Bericht über die Menschenrechtspolitik der Schweiz vom 16. Februar 2000

Sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, wir unterbreiten Ihnen den Bericht über die Menschenrechtspolitik der Schweiz und ersuchen Sie, davon Kenntnis zu nehmen.

Wir beantragen Ihnen ferner, folgendes Postulat abzuschreiben: 1997 P

97.3621

Kohärenz-Bericht (N 17.12.1997, Bäumlin)

Wir versichern Sie, sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

16. Februar 2000

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates

10889

Der Bundespräsident: Adolf Ogi Die Bundeskanzlerin: Annemarie Huber-Hotz

2586

2000-0502

Übersicht Die Antwort des Bundesrates auf das Postulat Bäumlin stellt in einem ersten Teil das operationelle Konzept der internationalen Menschenrechtspolitik der Schweiz vor (Ziff. 2) und zeigt zusammenfassend die Schwerpunkte der politischen Aktionslinien auf. Der Synthese liegen die Prinzipien und die in den vergangenen Jahren verfolgte Praxis zu Grunde. Das Konzept will die Entscheidungsprozesse in diesem Bereich vereinfachen. Dabei wird die Bedeutung der Menschenrechte gegenüber den anderen aussenpolitischen Prioritäten unseres Landes aufgezeigt (Ziff. 2.1).

Sodann wird ein vollständiges Inventar der uns zur Verfügung stehenden Instrumente vorgelegt. Verschiedene Instrumente und deren Anwendungskontext werden anschliessend erläutert (Ziff. 2.2). Zur erleichterten Entscheidungsfindung soll die Beschreibung dieses Kontexts (Kohärenz, Konditionalität, Zuständigkeiten und Zusammenarbeit, Ziff. 2.3) beitragen. In einem zweiten Teil (Ziff. 3) illustriert der Bericht konkret unsere Politik seit dem Ende der Ost-West-Konfrontation. Er liefert einen Überblick über die Aktionen der Schweiz auf multilateraler Ebene (OSZE, Europarat und UNO), wo wir besonders aktiv waren und wo zahlreiche neue Entwicklungen stattfanden.

In den abschliessenden Überlegungen (Ziff. 4) hebt der Bericht insbesondere die Tatsache hervor, dass eine kohärente und glaubwürdige Menschenrechtspolitik den Menschenrechten global zur Geltung verhelfen muss, da sie allgemein gültig und unteilbar sind. In diesem Sinne findet die schweizerische Menschenrechtspolitik auch Eingang in die Politik der Förderung wirtschaftlicher Beziehungen und der Entwicklungszusammenarbeit. Der Bundesrat strebt auf diesen drei Ebenen und in der ganzen Aussenpolitik der Schweiz Kohärenz an. Er bemüht sich, Widersprüche sowie Ziel- oder Interessenkonflikte gezielt zu vermeiden.

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Bericht 1

Einleitung

1.1

Postulat Bäumlin vom 17. Dezember 1997

Am 17. Dezember 1997 reichte Nationalrätin Ursula Bäumlin ein von 32 Mitunterzeichnenden unterstütztes Postulat mit folgendem Wortlaut ein: ,,Der Bundesrat erstattet einen Kohärenzbericht als Ergänzung des Berichts zur CHAussenpolitik der 90er-Jahre, zum Menschenrechts-Bericht von 1982, zu den OSZE-Aktivitäten der Schweiz (insbesondere im Bereich Minderheitenschutz), unter Einbezug aussenwirtschaftspolitischer und entwicklungspolitischer Aktivitäten (insbesondere unter dem Aspekt bilateraler und multilateraler Good GovernanceGuidelines).

Die verschiedenen involvierten Departemente und Bundesämter sind in die Berichtserstellung so einzubeziehen, dass Divergenzen offen gelegt und alsdann überwunden werden können. Die Federführung liegt beim EDA, namentlich bei der Politischen Abteilung IV.,, Die Begründung des Postulats lautet wie folgt: ,,Seit Jahren stossen wir in der Aussen- und Aussenwirtschaftspolitik, im Vollzug der Entwicklungszusammenarbeit und beim immer bedeutender werdenden ,Pfeiler der Aussenpolitik`, der Menschenrechtspolitik, auf Inkompatibilitäten, Ziel- und Interessenkonflikte, sprich: Kohärenz-Probleme. Vor sechs Jahren reichte ich eine parlamentarische Initiative zur Ausarbeitung eines eigenen Menschenrechtsgesetzes ein, in welcher: a.

Gegenstand, Grundsätze, Ziele und Formen der CH-Menschenrechtspolitik umschrieben werden sollten,

b.

ihre Finanzierung geregelt und

c.

die Kompetenzordnung ihres Vollzugs geordnet worden wäre.

Ein Hauptanliegen war damals, dass Menschenrechtspolitik mindestens vermehrt Parlamentspolitik werden sollte. Die bundesrätliche Menschenrechtspolitik hätte regelmässig diskutiert und legislativ beeinflusst werden können, nämlich bei der Festsetzung eines Rahmenkredits sowie bereits beim Erlass einer gesetzlichen Grundlage dazu. Es gab schon früher APK-Vorstösse dazu, welche mit dem Verweis auf die BV-Revision schlicht auf ,später` verschoben wurden.

Ausgangspunkt war der Menschenrechtsbericht, welcher von Frau Nationalrätin Nanchen ausgelöst und 1982 erstattet wurde. Er hält die diskrete Menschenrechtspolitik noch für die beste und einzig richtige, und diese extreme Zurückhaltung wurde vom Bundesrat während langer Jahre durchgezogen, was ich schon damals als für eine kohärente, letztlich friedensorientierte internationale Politik schädlich bezeichnete.

Ich wies schon damals ­ in der vorberatenden Kommission ­ auf die prozessuale Entwicklung der Menschenrechtspolitik über die EMRK ­ damals noch KSZE ­ sowie in diesem Zusammenhang auf die Frage der Minderheiten und den damit zusammenhängenden Paradigmenwechsel von den Individual- zu ethnisch-kulturellen

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Rechten hin, die oft sehr quer in der nationalen Staatenordnung stehen. Weil damit aber drängende Probleme wie z.B. jenes der Gewaltflüchtlinge zusammenhängen, begrüsste ich es sehr, dass der Bundesrat die Minderheitenfrage Anfang der 90erJahre in der KSZE eingebracht hat.,,

1.2

Antwort auf das Postulat Bäumlin

Der Bundesrat erklärte sich am 16. März 1998 bereit, das Postulat entgegenzunehmen. Der vorliegende Bericht stellt die Antwort auf den parlamentarischen Vorstoss dar. Er konkretisiert ein Kapitel aus dem Bericht vom 29. November 1993 über die Aussenpolitik der Schweiz in den 90er-Jahren. Dieses Kapitel befasst sich mit einer der insgesamt fünf Prioritäten unserer Aussenpolitik, nämlich mit dem Engagement für Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit1.

Der vorliegende Bericht behandelt im ersten Teil das operationelle Konzept der internationalen Menschenrechtspolitik der Schweiz (Ziff. 2) und zeigt zusammenfassend die Schwerpunkte der politischen Aktionslinien auf. Der Synthese liegen die Prinzipien und die in den vergangenen Jahren verfolgte Praxis zu Grunde. Das Konzept will die Entscheidungsprozesse in diesem Bereich vereinfachen. Deshalb wird die Bedeutung der Menschenrechte gegenüber den anderen aussenpolitischen Prioritäten unseres Landes aufgezeigt (Ziff. 2.1). Sodann wird ein vollständiges Inventar der uns zur Verfügung stehenden Instrumente vorgelegt. Verschiedene Instrumente werden anschliessend erläutert (Ziff. 2.2) und ihr Anwendungskontext (Kohärenz, Konditionalität, Zuständigkeiten und Zusammenarbeit, Ziff. 2.3) beschrieben. In einem zweiten Teil (Ziff. 3) illustriert der Bericht konkret unsere Politik seit dem Ende der Ost-West-Konfrontation. Er liefert einen Überblick über die Aktionen der Schweiz auf multilateraler Ebene (OSZE, Europarat und UNO), wo wir besonders aktiv waren und wo zahlreiche neue Entwicklungen stattfanden.

Die in der Begründung des Postulats angeführten ,,Inkompatibilitäten,, haben die Schweiz nicht daran gehindert, in den 90er-Jahren eine substanzielle Menschenrechtspolitik zu verfolgen. Mittels vereinfachter Entscheidungsprozesse soll das Konzept (Ziff. 2) einerseits die Kohärenz und Wirksamkeit der Menschenrechtspolitik steigern und andererseits die Synergien mit anderen Prioritäten der schweizerischen Aussenpolitik verstärken. Unter den fünf Prioritäten der schweizerischen Aussenpolitik bestehen keine wesentlichen Widersprüche. Jede Entscheidungsfindung, welche die verschiedenen Elemente und Kriterien angemessen berücksichtigt, muss das Risiko von Ziel- und Interessenkonflikten auf ein Minimum beschränken.

1

Dieser Aspekt unserer Politik war bereits Gegenstand eines ausführlichen Berichts des Bundesrates vom 2. Juni 1982. Sein Titel lautet: "Bericht zur Politik der Schweiz zugu nsten der Menschenrechte."

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2

Operationelles Konzept der schweizerischen Menschenrechtspolitik

2.1

Die Menschenrechte in der schweizerischen Aussenpolitik

Das Engagement für Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit stellt eines der fünf Ziele der schweizerischen Aussenpolitik dar. Es ist die natürliche Ergänzung der anderen Ziele schweizerischer Aussenpolitik. Diese sind: Wahrung und Förderung von Sicherheit und Frieden, Förderung der Wohlfahrt, Förderung des sozialen Zusammenhalts und Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen. Der Bundesrat bekräftigt seine Überzeugung, dass Frieden, Entwicklung und Stabilität nur in einer Staatengemeinschaft von Dauer sein können, die auf der Achtung der Menschenrechte, der Demokratie und des Rechtsstaates gründet. Deshalb muss eine kohärente und glaubwürdige Politik formuliert werden, die darauf abzielt, diese Prinzipien zu fördern und deren Verletzung auf internationaler Ebene zu bekämpfen.

Der Bundesrat pflichtet uneingeschränkt dem Konsens bei, der 1993 anlässlich der Weltkonferenz über die Menschenrechte erzielt wurde und der insbesondere daran erinnert, dass ,,der universelle Charakter der Freiheitsrechte unantastbar ist (...). Die Menschenrechte und Grundfreiheiten sind das Geburtsrecht aller Menschen.,, Das gleiche Dokument führt aus, dass ,,alle Menschenrechte allgemein gültig und unteilbar sind, einander bedingen und einen Sinnzusammenhang bilden (...). Zwar ist die Bedeutung nationaler und regionaler Besonderheiten und unterschiedlicher historischer, kultureller und religiöser Voraussetzungen im Auge zu behalten, aber es ist die Pflicht der Staaten (...), alle Menschenrechte und Grundfreiheiten zu fördern und zu schützen.,, Die Erklärung stellt zudem fest, dass ,,die Förderung und Wahrung aller Menschenrechte und aller Grundfreiheiten ein legitimes Anliegen der internationalen Gemeinschaft ist.,,2 Für den Bundesrat bedeutet die Konkretisierung der universellen Menschenrechte ein Ziel, dessen Realisierung noch aussteht, aber auch eine Herausforderung, die es zu bewältigen gilt.

Gewannen die Menschenrechte in den vergangenen Jahrzehnten im Rahmen der internationalen Beziehungen zunehmend an Bedeutung, so dürften diese das begonnene neue Jahrhundert in einem noch viel grösseren Masse prägen. Das Bewusstsein, das die Katastrophen des 20. Jahrhunderts geschaffen haben, muss sich im neuen Jahrhundert weitaus mehr in handfesten Tatsachen niederschlagen, als dies heute der Fall ist. Angesichts dieser
Herausforderungen beabsichtigt der Bundesrat, sich in seinen internationalen Beziehungen stärker zu engagieren, nämlich für: Achtung und Förderung der Menschenrechte 3

­

Die Menschenrechte sind Rechte, welche jeder Person gegenüber dem Staat, aber auch gegenüber Privaten zustehen. Bürgerliche, kulturelle, politische, soziale und wirtschaftliche Rechte sind allgemein gültig und unteilbar. Die

2 3

Weltkonferenz über die Menschenrechte, Erklärung und Aktionsprogramm von Wien (Juni 1993), I. Kap. 1, 5 und 4.

Das Engagement der Schweiz für die Achtung und Umsetzung der Genfer Konventionen und ihrer Zusatzprotokolle ­ unser Land ist Depositarstaat ­ steht in engem Zusammenhang mit der Menschenrechtspolitik (vgl. Bericht über die Aussenpolitik der Schweiz in den 90er-Jahren, Ziff. 412). Dies gilt auch für das Engagement der Schweiz im Rahmen der humanitären Hilfe, insbesondere dort, wo sie ihren Beitrag zur Achtung des Rechts auf Leben und diverser wirtschaftlicher und sozialer Rechte leistet.

2590

Menschenrechte stehen für die Anerkennung der Würde jedes Menschen, ob Frau oder Mann, und für sein Selbstbestimmungsrecht.

­

Demokratie (einschliesslich der Entwicklung und Stärkung demokratischer Prozesse) und Rechtsstaatlichkeit Ein auf freien Wahlen beruhender Rechtsstaat und eine pluralistische Demokratie mit Beteiligung des Volkes ­ Strukturen, die dazu bestimmt sind, die Achtung der Menschenrechte zu gewährleisten ­ sind unverzichtbare Voraussetzungen für die Errichtung einer dauerhaften Ordnung für Frieden, Sicherheit, Gerechtigkeit und Zusammenarbeit. In diesem Rahmen ist die pluralistische Demokratie ein wesentliches Element des Rechtsstaates. Diese beruht auf verschiedenen Prinzipien, die grundlegend sind für den vollständigen Ausdruck der einem Menschen inhärenten Würde, und auf den allen Menschen zustehenden und unveräusserlichen Rechten4.

2.2

Instrumente

Im Rahmen ihrer internationalen Beziehungen verfügt die Schweiz über zahlreiche Instrumente, die geeignet sind, Beeinträchtigungen der Menschenrechte zu bekämpfen, deren Einhaltung zu fördern und die Schaffung der zu diesem Zweck erforderlichen Rahmenbedingungen zu unterstützen (Rechtsstaat, Demokratie). Diese Instrumente werden nachfolgend aufgeführt. Einige dieser Instrumente werden in genereller Weise kommentiert.

2.2.1

Diplomatische Instrumente

Die Anzahl und Intensität unserer bilateralen und multilateralen diplomatischen Aktionen erhöht sich beständig. Um im Einklang mit den Prinzipien unserer Aussenpolitik zu stehen, dürfen diese die Menschenrechte nicht für politische Zwecke verwenden. Grundsätzlich müssen sie humanitären Erfordernissen entsprechen. Auf bilateraler Ebene zielen sie darauf ab, das Schicksal einer oder mehrerer Personen oder gar von Bevölkerungsgruppen (z.B. Minderheiten) zu verbessern. Unsere Politik ist universell und muss deshalb jede schwere Verletzung der Menschenrechte verurteilen, ungeachtet des politischen, wirtschaftlichen und sozialen Systems des betreffenden Staates und unabhängig von der geografischen Region, in der eine solche Verletzung erfolgt. Die Kriterien zur Beurteilung einer Verletzung der Menschenrechte ­ die unter Umständen eine Intervention zu Gunsten des Opfers erforderlich macht, was unabhängig ist von dessen Nationalität ­ werden durch Völkerrecht (Gewohnheitsrecht, Übereinkommen) festgelegt. Jede Intervention muss auf objektiven, gesicherten und detaillierten Informationen beruhen, was vertrauenswürdige und, wenn möglich, verschiedene Informationsquellen erforderlich macht. Bevor eine Entscheidung für oder gegen eine Intervention getroffen wird, müssen diese Quellen die Informationen über die Menschenrechtsverletzungen bestätigen.

4

Vgl. das Kopenhagener Dokument von 1990 über die menschliche Dimension der OSZE (vgl. Präambel und Ziff. I/3, 5, 5.1­5.21, 6, 7, 7.1­7.9 und 8).

2591

Die Schweiz bedient sich folgender diplomatischer Instrumente: ­

Politischer Dialog über die Menschenrechte, der mit zahlreichen Staaten geführt wird (z.B. anlässlich offizieller Visiten oder von Arbeitsbesuchen, einschliesslich parlamentarischer Delegationen; durch Vermittlung der schweizerischen Botschaften);

­

spezifischer Dialog mit bestimmten Ländern (z.B. mit China, Marokko, Vietnam, Pakistan und Kuba).

Hierbei handelt es sich um die Schaffung bilateraler Beziehungen, die sich durch Kontinuität auszeichnen. Der Dialog über die Menschenrechte mit einem betroffenen Staat konzentriert sich auf bestimmte Themen (z.B. Rechte von Frauen, Haftbedingungen). Dieser Dialog beinhaltet insbesondere einen regelmässigen Austausch von Expertinnen und Experten auf diesem Gebiet.

Vertiefte Gespräche über die Lage der Menschenrechte in den Partnerländern ermöglichen es, die Probleme wie auch die Massnahmen zur Verbesserung der Situation vollumfänglich zu identifizieren. Die beiden Länder führen konkrete Programme durch, und zwar solche staatlicher oder privater Natur (z.B. Sensibilisierung und Ausbildung im Bereich der Menschenrechte in der Verwaltung, Rechtshilfe). Die Partnerländer sind, soweit möglich, Schwerpunktländer der Schweizer Entwicklungszusammenarbeit.

Die Kohärenz und Glaubwürdigkeit unserer Menschenrechtspolitik verlangt bestimmte Kriterien, Bedingungen und Beschränkungen, um den bilateralen Dialog (zwischen Expertendelegationen) aufzunehmen und fortzuführen: ­ fortdauernde Probleme im Bereich der Menschenrechte im betreffenden Land; ­ die Bereitschaft des betreffenden Staates zum kritischen und konstruktiven Dialog, was auch den Einsatz anderer Aktionsmittel im diplomatischen, rechtlichen und wirtschaftlichen Bereich wie auch in der Zusammenarbeit beinhalten kann; ­ Aussicht auf Verbesserung der Lage; ­ Übereinstimmung von Interessen, gegebenenfalls mit anderen Elementen unserer Aussenpolitik (Migration, Entwicklungszusammenarbeit, Friedenspolitik usw.).

Ein Dialog, dem es mittel- oder langfristig an Transparenz und Goodwill mangelt und der sich als erfolglos erweist, oder auch neue schwere und wiederholte Menschenrechtsverletzungen im betreffenden Land können dazu führen, dass die Gespräche ausgesetzt werden und eine günstigere politische Entwicklung abgewartet wird. Schlimmstenfalls wird der Dialog eingestellt.

­

Politische Intervention auf multilateraler Ebene (Deklarationen, Resolutionen und Implementierung von Prozessen und Mechanismen) in internationalen Gremien, die sich mit Menschenrechten befassen (z.B. Menschenrechtskommission der UNO und menschliche Dimension der OSZE), und im Rahmen anderer internationaler Organisationen (z.B. Europarat, IAO und UNESCO) sowie in Koordinationsinstitutionen von Geberländern (z.B.

Weltbank und regionale Entwicklungsbanken);

­

Sondermandat der Schweiz (z.B. ,,menschliche Dimension,, im Rahmen des multilateralen Friedensprozesses für den Nahen Osten; gemeinsamer Vorsitz

2592

beim runden Tisch ,,Demokratisierung und Menschenrechte,, im Rahmen des Stabilitätspaktes für Südosteuropa); ­

Bereitstellung von Expertinnen und Experten für Beobachtungs-, Abklärungs- oder Versöhnungsmissionen (z.B. Missionen der UNO, der OSZE, des Europarates oder staatlicher Ad-hoc-Gruppen); 5

­

bilaterale Vorstösse bei spezifischen Menschenrechtsverletzungen (z.B.

Freilassungsgesuche) oder besorgniserregenden Situationen (z.B. diskriminierende Gesetze).

Die Schweiz verfügt nicht über das nötige politische und wirtschaftliche Gewicht, um einen Staat dazu zu zwingen, auf einen öffentlichen Vorstoss positiv zu reagieren. Im Allgemeinen sind unsere Interventionen vertraulicher Natur und nicht öffentlich, da sie vor allem wirksam sein und weniger politischen Gewinn in der öffentlichen Meinung erzielen sollen. Dieser Anspruch auf Wirksamkeit kann uns dazu veranlassen, uns Vorstössen anderer Länder oder Ländergruppen anzuschliessen (z.B. Kanada, Norwegen, EU), sofern diese nicht unsere Eigenheit und Glaubwürdigkeit, z.B. als neutraler Staat ohne koloniale Vergangenheit und mit humanitärer Tradition, beeinträchtigen;

­

öffentliche Erklärungen des Bundesrates bei schweren und wiederholten Menschenrechtsverletzungen (z.B. Institutionalisierung einer Politik der Rassentrennung durch einen Staat);

­

andere Massnahmen: z.B. Absage oder Verschiebung eines offiziellen Besuchs; Beschränkungen von Visaerteilungen; Rückruf eines Botschafters zu Konsultationszwecken, Zurückstufung diplomatischer Beziehungen sowie ­ als letzte Massnahme und auf Grund weiterer Kriterien ­ die Aussetzung dieser Beziehungen.

2.2.2

Rechtliche Mittel und Instrumente

Die Schweiz bemüht sich, die Umsetzung6 der internationalen Menschenrechtsstandards (wie übrigens auch jene des humanitären Völkerrechts) zu fördern, um so deren Achtung zu gewährleisten. Die internationale Glaubwürdigkeit unseres Landes steht in engem Zusammenhang mit der Ratifizierung verschiedener rechtlicher Instrumente in diesem Bereich wie auch mit ihrer Umsetzung innerhalb unserer Rechtsordnung. Die Schweiz setzt alles daran, bestimmte Instrumente der UNO und des Europarates zu ratifizieren bzw. abzuklären, ob deren Ratifizierung angebracht

5 6

Das EDA bildet Menschenrechtsbeobachter (Schweizer und Ausländer) aus (vgl.

Ziff. 3.4).

Zwar haben die aussergerichtlichen Kontrollmechanismen der UNO-Konventionen eher geringe Durchsetzungskraft; trotzdem trägt die Ratifizierung durch eine grösstmögliche Anzahl von Staaten (einschliesslich der Schweiz) weltweit zu einem besseren Schutz der Menschenrechte bei. Der Beitritt unseres Landes zu diesen Instrumenten stärkt zudem die Position jener Länder, die dafür kämpfen, dass Demokratie, Rechtsstaat und Menschenrechte global an Terrain gewinnen. Auf internationaler Ebene verfügt die Schweiz als Vertragspartei über eine rechtliche Grundlage, die ihr ermöglicht, bei den Vertragsstaaten, welche die Konventionen missachten, konkret zu intervenieren.

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ist7. Unser Land muss sich auch für eine bessere Anwendung der geltenden Normen einsetzen, indem es weiterhin auf die Annahme von Instrumenten hinarbeitet, die dem Schutz der Menschenrechte dienen8. Die Schweiz muss auch regelmässig prüfen, ob die erforderlichen Voraussetzungen für die Annahme weiterer internationaler Kontrollmechanismen gegeben sind9.

Die der Schweiz zur Verfügung stehenden Mittel sind folgende: ­

Teilnahme an Projekten zum Zweck der Entwicklung des Völkerrechts im Bereich Menschenrechte und insbesondere zum Zweck der Annahme rechtlich bindender Instrumente (z.B. Europarat, Kommission für Menschenrechte und Dritte Kommission der UNO-Vollversammlung, IAO, UNESCO);

­

Entscheid, Vertragspartei universeller oder regionaler Menschenrechtsinstrumente (Beitritt oder Ratifizierung) zu werden;

­

Entsendung von Schweizer Expertinnen und Experten im Rahmen der Rechtshilfe oder von Programmen wie ,,Menschenrechte, Rechtsstaat und Demokratie,, des Europarats (z.B. ,,Démodroit, Themis, Lode,,);

­

Einreichung einer Staatenklage bei einer internationalen Organisation (z.B.

Europarat, UNO) auf der Grundlage eines durch ein Übereinkommen vorgesehenen Mechanismus.

2.2.3

Wirtschaftliche Instrumente

Langfristig sind die Wahrung der Menschenrechte und die wirtschaftliche Entwicklung zwei sich gegenseitig ergänzende Grundpfeiler unserer Aussenpolitik10. Einerseits gibt es ohne Achtung der Menschenrechte keinen Rechtsstaat und umgekehrt.

Auch ist ohne Rechtsstaat keine dauerhafte wirtschaftliche und menschliche Entwicklung möglich, da es ohne eine verlässliche und anerkannte Rechtsordnung keine Sicherheit für die Wirtschaft und für Investitionen gibt. Andererseits kann die Aussenwirtschaftspolitik zur Förderung der Menschenrechte beitragen: Je wichtiger die Beziehungen der Schweiz zu einem Land (insbesondere die wirtschaftlichen Beziehungen) im Prinzip sind, um so grösser ist die Chance, dass der politische Dialog über Menschenrechte Früchte tragen wird. Die Einhaltung der Menschenrechte und wirtschaftliche Entwicklung bedingen einander, wenn Frieden und Stabilität in einem Land gesichert werden sollen.

7

8 9

10

Diese Instrumente sind namentlich: UNO-Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes, Protokolle 1­4 zur Europäischen Menschenrechtskonvention, Statut des Internationalen Strafgerichtshofs, Europäisches Übereinkommen über Menschenrechte und Biomedizin. Von der Kommission für Sicherheit und öffentliche Gesundheit des Nationalrates wird noch abgeklärt, ob die Europäische Sozialcharta ratifiziert werden soll.

Vgl. die Initiative mit Costa Rica, deren Ziel die Ausarbeitung eines Zusatzprotokolls zum UNO-Übereinkommen gegen die Folter ist (vgl. Ziff. 3.3).

Protokoll 1 zum Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte, Erklärung gemäss Art. 14 des Übereinkommens über Rassendiskriminierung, Zusatzprotokoll zum Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau.

Vgl. auch die neue Bundesverfassung, Art. 54 Abs. 2 (Auswärtige Angelegenheiten) und 101 (Aussenwirtschaftspolitik).

2594

Vor diesem Hintergrund kann der Bund nur im Rahmen solcher wirtschaftlicher Instrumente handeln, die ihn für zuständig erklären, Massnahmen zu ergreifen oder sich an solchen zu beteiligen. Die Sanktionen, die der Bundesrat in besonders schweren Fällen als ultima ratio beschliessen kann, werden nur dann die gewünschte Wirkung zeitigen, wenn sie von der internationalen Gemeinschaft oder zumindest von einer Reihe wichtiger Staaten ergriffen werden. Die Erfahrungen zeigen im Übrigen, dass solche Massnahmen generell auf kurze Frist keine positive Änderung der Menschenrechtssituation herbeiführen. Sie können sogar mehr den schwachen Gesellschaftsgruppen als den Verantwortlichen der Menschenrechtsverletzungen Schaden zufügen. Nur langfristig können sie die gewünschten Resultate erzielen.

Die von der Schweiz eingesetzten wirtschaftlichen Instrumente ­ im Allgemeinen positive, selten negative Massnahmen ­ sind folgende:

11

12

­

Unterstützung der Entwicklung eines fairen Welthandels und Förderung von Investitionen, insofern als die wirtschaftliche Entwicklung die Wohlfahrt in den Partnerländern steigert und die Beziehungen zum Ausland intensiviert.

Dialog und Ideenaustausch tragen effektiv zur Verbesserung der Menschenrechtssituation bei und erschweren die Verletzung dieser Rechte, und sei es auch nur, dass deren Kaschierung fast unmöglich wird;11

­

offener und konstruktiver Dialog über Menschenrechtsfragen in bilateralen Wirtschaftsverhandlungen, parallel und in Abstimmung mit der Aussenpolitik;

­

Entwicklung oder Stärkung der wirtschaftlichen und handelspolitischen Zusammenarbeit mit Staaten, die besondere Anstrengungen unternehmen, die Menschenrechte zu wahren und zu fördern (z.B. wenn ein Staat seine systematische Politik der Rassentrennung aufgibt), insofern als solche Bemühungen positiv zu Buche schlagen und diese darüber hinaus der Wirksamkeit von Massnahmen in der wirtschaftlichen und wirtschaftspolitischen Zusammenarbeit förderlich sind;

­

Teilnahme an der Durchführung von Wirtschaftssanktionen, die von der internationalen Gemeinschaft beschlossen wurden (z.B. im Falle eines Staates, der den Terrorismus direkt unterstützt oder ,,ethnische Säuberungen,, durchführt);

­

Nichterteilung von Ausfuhrbewilligungen für Kriegsmaterial12 bei schweren Verletzungen der Menschenrechte (z.B. bei Verdacht, dass die Waffen zu repressiven Zwecken eingesetzt werden);

­

Verweigerung der Exportrisiko- und Investitionsrisikogarantie (ERG/IRG) bei schweren und systematischen Menschenrechtsverletzungen (z.B. falls die zu unterstützenden Projekte direkt eine Diktatur finanzieren).

In diesem Zusammenhang haben die Schweizer Exportfirmen, insbesondere die transnationalen Unternehmen, ein eigenständiges Interesse ­ aus Effizienz- wie auch aus Imagegründen ­, die Achtung bestimmter ethischer Normen in den betreffenden Ländern und den Beziehungen zu ihnen zu wahren.

Vgl. Art. 22 des Kriegsmaterialgesetzes vom 13. Dez. 1996 (SR 514.51) und Art. 5 Bst. b der Kriegsmaterialverordnung vom 25. Febr. 1998 (SR 514.511).

2595

2.2.4

Instrumente der Zusammenarbeit

Die schweizerische Entwicklungszusammenarbeit13 beabsichtigt unter anderem, konkret zur Förderung aller Menschenrechte beizutragen, den bürgerlichen, kulturellen, politischen, sozialen oder wirtschaftlichen. Aus diesem Grunde führt sie in diesem Bereich spezielle Projekte durch. Gleichzeitig legt sie Wert darauf, negative Auswirkungen der Programme auf die Menschenrechte zu vermeiden.

Damit sich die DEZA-Aktivitäten in einer glaubwürdigen und effizienten Menschenrechtspolitik niederschlagen, müssen diese Aktionen und andere staatliche Massnahmen kohärent sein. Insbesondere müssen die Massnahmen im Bereich Rückkehrhilfe (für Flüchtlinge oder Asylsuchende) oder Migrationspolitik berücksichtigt werden. Eine kohärente Politik muss im Übrigen alle die schweizerische Zusammenarbeit betreffenden Massnahmen umfassen, einschliesslich jener im Bereich Wirtschafts- und Handelspolitik des seco (insbesondere Massnahmen zur Investitions- und Exportförderung in den Entwicklungsländern).

Die Integration der Menschenrechte, des Rechtsstaates und der ,,Good Governance,, in die Programme der schweizerischen Entwicklungszusammenarbeit schafft positive Voraussetzungen (bezüglich der negativen Konditionalität, vgl. Ziff. 2.3.2).

Die Instrumente der Zusammenarbeit werden im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit14 und der humanitären Hilfe, der Operationen zur Friedenserhaltung15 und allgemeiner Aktivitäten zu Gunsten der Menschenrechte und des Völkerrechts16 eingesetzt. Die Instrumente sind folgende:

13

14

15 16

­

Unterstützung von Programmen zur Förderung der Entwicklung einer pluralistischen Zivilgesellschaft: z.B. Initiativen zur Sensibilisierung der Bevölkerung für die Menschenrechte; Verteidigung der Interessen schwacher Gruppen (Frauen, Kinder, Minderheiten usw.); Unterstützung lokaler Nichtregierungsgruppen zur Verteidigung von Menschenrechten, Bildungsinitiativen in diesem Bereich, Unterstützung für die Schaffung freier und unabhängiger Medien; Beitrag zu IAO-Programmen zur Förderung des Dialogs und der Zusammenarbeit zwischen den unabhängigen Sozialpartnern in der Arbeitswelt;

­

Unterstützung von Programmen zur Stärkung des Rechtsstaates: z.B. Beitrag zur Verbesserung der Funktionsweise des Rechtssystems und der Ge-

Vgl. Leitlinien Nord-Süd des Bundesrates vom 7. März 1994 (vgl. insbesondere Ziff.1.5, 2.1, 2.2 und 2.3) und Leitlinien des EDA (DEZA) von 1998 im Bereich der Förderung der Menschenrechte und Entwicklungszusammenarbeit, insbesondere Kap. III, Ziff. 10 ,,Kohärenz,,.

Im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit, der humanitären Hilfe und der Unterstützung der zentral- und osteuropäischen Länder unterstützt die DEZA auch bilaterale und multilaterale Projekte zur Förderung der bürgerlichen und politischen Rechte und des Demokratisierungsprozesses (ca. 9,6 Mio. Fr. jährlich).

Die Politische Abteilung III unterstützt auch Menschenrechtsaktionen im Rahmen von ,,Operationen zur Friedenserhaltung,, (jährlich ca. 2,3 Mio. Fr.).

Ein jährlicher Kredit von ca. 1,78 Mio. Fr. für ,,Aktionen zu Gunsten der Menschenrechte und des Völkerrechts,, wird von der Politischen Abteilung IV und der DV verwaltet. Er wird zur Unterstützung von Projekten von NGOs und diversen UNO-Menschenrechtsfonds sowie für Aktivitäten im Bereich des humanitären Rechtes verwendet. Ein Teil des Kredits ,,Menschliche Dimension/Friedensprozess im Nahen Osten,, (jährlich 1 Mio. Fr.)

wird entsprechenden Projekten in der Region zugeführt.

2596

richte, wie auch an Organisationen, die auf einen verbesserten Zugang zur Gerichtsbarkeit hinarbeiten; ­

Unterstützung von Aktionsprogrammen und Projekten zur Einhaltung von ,,Good Governance,,-Prinzipien: z.B. Verwaltungsreformen, Kampf gegen die Korruption;

­

Unterstützung von Aktionsprogrammen und Projekten zur Wahrung und Förderung der Menschenrechte: z.B. Beiträge an NGOs und UN-Fonds (Folter, autochthone Völker usw.);

­

Neuausrichtung, Verringerung und bei Bedarf Einstellung der Entwicklungszusammenarbeit im Falle sehr schwerer und systematischer Menschenrechtsverletzungen, z.B. wenn ein Schwerpunktland unserer Entwicklungszusammenarbeit Schauplatz eines Völkermords ist;

­

Verringerung oder Einstellung wirtschafts- oder handelspolitischer Massnahmen für Entwicklungsländer (z.B. Zahlungsbilanzhilfe, Mischkredite, Massnahmen zur Investitions- und Handelsförderung, Entschuldungsmassnahmen) im Falle sehr schwerer und systematischer Menschenrechtsverletzungen.

2.2.5

17 18

Weitere Instrumente

­

Humanitäre Hilfe und Unterstützung von Opfern bewaffneter Konflikte und Naturkatastrophen, in Form von Direktmassnahmen oder als Unterstützung von Aktionen internationaler und schweizerischer Entwicklungshilfeorganisationen. Diese Hilfe erfolgt mittels Einsatz von Angehörigen des Schweizerischen Katastrophenhilfekorps, durch finanzielle Beiträge, Nahrungsmittelund Materiallieferungen. Sie wird unabhängig von Nationalität, Rasse, Religion, Geschlecht, politischer oder sozialer Zugehörigkeit gewährt;

­

Aufnahme in der Schweiz17 aus humanitären Gründen von Flüchtlingen und Personen, die Opfer von Gewalt wurden. In diesem Zusammenhang ist es darüber hinaus angebracht, daran zu erinnern, dass die Schweiz in Übereinstimmung mit geltenden Abkommen und Gesetzen18 verpflichtet ist, keine ausländische Person an ein Land auszuweisen, abzuschieben oder auszuliefern, in dem ihre Integrität, ihre Freiheit und ihr Leben in Gefahr sind;

­

Verweigerung von Rechtshilfe (einschliesslich Auslieferung) im Falle eines Staates, der die Menschenrechte missachtet, oder Gewährung der Beihilfe nur auf Grundlage von Bedingungen.

Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, Asylgesetz, Bundesgesetz über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer.

Europäische Menschenrechtskonvention, Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, Folterkonvention, Asylgesetz, Bundesgesetz über internationale Rechtshilfe in Strafsachen.

2597

2.3

Umsetzungsrahmen: Kohärenz, Konditionalität, Zuständigkeiten und Zusammenarbeit mit Partnern ausserhalb der Bundesverwaltung

2.3.1

Allgemeines

Die oben beschriebenen Instrumente sind positiv, wenn es um die Achtung der Menschenrechte geht, negativ, wenn sie die Ahndung von Verletzungen zum Ziel haben. Sie werden autonom, bilateral oder multilateral eingesetzt und ergänzen sich gegenseitig. Die Instrumente können gleichzeitig oder graduell eingesetzt werden.

Jede Entscheidung wird auf der Grundlage einer Situationsanalyse gefällt, welche die Identifikation des oder der angemessenen Instrumente im entsprechenden Fall ermöglicht, und unter Abwägung der auf dem Spiel stehenden schweizerischen Interessen (z.B. Berücksichtigung der Innen- und Aussenpolitik, Wahrung des Völkerrechts, Status der bilateralen Beziehungen usw.). Ziel bleibt immer die Verteidigung und Förderung der Menschenrechte, unter Umständen im Rahmen einer internationalen, insbesondere multilateralen Zusammenarbeit.

Unsere Politik für die Menschenrechte wird auf internationaler, aber auch auf nationaler Ebene an Kohärenz und Glaubwürdigkeit gewinnen, wenn alle Akteure die gleichen Prinzipien teilen und in einer Form zusammenarbeiten, dass bei allgemeinpolitischen Entscheidungen (Ausländer- und Asylpolitik, Entwicklungszusammenarbeit, Aussenwirtschaftspolitik) Kriterien der Menschenrechte sowie der Demokratie und des Rechtsstaats Eingang finden.

2.3.2

Kohärenz auf Ebene des Bundesrates: Konditionalität

Zur Sicherung der Kohärenz der schweizerischen Aussenpolitik beschloss der Bundesrat am 20. September 1999, dass Entscheidungen zur Anwendung der politischen Konditionalität vom Bundesrat und nicht mehr von einem eidgenössischen Departement oder gar von einem Bundesamt gefällt werden. Ziel ist eine grössere Kohärenz der Aussenpolitik. Als Kriterien, die zu einer Neuausrichtung bzw. partiellen oder totalen Einstellung der Zusammenarbeit mit einem Land führen können (ausgenommen ist die humanitäre Hilfe, die nicht der politischen Konditionalität unterliegt), sind zu nennen: ­

schwere Verletzungen der Menschenrechte;

­

ungenügende Bemühungen um Anwendung der ,,Good Governance,,-Prinzipien;

­

Aussetzung des Demokratisierungsprozesses;

­

schwere Beeinträchtigung des Friedens und der Sicherheit;

­

fehlender Wille, den eigenen Staatsangehörigen die Rückkehr ins eigene Staatsgebiet zu gewähren.

Diesen Kriterien wird vor allem in den bilateralen Beziehungen mit anderen Staaten Nachachtung verschafft, aber auch, soweit möglich, in internationalem Rahmen. Das Prinzip der politischen Konditionalität findet jedoch nicht automatisch Anwendung.

Die Bemühungen der Schweiz hinsichtlich der Verbesserung politischer Rahmenbedingungen müssen im Wesentlichen die Durchführung positiver Massnahmen bein2598

halten. Demgegenüber kann sich ein teilweiser oder totaler Abbruch einer Zusammenarbeit als unvermeidbar erweisen, wenn er die letzte Möglichkeit darstellt, die Glaubwürdigkeit der aussenpolitischen Ziele zu wahren. Die Beurteilung eines vorliegenden Falls erfolgt immer unter dem Blickwinkel der Besonderheit einer Situation und der Haltung der anderen Länder. Der internationalen Zusammenarbeit kommt in dieser Hinsicht grosse Bedeutung zu, insbesondere was die Verhängung von Handelssanktionen betrifft. Ähnliche Kriterien kommen auch beim Auf- und Ausbau aussenpolitischer Beziehungen der Schweiz zum Zug.

Sieht sich der Bundesrat mit einem konkreten Fall konfrontiert, so wird eine Beurteilung der Situation vorgenommen. Dies bedeutet die Prüfung der Gesamtheit aller aussenpolitischen Beziehungen, welche die Schweiz mit dem betreffenden Land unterhält. Die Bereiche, auf die das Konditionalitätsprinzip angewandt werden kann, sind zahlreich: Entwicklungszusammenarbeit, Förderung des Friedens und der Menschenrechte, aber auch Wissenschaft und Kultur (Verringerung oder Abbruch der Kontakte), Einnahme einer kritischen Position in internationalen Organisationen, Koordination mit UN- und EU-Handelssanktionen usw..

2.3.3

Kohärenz auf interdepartementaler Ebene: Koordination

Jede vom Bundesrat behandelte Angelegenheit beinhaltet Konsultationen auf Ebene der Ämter und Departemente. Abgesehen von diesem Verfahren erfolgt die interdepartementale Koordination und Zusammenarbeit zuerst einmal auf Ebene der Regierungsmitglieder (z.B. gemeinsames Treffen der Vorsteher des EDA und EVD zur Besprechung wirtschaftlicher und menschenrechtlicher Angelegenheiten anlässlich offizieller Besuche). Auch auf Direktionsebene wird regelmässig zusammengearbeitet (z.B. Vertretung der Politischen Direktion bei der wöchentlichen Besprechung der Direktion des BFF). Und schliesslich erstreckt sich die Zusammenarbeit sowohl auf interdepartementale Ad-hoc-Arbeitsgruppen (z.B. Rechte von Frauen) als auch auf internationale Gremien (z.B. Zusammensetzung unserer Delegationen, Erstellung von Berichten an Organe zur Überwachung relevanter Verträge). So wird die interdepartementale Koordination19 zwischen dem EDA und den beteiligten Ämtern anderer Departemente (insbesondere seco, BJ, BFF, BFA, BAP, BAK, Eidg. Büro für die Gleichstellung von Frau und Mann und Generalsekretariat des VBS) sichergestellt. Dabei beansprucht jedes Amt die Federführung für Angelegenheiten seines spezifischen Zuständigkeitsbereiches20. Auf internationaler Ebene obliegt die generelle Zuständigkeit dem EDA, und es implementiert die seinem Kompetenzbereich unterstellten Instrumente. Bei Bedarf tritt es an betroffene Dienststellen heran mit dem Vorschlag, den Einsatz anderer Instrumente in Erwägung zu ziehen.

Auf konzeptioneller Ebene funktioniert die Konzertierung und Zusammenarbeit betroffener Ämter, die im Allgemeinen durch Experten und Expertinnen oder Partner 19

20

Vgl. Antwort des Bundesrates betreffend die Motion Beerli 94.3549 vom 15. Dezember 1994 ,,Delegierter für Menschenrechte,, und die Motion Berger 94.3552 vom 15. Dezember 1994 ,,Ernennung eines Delegierten für Menschenrechte,,.

Beispielsweise stellt das Bundesamt für Justiz die Vertretung der Schweiz beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte sicher und das seco bei den Kontrollorganen der IAO sowie beim Internationalen Pakt über die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte.

2599

der Zivilgesellschaft (insbesondere der Wissenschaft) unterstützt wird. So wurden auf diese Art und Weise bereits folgende Dokumente erarbeitet: Abschlussbericht der Arbeitsgruppe ,,Flüchtlingsaussenpolitik und Migrationssteuerung,, (Februar 1997), neues Konzept der Migrationspolitik (Bericht der Expertenkommission ,,Migration,,, August 1997), Förderung der Menschenrechte in der Entwicklungszusammenarbeit (1998) und Humanitäre Dimensionen der schweizerischen Aussenpolitik (Januar 1999).

2.3.4

Kohärenz auf Ebene des EDA: Koordination, Information und Ausbildung

Innerhalb des EDA obliegt die Ausarbeitung, Durchführung und Koordination der Menschenrechtspolitik der Politischen Direktion (Politische Abteilung IV, Menschenrechts- und humanitäre Politik), die in enger Abstimmung mit der DV21 und der DEZA22 arbeitet.

Im Bereich der Menschenrechtspolitik stützt sich das EDA in erster Linie auf das Netz der bilateralen oder multilateralen Schweizer Vertretungen im Ausland. Die jährliche Botschafterkonferenz ermöglicht einen periodischen Meinungsaustausch über Fragen der Menschenrechtspolitik, an der beispielsweise auch das seco teilnehmen kann. Darüber hinaus werden die Diplomatenstagiaires während ihrer Ausbildung (insbesondere im Rahmen eines Kurses der Bundesverwaltung in Zusammenarbeit mit der Universität Bern) für Menschenrechtsfragen sensibilisiert und dafür ausgebildet. Gleiches gilt auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der DEZA.

Regelmässige Berichte und Mitteilungen der Botschaften und DEZA-Koordinationsbüros über schwere Menschenrechtsverletzungen ermöglichen die Erstellung von Situationsanalysen (vgl. Rundschreiben des Departementsvorstehers vom März 1994 und des Staatssekretärs vom Dezember 1995). Diese direkten Informationsquellen werden ergänzt durch Analysen des Bundesamtes für Flüchtlinge sowie Informationen zwischenstaatlicher Organisationen, der Zivilgesellschaft (NGOs, Kirchen, Gewerkschaften usw.) oder der Medien.

21

22

Die DV trägt in Zusammenarbeit mit der Politischen Abteilung IV im Allgemeinen die Verantwortung (unter Vorbehalt der Zuständigkeit anderer Bundesämter, beispielsweise des BJ oder des seco) für die Ausarbeitung und Ratifizierung internationaler Menschenrechtsinstrumente und für deren Implementierung in der nationalen Rechtsordnung. Sie koordiniert die Erstellung von Berichten an Kontrollorgane für Menschenrechtsabkommen oder nimmt an deren Ausarbeitung teil. Auch im Rahmen der internationalen Rechtshilfe befasst sie sich mit Menschenrechtsfragen.

In der Konzeption der schweizerischen Menschenrechtspolitik ist die DEZA in Abstimmung mit der Politischen Direktion für die Aspekte der Entwicklungspolitik verantwortlich. Im Rahmen der vom Departement formulierten Menschenrechtspolitik führt sie Massnahmen zur Förderung der Menschenrechte in Schwerpunktländern der schweizerischen Ost- und Entwicklungszusammenarbeit.durch.

2600

2.3.5

Zusammenarbeit mit dem Parlament, der Justiz, kantonalen Behörden und der Zivilgesellschaft

Vor einigen Jahren wurde innerhalb der Bundesversammlung eine informelle parlamentarische Gruppe ins Leben gerufen. Angesichts der wachsenden Bedeutung der Menschenrechte in der schweizerischen Politik ist zu wünschen, dass die beiden Räte die Zweckmässigkeit der Schaffung angemessener Strukturen in diesem Bereich prüfen. Dies betrifft die Innen- und die Aussenpolitik gleichermassen. Die beiden Kommissionen für Aussenpolitik diskutierten bereits 1997 die Möglichkeiten, innerhalb ihrer Strukturen Unterkommissionen für Menschenrechtsfragen zu bilden.

Wenn bei parlamentarischen Besuchen Menschenrechtsfragen auf der Tagesordnung stehen, kooperiert das EDA mit den Parlamentsdiensten. Durch diese Zusammenarbeit soll der Meinungsaustausch erleichtert werden, insbesondere mit den Aussenpolitischen Kommissionen und der parlamentarischen Menschenrechtsgruppe. Solche Kontakte werden auch ­ soweit möglich ­ mit der in Genf ansässigen Interparlamentarischen Union gepflegt.

Bei Gesprächen, die in der Schweiz mit Expertendelegationen geführt werden oder wenn die Bildung schweizerischer Expertendelegationen ansteht, können Mitglieder des Parlaments und des Bundesgerichts wie auch kantonaler Behörden (der Exekutive, Legislative und Judikative) vom EDA beigezogen werden. Dies ist insbesondere bei Gesprächen über Menschenrechte der Fall. Auch Institutionen der Zivilgesellschaft (Universitäten, NGOs) stellen bei diesen Gesprächen sowie im Rahmen der menschlichen Dimension der OSZE ihr Wissen zur Verfügung.

Die Zivilgesellschaft spielt international eine wichtige Rolle, die häufig staatliche Aktivitäten ergänzt. Der Departementsvorsteher institutionalisierte deshalb einen kritischen und konstruktiven Dialog mit NGOs, der seit 1995 besteht und zweimal im Jahr in Bern stattfindet. Das EDA wird in Zusammenarbeit mit NGOs aktiv und übernimmt bei Bedarf eine Vermittlerrolle zwischen diesen und verschiedenen politischen und wirtschaftlichen Akteuren (z.B. Forum ,,Wirtschaft und Menschenrechte,,, das von der Politischen Abteilung IV im September 1998 veranstaltet wurde).

3

Engagement der Schweiz und neue Entwicklungen in der internationalen Menschenrechtspolitik auf multilateraler Ebene

3.1

Allgemeines

Im Bereich der Menschenrechte ging das schweizerische Engagement in den 90erJahren Hand in Hand mit neuen Entwicklungen auf multilateraler Ebene, an denen sich unser Land aktiv beteiligte. Die Schweiz wurde auch Vertragspartei zahlreicher universeller oder regionaler Instrumente und Mechanismen.

In fast allen internationalen Institutionen ­ einschliesslich der UN-Sonderorganisationen, die schon immer die Tendenz hatten, die Beiträge nichtstaatlicher Organisationen in ihre Arbeit zu integrieren ­ nahmen die Menschenrechte erheblich an Bedeutung zu. Dies bedingt eine verstärkte Koordination sowohl auf nationaler Ebene ­ unter den verschiedenen beteiligten Regierungsstellen ­ als auch auf internationaler Ebene, wozu auch die Regierungen gehören, die unsere Ziele teilen. Der zunehmende Stellenwert der Menschenrechte in den multilateralen Debatten trug zur 2601

Stärkung des Ansehens der internationalen Stadt Genf bei, die über die humanitären Belange hinaus zur Hauptstadt der bürgerlichen, kulturellen, politischen, sozialen und wirtschaftlichen Menschenrechte, d.h. aller Menschenrechte, wurde.

3.2

Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE)

Seit 1975 und erst recht seit dem Ende der Ost-West-Konfrontation hat sich die Schweiz entschieden für die Wahrung der Menschenrechte in den Ländern der KSZE (heute OSZE) eingesetzt. Sie kämpfte für die Aufnahme eines wichtigen Kapitels über die ,,menschliche Dimension,, der KSZE in das Wiener Dokument von 1989. Dieses Kapitel enthält vor allem einen Mechanismus zur Kontrolle der Einhaltung entsprechender politischer Verpflichtungen und sieht eine Konferenz in drei Etappen vor (Paris, Kopenhagen, Moskau), um neue Fortschritte zu erzielen.

1990 wurde in Kopenhagen auf Vorschlag der Schweiz und dreier weiterer Länder ein weitreichendes Dokument verabschiedet, das die Grundlagen einer europäischen demokratischen Friedens-, Sicherheits-, Rechts- und Kooperationsordnung legt, einer Ordnung, die auf demokratischem Pluralismus sowie dem Vorrang der Menschenrechte (einschliesslich jener von Minderheiten) und deren Einhaltung gründet.

1991 wurde auf Initiative unseres Landes ein Meeting von KSZE-Experten in Genf über Rechtsfragen nationaler Minderheiten abgehalten. Dieses Treffen zeitigte Fortschritte; insbesondere wurde ­ auf Vorschlag unseres Landes ­ anerkannt, dass der Schutz der Rechte von Minderheiten integraler Bestandteil der Menschenrechte ist.

Anerkennung fand auch die Durchführung staatlicher Kooperationsmassnahmen zur Förderung der grenzüberschreitenden Kontakte von Mitgliedern einer Minderheit.

1991 setzte sich unser Land in Moskau gemeinsam mit anderen Staaten erneut für eine effizientere Kontrolle substanzieller und in Kopenhagen getroffener Verpflichtungen ein. Diese Abläufe wurden als ,,Moskauer Mechanismus,, festgeschrieben.

Am Helsinki-Gipfel von 1992 setzte sich die Schweiz aktiv für die Schaffung eines Hochkommissariats für nationale Minderheiten (HCNM) ein, das mit ,,Early Warning and Action,,-Aufgaben für Minderheiten betraut ist. In diesem politisch äusserst sensiblen Bereich kann es zu internationalen und anderen Konflikten kommen. Unser Land engagierte sich in gleicher Weise in Helsinki und am Gipfel von Budapest für die Stärkung des Büros für demokratische Institutionen und Menschenrechte (BDIM). Dieses Organ ist die Kerninstitution der menschlichen Dimension der OSZE (seit 1997 wird sie von einem Schweizer Diplomaten geleitet).

Die politische Entscheidungsgewalt innerhalb
der KSZE verlagerte sich mit den Jahren zusehends: von Konferenzen und Gipfeltreffen zu politischen Organen, die in den zurückliegenden Jahren gegründet worden waren. Durch die Umbenennung in OSZE im Jahre 1995 kam dieser Wandel zum Ausdruck. Bei diesen Organen handelt es sich um den OSZE-Vorsitz, den Ministerrat, den Ständigen Rat, das BDIM und die langfristigen Missionen in bestimmten Ländern, die heutzutage die Politik entscheidend beeinflussen. Der Schweiz gelang es, mit Hilfe anderer Länder und insbesondere während ihrer OSZE-Präsidentschaft 1996: ­

2602

vermehrt die Menschenrechte (einschliesslich derjenigen von Minderheiten) in die politische Agenda der OSZE zu integrieren. So wurden diese bei-

spielsweise auf die Tagesordnung des Ständigen Rates gesetzt, der wöchentlich zusammentritt; ­

die Umsetzung der menschlichen Dimension der OSZE immer weiter voranzutreiben. Dies geschah im Rahmen der jährlichen OSZE-Expertentreffen in Warschau und anlässlich verschiedener Meetings in Wien, die sich mit spezifischen Themen der menschlichen Dimension befassten;

­

auf ihre Kosten der menschlichen Dimension der OSZE Schweizer Expertinnen und Experten zur Verfügung zu stellen: die Ombudsperson für Bosnien-Herzegowina, vier Leiter langfristiger Missionen, Expertinnen und Experten23 sowie schliesslich einen Leiter einer kurzfristigen Mission;

­

interessierten NGOs den Kontakt zu Leitern langfristiger OSZE-Missionen zu ermöglichen;

­

die Spezifität der Verfahren der menschlichen Dimension in der OSZE und der Menschenrechte im Europarat aufrechtzuerhalten. Gleichzeitig konnte die Schweiz deren Komplementarität sicherstellen;

­

1996 eine Versammlung in Wien über die Frage der grundlegenden Standards der Menschlichkeit einzuberufen. Die Debatte diente der Sensibilisierung der 54 OSZE-Staaten für diese wichtige Problematik;

­

1997 ein Seminar zum Thema ,,Frauen in der Prävention von Konfliktsituationen,, zu organisieren. In der Folge konnte eine Ansprechperson für Fragen zu den ,,sozialen Beziehungen der Geschlechter,, beim OSZEGeneralsekretariat in Wien ernannt werden. Beim BDIM in Warschau wurde eine vergleichbare Stelle geschaffen. Und in der Parlamentarischen Versammlung der OSZE kam es in Kopenhagen zu einer wichtigen Debatte über dieses Thema;

­

auf Gesuch des HCNM und des BDIM der Konferenz ,,Governance and Participation: Integrating Diversity,, Gastrecht zu gewähren (Locarno, 18.­20.10.1998). An der Konferenz wurden Formen der Integration von Minderheiten in Staaten (Dezentralisierung, Subsidiarität, kulturelle und andere Autonomie) diskutiert;

­

in die Europäische Sicherheitscharta, die auf dem OSZE-Gipfel von Istanbul (18./19.11.1999) verabschiedet wurde, ein Kapitel einzufügen, das den Minderheiten gewidmet ist. Dieses Kapitel legt in besonderer Weise den Akzent auf verschiedene Autonomiekonzepte und weitere Ansätze, welche die Bewahrung und Förderung der ethnischen, kulturellen, sprachlichen und religiösen Identität von nationalen Minderheiten innerhalb eines Staates zum Gegenstand haben.

Die Schweiz wird sich innerhalb der OSZE weiterhin im Rahmen der menschlichen Dimension engagieren. Sie stellt insbesondere qualifiziertes Personal für langfristige Missionen zur Verfügung. Besondere Aufmerksamkeit misst sie der Ausbildung von Menschenrechtsbeobachtern bei (vgl. zu diesem Thema Ziff. 3.4).

Aus institutioneller Sicht engagiert sich die Schweiz zu Gunsten der Stärkung von Instrumenten und Mechanismen, die der Umsetzung von Verpflichtungen im Rahmen der menschlichen Dimension dienen. In diesem Kontext versucht sie, die 23

Ex-Jugoslawien, Mazedonien, Moldawien, Georgien, Tadschikistan, Ukraine, Sarajewo, Tschetschenien, Bosnien-Herzegowina, Kroatien und Belarus.

2603

,,Monitoring,,-Kapazitäten des BDIM auszubauen sowie die Beziehungen zwischen den durchführenden Institutionen und OSZE-Entscheidungsgremien zu intensivieren.

3.3

Europarat

Die Schweiz ist seit 1963 Mitglied des Europarates. Das Hauptziel des Rates ist der Schutz und die Förderung der Menschenrechte, für die sich unser Land konsequent einsetzt.

Sie war auch treibende Kraft in der Ausarbeitung der Europäischen Konvention von 1987 zur Verhütung von Folter, die auf eine schweizerische Privatinitiative zurückgeht. 1991 und 1996 besuchte der Europäische Ausschuss zur Verhütung von Folter (CPT) Haftanstalten in der Schweiz. Im Anschluss an diese Besuche veröffentlichte der Bundesrat die beiden vom CPT erstellten Berichte sowie seine Antworten zu den vom Ausschuss ausgesprochenen Empfehlungen. Thema waren die präventiven Massnahmen, die in unserem Land ergriffen werden, um den Schutz von Personen zu verbessern, die sich im Strafvollzug befinden.

Im Anschluss an die Erste Europäische Ministerkonferenz über Menschenrechte von 1985 wurde das Zusatzprotokoll Nr. 11 zur Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) verabschiedet, das am 1. November 1998 in Kraft trat. Das Zusatzprotokoll geht auf eine Schweizer Initiative zurück und institutionalisiert einen einzigen und ständigen Gerichtshof (dessen erster Präsident ein Schweizer ist). Damit dürften die derzeitigen langwierigen Verfahren beträchtlich verkürzt und so ein besserer Schutz der von der EMRK garantierten Rechte erreicht werden.

Unser Land spielte auch eine herausragende Rolle bei der Entwicklung des Rahmenübereinkommens von 1995 zum Schutz nationaler Minderheiten. Für die Schweiz trat das Übereinkommen 1999 in Kraft. Es ist das erste bindende multilaterale Rechtsinstrument, das ausschliesslich dem Schutz nationaler Minderheiten gilt.

Die Schweiz ermöglichte auch das Inkrafttreten der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen von 1992, indem sie ihr im Dezember 1997 als siebter Vertragsstaat beitrat.

Die Schweiz setzt sich im Europarat entschieden für folgende Bereiche ein: ­

Erweiterung des Bereichs von Rechten, die bereits durch die EMRK und ihre Zusatzprotokolle geschützt sind, nämlich: Gleichstellung der Geschlechter, Kampf gegen Rassismus und Intoleranz, besserer Schutz von Personen im Freiheitsentzug, materielle menschliche Grundbedürfnisse im Rahmen eines Rechts auf minimale Existenzbedingungen wie auch Schutz der Menschenwürde bei biologischen und medizinischen Verfahren;

­

effektive Umsetzung des Mandats des Menschenrechtskommissars im Jahre 1999, dessen Aufgabe es ist, die Wahrung der Menschenrechte in den Mitgliedstaaten des Europarates zu fördern;

­

Kontrolle der rechtlichen und politischen Verpflichtungen der Staaten im Bereich Menschenrechte. Die Kontrolle erfolgt im Rahmen des ,,Monitoring,,, das vom Ministerkomitee sowie von der Aktion gegen Rassismus und Intoleranz durch Vermittlung der ECRI (Europäische Kommis-

2604

sion gegen Rassismus und Intoleranz) eingerichtet wurde. Die Schweiz stellt gegenwärtig den ECRI-Vizepräsidenten, der aber unabhängiges Mitglied ist; ­

3.4

Aktivitäten der Kommission von Venedig (,,Demokratie durch Recht,,).

Vereinte Nationen (UNO)

Im Anschluss an den negativen Ausgang der Abstimmung vom 16. März 1986 über den UNO-Beitritt der Schweiz beschloss der Bundesrat, seine Beziehungen zur UNO durch eine effektive Teilnahme an punktuellen UN-Aktivitäten zu optimieren.

Seitdem trägt die Schweiz u.a. aktiv zur Verwirklichung eines der UNO-Ziele bei, d.h. zur Durchsetzung der universellen und effektiven Wahrung der Menschenrechte für alle (Art. 1 Abs. 3 und Art. 55 UN-Charta). Sie trat auch fast allen Übereinkommen der UNO24 bei. Seit 1987 beteiligt sie sich immer wirkungsvoller an den Arbeiten der Kommission für Menschenrechte wie auch des Wirtschafts- und Sozialrates (ECOSOC) und der Dritten Kommission der Vollversammlung (soziale, humanitäre und kulturelle Angelegenheiten). Die Menschenrechtskommission ist das wichtigste globale Forum in diesem Bereich und trifft sich jedes Jahr im März/April für sechs Wochen in Genf. Die Schweizer Delegation ergreift an den Plenarsitzungen häufig das Wort, um auf schwere Menschenrechtsverletzungen aufmerksam zu machen oder um diesbezüglich konstruktive Vorschläge zu unterbreiten. Sie nimmt auch an der Aushandlung von Resolutionen teil, die von der Kommission durch Konsens oder Abstimmung (von Letzterer ist sie ausgeschlossen) verabschiedet werden. Die Schweizer Delegation trat im Namen unseres Landes als Mitunterstützerin beinahe aller ­ nach Land oder nach Thema unterteilten ­ Resolutionen auf, die politische Kontrollmechanismen für die Einhaltung der Menschenrechte vorsehen. Die Länderresolutionen äussern sich zu schweren Verletzungen und sehen den Einsatz eines Sonderberichterstatters vor, mit dem Auftrag, mit Behörden Gespräche zu führen, ihnen Empfehlungen zu geben und der Kommission in der Folge Bericht zu erstatten. Die Resolutionen, die nach Kategorien schwerer Menschenrechtsverletzungen25 eingeteilt sind, beauftragen internationale Experten, über weltweite Verletzungen zu berichten und den Staaten entsprechende Empfehlungen zu machen.

Auf Grund der aktiven Teilnahme unseres Landes an den Arbeiten der Kommission übertrug diese vier Schweizern Mandate als Sonderberichterstatter (Rumänien, 1990; besetztes Kuwait, 1992; von Israel besetzte Gebiete, 1993­94; Ruanda, seit 1997).

1992 gelang es der Schweiz und Costa Rica nach langjährigen Bemühungen, die Kommission dazu zu bewegen, eine
Arbeitsgruppe zur Ausarbeitung eines Zusatzprotokolls zur Antifolterkonvention einzusetzen. Das Zusatzprotokoll geht auf einen Vorschlag einer schweizerischen NGO zurück, der zur Prävention von Folter Besuche in Haftanstalten vorsieht. Wir hoffen, dieses Zusatzprotokoll im Jahre 2000 unter Dach und Fach zu bringen. Die Schweiz nimmt auch an anderen Arbeitsgruppen teil, die sich mit der Ausarbeitung von Menschenrechtsstandards befassen: für die 24 25

Bürgerliche und politische Rechte, wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte, Folter, Rassendiskriminierung, Diskriminierung von Frauen und Rechte des Kindes.

Folter, gewaltsames Verschwindenlassen, Massenexekutionen, willkürliche Haft, Unabhängigkeit der Verwaltung, freie Meinungsäusserung, Ausbeutung von Kindern, Gewalt gegen Frauen usw.

2605

Rechte von Kindern (Kindern in bewaffneten Konflikten, Kinderhandel) sowie die Rechte autochthoner Völker. Unser Land ist zudem eines der aktivsten innerhalb der Arbeitsgruppe für Minderheiten, deren Aufgabe die Anwendung der Deklaration von 1991 zu den Rechten von Personen, die Minderheiten angeh ören, ist.

Die Schweiz nahm im Juni 1993 an der Weltkonferenz über Menschenrechte in Wien teil. Diese Konferenz führte zur Verabschiedung einer Erklärung und eines Aktionsprogramms für die kommenden 25 Jahre. Der Text ist ein Zeugnis für den weltweiten Konsens über die grundlegenden Aspekte der Menschenrechte. Im Anschluss an die Weltkonferenz von Wien schuf die Generalversammlung darüber hinaus ­ und wiederum mit Unterstützung der Schweiz ­ Ende 1993 den Posten eines UN-Hochkommissars für Menschenrechte. Im Juni 1998 stellte die Schweiz den Vereinten Nationen das Palais Wilson kostenlos zur Verfügung. Das Palais ist ein beeindruckendes historisches Gebäude, das für 75 Millionen Franken renoviert wurde und als Sitz des Hochkommissars für Menschenrechte dient.

Unser Land unterstützt im Rahmen der globalen UN-Reformen die Bemühungen ihres Generalsekretärs, die Menschenrechte als Richtlinie in den verschiedenen Politikbereichen (z.B. Entwicklung, Frieden, soziale Angelegenheiten) zu verankern.

Dieser bemüht sich auch um eine Berücksichtigung dieser Rechte bei allen Aktivitäten und um eine In-stitutionalisierung dieser Integration. Angesichts der Bedeutung der Menschenrechte für die Entwicklung arbeitet die Schweiz seit Jahren darauf hin, diese in die Entwicklungszusammenarbeit zu integrieren, und unterstützt die von der UNO diesbezüglich ergriffenen Massnahmen.

Die Schweiz unterstützt das Hochkommissariat für Menschenrechte (in den vergangenen Jahren ca. 1 Mio. Fr.), dessen finanzielle und personelle Ressourcen ungenügend sind. Unser Land leistet regelmässige Beiträge an diverse UN-Fonds für Menschenrechte26. Zudem stellt sie schweizerische Expertinnen und Experten für Missionen vor Ort zur Verfügung, beispielsweise in Ex-Jugoslawien und Kolumbien.

Finanzielle Hilfe leistete sie zum Beispiel für die Entsendung von Menschenrechtsbeobachtern nach Ruanda und Burundi. Die Schweiz ist dabei, ein schweizerisches Korps von Menschenrechtsbeobachtern einzurichten. Das Korps steht in kürzester Frist für
Beobachtungsmissionen vor Ort im Auftrag der UNO, der OSZE und anderer internationaler Organisationen zur Verfügung. Albanien und Kosovo sind erste Beispiele dafür.

Schliesslich unterstützt die Schweiz finanziell und personell die UN-Sondertribunale, die für die Verurteilung von Kriegsverbrechern aus Ruanda und ExJugoslawien geschaffen wurden. Sie beteiligte sich aktiv an der Schaffung eines Internationalen Gerichtshofes, dessen Statut im Juli 1998 in Rom verabschiedet wurde. Unser Land setzt sich auch für das Verbot von Antipersonenminen ein, da deren Gebrauch das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit verletzt.

Trotz ihres blossen Beobachterstatus verstärkt die Schweiz weiterhin ihr UNEngagement mit dem Ziel, einen positiven und realistischen Beitrag an die weltweiten Menschenrechtsbemühungen der Organisation zu leisten. Diese Haltung stärkt unsere Position innerhalb der Vereinten Nationen und die Stellung jener Länder, die für die gleichen Werte kämpfen. Als Mitglied der Vereinten Nationen könnte die Schweiz Mitglied der Menschenrechtskommission werden. Sie würde dadurch über 26

Rehabilitation von Folteropfern, autochthone Völker, heutige Formen der Sklaverei, technische Unterstützung und Beratungsdienste im Bereich Menschenrechte und Minderheiten.

2606

eine angemessene institutionelle Plattform verfügen, die ihr die Optimierung ihrer Aktionen zu Gunsten universeller Menschenrechte erlauben würde.

3.5

Andere zwischenstaatliche Organisationen

Bisher wurden 182 Abkommen im Rahmen der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) abgeschlossen. Diese Übereinkommen beinhalten einerseits technische Fragen zum Schutz von Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen und andererseits die Schaffung von Minimalstandards. Die Internationale Arbeitskonferenz von 1998 verabschiedete zudem eine Erklärung über Rechte und grundlegende Prinzipien der Arbeit. Auch ein Mechanismus, der ihre Durchsetzung bezweckt, ist Bestandteil dieser Erklärung. Sie gründet auf acht so genannten Basiskonventionen der IAO27. Sie gilt für 174 Mitgliedsstaaten, ungeachtet der Tatsache, ob diese den acht Konventionen beigetreten sind oder nicht. Sie fordert auch alle anderen internationalen Organisationen dazu auf, sie einzuhalten, und regt an, die Entwicklungszusammenarbeit in Bereichen wichtiger von ihr geschützter Rechte auszubauen.

Die Schweiz, die gegenwärtig den Vorsitz des IAO-Verwaltungsrates innehat, setzt sich innerhalb dieses Gremiums für die Berücksichtigung sozialer Belange der Globalisierung ein. Die Schweiz ist Vertragspartei der so genannten Basiskonventionen.

Die jüngste Konvention (Konvention 182 gegen die schlimmsten Formen der Kinderarbeit), die im Juni 1999 verabschiedet wurde, befindet sich zurzeit in der parlamentarischen Beratung. Darüber hinaus beteiligt sich die Schweiz aktiv an der Reform der Grundsätze der IAO-Politik (einschliesslich Labels und Verhaltenskodizes, effizientere Kontrollmechanismen sowie Zusammenhang zwischen ökonomischen Analysen und Ausarbeitung von Standards). Die technische Zusammenarbeit ermöglicht die Integration von Menschenrechtspolitik und sozialwirtschaftlicher Entwicklung in einem Land. Aus diesem Grund finanziert die Schweiz Projekte zur Förderung von Mechanismen, die dem Ausgleich bei Arbeitskonflikten dienen (z.B.

im Süden Afrikas; die Projekte werden von der Politischen Abteilung III des EDA finanziert). Diese Projekte tragen in einem wirtschaftlich ungünstigen Umfeld entscheidend dazu bei, individuelle und kollektive Konflikte zu entschärfen. Sie zeigen, dass die friedliche Beilegung von Differenzen und die soziale Partnerschaft in direkter Weise den Rechtsstaat und die soziale Gerechtigkeit stärken bzw. zum Wirtschaftswachstum und zur Schaffung von Arbeitsplätzen beitragen. Indirekt stärken sie die Demokratie und den Schutz
der Menschenrechte. Darüber hinaus leistet die Schweiz einen finanziellen Beitrag an das Internationale Programm zur Abschaffung der Kinderarbeit (IPEC). Und schliesslich wurden die allgemeinen Ziele der Konvention 169, dem einzigen universellen rechtlichen Instrument über die Rechte der autochthonen Völker (mehr als 300 Millionen Personen), vom Bundesrat28 gutgeheissen und ihre Prinzipien in die Richtlinien der DEZA integriert. Im Moment wird abgeklärt, ob die Ratifikation dieser Konvention ­ als politisches Zeichen für diese Völker ­ opportun ist.

27

28

Verbot von Zwangsarbeit (Konv. 29 und 105), Kinderarbeit (Konv. 138 und 182), Diskriminierung (Konv. 100 und 111), Gewerkschaftsfreiheit und Recht auf Kollektivverhandlungen (Konv. 87 und 98).

Bericht und Botschaft zu den Konventionen und Empfehlungen, die 1989 und 1990 von der Internationalen Arbeitskonferenz anlässlich ihrer 76. und 77. Session verabschiedet wurden. Vgl. auch Bericht und Botschaft zu drei Konventionen, die von der Konferenz auf vorhergehenden Sitzungen verabschiedet wurden (3. Juni 1991), Kap. 2, Ziff. 221.

2607

Innerhalb der UNESCO setzt sich die Schweiz dafür ein, dass sich das Engagement dieser Organisation zu Gunsten der Menschenrechte in ihren speziellen Zuständigkeitsbereichen niederschlägt: Ausbildung über die Menschenrechte und deren Verbreitung, freie Meinungsäusserung, Recht auf Bildung und Kultur wie auch Entwicklung von Wissenschaft und Technologie in Verbindung mit den Menschenrechten. Als Mitglied des UNESCO-Exekutivrates nimmt die Schweiz aktiv an den Arbeiten jenes Ausschusses (CRE) teil, der angezeigte Verletzungen von Menschenrechten untersucht, die in den Zuständigkeitsbereich der Organisation fallen. Die Verfahren, in welchen die betroffenen Staaten angehört werden, sind vertraulich und aussergerichtlich.

Die Agence de la Francophonie (ACCT) legte für ihre für 1995­2000 formulierten Ziele unter anderem die Stärkung der rechtsstaatlichen Institutionen und der Demokratie, die Förderung der Menschenrechte, demokratischer Prozesse und des Friedens fest. Die Schweiz nimmt aktiv an der Ausarbeitung und Verwirklichung der betreffenden Programme teil, die insbesondere der Rechtspflege gelten. Darüber hinaus nimmt die Schweiz an konkreten Aktionen teil (z.B. Verbreitung der "Revue universelle des droits de l'homme" in den Ländern des Südens). Diese Projekte haben die gleichen Ziele wie jene, die im Rahmen unseres Menschenrechtsdialogs mit den frankophonen Ländern Marokko und Vietnam unterstützt werden.

4

Abschliessende Überlegungen

Das nationale und internationale Engagement unseres Landes für den Schutz und die Förderung der Menschenrechte ist aufs Engste mit dem Wertesystem verbunden, auf dem unser Staat gründet. Unser Land misst der Menschenwürde zentrale Bedeutung bei (vgl. Art. 7 nBV). Der Katalog der Rechte und Grundfreiheiten der neuen Bundesverfassung zeigt klar, dass unsere Aussenpolitik im Bereich der Menschenrechte der innerstaatlichen Verankerung bedarf.

Der Einsatz der Schweiz für Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit intensivierte sich in den vergangenen Jahren auf bilateraler und multilateraler Ebene.

Dieser Einsatz ist zu einer Konstante unserer Aussenpolitik und gleichzeitig zu einem ihrer Hauptziele geworden. Unser Engagement beruht auf der Überzeugung, dass ein Staat, dessen Bürgerinnen und Bürger frei und gleich vor dem Recht sind, in dem Gerechtigkeit herrscht und in dem die Einkommen und der Reichtum zwischen den verschiedenen Bevölkerungsgruppen und -schichten gerecht verteilt sind, im Allgemeinen ein stabiles Land ist, das im Frieden mit sich selbst und deshalb auch im Frieden mit seinen Nachbarn lebt. Wo dagegen die bürgerlichen und politischen Rechte nicht respektiert werden und die wirtschaftliche und soziale Entwicklung nicht verwirklicht wird, können die innere Stabilität eines Landes und die Sicherheit einer ganzen Region, ja eines Kontinents oder gar der ganzen Welt bedroht sein.

Der vorliegende Bericht zeigt, auf welche Art und Weise der Bundesrat die Aussenpolitik der Schweiz zu Gunsten der Menschenrechte konkretisiert. Die Zusammenarbeit zwischen den jeweiligen Akteuren wird auch in Zukunft auf allen Ebenen fortgeführt werden, sowohl im Bundesrat als auch in den Departementen, in deren Ämtern und Dienststellen, im konzeptionellen Bereich wie auch auf der Ebene der Umsetzung.

2608

Eine kohärente und glaubwürdige Politik für die Menschenrechte muss diesen global zur Geltung verhelfen, da sie allgemein gültig und unteilbar sind. In diesem Sinne findet die schweizerische Menschenrechtspolitik Eingang in die Politik der Förderung wirtschaftlicher Beziehungen und der Entwicklungszusammenarbeit. Der Bundesrat strebt auf diesen drei Ebenen sowie in seiner gesamten Aussenpolitik Kohärenz an. Er ist auch bemüht, Widersprüche sowie Ziel- oder Interessenkonflikte gezielt zu vermeiden. In der Tat muss die Aussenpolitik "auf der Einsicht in die Notwendigkeit von Kompromissen, auf der zutreffenden Einschätzung realer Machtverhältnisse und der Respektierung des Völkerrechtes,, 29 beruhen.

10889

29

Vgl. Bericht über die Aussenpolitik der Schweiz in den 90er-Jahren, Ziff. 2.

2609