15.076 Botschaft über die Einführung des automatischen Informationsaustauschs über Finanzkonten mit Australien vom 18. November 2015

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf eines Bundesbeschlusses über die Einführung des automatischen Informationsaustauschs über Finanzkonten mit Australien.

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

18. November 2015

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Simonetta Sommaruga Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

2015-2621

8641

Übersicht Der Bundesrat hat am 8. Oktober 2014 Verhandlungsmandate zur Einführung des internationalen automatischen Informationsaustauschs in Steuersachen (AIA) verabschiedet. Die Mandate betreffen die Verhandlung über die Einführung des AIA mit der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten, aber auch mit anderen Ländern, die mit der Schweiz enge wirtschaftliche und politische Beziehungen unterhalten. Mit dieser Vorlage soll der Entwurf eines Bundesbeschlusses über die Einführung des automatischen Informationsaustauschs über Finanzkonten mit Australien genehmigt werden.

Der Bundesrat hat am 19. November 2014 im Hinblick auf die Einführung des AIA die multilaterale Vereinbarung der zuständigen Behörden über den automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten (Multilateral Competent Authority Agreement; MCAA bzw. AIA-Vereinbarung) unterzeichnet. Die Vereinbarung bezweckt die einheitliche Umsetzung des Standards für den automatischen Informationsaustausch in Steuersachen (AIA-Standard) der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und beruht auf Artikel 6 des multilateralen Übereinkommens des Europarats und der OECD über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen (Amtshilfeübereinkommen). Der Bundesrat hat am 5. Juni 2015 die Botschaften zu diesen beiden Vorlagen sowie zum Entwurf eines Bundesgesetzes über den internationalen automatischen Informationsaustausch in Steuersachen (AIA-Gesetz) verabschiedet. Mit dem MCAA und dem Amtshilfeübereinkommen werden die rechtlichen Grundlagen für die Umsetzung des AIA geschaffen, ohne indessen die Partnerstaaten zu bestimmen, mit denen er eingeführt werden soll. Damit der AIA mit einem Partnerstaat eingeführt werden kann, muss er bilateral aktiviert werden. Das setzt voraus, dass die einzelnen Staaten, mit denen die Schweiz den AIA einführen will, in eine Liste aufzunehmen sind, die beim Sekretariat des Koordinierungsgremiums des MCAA hinterlegt werden muss (Abschnitt 7 Abs. 1 Bst. f MCAA). Der vorliegende Entwurf eines Bundesbeschlusses ermächtigt den Bundesrat mitzuteilen, dass Australien in die durch das Sekretariat des Koordinierungsgremiums geführte Liste nach Abschnitt 7 Absatz 2.2 der AIA-Vereinbarung aufzunehmen ist; er bedarf der Genehmigung durch die Bundesversammlung und ergeht im Anschluss an die gemeinsame
Erklärung der Schweiz und Australiens über die Einführung des AIA, die sie am 3. März 2015 unterzeichnet haben.

Australien erfüllt die Kriterien, die der Bundesrat in den Verhandlungsmandaten vom 8. Oktober 2014 festgelegt hat. Der Staat ist ein wichtiger politischer und wirtschaftlicher Partner der Schweiz und Mitglied der G20. Australien erfüllt die internationalen Anforderungen in Bezug auf die Vertraulichkeit in Steuersachen (Datenschutz und Einhaltung des Spezialitätsprinzips) und bietet seinen Steuerpflichtigen hinlängliche Regularisierungsmöglichkeiten. Schliesslich wollen die Schweiz und Australien den aktuellen Marktzutritt für Finanzdienstleister beibehalten sowie auf eine Verbesserung ausgewählter Aspekte in diesem Bereich hinarbeiten.

8642

Die Einführung des AIA mit Australien ist für 2017, mit einem ersten Datenaustausch im Jahr 2018, vorgesehen. Sie bestätigt die von der Schweiz auf internationaler Ebene eingegangene Verpflichtung und wird ihre Position stärken.

8643

Botschaft 1

Grundzüge der Vorlage

1.1

Ausgangslage

In den letzten Jahren wurde die Bekämpfung von Steuerbetrug und Steuerhinterziehung stark intensiviert; sie mündete 2014 in die Entwicklung eines globalen AIA-Standards durch die OECD. Der AIA-Standard wurde am 15. Juli 2014 vom OECD-Rat genehmigt und im November 2014 von den Staats- und Regierungschefs der G20 bestätigt.

Gegenstand des AIA-Standards ist ein routinemässig und in regelmässigen Abständen zwischen zwei Staaten stattfindender Austausch von Informationen über Konten, die eine in einem dieser Staaten steuerpflichtige natürliche oder juristische Person bei einem Finanzinstitut im anderen Staat hält. Der Standard regelt insbesondere die Modalitäten dieses Austauschs. Die auszutauschenden Informationen müssen von den Finanzinstituten des jeweiligen Staates gesammelt und an die Steuerbehörde dieses Staates übermittelt werden. Diese leitet die Informationen anschliessend an die Steuerbehörde des Staates weiter, mit dem ein entsprechendes AIA-Abkommen besteht. Der Standard definiert auch die auszutauschenden Informationen. Es handelt sich dabei insbesondere um Informationen über Kontobestände und sämtliche Kapitaleinkünfte (Zinsen, Dividenden, Veräusserungserlöse und übrige Erträge) sowie über die Identität der an diesen Vermögenswerten nutzungsberechtigten Personen. Im Weiteren regelt der Standard den Begriff der meldenden Finanzinstitute, er enthält Vorschriften im Zusammenhang mit der Kundenidentifikation sowie Bestimmungen über die Vertraulichkeit und über die Verwendung der ausgetauschten Daten (sog. Spezialitätsprinzip).

Im Oktober 2014 haben 96 Staaten dem Global Forum über Transparenz und Informationsaustausch für Steuerzwecke (Global Forum) ihre Absicht bekundet, den neuen AIA-Standard einzuführen. Vorbehaltlich des Abschlusses der anwendbaren Genehmigungsverfahren haben sich 56 dieser Staaten verpflichtet, 2016 mit der Erhebung von Informationen zu beginnen, um 2017 einen ersten Datenaustausch durchzuführen. 40 Länder, darunter die Schweiz, stellen eine erste Erhebung von Informationen für 2017 und einen ersten Datenaustausch für 2018 in Aussicht.

Der Bundesrat hat am 8. Oktober 2014 Verhandlungsmandate zur Einführung des AIA verabschiedet. Die Mandate betreffen die Verhandlung der Einführung des AIA mit der Europäischen Union, mit den Vereinigten Staaten von Amerika (Wechsel vom
FATCA-Modell II zum FATCA-Modell I) sowie mit weiteren Staaten. Für Letztere wird der AIA in einer ersten Phase mit Ländern in Betracht gezogen, mit denen enge wirtschaftliche und politische Beziehungen bestehen und in denen Steuerpflichtigen, soweit angemessen, eine genügende Regularisierungsmöglichkeit bereitsteht. Die Mandate sehen als weitere Verhandlungsziele die Beibehaltung des Marktzutritts auf dem aktuellen Niveau und gewisse Verbesserungen des Marktzutritts für Finanzdienstleister vor. Die Schweiz behandelt demzufolge im Rahmen der Verhandlungen über die Einführung des AIA auch die Frage der Beibehaltung des Marktzutritts und der Massnahmen, die eine Verbesserung der grenzüberschreitenden Finanzdienstleistungen erlauben würden.

8644

1.2

Rechtliche Grundlagen der bilateralen Aktivierung des AIA

Der Bundesrat hat am 19. November 2014 im Hinblick auf die Einführung des AIA das MCAA bzw. die AIA-Vereinbarung1 unterzeichnet. Diese Vereinbarung bezweckt die einheitliche Umsetzung des Standards und stützt sich auf Artikel 6 des Übereinkommens vom 1. Juni 2011 über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen (Amtshilfeübereinkommen)2. Der Bundesrat hat am 5. Juni 2015 die Botschaft zur Genehmigung der multilateralen Vereinbarung der zuständigen Behörden über den automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten und zu ihrer Umsetzung (Bundesgesetz über den internationalen automatischen Informationsaustausch in Steuersachen)3 und die Botschaft zur Genehmigung des Übereinkommens des Europarats und der OECD über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen und zu seiner Umsetzung (Änderung des Steueramtshilfegesetzes)4 verabschiedet. Für eine Beschreibung der Vorlagen wird auf diese beiden Botschaften verwiesen.

Mit dem MCAA und dem Amtshilfeübereinkommen werden die rechtlichen Grundlagen des AIA geschaffen, ohne indessen die Partnerstaaten zu bestimmen, mit denen er eingeführt werden soll. Damit der AIA mit einem Partnerstaat eingeführt werden kann, muss er bilateral aktiviert werden. Das setzt voraus, dass die einzelnen Staaten, mit denen die Schweiz den AIA einführen will, in eine Liste aufzunehmen sind, die beim Sekretariat des Koordinierungsgremiums des MCAA hinterlegt werden muss (Abschnitt 7 Abs. 1 Bst. f MCAA). Vorliegend geht es um die bilaterale Aktivierung des AIA mit Australien, konkret um die Ermächtigung des Bundesrates durch die Bundesversammlung, dem Sekretariat des Koordinierungsgremiums mitzuteilen, dass Australien in die Liste nach Abschnitt 7 Absatz 2.2 der AIA-Vereinbarung aufzunehmen ist.

1.3

Verlauf und Ergebnis der Verhandlungen

Seit der Verabschiedung der Verhandlungsmandate durch den Bundesrat wurde mit mehreren Nicht-EU-Staaten Kontakt aufgenommen, mit dem Ziel, eine gemeinsame Erklärung über die Einführung des AIA abzuschliessen. Die von der Schweiz beim Global Forum eingegangene Verpflichtung, den AIA-Standard per 2017 umzusetzen und 2018 erste Informationen auszutauschen, setzte angesichts der Dauer des innerstaatlichen Genehmigungsverfahrens die unverzügliche Aufnahme von Verhandlungen voraus. Australien als G20-Mitglied erwies sich diesbezüglich für das internationale Ansehen der Schweiz als politisch besonders interessanter Partnerstaat.

Ausserdem zeigte sich schnell, dass Australien sämtliche Kriterien erfüllt, die im Rahmen der Verhandlungsmandate festgelegt wurden. Dieser Staat sollte demnach als potenzieller Partner in Betracht gezogen werden.

Die Verhandlungen über die Einführung des AIA mit Australien fanden im Rahmen von Telefonkonferenzen zwischen Vertretern des «Australian Tax Office» (ATO) und des Finanzministeriums Australiens auf der einen sowie des Staatssekretariats 1 2 3 4

BBl 2015 5527 BBl 2015 5645 BBl 2015 5437 BBl 2015 5585

8645

für internationale Finanzfragen (SIF) auf der anderen Seite statt. Die Schweizer Delegation stützte sich bei den Verhandlungen auf das Mandat des Bundesrates vom 8. Oktober 2014. Beide Staaten haben in einer gemeinsamen Erklärung, die am 3. März 2015 unterzeichnet wurde, ihre Absicht bekundet, den AIA einzuführen. Die gemeinsame Erklärung soll die Einigkeit zum Ausdruck bringen, die zwischen der Schweiz und Australien zu spezifischen Aspekten ihrer bilateralen Beziehungen herrscht, beispielsweise darüber, dass hinlängliche Regularisierungsmöglichkeiten bestehen, die Vertraulichkeit zufriedenstellend geregelt ist und beide Staaten gewillt sind, Verhandlungen über den Marktzutritt für Finanzdienstleister aufzunehmen.

1.4

Würdigung

Wirtschaftliche und politische Beziehung mit Australien Australien entspricht dem Profil der Staaten, mit denen der Bundesrat angekündigt hat, die Einführung des AIA verhandeln zu wollen. Es handelt sich um einen für seine Stabilität und Integrität bekannten Rechtsstaat. Die Schweiz und Australien unterhalten zudem gutgehende Beziehungen: Zunächst ist festzuhalten, dass Australien ein wichtiger Handelspartner der Schweiz ist. 2014 belegte Australien als Abnehmer von Schweizer Exportprodukten den 19. Rang; unter Ausklammerung der EU-Staaten belegte Australien sogar den 12. Rang. Zusammengenommen belief sich das Handelsvolumen insgesamt auf über 2,5 Milliarden Franken5. Die Schweiz ist der sechstgrösste Direktinvestor in Australien. In diesem Staat lebt nach den USA und Kanada die drittgrösste Auslandschweizergemeinschaft. Die Einführung des AIA mit Australien wird die steuerliche Zusammenarbeit zwischen beiden Staaten verstärken. Sie ergänzt in dieser Hinsicht das am 14. Oktober 2014 in Kraft getretene Abkommen vom 30. Juli 20136 zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen (DBA Schweiz-Australien), das eine mit dem OECD-Standard konforme Bestimmung zum Informationsaustausch auf Anfrage in Steuersachen enthält. Ausserdem ist Australien als Mitglied der G20 ein wichtiger politischer Partner. Australien bildet zudem ein wichtiges Tor zu den aufstrebenden und etablierten Volkswirtschaften im asiatisch-pazifischen Raum, aufgrund der soliden Beziehungen, die es zu den Ländern dieser Region unterhält.

Schaffung der notwendigen Rechtsgrundlagen Die Schweiz und Australien beabsichtigen die Einführung des AIA auf der Basis des MCAA. Folgende Voraussetzungen müssen erfüllt sein:

5 6

­

Beide Staaten müssen das Amtshilfeübereinkommen in Kraft gesetzt haben.

­

Beide Staaten müssen das MCAA unterzeichnet haben.

­

Beide Staaten müssen bestätigt haben, dass sie über die zur Umsetzung des AIA-Standards notwendigen Gesetze verfügen.

­

Beide Staaten müssen dem Sekretariat des Koordinierungsgremiums des MCAA mitteilen, dass sie mit dem anderen Staat Informationen auf automatischer Basis austauschen möchten.

Schweizerischen Aussenhandelsstatistik 2014, Eidgenössische Zollverwaltung SR 0.672.915.81

8646

Für Australien ist das Amtshilfeübereinkommen am 1. Dezember 2012 in Kraft getreten. Die Regierung Australiens hat die Öffentlichkeit und die interessierten Kreise im Sommer 2014 über ihre Absicht angehört, den AIA-Standard umzusetzen.

Australien hat das MCAA am 4. Juni 2015 unterzeichnet. Die Behörden sind daran, den AIA-Standard in innerstaatliches Recht umzusetzen.

Die Schweiz hat das Amtshilfeübereinkommen am 15. Oktober 2013 und das MCAA am 19. November 2014 unterzeichnet. Am 5. Juni 2015 hat der Bundesrat die Botschaften zu diesen beiden Vorlagen sowie zum AIA-Gesetz verabschiedet.

Diese Geschäfte werden von der Bundesversammlung beraten. Der AIA zwischen Australien und der Schweiz kann nicht eingeführt werden, bevor beide Staaten über die notwendigen gesetzlichen Grundlagen zur Umsetzung des AIA-Standards verfügen.

Regularisierung der Vergangenheit Gemäss den vom Bundesrat am 8. Oktober 2014 verabschiedeten Verhandlungsmandaten soll der AIA nur eingeführt werden, wenn für die Steuerpflichtigen angemessene Mechanismen bereitstehen, um gegebenenfalls ihre steuerliche Situation zu regularisieren, und dadurch ein reibungsloser Übergang zum neuen System des Informationsaustauschs gewährleistet ist. Australien hatte am 27. März 2014 ein eigens an die Inhaberinnen und Inhaber von Konten im Ausland gerichtetes Regularisierungsprogramm mit dem Namen «Project DO IT» (für Disclose Offshore Income Today) eröffnet. Die australischen Behörden haben dieses Programm als letzte Möglichkeit für ihre Steuerpflichtigen bezeichnet, ihre steuerliche Situation vor dem Wechsel zum AIA zu bereinigen. Die betroffenen Steuerpflichtigen hatten bis zum 19. Dezember 2014 Zeit, das Programm zu nutzen. Zu diesem Zeitpunkt war der vom OECD-Rat am 15. Juli 2015 genehmigte AIA-Standard bereits öffentlich bekannt. Die betroffenen Steuerpflichtigen verfügten somit schon vor Ablauf des «Project DO IT» über die nötigen Informationen über die Einführung des AIA und hatten folglich genug Zeit, um an diesem Programm teilzunehmen.

Materiell stand das Programm grundsätzlich allen australischen Steuerpflichtigen offen, die Guthaben im Ausland besassen. Davon ausgenommen waren die Steuerpflichtigen, gegen die bereits ein Verwaltungs- oder Strafverfahren eröffnet worden war, oder diejenigen, die sich nicht an die Bedingungen eines
früheren freiwilligen Regularisierungsverfahrens hielten, an dem sie teilgenommen hatten. Zwar bestand die Möglichkeit, die australischen Steuerbehörden anonym zu kontaktieren, um Auskünfte über das Regularisierungsprogramm zu erhalten; die freiwillige Offenlegung aber musste den Namen der betroffenen steuerpflichtigen Person enthalten.

Die Steuerpflichtigen, die das Programm nutzten, mussten auf einem entsprechenden Formular umfassende Angaben zu ihren Einkünften, Guthaben und OffshoreStrukturen der Vorjahre machen. Wenn die australische Steuerbehörde die Offenlegung akzeptierte, nahm sie auf dieser Basis im Prinzip eine Veranlagung über die vier letzten Jahre vor; das entspricht der Verjährungsfrist von Steuerforderungen für im Ausland erzielte Einkommen.

Die Steuerpflichtigen, die an diesem Regularisierungsprogramm teilnahmen, kamen in den Genuss einer substanziellen Herabsetzung der wegen Nichtdeklaration von im Ausland erzieltem Einkommen verhängten Strafsteuern. Diese können bis zu 90 Prozent der geschuldeten Steuern betragen. Im Rahmen des Regularisierungsprogramms betrug die Strafsteuer hingegen nur 10 Prozent oder entfiel für Steuerpflichtige mit einem Jahreseinkommen von weniger als 20 000 australischen Dollar sogar 8647

ganz. Die ATO verpflichtete sich im Prinzip, keine Strafverfolgung einzuleiten und die erhaltenen Informationen nicht unaufgefordert an andere mit der Rechtsanwendung betraute Behörden weiterzuleiten. Für die Ermittlungen anderer Behörden konnte die ATO hingegen keine Gewähr für eine Amnestie bieten.

Das von Australien errichtete Programm enthält die Auflage für die Steuerpflichtigen, den Behörden die Namen der Beraterinnen, Berater oder anderer Intermediäre offenzulegen, die ihnen ab dem 1. Januar 2006 beim Aufbau von Offshore-Strukturen geholfen hatten. Eine solche Auflage ist im Rahmen von Programmen für die spontane Selbstanzeige durchaus üblich. Die australische Delegation teilte an den Verhandlungen mit, diese Forderung bezwecke in erster Linie, an Informationen zu gelangen, anhand derer die Methoden der Steuerpflichtigen zur Hintergehung der Steuerbehörden aufgedeckt werden können. Damit lasse sich ausserdem die Wirksamkeit der Massnahmen der australischen Behörden zur Bekämpfung von Steuerbetrug und Steuerhinterziehung erhöhen. Eine allfällige strafrechtliche Verfolgung der Beraterinnen, Berater und anderen Finanzintermediäre wurde dabei von Australien nicht explizit erwähnt, jedoch auch nicht explizit ausgeschlossen. Kein Staat ist in der Lage, den Personen, die möglicherweise auf seinem Staatsgebiet eine Straftat begangen haben, im Voraus und generell zu versprechen, dass sie von einer Strafverfolgung verschont bleiben werden.

Nach Angaben des australischen Finanzministers Joe Hockey, die am 8. April 2015 veröffentlicht wurden, haben 5600 australische Steuerpflichtige sich im Rahmen des «Project DO IT» selbst angezeigt. Sie sollen Einkommen in Höhe von ca.

600 Millionen australischen Dollar und Vermögen in Höhe von 4 Milliarden australischen Dollar deklariert haben. Das von Australien im Rahmen des «Project DO IT» angebotene Regularisierungsprogramm hat demnach zahlreichen Steuerpflichtigen erlaubt, ihre Situation zu vorteilhaften Bedingungen zu regularisieren.

Unabhängig vom «Project DO IT» bietet Australien den Steuerpflichtigen, die das wünschen, jederzeit die Möglichkeit einer freiwilligen Offenlegung an die Steuerverwaltung. Je nach Umständen des Einzelfalls kann die steuerpflichtige Person, die diese Möglichkeit nutzt, die Höhe der geschuldeten Bussen und Verzugszinsen reduzieren.
Die in Australien ansässigen Steuerpflichtigen sind demnach in den Genuss eines Programms gekommen, das ihnen erlaubt hat, ihre steuerliche Situation zu vorteilhaften Bedingungen zu regularisieren. Hinzu kommt, dass Steuerpflichtige, die sich nicht an diesem Programm beteiligt haben, ihre Situation nach den ordentlichen Bestimmungen des australischen Steuerrechts immer noch zu annehmbaren Bedingungen regularisieren können.

Schweizer Steuerpflichtige können seit Anfang 2010 von der straflosen Selbstanzeige und von einer vereinfachten Nachbesteuerung Gebrauch machen. Diese Massnahmen ermöglichen natürlichen wie auch juristischen Personen die straflose Regularisierung unversteuerten Einkommens und Vermögens. Für weitere Informationen siehe die Botschaft vom 5. Juni 2015 zum MCAA und zum AIA-Gesetz7.

7

BBl 2015 5437, hier 5505 f.

8648

Vertraulichkeit Die gemeinsame Erklärung hält fest, dass beide Vertragsparteien die im anderen Staat geltenden Vertraulichkeitsbestimmungen als ausreichend erachten. Das Global Forum erteilte Australien in seiner 2011 durchgeführten Evaluation die Benotung «compliant» (konform) mit Bezug auf die Vertraulichkeit in Steuersachen. Sämtliche Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) und Steuerinformationsabkommen (SIA) enthalten Vertraulichkeitsbestimmungen, die sich nach den Muster-DBA und Muster-SIA der OECD richten. Im innerstaatlichen Recht Australiens sind im Income Tax Assessment Act (ITAA) aus dem Jahr 1936, dem Taxation Administration Act von 1953 und dem Public Service Act von 1999 Vertraulichkeitsmassnahmen verankert, die auf den Informationsaustausch in Steuersachen Anwendung finden.

Die Examinatorinnen und Examinatoren des Global Forum konnten in Bezug auf die Sicherheit der Steuerdaten keine Mängel feststellen.

Einzelne Vernehmlassungsteilnehmerinnen und -teilnehmer stellten die von Australien praktizierte Auslegung des Datenschutzes und der Wahrung der Privatsphäre in Frage. Hierzu ist festzuhalten, dass Australien im Rahmen der Umsetzung des FATCA-I-Modells zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und Australien durch den «Internal Revenue Service» (IRS) der Vereinigten Staaten von Amerika einer strengen Prüfung der Vertraulichkeit und der Sicherheit der Steuerdaten unterzogen wurde. Nach Ansicht dieser Behörde erfüllte Australien sämtliche Kriterien, die für den gegenseitigen Informationsaustausch im Rahmen von FATCA verlangt werden. Weder die Prüfung des Global Forum noch diejenige der US-amerikanischen Behörden brachten Elemente zutage, die zur Annahme verleiten könnten, dass Australien seine Vertraulichkeitspflichten im Bereich der Steuerdaten nicht erfüllt.

Was die Rechte von Personen angeht, deren Daten bearbeitet werden, lässt die Prüfung durch das SIF den Schluss zu, dass Australien über eine ausreichende Gesetzgebung verfügt. Tatsächlich verfügt Australien über eine moderne Gesetzgebung betreffend Datenschutz, den «Privacy Act», der am 12. März 2014 revidiert wurde und der genauso in Bezug auf private Organisationen wie auch auf Verwaltungsorgane Anwendung findet. Dieses Gesetz stellt den Datenschutz betreffend die Bearbeitung der Daten von betroffenen Personen («data subject»)
sicher und räumt ihnen wesentliche Rechte ein, insbesondere betreffend Zugang und Berichtigung.

Die australische Gesetzgebung kennt im Weiteren eine unabhängige Aufsichtsbehörde, das «Office of the Australian Information Commissioner» (OAIC). Gemäss indikativer Auflistung des dazu befragten Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeits-Beauftragten (EDÖB) bietet Australien ein unter bestimmten Voraussetzungen angemessenes Schutzniveau: Vor der Datenübermittlung muss überprüft werden, ob die betroffene Branche unter das australische Recht zum Schutz der Privatsphäre fällt, namentlich ob auch die Daten von Ausländerinnen und Ausländern von diesem Recht erfasst werden. Im Zuge der Abklärungen bei den australischen Behörden konnte festgestellt werden, dass das australische Recht bei den Daten der eigenen Staatsbürgerinnen und Staatsbürger und denjenigen ausländischer Personen keine Unterscheidung bezüglich Vertraulichkeit, Spezialitätsprinzip und Datenschutz macht. Die nötigen Abklärungen diesbezüglich wurden folglich vorgenommen.

8649

Auch die Schweiz verfügt über die erforderlichen gesetzlichen Grundlagen (in erster Linie die DBA, die SIA, das Steueramtshilfegesetz vom 28. September 20128, die Vorlage für ein AIA-Gesetz, deren Botschaft am 5. Juni 2015 verabschiedet wurde, die Bestimmungen zum Steuergeheimnis in den Steuergesetzen sowie das Bundesgesetz vom 19. Juni 19929 über den Datenschutz).

Marktzutritt Die gemeinsame Erklärung vom 3. März 2015 enthält die Absicht zur Intensivierung der bilateralen Beziehungen zwischen Australien und der Schweiz im Finanzdienstleistungsbereich. Beide Parteien erklären sich bereit, den gegenwärtig geltenden Marktzutritt für grenzüberschreitende Finanzdienstleistungen zu erhalten. Weiter wird die Bereitschaft bestätigt, technische Gespräche über Verbesserungen und Vereinfachungen bei der Erbringung solcher Dienstleistungen aufzunehmen. Erste Schritte in diese Richtung wurden bereits unternommen. Der bestehende Finanzdialog zwischen den beiden Ländern soll dabei als Rahmen dienen, Resultate solcher technischer Gespräche zu präsentieren. Im Rahmen dieser Gespräche sollen Verbesserungen oder eine allfällige Angleichung der Wettbewerbsposition von Schweizer Finanzdienstleistern im australischen Markt zu anderen wichtigen Finanzmärkten (wie Deutschland, Vereinigtes Königreich, Hong Kong und Singapur) erzielt werden (Level Playing Field), beispielsweise mit der Erlangung eines «class order relief».

Inhaber eines «class order relief» können unter gewissen Voraussetzungen von der Pflicht zur Erbringung einer Lizenz zur Ausübung von gewissen grenzüberschreitenden Finanzdienstleistungen ausgenommen werden.

Schlussfolgerung Unter diesen Voraussetzungen entspricht Australien dem Profil der Staaten, mit denen der Bundesrat angekündigt hat, die Einführung des AIA verhandeln zu wollen. Zudem wird die Einführung des AIA mit Australien die steuerliche Zusammenarbeit zwischen beiden Staaten verstärken: Das revidierte DBA Schweiz-Australien, das auch eine mit dem OECD-Standard konforme Bestimmung zum Informationsaustausch auf Anfrage in Steuersachen enthält, ist am 14. Oktober 2014 in Kraft getreten. Damit entspricht der Entwurf eines Bundesbeschlusses den Kriterien der Verhandlungsmandate, die der Bundesrat am 8. Oktober 2014 verabschiedet hat. Der AIA zwischen der Schweiz und Australien wird, sobald die
entsprechenden Voraussetzungen erfüllt sind, mit dem MCAA eingeführt, das vollumfänglich auf dem von der OECD entwickelten AIA-Standard beruht.

Einige Vernehmlassungsteilnehmerinnen und -teilnehmer bezweifeln die Gewährleistung eines «Level Playing Field», da Australien sich noch nicht explizit zur Einführung des AIA mit den Konkurrenzfinanzplätzen der Schweiz, namentlich mit Singapur und Hong Kong, verpflichtet hat. Diesbezüglich ist festzuhalten, dass sich Australien wie die Schweiz beim Global Forum verpflichtet hat, den AIA per 2017 einzuführen und im Jahr 2018 einen ersten Informationsaustausch vorzunehmen. Es ist zu erwarten, dass Australien als G20-Mitgliedstaat den AIA-Standard streng umsetzt und dass es diese Form des Informationsaustausches auch mit den konkurrierenden Finanzplätzen einführt. Im Übrigen haben sich sowohl Singapur wie Hong Kong zur Umsetzung des AIA-Standards im Jahr 2017/2018 verpflichtet. Zu beach8 9

SR 651.1 SR 235.1

8650

ten ist ferner, dass der Entscheid zur Einführung des AIA in den meisten Partnerstaaten in die Kompetenz der Regierung fällt und keiner Genehmigung durch das Parlament bedarf. Aus diesem Grund sind die Partnerstaaten in der Lage, rasch ein umfassendes Netzwerk von Partnerstaaten aufzubauen, mit denen der AIA eingeführt werden soll. In der Schweiz unterstehen die bilateralen Aktivierungen des AIA auf der Basis des MCAA gemäss Kompetenzregelung und Gesetzgebungsverfahren hingegen der Genehmigung durch die Bundesversammlung. Die Einhaltung des Gesetzgebungsverfahrens setzt im Fall des AIA voraus, dass mit den Partnerstaaten rasch Verhandlungen aufgenommen werden, damit die Einführung des AIA im Jahr 2017 mit einer zufriedenstellenden Anzahl Staaten stattfinden kann, ganz so, wie es die gegenüber dem Global Forum eingegangenen internationalen Verpflichtungen vorsehen.

2

Verhältnis zu völkerrechtlichen Verträgen

2.1

DBA Schweiz-Australien

Das DBA Schweiz-Australien, das eine mit dem OECD-Standard konforme Bestimmung zum Informationsaustausch auf Anfrage enthält, ist am 14. Oktober 2014 in Kraft getreten. Die Amtshilfeklausel im DBA beschränkt sich auf den Informationsaustausch auf Anfrage. In Ziffer 14 des Protokolls zum DBA wird festgehalten, dass die Vertragsstaaten nicht dazu verpflichtet sind, Informationen auf automatischer Basis auszutauschen. Bevor der AIA zwischen der Schweiz und Australien eingeführt werden kann, müssen demnach die erforderlichen internationalen Rechtsgrundlagen geschaffen werden. Das MCAA, verbunden mit dem Amtshilfeübereinkommen und einer bilateralen Einigung, den AIA einzuführen, stellt eine solche Rechtsgrundlage dar.

Das DBA Schweiz-Australien ist durch die Einführung des AIA zwischen den beiden Staaten nicht beeinträchtigt. Der AIA und der im DBA vorgesehene Informationsaustausch auf Ersuchen gemäss OECD-Standard stellen zwei komplementäre Formen der Amtshilfe dar.

2.2

Übereinkommen des Europarats und der OECD über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen

Die Schweiz hat das Amtshilfeübereinkommen am 15. Oktober 2013 unterzeichnet.

Seine Genehmigung ist Gegenstand einer separaten Botschaft.

Das Amtshilfeübereinkommen ist ein umfassendes Instrument der multilateralen Zusammenarbeit im Steuerbereich. Es ermöglicht den Vertragsparteien, sich betreffend einer Vielzahl von Steuern gegenseitig Amtshilfe zu leisten.

Das Amtshilfeübereinkommen sieht in Artikel 6 vor, dass zwei oder mehrere Vertragsparteien vereinbaren können, in bestimmten Fallkategorien und nach einem gemeinsam vereinbarten Verfahren Informationen automatisch auszutauschen.

Damit der AIA aktiviert wird, bedarf es somit einer zusätzlichen Vereinbarung. Das von der Schweiz am 19. November 2014 und von Australien am 4. Juni 2015 unterzeichnete MCAAA ist eine solche Vereinbarung. Da das MCAA auf dem Amts-

8651

hilfeübereinkommen basiert, muss dieses für die Schweiz in Kraft treten, damit die Schweiz auf der Basis des MCAA den AIA einführen kann.

2.3

Multilaterale Vereinbarung der zuständigen Behörden über den automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten (MCAA)

Die Staatengruppe der sogenannten «Early Adopters» hat das MCAA entwickelt.

Am 29. Oktober 2014 haben 51 Staaten das MCAA unterzeichnet, 48 davon haben ihre Absicht bekundet, Informationen erstmals 2017 auszutauschen, die restlichen 3 erstmals 2018. Die Schweiz hat diese Vereinbarung am 19. November 2014 unterzeichnet. Gleichzeitig hat sie ihre Absicht mitgeteilt, unter Vorbehalt des innerstaatlichen Genehmigungsverfahrens, im Jahr 2018 erstmals Daten auf automatischer Basis auszutauschen. Auch Australien gehört seit dem 4. Juni 2015 zu den Unterzeichnerstaaten des MCAA. Bisher haben 61 Staaten das MCAA unterzeichnet.10 Das MCAA ist für die Einführung des AIA ein gültiges Instrument. Dem liegt die Idee zugrunde, dass der AIA-Standard einheitlich umgesetzt werden soll. Wie in Ziffer 1.2 erwähnt, ist das MCAA zwischen den Staaten, die es ratifiziert haben, nicht direkt anwendbar. Die konkrete Einführung des AIA zwischen zwei Staaten auf der Grundlage des MCAA setzt im Weiteren eine bilaterale Aktivierung voraus.

Bezüglich der rechtlichen Grundlagen der bilateralen Aktivierung des AIA und deren Errichtung wird auf die Ziffern 1.3 und 1.4 verwiesen.

2.4

Abkommen vom 9. Oktober 2006 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und Australien über Soziale Sicherheit

Renten, die nach dem australischen Sozialversicherungsbasissystem an in Australien ansässige Personen ausbezahlt werden, sind nicht durch Beiträge finanziert, sondern ausschliesslich durch Steuergelder. Der Rentenanspruch ist jedoch Einkommensgrenzen unterworfen. Die durch einen ausländischen Staat ausbezahlten Renten werden bei der Berechnung des Einkommens berücksichtigt. In Abhängigkeit der Höhe der ausländischen Rente kann es vorkommen, dass die Einkommensgrenze erreicht wird und dass die australische Rente deshalb nicht ausbezahlt wird. Der AIA kann dazu führen, dass Schweizer Renten, die durch Begünstigte von australischen Renten nicht deklariert worden wären, noch durch die Schweiz im Rahmen

10

Albanien*, Anguilla, Argentinien, Aruba*, Australien*, Belgien, Bermuda, Britische Jungfern-Inseln, Chile*, Costa Rica*, Caïman-Inseln, Curaçao, Dänemark, Deutschland, Estland, Färöer-Inseln, Finnland, Frankreich, Ghana*, Gibraltar, Griechenland, Grossbritannien, Guernsey, Indien, Indonesien*, Insel Man, Irland, Island, Italien, Jersey, Kaiman-Inseln, Kanada*, Kolumbien, Korea, Kroatien, Lettland, Liechtenstein, Litauen, Luxemburg, Malta, Mauritius, Mexiko, Montserrat, Neuseeland*, Niederlande, Norwegen, Österreich*, Polen, Portugal, Rumänien, San Marino, Schweden, Seychellen, Slowakei, Slowenien, Spanien, Südafrika, Tschechische Republik, Turks- und Caicosinseln, Ungarn, Vereinigtes Königreich und Zypern. Die Staaten, die mit einem Stern markiert sind, haben bei der Unterzeichnung angegeben, dass sie beabsichtigen, Informationen erstmals im September 2018 auszutauschen.

8652

des Abkommens vom 9. Oktober 200611 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und Australien über Soziale Sicherheit gemeldet worden wären, durch australische Behörden einfacher aufgedeckt werden können, was eine Verringerung der australischen Sozialversicherungsleistung zur Folge haben kann. Diese Situation betrifft nicht nur die Beziehungen Schweiz-Australien sondern auch die Beziehungen zwischen Australien und anderen Staaten, die sich dazu verpflichtet haben, den AIA einzuführen, und die ein Sozialversicherungsabkommen mit Australien abgeschlossen haben.

3

Vernehmlassungsergebnisse

3.1

Allgemeines

Vom 29. April bis 18. August 2015 war der Bundesbeschluss über die Einführung des automatischen Informationsaustauschs über Finanzkonten mit Australien Gegenstand eines Vernehmlassungsverfahrens.

Von den Eingeladenen haben sich 17 Kantone, drei nationale Parteien sowie eine kantonale Partei, vier gesamtschweizerische Dachverbände der Wirtschaft sowie fünf Vertreter interessierter Kreise vernehmen lassen. Ausserdem haben weitere vier Teilnehmende eine Stellungnahme abgegeben. Von den Eingeladenen verzichteten sechs Kantone und zehn weitere Teilnehmende auf eine Stellungnahme.

3.2

Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens

Die Vernehmlassungsteilnehmerinnen und -teilnehmer begrüssen die Vorlage grossmehrheitlich.

Mit Ausnahme eines Kantons sprechen sich alle Kantone für die Einführung des AIA mit Australien aus. Von den zwölf eingeladenen politischen Parteien haben drei nationale sowie eine kantonale Partei Stellung genommen. Von den Parteien stimmen zwei der Vorlage zu. Die kantonale Partei steht der Vorlage kritisch gegenüber.

Eine Partei lehnt die Vorlage grundsätzlich ab.

Von den zwölf Verbänden, Organisationen und Unternehmen, die eine Stellungnahme eingereicht haben, befürworten sechs die Genehmigung des Bundesbeschlusses. Drei Organisationen und Unternehmen stehen der Vorlage kritisch gegenüber.

Drei Vernehmlassungsteilnehmerinnen und -teilnehmer sprachen sich gegen eine Genehmigung des Bundesbeschlusses aus.

Folgende Aspekte des Bundesbeschlusses wurden kritisch beurteilt: a.

11

Zeitpunkt der Umsetzung und Koordination mit anderen Vorlagen: Einzelne Vernehmlassungsteilnehmerinnen und -teilnehmer erachten die Einführung des AIA mit Australien als verfrüht. Weitere Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben ihr Erstaunen darüber geäussert, dass die Vernehmlassung zur bilateralen Aktivierung des AIA mit Australien bereits eröffnet worden ist, obwohl die Gesetze und Abkommen, die dem AIA zugrunde liegen, in den vorberatenden Kommissionen noch diskutiert werden und demzufolge noch SR 0.831.109.158.1

8653

nicht verabschiedet wurden. Ein Vernehmlassungsteilnehmer argumentiert, dass es für die Schweiz grundsätzlich keinen Grund zur Eile gäbe, da wichtige Konkurrenzfinanzplätze keine Initiative betreffend die Einführung des AIA zeigten.

b.

Marktpotenzial: Mehrere Vernehmlassungsteilnehmerinnen und -teilnehmer haben sich kritisch dazu geäussert, dass Australien zu den ersten Partnerstaaten gehört, mit denen die Schweiz den AIA einführen will. Australien sei kein erstrangiger Handelspartner und stelle für die Schweizer Finanzdienstleister keinen wichtigen Markt dar. Schweizerische Finanzdienstleister, die sich für den australischen Markt interessieren würden, seien grundsätzlich von Singapur oder Hong Kong aus tätig.

c.

Regularisierung der Vergangenheit: Mehrere Vernehmlassungsteilnehmerinnen und -teilnehmer erachten das Regularisierungsprogramm Australiens als nicht zufriedenstellend, da das «Project DO IT» bereits 2014 abgeschlossen wurde. Ausserdem kritisieren sie die Auflage für die Steuerpflichtigen, den Behörden die Namen der Beraterinnen, Berater oder anderen Intermediäre offenzulegen, die ihnen bis zum 1. Januar 2006 beim Aufbau von Offshore-Strukturen geholfen haben. Zwei Teilnehmende sind der Auffassung, es müsse zwingend sichergestellt werden, dass die ATO diese Informationen nicht zur strafrechtlichen Verfolgung von natürlichen Personen verwendet.

d.

Marktzugang: Nach Meinung gewisser Vernehmlassungsteilnehmerinnen und -teilnehmer ist die Schweizer Finanzbranche gegenüber anderen Staaten hinsichtlich des Marktzugangs für Finanzdienstleister deutlich benachteiligt.

Verschiedene Teilnehmerinnen und Teilnehmer erachten das Verhandlungsergebnis namentlich deswegen als unbefriedigend und die Voraussetzungen für einen erleichterten Marktzugang als nicht gegeben, weil Australien Konkurrenzfinanzplätzen wie Deutschland, Grossbritannien, Singapur oder Hong Kong eine attraktive Lösung anbietet. Einige von ihnen sind der Auffassung, dass auch die Schweiz von ähnlichen Bedingungen profitieren sollte, wie sie Australien den Konkurrenzfinanzplätzen anbietet.

e.

Datenschutz: Einzelne Vernehmlassungsteilnehmerinnen und -teilnehmer stellen die von Australien praktizierte Auslegung des Datenschutzes und der Wahrung der Privatsphäre in Frage. Sie behaupten, die Schweiz habe nicht ausreichend nachgewiesen, dass Australien eine gleichwertige Regelung aufweist und in der Praxis anwendet.

f.

Abstimmung der Einführung des AIA mit dem Vorgehen der Konkurrenzfinanzplätze (Level Playing Field): Einige Vernehmlassungsteilnehmerinnen und -teilnehmer weisen darauf hin, dass Australien sich weder verpflichtet noch dahingehend geäussert hat, mit konkurrierenden Finanzplätzen gleichwertige Abkommen abzuschliessen. Einige meinen, dass es derzeit nicht möglich ist, das Verhalten der Konkurrenzfinanzplätze der Schweiz in Bezug auf den AIA eindeutig abzuschätzen. Nach Auffassung von drei von ihnen besteht für die Schweiz die Gefahr, einen Wettbewerbsnachteil zu erleiden, wenn sie frühzeitig AIA-Abkommen abschliesst, ohne dass die betreffenden Staaten nachziehen. Bevor die Schweiz mit Australien den AIA in Kraft setze, müsse deshalb eine genügend hohe Sicherheit bestehen, dass

8654

Australien mit den wichtigsten Konkurrenzfinanzplätzen der Schweiz den AIA ebenfalls einführe.

3.3

Schlussfolgerung

Der Bundesrat gelangt trotz der Kritik einiger Vernehmlassungsteilnehmerinnen und -teilnehmer zum Schluss, dass die Einführung des AIA mit Australien den Anforderungen genügt, die er in seinem Verhandlungsmandat festgelegt hat (vgl. Ziff. 1.4).

Ausserdem liegt es im Interesse der Schweiz, ihre auf internationaler Ebene gemachten politischen Zusagen hinsichtlich der Einführung des AIA per 2017, mit Beginn des Datenaustauschs im Jahr 2018, einzuhalten.

4

Erläuterungen zu den Artikeln des Bundesbeschlusses

Art. 1 Mit dieser Bestimmung ermächtigt die Bundesversammlung den Bundesrat, dem Sekretariat des Koordinierungsgremiums des MCAA mitzuteilen, dass Australien in die Liste derjenigen Staaten aufzunehmen sei, mit denen die Schweiz den AIA umsetzt (Abs. 1). Die Bundesversammlung erteilt dem Bundesrat zudem die Kompetenz, das Datum festzulegen, ab dem konkret Informationen ausgetauscht werden (Abs. 2; vgl. auch Abschnitt 7 Abs. 2.1 MCAA). Dieses Vorgehen entspricht demjenigen, das für die Inkraftsetzung von Bundesgesetzen Anwendung findet. Es trägt auch den Genehmigungsverfahren für das Amtshilfeübereinkommen, das MCAA, das AIA-Gesetz und die vorliegende Vorlage Rechnung.

Art. 2 Der Erlass, mit dem der Bundesrat ermächtigt wird, einen Staat in die Liste der Staaten einzutragen, mit denen die Schweiz den AIA umsetzt, enthält keine rechtsetzenden Bestimmungen. Er hat deshalb in der Form des Bundesbeschlusses und nicht des Bundesgesetzes zu ergehen (Art. 163 Abs. 2 der Bundesverfassung12, BV). Der Mechanismus der bilateralen Aktivierung ist per se kein Staatsvertrag im Sinne von Artikel 141 BV, er wirkt sich aber ähnlich aus wie der Abschluss eines bilateralen Abkommens über den automatischen Informationsaustausch, da er die konkrete Umsetzung des MCAA erlaubt (für die Auswirkungen der Umsetzung des MCAA vgl. die Botschaft vom 5. Juni 2015 zur Genehmigung und Umsetzung des MCAA13). Deshalb untersteht der vorliegende Bundesbeschluss in Anwendung von Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV dem fakultativen Referendum.

12 13

SR 101 BBl 2015 5437

8655

5

Auswirkungen

5.1

Auswirkungen auf den Bund, die Kantone und die Gemeinden

Die Implementierung des AIA-Standards wird bei der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) zu einem erhöhten finanziellen Aufwand führen. Die ESTV wird zur eigentlichen Drehscheibe für den Datenaustausch mit Partnerstaaten wie auch mit kantonalen Steuerverwaltungen in Bezug auf vom Ausland eingehende Informationen. Sie wird sich frühzeitig auf die neuen Rahmenbedingungen vorbereiten und entsprechende Vorkehrungen treffen müssen (Entwicklung eines entsprechenden Informatiksystems; Aufsetzen organisatorischer Prozesse innerhalb der ESTV bzw.

mit den Finanzinstituten, den Partnerstaaten und den kantonalen Steuerverwaltungen; Erstellung von Praxisanweisungen etc.).

Die Einführung des AIA-Standards führt auch bei den kantonalen Steuerverwaltungen zu personellen und informatikbezogenen Mehrkosten von schätzungsweise mehreren Millionen Franken. Die Informatiksysteme müssen angepasst werden, um die neu erhaltenen Daten zu integrieren und auszuwerten. Dies kann auch zu Mehraufwendungen infolge von Nachbesteuerungsverfahren führen.

Die Kosten und der konkrete Bedarf für den Betrieb des AIA können derzeit noch nicht abgeschätzt werden.

Im Übrigen sei auf die Erklärungen in Ziffer 5.1 der Botschaft vom 5. Juni 2015 zur Genehmigung und Umsetzung des MCAA14 verwiesen.

5.2

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

Der grösste Nutzen, der sich aus der Einführung des AIA mit Australien ab 2018 ergibt, dürfte die Verbesserung der internationalen Wahrnehmung des Schweizer Finanzplatzes sein. Die Einführung des AIA mit Australien bietet insbesondere den Vorteil der Stärkung der Rechtssicherheit für international tätige Schweizer Finanzinstitutionen. Für die Schweizer Finanzdienstleister können sich zudem im grenzüberschreitenden Finanzdienstleistungsgeschäft durch die Bereitschaft Australiens, den Marktzutritt zu erhalten und im bilateralen Verhältnis zu verbessern, auch neue Geschäftsmöglichkeiten direkt aus der Schweiz eröffnen (siehe Ziff. 1.4).

Bei der Einführung des AIA mit Australien gilt es zu berücksichtigen, dass bei den betroffenen Finanzinstituten Zusatzkosten vor allem während der Einführungsphase entstehen. Langfristig wird davon ausgegangen, dass aufgrund von Standardisierungen ­ so werden beispielsweise periodisch dieselben Daten ausgetauscht ­ sowohl die wiederkehrenden Kosten als auch die Fixkosten für Schweizer Finanzinstitute begrenzt sind. Generell ist das Risiko nicht auszuschliessen, dass die von Schweizer Finanzinstituten verwalteten Vermögen ausländischer Kundinnen und Kunden im Zuge der steuerlichen Regularisierung tendenziell abnehmen. Der Abfluss von Kundengeldern durch die Einführung des AIA dürfte sich aber in Grenzen halten, da der Prozess der Regularisierung von steuerlich nicht deklarierten Vermögen bereits seit einigen Jahren läuft und anzunehmen ist, dass die entsprechenden Erwartungen gebildet sind. In diesem Zusammenhang ist davon auszugehen, dass diese Entwick14

BBl 2015 5437, hier 5516

8656

lung im Bereich der nicht regularisierten Vermögensbestände in Australien durch das Regularisierungsprogramm «Project DO IT» weit vorangeschritten ist (siehe Ziff 1.4). Im Übrigen fördert das Programm zur Regularisierung der Vergangenheit die Schaffung günstiger Bedingungen und legt den Grundstein für die zukünftigen Tätigkeiten in Australien.

Die Einführung des AIA mit Australien ab 2018 stellt für die Schweizer Anbieter keinen Wettbewerbsnachteil dar, da die wichtigsten konkurrierenden Finanzplätze ebenfalls die Absicht erklärt haben, den AIA-Standard innerhalb derselben Frist zu übernehmen. Ihr interner Prozess im Hinblick auf die Umsetzung des AIA hat bereits begonnen. Man darf sogar damit rechnen, dass traditionell wichtige Wettbewerbsfaktoren der Schweiz, wie die politische Stabilität, die starke und stabile Währung, aber auch das Humankapital und die Infrastruktur, in Zukunft somit noch stärker ins Gewicht fallen, was sich positiv auf die Wettbewerbsfähigkeit des Schweizer Finanzplatzes auswirken dürfte.

5.3

Auswirkungen auf die Steuern

Bei den Steuern ist zu unterscheiden zwischen den Auswirkungen der Meldungen der Schweiz an ausländische Steuerbehörden und den Wirkungen der Meldungen, die der schweizerische Fiskus aufgrund der Reziprozität der Abkommen mit den Partnerstaaten aus dem Ausland erhalten wird.

Aufgrund der Meldungen der Schweiz ins Ausland sind Mindereinnahmen bei Bund und Kantonen aus folgenden Gründen möglich: ­

Die Finanzinstitute werden die mit der Umsetzung des AIA verbundenen Kosten als Aufwand von der Bemessungsgrundlage der Gewinnsteuer abziehen können. Weiter werden tiefere Margen und ein allfälliger Rückgang der verwalteten Kundenvermögen als Folge des AIA die Gewinne des Finanzsektors reduzieren, was direkt die Gewinnsteuererträge und indirekt, über eine allfällige Abnahme der Beschäftigung und tendenziell tiefere Saläre, auch die Erträge der Einkommenssteuer vermindert.

­

Mindereinnahmen können auch bei der Verrechnungssteuer auf Anlageportfolios ausländischer Kundinnen und Kunden entstehen. Diese dürften jedoch kaum ins Gewicht fallen, da namentlich steuerunehrliche Kundinnen und Kunden einen hohen Anreiz haben, verrechnungssteuerbelastete Anlagen zu vermeiden.

­

Durch die Einführung des AIA mit der EU werden bisherige Entgelte bzw.

Bezugsprovisionen wegfallen, die der Schweiz aufgrund des Zinsbesteuerungsabkommens mit der EU sowie aufgrund der Quellensteuerabkommen mit dem Vereinigten Königreich und mit Österreich heute zufallen (2014 fielen aus dem Zinsbesteuerungsabkommen Entgelte von rund 125 Millionen Franken an, 2013 aus den Quellensteuerabkommen Entgelte von rund 750 000 Franken).

Umgekehrt beinhaltet das reziproke Element des AIA ein Potenzial für Mehreinnahmen aus bisher unversteuertem Vermögen für den Bund und die Kantone von in der Schweiz steuerpflichtigen Personen, welche bei ausländischen Zahlstellen gehalten werden. Konkret kann sich das Mehreinnahmenpotenzial wie folgt realisieren:

8657

­

Aufgrund der ausländischen Meldungen können unter Umständen unversteuerte Vermögenswerte aufgedeckt werden. Im Nachsteuerverfahren resultieren dann einmalige Mehreinnahmen (ordentliche Nachsteuer, Verzugszins und Bussen). Das regularisierte Vermögen generiert danach in den Folgejahren permanente Mehreinnahmen bei der Einkommens- und der Vermögenssteuer.

­

Die drohende Meldung aus dem Ausland kann eine steuerunehrliche Person zu einer (straflosen) Selbstanzeige motivieren. Es resultieren dann einmalige Mehreinnahmen (ordentliche Nachsteuer und Verzugszins; im Wiederholungsfall zusätzlich reduzierte Busse) sowie permanente Mehreinnahmen aus dem regularisierten Vermögen bei der Einkommens- und der Vermögenssteuer.

­

Die drohende Meldung aus dem Ausland kann eine steuerunehrliche Person zu einer Repatriierung der Vermögenswerte in die Schweiz bewegen. Dies erhöht die Wertschöpfung in der inländischen Vermögensverwaltung, was auf indirektem Weg zusätzliche Gewinn- und Einkommenssteuer generiert.

Zu den konkreten steuerlichen Auswirkungen der Einführung des AIA mit Australien können derzeit keine Angaben gemacht werden. Eine solche Schätzung hängt insbesondere von der Anzahl betroffener Kundinnen und Kunden und deren Verhalten im Vorfeld zur Einführung des AIA ab, ebenso von der Höhe der bisher unversteuerten Vermögen, die in der Schweiz steuerpflichtige Personen bei ausländischen Zahlstellen halten.

6

Verhältnis zur Legislaturplanung

Die Vorlage ist weder in der Botschaft vom 25. Januar 201215 zur Legislaturplanung 2011­2015 noch im Bundesbeschluss vom 15 Juni 201216 über die Legislaturplanung 2011­2015 angekündigt, denn die Notwendigkeit der bilateralen Aktivierung des AIA ergab sich erst aus der Verabschiedung des AIA-Standards durch den Rat der OECD am 15. Juli 2014 sowie aus der Verabschiedung der Verhandlungsmandate über die Einführung des AIA mit Partnerstaaten durch den Bundesrat am 8. Oktober 2014. Die Vorlage entspricht jedoch dem Ziel 3 der Legislaturplanung: «Stabilität und Standortattraktivität des Finanzplatzes sind gewährleistet». Gemäss diesem Ziel sind Massnahmen zu treffen, die das Vertrauen in den Schweizer Finanzplatz wiederherstellen, diesen in Einklang mit den Regeln der Steuerkonformität bringen und seine Wettbewerbsfähigkeit gewährleisten.

15 16

BBl 2012 481 BBI 2012 7155

8658

7

Rechtliche Aspekte

7.1

Verfassungsmässigkeit

Die gemeinsame Erklärung stellt aufgrund ihres politischen und programmatischen Charakters keinen internationalen rechtlich bindenden Rechtsakt dar. Sie unterstand nach Artikel 166 Absatz 2 BV nicht der Genehmigung durch die Bundesversammlung und konnte nach Artikel 184 Absatz 1 BV vom Bundesrat gestützt auf seine allgemeine Kompetenz im Bereich der auswärtigen Angelegenheiten abgeschlossen werden.

Hingegen bedarf der Entwurf für einen Bundesbeschluss, mit dem der Bundesrat ermächtigt wird, dem Sekretariat des Koordinierungsgremiums des MCAA mitzuteilen, dass Australien in die Liste der Staaten aufzunehmen sei, mit denen die Schweiz den AIA umsetzt, der Genehmigung durch die Bundesversammlung (Art. 163 Abs. 2 BV). Der Entwurf des Bundesbeschlusses stützt sich auf Artikel 54 Absatz 1 BV, der dem Bund die Zuständigkeit in auswärtigen Angelegenheiten verleiht.

7.2

Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz

Das internationale Steuerrecht der Schweiz im Verhältnis zu Australien besteht derzeit im Wesentlichen aus dem DBA Schweiz-Australien. Allen DBA ist gemeinsam, dass sie die Besteuerungsrechte der Schweiz und ihrer Partnerstaaten so einschränken, dass Einkünfte nicht doppelt besteuert werden. Im Allgemeinen enthalten sie auch eine Bestimmung über den Informationsaustausch. Das DBA SchweizAustralien war Gegenstand einer Revision, die am 14. Oktober 2014 in Kraft getreten ist. Es enthält eine Bestimmung über den Informationsaustausch auf Ersuchen, die mit dem OECD-Standard übereinstimmt. Die Einführung des AIA berührt das DBA Schweiz-Australien nicht. Die Schweiz und Australien werden künftig Informationen auf Ersuchen auf der Basis des DBA austauschen können und sich für den AIA auf das Amtshilfeübereinkommen, das MCAA (welches in der Beilage den gemeinsamen Melde- und Sorgfaltsstandard der OECD für Informationen über Finanzkonten enthält) sowie die bilaterale Aktivierung, die Gegenstand dieser Vorlage ist, berufen. Beide Formen des Informationsaustausches ergänzen einander.

7.3

Erlassform

Nach Artikel 163 Absatz 2 BV haben Erlasse, die keine rechtsetzenden Bestimmungen enthalten, in der Form des Bundesbeschlusses zu ergehen. Da der Erlass, der dem Bundesrat die Kompetenz erteilt, dem Sekretariat des Koordinierungsgremiums des MCAA mitzuteilen, dass Australien in die Liste nach Abschnitt 7 Absatz 2.2 MCAA aufzunehmen sei, keine rechtsetzenden Bestimmungen enthält, ist er der Bundesversammlung in der Form eines Bundesbeschlusses zu unterbreiten. Der Mechanismus der bilateralen Aktivierung ist per se kein Staatsvertrag nach Artikel 141 BV, er wirkt sich aber ähnlich aus, weshalb der vorliegende Bundesbeschluss in Anwendung von Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV dem fakultativen Referendum untersteht (Art. 2 des Bundesbeschlusses). Sofern das AIA-Gesetz vor der Schlussabstimmung zum Bundesbeschluss über die Einführung 8659

des automatischen Informationsaustauschs über Finanzkonten mit Australien in Kraft tritt, wird Artikel 39 dieses Gesetzes anwendbar sein, sofern jener Artikel durch die beiden Räte genehmigt wird. Nach diesem Artikel genehmigt die Bundesversammlung mit einfachem Bundesbeschluss die Aufnahme eines Staates in die Liste nach Abschnitt 7 Absatz 1 Buchstabe f MCAA, d. h. ohne dass er dem fakultativen Referendum unterstellt ist.

8660