10.417 Parlamentarische Initiative Militärstrafprozess. Ausdehnung der Rechte der Geschädigten Bericht der Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates vom 25. Juni 2015

Sehr geehrter Herr Präsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit diesem Bericht unterbreiten wir Ihnen den Entwurf zu einer Änderung des Militärstrafprozesses. Gleichzeitig erhält der Bundesrat Gelegenheit zur Stellungnahme.

Die Kommission beantragt, dem beiliegenden Entwurf zuzustimmen.

25. Juni 2015

Im Namen der Kommission Der Präsident: Daniel Vischer

2015-1905

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Übersicht Im Militärstrafprozessrecht verfügt die geschädigte Person heute über weniger Mitwirkungsrechte als im Strafprozessrecht nach der neuen eidgenössischen Strafprozessordnung. Insbesondere der nach dem Unfall an der Jungfrau im Jahr 2007 geführte Militärstrafprozess hat aufgezeigt, dass das geltende Recht in Bezug auf die Parteirechte der geschädigten Person den Ansprüchen an ein modernes Strafprozessrecht nicht vollständig zu genügen vermag. Die Kommission ist deshalb der Ansicht, dass entsprechender gesetzgeberischer Handlungsbedarf besteht. Sie schlägt vor, die Parteirechte der geschädigten Person im Militärstrafprozess jenen der eidgenössischen Strafprozessordnung anzupassen.

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Bericht 1

Entstehungsgeschichte

1.1

Parlamentarische Initiative

Am 17. März 2010 reichte Nationalrat Christian Lüscher eine parlamentarische Initiative ein, mit welcher er eine Teilrevision des Militärstrafprozesses fordert.

Dieser soll so geändert werden, dass das Opfer und seine Angehörigen als Privatklägerschaft auftreten und alle Parteirechte ausüben können, und zwar unabhängig davon, ob sie legitimiert sind, gegen die beschuldigte Person zivilrechtliche Ansprüche geltend zu machen. Am 20. Januar 2011 prüfte die Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates (im Folgenden «die Kommission») die Initiative vor und beschloss ohne Gegenstimmen gemäss Artikel 109 Absatz 2 des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 20021 (ParlG), ihr Folge zu geben. Die Kommission für Rechtsfragen des Ständerates stimmte diesem Beschluss am 1. April 2011 ­ ebenfalls ohne Gegenstimmen ­ zu (Art. 109 Abs. 3 ParlG).

1.2

Arbeiten der Kommission

Die Kommission befasste sich an drei Sitzungen im Oktober 2012, August 2013 und August 2014 mit der Umsetzung der parlamentarischen Initiative. Am 15. August 2013 hat sie einstimmig einen Vorentwurf angenommen. Zu diesem Vorentwurf wurde vom 9. September bis zum 13. Dezember 2013 ein Vernehmlassungsverfahren durchgeführt.

Am 20. Februar 2015 nahm die Kommission Kenntnis von den Vernehmlassungsergebnissen. Gleichentags verabschiedete sie einstimmig den beiliegenden Gesetzesentwurf.

Die Kommission wurde bei ihrer Arbeit gemäss Artikel 112 Absatz 1 ParlG vom Eidgenössischen Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport unterstützt.

2

Grundzüge der Vorlage

2.1

Ausgangslage

Gemäss Artikel 118 Absatz 1 der Strafprozessordnung (StPO)2, die am 1. Januar 2011 in Kraft getreten ist, kann eine durch eine strafbare Handlung geschädigte Person erklären, sich als Privatklägerschaft am Strafverfahren zu beteiligen. Dabei kann sie gemäss Artikel 119 Absatz 2 StPO entweder nur die Bestrafung der Täterschaft verlangen (Beteiligung als Strafklägerin) oder auch Zivilansprüche adhäsionsweise geltend machen (Beteiligung als Zivilklägerin) oder beide Positionen kombinieren (Beteiligung als Straf- und als Zivilklägerin). Damit kann sich auch am 1 2

SR 171.10 SR 312.0

6061

Verfahren beteiligen, wer eine öffentlich-rechtliche Schadenersatzforderung (z.B.

gegen einen Angestellten der Eidgenossenschaft aufgrund dienstlicher Verrichtung) geltend macht. Diese Forderung kann zwar nicht adhäsionsweise im Strafverfahren geltend gemacht werden, die geschädigte Person kann sich aber als blosse Strafklägerin am Verfahren beteiligen3. Als Privatklägerschaft wird sie gemäss Artikel 104 Absatz 1 Buchstabe b StPO zur Partei und hat als solche im Vor-, Haupt- und Rechtsmittelverfahren umfangreiche Parteirechte. Insbesondere ist sie befugt, erstinstanzliche Entscheide anzufechten. Keine generelle Parteistellung hat die Privatklägerschaft dagegen im nicht publikumsöffentlichen Strafbefehlsverfahren. Soweit sie eigene Zivilansprüche gegenüber der beschuldigten Person geltend machen, können sich zudem Angehörige eines Opfers4 als Zivilkläger am Verfahren beteiligen (Art. 122 Abs. 2 StPO)5. Angehörige können sich hingegen nicht als Strafkläger beteiligen. Ebenfalls zur Zivilklage berechtigt sind die Angehörigen einer verstorbenen geschädigten Person, auf welche deren Verfahrensrechte als Privatklägerschaft gemäss Artikel 121 StPO übergegangen sind.

Der Militärstrafprozess vom 23. März 19796 (MStP) als spezielle Verfahrensordnung wurde bei der Vereinheitlichung des Strafprozessrechts bewusst ausgeklammert. Dies hat zur Folge, dass sich der Umfang der Parteirechte der geschädigten Person in den beiden Prozessordnungen deutlich voneinander unterscheidet. Für den militärstrafprozessrechtlichen Bereich werden diese in den Artikeln 163­165 MStP umschrieben. Die geschädigte Person kann zivilrechtliche Ansprüche aus einer unter das Militärstrafgesetz vom 13. Juni 19277 (MStG) fallenden strafbaren Handlung gegen die angeklagte Person vor den Militärgerichten geltend machen. Erfolgte eine strafbare Handlung jedoch in Ausübung einer dienstlichen Tätigkeit, ergeben sich in der Folge nur Haftungsansprüche gegen den Bund gestützt auf Artikel 135 des Militärgesetzes vom 3. Februar 19958 (MG). Die geschädigte Person hat in diesem Fall keine Legitimation für zivilrechtliche Ansprüche gegenüber der angeklagten Person und übt, und auch dies nur insofern sie Opfer ist, an der Hauptverhandlung lediglich Informationsrechte aus (vgl. Art. 84g MStP). Ein Appellationsrecht gegen das Militärgerichtsurteil wird
nicht gewährt (Art. 173 Abs. 1bis MStP).

Diese partielle Schlechterstellung der geschädigten Person in militärstrafrechtlichen Verfahren gegenüber jenen nach StPO kann nach Ansicht der Kommission sachlich nicht begründet werden. Wie der Initiant erachtet es auch die Kommission als stossend, dass sich die geschädigte Person bzw. deren Angehörige in einigen Verfahren nach MStP nur beschränkt beteiligen können. Aus diesem Grund hält die Kommission eine Änderung der gesetzlichen Grundlagen in diesem Bereich für gerechtfertigt.

3

4 5

6 7 8

Vgl. dazu die Antwort des Bundesrates vom 4. Juli 2012 auf die von Nationalrat Mauro Poggia eingereichte Interpellation 12.3355 «Strafprozessordnung. Achtung der Rechte der Geschädigten».

Vgl. Artikel 116 StPO für den Begriff des Opfers und seiner Angehörigen.

Vgl. Viktor Lieber, in: Donatsch/Hansjakob/Lieber (Hrsg.), Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung (StPO), Zürich/Basel/Genf 2014, N 6 zu Art. 117 und N 6 zu Art. 122.

SR 322.1 SR 321.0 SR 510.10

6062

2.2

Die vorgeschlagene Neuregelung

Die Kommission ist der Meinung, dass die geschädigte Person in Militärstrafprozessen grundsätzlich die gleichen Rechte wie in Strafprozessen nach StPO geniessen soll. Sie schlägt deshalb eine Angleichung der Parteirechte der geschädigten Person in den beiden Prozessordnungen vor. Dazu soll im MStP die Privatklägerschaft analog zur StPO normiert werden. Die Artikel 118 bis 121 StPO sollen in den Grundzügen sachlich unverändert übernommen und in den MStP übertragen werden. Die besonderen strafprozessualen Regelungen für Opfer und ihre Angehörigen (Art. 84a­84i MStP) werden teilweise angepasst. Neben den Rechten sollen auch die Pflichten der Privatklägerschaft im MStP analog zur StPO geregelt werden.

Mit dieser Neuregelung will die Kommission die strafprozessrechtliche Stellung von geschädigten Personen und deren Angehörigen in Strafverfahren gegen Angehörige der Armee, die in dienstlicher Verrichtung handelten, bezüglich der Strafklage verbessern. Sie strebt hingegen keine materielle Änderung bezüglich der Haftungsansprüche, die als öffentlich-rechtliche Streitigkeiten qualifiziert werden, an. Faktisch wird die Position geschädigter Personen mit der vorgeschlagenen Gesetzesänderung allerdings auch in diesen Fällen gestärkt: Zwar soll das Institut der Privatklägerschaft der geschädigten Person vor allem die prozessrechtliche Möglichkeit gewähren, im Strafverfahren adhäsionsweise Zivilansprüche gegenüber dem Täter geltend zu machen. Falls keine Zivilforderungen bestehen, erleichtert die Strafuntersuchung der geschädigten Person aber das Sammeln von Beweismaterial für allfällige Verantwortlichkeitsansprüche gegen andere als die beschuldigte Person. Die Pflichten der Privatklägerschaft sollen in Militärstrafprozessen mit jenen wie in Strafprozessen nach StPO vergleichbar sein.

2.3

Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens

Die vorgeschlagene Ausdehnung der Rechte der Geschädigten im MStP wurde in der Vernehmlassung von einer überwiegenden Mehrheit der Teilnehmerinnen und Teilnehmer insgesamt positiv bewertet, namentlich von der grossen Mehrheit der Kantone und allen Parteien. Von den 26 Kantonen, die sich vernehmen liessen, begrüssten 25 Kantone die vorgeschlagenen Änderungen des MStP (ZH, BE, LU, UR, SZ, OW, NW, GL, ZG, FR, SO, BS, BL, SH, AR, AI, SG, AG, TG, TI, VD, VS, NE, GE, JU). Die Regierung des Kantons Graubünden beschloss nach Prüfung der Unterlagen auf die Abgabe einer Stellungnahme zu verzichten. Die KKJPD beschloss, auf eine Stellungnahme zu verzichten und es den einzelnen Kantonen zu überlassen, sich zur Vorlage zu äussern. Die vier sich vernehmlassenden Parteien anerkannten den Handlungsbedarf und begrüssten die vorgeschlagene Regelung (CVP, FDP, SVP und SP).Von den offiziell zur Vernehmlassung eingeladenen Dachverbänden und Organisationen äusserten sich fünf positiv und unterstützten die Vorlage (SGV, SSK, SVSP, Uni GE, UNIL). Sechs Teilnehmerinnen und Teilnehmer verzichteten auf eine Stellungnahme (SSV, economiesuisse, SAV, KKPKS, KSBS, ISP). Nur eine sich vernehmlassende Organisation äusserte sich ablehnend zur Vorlage (CP). Das Militärkassationsgericht, das Tribunal militaire 2 und das Oberauditorat begrüssten die vorgeschlagene Anpassung der Parteirechte der geschädigten Personen im Militärstrafprozess ebenfalls und stimmten der Vorlage zu. Die Bundesanwaltschaft hielt in ihrer Antwort zu dieser Vernehmlassung fest,

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dass sie keine Anmerkungen bzw. Gegenbemerkungen zur vorgesehenen Anpassung des MStP anzubringen habe.

Im Rahmen der Bemerkungen zur systematischen Gliederung und zu den einzelnen Bestimmungen machten der Kanton Basel-Stadt und die Universität Lausanne folgende Vorschläge: Anpassung der systematischen Gliederung der Begriffsdefinitionen zu «geschädigter Person», «Opfer» und «Privatklägerschaft», durchgehende Verwendung des neu im MStP eingeführten, geschlechtsneutralen Begriffs der geschädigten Person, Aufnahme des Begriffs «geschädigte Person» in Artikel 84a in einer zu Artikel 115 Absatz 1 StPO analogen Formulierung, eine präzisere Formulierung von Artikel 84g, Überführung des zweiten Satzes von Absatz 1 von Artikel 84j in einen neuen Artikel 84a, Artikel 84n in den bestehenden Artikel 84 Absatz 1 einzusetzen, Einfügen des Begriffs «geschädigte Person» in Artikel 116 Absatz 4 bzw. eine Neuformulierung von Artikel 116 Absatz 4, Erwähnung der Aufhebung bestehender Zwangsmassnahmen sowie Einziehung in Artikel 117 (analog zu Art. 320 Abs. 2 StPO), Anpassung der Einsprachebefugnis in Artikel 122 an die Formulierung von Artikel 354 StPO, redaktionelle Änderung von Artikel 163 Absatz 1, Abänderung der Sachüberschrift von Artikel 164 in «Zuständigkeit und Verfahren» und Hinzufügen von Artikel 163b als neuen Absatz 1, Übernahme der speziellen Regelung von Artikel 126 Absatz 4 StPO als neuen Artikel 164 Absatz 4.

Ferner gab es Stellungnahmen zu weiteren Aspekten. So wurde bedauert, dass nur ein Teilbereich der Militärstrafprozessordnung an die eidgenössische Strafprozessordnung angepasst wurde und keine umfassende Anpassung vorgenommen wurde (ZG). Es wurde im Weiteren darauf hingewiesen, dass nicht nur die Parteirechte der geschädigten Person von der StPO zu übernehmen wären, sondern auch deren Pflichten (TG). Ausserdem sollten Haftungsansprüche (zumindest bei Fahrlässigkeitstaten) weiterhin nur gegen den Bund und nicht gegen den Einzelnen gestellt werden können (SSK). Darüber hinaus wurde festgestellt, dass die vorgeschlagene Revision keinen Einfluss auf die kantonale Kompetenzordnung und auf die vom Bund an die Kantone delegierte Aufgabe habe sowie keine Kosten für die Kantone verursache (TI).

3

Erläuterungen zu den einzelnen Bestimmungen

Ersatz eines Ausdrucks Der geltende MStP unterscheidet nicht klar zwischen der geschädigten Person (Geschädigter) als Oberbegriff und dem Opfer. Neu stehen Parteirechte grundsätzlich nur der geschädigten Person zu, die sich als Privatklägerschaft konstituiert hat.

Diesem Grundsatz folgend wird in den Artikeln 154 Absätze 1 und 2, 175 Absatz 2, 179 Sachüberschrift und Absatz 1, 183 Absätze 2 und 2bis sowie 202 der Ausdruck «Geschädigter» ersetzt durch den präzisierenden Ausdruck «Privatklägerschaft», mit den nötigen grammatikalischen Anpassungen.9

9

Siehe hierzu die Erläuterungen zu Artikel 84j nachfolgend.

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Art. 80

Persönliche Verhältnisse

Durch den Richter ist die persönliche Beziehung des Zeugen zum Beschuldigten, zum Verdächtigen und zum Geschädigten festzustellen; der bestehende Ausdruck «Verletzter» wird durch «Geschädigter» ersetzt.

Art. 84a Im MStP fehlt im Unterschied zur StPO eine Definition des Geschädigten. Diese Lücke wird mit Übernahme von Artikel 115 StPO geschlossen. Die Bestimmung folgt nach dem neu eingefügten Gliederungstitel «Elfter a Abschnitt: Geschädigter» und bildet den einzigen Artikel dieses Titels.

Art. 84abis

Begriffe

Im MStP fehlt im Unterschied zur StPO (Art. 116) eine Definition des Opfers und dessen Angehörigen, denen im schweizerischen Strafverfahrensrecht eine besondere Stellung zukommt. Mit der Übernahme des Opferbegriffs von Artikel 1 Absatz 1 des Opferhilfegesetzes vom 23. März 200710 (OHG) wird die Lücke geschlossen. Die Bestimmung folgt nach dem redaktionell angepassten Gliederungstitel «Elfter b Abschnitt: Opfer und ihre Angehörigen».

Art. 84ater

Grundsätze

Der bestehende Artikel 84a wurde redaktionell leicht angepasst und betreffend die Rechte der Angehörigen des Opfers, die Zivilansprüche geltend machen, Artikel 117 Absatz 3 StPO angeglichen.

Art. 84b

Information über die Rechte und Pflichten des Opfers, die Opferhilfe sowie Meldung

Die Opfer haben in jedem Verfahrensabschnitt eines Strafverfahrens einen umfassenden Informationsanspruch über ihre besonderen Rechte und Pflichten. Die Absätze 1­3 entsprechen der Regelung in Artikel 305 Absätze 1­3 StPO. Der bisherige Absatz 3 wird redaktionell leicht angepasst zum neuen Absatz 4.

Art. 84f Der ganze bestehende Artikel 84f kann aufgehoben werden. Die Bestimmung wurde inhaltlich auf verschiedene Artikel dieser Vorlage aufgeteilt (Art. 84b Abs. 1, 84j Abs. 5 [nur wenn sich das Opfer als Privatklägerschaft am Verfahren beteiligt], 114 Abs. 1, 116 Abs. 4, 121 Abs. 2, 122 Abs. 1 [nur wenn sich das Opfer als Privatklägerschaft am Verfahren beteiligt], 154 Abs. 3, 163 [nur wenn sich das Opfer als Privatklägerschaft am Verfahren beteiligt]) bzw. ist bereits durch Artikel 104 Absatz 3 (Anspruch auf gerichtliche Beurteilung) abgedeckt).

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SR 312.5

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Art. 84g

Zivilansprüche

Mit der Konstituierung als Privatklägerschaft erlangt das Opfer Parteistellung im Sinne von Artikel 84j Absatz 5 und kann folglich ­ gleich wie der Geschädigte im Sinne von Artikel 84a, wenn er sich als Privatklägerschaft konstituiert ­ zivilrechtliche Ansprüche vor den Militärgerichten geltend machen. Das Vorgehen für die Privatklägerschaft zur Geltendmachung von zivilrechtlichen Ansprüchen ist neu für Opfer und übrige Geschädigte ­ als «Privatklägerschaft» ­ einheitlich in den Artikeln 163 ff. geregelt und kann somit hier gestrichen werden.

Angehörige des Grenzwachtkorps (GWK) unterstehen gestützt auf Artikel 3 Absatz 1 Ziffer 6 in Verbindung mit Artikel 218 Absatz 1 MStG dem Militärstrafrecht und der Militärgerichtsbarkeit, fallen aber nicht unter die Bundeshaftungsregelung gemäss Artikel 135 MG für Armeeangehörige, sondern unter die Bundeshaftungsregelung gemäss Artikel 3 des Verantwortlichkeitsgesetzes vom 14. März 195811 (VG). Die bestehende Regelung wird mit dem Hinweis auf das VG ergänzt.

Art. 84j

Begriff, Voraussetzungen und Verfahrensrechte

Für eine möglichst weitgehende Harmonisierung der Verfahrensbestimmungen des MStP und der StPO bezüglich der prozessrechtlichen Stellung der geschädigten Personen muss bei den privaten Verfahrensbeteiligten die Kategorie «Privatklägerschaft» von der StPO übernommen werden. Der geltende MStP kennt nur einen beschränkten Parteibegriff und unterscheidet bei den geschädigten Personen lediglich zwischen Geschädigten als Oberbegriff und Opfern12. Der neue Artikel 84j MStP entspricht sachlich weitgehend Artikel 118 StPO.. Die Bestimmung folgt nach dem neu eingefügten Gliederungstitel «Elfter c Abschnitt: Privatklägerschaft».

Damit die geschädigte Person im Strafverfahren nicht nur Verfahrensrechte erhält, sondern als Privatklägerin auftreten und damit Parteistellung erlangen kann, muss die ausdrückliche Erklärung, sich aktiv am Verfahren beteiligen zu wollen, gegenüber dem Untersuchungsrichter spätestens bis zum Abschluss der Voruntersuchung abgegeben werden. Der Untersuchungsrichter hat eine entsprechende Hinweispflicht.

Art. 84k

Form und Inhalt der Erklärung

Die Regelung ist identisch mit Artikel 119 StPO. Die geschädigte Person kann sich kumulativ oder alternativ als Straf- oder als Zivilklägerin aktiv am Strafverfahren beteiligen.

Art. 84l

Verzicht und Rückzug

Die Privatklägerschaft kann auf ihre Parteirechte verzichten. Die Regelung stimmt vollständig mit Artikel 120 StPO überein.

11 12

SR 170.32 Zur Opfereigenschaft siehe Botschaft des Bundesrates vom 21. Dezember 2005 zur Vereinheitlichung des Strafprozessrechts, BBl 2006 1170: Jedes Opfer ist auch geschädigte Person, aber nicht jede geschädigte Person ist auch Opfer.

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Art. 84m

Rechtsnachfolge

Die Rechtsnachfolge-Regelung übernimmt materiell unverändert den geltenden Artikel 121 StPO.

Art. 84n

Stellung

Die Normierung der Aussagepflicht der Privatklägerschaft entspricht der Sache nach Artikel 180 Absatz 2 StPO. Diese ist als Auskunftsperson einzuvernehmen (siehe Art. 178 Bst. a StPO), untersteht aber nicht der strafbewehrten Wahrheitspflicht.13 Art. 84o

Ausschluss der Rechtsmittellegitimation

Die in Artikel 382 Absatz 2 StPO kodifizierte partielle Einschränkung der generellen Rechtsmittelbefugnis der Privatklägerschaft, soweit sie sich als Strafklägerin konstituierte, wird materiell unverändert übernommen. Nebst der angeklagten Person ist nur der Auditor legitimiert, bezüglich der ausgesprochenen Strafe oder Massnahme ein Rechtsmittel einzulegen.

Art. 84p Die Bestimmung folgt nach dem neu eingefügten Gliederungstitel «Elfter d Abschnitt: Von einer Einziehung betroffener Dritter» und bildet den einzigen Artikel dieses Titels. Soweit durch eine Einziehung in seinen Rechten durch ein Militärstrafverfahren unmittelbar betroffen, sollen einem Dritten neu ausdrücklich die zur Wahrung seiner Interessen notwendigen Parteirechte zustehen.

Art. 104 Abs. 3 Vor dem Abschluss der vorläufigen Beweisaufnahme durch den Untersuchungsrichter ist nach geltendem Militärstrafprozessrecht (Art. 104 Abs. 3) dem Opfer von Straftaten die Gelegenheit zu geben, die gerichtliche Beurteilung zu verlangen. Neu sollen der Privatklägerschaft, dem Opfer und der geschädigten Person, die sich vor allem aus zeitlichen Gründen noch nicht als Privatklägerschaft konstituieren und damit Parteistellung erlangen konnte oder wollte (Art. 84j), dieser Rechtsanspruch zustehen. Sind folglich im gerichtlichen Ermittlungsverfahren14 die genannten Verfahrensbeteiligten mit der Nichtanhandnahme, der Einstellung15 oder der disziplinarischen Erledigung des Verfahrens nicht einverstanden, können sie die Anordnung der Voruntersuchung verlangen.

Gemäss Artikel 310 und 322 Absatz 2 StPO können die Parteien die Nichtanhandnahme- und Einstellungsverfügungen der Staatsanwaltschaft mit Beschwerde anfechten.

13 14

15

Vgl. Botschaft des Bundesrates vom 21. Dezember 2005 zur Vereinheitlichung des Strafprozessrechts, BBl 2006 1185 und 1197 f.

Vgl. Artikel 41 der Verordnung vom 24. Oktober 1979 über die Militärstrafrechtspflege (SR 322.2) und Martin Ziegler, Der Rechtsschutz des Angehörigen der Armee in der Schweiz - Unter besonderer Berücksichtigung der militärischen Straf- und Disziplinarrechtspflege, Basel 1988, S. 66 f.

Art. 104 Abs. 2 Bst. c verwendet den Ausdruck «dem Verfahren keine weitere Folge ...

geben». Im Unterschied dazu erfolgt die Einstellung der Voruntersuchung mit Einstellungsverfügung des Auditors (Art. 116 i.V.m. Art. 118 Abs. 1 MStP).

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Art. 114 Abs. 1 Das zurzeit in Artikel 84f Absatz 2 enthaltene allgemeine Orientierungsrecht des Opfers wird ausdrücklich aufgeführt: Auch die Privatklägerschaft erhält, wie der Angeklagte, eine Kopie der Anklageschrift. Konstituiert sich ein Opfer nicht als Privatklägerschaft (Art. 84j), kann es eine Kopie der Anklageschrift verlangen.

Art. 116 Abs. 4 Die Eröffnung der Einstellungsverfügung ist Voraussetzung dafür, dass gegen den Entscheid des Auditors über die Verfahrenserledigung ein Rechtsmittel eingelegt werden kann. Da die Einstellungsverfügung neben der Privatklägerschaft noch weitere Personen und Behörden in ihren Rechten tangieren kann, ist der Entscheid auch diesen zu eröffnen. Die Militärbehörden benötigen die Mitteilung zur Wahrung öffentlicher Interessen der Schweizerischen Eidgenossenschaft. Es betrifft zur Hauptsache das zu militärischen Zwecken bestimmte, beschlagnahmte Eigentum des Bundes wie Militärfahrzeuge, Korpsmaterial, Munition, Gegenstände der persönlichen Ausrüstung des Angehörigen der Armee usw. Die Regelung entspricht sachlich Artikel 321 StPO. Das Opfer kann eine Kopie der Einstellungsverfügung verlangen (zurzeit in Art. 84f Abs. 2 enthaltenes allgemeines Orientierungsrecht des Opfers).

Art. 117 Abs. 4 Zur Form und allgemeinem Inhalt der Einstellungsverfügung enthält der geltende MStP nur wenige Anordnungen. Neu ist der Entscheid über die Aufhebung bestehender Zwangsmassnahmen, wie zum Beispiel die Rückgabe von beschlagnahmen Gegenständen und Vermögenswerten (Art. 68 MStP), wie auch deren Einziehung, aufzuführen. Die Nebenfolgenregelung entspricht weitgehend derjenigen der StPO (Art. 320 Abs. 2).

Art. 118 Abs. 1 und 2 Das Rekursrecht steht den Parteien, dem Oberauditor und dem von einer angeordneten Einziehung betroffenen Dritten zu. Das Opfer ist nur dann zum Rekurs legitimiert, wenn es sich rechtzeitig als Privatklägerschaft und damit als Partei konstiuiert hat (Art. 84j). Tut das Opfer dies nicht, kann es trotz einer auf allfälliges Verlangen gemäss Artikel 116 Absatz 4 MStP zugestellten Kopie der Eisntellungsverfügung nicht dagegen rekurrieren.

Der Absatz 2 ist unnötig und aufzuheben, weil dem klageberechtigten Opfer und seinen Angehörigen nach Absatz 1 Parteistellung zukommt.

Art. 120 Bst. gbis Nicht alle Strafmandate enthalten in der Praxis den notwendigen
Entscheid über die Aufhebung bestehender Zwangsmassnahmen und Einziehung von Gegenständen und Vermögenswerten. Da der MStP im Unterschied zur StPO (Art. 353 Abs. 1 Bst. h) keine entsprechende Inhaltsangabe vorschreibt, soll diese sinngemäss übernommen werden.

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Art. 121

Eröffnung

Für die Eröffnung des Strafmandates gilt die gleiche Regelung wie bei der Einstellungsverfügung (Art. 116 Abs. 4), mit Ausnahme der Mitteilung an das Opfer.

Das Opfer kann eine Kopie des Strafmandats verlangen (zurzeit in Art. 84f Abs. 2 enthaltenes allgemeines Orientierungsrecht des Opfers).

Art. 122 Abs. 1 und 3

Einsprache

Die geschädigte Person, die sich als Privatklägerin konstituierte, kann gegen das Strafmandat des Auditors Einsprache erheben.16 Diese Rechtsbehelfbefugnis17 zur begründeten Ablehnung einer Urteilsofferte soll auch den von einer Einziehung betroffenen Dritten zur notwendigen Interessenwahrung zustehen, wenn das Strafmandat zum Beispiel ihre zivilrechtlichen Ansprüche betrifft oder sich auf deren Beurteilung auswirken kann.18 Das Strafmandatsverfahren des MStP (Art. 119­123) unterscheidet sich grundsätzlich vom Strafbefehlsverfahren der StPO (Art. 352­356). Die Strafmandatskompetenzen des Auditors betragen höchstens 30 Tage Freiheitsstrafe oder allenfalls eine Geldstrafe von höchstens 30 Tagessätzen usw. Die Staatsanwaltschaft dagegen kann eine Freiheitsstrafe bis maximal sechs Monate oder eine Geldstrafe bis höchstens 180 Tagessätze usw. erlassen. Demzufolge werden im Militärstrafverfahren, das nach wie vor das Untersuchungsrichtermodell mit den getrennten Funktionen des Untersuchungsrichters und Auditors (Ankläger19) kennt, verhältnismässig mehr Entscheide durch Militärgerichte gefällt als in der Strafrechtspflege nach StPO, wo grossmehrheitlich das Strafbefehlsverfahren20 zur Anwendung kommt. Dieses besondere, abgekürzte, nicht öffentliche Verfahren findet ohne Hauptverhandlung und weitgehend ohne Privatklägerschaft statt. Gemäss Artikel 354 Absatz 1 StPO hat diese keine (generelle) Legitimation zur Einsprache.21

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19 20

21

Vgl. Botschaft des Bundesrates vom 21. Dezember 2005 zur Vereinheitlichung des Strafprozessrechts, BBl 2006 1308.

Vgl. Michael Nonn, in: Wehrenberg/Martin/Flachsmann/Bertschi/Schmid (Hrsg.), Kommentar zum Militärstrafprozess, Zürich/Basel/Genf 2008, N 1 f. zu Art. 122.

Vgl. Viktor Lieber, in: Donatsch/Hansjakob/Lieber (Hrsg.), Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung (StPO), Zürich/Basel/Genf 2014, N 18 zu Art. 105 sowie N 2 zu Art. 382 und Goran Mazzucchelli/Mario Postizzi/Franz Riklin, in: Niggli/Heer/ Wiprächtiger (Hrsg.), Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung und Jugendstrafprozessordnung, Basel 2014, N 5 und 19 zu Art. 115 und N 8 zu Art. 354.

Art. 8 Abs. 3 MStP Zur Anwendungshäufigkeit des Strafbefehlsverfahrens siehe Michael Daphinoff, Das Strafbefehlsverfahren in der Schweizerischen Strafprozessordnung, Diss. Fribourg 2012, Zürich/Basel/Genf 2012, S. 59 ff. und 749. Nach seiner Schätzung werden etwa 90 % aller Straffälle im Strafbefehlsverfahren erledigt.

Vgl. Niklaus Schmid, Schweizerische Strafprozessordnung (StPO), Praxiskommentar, Zürich/St. Gallen 2009, N 6 zu Art. 354; Franz Riklin, in: Niggli/Heer/Wiprächtiger (Hrsg.), Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung und Jugendstrafprozessordnung, Basel 2014, N 6 und 9ff. zu Art. 354; Christian Schwarzenegger in: Donatsch/Hansjakob/Lieber (Hrsg.), Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung (StPO), Zürich/Basel/Genf 2014, N 5 zu Art. 354; Michael Daphinoff, Das Strafbefehlsverfahren in der Schweizerischen Strafprozessordnung, Diss. Fribourg 2012, Zürich/ Basel/Genf 2012, S. 582 ff. sowie dortige Hinweise.

6069

Art. 133a

Teilnahme der Privatklägerschaft und Dritter

Die Privatklägerschaft wird zur Hauptverhandlung vorgeladen. Sie hat eine Erscheinungspflicht, kann aber auf Gesuch hin vom Präsidenten des Militärgerichts dispensiert werden, wenn ihre Anwesenheit nicht erforderlich ist. Einziehungsbetroffenen ist das persönliche Erscheinen freigestellt. Diese Bestimmung entspricht materiell vollumfänglich der Regelung von Artikel 338 StPO.

Art. 144

Parteivorträge

Da die Privatklägerschaft auch Anspruch auf Parteivorträge hat, um ihre Anträge stellen und begründen zu können, ist Artikel 144 MStP analog zu Artikel 346 StPO in der Sache anzupassen. Im Unterschied zum Auditor und zur Verteidigung der angeklagten Person hat sich die Privatklägerschaft nicht zur Strafzumessung zu äussern. Aus Kohärenzgründen (zu Art. 346 Abs. 1 Bst. c StPO) sind auch Dritte, die von einer beantragten Einziehung (Art. 51­53 MStG) betroffen sind, normativ einzubinden. Die verfahrensbeteiligten Dritten sind nur insoweit zu Ausführungen berechtigt, als sich diese auf die Frage der Einziehung beziehen.22 Art. 151 Abs. 6 Die neu im MStP eingeführten Rechte der Privatklägerschaft werden analog zur StPO mit den Pflichten der Privatklägerschaft ergänzt. Im erstinstanzlichen Verfahren können der Privatklägerschaft die Verfahrenskosten nach Artikel 165a auferlegt werden. Artikel 165a entspricht sinngemäss der Regelung in Artikel 427 StPO.

Art. 153 Abs. 2 Redaktionelle Anpassung der Bestimmung.

Art. 154 Abs. 3 Das Opfer kann eine Kopie des Urteils verlangen (zurzeit in Art. 84f Abs. 2 enthaltenes allgemeines Orientierungsrecht des Opfers).

Art. 163

Geltendmachung

Mit der Einführung des Instituts der Privatklägerschaft muss das Adhäsionsverfahren nach Artikel 163 ff. präzisiert und in verschiedener Hinsicht erweitert werden.

Die geschädigte Person kann zivilrechtliche Ansprüche aus einer strafbaren Handlung, die von einem Militärgericht beurteilt wird, nur noch geltend machen, wenn sie die Voraussetzungen zur Privatklägerschaft nach Artikel 84j erfüllt. Die Neuformulierung des Artikels 163 MStP dient der besseren Umsetzung der Anliegen des Opferschutzes und übernimmt der Sache nach die Regelung von Artikel 122 StPO.

Die bestehende Regelung wird analog zu Artikel 84g ergänzt mit Blick auf die Angehörigen des Grenzwachtkorps (GWK), die gestützt auf Artikel 3 Absatz 1 Ziffer 6 in Verbindung mit Artikel 218 Absatz 1 MStG dem Militärstrafrecht und 22

Vgl. Botschaft des Bundesrates vom 21. Dezember 2005 zur Vereinheitlichung des Strafprozessrechts, BBl 2006 1286 und Viktor Lieber, in: Donatsch/Hansjakob/Lieber (Hrsg.), Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung (StPO), Zürich/Basel/Genf 2014, N 2 und 17f. zu Art. 105 sowie N 2 zu Art. 382.

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der Militärgerichtsbarkeit unterstehen, aber nicht unter die Bundeshaftungsregelung gemäss Artikel 135 MG für Armeeangehörige fallen, sondern unter die Bundeshaftungsregelung gemäss Artikel 3 VG.

Art. 163a

Bezifferung und Begründung

Diese Bestimmung entspricht materiell der Regelung von Artikel 123 StPO. Statuiert wird die Obliegenheit (Ordnungsvorschrift), die Zivilklage möglichst frühzeitig zu beziffern und zu begründen, sowie die diesbezüglichen Beweismittel zu nennen.

Art. 163b

Beweiserhebungen

Der Untersuchungsrichter hat die Beweisanträge der Privatklägerschaft im beschränkten Rahmen von Absatz 1 zu berücksichtigen. Er kann zur Abdeckung des Kostenrisikos des Staates einen Kostenvorschuss verlangen. Diese Bestimmung entspricht materiell vollumfänglich der Regelung von Artikel 313 StPO.23 Art. 164

Zuständigkeit und Verfahren

Das mit der Strafsache befasste Militärgericht behandelt und beurteilt die adhäsionsweise geltend gemachte Zivilklage unabhängig vom Streitwert. Dem Beschuldigten soll spätestens im erstinstanzlichen Hauptverfahren Gelegenheit gewährt werden, sich zu den bezifferten und begründeten Ansprüchen der Privatklägerschaft zu äussern. Soweit die beschuldigte Person zivilrechtliche Ansprüche der Privatklägerschaft anerkannt hat, wird dies im Protokoll und im Dispositiv des verfahrenserledigenden Entscheids vorgemerkt. Die Absätze 1, 2 und 5 übernehmen die Regelungen von Artikel 124 StPO, die Absätze 3 und 4 in der Sache die Regelungen von Artikel 126 Absätze 3 und 4.

Art. 164a

Sicherheit für die Ansprüche gegenüber der Privatklärgerschaft

Die neu im MStP eingeführten Rechte der Privatklägerschaft werden analog zur StPO mit den Pflichten der Privatklägerschaft ergänzt. Artikel 164a zur Sicherheitsleistung durch die Privatklägerschaft entspricht der Regelung in Artikel 125 StPO.

Art. 165a

Kostentragungspflicht der Privatklärgerschaft

Die neu im MStP eingeführten Rechte der Privatklägerschaft werden analog zur StPO mit den Pflichten der Privatklägerschaft ergänzt. Im erstinstanzlichen Verfahren können der Privatklägerschaft unter den in dieser Bestimmung aufgeführten Voraussetzungen die Verfahrenskosten, die durch ihre Anträge zum Zivilpunkt verursacht worden sind (Abs. 1), oder bei Antragsdelikten (Abs. 2) auferlegt werden.

Artikel 165a entspricht sinngemäss der Regelung in Artikel 427 StPO , ohne dessen Absätze 3 und 4 zu zwei Verfahrensarten (Vergleich und Vereinbarung), die der MStP nicht kennt.

23

Vgl. Esther Omlin, in: Niggli/Heer/Wiprächtiger (Hrsg.), Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung und Jugendstrafprozessordnung, Basel 2014, N 3 ff. zu Art. 313.

6071

Art. 172 Abs. 2 Auch für die Anfechtung eines Entscheids über die Einziehung von Gegenständigen und Vermögenswerten ist einzig der Rekurs zulässig (Art. 195 Bst. c, d und e).

Art. 173 Abs. 1bis Der Umfang des Anspruchs der Privatklägerschaft zur Appellation24 (wie auch zur Kassationsbeschwerde [Art. 186 Abs. 1bis]) soll materiell im Einklang mit der Rechtsmittellegitimation der Privatklägerschaft zur Revision nach Artikel 202 Buchstabe d sein, soweit es ihre Zivilansprüche betrifft.25 Massgebend ist, dass der Rechtsmittelkläger ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des betreffenden Entscheids hat.26 Art. 183 Abs. 4 Die neu im MStP eingeführten Rechte der Privatklägerschaft werden analog zur StPO mit den Pflichten der Privatklägerschaft ergänzt. Im zweitinstanzlichen Verfahren (Appellation) können der Privatklägerschaft die Verfahrenskosten nach Artikel 165a auferlegt werden. Artikel 165a entspricht sinngemäss der Regelung in Artikel 427 StPO.

Art. 186 Abs. 1bis Der Umfang des Anspruchs der Privatklägerschaft zur Kassationsbeschwerde (wie auch zur Appellation27 [Art. 173 Abs. 1bis]) soll materiell im Einklang mit der Rechtsmittellegitimation der Privatklägerschaft zur Revision nach Artikel 202 Buchstabe d sein, soweit es ihre Zivilansprüche betrifft.28 Massgebend ist, dass der Rechtsmittelkläger ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des betreffenden Entscheids hat.29 Art. 196

Legitimation

Artikel 195 MStP wurde am 3. Oktober 2008 geändert und der Buchstabe g aufgehoben.30 Der Verweis auf diese Bestimmung in Artikel 196 ist deshalb ersatzlos zu streichen. Ausserdem wird der Ausdruck «Geschädigte» durch den Ausdruck «Privatklägerschaft» ersetzt. Die Rechtsmittellegitimation von Drittpersonen, die von

24

25 26 27

28 29 30

Vgl. Bernhard Isenring/Hans Mathys/Reto Casutt, in: Wehrenberg/Martin/Flachsmann/ Bertschi/Schmid (Hrsg.), Kommentar zum Militärstrafprozess, Zürich/Basel/Genf 2008, N 20 zu Art. 173.

Zur Rechtsmittellegitimation der geschädigten Person nach Art. 186 vgl. MKGE 13 Nr. 30.

Vgl. Botschaft des Bundesrates vom 21. Dezember 2005 zur Vereinheitlichung des Strafprozessrechts, BBl 2006 1308.

Vgl. Bernhard Isenring/Hans Mathys/Reto Casutt, in: Wehrenberg/Martin/Flachsmann/ Bertschi/Schmid (Hrsg.), Kommentar zum Militärstrafprozess, Zürich/Basel/Genf 2008, N 20 zu Art. 173.

Zur Rechtsmittellegitimation der geschädigten Person nach Art. 186 vgl. MKGE 13 Nr. 30.

Vgl. Botschaft des Bundesrates vom 21. Dezember 2005 zur Vereinheitlichung des Strafprozessrechts, BBl 2006 1308.

AS 2009 706

6072

einer angeordneten Einziehung betroffen sind, entspricht sinngemäss der Regelung von Artikel 118 Absatz 1 MStP.

Art. 202 Bst. e Auch der von einer Einziehung betroffene Dritte soll wie die Privatklägerschaft legitimiert sein, ein Revisionsverfahren gemäss Artikel 200 ff. MStP zu beantragen.

4

Übergangsrecht

Die allgemeine Übergangsregel von Artikel 220 Absatz 1 MStP ist sinngemäss auf eine Teilrevision des MStP anwendbar, so dass auf eine ausdrückliche übergangsrechtliche Sonderregelung verzichtet werden kann. Das neue Recht soll auf alle hängigen Verfahren sofort Anwendung finden.

5

Finanzielle und personelle Auswirkungen

Die vorgeschlagenen Änderungen haben keine finanziellen oder personellen Auswirkungen.

6

Rechtliche Grundlagen

6.1

Verfassungsmässigkeit

Die Vorlage stützt sich auf Artikel 123 Absatz 1 der Bundesverfassung (BV)31, der dem Bund die Kompetenz zur Gesetzgebung auf dem Gebiet des Straf- und Strafprozessrechts gibt.

6.2

Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz

Die vorgeschlagenen Änderungen sind mit den internationalen Verpflichtungen der Schweiz vereinbar.

6.3

Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen

Der Entwurf enthält keine Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen.

6.4

Erlassform

Beim vorliegenden Entwurf handelt es sich um die Revision eines Bundesgesetzes.

31

SR 101

6073

6074