von Doppelspurigkeiten entfallen Zulassungspflicht und Aufsicht durch die Schweizer Aufsicht in zwei Ausnahmefällen: ­

Zum einen ist dies der Fall, wenn ein ausländisches Revisionsunternehmen einer vom Bundesrat anerkannten ausländischen Revisionsaufsichtsbehörde untersteht (Art. 8 Abs. 2 RAG).

­

Zum anderen erfolgt dies, wenn die Anleihensobligationen durch eine Gesellschaft garantiert werden, die über ein Revisionsunternehmen verfügt, das entweder von der RAB oder durch eine vom Bundesrat anerkannte ausländische Revisionsaufsicht beaufsichtigt wird (Art. 8 Abs. 3 RAG)6. Anleihensobligationen werden oftmals von Emittenten mit Sitz in Off-shoreStaaten begeben, aber von einer Muttergesellschaft in einem On-hore-Staat garantiert. Den Investorinnen und Investoren erwächst hierdurch kein Nachteil, weil die Anleihensobligationen vollständig durch die Muttergesellschaft garantiert werden und damit sichergestellt wird, dass deren Revisionsunternehmen beaufsichtigt wird.

Fällt die Revisionsstelle eines ausländischen Konzerns nicht unter die aufgeführten Ausnahmen, so muss sie von der RAB zugelassen und beaufsichtigt werden. Ist dies nicht möglich, kann dies zur Sanktionierung des Emittenten durch die Schweizer Börse bis hin zur Nicht- beziehungsweise zur Dekotierung der Effekte führen7.

1.1.3

Schwachstellen der geltenden Regelung

Der Gesetzgeber ging bei der Verabschiedung des Revisionsaufsichtsgesetzes im Jahr 2005 davon aus, dass die Beaufsichtigung ausländischer Revisionsorgane weitestgehend an die Aufsichtsbehörden in deren Sitzstaaten delegiert werden kann.

Aufgrund der Erfahrungen der letzten Jahre zeigt sich jedoch, dass dies nicht immer möglich ist. Entweder besteht im Heimatland eines Revisionsunternehmens gar keine Aufsicht, oder die ausländische Aufsichtsbehörde kann vom Bundesrat mangels Gleichwertigkeit nicht anerkannt werden.

5 6

7

Art. 727 Abs. 1 Ziff. 1 OR.

Vgl. dazu die Botschaft des Bundesrates zur Änderung des Obligationenrechts (Revisionspflicht im Gesellschaftsrecht) sowie zum Bundesgesetz über die Zulassung und Beaufsichtigung der Revisorinnen und Revisoren, BBl 2004 3969, 4068.

Art. 23 Abs. 3 RAG und Art. 8 Abs. 3bis Börsengesetz (BEHG; SR 954.1) i.V.m. Art. 13 Kotierungsreglement der SIX Exchange Regulation.

5721

Während die Aufsichtsbehörden der Revisionsorgane ausländischer Emittenten von Beteiligungspapieren bis auf einige Ausnahmen anerkannt werden dürften, wird dies bei den Aufsichtsbehörden von Emittenten kotierter Anleihen nicht immer der Fall sein. Ausländische Emittenten machen deutlich über 50 Prozent8 des Anleihensmarktes in der Schweiz aus. Sie sind zwar vorwiegend in den EU/EWR-Mitgliedstaaten, aber zunehmend auch in Drittstaaten (Australien, Bermuda, Brasilien, Caiman-Inseln, China, Chile, Elfenbeinküste, Guernsey, Hong Kong, Indien, Japan, Jersey, Jungferninseln (britisch), Kanada, Kasachstan, Mexiko, Neuseeland, Panama, Peru, Philippinen, Russland, Südafrika, Südkorea, Vereinigte Arabische Emirate und Vereinigte Staaten)9 domiziliert. In einzelnen Ländern besteht wie erwähnt entweder gar keine Revisionsaufsicht oder an deren Anerkennung bestehen erhebliche Zweifel. Es ist daher davon auszugehen, dass mehr ausländische Revisionsunternehmen als vom historischen Gesetzgeber erwartet nicht unter die zwei Ausnahmebestimmungen fallen (vorne Ziff. 1.1.2) und daher von der Schweiz beaufsichtigt werden müssen.

Die Zulassung und die Inspektion ausländischer Revisionsunternehmen durch Schweizer Behörden sind allerdings mit einem erheblichen Aufwand für die ausländischen Revisionsstellen und damit indirekt auch für die Kotierung ausländischer Beteiligungspapiere und Anleihen in der Schweiz verbunden. Zudem kann die Ausübung von Aufsichtsbefugnissen durch die RAB im Ausland auch auf politische, rechtliche und praktische (u. a. auch sprachliche) Schwierigkeiten stossen.

Die Zulassung und Beaufsichtigung ausländischer Revisionsgesellschaften durch die Schweizer Aufsichtsbehörde hat damit gewisse nachteilige Auswirkungen auf den Schweizer Kapitalmarkt. Die Investorinnen und Investoren auf dem Schweizer Kapitalmarkt haben aber auch dann Anspruch auf eine den internationalen Standards entsprechende Revision, wenn das Unternehmen, in das sie investieren, ihren Sitz im Ausland hat. Die Interessen des Investorenschutzes, die Ausübung einer effektiven und effizienten Aufsicht und die Wettbewerbsfähigkeit des Schweizer Kapitalmarktes stehen damit in einem gewissen Spannungsverhältnis, dem es durch differenzierte Vorgaben Rechnung zu tragen gilt.

1.2

Die beantragte Neuregelung

Das System bleibt unverändert für die Revisionsstellen ausländischer Unternehmen, die in der Schweiz kotierte Beteiligungspapiere ausgeben. Dieser Teil des extraterritorialen Geltungsbereichs (Art. 8 Abs. 1 Bst. a RAG) soll vor Ende 2015 in Kraft gesetzt werden.

Der Entwurf beinhaltet demgegenüber eine massvolle Deregulierung der extraterritorialen Zuständigkeit der Schweizer Revisionsaufsicht: ­

8 9

Zum ersten wird der Geltungsbereich auf börsenkotierte Anleihensobligationen eingeschränkt (Art. 8 Abs. 1 Bst. b E-RAG). Damit wird auf die Beaufsichtigung der Revisionsorgane bei nicht kotierten Anleihen verzichtet.

Quelle: SIX Swiss Exchange (www.six-swiss-exchange.com> Aktien > Unternehmen > Liste der Unternehmen; Stand: 13. März 2015).

(Quelle: SIX Exchange Regulation, www.six-swiss-exchange.com > Aktien > Unternehmen > Liste der Unternehmen; Stand: 13. März 2014).

5722

­

Zum zweiten wird der Ausnahmekatalog für Revisionsstellen von Emittenten in der Schweiz kotierter Anleihen erweitert (Art. 8 Abs. 3 E-RAG).

Besteht im Heimatstaat des Revisionsunternehmens keine (anerkannte) Revisionsaufsichtsbehörde und wird die Anleihe auch nicht durch eine Gesellschaft garantiert, die über ein beaufsichtigtes Revisionsunternehmen verfügt, kann das Revisionsunternehmen entweder bei der Schweizer Revisionsaufsicht die Zulassung als staatlich beaufsichtigtes Revisionsunternehmen beantragen oder ­ diese Möglichkeit besteht zurzeit nicht ­ die Investorinnen und Investoren werden ausdrücklich auf die fehlende staatliche Beaufsichtigung des Revisionsunternehmens hingewiesen.

­

Zum dritten wird auch auf die Aufsicht über Revisionsstellen ausländischer wesentlicher Tochtergesellschaften verzichtet (Art. 8 Abs. 1 Bst. c und d E-RAG).

1.3

Begründung und Bewertung der vorgeschlagenen Lösung

Die Teilinkraftsetzung der Schweizer Aufsicht über die Revisionsstellen ausländischer Unternehmen, die in der Schweiz börsenkotierte Beteiligungspapiere emittieren, erlaubt es, den Investorenschutz zeitnahe und gezielt zu verstärken und erste Erfahrungen in der extraterritorialen Aufsicht zu sammeln.

Die Beaufsichtigung der Revisionsstellen ausländischer Unternehmen, die in der Schweiz nicht-börsenkotierte Anleihen ausstehend haben, wäre dagegen mit grossem Aufwand und erheblichen Unsicherheiten verbunden. Die bisherigen Erfahrungen im Inland zeigen, dass die Emittenten nicht-börsenkotierter Anleihensobligationen beziehungsweise deren Revisionsstellen nur sehr aufwendig identifizierbar sind, weil die Anleihen gar nicht oder nicht offen und transparent gehandelt werden.

Dennoch ist die Identifikation innerhalb der Schweiz möglich, weil die betroffenen Schweizer Revisionsunternehmen entsprechend instruiert sind. Die Schwierigkeiten sind bei ausländischen Emittenten beziehungsweise deren Revisionsorganen deutlich grösser, weil diese über die ganze Welt verteilt sind, möglicherweise nicht (lokal) beaufsichtigt werden und für internationale Bezüge wenig sensibilisiert sind. Der zu erwartende Aufwand für die Aufsicht über solche Revisionsstellen steht daher in keinem angemessenen Verhältnis zum erwarteten Nutzen für den Investorenschutz.

Ähnliches gilt für wesentliche Tochtergesellschaften von Unternehmen, die in der Schweiz Beteiligungspapiere oder Anleihensobligationen kotieren. Auch diese Gesellschaften können nur mit grossem Aufwand identifiziert werden. Zwar könnte diesbezüglich eine Meldepflicht durch die Schweizer Börse eingeführt werden. Es bestehen aber Zweifel, ob eine solche Meldepflicht zweckmässig und durchsetzbar wäre. Zudem besteht in der EU keine analoge Regelung, womit ein Wettbewerbsnachteil für den Schweizer Kapitalmarkt resultieren würde. Im Weiteren stellt sich die Frage, wie Verstösse in diesem Bereich zu sanktionieren sind. Sanktionen sind selbst für die Börse nur gegenüber der Holding denkbar, die in der Schweiz kotiert ist, und nicht gegenüber der eigentlich verantwortlichen wesentlichen Tochtergesellschaft im Ausland.

Die Einführung einer zusätzlichen Ausnahme von der Zulassungspflicht für die Revisionsstellen ausländischer Emittenten, die in der Schweiz Anleihen kotiert 5723

haben, ist eine Kompromisslösung zwischen den Interessen des Investorenschutzes, der Wettbewerbsfähigkeit des Schweizer Anleihensmarktes und der Ausübung einer wirksamen und effizienten Aufsicht. Die Pflicht, die fehlende Beaufsichtigung des Revisionsorgans gegenüber dem Markt offenzulegen, ist eine wettbewerbsneutrale Massnahme, und der dadurch entstehende Mehraufwand ist für die Emittenten und deren Revisionsstellen sowohl in zeitlicher Hinsicht als auch aus Kostengründen die effizienteste Lösung. Aus Sicht des Investorenschutzes handelt es sich zwar um eine Minimallösung, die aber mit Blick auf die tieferen Schutz- und Informationsbedürfnisse der Gläubigerinnen und Gläubiger sachgerecht erscheint.

1.4

Ergebnis des Vorverfahrens

1.4.1

Ergebnis des Vernehmlassungsverfahrens im Überblick

Die massvolle Neuausrichtung der Zuständigkeit der Schweizer Revisionsaufsicht im Ausland wurde im Anhang zur Änderung des Obligationenrechts (Handelsregisterrecht sowie Anpassungen im Aktien-, GmbH- und Genossenschaftsrecht) vom 19. Dezember 2012 bis zum 5. April 2013 in die Vernehmlassung gegeben10.

17 Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben zu diesem Themenbereich Stellung genommen. Die Notwendigkeit der Aufsicht über ausländische Emittenten wurde von keiner Seite in Frage gestellt. Die meisten Teilnehmenden räumten aber der Wettbewerbsfähigkeit des schweizerischen Kapitalmarktes einen hohen Stellenwert ein und befürworteten daher eine möglichst flexible Regelung. Andere Stimmen erinnerten an die Wichtigkeit des Investorenschutzes und an die Sicherstellung einer wirksamen Aufsicht.

1.4.2

Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens im Einzelnen

Anleihen Im Vorentwurf wurde vorgeschlagen, nicht börsenkotierte Anleihensobligationen ausländischer Emittenten aus dem Geltungsbereich auszuklammern (Art. 8 Abs. 1 Bst. b VE-RAG). Dieser Vorschlag wurde von allen Teilnehmenden ausdrücklich oder stillschweigend gutgeheissen.

Bezüglich der Aufsicht über kotierte Anleihen gingen die Meinungen bis zu einem gewissen Grad auseinander. Ein Teil der Votanten begrüsste den Vorentwurf als angemessenen Kompromiss. Eine unabhängige Aufsicht über die Revisionsstellen sei notwendig, um die Interesse der Investorinnen und Investoren zu schützen. Es wurde in Erinnerung gerufen, dass einzig die Revisionsstelle als unabhängige und fachkundige Stelle beurteilen könne, ob die Vorschriften zur Rechnungslegung eingehalten würden. Dies treffe bei ausländischen Emittenten von Anleihen umso mehr zu, als diese oft aus wenig oder gar nicht regulierten Wachstumsmärkten stammten. Zudem würden sich die Wettbewerbsfähigkeit des Schweizer Anleihens10

Vgl. dazu: www.bj.admin.ch > wirtschaft > Laufende Gesetzgebungsprojekte > Modernisierung des Handelsregisters

5724

marktes und die Attraktivität des Finanzplatzes Schweiz auch aus guter Regulierung und Aufsicht und nicht aus der blossen Anzahl an Emittenten ergeben.

Der Schutz der Investorinnen und Investoren in kotierte Anleihen wurde von einer zweiten Gruppe von Teilnehmenden zwar grundsätzlich anerkannt. Der Vorentwurf wurde aber sowohl aus der Sicht eines effizienten Investorenschutzes als auch aus der Perspektive eines wettbewerbsfähigen Finanzplatzes in Frage gestellt. Es sei von der mündigen Anlegerin oder vom mündigen Anleger auszugehen, die oder der sich ausreichend informiere und sich bei Wahlmöglichkeiten auch anderen Märkten zuwende. Bei der Wahl des Emissionsmarktes seien für die Emittenten die Kosten (u. a. Zinskosten und Währungsswap) ein entscheidendes Kriterium. Zusätzliche Aufwände würden den Anleihenmarkt in Schweizerfranken für ausländische Emittenten weniger attraktiv machen, was die Schweiz als internationales Finanzzentrum unnötig schwächen würde.

Eine namhafte Anzahl von Teilnehmenden setzte sich daher für einen Alternativvorschlag ein. Demnach ist ein angemessener Investorenschutz sichergestellt, wenn der ausländische Emittent einer Anleihe entweder über eine staatlich beaufsichtigte Revisionsstelle verfügt oder im Kotierungsprospekt an prominenter Stelle offen legt, dass dies nicht der Fall ist. Der Entwurf übernimmt diesen Lösungsansatz, schafft aber mehr Flexibilität, was die Art der Offenlegung angeht (vgl. hinten zu Art. 8 Abs. 3 E-RAG).

Wesentliche Tochtergesellschaften Sämtliche Teilnehmenden begrüssten den Verzicht auf die Aufsicht über die Revisionsstellen wesentlicher Tochtergesellschaften (Art. 8 Abs. 1 Bst. c und d VE-RAG) entweder ausdrücklich oder implizit.

Übergangsrecht Der Vorentwurf sah ein provisorisches Zulassungssystems für ausländische Revisionsunternehmen vor. Diese hätten innerhalb von vier Monaten nach Inkrafttreten bei der RAB ein Gesuch entweder um provisorische Zulassung oder um Befreiung von der Zulassungspflicht stellen müssen (Art. 43a Abs. 2 VE-RAG). Verschiedene Teilnehmende befürchteten allerdings, dass dies für diejenigen ausländischen Emittenten nachteilig sei, die bereits Beteiligungspapiere oder Anleihensobligationen an einer Schweizer Börse kotiert haben. Wenn die Revisionsstellen bestehender Emittenten die vorgeschlagenen Voraussetzungen nicht
erfüllten, so würde dies zu einer Zwangsdekotierung der entsprechenden Aktien oder Anleihen führen.

Aus diesem Grund wurden für bereits börsenkotierte Anleihen und Beteiligungspapiere ausländischer Emittenten weitergehende Übergangsbestimmungen vorgeschlagen. Im Zentrum stand ein «Grandfathering», wonach solche Emittenten beziehungsweise deren Revisionsorgane vom Geltungsbereich der Schweizer Revisionsaufsicht ausgenommen werden soll.

1.4.3

Erarbeitung des Entwurfs

Der Bundesrat hat die Ergebnisse der Vernehmlassung am 23. Oktober 2013 zur Kenntnis genommen. Er hat das EJPD gleichzeitig beauftragt, bis Ende 2014 eine Botschaft zur Neuregelung des Handelsregisterrechts auszuarbeiten. Aufgrund der 5725

erwähnten Kritik (vorne Ziff. 1.4.2) hat der Bundesrat das EJPD auch mit der Prüfung beauftragt, ob die Aufsicht im Hinblick auf Beteiligungspapiere und Anleihen in differenzierter Form möglich ist. Ebenfalls zu prüfen war, ob derjenige Teil von Artikel 8 RAG, der nicht geändert werden soll, bereits früher in Kraft gesetzt werden kann.

1.5

Rechtsvergleich, insbesondere mit dem europäischen Recht

Der extraterritoriale Geltungsbereich des RAG wurde ursprünglich an die Regelung für die US-amerikanische Revisionsaufsicht angelehnt11. Mit der vorgeschlagenen Lösung entfernt sich der Entwurf vom US-amerikanischen Vorbild und nähertsich dem europäischen Rechtsrahmen an. Weder die Revisionsstellen der Emittenten nicht-börsenkotierter Anleihensobligationen noch der wesentlichen Tochtergesellschaften fallen Aufsichtsbehörden in den EU-Mitgliedstaaten in die Zuständigkeit der12.

Die Revisionsorgane der Emittenten börsenkotierter ausländischer Anleihen werden durch das EU-Recht zwar ebenfalls erfasst. Allerdings ist die Aufsicht auf Anleihen mit einer Mindeststückelung von 50 000 Euro begrenzt (De-minimis-Regelung)13.

Diese Regelung wäre in der Schweiz allerdings nicht sinnvoll, weil die Anleihensmärkte nicht mit denjenigen in der EU vergleichbar sind. Die Anlegerbasis ist in der Schweiz viel breiter und umfasst von der Privatperson bis zum institutionellen Anleger alle Kategorien von Investorinnen und Investoren. Daher sind die Stückelungen im Schweizer Markt relativ tief. Der Anleihensmarkt in der EU wird dagegen von institutionellen Anlegern dominiert, die höhere Stückelungen bevorzugen. Es ist deshalb zweckmässig, in der Schweiz eine Lösung einzuführen, die auf angemessener Transparenz für die betroffenen Investorinnen und Investoren beruht. Dies trägt dem auf Privatanlegerinnen und -anleger und Vermögensverwalter ausgerichteten Schweizer Anleihensmarkt besser Rechnung, schafft die notwendige zeitliche Flexibilität für den Kotierungsprozess und hat nur moderate Kosten zur Folge.

11

12

13

Vgl. dazu die Botschaft des Bundesrates vom 23. Juni 2004 zur Änderung des Obligationenrechts (Revisionspflicht im Gesellschaftsrecht) sowie zum Bundesgesetz über die Zulassung und Beaufsichtigung der Revisorinnen und Revisoren, BBl 2004 3969, 4067.

Vgl. Art. 45 Richtlinie 2006/43/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 17. Mai 2006 über Abschlussprüfungen von Jahresabschlüssen und konsolidierten Abschlüssen, zur Änderung der Richtlinien 78/660/EWG und 83/349/EWG des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 84/253/EWG des Rates, Abl. L 157 vom 9. Juni 2006, 87 ff.

Vgl. Art. 27 Richtlinie 2006/43/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 17. Mai 2006 über Abschlussprüfungen von Jahresabschlüssen und konsolidierten Abschlüssen, zur Änderung der Richtlinien 78/660/EWG und 83/349/EWG des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 84/253/EWG des Rates, Abl. L 157 vom 9. Juni 2006, 87 ff.

i.V.m. Art. 3 Abs. 2 Richtlinie 2003/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 betreffend den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel zu veröffentlichen ist, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG, Abl. L 345 vom 31. Dezember 2003, 64 ff.

5726

1.6

Umsetzung

Die wesentlichen Anpassungen erfolgen auf der Stufe des RAG. Die Revisionsaufsichtsverordnung vom 22. August 200714 (RAV) wird aber an die Neuregelung im RAG angepasst werden müssen. Zudem wird die Revisionsaufsichtsbehörde eine Verordnung zur Umsetzung der Transparenzpflicht für Anleihen erlassen (vgl.

Ziff. 2).

2

Erläuterungen zu einzelnen Artikeln

Art. 8 Abs. 1 Bst. b Die geltende (aber noch nicht in Kraft getretene) Fassung von Artikel 8 RAG sieht vor, dass die Revisionsstellen ausländischer Gesellschaften, die Anleihensobligationen in der Schweiz ausstehend haben, entweder von der RAB oder einer vom Bundesrat anerkannten ausländischen Revisionsaufsichtsbehörde beaufsichtigt werden müssen (Art. 8 Abs. 1 Bst. b i.V.m. Abs. 2 RAG). Dies umfasst sowohl Anleihensobligationen, die an einer Schweizer Börse kotiert sind, als auch solche, die nicht kotiert sind15. Der für die Aufsicht über die Revisionsstellen von Emittenten nicht-börsenkotierter Anleihen zu erwartende Aufwand steht allerdings in keinem angemessenen Verhältnis zum erwarteten Nutzen für den Investorenschutz (vgl.

vorne Ziff. 1.3). Der extraterritoriale Geltungsbereich der Schweizer Revisionsaufsicht umfasst daher nach dem Entwurf nur noch die Revisionsstellen ausländischer Emittenten, die Anleihen an einer Schweizer Börse kotiert haben.

Art. 8 Abs. 1 Bst. c und d Der geltende Artikel 8 RAG sieht weiter vor, dass auch die Revisionsstellen wesentlicher Tochtergesellschaften der (Schweizer oder anerkannten ausländischen) Revisionsaufsicht zu unterstellen sind (Art. 8 Abs. 1 Bst. c und d RAG). Diese Vorgabe wurde ursprünglich geschaffen, um den Geltungsbereich der Schweizer Revisionsaufsicht in Übereinstimmung mit der Zuständigkeit der US-amerikanischen Revisionsaufsicht zu bringen (vorne Ziff. 1.5). Aus den bisherigen Erfahrungen ergibt sich jedoch, dass diese Übereinstimmung nicht notwendig ist. Viel wichtiger ist es, dass die für die Jahresrechnung der Konzernmutter (Holdinggesellschaft) und für die konsolidierte Jahresrechnung zuständige Revisionsstelle beaufsichtigt wird. Um eine effiziente Aufsicht über Schweizer Konzerne sicherzustellen, sind seit dem 1. Januar 2015 auch die ausländischen Konzerntöchter und deren Revisionsstellen gegenüber der Aufsichtsbehörde auskunfts- und herausgabepflichtig (Art. 15a Abs. 1 Bst. e RAG). Damit wird verhindert, dass der Revisionsaufsicht relevante Unterlagen entzogen werden, indem sie ins Ausland verlagert werden oder gar nie in die Schweiz gelangen16. Im Weiteren ist auch hier davon auszugehen, dass wesentliche ausländische Tochtergesellschaften nur mit einem Aufwand identifiziert werden 14 15

16

SR 221.302.3 Vgl. dazu die Botschaft des Bundesrates vom 23. Juni 2004 zur Änderung des Obligationenrechts (Revisionspflicht im Gesellschaftsrecht) sowie zum Bundesgesetz über die Zulassung und Beaufsichtigung der Revisorinnen und Revisoren, BBl 2004 3969, 4012 und 4066.

Botschaft des Bundesrates vom 28. August 2013 zur Bündelung der Aufsichtskompetenzen über Revisionsunternehmen und Prüfgesellschaften, BBl 2013 6857, 6879.

5727

können, der in keinem angemessenen Verhältnis zum Nutzen für den Investorenschutz steht (vgl. vorne Ziff. 1.3).

Aus den vorstehenden Gründen ist auf die Aufsicht über die Revisionsstellen wesentlicher Tochtergesellschaften im Ausland zu verzichten. Die entsprechenden Bestimmungen (Art. 8 Abs. 1 Bst. c und d RAG) werden gestrichen.

Artikel 8 Absatz 3 Die Pflicht eines ausländischen Revisionsunternehmens zur Zulassung als staatlich beaufsichtigtes Revisionsunternehmen in der Schweiz entfällt nicht nur, wenn eine anerkannte ausländische Aufsicht besteht (Art. 8 Abs. 2 RAG), sondern auch, wenn die Anleihensobligation durch eine Gesellschaft garantiert wird, die über ein staatlich beaufsichtigtes Revisionsunternehmen verfügt, und neu wenn die Investorinnen und Investoren ausdrücklich auf die fehlende staatliche Beaufsichtigung des Revisionsunternehmens hingewiesen werden.

Die Aufsichtsbehörde bestimmt die Einzelheiten der Offenlegung. Die Delegation an die RAB ermöglicht die notwendige Flexibilität in Bezug auf die Ausgestaltung der Transparenzpflicht. Die gewählten Kommunikationswege müssen den Investorinnen und Investoren einen schnellen, unkomplizierten und jederzeitigen Zugang zu den einschlägigen Informationen gewährleisten. In Frage kommt zum Beispiel der Kotierungsprospekt. Im Rahmen der Diskussionen rund um das Bundesgesetz über die Finanzdienstleistungen (Finanzdienstleistungsgesetz, FIDLEG) wird aber auch die Einführung zusätzlicher Pflichtdokumentationen wie des Basisinformationsblatts für Finanzinstrumente (sog. Key Investor Document, KID) geprüft17. Schliesslich ist auch die Offenlegung auf der Homepage der betroffenen Börse oder der RAB möglich.

Schliesslich wird auch das Publikationsverfahren zu regeln sein. So muss zum Beispiel die Börse oder die RAB die Möglichkeit haben, bei fehlenden relevanten Informationen seitens des Emittenten beziehungsweise des Revisionsunternehmens die Investorinnen und Investoren von Amtes wegen auf die (vermutete) fehlende staatliche Beaufsichtigung des Revisionsunternehmens hinzuweisen.

Artikel 8 Absatz 4 Ausländische Revisionsunternehmen, für welche die Zulassungspflicht in der Schweiz entfällt (Art. 8 Abs. 2 RAG), müssen sich bei der RAB melden. Damit wird sichergestellt, dass die Befreiung von der Schweizer Zulassungs- und Aufsichtspflicht nicht zu
Unrecht in Anspruch genommen wird. Dies ist umso wichtiger, als die Schweiz auf die Ausübung direkter Aufsichtsinstrumente verzichtet und auf die wirksame Beaufsichtigung durch eine als gleichwertig anerkannte Aufsichtsbehörde im Heimatstaat des Revisionsunternehmens vertraut. Dies schliesst nicht aus, dass die RAB diese um Amtshilfe mit Blick auf das ausländische Revisionsunternehmen oder auf das für den Schweizer Kapitalmarkt relevante Revisionsmandat ersucht (Art. 26 RAG). Die Schweizer Aufsicht kann sich so bis zu einem gewissen Grad auch ein Bild davon machen, ob die Partnerbehörde im Ausland ihre Kompetenzen tatsächlich und wirksam ausübt. Kommt die Schweizer Aufsichtsbehörde zum Schluss, dass dies nicht zutrifft, so bleibt ihr grundsätzlich nur, dem Bundesrat die 17

Vgl. Art. 58 ff. des Vorentwurfes vom 25. Juni 2014 zum Bundesgesetz über die Finanzdienstleistungen (Finanzdienstleistungsgesetz, FIDLEG).

5728

Aberkennung der Gleichwertigkeit zu beantragen. Je nach den Umständen kommt auch die Sanktionierung des ausländischen Emittenten durch die Schweizer Börse in Frage18.

Der Bundesrat regelt die Einzelheiten der erwähnten Meldepflicht in der RAV. Das Verfahren wird einfach ausfallen; verlangt werden voraussichtlich nur der Name und die Adresse der zuständigen ausländischen Aufsichtsbehörde sowie gegebenenfalls die ausländische Zulassungs- oder Registernummer. Zur Schaffung von Rechtssicherheit für die Investorinnen und Investoren wird die RAB eine Liste derjenigen ausländischen Revisionsunternehmen veröffentlichen, die im Ausland gleichwertig beaufsichtigt sind.

Art. 43b

Übergangsbestimmungen zur Änderung vom ...

In Bezug auf zwei Bestimmungen sind übergangsrechtliche Vorgaben notwendig:

18

­

Zum einen ist der Tatsache Rechnung zu tragen, dass das neue Recht erst in Kraft treten muss, bevor ausländische Revisionsunternehmen eine Zulassung der RAB beantragen können. Zudem braucht Letztere genügend Zeit, um die Zulassungsgesuche zu beurteilen. Sofern Revisionsunternehmen Revisionsdienstleistungen für Gesellschaften erbringen, deren Anleihensobligationen im Zeitpunkt des Inkrafttretens des neuen Rechts bereits an einer Schweizer Börse kotiert sind (Art. 8 Abs. 1 Bst. b E-RAG), und nicht von der Zulassungspflicht befreit sind, müssen sie bei der RAB innerhalb von sechs Monaten nach Inkrafttreten des neuen Rechts über eine Zulassung als staatlich beaufsichtigtes Revisionsunternehmen verfügen (Art. 43b Bst. a E-RAG). Auf ein provisorisches Zulassungssystem, wie es bei der ursprünglichen Inkraftsetzung des RAG vorgesehen wurde (vgl. Art. 43 Abs. 3 RAG), kann vorliegend verzichtet werden (vgl. vorne Ziff. 1.4.2). Durch die Einführung einer zusätzlichen Ausnahme von der Zulassungspflicht (Art. 8 Abs. 3 Bst. b E-RAG) hat ein ausländisches Revisionsunternehmen immer die Möglichkeit, die fehlende Zulassung als staatlich beaufsichtigtes Revisionsunternehmen jederzeit durch die entsprechende Information der Investorinnen und Investoren zu überbrücken. Folglich besteht für die Zulassung kein übermässiger Zeitdruck. Aus diesem Grund wurde auch der Vorschlag nicht übernommen, wonach Artikel 8 RAG nur für die ausländischen Revisionsorgane der Emittenten von Anleihensobligationen gelten soll, die sich nach dem Inkrafttreten in der Schweiz kotieren lassen (vgl. vorne Ziff. 1.4.2).

­

Zum anderen braucht es eine Übergangsregelung für die Revisionsunternehmen mit Sitz im Ausland, die von der Zulassungspflicht befreit sind.

Sofern diese Revisionsdienstleistungen für Gesellschaften erbringen, deren Anleihensobligationen im Zeitpunkt des Inkrafttretens des neuen Rechts an einer Schweizer Börse kotiert sind, müssen sie sich spätestens sechs Monate nach Inkrafttreten bei der RAB anmelden (Art. 8 Abs. 2 RAG) oder sicherstellen, dass die Investorinnen und Investoren ausdrücklich auf die fehlende staatliche Beaufsichtigung des Revisionsunternehmens hingewiesen werden (Art. 43b Bst. b E-RAG).

Art. 23 Abs. 3 RAG und Art. 8 Abs. 3bis Börsengesetz (BEHG; SR 954.1) i.V.m. Art. 13 Kotierungsreglement der SIX Exchange Regulation.

5729

3

Auswirkungen

3.1

Auswirkungen auf den Bund

3.1.1

Finanzielle Auswirkungen

Für den Bund ergeben sich durch die Anpassung des extraterritorialen Geltungsbereichs des RAG keine Auswirkungen: Die Finanzierung der Zulassung der Revisionsunternehmen sowie deren Beaufsichtigung erfolgt ausschliesslich über Gebühren und Aufsichtsabgaben, die bei den betroffenen Unternehmen erhoben werden.

3.1.2

Personelle Auswirkungen

Die im Entwurf vorgeschlagene Regelung ist erheblich ressourcenschonender als die ursprüngliche Lösung. Weil die RAB weniger ausländische Revisionsunternehmen zulassen und beaufsichtigen muss, wird kein entsprechender Ausbau der personellen Ressourcen notwendig sein.

3.2

Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden

Die Anpassung der extraterritorialen Zuständigkeit der Revisionsaufsicht hat keine Auswirkungen auf die Kantone und Gemeinden, weil die aktuelle und die künftige Aufsichtstätigkeit ausschliesslich auf Bundesebene wahrgenommen werden.

3.3

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

Die Vorlage erhöht die notwendige zeitliche Flexibilität und stellt damit ein schnelles und effizientes Kotierungsverfahren für ausländische Anleihen in der Schweiz sicher. Die Kosten für die Transparenz zugunsten der Investorinnen und Investoren fallen zudem tiefer aus als für die Zulassung und Beaufsichtigung diverser ausländischer Revisionsunternehmen. Die Wettbewerbsfähigkeit des Schweizer Anleihensmarktes und die Attraktivität des Finanzplatzes Schweiz werden dadurch gestärkt.

Gleichzeitig verfügen die Investorinnen und Investoren über alle notwendigen Elemente, um informierte Investitionsentscheide fällen zu können.

3.4

Unterstellung unter die Ausgabenbremse

Die Vorlage untersteht nicht der Ausgabenbremse (Art. 159 Abs. 3 Bst. b Bundesverfassung (BV)19), da sie weder Subventionsbestimmungen noch die Grundlage für die Schaffung eines Verpflichtungskredites oder Zahlungsrahmens enthält.

19

SR 101

5730

4

Verhältnis zur Legislaturplanung und zu nationalen Strategien des Bundesrates

4.1

Verhältnis zur Legislaturplanung

Die vorliegende Gesetzesvorlage ist weder in der Botschaft vom 25. Januar 201220 zur Legislaturplanung 2011­2015 noch im Bundesbeschluss vom 15. Juni 201221 über die Legislaturplanung 2011­2015 explizit als Massnahme erwähnt. Sie lässt sich aber unter das Ziel des Bundesrates subsumieren, die schweizerische Wirtschaft durch bestmögliche Rahmenbedingungen zu festigen (Ziel 2).

4.2

Verhältnis zu nationalen Strategien des Bundesrates

Es bestehen keine nationalen Strategien des Bundesrates, die durch den Entwurf tangiert werden.

5

Rechtliche Aspekte

5.1

Verfassungsmässigkeit

Der Entwurf zur Anpassung der extraterritorialen Zuständigkeit der Revisionsaufsicht stützt sich wie das zu ändernden RAG auf Artikel 95 BV.

5.2

Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz

Der Entwurf ist mit den internationalen Verpflichtungen der Schweiz vereinbar. Er tangiert keine Pflichten der Schweiz im Zusammenhang mit der Mitgliedschaft in internationalen Organisationen oder mit internationalen Abkommen.

5.3

Erlassform

Die Änderung von Bundesgesetzen ­ hier des RAG ­ ist ihrerseits in die Form eines Bundesgesetzes zu kleiden.

5.4

Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen

5.4.1

Delegation an den Bundesrat

Der Entwurf enthält eine ausdrückliche Delegationsnorm an den Bundesrat (Art. 8 Abs. 4 Satz 2 E-RAG). Dieser regelt demnach die Meldepflicht für ausländische Revisionsunternehmen, für welche die Zulassungspflicht in der Schweiz entfällt. Die

20 21

BBl 2012 481 BBl 2012 7155

5731

Delegation erlaubt es, die Einzelheiten der Meldepflicht flexibel an die Bedürfnisse der Praxis anzupassen.

5.4.2

Delegation an die Aufsichtsbehörde

Die RAB kann in einer Verordnung die Einzelheiten dazu bestimmen, wie die Investorinnen und Investoren über die fehlende staatliche Beaufsichtigung des ausländischen Revisionsunternehmens informiert werden (Art. 8 Abs. 5 E-RAG).

5732