15.077 Botschaft zum Bundesgesetz über die Gesundheitsberufe vom 18. November 2015

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf des Bundesgesetzes über die Gesundheitsberufe (Gesundheitsberufegesetz; GesBG) Gleichzeitig beantragen wir Ihnen, die folgenden parlamentarischen Vorstösse abzuschreiben: 2013

P

12.4140

Berufsgeheimnis in den Gesundheitsberufen. Kohärenz (S 18.3.13, Recordon)

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

18. November 2015

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Simonetta Sommaruga Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

2014-3054

8715

Übersicht Im Interesse der öffentlichen Gesundheit soll mit dem vorliegenden Gesetzesentwurf die Qualität in den Gesundheitsberufen, die mehrheitlich an Fachhochschulen vermittelt werden, gefördert werden. Dazu werden gesamtschweizerisch einheitliche Anforderungen an die Ausbildung und Berufsausübung festgelegt.

Ausgangslage Die Schweiz steht vor gewichtigen gesundheitspolitischen Herausforderungen. Dank verbesserter Lebensbedingungen und moderner Medizin ist die Lebenserwartung der Menschen stark gestiegen. Dies führt zu demografischen und epidemiologischen Veränderungen, insbesondere nimmt die Zahl der Personen mit chronischen Erkrankungen, komplexen Krankheitsbildern und Demenzerkrankungen zu. Dadurch steigt der Bedarf an Gesundheitsfachleuten für die Pflege, Therapie, Betreuung, Beratung, Prävention und Palliation. Die medizinische Grundversorgung im ambulanten wie stationären Bereich und die interprofessionelle Zusammenarbeit gewinnen an Bedeutung. Gesundheitsfachpersonen sehen sich mit zunehmend komplexeren Situationen konfrontiert und die Anforderungen an ihre Kompetenzen steigen.

Gleichzeitig zeichnet sich ein zunehmender Bedarf an qualifizierten Fachpersonen im Gesundheitsbereich ab.

Die Bildung der im Gesundheitsbereich tätigen Fachleute sowie die Reglementierung der Berufsausübung spielen eine zentrale Rolle bei der Anpassung des Gesundheitssystems an die aufgezeigten Herausforderungen.

Inhalt der Vorlage Der Entwurf des Gesundheitsberufegesetzes legt fest, welche Kompetenzen in den Hochschulstudiengängen in der Pflege, der Physiotherapie, der Ergotherapie, der Ernährung und Diätetik, Optometrie, Osteopathie sowie in den Studiengängen für Hebammen vermittelt werden müssen. Er stellt dadurch sicher, dass die Absolventinnen und Absolventen über die für die Berufsausübung erforderlichen Kompetenzen verfügen. Im Bereich der beruflichen Grundbildung und der höheren Berufsbildung, insbesondere der höheren Fachschulen, übernehmen Bildungsverordnungen oder Rahmenlehrpläne gemäss Berufsbildungsgesetz vom 13. Dezember 2002 (BBG) diese Qualitätssicherungsfunktion. Eine weitergehende Regelung der Kompetenzen in diesem Bereich ist deshalb nicht erforderlich.

Mit der Definition von allgemeinen Kompetenzen, die für alle im Gesetzesentwurf geregelten Gesundheitsberufe gelten, soll sichergestellt
werden, dass die Inhaberinnen und Inhaber von Hochschulabschlüssen den Wandel des Gesundheitssystems mittragen, indem sie beispielsweise ihre Rolle in der interprofessionellen Zusammenarbeit optimal wahrnehmen können, und damit zu einer Effizienzsteigerung beitragen. Die Regelung der berufsspezifischen Abschlusskompetenzen delegiert die Vorlage an den Bundesrat.

8716

Das Gesundheitsberufegesetz (GesBG) sieht zudem eine obligatorische Akkreditierung der Studiengänge vor. Das Hochschulförderungs- und -koordinationsgesetz vom 30. September 2011 (HFKG) verlangt wie das bisherige Recht (Fachhochschulgesetz vom 6. Oktober 1995 [FHSG]) eine institutionelle Akkreditierung der Hochschulen. Die Programmakkreditierung ist nach dem HFKG freiwillig, aus Gründen des Gesundheitsschutzes jedoch Pflicht für die Studiengänge gemäss Gesundheitsberufegesetz. Die Programmakkreditierung richtet sich nach dem vorliegenden Entwurf.

Da im Bereich der Gesundheitsberufe das Gefährdungspotenzial hoch ist, sieht die Vorlage für die Berufsausübung in eigener fachlicher Verantwortung eine Bewilligungspflicht vor, mit abschliessend definierten Voraussetzungen. Die von den Kantonen zu erteilenden Bewilligungen stellen sicher, dass diejenigen Fachpersonen, die ihren Beruf in eigener fachlicher Verantwortung ausüben, die notwendigen Anforderungen erfüllen. Eine einheitliche Reglementierung auf Bundesebene ist in diesem Bereich neu und schafft Rechtssicherheit. Der Entwurf legt ausserdem die Berufspflichten abschliessend fest und vereinheitlicht damit die Anforderungen an Fachpersonen, die in eigener fachlicher Verantwortung tätig sind ­ sowohl in der Privatwirtschaft wie auch im öffentlich-rechtlichen Sektor.

Der Gesetzesentwurf sieht nach dem Konzept des Medizinalberuferegisters (MedReg) ein sogenanntes aktives Register vor. Das heisst, es umfasst nicht nur die Ausbildungsabschlüsse, sondern auch Angaben über die Berufsausübungsbewilligung und allfällige Disziplinarmassnahmen.

Die Vorlage lehnt sich konzeptionell an das Medizinalberufegesetz vom 23. Juni 2006 (MedBG) an. Bei der Erarbeitung des Entwurfs wurden zudem die Bestimmungen über die Berufsbildung nach dem BBG beachtet. Personen mit einem Abschluss einer höheren Fachschule in Pflege verfügen über die im Interesse der öffentlichen Gesundheit erforderlichen beruflichen Kompetenzen, um die gleiche Bewilligung für die Berufsausübung zu erlangen, wie Absolventinnen und Absolventen eines entsprechenden Fachhochschulabschlusses in der Pflege. Sie sind deshalb in Bezug auf die Berufsausübungsbewilligung gleichgestellt. Die Vorlage fördert die interprofessionelle Zusammenarbeit der verschiedenen Fachpersonen in der Gesundheitsversorgung. Damit leistet sie einen Beitrag zur Ausrichtung des Gesundheitssystems auf gesundheitspolitischen Prioritäten des Bundesrates.

8717

Inhaltsverzeichnis Übersicht

8716

Abkürzungsverzeichnis

8720

1

Grundzüge der Vorlage 1.1 Ausgangslage 1.1.1 Aktuelle Rechtslage im Bereich der Gesundheitsberufe 1.1.2 Der Weg zum Gesundheitsberufegesetz 1.2 Die beantragte Neuregelung 1.3 Begründung und Bewertung der vorgeschlagenen Lösung 1.3.1 Ergebnisse der Vernehmlassung 1.3.2 Anpassung des Vernehmlassungsentwurfs 1.4 Abstimmung von Aufgaben und Finanzen 1.5 Rechtsvergleich, insbesondere mit dem europäischen Recht 1.5.1 Ausbildung 1.5.2 Berufsausübung 1.5.3 Zusammenfassung 1.5.4 Vereinbarkeit mit dem EU-Recht 1.6 Umsetzung 1.7 Erledigung parlamentarischer Vorstösse

8722 8722 8724 8725 8726 8727 8728 8728 8732 8733 8734 8735 8736 8736 8736 8737

2

Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln

8738

3

Auswirkungen 3.1 Auswirkungen auf den Bund 3.2 Auswirkungen auf die Kantone 3.3 Auswirkungen auf die Volkswirtschaft 3.3.1 Gesundheitsfachpersonen 3.3.2 Arbeitgeber 3.3.3 Patientinnen und Patienten 3.4 Auswirkungen auf die Gesellschaft 3.4.1 Fachhochschulen 3.4.2 Studierende der Hochschulen im Gesundheitsbereich 3.4.3 Auswirkungen auf die obligatorische Krankenpflegeversicherung (OKP)

8768 8768 8769 8770 8770 8771 8771 8772 8772 8773

4

5

8773

Verhältnis zur Legislaturplanung und zu nationalen Strategien des Bundesrates 4.1 Verhältnis zur Legislaturplanung 4.2 Verhältnis zu nationalen Strategien des Bundesrates

8773 8773 8773

Rechtliche Aspekte 5.1 Verfassungs- und Gesetzmässigkeit 5.1.1 Rechtsgrundlage 5.1.2 Vereinbarkeit mit den Grundrechten 5.2 Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz 5.3 Erlassform

8774 8774 8774 8775 8776 8777

8718

5.4 5.5 5.6

Unterstellung unter die Ausgabenbremse Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen Datenschutz

Bundesgesetz über die Gesundheitsberufe (Gesundheitsberufegesetz, GesBG) (Entwurf)

8777 8777 8778

8781

8719

Abkürzungsverzeichnis AHVG

Bundesgesetz über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (SR 831.10)

BAG

Bundesamt für Gesundheit

BBG

Berufsbildungsgesetz (SR 412.10)

BBV

Berufsbildungsverordnung (SR 412.101)

BetmG

Betäubungsmittelgesetz (SR 812.121)

BFS

Bundesamt für Statistik

BGBM

Binnenmarktgesetz (SR 943.02)

BGMD

Bundesgesetz über die Meldepflicht und die Nachprüfung der Berufsqualifikationen von Dienstleistungserbringerinnen und -erbringern in reglementierten Berufen (SR 935.01)

BV

Bundesverfassung (SR 101)

DSG

Bundesgesetz über den Datenschutz (SR 235.1)

EDI

Eidgenössisches Departement des Innern

EDK

Schweizerische Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren

EFTA

Europäische Freihandelsassoziation

FH

Fachhochschule

FHSG

Fachhochschulgesetz (AS 1996 2588, 2002 953, 2005 4635, 2006 2197, 2012 3655)

FHSV

Fachhochschulverordnung (AS 1996 2598)

FZA

Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit (SR 0.142.112.681)

GDK

Schweizerische Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren

GebReg-SAR

Gebührenreglement des Schweizerischen Akkreditierungsrats

GesBG

Bundesgesetz über die Gesundheitsberufe

GesReg

Gesundheitsberuferegister

HF

Höhere Fachschule

HFKG

Hochschulförderungs- und -koordinationsgesetz (SR 414.20)

ISDC

Schweizerisches Institut für Rechtsvergleichung

KFH

Rektorenkonferenz der Fachhochschulen der Schweiz

KVG

Bundesgesetzes über die Krankenversicherung (SR 832.10)

MedBG

Medizinalberufegesetz (SR 811.11)

MedReg

Medizinalberuferegister

8720

MiVo-HF

Verordnung des WBF über Mindestvorschriften für die Anerkennung von Bildungsgängen und Nachdiplomstudien der höheren Fachschulen (SR 412.101.61)

MStP

Militärstrafprozess (SR 322.1)

NAREG

Nationales Register für Gesundheitsfachpersonen

Obsan

Schweizerisches Gesundheitsobservatorium

OdASanté

Nationale Dachorganisation der Arbeitswelt Gesundheit

PsyG

Psychologieberufegesetz (SR 935.81)

PsyReg

Psychologieberuferegister

SAMW

Schweizerische Akademie der medizinischen Wissenschaften

SBFI

Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation

SRK

Schweizerisches Rotes Kreuz

StGB

Strafgesetzbuch (SR 311.0)

StPO

Strafprozessordnung (SR 312.0)

UFG

Universitätsförderungsgesetz (AS 2000 948, 2003 187, 2004 2013, 2007 5779, 2008 307 3437, 2012 3655)

UH

Universitäre Hochschule

WBF

Eidgenössisches Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung

8721

Botschaft 1

Grundzüge der Vorlage

1.1

Ausgangslage

Das Schweizer Gesundheitswesen steht vor grossen Herausforderungen. Die Nachfrage nach medizinischen Leistungen steigt sowohl in quantitativer als auch in qualitativer Hinsicht. Parallel dazu hat sich das Gesundheitswesen zu einem wichtigen Sektor der Schweizer Wirtschaft entwickelt. 2008 arbeiteten rund 541 000 Personen oder 13,4 Prozent der gesamten Erwerbsbevölkerung im Gesundheitswesen.1 Für die steigende Nachfrage nach Gesundheitsdienstleistungen gibt es mehrere Gründe: Die Lebenserwartung der Schweizer Bevölkerung hat sich seit 1900 fast verdoppelt und ist in den letzten gut 30 Jahren (seit 1981) von 72,4 auf 79,8 Jahre für die Männer und von 79,2 auf 84,4 Jahre für die Frauen angestiegen. 2 Neben den demografischen wirken auch die epidemiologischen Faktoren beeinflussend: die massive Zunahme von chronischen Krankheiten und Mehrfacherkrankungen, der Anstieg von übertragbaren und nicht übertragbaren Krankheiten, die zunehmende Bedeutung der psychischen Störungen und der Demenzerkrankungen.

Schliesslich führen auch der wissenschaftliche und medizintechnische Fortschritt und die immer besser informierten Patientinnen und Patienten zu höheren Anforderungen an das Gesundheitssystem.

Wie sich der Pflegeleistungs- und Personalbedarf in den Pflege- und Therapieberufen entwickeln könnte, hat das Schweizerische Gesundheitsobservatorium (Obsan) im Rahmen der Studie «Gesundheitspersonal in der Schweiz ­ Bestandesaufnahme und Perspektiven bis 2020» untersucht, die 2009 publiziert wurde. 3 Die Prognosen betreffen die Spitäler, die Alters- und Pflegeheime sowie die Spitex-Dienste. Sie gehen von einer Verkürzung der Hospitalisationsdauer und einer Verbesserung des Gesundheitszustandes der älteren Bevölkerung aus. Basierend auf diesen Hypothesen könnte der Bedarf an Pflegeleistungen von 2006 bis 2020 wie folgt zunehmen: Hospitalisationstage +2,4 Prozent, Beherbergungstage in Alters- und Pflegeheimen +30 Prozent und Spitex-Klientinnen und -Klienten +20 Prozent.

Die demografischen und epidemiologischen Veränderungen verlangen nach Anpassungen der Versorgungsstruktur. Das Positionspapier der Schweizerischen Akademie der medizinischen Wissenschaften (SAMW) «Nachhaltige Medizin» macht deutlich dass, die Präventiv-, Rehabilitations- und Palliativmedizin ins Zentrum

1 2

3

Gerhard Kocher, Willy Oggier (Hrsg.): Gesundheitswesen Schweiz 2010­2012. Eine aktuelle Übersicht, Bern: Verlag Hans Huber, S. 277.

BFS: Indikatoren Lebenserwartung; verfügbar unter: www.bfs.admin.ch > Themen > 01-Bevölkerung > Bevölkerungsbewegung > Indikatoren > Todesfälle, Sterblichkeit und Lebenserwartung > Lebenserwartung (Stand: 5.6.2015).

Hélène Jaccard, France Weaver, Maik Roth, Marcel Widmer: Gesundheitspersonal in der Schweiz ­ Bestandesaufnahme und Perspektiven bis 2020; in Obsan Factsheet vom 7. April 2009; verfügbar unter: www.obsan.admin.ch > Publikationen > Gesundheitsfachkräfte > Pflegepersonal (Stand: 15.9.2015).

8722

rücken.4 Der Fokus muss vermehrt auf der Pflege von älteren und chronisch kranken Menschen, die zuhause betreut werden, liegen. So zeigt eine Studie des Obsan eine Zunahme der Nachfrage nach ambulanter, professioneller Betreuung im Alter. 5 In der Folge gewinnt die ambulante Versorgung an Bedeutung. Die Gesundheitsfachpersonen sehen sich mit zunehmend komplexeren Situationen konfrontiert und die Anforderungen an ihre Kompetenzen steigen. Auch die Schnittstellen zwischen medizinischen und anderen Gesundheitsberufen müssen neu überdacht werden, die interprofessionelle Zusammenarbeit gewinnt an Gewicht.6 Um diesen Herausforderungen zu begegnen, schliessen sich im Rahmen der koordinierten Versorgung Ärztinnen und Ärzte mit anderen Gesundheitsfachkräften zu Versorgungsnetzen zusammen. Diese begleiten ihre Patientinnen und Patienten über den gesamten Behandlungsverlauf hinweg. Neue Versorgungsmodelle, insbesondere in der medizinischen Grundversorgung, müssen für den ambulanten und stationären Versorgungsbereich die angemessene Teamzusammensetzung klären. Die interprofessionelle Zusammensetzung des Teams und die Fähigkeiten der Mitarbeitenden (Skill- und Grademix) müssen optimal auf den Versorgungsauftrag ausgerichtet werden. Vor diesem Hintergrund müssen Gesundheitsfachkräfte über eine qualitativ hochstehende Ausbildung verfügen, in der sie die Kenntnisse, Fertigkeiten und Fähigkeiten erwerben, die nötig sind, damit sie ihren Beruf im Rahmen der neuen Versorgungsmodelle kompetent ausüben können.

Das Gesundheitsberufegesetz (GesBG) regelt die Hochschulstudiengänge der Gesundheitsfachpersonen in Pflege, Physiotherapie, Ergotherapie, Hebamme, Ernährung und Diätetik, Optometrie sowie Osteopathie. In der Westschweiz werden alle Pflegefachpersonen an Fachhochschulen ausgebildet. In der Deutschschweiz und im Tessin wird die Ausbildung zur dipl. Pflegefachfrau oder zum dipl. Pflegefachmann auch an den höheren Fachschulen (HF) angeboten. Die Ausbildung der Berufe der beruflichen Grundbildung und der höheren Berufsbildung werden durch das Berufsbildungsgesetz vom 13. Dezember 20027 (BBG) geregelt.

Weiter regelt das Gesetz die Berufsausübung der genannten Fachpersonen. Zu diesem Zweck legt es die Voraussetzungen für die Berufsausübungsbewilligung, die zur fachlich eigenverantwortlichen Berufsausübung berechtigt,
und die einheitlichen Berufspflichten für diese Fachpersonen fest. Diese erstrecken sich, wie im Postulat von Ständerat Luc Recordon vom 12. Dezember 2012, gefordert, auch auf die Regelung des Berufsgeheimnisses.

Die Fachhochschulabschlüsse nahmen in den letzten Jahren kontinuierlich zu. Wurden 2009 in den genannten Berufen (ohne Osteopathie) rund 600 Bachelordiplome vergeben, waren es 2013 bereits deren 1400 sowie 60 Masterdiplome (Physiotherapie und Pflege). In der Pflege kommen die Abschlüsse der höheren Fachschulen 4

5

6

7

SAMW (2012): Nachhaltige Medizin, Positionspapier der Schweizerischen Akademie der Medizinischen Wissenschaften (SAMW); verfügbar unter: www.samw.ch > Publikationen > Positionspapiere (Stand: 2.6.2015).

François Höpflinger, Lucy Bayer-Oglesby, Andrea Zumbrunn (2011): Pflegebedürftigkeit und Langzeitpflege im Alter ­ Aktualisierte Szenarien für die Schweiz, Buchreihe des Schweizerischen Gesundheitsobservatoriums, Bern: Verlag Hans Huber; vgl. auch Medienmitteilung des Schweizerischen Gesundheitsobservatoriums vom 19.5.2011.

Schweizerische Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren & Bundesamt für Gesundheit (2012): Neue Versorgungsmodelle für die medizinische Grundversorgung; verfügbar unter: www.gdk-cds.ch > Themen > Medizinische Grundversorgung (Stand: 2.6.2015).

SR 412.10

8723

hinzu, 2013 waren dies 1500 Diplome. In der Osteopathie fehlte bisher eine gesamtschweizerisch einheitliche Ausbildung (vgl. Ziff. 1.3.2). 2013 hat die Schweizerische Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren (GDK) 50 interkantonale Diplome in Osteopathie ausgestellt.

Mit dem GesBG wird der zunehmenden qualitativen und quantitativen Bedeutung der Gesundheitsberufe für die Sicherstellung der Gesundheitsversorgung Rechnung getragen.

1.1.1

Aktuelle Rechtslage im Bereich der Gesundheitsberufe

Abschlüsse in der Berufsbildung Der Bund hat nach Artikel 63 der Bundesverfassung8 (BV) die Kompetenz, Vorschriften für den gesamten Bereich der Berufsbildung zu erlassen. Gestützt darauf regelt der Bund im BBG, in der Berufsbildungsverordnung vom 19. November 20039 (BBV), in der Verordnung des Eidgenössischen Departements für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) vom 11. März 200510 über Mindestvorschriften für die Anerkennung von Bildungsgängen und Nachdiplomstudien der höheren Fachschulen (MiVo-HF) und in Bildungsverordnungen des Amtes die Ausbildungen der Berufe im Gesundheitsbereich. Dazu gehören berufliche Grundbildungen auf der Sekundarstufe II, Berufs- und höhere Fachprüfungen sowie Bildungsgänge und Nachdiplomstudien an den höheren Fachschulen.

Abschlüsse an Fachhochschulen und universitären Hochschulen Die an den Fachhochschulen (FH) und universitären Hochschulen (UH) angebotenen Studiengänge waren bis anhin dem Fachhochschulgesetz vom 6. Oktober 1995 11 (FHSG) und der dazugehörigen Fachhochschulverordnung vom 11. September 199612 (FHSV) beziehungsweise dem Universitätsförderungsgesetz vom 8. Oktober 199913 (UFG) unterstellt. Seit dem 1. Januar 2015 wurden diese Rechtsgrundlagen durch das Hochschulförderungs- und -koordinationsgesetz vom 30. September 201114 (HFKG) abgelöst.

Im Unterschied zum früheren FHSG sieht das HFKG keine obligatorische Programmakkreditierung mehr vor.

Regelung der Berufsausübung und Register Zurzeit wird die Berufsausübung der im Gesetzesentwurf geregelten Gesundheitsberufe auf kantonaler Ebene geregelt. Die meisten Kantone unterstellen aus Gründen des Gesundheitsschutzes und der Patientensicherheit die selbstständige Berufsausübung oder die Berufsausübung in eigener fachlicher Verantwortung dieser Berufe einer Bewilligungspflicht. Dafür verlangen sie in der Regel den Nachweis des ent8 9 10 11 12 13 14

SR 101 SR 412.101 SR 412.101.61 AS 1996 2588, 2002 953, 2005 4635, 2006 2197, 2012 3655 AS 1996 2598 AS 2000 948, 2003 187, 2004 2013, 2007 5779, 2008 307 3437, 2012 3655 SR 414.20

8724

sprechenden Bildungsabschlusses. Der Geltungsbereich der kantonalen Gesetze ist unterschiedlich. Einige Kantone regeln bereits heute die Berufsausübung in eigener fachlicher Verantwortung auch für die im öffentlich-rechtlichen Bereich tätigen Fachpersonen (vgl. Ziff. 1.6). Die kantonalen Regelungen der Berufspflichten sind unterschiedlich.

Seit dem 1. Januar 2015 führt das Schweizerische Rote Kreuz (SRK) im Auftrag der GDK ein interkantonales Register. Dieses Nationale Register für Gesundheitsfachpersonen (NAREG) stützt sich auf eine interkantonale Vereinbarung. Es erfasst Gesundheitsfachpersonen, das heisst Inhaberinnen und Inhaber von in- und ausländischen Bildungsabschlüssen ab dem Jahr 2000. In den nächsten ein bis zwei Jahren soll das NAREG ausgebaut werden, indem Daten zu den entsprechenden Berufsausübungsbewilligungen durch die Kantone ergänzt werden.

Aufgrund der zunehmend ambulanten Versorgung wächst die Anzahl der selbstständig erwerbenden Fachpersonen stetig. In den Berufsfeldern der Pflege, Physiotherapie, Ergotherapie, Hebamme sowie Ernährung und Diätetik hat sich deren Zahl von gesamthaft rund 8400 Fachpersonen im Jahr 2004 auf gut 12 100 Fachpersonen im Jahr 2014 erhöht.15 Heute fehlt eine einheitliche Regelung der Berufsausübung auf Bundesebene, namentlich der Voraussetzungen für die Berufsausübungsbewilligung zur Tätigkeit in eigener fachlicher Verantwortung, der Berufspflichten und des entsprechenden Disziplinarrechts für die im vorliegenden Gesetz geregelten Gesundheitsberufe.

Auch enthält das heutige Bundesrecht keine Grundlage für ein Register dieser Gesundheitsberufe. Die Aufsicht über die Inhaberinnen und Inhaber einer Berufsausübungsbewilligung zur Tätigkeit in eigener fachlicher Verantwortung kann jedoch nur sichergestellt werden, wenn die Informationen zum Ausbildungsabschluss, zur Bewilligung und zu allfälligen Disziplinarmassnahmen zentral erfasst werden.

Der Entwurf zu einem GesBG füllt diese Lücken und vereinheitlicht die Bewilligungsvoraussetzungen für die Berufsausübung auf Bundesebene. Er legt einheitliche, abschliessend geregelte Berufspflichten und Disziplinarmassnahmen fest. Das GesBG schafft zudem die normative Grundlage für ein Register der darin geregelten Gesundheitsberufe. Die im NAREG enthaltenen Daten zu den entsprechenden Gesundheitsberufen können in
das zukünftige Gesundheitsberuferegister überführt werden (vgl. Ziff. 1.3.2). Damit fördert der vorliegende Entwurf im Interesse der öffentlichen Gesundheit die Patientensicherheit sowie die Transparenz und den Informationsaustausch zwischen den Kantonen.

1.1.2

Der Weg zum Gesundheitsberufegesetz

Das Gesundheitsberufegesetz steht an der Schnittstelle zwischen Bildungs- und Gesundheitspolitik. Die Federführung liegt beim Eidgenössischen Departement des Innern (EDI) und beim Eidgenössischen Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF). Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) und das Staatssekretariat

15

SASIS-Statistik der aktiven ZSR nach Berufskategorie; verfügbar unter: www.sasis.ch (Stand: 31.12.2014).

8725

für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) haben den Gesetzesentwurf gemeinsam ausgearbeitet.

Sowohl im Bildungsrecht als auch im Gesundheitsrecht haben während der Erarbeitungszeit Änderungen stattgefunden, die die Vorlage prägen.

Zum einen ist am 1. Januar 2015 das HFKG in Kraft getreten, das insbesondere den Hochschulen eine grössere Autonomie einräumt und für die Fachhochschulen keine obligatorische Programmakkreditierung mehr vorsieht.

Zum anderen nahm das Schweizer Stimmvolk am 18. Mai 2014 den direkten Gegenentwurf zur Volksinitiative «Ja zur Hausarztmedizin» an. Der damit in Kraft getretene Artikel 117a BV zur medizinischen Grundversorgung räumt dem Bund weitergehende Kompetenzen zur Regelung von Aus- und Weiterbildung sowie Anforderungen an die Berufsausübung im Bereich der medizinischen Grundversorgung ein. Die vom Entwurf des Gesundheitsberufegesetzes erfassten Berufe sind zur medizinischen Grundversorgung zu zählen (vgl. Ziff. 5.1).

Die Vernehmlassung zum Vorentwurf des Gesundheitsberufegesetzes dauerte vom 13. Dezember 2013 bis zum 18. April 2014.

Insgesamt gingen 180 Rückmeldungen ein: diejenigen von 26 Kantonen, 6 politischen Parteien, 4 gesamtschweizerischen Dachverbänden, 59 zusätzlichen Vernehmlassungsadressaten sowie 85 weiteren interessierten Kreisen.16 Unter Berücksichtigung der neuen Verfassungsgrundlage sowie der Rückmeldungen aus der Vernehmlassung wurden ein Hearing mit Vertreterinnen und Vertretern der kantonalen Gesundheitsdirektionen sowie Gespräche mit verschiedenen Berufsgruppen geführt (vgl. Ziff. 1.3).

1.2

Die beantragte Neuregelung

Ziel des vorliegenden Entwurfs zu einem Gesundheitsberufegesetz ist es, im Interesse der öffentlichen Gesundheit die Qualität der Ausbildung und der Berufsausübung in den Gesundheitsberufen nach diesem Gesetz zu fördern. Diese werden mehrheitlich an den Fachhochschulen vermittelt.

Zu diesem Zweck regelt der Gesetzesentwurf namentlich die Kompetenzen von Absolventinnen und Absolventen eines Hochschulstudienganges in Pflege, Physiotherapie, Ergotherapie, Hebamme, Ernährung und Diätetik, Optometrie sowie Osteopathie. Das Gesetz legt allen Studiengängen gemeinsame allgemeine persönliche und soziale Kompetenzen fest. Auf Verordnungsstufe wird der Bundesrat sodann unter Mitwirkung der betroffenen Hochschulen und der betroffenen Organisationen der Arbeitswelt für jeden dieser Gesundheitsberufe berufsspezifische Kompetenzen festlegen. Damit wird einerseits sichergestellt, dass die Gesundheitsfachkräfte über die für die Berufsausübung erforderlichen Kenntnisse, Fertigkeiten und Fähigkeiten verfügen. Andererseits fördern die allen Berufen gemeinsamen Kompetenzen die Transparenz und die interprofessionelle Zusammenarbeit. Die Kohärenz zu den universitären Medizinalberufen ist dadurch gewährleistet, dass die Kompetenzen im 16

Der Vernehmlassungsbericht findet sich unter: www.admin.ch > Bundesrecht > Vernehmlassungen > Abgeschlossene Vernehmlassungen und Anhörungen > 2013 > EDI (Stand: 2.6.2015).

8726

GesBG inhaltlich auf die Ziele und Kompetenzen im Medizinalberufegesetz vom 23. Juni 200617 (MedBG) abgestimmt sind.

Das GesBG sieht eine obligatorische Akkreditierung der Studiengänge vorgesehen.

Damit wird sichergestellt, dass die Studiengänge zum Erwerb der im GesBG festgelegten Kompetenzen führen.

Nach dem vorliegenden Gesetzesentwurf regelt der Bundesrat die Anerkennung von ausländischen Bildungsabschlüssen.

Weiter legt das GesBG die Voraussetzungen für die Berufsausübung in eigener fachlicher Verantwortung fest. Für die unter fachlicher Aufsicht stehenden Personen sieht das Gesetz dagegen keine Bewilligungspflicht vor. Die Bestimmungen zur Berufsausübung gelten sowohl für den privatwirtschaftlichen Sektor als auch für öffentlich-rechtliche Dienstverhältnisse. Die Bewilligung zur fachlich eigenverantwortlichen Ausübung eines im Gesetzesentwurf geregelten Berufs wird erteilt, wenn die gesuchstellende Person über den erforderlichen inländischen (oder den anerkannten ausländischen) Bildungsabschluss verfügt. Der Gesetzesentwurf legt schweizweit einheitliche Berufspflichten für die darin geregelten Berufe fest. Die Gesundheitsfachpersonen müssen ihren Beruf namentlich sorgfältig und gewissenhaft ausüben, ihre Kompetenzen kontinuierlich erweitern und das Berufsgeheimnis wahren. Bei der Verletzung der Vorschriften des GesBG kann die kantonale Behörde gestützt auf den Gesetzesentwurf Disziplinarmassnahmen anordnen.

Das GesBG schafft zudem die rechtliche Grundlage für ein Gesundheitsberuferegister für die darin geregelten Berufe. Das auf nationaler Ebene geregelte Register enthält zu Inhaberinnen und Inhabern von Bildungsabschlüssen namentlich Daten über Berufsausübungsbewilligungen und Disziplinarmassnahmen. Damit wird der Austausch unter den Kantonen über das Vorhandensein von Disziplinarmassnahmen vereinfacht. Diejenigen Daten, die öffentlich zugänglich sind, fördern die Transparenz für Patientinnen und Patienten. Die im Register enthaltenen Daten können zudem für statistische Auswertungen genutzt werden.

1.3

Begründung und Bewertung der vorgeschlagenen Lösung

Der Vorentwurf zum GesBG war vom 13. Dezember 2013 bis zum 18. April 2014 in Vernehmlassung. Der Bericht über die Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens liegt seit Mitte November 2014 vor und wurde am 12. November 2014 vom Bundesrat zur Kenntnis genommen. Gestützt auf die Vernehmlassungsergebnisse wurden das EDI sowie das WBF beauftragt, den Gesetzesentwurf unter Berücksichtigung bestimmter Prüfaufträge und mit Einbezug der Kantone und der Partner im Bildungs- und Gesundheitsbereich zu überarbeiten.

17

SR 811.11

8727

1.3.1

Ergebnisse der Vernehmlassung

Der Vorentwurf des GesBG wurde von der grossen Mehrheit der Vernehmlassungsteilnehmenden begrüsst und insgesamt positiv bewertet. Die Analogie zum MedBG wurde, soweit sich die Vernehmlassungsteilnehmenden dazu äusserten, grundsätzlich begrüsst. Einzelne Rückmeldungen kritisierten den Vorentwurf. Sie bezweifelten, dass dadurch der Mangel an Fachpersonen verringert würde. Zudem wurden eine Überregulierung, eine Akademisierung der Gesundheitsberufe sowie höhere Kosten im Gesundheitswesen befürchtet. Für ein mögliches Gesundheitsberuferegister wurden den Vernehmlassungsadressaten drei Varianten unterbreitet: ein neues gesamtschweizerisches Gesundheitsberuferegister, eine einheitliche Regelung des Registerwesens auf kantonaler Ebene sowie der Verzicht auf eine neue Regelung.

Ein zentrales und aktives Gesundheitsberuferegister auf Bundesebene fand in der Vernehmlassung eine deutliche Zustimmung ­ insbesondere auch seitens der Kantone.

Die Aufnahme der Masterstufe wurde von zahlreichen Vernehmlassungsteilnehmenden gewünscht, wobei der Bachelorabschluss grundsätzlich der berufsbefähigende Abschluss bleiben solle. Die Meinungen unterschieden sich betreffend des Umfangs der Reglementierung. Mehrere Stellungnahmen verlangten die Schaffung einer Berufsausübungsbewilligung, die für bestimmte, bereits bestehende eigenständige Berufsprofile, z. B. für die Osteopathie, aber auch für die Advanced Nurse Practitioners (ANP) einen Masterabschluss voraussetzt und von den Kantonen erteilt würde. Einige Vernehmlassungsteilnehmende fanden eine Festlegung von einheitlichen Anforderungen nur an die Ausbildung auf Masterstufe ausreichend.

Verschiedene Kantone und Berufsverbände kritisierten, der in der Vernehmlassung vorgelegte Entwurf des GesBG gehe nicht weit genug, da er lediglich die privatwirtschaftliche Tätigkeit in eigener fachlicher Verantwortung und auch diese nur in einzelnen Berufen regle. Verlangt wurde einerseits die Ausweitung des Geltungsbereichs auf öffentlich-rechtliche Dienstverhältnisse und/oder auf Personen, die unter Aufsicht tätig sind. Breit gefordert wurde anderseits auch die Aufnahme weiterer Gesundheitsberufe der Fachhochschulstufe sowie der höheren Berufsbildung.

Weitere Stellungnahmen forderten zudem einen Titel- oder Berufsbezeichnungsschutz im GesBG sowie die Einrichtung einer Gesundheitsberufekommission.

Nachfolgend wird dargelegt, wie die in der Vernehmlassung vorgebrachten Anliegen in den Gesetzesentwurf eingeflossen sind.

1.3.2

Anpassung des Vernehmlassungsentwurfs

Geltungsbereich der Berufsausübungsbestimmungen Im Rahmen eines Hearings wurden am 18. März 2015 die Kantone unter anderem zur in der Vernehmlassung geforderten Ausweitung des Geltungsbereichs der Berufsausübungsbestimmungen (Bewilligungspflicht, Berufspflichten, Aufsicht durch die Kantone sowie allfällige Disziplinarverfahren) auf die im öffentlichen Dienst von Kantonen und Gemeinden tätigen Personen angehört. 17 Kantone nahmen teil.

Im Hearing wurde zwischen einer Ausweitung auf die in eigener fachlicher Verantwortung und auf die unter fachlicher Aufsicht tätigen Personen unterschieden.

8728

In den vor und nach dem Hearing eingegangenen schriftlichen Rückmeldungen der Kantone (insgesamt 22) gaben 11 Kantone an, dass sie bereits eine Bewilligungspflicht für die in eigener fachlicher Verantwortung tätigen Fachpersonen im öffentlichen Dienst kennen. 10 Kantone sahen keinen Bedarf zu einer entsprechenden Ausweitung der Regelung. Anlässlich des Hearings hat sich eine einheitliche Haltung der 17 teilnehmenden Kantonen sowie der GDK für die Ausweitung des Geltungsbereichs der Berufsausübungsbestimmungen auf alle in eigener fachlicher Verantwortung tätigen Fachpersonen herauskristallisiert. Mit Artikel 117a Absatz 2 Buchstabe a BV hat der Bund die Kompetenz, die Berufsausübung und Ausbildung der Gesundheitsberufe in der medizinischen Grundversorgung umfassend zu regeln.

Von allen in eigener fachlicher Verantwortung tätigen Personen geht dasselbe Gefährdungspotenzial aus. Daher ist aus Gründen des Patientenschutzes dieselbe Regelung für den privatwirtschaftlichen und den öffentlich-rechtlichen Bereich angezeigt.

Die Ausweitung des Geltungsbereichs der Berufsausübungsbestimmungen auf die unter fachlicher Aufsicht tätigen Personen lehnen die Kantone, die sich im Rahmen des Hearings geäussert haben, grossmehrheitlich ab. Der mit der Ausweitung verbundene Aufwand stünde in keinem Verhältnis zum Nutzen.

Um den Vollzug zu vereinfachen und eine sachlich konsistente Regelung sicherzustellen, wünschten die Kantone am Hearing eine möglichst einheitliche Gestaltung der Berufsausübungsbestimmungen auf Bundesebene. Die entsprechenden Bestimmungen im MedBG und im Psychologieberufegesetz vom 18. März 201118 (PsyG) werden daher mit dem vorliegenden Entwurf angepasst (vgl. Ziff. 1.6).

Weitere Berufe Im Rahmen der Vernehmlassung wurde verschiedentlich die Aufnahme weiterer Berufe ins GesBG gefordert. Im Zuge der Erarbeitung der Botschaft wurden bezüglich dieser Forderungen Abklärungen angestellt. Diese haben zur Aufnahme der Optometrie sowie der Osteopathie geführt.

Der Bachelorstudiengang in Optometrie wird in der Schweiz seit 2007 angeboten und ersetzt die Ausbildung zur dipl. Augenoptikerin oder zum dipl. Augenoptiker HFP. Diese Entwicklung bildet ab, dass der Beruf sich vom handwerklichen Bereich hin zum Gesundheitsbereich entwickelt. So sind Optometristen heute bei Sehproblemen sehr häufig erste
Anlaufstelle für Kundinnen und Patienten. Optometristinnen müssen in der Lage sein, eine Triage vorzunehmen. Sie erstellen Verdachtsdiagnosen und weisen Personen gegebenenfalls an Fachärzte und Fachärztinnen weiter. Die Berufsausübung ist in nahezu allen Kantonen in den Gesundheitsgesetzen reglementiert.

Die Osteopathie ist ein Gesundheitsberuf der Erstversorgung und die Berufsausübung ist bereits schweizweit in nahezu allen Kantonen reglementiert. Bisher fehlte in der Schweiz eine einheitliche Ausbildung in Osteopathie. Um die Qualität der beruflichen Fähigkeiten zu gewährleisten, hat die GDK im Jahr 2007 das Reglement für die interkantonale Prüfung von Osteopathinnen und Osteopathen in Kraft gesetzt.

23 Kantone knüpfen die Berufsausübungsbewilligung an den Erwerb des von der GDK ausgestellten interkantonalen Diploms. Die Zulassung zur interkantonalen Prüfung setzt eine vollzeitliche Ausbildung von fünf Jahren voraus. Seit Herbst 2014 18

SR 935.81

8729

bietet die Haute école spécialisée de Suisse occidentale (HES-SO) an der Haute Ecole de Santé de Fribourg einen vom WBF bewilligten Bachelorstudiengang in Osteopathie an.

Auf die Aufnahme weiterer Berufe wurde aus verschiedenen Gründen verzichtet: So nimmt die Soziale Arbeit zwar mittlerweile eine wichtige Rolle im Gesundheitswesen ein, doch ist nur ein kleiner Teil der Absolventinnen und Absolventen von Studiengängen in sozialer Arbeit im eigentlichen Gesundheitsbereich tätig.

Psychomotoriktherapie und Logopädie sind Berufe, die sowohl im sonderpädagogischen Berufsfeld als auch im Berufsfeld Gesundheit ausgeübt werden. Die Ausbildungen sind wie die Unterrichtsberufe und andere sonderpädagogische Berufe auf der Grundlage der Interkantonalen Vereinbarung über die Anerkennung von Ausbildungsabschlüssen vom 18. Februar 1993 durch die Schweizerische Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK) reglementiert. Das entsprechende Anerkennungsreglement (Reglement über die Anerkennung der Hochschuldiplome in Logopädie und der Hochschuldiplome in Psychomotoriktherapie vom 3. November 2000) gibt vor, dass die Ausbildung «zur Tätigkeit sowohl im pädagogisch-therapeutischen als auch im medizinisch-therapeutischen Bereich» befähigen muss. Mit der schweizerischen Anerkennung der Abschlüsse durch die EDK ist der Berufszugang im schulischen Bereich geregelt. Im Gesundheitsbereich stützen sich die Anstellungsbehörden auf die interkantonale Anerkennung durch die EDK ab. Die Reglementierung der beiden Berufe für beide Berufsfelder durch die EDK hat sich bewährt; eine parallele Regelung durch den Bund oder eine Teilung der Regelung in zwei Zuständigkeiten (pädagogisch-therapeutisch durch die EDK, medizinisch-therapeutisch durch den Bund) ist weder sinnvoll noch erwünscht.

Das Bildungsangebot in der medizinisch-technischen Radiologie (MTRA) ist an Höheren Fachschulen angesiedelt; nur in der Romandie besteht ein Studiengang an einer Fachhochschule. Die Berufsausübung ist derzeit nur in wenigen Kantonen reglementiert. Anlässlich des Hearings mit den Kantonen sah die Mehrheit der sich äussernden Kantone auch keinen Bedarf zur Reglementierung. Die zur Sicherung des Patientenschutzes notwendigen bundesrechtlichen Vorgaben zur Berufsausübung finden sich schon jetzt in den Bestimmungen zum Strahlenschutz.

In der
Vernehmlassung wurde verschiedentlich auch die Aufnahme von Berufen der höheren Berufsbildung (insbesondere Rettungssanitäter/in HF, Dentalhygieniker/in HF, Podologe/Podologin HF und Drogist/in HF) gefordert. Diese und weitere Berufe sind in zahlreichen Kantonen reglementiert; die Frage einer Aufnahme ins GesBG stellt sich allerdings nur in Bezug auf die Berufsausübungsbestimmungen, da die entsprechenden Ausbildungen bereits jetzt durch den Bund geregelt sind. Die Organisationen der Arbeitswelt sahen im jetzigen Zeitpunkt keinen entsprechenden Bedarf.

Masterstufe Im Rahmen der Vernehmlassung stand die Frage zur Debatte, ob die Masterstufe im GesBG geregelt werden soll oder nicht. Dabei galt es insbesondere zu beurteilen, ob aus Gründen des Patientenschutzes und der Qualitätssicherung in der Gesundheitsversorgung eine Bewilligungspflicht für die Berufsausübung nötig ist. Würde eine Bewilligungspflicht befürwortet, läge es nahe, die Anforderungen an die Ausbildung und die Berufsausübung der Masterstufe ebenfalls im GesBG festzulegen.

8730

Für die Osteopathie wurde diese Frage positiv beantwortet, weil deren Berufsausübung in nahezu allen Kantonen reglementiert ist. Seit Herbstsemester 2014 kann an der Haute Ecole de Santé Fribourg ein Bachelorstudium in Osteopathie absolviert werden. Der Masterstudiengang ist in Erarbeitung. In Übereinstimmung mit der heutigen Regelung der Ausbildungsdauer durch die GDK ist der Masterabschluss berufsbefähigend.

Die Situation der Osteopathie unterscheidet sich von allen anderen Masterstudiengängen, die nach dem berufsbefähigenden Bachelorstudium zu erweiterten Berufsprofilen führen. Aktuell werden Masterstudiengänge in Pflege, Ergotherapie, Physiotherapie angeboten. Masterstudiengänge in Hebamme sowie Ernährung und Diätetik sind geplant. Absolventinnen und Absolventen von Masterstudiengängen werden in der künftigen medizinischen Grundversorgung erweiterte Aufgaben übernehmen und einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung der interprofessionellen Zusammenarbeit leisten. Diese Entwicklung ist im Bereich der Pflege am weitesten fortgeschritten. Pflegefachkräfte mit erweiterten Berufsprofilen spielen bereits in verschiedenen Ländern wie den USA, Kanada, Irland, den Niederlanden und Skandinavien eine entscheidende Rolle in der Gesundheitsversorgung. Die Regelung der Ausbildung und Berufsausübung scheint in der Schweiz zum heutigen Zeitpunkt jedoch verfrüht. Es haben sich noch keine klaren Berufsprofile herausgebildet, weshalb sich auch die Bildung heute noch nicht vereinheitlichen lässt. Würde ein Masterstudiengang ohne klares Berufsprofil im GesBG geregelt, so könnten altrechtliche Ausbildungen (wie z. B. die Höhere Fachausbildung II in Pflege) nicht anhand eines Berufsprofils auf ihre Vergleichbarkeit in Bezug auf die Berufsausübung überprüft werden. Damit wäre die Gefahr einer unerwünschten Akademisierung gross. Die Aufnahme von weiteren Masterstudiengängen und Berufsprofilen mit erweiterten Kompetenzen ins GesBG wird vor dem Hintergrund der Entwicklung des Versorgungsbedarfs und des Fachkräftemangels in den Medizinalberufen zu einem späteren Zeitpunkt erneut zu überprüfen sein.

Gestützt auf diese Überlegungen wurde die Struktur der Artikel 1 und 2 (Zweck bzw. Gegenstand des Gesetzes) sowie von Artikel 12 (Bewilligungsvoraussetzungen) überarbeitet. Durch diese Änderung in der Gesetzesarchitektur wird
zudem die Aufnahme weiterer Studiengänge und Berufe bzw. Berufsprofile erleichtert.

Gesundheitsberuferegister Der überarbeitete Gesetzesentwurf sieht nach dem Konzept des Medizinalberuferegisters (MedReg) ein sogenanntes aktives Register vor. Das heisst, es umfasst nicht nur die Ausbildungsabschlüsse, sondern auch Angaben zur Bewilligung zur fachlich eigenverantwortlichen Berufsausübung sowie zu Disziplinarmassnahmen.

Nur ein einheitliches Register kann den Vollzug des künftigen GesBG über die Kantonsgrenzen hinweg sicherstellen. Auf den Inhalt eines interkantonalen Registers (NAREG), basierend auf einer interkantonalen Regelung der Kantone, hätte der Bund keinen über den konsultativen Einbezug hinausgehenden Einfluss. Eine Bundesregelung stellt dagegen sicher, dass im Register diejenigen Daten abgebildet werden, die für den Vollzug des GesBG notwendig sind. Hingegen muss das Register nicht zwingend vom Bund geführt werden; sondern hierfür kann vom Bundesrat ein Dritter beauftragt werden.

8731

Weitere Themen Bezüglich Titelschutz gelten seit der Teilinkraftsetzung des HFKG am 1. Januar 2015 einheitliche Rahmenbedingungen für alle Hochschultypen. Im Bereich der Universitäten und Fachhochschulen gewährleisten die Trägerkantone den Titelschutz. Das GesBG schafft im Unterschied zum MedBG keine eigenen Titel. Die Aufnahme eines Berufsbezeichnungsschutzes im GesBG würde für die privatwirtschaftlich tätigen Personen einen starken Eingriff in die Wirtschaftsfreiheit bedeuten, der sich nicht durch den zusätzlichen Nutzen (Täuschungsschutz) für die Patientinnen und Patienten oder Kundinnen und Kunden legitimieren lässt. Es wäre überdies schwierig, eine Berufsbezeichnung für die vom GesBG erfassten Berufe zu finden, die nicht unverhältnismässig in die Wirtschaftsfreiheit von Inhaberinnen und Inhabern anderer Abschlüsse als auf Fachhochschulstufe, z. B. im Bereich der Ernährungsberatung, eingreift, indem sie diese von der Verwendung der Bezeichnung ausschliesst. Die für die Berufsausübung in eigener fachlicher Verantwortung vorgesehene Bewilligungspflicht gewährleistet den Patientenschutz genügend, ohne dass es eines zusätzlichen Täuschungsschutzes in Form eines Berufsbezeichnungsschutzes bedarf. Von der Regelung eines Titel- oder Bezeichnungsschutzes im GesBG wurde daher abgesehen.

Auf die Einführung einer ausserparlamentarischen Kommission (Gesundheitsberufekommission) im Gesetzesentwurf wird verzichtet, da diese im Unterschied zur Medizinalberufekommission keine Entscheidkompetenzen hätte. Im Bereich der Gesundheitsberufe (auch auf Sekundarstufe II und in der Höheren Berufsbildung) kommt dem SBFI die Aufgabe der Anerkennung ausländischer Abschlüsse zu. Es hat den Vollzug dieser Aufgabe ans Schweizerische Rote Kreuz (SRK) delegiert, das seit Jahren die Anerkennungsverfahren betreut. In diesem Bereich besteht somit kein Bedarf nach einer Gesundheitsberufekommission. Ebenfalls kein Bedarf besteht bezüglich eidgenössische Prüfungen, da das Gesundheitsberufegesetz keine derartigen Prüfungen vorsieht. Hingegen besteht der Bedarf nach einer Diskussionsplattform für Gesundheitsberufe. Diese soll unter Einbezug der Partner aus Bildung und Arbeitswelt den Austausch zu Fragen der Ausbildung und Berufsausübung im Hinblick auf die interprofessionelle Zusammenarbeit in der medizinischen Grundversorgung
ermöglichen. Das EDI prüft die Schaffung einer entsprechenden Diskussionsplattform.

Verschiedene Verbände forderten sodann die Regelung der berufsspezifischen Kompetenzen auf Gesetzesstufe statt in einer Verordnung. Ein Gesetz ist jedoch nicht geeignet für den Detaillierungsgrad der berufsspezifischen Kompetenzen.

Zudem lässt sich eine Verordnung schneller anpassen, wenn sich die Arbeitswelt verändert.

1.4

Abstimmung von Aufgaben und Finanzen

Durch den vorliegenden Gesetzesentwurf werden folgende Bereiche neu auf nationaler Ebene geregelt: Die Kompetenzen von Absolventinnen und Absolventen eines Studiengangs nach diesem Gesetz, die Akkreditierung der Studiengänge nach diesem Gesetz, die Führung eines Registers sowie die Berufsausübung aller in eigener fachlicher Verantwortung tätigen Gesundheitsfachpersonen nach diesem Gesetz. Die Anerkennung ausländischer Bildungsabschlüsse erfolgt heute durch das SBFI, diesbezüglich entstehen dem Bund keine neuen Aufgaben.

8732

Die berufsspezifischen Kompetenzen werden in Zusammenarbeit mit den Hochschulen und den Organisationen der Arbeitswelt erarbeitet. Der Bund leitet das Projekt.

Dafür ist ein einmaliger Aufwand erforderlich. Die berufsspezifischen Kompetenzen werden unter der Leitung des Bundes periodisch angepasst. Der vonseiten der Fachhochschulen und der Organisationen der Arbeitswelt erforderliche Aufwand wird im Rahmen der Qualitätsentwicklung erbracht.

Wiederkehrende Aufgaben entstehen mit der Akkreditierung der Studiengänge. Der Aufwand soll in erster Linie durch Gebühren zulasten der gesuchstellenden Bildungsinstitutionen finanziert werden.

Zusätzlich entstehen neue Aufgaben mit der Führung des Gesundheitsberuferegisters. Durch die Ausnutzung von Synergien mit bestehenden Registern wird ein günstiges Kosten-Nutzen-Verhältnis angestrebt. Die Finanzierung soll weitestgehend über Gebühren gedeckt werden.

Nicht alle Kantone haben bisher die Berufsausübung der Gesundheitsfachpersonen in eigener fachlicher Verantwortung, die im öffentlichen Dienst tätig sind, geregelt.

Den Kantonen, die bisher nur die Berufsausübung der privatwirtschaftlich in eigener fachlicher Verantwortung tätigen Fachpersonen geregelt haben, entstehen zusätzliche Aufgaben im Vollzug. Dabei sind die Kantone gestützt auf Artikel 46 Absatz 1 BV gehalten, die betreffenden Artikel des GesBG entschädigungslos umzusetzen.

Die personellen wie auch die finanziellen Auswirkungen dieser Vorlage werden in Ziffer 3, insbesondere 3.1 sowie 3.2, detailliert erläutert.

1.5

Rechtsvergleich, insbesondere mit dem europäischen Recht

Die Ausbildung und die Berufsausübung werden in den dem Gesetzesentwurf unterstellten Berufen und in den verschiedenen Ländern unterschiedlich geregelt. Ein umfassender Vergleich ist nicht möglich. Nur für die Berufe Pflegefachfrau und -mann und Hebamme sieht die Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 200519 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen, die für die Schweiz im Rahmen des Anhanges III des Personenfreizügigkeitsabkommens bindend ist, gewisse Mindestanforderungen zum Inhalt der Ausbildung vor (Kompetenzen, Niveau und Dauer). Diese Vorschriften gelten für alle EU- und EFTA-Staaten.

Die Regelungen betreffend der Berufe Pflegefachfrau und -mann, Physiotherapeutin und -therapeut, Ergotherapeutin und -therapeut, Hebamme, Ernährungsberaterin und -berater in Deutschland, Frankreich, Schweden, und dem Vereinigten Königreich werden aufgrund eines Gutachtens des Schweizerischen Instituts für Rechtsvergleichung (ISDC) kurz dargestellt.20 Zum Beruf der Osteopathin und des Osteopathen liegt ein Ländervergleich zwischen der Schweiz, Deutschland, Frankreich und dem Vereinigten Königreich vor.21 Angaben über den Beruf der Optometristin und des 19 20

21

ABl. L 255 vom 30.9.2005, S. 22.

Grundlage für die folgenden Ausführungen bildet das Gutachten des Schweizerischen Instituts für Rechtsvergleichung (ISDC) vom 8.2.2013; verfügbar unter: www.gesbg.admin.ch (Stand: 25.11.2015).

Grundlage für die Ausführungen bildet das Gutachten von Gerber Bildungsberatung vom 9.3.2015; verfügbar unter: www.gesbg.admin.ch (Stand: 25.11.2015).

8733

Optometristen beziehen sich auf einen Vergleich der Ausbildungen in Deutschland, Frankreich und dem Vereinigten Königreich, der in der deutschen Optikerzeitung publiziert wurde.22

1.5.1

Ausbildung

In den meisten Vergleichsländern sind die Berufe Pflegefachfrau und -mann, Physiotherapeutin und -therapeut, Ergotherapeutin und -therapeut, Hebamme, Ernährungsberaterin und -berater mit Ausnahmen reglementiert. Im Vereinigten Königreich sind auch die Berufe der Osteopathin und des Osteopathen sowie der Optometristin und des Optometristen reglementiert, während Frankreich nur den Beruf der Optometristin und des Optometristen und Deutschland keinen von beiden regelt (ausser den Beruf der Osteopathin und des Osteopathen im Bundesland Hessen). Für die Berufe Pflegefachfrau und -mann, Physiotherapeutin und -therapeut, Ergotherapeutin und -therapeut, Hebamme, Ernährungsberaterin und -berater kennen die Vergleichsländer eine Regelungssystematik, bei der sich zwei Ansätze unterscheiden lassen: einerseits einheitliche Erlasse, welche Anforderungen an alle reglementierten Berufe enthalten und über den Gesundheitssektor hinausgehen, andererseits Rechtsgrundlagen, die sich an der Spezifität der Gesundheitsberufe orientieren. In Schweden steht der einheitliche Ansatz für alle reglementierten Berufe im Vordergrund: alle ausbildungsspezifischen Ausführungen, insbesondere zu den Abschlussprüfungen, sind in einem Anhang zum Hochschulgesetz enthalten.

In England, Deutschland und Frankreich bestehen spezifische Rechtsgrundlagen für die einzelnen Berufe. So existiert im englischen Recht eine Grundlage für Pflegefachkräfte und Hebammen, eine andere für die Berufe Physiotherapeutin und -therapeut, Ergotherapeutin und -therapeut sowie für Ernährungsberaterin und -berater. In Deutschland und Frankreich werden die Anforderungen an die Ausbildung für jeden Beruf in einem eigenen Rechtsakt festgelegt.

In den Rechtsordnungen von Deutschland, Frankreich, Schweden und dem Vereinigten Königreich werden detaillierte Vorschriften über die Ausbildung entweder als Exekutiverlasse formuliert oder die Regelungskompetenz an die Berufsverbände delegiert. So finden sich in Deutschland formelle Gesetze mit Ausführungsbestimmungen. In Frankreich sind die Anforderungen hingegen in Exekutiverlassen (arrêtés) formuliert. Auch in Schweden werden die Anforderungen an die Abschlussexamen in der Hochschulverordnung festgehalten. Im Vereinigten Königreich verabschiedet die Regierung einen besonderen Rechtsakt, die sogenannte «Order», deren
Entwurf beiden Kammern des Parlaments vorgelegt werden muss.

Vergleicht man die in den Rechtsgrundlagen ausdrücklich aufgeführten Anforderungen an die Ausbildung, so zeigen sich ebenfalls Unterschiede. Im Vereinigten Königreich werden einzig für die Pflegefachkräfte die Gegenstände der Ausbildung und die zu erreichenden Ziele ausführlich aufgelistet. Ansonsten haben die berufsspezifischen Organe die Pflicht und Kompetenz zum Erlass von Ausbildungsstandards. In den anderen untersuchten Staaten enthalten die Rechtsgrundlagen relativ ausführliche Vorgaben. Sei dies über die in der Ausbildung zu erlangenden Fähig22

European Council of Optometry and Optics (2015), ECOO Blue Book 2015; verfügbar unter: www.ecoo.info (Stand 28.5.2015). vgl. auch Ausgabe DOZ vom 02/2012 (S. 34­36); verfügbar unter: www.doz-verlag.de/archivsuche/ (Stand 28.5.2015).

8734

keiten wie in Deutschland (mit Ausnahme der Ergotherapie) und Frankreich (mit Ausnahme der Ernährungsberaterinnen und -berater) oder über die bei der Abschlussprüfung nachzuweisenden Kenntnisse und Fähigkeiten wie in Schweden.

Die Kompetenz zur Regelung der Ausbildungen liegt in erster Linie bei den Gesundheitsbehörden oder den berufsspezifischen Organen. In Deutschland und Frankreich übernehmen vorwiegend die Gesundheitsministerien die leitende Rolle (abgesehen von den Ernährungsberaterinnen und -beratern). Die Bildungsbehörden müssen konsultiert werden. In Schweden ist das Zusammenspiel zwischen Gesundheits- und Bildungsbehörde weniger klar geregelt. Die Verantwortlichkeit von berufsspezifischen Behörden ist im Vereinigten Königreich am weitesten ausgeprägt. Der «Nursing and Midwifery Council», der «Health and Care Professions Council», der «General Osteopathic Council» und der «General Optical Council» regeln die Ausbildung weitgehend selbstbestimmt. Sie sind lediglich dem «Privy Council» (Aufsichtsorgan der Regierung) sowie dem Parlament gegenüber verantwortlich.

1.5.2

Berufsausübung

Keine der untersuchten Rechtsordnungen definiert spezifisch die selbstständige Berufsausübung in den Berufen Pflegefachfrau und -mann, Physiotherapeutin und -therapeut, Ergotherapeutin und -therapeut, Ernährungsberaterin und -berater. Für den Beruf Hebamme definiert Artikel 42 der Richtlinie 2005/36/EG über die Anerkennung von Berufsqualifikationen, welche Tätigkeiten den Hebammen mindestens zugestanden werden müssen.

Oft wird nicht unterschieden zwischen selbstständiger und unselbstständiger Berufsausübung beziehungsweise zwischen selbstständiger Berufsausübung und der Tätigkeit im Rahmen von Gesundheitsinstitutionen. Die «freiberufliche» Tätigkeit wird in Deutschland und Schweden durch das Gesetz definiert, namentlich durch das Steuerrecht. In Frankreich sind im gesellschaftsrechtlichen Kontext verschiedene Gesellschaftsformen (formes de société) für die freiberufliche Tätigkeit vorgesehen. Im Vereinigten Königreich scheint gar keine Definition zu bestehen.

Die Zulässigkeit der selbstständigen Berufsausübung wird unterschiedlich geregelt.

Um selbstständig als nicht-medizinische Osteopathin oder als nicht-medizinischer Osteopath arbeiten zu können, muss in Deutschland die Heilpraktikerprüfung abgelegt werden. Während im französischen Recht für die Berufe Pflegefachfrau und -mann, Physiotherapeutin und -therapeut, Ergotherapeutin und -therapeut, Hebamme, Ernährungsberaterin und -berater ausdrücklich vorgeschrieben ist, ob und in welchen Gesellschaftsformen die Tätigkeit selbstständig ausgeübt werden kann, fehlen entsprechende Regelungen im Vereinigten Königreich und in Schweden.

Spezifische Vorgaben zur selbstständigen Berufsausübung finden sich nur für einzelne Aspekte. So wird in Deutschland und Frankreich eine Berufshaftpflichtversicherung verlangt; teilweise bestehen auch Vorschriften zur Praxisausstattung. Das deutsche Recht sieht zudem eine Anmeldung beim Gesundheitsamt vor. Das Vereinigte Königreich führt Berufsregister für einige Gesundheitsberufe (z. B. Pflegefachfrau und -mann, Hebamme, Osteopathin und Osteopath und Optometristin und Optometrist).

8735

1.5.3

Zusammenfassung

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass Ausbildungsgegenstand und -ziele der Berufe Pflegefachfrau und -mann, Physiotherapeutin und -therapeut, Ergotherapeutin und -therapeut, Hebamme, Ernährungsberaterin und -berater in den untersuchten europäischen Ländern meistens geregelt werden. In Deutschland bestehen gesetzliche Grundlagen, in Frankreich und Schweden werden die Vorgaben auf Verordnungsebene festgehalten. Im Vereinigten Königreich liegt die Verantwortung für die Regulierung der Ausbildung bei spezifisch dafür geschaffenen Organen.

Hinsichtlich der selbstständigen Berufsausübung beschränken sich die Regelungen auf einzelne Aspekte. Da die untersuchten Rechtsordnungen die selbstständige Berufsausübung nicht spezifisch definieren, ist ein Rechtsvergleich schwierig. Es bleibt offen, inwieweit allgemeine Anforderungen an in Gesundheitsinstitutionen tätige Fachpersonen auf selbstständige Fachpersonen anwendbar sind.

1.5.4

Vereinbarkeit mit dem EU-Recht

Bezüglich Vereinbarkeit mit dem EU-Recht orientiert sich die Gesetzesvorlage an der Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 200523 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen, welche die Schweiz im Anhang III FZA übernommen hat. Die entsprechenden Ausführungen finden sich in den Ziffern 2 und 5.2 der Botschaft.

1.6

Umsetzung

Verschiedene Gesetzesbestimmungen des vorliegenden Entwurfs bedürfen einer Konkretisierung auf Verordnungsebene (vgl. Ziff. 5.5). Insbesondere wird der Bundesrat zu den berufsspezifischen Kompetenzen und zum Gesundheitsberuferegister (insb. zu den Datenbearbeitungsmodalitäten) auf Verordnungsstufe Ausführungsbestimmungen erlassen.

Für das Erteilen der Berufsausübungsbewilligung und die Aufsicht über die Berufsausübung der Bewilligungsinhaberinnen und -inhaber sind die Kantone zuständig.

Die Vollzugstauglichkeit bezüglich der Ausweitung des Geltungsbereichs der Bestimmungen zur Berufsausübung auf alle in eigener fachlicher Verantwortung tätigen Personen (Begriffsdefinition vergleiche Ausführungen zu Art. 11) sowie die Aufnahme der Osteopathinnen und Osteopathen sowie der Optometristinnen und Optometristen wurden unter Einbezug der Kantone im Rahmen eines Hearings geprüft. Bei der Festlegung des Inkrafttretens der Gesetzesbestimmungen wird den Kantonen die für die Anpassungen der entsprechenden rechtlichen Grundlagen auf kantonaler Ebene erforderliche Zeit eingeräumt werden.

Der Entwurf zum GesBG regelt die allgemeinen sowie die sozialen und persönlichen Kompetenzen, die im Rahmen eines Studiengangs nach diesem Gesetz erworben werden müssen. Die berufsspezifischen Kompetenzen wird der Bundesrat unter Mitwirkung der Hochschulen und der anderen Institutionen des Hochschulbereichs gemäss HFKG und der Organisationen der Arbeitswelt regeln. Damit wird gewähr23

ABl. L 255 vom 30.9.2005, S. 22

8736

leistet, dass sich die Kompetenzen am Bedarf des Arbeitsmarkts orientieren und die Studiengänge flexibler an die Entwicklungen der Arbeitswelt angepasst werden können. Die im Rahmen der Verordnung zu erarbeitenden Kompetenzen werden auf den 2009 von der Rektorenkonferenz der Fachhochschulen der Schweiz (KFH) definierten Abschlusskompetenzen24 basieren.

Das Gesundheitsberuferegister soll Informationen zu den Bildungsabschlüssen und zu den Berufsausübungsbewilligungen enthalten sowie den Austausch der für den Patientenschutz relevanten Daten fördern. Die kantonalen Behörden werden Disziplinarmassnahmen eintragen. Diese Daten werden nur den für die Erteilung der Berufsausübungsbewilligung sowie den für die Aufsicht zuständigen kantonalen Behörden zugänglich sein. Insbesondere Fragen zu den Bearbeitungsmodalitäten der im Register enthaltenen Daten sowie zur Führung des Registers werden auf Verordnungsebene geklärt werden.

Um dem Wunsch der Kantonsvertreterinnen und -vertretern nach möglichst einheitlichen gesetzlichen Regelungen auf Bundesebene für die Berufe im Gesundheitsbereich Rechnung zu tragen, wurde eine Ausweitung des Geltungsbereichs der Berufsausübungsbewilligung auf alle in eigener fachlicher Verantwortung tätigen Personen auch für das MedBG und das PsyG geprüft und als sachgemäss befunden. Deshalb sieht der vorliegende Gesetzesentwurf eine entsprechende Änderung des MedBG und des PsyG in den Schlussbestimmungen (vgl. Ausführungen zu Art. 31) vor.

1.7

Erledigung parlamentarischer Vorstösse

Das Postulat von Ständerat Luc Recordon vom 12. Dezember 2012 beauftragt den Bundesrat zu prüfen, ob das Berufsgeheimnis in den Gesundheitsberufen transparent und kohärent geregelt werden kann. Das künftige GesBG legt gesamtschweizerisch einheitliche Berufspflichten für Gesundheitsfachpersonen nach diesem Gesetz fest.

Diese müssen das Berufsgeheimnis nach Artikel 321 Strafgesetzbuch25 (StGB) wahren (vgl. Ziff. 2, Erläuterungen zu Art. 16 Abs. 2). Die Überwachung und Einhaltung der Berufspflichten nach dem künftigen GesBG liegt in der Zuständigkeit der Kantone. Für die Bestrafung von Verstössen gegen die Berufspflichten sind einheitliche Disziplinarmassnahmen vorgesehen. Was die Anwendung des Strafrechts angeht, so wollte der Gesetzgeber die geltende Regelung für die Meldung von aussergewöhnlichen Todesfällen im Rahmen der Ausarbeitung der neuen Strafprozessordnung nicht ändern. Er hat beschlossen, für die Melderechte und -pflichten die Kompetenzaufteilung von heute beizubehalten. Die Einzelheiten sind in den kantonalen Regelungen festgelegt. Mit dem GesBG wird dem Anliegen des Postulanten so weit wie möglich entsprochen. Das Postulat kann somit als erfüllt abgeschrieben werden.

24

25

Cécile Ledergerber, Jacques Mondoux, Beat Sottas (25.6.2009): Projekt Abschlusskompetenzen FH-Gesundheitsberufe, Abschlussbericht; verfügbar unter: www.swissuniversities.ch > Publikationen > Kammer Fachhochschulen > Best Practices > Gesundheitsberufe FH (Stand: 2.6.2015).

SR 311.0

8737

2

Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln

Titel Der Titel des Gesetzesentwurfs benennt den Regelungsgegenstand des Gesetzes, die Gesundheitsberufe. Im Gesetz sind vorwiegend Gesundheitsberufe mit Fachhochschulausbildung geregelt. Daneben existieren zahlreiche weitere Gesundheitsberufe, deren Berufsausübung heute in der Mehrzahl der Kantone reglementiert ist. Der Grossteil dieser Berufe ist, was die Berufsbildung betrifft, bereits vom Bund geregelt. Die universitären Medizinalberufe sind im MedBG geregelt, die Psychologieberufe im PsyG.

Ingress Das Gesetz stützt sich primär auf Artikel 117a Absatz 2 Buchstabe a BV, der dem Bund die Kompetenz gibt, die Aus- und Weiterbildung für Berufe der medizinischen Grundversorgung und die Anforderungen zur Ausübung dieser Berufe zu regeln.

1. Kapitel: Allgemeine Bestimmungen Art. 1

Zweck

Das Gesundheitsberufegesetz fördert im Interesse der öffentlichen Gesundheit die Qualität der Ausbildung an Hochschulen und anderen Institutionen des Hochschulbereichs gemäss HFKG in den Gesundheitsberufen (Bst. a) sowie der Berufsausübung in eigener fachlicher Verantwortung (Bst. b). Dazu regelt es namentlich die Kompetenzen der Absolventinnen und Absolventen bestimmter Studiengänge, verlangt eine Programmakkreditierung und legt die Berufsausübung in eigener fachlicher Verantwortung in bestimmten Gesundheitsberufen fest.

Art. 2

Gegenstand

Artikel 2 zählt die Regelungsgegenstände des Gesetzes auf. Absatz 1 legt fest, welche Berufe als Gesundheitsberufe nach diesem Gesetz gelten und führt für diese die Abkürzung «Gesundheitsberufe» ein. Gesundheitsberufe in diesem Sinne sind: Pflegefachfrau und Pflegefachmann, Physiotherapeutin und Physiotherapeut, Ergotherapeutin und Ergotherapeut, Hebamme, Ernährungsberaterin und Ernährungsberater, Optometristin und Optometrist sowie Osteopathin und Osteopath.

Absatz 2 legt fest, was der Gesetzesentwurf zu diesen Berufen regelt. In Buchstabe a werden die Kompetenzen von Absolventinnen und Absolventen der in den Ziffern 1­8 aufgelisteten Studiengänge sowie in Buchstabe b die Akkreditierung dieser Studiengänge von Hochschulen und anderen Institutionen des Hochschulbereichs gemäss HFKG erwähnt (Art. 1 Bst. a). Somit erfasst das Gesetz diejenigen Studiengänge, die von institutionell akkreditierten (privaten oder öffentlichen) Institutionen angeboten werden und somit zu schweizerischen Diplomen führen. Studiengänge, die zu ausländischen Diplomen führen, aber teilweise oder ganz in der Schweiz angeboten werden, erfasst das Gesetz nicht. Gegenstand des Gesetzesentwurfs ist hingegen die Anerkennung von ausländischen Bildungsabschlüssen (Bst. c). Mit all diesen Bestimmungen werden die Qualität der Ausbildungen und insbesondere die 8738

Vergleichbarkeit der Kompetenzen gewährleistet, die allen Studiengängen nach diesem Gesetz gemeinsam sind.

Zudem umfasst der Regelungsgegenstand Bestimmungen zur Ausübung der Gesundheitsberufe gemäss Absatz 1 in eigener fachlicher Verantwortung (Bst. d, vergleiche auch Ausführungen zu Art. 11) sowie zu einem Gesundheitsberuferegister (Bst. e). Die Bestimmungen zur Berufsausübung in eigener fachlicher Verantwortung sollen die geltenden zum Teil unterschiedlichen kantonalen Regelungen ersetzen. Diese Vereinheitlichung und das Gesundheitsberuferegister tragen zu einer Vereinfachung der Verfahren zur Erteilung einer Berufsausübungsbewilligung sowie einer verbesserten Transparenz bei.

2. Kapitel: Kompetenzen von Absolventinnen und Absolventen von Studiengängen nach Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe a Die Beschreibung der in den Artikeln 3 und 4 festgehaltenen Kompetenzen leitet sich von den Ergebnissen der Studie Projekt Abschlusskompetenzen FH-Gesundheitsberufe aus dem Jahr 2009 der Rektorenkonferenz der Fachhochschulen der Schweiz (KFH) ab.26 Die für alle Gesundheitsberufe nach Artikel 2 Absatz 1 geltenden Abschlusskompetenzen werden aufgegliedert in einen Artikel 3 (allgemeine Kompetenzen) und einen Artikel 4 (soziale und persönliche Kompetenzen).

Ergänzt werden diese allgemeinen Kompetenzen mit berufsspezifischen Kompetenzen (Art. 5). In einer Verordnung zum GesBG wird für jeden der geregelten Studiengänge festgelegt, über welche berufsspezifischen Kompetenzen deren Absolventinnen und Absolventen verfügen sollen. Die berufsspezifischen Kompetenzen sind zu operationalisieren. Diese konkretisierten Kompetenzen bilden die gemeinsame Basis für die Curricula der Hochschulen und der anderen Institutionen des Hochschulbereichs gemäss HFKG sowie für die Akkreditierung der Studiengänge.

In die Formulierung der allgemeinen Kompetenzen sind Erwägungen zur Gesundheitspolitik und zum erwarteten beruflichen Verhalten eingeflossen. Ausgehend davon, dass für die zukünftige Versorgung eine Mobilisierung von interprofessionellen Teams notwendig ist (z. B. um der Zunahme der chronischen Erkrankungen zu begegnen), müssen die Gesundheitsfachleute über gemeinsame, berufsübergreifende Kompetenzen verfügen. Sie müssen in der Lage sein, mit den Fachleuten anderer Gesundheitsberufe nach diesem Gesetz und der universitären Medizinalberufe zusammenzuwirken. In diesem Sinn sind die allgemeinen Kompetenzen berufsübergreifend und so formuliert, dass sie mit den Zielen der Ausbildung gemäss MedBG kohärent sind und die nötigen gesetzlichen Grundlagen zur Förderung einer Kooperationskultur schaffen.

Art. 3

Allgemeine Kompetenzen

Die Kompetenzen gemäss Artikel 3 sollen Absolventinnen und Absolventen befähigen, ihren Beruf auszuüben.

26

Cécile Ledergerber, Jacques Mondoux, Beat Sottas (25.6.2009): Projekt Abschlusskompetenzen FH-Gesundheitsberufe, Abschlussbericht; verfügbar unter: www.swissuniversities.ch > Publikationen > Kammer Fachhochschulen > Best Practices > Gesundheitsberufe FH (Stand: 2.6.2015).

8739

Buchstabe a: Die ausgebildeten Fachkräfte müssen in der Lage sein, als Akteure des Gesundheitssystems in eigener fachlicher Verantwortung eine Versorgung von hoher Qualität gemäss den Grundsätzen der guten Berufsausübung (Best Practice) zu erbringen.

Buchstabe b: Angesichts der Menge der neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse und ihrer fortlaufenden Entwicklung ist es unabdingbar, dass die Fachpersonen fähig sind, diese Erkenntnisse in ihrer Berufstätigkeit umzusetzen und ihre Praxis laufend entsprechend anzupassen. So können ihre Kenntnisse und Fertigkeiten im Sinne des lebenslangen Lernens fortlaufend aktualisiert werden. Unter lebenslangem Lernen versteht man gemäss der Definition der Europäischen Kommission «alles Lernen während des gesamten Lebens, das der Verbesserung von Wissen, Qualifikationen und Kompetenzen dient».

Buchstabe c: Weiter müssen die Fachkräfte fähig sein, ihre Leistungen unter dem Gesichtspunkt ihrer Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit zu beurteilen und sich danach zu verhalten.

Buchstabe d: Im Bereich der beruflichen Expertise und der Methodenkompetenz geht es in erster Linie darum, die Faktoren zu kennen, die sowohl auf der Ebene des Individuums als auch der Bevölkerungsgruppen zur Erhaltung und Förderung der Gesundheit beitragen. Überdies müssen die betroffenen Fachleute fähig sein, Massnahmen zur Verbesserung der Lebensqualität einzuleiten. Die Betreuung und die medizinische Behandlung beispielsweise von Migrantinnen und Migranten erfordern spezifische Kenntnisse (z. B. transkulturelle Kompetenzen). Gleiches gilt etwa für den Umgang mit Demenzkranken und ihren Angehörigen oder für die Arbeit mit Jugendlichen mit gesundheitlichen Problemen.

Buchstabe e: Die Gesundheitsfachpersonen müssen zudem über die für die Berufsausübung Kenntnisse verfügen, die für die Prävention, Diagnostik und Therapie sowie für die rehabilitativen und palliativen Massnahmen erforderlich sind. Sie erkennen Risikoverhalten und befähigen Patientinnen und Patienten sowie ihre Angehörigen dazu, krankheitsvorbeugende Massnahmen umzusetzen. In Situationen von unheilbarer und chronisch fortschreitender Krankheit beugen sie Leiden und Komplikationen vor.

Buchstabe f: Sie müssen mit den Denk-, Entscheidungs- und Handlungsprozessen, die während der Untersuchung und der Behandlung von
Patientinnen und Patienten ablaufen (Clinical Reasoning), vertraut und fähig sein, Massnahmen aus der Zusammenarbeit der verschiedenen Gesundheitsberufe und anderer Akteure des Versorgungssystems abzuleiten, die sich systematisch in die Versorgung und Betreuung der Person einfügen. Ziel ist, die Patientin oder den Patienten und die klinische Situation besser zu verstehen und so die jeweils beste Entscheidung für die Patientin oder den Patienten zu treffen.

Buchstabe g: Für eine gute Berufsausübung müssen die Fachpersonen sodann die gesetzlichen Grundlagen des schweizerischen Systems der sozialen Sicherheit und des Gesundheitswesens kennen und diese Kenntnisse in der beruflichen Tätigkeit umsetzen können. Zum Beispiel ist es wichtig, dass die Fachpersonen wissen, welche Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 18. März 199427 über die Krankenversicherung (KVG) bei ihrer Aufgabenerfüllung relevant sind.

27

SR 832.10

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Buchstabe h: Im Weiteren müssen die Fachpersonen das eigene Handeln aussagekräftig darstellen und dokumentieren können. Die Fähigkeit, qualitativ hochwertig, umfassend und nachvollziehbar zu informieren, stellt eine grundlegende Kompetenz dar. Führen Fachpersonen ihre Tätigkeit selbstständig aus, so müssen sie ihren Teil der interprofessionellen Versorgung qualitativ hochwertig dokumentieren können.

Sind sie in Delegation oder auf ärztliche Verschreibung tätig, müssen sie den verantwortliche Ärztin oder den verantwortlichen Arzt optimal informieren.

Buchstabe i: Überdies müssen die Fachpersonen mit den Methoden der wissenschaftlichen Forschung im Gesundheitsbereich und der wissenschaftlich abgestützten Praxis (Evidence Based Practice) vertraut sein und fähig sein, an Forschungen mitzuwirken. Vor dem Hintergrund der zunehmenden Bedeutung von chronischen Krankheiten, Demenzerkrankungen, Suchtverhalten und psychischen Störungen müssen Gesundheitsfachpersonen ihr Wissen zu therapeutischen Interventionen fortwährend aktualisieren. Dies setzt voraus, dass sie Fragestellungen aus ihrer Berufspraxis mittels wissenschaftlicher Erkenntnisse beantworten und Konsequenzen für ihre Praxis ableiten können.

Buchstabe j: Digitale Arbeitsinstrumente fördern die Verarbeitung der medizinischen Informationen und die Ableitung von wissenschaftlich abgestützten Massnahmen. Mit den E-Health-Anwendungen, die zur Unterstützung der bestehenden Versorgungsprozesse eingeführt wurden, können schnell auf die Patientendaten zugegriffen und eine effiziente Verwendung der Mittel sowie eine optimale Betreuung gewährleistet werden. Bei einer angemessenen Nutzung werden sich diese Werkzeuge positiv auf die Versorgungsqualität und die Kostenkontrolle auswirken.

Es ist deshalb wichtig, dass die Fachleute diese Anwendungen, ihre Funktionen und ihren Anwendungsbereich kennen.

Art. 4

Soziale und persönliche Kompetenzen

In Analogie zum MedBG wurde ein separater Artikel zu den sozialen und persönlichen Kompetenzen formuliert. Gesundheitsfachleute müssen sich menschlich, ethisch und persönlich angemessen verhalten können und über die entsprechenden Kommunikations- und Kooperationsfähigkeiten verfügen. Sie müssen interprofessionell zusammenarbeiten, sich anpassen, integrieren, einbinden und durchsetzen. Die Fachkräfte müssen Verantwortung tragen und Bildungs- und Führungsaufgaben übernehmen können, beispielsweise in Spitalstrukturen, Spitex-Organisationen, Geburtshäusern oder ambulanten Ergotherapie-Organisationen.

Buchstabe a: Damit Gesundheitsfachleute diese Anforderungen erfüllen können, müssen Absolventinnen und Absolventen eines Studiengangs im Bereich Gesundheit genauso wie medizinische Fachpersonen den ethischen Aspekt ihrer Berufstätigkeit verstehen und sich entsprechend verhalten können. Hierzu braucht es Studiengänge, die Studierende nicht nur für Werte und ethische Grundsätze sensibilisieren, sondern sie auch befähigen, ihre Verantwortung gegenüber Individuum, Gesellschaft und Umwelt wahrzunehmen. Verletzlichen Gruppen wie Migrantinnen und Migranten, Menschen mit Demenzerkrankungen und Menschen mit psychischen Störungen begegnen sie mit einer partizipativen Grundhaltung. Sie zeigen Einfühlungsvermögen und erfassen die Anliegen der betroffenen Menschen durch eine auf diese abgestimmte Kommunikation.

Buchstabe b: Auch an die Persönlichkeit der Gesundheitsfachleute werden hohe Anforderungen gestellt: Sie müssen bei Entscheidungen in Zusammenhang mit 8741

Kosten-Nutzen-Analysen, insbesondere beim Einsatz begrenzter Ressourcen, ihre ethische Verantwortung wahrnehmen. Schliesslich müssen sie selbstkritisch, lernfähig und in der Lage sein, sich ihr eigenes Urteil zu bilden. Diese Eigenschaften setzen eine gefestigte Identität und ein Bewusstsein voraus, die es ihnen ermöglichen, ihre eigenen Stärken und Schwächen sowie die Grenzen ihrer Tätigkeit zu erkennen und zu respektieren.

Buchstabe c: Im Weiteren müssen die Studierenden in der Ausbildung lernen, das Selbstbestimmungsrecht der zu behandelnden Personen zu wahren. Voraussetzung dafür ist, dass sie die Rechte der zu behandelnden Personen kennen. Kommt eine Gesundheitsfachperson bei einer Person mit psychischen oder kognitiven Beeinträchtigungen (z. B. Alzheimerpatientinnen und -patienten) zum Schluss, dass diese mit Bezug auf eine konkrete Behandlung urteilsunfähig ist, so findet eine allfällige Patientenverfügung oder die Vertretungsregelungen nach ZGB Anwendung.

Buchstabe d: Nach Abschluss der Ausbildung müssen sie zudem fähig sein, zu den zu behandelnden Personen und ihren Angehörigen eine angemessene professionelle Beziehung aufzubauen und sie entsprechend zu beraten.

Art. 5

Berufsspezifische Kompetenzen

Absatz 1: Der Bundesrat regelt unter Mitwirkung der Hochschulen (bzw. anderen Institutionen des Hochschulbereichs gemäss HFKG) und der Organisationen der Arbeitswelt die berufsspezifischen Kompetenzen. Der Begriff Organisationen der Arbeitswelt bezieht sich nicht ausschliesslich auf die Dachorganisation der Arbeitswelt Gesundheit (OdASanté), sondern auch auf betroffene Berufsverbände. Durch den Einbezug national tätiger Organisationen soll eine gesamtschweizerische Optik sichergestellt werden.

Praktisch bedeutet dies, dass auf Verordnungsebene für jeden im GesBG geregelten Studiengang die berufsspezifischen Kompetenzen festlegt werden. Die berufsspezifischen Kompetenzen vertiefen besondere Aspekte des Anforderungsprofils. Im Interesse von Systematik und Vergleichbarkeit sollen die berufsspezifischen Kompetenzen für alle Berufe soweit möglich analog strukturiert werden. Dadurch werden die Bezüge zwischen den verschiedenen Berufen des Gesundheitswesens klarer und verständlicher.

Die berufsspezifischen Kompetenzen konkretisieren die Hochschulen und die anderen Institutionen des Hochschulbereichs gemäss HFKG gemeinsam und unter Mitwirkung der Organisationen der Arbeitswelt. Ihre Aufgabe ist es ausserdem, die curriculare Umsetzung der in den Artikeln 3­5 festgelegten Kompetenzen sowie der operationalisierten Kompetenzen in den entsprechenden Studiengängen sicherzustellen.

Absatz 2: Die Verordnung zu den berufsspezifischen Kompetenzen wird periodisch überprüft und an die Entwicklungen in den Gesundheitsberufen angepasst. Die Federführung der Überprüfung obliegt dem BAG unter Einbezug des SBFI. Die inhaltliche Überprüfung erfolgt durch die Hochschulen (bzw. andere Institutionen des Hochschulbereichs gemäss HFKG) unter Einbezug der Organisationen der Arbeitswelt.

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3. Kapitel: Akkreditierung der Studiengänge nach Art. 2 Abs. 2 Bst. a Im GesBG ist eine obligatorische Akkreditierung der Studiengänge vorgesehen.

Damit soll sichergestellt werden, dass die Studiengänge zum Erwerb der im GesBG festgelegten Kompetenzen führen. Die Akkreditierung ist ein grundlegendes Instrument zur Qualitätssicherung an den Hochschulen. Sie ist ein formales und transparentes Verfahren, das regelmässig durchgeführt wird zur Überprüfung von Mindestanforderungen an die Qualität anhand von definierten Kriterien. Im Unterschied zum MedBG sieht das GesBG keine eidgenössischen Schlussprüfungen vor. Damit fehlt eine individuelle Ebene bei der Überprüfung der Kompetenzerreichung. Zentral für den Schutz der öffentlichen Gesundheit ist daher die auf Studiengangsebene angesiedelte Programmakkreditierung gemäss GesBG.

Artikel 63a Absatz 3 BV beauftragt Bund und Kantone, dafür zu sorgen, dass die Qualitätssicherung im schweizerischen Hochschulwesen gewährleistet ist. Das Ineinandergreifen von Gesamtkoordination und Trägerzuständigkeit beziehungsweise Hochschulautonomie kommt in den Bestimmungen des HFKG über die Qualitätssicherung und Akkreditierung besonders zum Ausdruck. Während die Hochschulen für die eigentliche Qualitätssicherung zuständig sind (Art. 27 HFKG), müssen Bund und Kantone über den Erlass von Akkreditierungsrichtlinien (Art. 30 Abs. 2 HFKG) gemeinsam dafür sorgen, dass die Hochschulen eigene Qualitätssicherungssysteme einrichten und dass die Qualitätssicherung nach gemeinsamen nationalen Kriterien und internationalen Standards wirksam stattfindet (Art. 32 HFKG).

Mit der Einführung einer obligatorischen institutionellen Akkreditierung berücksichtigt das HFKG den Grundsatz der Verhältnismässigkeit: Institutionelle Akkreditierungen sind geeignet, das angestrebte Ziel der Gewährleistung der Qualität zu erreichen. Im Rahmen der institutionellen Akkreditierung wird geprüft, ob das Qualitätssicherungssystem der Hochschule Gewähr für die Erfüllung hochschulpolitischer Minimalanforderungen bietet (Art. 30 Abs. 1 HFKG). Dazu gehören insbesondere eine hohe Qualität von Lehre, Forschung und Dienstleistung, eine entsprechende Qualifikation des Personals sowie eine leistungsfähige Hochschulorganisation und -leitung. Als «Universität» oder «Fachhochschule» werden nur die Hochschulen akkreditiert,
die in mehreren Disziplinen oder Fachbereichen Lehre, Forschung und Dienstleistung anbieten. Zudem müssen Hochschulen und ihre Träger auch Gewähr dafür bieten, dass sie auf Dauer betrieben werden können.

Das HFKG knüpft an die institutionelle Akkreditierung wichtige Folgen (Art. 28 Abs. 2 HFKG): Sie ist Voraussetzung für das Recht zur Führung der Bezeichnungen Universität oder Fachhochschule oder Verbindungen damit (Art. 29 HFKG). Sie ist zudem eine notwendige Voraussetzung, die öffentlich-rechtliche Hochschulinstitutionen erfüllen müssen, damit sie als beitragsberechtigt anerkannt werden und Zugang zu Bundesbeiträgen (Art. 45 Abs. 1 Bst. a und Abs. 2 Bst. a HFKG) und im Ergebnis auch zu interkantonalen Beiträgen kommen. Sämtliche heute bestehenden kantonalen Universitäten und Fachhochschulen unterstehen der Akkreditierungspflicht. Private Hochschulen und Institutionen des Hochschulbereichs müssen sich dann einer institutionellen Akkreditierung unterziehen, wenn sie vom erwähnten Bezeichnungsrecht Gebrauch machen wollen oder ­ im Hinblick auf die internationale Anerkennung ­ eine Akkreditierung ihrer Institution durch ein staatliches Organ benötigen.

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Das HFKG sieht für die Hochschulen die Möglichkeit von freiwilligen Programmakkreditierungen für Studienprogramme vor (Art. 28 Abs. 3 und 31 HFKG).

Diese beschränken sich auf die Prüfung der Einhaltung hoher Qualitätsstandards, die im Rahmen von Akkreditierungsrichtlinien konkretisiert werden. Programmakkreditierungen nach diesem Gesetz können nur von Hochschulen und Institutionen des Hochschulbereichs beantragt werden, die über eine institutionelle Akkreditierung verfügen.

Die inhaltlichen Voraussetzungen für die obligatorische Programmakkreditierung nach GesBG sind in Artikel 7 festgelegt. Das Verfahren, die Geltungsdauer sowie die Gebühren der Akkreditierung richten sich nach dem HFKG (vgl. Art. 8). Die Programmakkreditierung nach GesBG verlangt neben den Voraussetzungen und Massstäben des HFKG (z. B. Akkreditierungsrichtlinien des Hochschulrates) weitere Voraussetzungen (vgl. Art. 7). Mit der Programmakkreditierung gemäss GesBG wird insbesondere sichergestellt, dass der Studiengang den Studierenden die Kompetenzen nach diesem Gesetz (Art. 3­5) vermittelt und dass er überprüft, ob die Studierenden diese Kompetenzen erreicht haben. Damit die Programmakkreditierung ihre Wirksamkeit entfalten kann, müssen die berufsspezifischen Kompetenzen operationalisiert und mit Akkreditierungsstandards ergänzt werden.

Art. 6

Akkreditierungspflicht

Studiengänge, die vom Regelungsbereich dieses Gesetzes erfasst sind, müssen gemäss Absatz 1 akkreditiert werden. Die Akkreditierungspflicht gilt somit für alle Studiengänge gemäss Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe a, die von institutionell akkreditierten Institutionen angeboten werden (öffentlich-rechtliche oder private Institutionen). Die Akkreditierung dient dazu zu prüfen, ob die Standards in der inhaltlichen und strukturellen Gestaltung von Studiengängen eingehalten werden und ob die Studierenden die für die Berufsausübung notwendigen Kompetenzen nach diesem Gesetz erreichen. Die Programmakkreditierung ist bis zum Studienabschluss der ersten Kohorte von Studierenden durchzuführen. Falls eine Hochschule bei Inkrafttreten des GesBG bereits einen entsprechenden Studiengang anbietet, gilt für sie die Übergangsbestimmung von Artikel 32 Absatz 4.

Absatz 2 legt die Frist fest, innerhalb der ein neu angebotener Studiengang akkreditiert werden muss, wenn die anbietende Institution noch nicht institutionell akkreditiert ist. Jede anbietende Institution muss nach Artikel 7 Buchstabe a des vorliegenden Entwurfs beziehungsweise nach Artikel 28 Absatz 2 HFKG zuerst eine institutionelle Akkreditierung durchlaufen, bevor eine Programmakkreditierung gestartet werden kann (Art. 32 Abs. 5 enthält eine Übergangsbestimmung für Hochschulen, die bereits unter altem Recht als beitragsberechtigt anerkannt waren). Wird ein Studiengang von einer bisher noch nicht institutionell akkreditierten Institution neu angeboten, so benötigt diese während des Studiums der ersten Kohorte Zeit für die institutionelle Akkreditierung. Sobald diese erreicht ist, hat innert der einjährigen Frist die Programmakkreditierung zu erfolgen, so dass bereits die zweite Kohorte einen akkreditierten Studiengang absolviert.

Art. 7

Voraussetzungen für die Akkreditierung

Die Programmakkreditierung legt den Akzent auf die inhaltlich-qualitative Prüfung unter Berücksichtigung der Anforderungen des Gesundheits- und Patientenschutzes nach GesBG sowie den allgemeinen Anforderungen nach HFKG. Die Programmak8744

kreditierung setzt die institutionelle Akkreditierung der Hochschule gemäss Artikel 30 HFKG voraus (Bst. a). Der Studiengang muss sodann die Voraussetzungen von Artikel 31 HFKG erfüllen, das heisst die hohe Qualität der Lehre sowie den Abschluss des Studienprogramms gewährleisten (Bst. b). Weiter wird bei der Akkreditierung geprüft, ob der Studiengang den Studierenden die Kompetenzen nach diesem Gesetz (Art. 3­5) vermittelt und überprüft, ob die Studierenden diese Kompetenzen erreicht haben (Bst. c). Der Bundesrat kann gestützt auf Artikel 30 die Bestimmung von Artikel 7 Buchstabe c konkretisieren und insbesondere Akkreditierungsstandards erlassen. Diese Akkreditierungsstandards können beispielsweise die Zusammensetzung der Gutachtergruppe betreffen oder Kriterien festlegen, anhand deren die Erreichung der berufsspezifischen Kompetenzen und ihrer Konkretisierung überprüft wird. Der Bundesrat bezieht dabei vorgängig den Hochschulrat, den Schweizerischen Akkreditierungsrat und die betroffenen Bundesämter (namentlich BAG und SBFI) mit ein.

Art. 8

Verfahren, Geltungsdauer und Gebühren der Akkreditierung

Das Akkreditierungsverfahren sowie die Geltungsdauer und Gebühren der Akkreditierung richten sich nach den Artikeln 32­35 HFKG sowie nach den Richtlinien des Hochschulrates vom 28. Mai 2015 für die Akkreditierung im Hochschulbereich28.

Das Verfahren wird somit von der Schweizerischen Agentur für Akkreditierung und Qualitätssicherung (Schweizerischen Akkreditierungsagentur) oder einer anderen vom Schweizerischen Akkreditierungsrat anerkannten Agentur durchgeführt, welche einen Antrag an den Schweizerischen Akkreditierungsrat stellt, der gestützt darauf den Akkreditierungsentscheid fällt. Die Geltungsdauer der Akkreditierung wird vom Hochschulrat (Art. 34 HFKG) bestimmt. Die Finanzierung des Akkreditierungsverfahrens erfolgt über grundsätzlich kostendeckende Gebühren (Art. 35 HFKG), hierzu massgebend ist das Gebührenreglement des Akkreditierungsrates vom 12. März 201529.

Art. 9

Massnahmen bei Nichteinhalten der Akkreditierungspflicht

Die Qualität der Ausbildung in den Gesundheitsberufen wird im GesBG durch die Programmakkreditierung gewährleistet. Es ist deshalb zentral, dass die Pflicht zur Programmakkreditierung durchgesetzt wird, sollte sich eine anbietende Institution nicht daran halten. Der vorliegende Artikel sieht Massnahmen vor, die die kantonalen Behörden gegenüber einer säumigen Institution ergreifen können. Zuständig sind die Behörden des Kantons, in dem die anbietende Institution ihren Sitz hat. Damit ist sichergestellt, dass auch bei einer Hochschule mit mehreren Trägerkantonen oder bei einer privaten Hochschule eine eindeutige Zuständigkeit besteht. Der Betrag nach Buchstabe c ist so zu bemessen, dass er die Kosten einer Programmakkreditierung übersteigt. Es steht den Kantonen ausserdem frei, ihre allfälligen finanziellen Beiträge an die öffentlichen Bildungsinstitutionen von der Einhaltung der Pflichten nach GesBG abhängig zu machen. Mit diesen Massnahmen ist gewährleistet, dass von institutionell akkreditierten Institutionen (nach Ablauf der Übergangsfristen) nur akkreditierte Studiengänge angeboten werden.

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SR 414.205.3 www.akkredititierungsrat.ch > Akkreditierungsrat > Downloads (9.9.2015)

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4. Kapitel: Anerkennung ausländischer Bildungsabschlüsse Art. 10 Absatz 1 besagt, dass ausländische Bildungsabschlüsse anerkannt werden, sofern die Gleichwertigkeit mit einem inländischen Bildungsabschluss in einem Vertrag über die gegenseitige Anerkennung mit dem betreffenden Staat oder einer überstaatlichen Organisation vorgesehen ist (Bst. a) oder die Gleichwertigkeit im Einzelfall nachgewiesen werden kann (Bst. b).

Das Abkommen vom 21. Juni 199930 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit (FZA) und das Übereinkommen vom 4. Januar 196031 zur Errichtung der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA) sind Verträge im Sinne von Buchstabe a. Beide verweisen auf die Richtlinie 2005/36/EG32 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen. Diese sieht die automatische Anerkennung der in einem EU/EFTA-Mitgliedstaat erworbenen Qualifikation von Krankenschwestern und Krankenpflegern für allgemeine Pflege und für Hebammen vor, das heisst die direkte Aufnahme der beruflichen Tätigkeit. Die anderen im GesBG geregelten Gesundheitsberufe sind dem sogenannten allgemeinen Anerkennungssystem unterstellt, das einen Vergleich der Ausbildungsinhalte im Einzelfall ermöglicht.

Die Anerkennung des ausländischen Abschlusses erfolgt in beiden Fällen auf Gesuch hin. Buchstabe b erfasst Bildungsabschlüsse aus Drittstaaten. Der Bundesrat kann gemäss Absatz 4 die Anerkennung von Ausgleichsmassnahmen abhängig machen. Der Bundesrat wird die entsprechenden Modalitäten in Analogie zum HFKG und zum BBG regeln.

Anerkannte ausländische Bildungsabschlüsse sind in ihrer Wirkung den entsprechenden inländischen Bildungsabschlüssen gleichgestellt (Abs. 2), mit Ausnahme des Führens eines inländischen Titels. Sie erfüllen insbesondere die Bewilligungsvoraussetzung gemäss Artikel 12 Absatz 1 Buchstabe a. Der Bundesrat regelt die Anerkennung ausländischer Abschlüsse. Er kann Dritte damit beauftragen, die für ihre Leistungen Gebühren erheben können (Abs. 3). Heute ist die Anerkennung der ausländischen Bildungsabschlüsse mittels eines Dienstleistungsvertrages dem SRK übertragen. Der Bundesrat regelt die Gebühren (Abs. 3).

5. Kapitel: Berufsausübung in eigener fachlicher Verantwortung 1. Abschnitt: Berufsausübung Art. 11

Bewilligungspflicht

Die Berufsausübung in eigener fachlicher Verantwortung ist für die Gesundheitsberufe nach diesem Gesetz bewilligungspflichtig. Zuständig für die Erteilung und die Überwachung der entsprechenden Berufsausübungsbewilligungen ist derjenige Kanton, auf dessen Gebiet die Tätigkeit ausgeübt werden soll.

30 31 32

SR 0.142.112.681 SR 0.632.31 ABl. L 255 vom 30.9.2005, S. 22

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Der Begriff «Berufsausübung in eigener fachlicher Verantwortung» umfasst sowohl die unselbstständige (Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eines öffentlichen oder privaten Unternehmens) als auch die selbstständige Ausübung, und zwar sowohl im Nebenerwerb als auch im Haupterwerb, solange diese in eigener fachlicher Verantwortung beziehungsweise nicht unter der Aufsicht einer Angehörigen oder eines Angehörigen desselben Berufs geschieht. Bei den in eigener fachlicher Verantwortung tätigen Personen handelt es sich also um die selbstständig, beispielsweise in einer eigenen Praxis tätigen Gesundheitsfachpersonen, gleichzeitig aber auch um angestellte Führungskräfte, welche die fachliche Verantwortung für die korrekte Berufsausübung der ihnen unterstellten Mitarbeitenden tragen, und um angestellte Fachkräfte, die ihre Tätigkeit alleine ausüben und keiner fachlichen Aufsicht unterstehen. So wären zum Beispiel eine Person, die den Pflegedienst eines Spitals, einer Klinik oder einer Abteilung leitet, und eine in einer ärztlichen Gruppenpraxis als einzige Physiotherapeutin tätige Person bewilligungspflichtig, da sie nicht unter fachlicher Aufsicht stehen. Damit soll gewährleistet werden, dass die Verantwortung für eine Behandlung bei einer entsprechend ausgebildeten Fachperson liegt.

Artikel 117a Absatz 2 Buchstabe a BV verleiht dem Bund die umfassende Kompetenz zur Regelung der Anforderungen an die Berufsausübung aller Berufe der medizinischen Grundversorgung, unabhängig von der Form der Berufsausübung.

Gestützt darauf werden auch Personen erfasst, die in kantonalen Institutionen nicht privatwirtschaftlich tätig sind. Die Bewilligungspflicht für alle in eigener fachlicher Verantwortung tätigen Personen ist gerechtfertigt durch das Interesse der Patientensicherheit. Das einer medizinischen Dienstleistung inhärente Gefährdungspotenzial besteht unabhängig von der Rechtsnatur des Arbeitsverhältnisses (privatrechtlich, öffentlich-rechtlich). Deshalb sieht Artikel 11 zur Gewährleistung der Patientensicherheit eine einheitliche Bewilligungspflicht für die Ausübung in eigener fachlicher Verantwortung vor. Bei einer Person, die unter fachlicher Aufsicht einer entsprechenden Fachperson tätig ist, ist hingegen davon auszugehen, dass diese Kontrolle ausreicht, um die Patientensicherheit und die Qualität der Leistungen
zu gewährleisten, sodass eine Bewilligung nicht nötig ist. Die Bewilligungspflicht für die Ausübung einer privatwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit stellt einen schweren Eingriff in die Wirtschaftsfreiheit dar, der nur so weit gehen darf, wie es zum Schutz der öffentlichen Gesundheit und des Patientenschutzes notwendig ist. Die Beschränkung der Bewilligungspflicht auf die Tätigkeit in eigener fachlicher Verantwortung ergibt sich somit aus dem Verhältnismässigkeitsprinzip.

Für die Berufe, die dem Entwurf des GesBG unterstellt sind und deren Ausübung in eigener fachlicher Verantwortung der Bund regelt, können die Kantone keine abweichende Regelung vorsehen. Es steht ihnen aber frei, weitere Berufe oder, wenn sie es als notwendig und verhältnismässig erachten, auch die Ausübung unter fachlicher Aufsicht zu regeln.

Art. 12

Bewilligungsvoraussetzungen

In Absatz 1 werden fachliche und persönliche Voraussetzungen für die Berufsausübung in eigener fachlicher Verantwortung verankert. Ist eine dieser Voraussetzungen nicht erfüllt, so ist die Bewilligung zu verweigern. Sowohl die fachlichen wie auch die persönlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Berufsausübungsbewilligung werden durch das GesBG für die davon erfassten Gesundheitsberufe abschliessend auf Bundesebene geregelt, das heisst, die Kantone dürfen keine weiteren Bewilligungsvoraussetzungen vorsehen.

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Gemäss Buchstabe a muss eine Gesuchstellerin oder ein Gesuchsteller als Grundvoraussetzung über den entsprechenden Bildungsabschluss gemäss Absatz 2 oder über einen anerkannten ausländischen Bildungsabschluss verfügen.

Als persönliche Voraussetzung wird nach Buchstabe b verlangt, dass die betreffende Person vertrauenswürdig ist. Es ist dem zuständigen Kanton überlassen, wie er diese Voraussetzung prüfen will. Er kann beispielsweise ein Leumundszeugnis, einen Straf- und/oder einen Betreibungsregisterauszug verlangen. An die Vertrauenswürdigkeit im Sinne von Buchstabe b sind hohe Anforderungen zu stellen (vgl. auch die Rechtsprechung im vergleichbaren Bereich des MedBG). 33 So ist nicht nur das Verhalten innerhalb, sondern auch dasjenige ausserhalb der Berufstätigkeit massgebend.34 Die Vertrauenswürdigkeit bezieht sich zudem sowohl auf das Verhältnis der Gesuchsteller zu den zu behandelnden Personen als auch zu den Behörden.35 Zudem muss die Person physisch und psychisch Gewähr für eine einwandfreie Berufsausübung bieten, was mit einem entsprechenden Arztzeugnis belegt werden kann.

Schliesslich kontrolliert die Aufsichtsbehörde, ob die gesuchstellende Person eine Amtssprache ihres Kantons beherrscht (Bst. c). Dabei wird sie den Grundsatz der Verhältnismässigkeit beachten müssen. Orientieren kann sie sich am europäischen Referenzrahmen für Sprachen.36 Angemessen erscheint etwa der Nachweis von Sprachkenntnissen im Bereich Niveau B 2 (selbstständige Sprachverwendung).

Absatz 2 zählt die für die jeweiligen Gesundheitsfachpersonen notwendigen Bildungsabschlüsse auf. Buchstabe a zählt die verschiedenen berufsbefähigenden Bildungsabschlüsse für Pflegefachfrauen und -männer auf. Die geltenden kantonalen Regelungen kennen nur eine allgemeine kantonale Berufsausübungsbewilligung «Pflege», die nicht nach Bildungsgang unterscheidet. Sie stellen FH-Absolventinnen und FH-Absolventen und HF-Absolventinnen und HF-Absolventen in Bezug auf die Berufsausübung gleich. Die Kompetenzen der Absolventinnen und Absolventen der HF- und FH-Studiengänge im Bereich Pflege sind bezüglich der patientenbezogenen Arbeit im Alltag weitgehend vergleichbar. In der Kernrolle als Fachpersonen in der Pflege sind die Unterschiede geringfügig. 37 Die Regelung im Entwurf GesBG trägt der Vergleichbarkeit der Abschlüsse Rechnung. Für den
Beruf Pflegefachfrau und -mann wird die Berufsausübungsbewilligung deshalb auch Personen erteilt, die über ein Diplom eines eidgenössisch anerkannten Bildungsganges der Fachrichtung Pflege einer höheren Fachschule verfügen. Auch der auf universitärer Ebene erworbene Bachelor of Science in Pflege UH entspricht den Voraussetzungen von Absatz 1 Buchstabe a.

Für die Physiotherapeutinnen und -therapeuten, Ergotherapeutinnen und -therapeuten, Ernährungsberaterinnen und -berater, Hebammen sowie Optometristinnen und Optometristen (Bst. b­f) ist der erforderliche Bildungsabschluss der Bachelor of Sience FH im entsprechenden Fachgebiet. Entsprechende Bildungsabschlüsse nach

33 34 35 36 37

BGer 2P.231/2006 vom 10.1.2007 E. 9.2; 2C_68/2009 vom 14. 7. 2009 E. 2.3 BGer 2C_165/2011 vom 24.6.2011 E. 6.3; BGer 2C_860/2010 vom 2.3.2011 E. 3.2.3 BGer 2C_389/2012 vom 12.11.2012 E. 7.1; BGer 2C_57/2010 vom 4.12.2010 E. 5.3 vgl. Gemeinsamer Europäischer Referenzrahmen für Sprachen: Lernen, lehren, beurteilen (kurz: Europäischer Referenzrahmen); verfügbar unter: www.sprachenportfolio.ch.

Cécile Ledergerber, Jacques Mondoux, Beat Sottas (25.6.2009): Projekt Abschlusskompetenzen FH-Gesundheitsberufe, Abschlussbericht; verfügbar unter: www.swissuniversities.ch > Publikationen > Kammer Fachhochschulen > Best Practices > Gesundheitsberufe FH (Stand: 2.6.2015).

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bisherigem Recht sind für die Erteilung der Berufsausübungsbewilligung gleichgestellt (vgl. Art. 32 Abs. 3).

Buchstabe g regelt die Voraussetzungen an die Berufsausübungsbewilligung für Osteopathinnen und Osteopathen. In der Osteopathie ist im Unterschied zu den oben genannten Berufen ein inländischer oder ein anerkannter ausländischer Masterabschluss berufsqualifizierend.

Zahlreiche Kantone verlangen heute für die Bewilligung zur (je nach Sprachgebrauch) fachlich eigenverantwortlichen oder selbstständigen Berufsausübung eine zweijährige Berufspraxis nach Abschluss der Ausbildung. Im Gegensatz dazu setzt der Entwurf des GesBG für die Berufsausübung in eigener fachlicher Verantwortung keine zweijährige Berufspraxis voraus. Der Grund liegt in der Übernahme der Richtlinie 2005/36/EG38 der EU über die Anerkennung von Berufsqualifikationen durch die Schweiz im Rahmen des FZA und des EFTA-Übereinkommens. Diese Richtlinie findet auf alle reglementierten Berufe Anwendung und regelt die Anerkennung von Bildungsabschlüssen (automatische Anerkennung und allgemeine Regelung für die Anerkennung mit Einzelfallprüfung, vgl. Ziff. 1.6.2 sowie Erläuterungen zu Art. 10 Abs. 1 Bst. a und Abs. 2 GesBG). Wird ein Abschluss anerkannt, so ist dessen Inhaberin oder Inhaber gemäss Artikel 4 der Richtlinie berechtigt zur Berufsausübung unter denselben Voraussetzungen wie Inländerinnen und Inländer. Dabei dürfen vom Aufnahmestaat bei den der automatischen Anerkennung unterstehenden Abschlüssen keine zusätzlichen Ausbildungen, Praktika oder Berufserfahrung verlangt werden.39 Verlangte der Entwurf des GesBG als Voraussetzung zur Berufsausübung eine zweijährige Berufserfahrung, so dürfte diese Bestimmung nicht auf die Inhaberinnen und Inhaber von anerkannten ausländischen Abschlüssen angewendet werden. Damit wäre diese Anforderung nur auf Inhaberinnen und Inhaber von inländischen Bildungsabschlüssen anwendbar. Dies würde zu einer Inländerdiskriminierung führen und wäre nicht verfassungskonform.

Unabhängig von den Voraussetzungen für die Berufsausübungsbewilligung kann jedoch die Kassenzulassung gemäss Artikel 55 der Richtlinie 2005/36/EG40 für die im Entwurf des GesBG geregelten Berufe vom Vorliegen von Berufserfahrung abhängig gemacht werden. Die zweijährige Berufspraxis unter Aufsicht (Art. 45, 46­49 und 50a KVV)41 als
Voraussetzung für die Kassenzulassung ist demnach mit der Richtlinie 2005/36/EG vereinbar. Es ist also weiterhin möglich, von Gesundheitsfachleuten mit einem anerkannten ausländischen Bildungsabschluss für die Kassenzulassung zwei Jahre Berufspraxis zu verlangen. Die Berufsausübung in eigener fachlicher Verantwortung ist deshalb faktisch wenig attraktiv für Personen, die nicht über eine zweijährige Berufserfahrung und somit über keine Kassenzulassung verfügen.

Im Sinne des Binnenmarktprinzips und als Folge der Vereinheitlichung der Bewilligungsvoraussetzungen auf Bundesebene ist davon auszugehen, dass jede Person, die bereits über eine Bewilligung zur Berufsausübung in eigener fachlicher Verantwortung eines Kantons verfügt, grundsätzlich die Voraussetzungen zur Bewilligungser38 39

40 41

ABl. L 255 vom 30.9.2005, S. 22 Koordinatorengruppe auf dem Gebiet der Anerkennung der Berufsqualifikationen (3.3.2008): Richtlinie 2005/36/EG ­ Erläuterungen zur Funktionsweise der sektoralen Regelungen ­ Grundsätze/Begriffe, Brüssel, Punkt 5.

ABl. L 255 vom 30.9.2005, S. 22 SR 832.102

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teilung in einem anderen Kanton erfüllt (Abs. 3). In der Regel erteilt also ein Kanton einer Person, die bereits über eine Berufsausübungsbewilligung in einem anderen Kanton gemäss diesem Gesetzesentwurf verfügt, eine entsprechende Bewilligung.

Ausnahmsweise können die Bewilligungsvoraussetzungen seit der Erteilung der ersten Berufsausübungsbewilligung weggefallen sein; beispielsweise könnte aufgrund einer zwischenzeitlichen schweren Erkrankung der antragstellenden Person die Voraussetzungen für eine einwandfreie Berufsausübung nicht mehr gegeben sein. In einem solchen Fall müsste die Bewilligungserteilung verweigert werden. Da der Kanton als Bewilligungsvoraussetzung die Beherrschung einer seiner Amtssprachen überprüft, kann bei deren Fehlen die Bewilligungserteilung zur Berufsausübung in eigener fachlicher Verantwortung vorübergehend, das heisst bis zum Erwerb der erforderlichen Sprachkenntnisse, verweigert werden (z. B. wenn der Wechsel von einem deutschsprachigen in einen französischsprachigen Kanton erfolgt). Zu beachten ist, dass eine Person, die bereits über eine kantonale Bewilligung verfügt und in einem anderen Kanton tätig werden will, nach dem Binnenmarktgesetz vom 6. Oktober 199542 (BGBM) Anspruch auf ein einfaches, rasches und kostenloses Bewilligungsverfahren (Art. 3 Abs. 4 BGBM).

Art. 13

Einschränkung der Bewilligung und Auflagen

Zur Sicherung einer allen zugänglichen Versorgung von hoher Qualität können die Kantone eine eingeschränkte Bewilligung erteilen. Zulässig sind fachliche Einschränkungen beispielsweise auf einen bestimmten Bereich oder eine bestimmte Tätigkeit eines Gesundheitsberufs, zeitliche Beschränkungen, insbesondere die Befristung der Bewilligung, oder räumliche Einschränkungen zum Beispiel auf eine bestimmte Gemeinde. Ein Kanton hat zum Beispiel die Möglichkeit, einer Hebamme eine Bewilligung zur Berufsausübung in eigener fachlicher Verantwortung zu erteilen, die geografisch auf eine Bergregion oder Randregion mit schwierigem Zugang zu einem Spital oder Geburtshaus beschränkt oder in der die Dichte der praktizierenden Hebammen so niedrig ist, dass die Qualität und die Sicherheit der Versorgung nicht gewährleistet wären. Zudem können die Kantone die Bewilligungen mit Auflagen verbinden. Die Auflagen können namentlich Räumlichkeiten oder die Ausstattung einer Praxis betreffen.

Die Bestimmungen des GesBG betreffend die Möglichkeiten, die Bewilligung einzuschränken oder mit Auflagen zu verbinden, sind im Verhältnis zum BGBM als Lex specialis zu betrachten. Die Sicherung einer qualitativ hochstehenden und zuverlässigen Gesundheitsversorgung stellt dabei das einzig zulässige überwiegende öffentliche Interesse dar, mit welchem gemäss Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe b BGBM eine Einschränkung der Bewilligung beziehungsweise eine Auflage zu begründen ist. In zweiter Linie kommen sodann die weiteren Voraussetzungen nach Artikel 3 BGBM zur Anwendung, weshalb eine kantonale Einschränkung bzw.

Auflage sowohl gleichermassen für ortsansässige Personen gelten muss, als auch den Grundsatz der Verhältnismässigkeit zu beachten hat.43

42 43

SR 943.02 BGE 134 II 329, E. 5.4

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Art. 14

Entzug der Bewilligung

Absatz 1: Beim nachträglichen administrativen Entzug einer Bewilligung finden die allgemeinen Grundsätze des Verwaltungsrechts Anwendung, insbesondere das Verhältnismässigkeitsprinzip und die Gewährung des rechtlichen Gehörs. Das bedeutet, dass die Bewilligung nur entzogen werden darf, wenn es keine mildere Massnahme wie die Einschränkung der Bewilligung oder das Verfügen von Auflagen gibt. Ein Entzug gilt nur für den Kanton, in dem er verfügt wurde, und kann nach Wegfallen des Entzugsgrundes wieder aufgehoben werden. Er ist nicht gleichzusetzen mit einem disziplinarrechtlichen Berufsausübungsverbot, das in der gesamten Schweiz gilt.

Absatz 2 sieht einen Informationsaustausch zwischen den betroffenen Kantonen im Falle eines Bewilligungsentzugs vor. Wird einer Gesundheitsfachperson, die auch eine Bewilligung in einem anderen Kanton besitzt, die Bewilligung entzogen, so informiert die entziehende Behörde die Aufsichtsbehörde des anderen Bewilligungskantons.

Art. 15

Meldepflicht

Gemäss Absatz 1 dürfen Personen mit im Ausland erworbenen Berufsqualifikationen, die sich auf Anhang III des FZA vom 21. Juni 199944 oder auf Anhang K des EFTA-Übereinkommens vom 4. Januar 196045 berufen können, ihren Gesundheitsberuf nach diesem Gesetz ohne Bewilligung in eigener fachlicher Verantwortung als Dienstleistungserbringerin oder Dienstleistungserbringer während höchstens 90 Arbeitstagen pro Kalenderjahr in der Schweiz ausüben.

Die Schweiz kann eine Meldepflicht vorsehen. Die Schweiz nutzt in den reglementierten Gesundheitsberufen mit dem vorliegenden Gesetzesentwurf diese Möglichkeit und statuiert eine Meldepflicht (Abs. 1). Die Meldepflicht besteht für Personen, die den reglementierten Beruf in eigener fachlicher Verantwortung ausüben wollen.

Das entsprechende Meldeverfahren ist im BGMD und der dazugehörigen Verordnung festgelegt. Nach Artikel 1 Absatz 3 BGMD bestimmt der Bundesrat, welche reglementierten Berufe einer Meldepflicht unterliegen.

Absatz 2 ermöglicht Inhaberinnen und Inhabern einer kantonalen Berufsausübungsbewilligung, ihren Beruf während höchstens 90 Tagen pro Kalenderjahr in einem anderen Kanton auszuüben. Hierzu genügt eine entsprechende Meldung bei der zuständigen kantonalen Behörde. Einschränkungen und Auflagen der erteilten Bewilligung gelten auch für diese Tätigkeit. Dauert die Tätigkeit länger als 90 Tage pro Kalenderjahr, so muss eine Bewilligung des jeweiligen Kantons eingeholt werden. Diese Bestimmung soll die Umgehung von Auflagen und Einschränkungen durch die Ausübung der Gesundheitsberufe in einem anderen Kanton verhindern.

Die jeweils zuständigen kantonalen Behörden tragen die Meldung gemäss Absatz 1 und 2 im Register ein.

Art. 16

Berufspflichten

In den Kantonen sind die Berufspflichten heute unterschiedlich geregelt. Ein Aspekt kann in bestimmten Kantonen als Voraussetzung für die Bewilligungserteilung, in 44 45

SR 0.142.112.681 SR 0.632.31

8751

anderen wiederum als Berufspflicht ausgestaltet sein. Im vorliegenden Entwurf wurde bei der Definition der Berufspflichten sowohl den bisherigen kantonalen Regelungen, dem Wunsch nach einer gewissen Kohärenz mit den Berufspflichten der universitären Medizinalberufe sowie allfälligen besonderen Bedürfnissen der diesem Gesetz unterstellten Gesundheitsberufe Rechnung getragen. Die Berufspflichten von Artikel 16 gelten für Personen, die einen nach diesem Gesetz bewilligungspflichtigen Gesundheitsberuf in eigener fachlicher Verantwortung ausüben.

Die Aufzählung ist abschliessend.

Buchstabe a: Die Pflicht zur sorgfältigen und gewissenhaften Berufsausübung gehört ausdrücklich zu den Berufspflichten der universitären Medizinalberufe (Art. 40 Bst. a MedBG), ist aber bisher nur in einer Minderheit der geltenden kantonalen Regelungen für die Berufe gemäss GesBG enthalten. Sie ist die Voraussetzung für die eigenverantwortliche Berufsausübung und fördert die koordinierte Versorgung, die Patientensicherheit sowie die Qualität der Leistungen. Damit auf lokale Gegebenheiten Rücksicht genommen werden kann, kann diese Generalklausel weiterhin durch die Kantone konkretisiert werden.

Buchstabe b: Bisher waren künftig dem GesBG unterstehende Personen mit einer kantonalen Berufsausübungsbewilligung in den meisten Kantonen (16 von 26) verpflichtet, ihre allgemeinen und berufsspezifischen Kompetenzen kontinuierlich zu vertiefen und zu erweitern. In fünf der 16 Kantone wird diese Pflicht auch den Gesundheitsfachleuten ohne Berufsausübungsbewilligung auferlegt. In einem Kanton gilt die Pflicht nur für Hebammen mit einer Bewilligung zur Berufsausübung.

Neun Kantone sehen diesbezüglich keine Vorschriften vor. Die Vereinheitlichung einer solchen Voraussetzung auf Bundesebene liegt somit auf der Hand.

Die Anforderungen an das lebenslange Lernen wie Inhalt und jährliche Mindestdauer sind bewusst nicht im GesBG geregelt. Sie sollen Gegenstand allfälliger kantonaler oder berufsverbandlicher Regelungen sein.

Buchstabe c: Die Respektierung der Grenzen der während des Studiums erworbenen sowie der durch lebenslanges Lernen angeeigneten Kompetenzen erhält bei Personen, die in eigener fachlicher Verantwortung tätig sind, eine besondere Relevanz. Es ist äusserst wichtig, dass diese Fachleute die eigenen Kenntnisse, Fertigkeiten
und Fähigkeiten im konkreten Anwendungsfall korrekt einschätzen und anwenden können.

Buchstabe d: Im Vordergrund steht das Selbstbestimmungsrecht der Patientinnen und Patienten. Diese haben einen Anspruch auf Aufklärung. Nur wenn die zu behandelnden Personen über alle notwendigen Informationen zu einer vorgeschlagenen Behandlung verfügen, sind sie in der Lage, dieser Behandlung aus freiem Willen zuzustimmen oder sie abzulehnen. Bei Menschen mit eingeschränkter Urteilsfähigkeit muss unter Einbezug weiterer Informationen wie der Biografie und der Angehörigen eine Abwägung zwischen dem Selbstbestimmungsrecht und dem Risiko einer Selbst- oder Fremdgefährdung erfolgen.

Buchstabe e: Es kann sinnvoll sein, dass Personen, die einen Gesundheitsberuf ausüben, ihre Dienstleistung bekannt machen. Die Werbung darf aber weder irreführend noch aufdringlich sein. Diese Berufspflicht bestand bereits in rund der Hälfte der Kantone, war aber unterschiedlich formuliert und unterscheidet sich in den einzelnen Anforderungen.

8752

Buchstabe f: Auch in Gesundheitsberufen nach GesBG besteht die Gefahr, dass Behandlungen nicht «lege artis» durchgeführt werden. Jede dem GesBG unterstellte Person hat daher den Nachweis einer ausreichenden Absicherung der Risiken, die mit ihrer Berufsausübung einhergehen, wie insbesondere Behandlungsfehler, zu erbringen. Bereits bisher kannten 21 Kantone eine entsprechende Vorschrift. Der Nachweis einer ausreichenden Absicherung der Berufsrisiken gilt als erbracht, falls für die Ausübung ihrer Tätigkeit in eigener fachlicher Verantwortung das Staatshaftungsrecht zur Anwendung gelangt oder die Person in einem Anstellungsverhältnis in einer Institution tätig ist und diese hinreichend versichert ist. Das heisst, die Institution kommt für die Risiken auf, die mit der Berufsausübung ihrer Angestellten verbunden sind. In allen anderen Fällen hat die Person eine eigene Berufshaftpflichtversicherung nach Massgabe der Art und des Umfangs der Risiken, die mit ihrer Tätigkeit verbunden sind abzuschliessen.

Buchstabe g: Die Bestimmung statuiert die Pflicht, auch bei der Zusammenarbeit mit Angehörigen anderer Gesundheitsberufe immer das Interesse der zu behandelnden Personen zu wahren, und zwar unabhängig von finanziellen Vorteilen.

Absatz 2: Die Personen, die einen nach diesem Gesetz bewilligungspflichtigen Gesundheitsberuf in eigener fachlicher Verantwortung ausüben sowie ihre Hilfspersonen unterstehen dem Berufsgeheimnis gemäss Artikel 321 Strafgesetzbuch (StGB)46. Somit werden sie in den Kreis der strafrechtlich geschützten Geheimnisträgerinnen und Geheimnisträger aufgenommen.

Art. 17

Kantonale Aufsichtsbehörde

Die Beachtung der Berufspflichten muss durch Disziplinarbehörden sichergestellt werden. Der Entwurf schreibt vor, dass die Kantone eine Aufsichtsbehörde bezeichnen (Abs. 1). Die Organisation und die Zusammensetzung dieser Behörde, die Regelung des Verfahrens sowie die Einzelheiten zur Wahrnehmung der Aufsicht (z. B.

bei der Meldung von Vorfällen durch Dritte, regelmässige Kontrollen der dem GesBG unterstehenden Personen durch die Aufsichtsbehörde etc.) bleiben den Kantonen überlassen. Damit wird dem verfassungsmässigen Prinzip der Gestaltungs- und Organisationsautonomie der Kantone gebührend Rechnung getragen (Art. 46 Abs. 3 und Art. 47 Abs. 2 BV). In jedem Falle müssen die kantonalen Aufsichtsbehörden dafür besorgt sein, Massnahmen zu treffen, die zur Einhaltung der Vorschriften dieses Gesetzes und der entsprechenden Ausführungsbestimmungen notwendig und wirksam sind (Abs. 2). Gegen Entscheide der kantonalen Aufsichtsbehörden muss zuerst gemäss Artikel 86 Absatz 2 des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 200547 (BGG) ein kantonales Gericht angerufen werden, bevor sie an das Bundesgericht weitergezogen werden können.

Art. 18

Amtshilfe

Diese Bestimmung dient der schnellen Erfassung und Abklärung von Disziplinarfällen und der gegenseitigen Information der zuständigen kantonalen Behörden. Die kantonalen Aufsichtsbehörden haben die Pflicht, entsprechende Vorkommnisse der zuständigen Stelle zu melden.

46 47

SR 311.0 SR 173.110

8753

2. Abschnitt: Disziplinarmassnahmen Art. 19

Disziplinarmassnahmen

Parallel zur abschliessenden Regelung von Berufspflichten auf Bundesebene vereinheitlicht der vorliegende Entwurf das Disziplinarrecht. Neu sind bei Verletzung der Berufspflichten, der Vorschriften dieses Gesetzes oder der Ausführungsbestimmungen zu diesem Gesetz einheitliche Massnahmen vorgesehen. Die Ausführungsbestimmungen umfassen sowohl das Verordnungsrecht des Bundes als auch die kantonalen Bestimmungen, welche die Kantone insbesondere gestützt auf Artikel 13 (Einschränkungen oder Auflagen in Zusammenhang mit der Bewilligung) erlassen können. Dabei ist zu beachten, dass die Kantone weder die abschliessende Liste der Berufspflichten noch die Bewilligungsvoraussetzungen materiell erweitern können.

Kantonale Ausführungsbestimmungen könnten demnach beispielsweise die Voraussetzung gemäss Artikel 12 Absatz 1 Buchstabe b (Vertrauenswürdigkeit sowie physische und psychische Gewähr für eine einwandfreie Berufsausübung) präzisieren. Disziplinarmassnahmen können zusätzlich zu strafrechtlichen Sanktionen verhängt werden.

Stellt die Aufsichtsbehörde eine Pflichtverletzung fest, ist sie verantwortlich dafür, diese entsprechend zu sanktionieren. Bei der Wahl der Sanktion und bei ihrer Bemessung hat sie dem Verhältnismässigkeitsgrundsatz Rechnung zu tragen, das heisst, die Art und Schwere der Sanktion muss im Hinblick auf den verfolgten Zweck geeignet und erforderlich sein. Dabei ist die Wirkung der Sanktion auf die betroffene Person am öffentlichen Interesse an der Einhaltung der verletzten Rechtsnorm (Berufspflicht, Ausführungsbestimmung, Standesregel zur Konkretisierung der Berufspflicht) zu messen. Dieses Interesse hängt insbesondere davon ab, was die verletzte Norm schützen wollte. So fällt beispielsweise die Verletzung einer rein organisatorischen Vorschrift weniger ins Gewicht als die Verletzung einer Bestimmung, die der Patienten- oder der Versorgungssicherheit dient. Nicht jedes geringfügige Vergehen muss also zwingend zu einer Disziplinarmassnahme führen.

Kommt es aber wiederholt zu solchen Vorfällen, sind diese zu ahnden. Eine schwerwiegende Berufspflichtverletzung liegt namentlich dann vor, wenn die Integrität oder die Fachkompetenz der Gesundheitsfachleute in Frage gestellt, die Versorgungssicherheit oder -qualität beeinträchtigt oder sogar die Gesundheit Einzelner direkt gefährdet oder
verletzt wird.

Gemäss Absatz 1 sind folgende Disziplinarmassnahmen vorgesehen: Buchstabe a: Als schwächste Disziplinarmassnahme ist die Verwarnung vorgesehen.

Die Verwarnung ist eine disziplinarische Massregelung, die der betroffenen Person nahelegt, ein bestimmtes Verhalten in Zukunft zu unterlassen. Das Bundesgericht bejaht den disziplinarischen Charakter einer Verwarnung.48 Es argumentiert, dass die betroffenen Personen eine Verwarnung als ebenso strenge Massnahme empfinden können wie einen Verweis. Würde man den disziplinarischen Charakter der Verwarnung ablehnen, hätte dies zur Folge, dass Personen, welche die Sanktion für ungerechtfertigt hielten, keine Beschwerdemöglichkeit hätten.

Buchstabe b: Als nächst schwerere Disziplinarmassnahme ist der Verweis vorgesehen.

48

BGE 103 Ia 428

8754

Buchstabe c: Eine Busse ist beispielsweise als Alternative zu einer Verwarnung oder einem Verweis angezeigt, wenn Gesundheitsfachleute ihre Pflicht zum lebenslangen Lernen (Art. 16 Bst. b) oder das Verbot der unlauteren Werbung (Art. 16 Bst. e) verletzen. Die maximale Bussenhöhe von 20 000 Franken rechtfertigt sich angesichts der grossen Verantwortung einer in eigener fachlicher Verantwortung tätigen Person gegenüber ihren Patientinnen und Patienten. Im Einzelfall richtet sich die Höhe der Busse nach dem Verschulden und den Verhältnissen der betreffenden Person.

Buchstaben d und e: Das befristete (bis sechs Jahre) oder bei besonders gravierenden Verstössen definitive Berufsausübungsverbot stellt die strengste Disziplinarmassnahme dar. Ein dauerndes Berufsausübungsverbot kann nur ausgesprochen werden, wenn aufgrund einer Gesamtbeurteilung der bisherigen Berufstätigkeit einer Person eine andere Sanktion nicht geeignet ist, um für die Zukunft ein korrektes Verhalten zu gewährleisten.49 Es kann auch lediglich ein Teil des Tätigkeitsspektrums mit dem definitiven Verbot belegt werden. Mit dieser Möglichkeit soll dem Verhältnismässigkeitsgebot Rechnung getragen werden.

Wer seiner Pflicht zum lebenslangen Lernen gemäss Artikel 16 Buchstabe b nicht nachkommt oder das Verbot der unlauteren Werbung gemäss Artikel 16 Buchstabe e verletzt, kann gemäss Absatz 2 mit einer Verwarnung, einem Verweis oder einer Busse disziplinarisch bestraft werden. Nicht in Betracht fallen gemäss Absatz 2 in diesen Fällen das befristete und das definitive Berufsausübungsverbot, da diese Massnahmen unverhältnismässig schwer wären.

Zusätzlich zu einem Verbot einer Berufsausübung in eigener fachlicher Verantwortung kann eine Busse angeordnet werden (Abs. 3).

Die Aufsichtsbehörde kann gemäss Absatz 4 die Bewilligung zur Berufsausübung in eigener fachlicher Verantwortung nötigenfalls vorsorglich administrativ einschränken, mit Auflagen versehen oder entziehen. Eine vorsorgliche Massnahme während des Disziplinarverfahrens darf nur dann ergriffen werden, wenn triftige Gründe sie rechtfertigen. Eine solche Situation tritt insbesondere dann ein, wenn die Anordnung eines Berufsausübungsverbotes sehr wahrscheinlich erscheint und ein Berufsausübungsverbot bereits während der Dauer des Disziplinarverfahrens im öffentlichen Interesse angezeigt
ist. Ein Beispiel dafür sind mutmassliche Verstösse gegen die sexuelle Integrität von Patientinnen oder Patienten beziehungsweise Klientinnen oder Klienten.

Art. 20

Disziplinarverfahren in einem anderen Kanton

Absatz 1 sieht vor, dass eine Aufsichtsbehörde, die ein Disziplinarverfahren gegen eine Person eröffnet, die eine Berufsausübungsbewilligung eines anderen Kantons besitzt, die Aufsichtsbehörde des Bewilligungskantons darüber informiert. Eine Aufsichtsbehörde kann ein Disziplinarverfahren gegen eine Person eröffnen, die nur über eine Bewilligung eines anderen Kantons oder zusätzlich über eine Bewilligung eines anderen Kantons verfügt.

Absatz 2 sieht eine Anhörungspflicht vor: Beabsichtigt eine kantonale Aufsichtsbehörde der Inhaberin oder dem Inhaber der Bewilligung eines anderen Kantons die Berufsausübung in eigener fachlicher Verantwortung zu entziehen, so hört sie die 49

BGE 106 Ia 100

8755

Aufsichtsbehörde dieses anderen Kantons an. Dieses System soll sicherstellen, dass die Aufsichtsbehörden der Bewilligungskantone über allfällige Disziplinarverfahren, bei dem die schwerste Disziplinarmassnahme in Betracht fällt, unterrichtet sind.

Dadurch soll die Zusammenarbeit unter den Aufsichtsbehörden gestärkt und eine möglichst einheitliche Praxis angestrebt werden.

Art. 21

Wirkung des Berufsausübungsverbots

Infolge der Vereinheitlichung der Berufspflichten und der Disziplinarmassnahmen auf Bundesebene gilt ein Berufsausübungsverbot, das von einer kantonalen Aufsichtsbehörde angeordnet wird, auf dem gesamten Gebiet der Schweiz (Abs. 1).

Kantonale Disziplinarentscheide können ans Bundesgericht weitergezogen werden, sodass allfällige Unterschiede im kantonalen Vollzug aufgefangen werden. Ein Verbot der Berufsausübung in eigener fachlicher Verantwortung macht automatisch ­ das heisst: ohne zusätzliche Verfügung ­ alle entsprechenden kantonalen Bewilligungen ungültig (Abs. 2).

Art. 22

Verjährung

Absatz 1 sieht eine relative Verjährungsfrist von zwei Jahren ab Kenntnisnahme des beanstandeten Vorfalls durch die Aufsichtsbehörde vor. Diese Frist soll bewirken, dass ein zur Kenntnis genommener Vorfall von der zuständigen Stelle umgehend an die Hand genommen wird und Sachverhalt und allfällige Konsequenzen geklärt und entschieden werden.

Aufgrund der Tatsache, dass die Frist ­ vor allem für komplexere Fälle ­ kurz erscheint, wird die Verjährungsfrist durch jede Untersuchungs- oder Prozesshandlung nicht nur der Aufsichts-, sondern auch einer Strafverfolgungsbehörde oder eines Gerichts unterbrochen (Abs. 2).

Die absolute Verfolgungsverjährung tritt zehn Jahre nach dem beanstandeten Vorfall ein (Abs. 3). Bei strafbaren Handlungen gilt die vom Strafrecht vorgesehene längere Verjährungsfrist (Abs. 4).

Berufsausübungsverbote sollen künftige Gefährdungen der öffentlichen Gesundheit verhindern. Will eine Aufsichtsbehörde abklären, ob von einer Person eine solche Gefahr ausgeht, so muss sie eine Prognose über das künftige Verhalten dieser Person stellen. Dabei kann es hilfreich sein, das Verhalten dieser Person über einen längeren Zeitraum zu betrachten. Absatz 5 ermöglicht den Aufsichtsbehörden deshalb, zur Beurteilung der Rückfallgefahr einer Person Vorfälle zu berücksichtigen, die gemäss den vorgehenden Absätzen bereits verjährt sind. Dabei dürfen die verjährten Vorfälle nicht das Mass der Sanktion beeinflussen (z. B. Höhe der Busse), da dies die Verjährungsbestimmungen unterlaufen würde. Sie sollen einzig die Wahl der geeigneten Disziplinarmassnahme erleichtern, ob beispielsweise eine Busse genügt oder ein (befristetes) Berufsausübungsverbot notwendig ist, um eine von dieser Person ausgehende künftige Gefährdung der öffentlichen Gesundheit zu unterbinden.

8756

6. Kapitel: Register Art. 23

Zuständigkeit und Zweck

Zuständig für das Register ist das BAG, das bereits das Medizinalberuferegister führt und daran ist, das Psychologieberuferegister zu implementieren (Abs. 1). Das Register dient gemäss Absatz 2 der Information und dem Schutz der zu behandelnden Personen (Bst. a) und leistet einen Beitrag zur Sicherung der Qualität der Dienstleistungen im Gesundheitswesen (Bst. b): So kann die Öffentlichkeit dem Register entnehmen, ob eine in einem Gesundheitsberuf tätige Person über eine Berufsausübungsbewilligung verfügt. Die kantonalen Behörden können ihre Aufsichtspflicht besser wahrnehmen, da im Register Auflagen und Disziplinarmassnahmen eingetragen sind. Ferner können sämtliche Daten in anonymisierter Form zu statistischen Zwecken herangezogen werden. Sie sollen dazu in jährlich aktualisierter, geeigneter Form dem Bundesamt für Statistik zur Verfügung gestellt werden (Bst. c). Zudem bildet das Register die Basis für die Information in- und ausländischer Stellen, sollte sich eine Inhaberin oder ein Inhaber eines verzeichneten Abschlusses für eine Niederlassung im Ausland bewerben (Bst. d). Das Register vereinfacht die für die kantonale Erteilung der Berufsausübungsbewilligung notwendigen Arbeitsabläufe (Bst. e). Schliesslich soll das Register auch den Austausch von Informationen über das Vorhandensein von Disziplinarmassnahmen unter den für die Bewilligungserteilung sowie die Aufsicht zuständigen kantonalen Stellen ermöglichen (Bst. f).

Der Bundesrat kann Dritte mit der Führung des Registers beauftragen, insbesondere wenn er dies sachlich als angemessen oder aus Kostengründen als zweckmässig erachtet (Abs. 3). Dritte wären ebenfalls berechtigt, für ihre Leistungen Gebühren zu erheben. In der Verordnung sind die Einzelheiten, die eine mit der Führung des Registers beauftragte Drittperson insbesondere im Umgang mit den Daten zu beachten hat, zu regeln, sodass der Datenschutz durchgehend gewährleistet ist.

Auch wenn Dritte mit der Registerführung beauftragt würden, müsste das Konzept aus Effizienzgründen in Anlehnung an das Medizinalberuferegister (MedReg) und das mit dem PsyG vorgesehene Register entwickelt werden.

Art. 24

Inhalt

Die Registrierung der in Absatz 1 festgelegten Angaben stützt sich auf Artikel 117a Absatz 2 Buchstabe a BV. Diese Bestimmung verleiht dem Bund die Kompetenz zur Regelung der Aus- und Weiterbildung sowie der Anforderungen an die Ausübung der Berufe der medizinischen Grundversorgung. Die Registrierung der Abschlüsse, der Berufsausübungsbewilligungen, der Disziplinarmassnahmen und allfällige ausgesprochene Berufsverbote ist zur Sicherung der Qualitätsversorgung notwendig.

Das Register enthält die Daten, die zur Erreichung des Zwecks nach Artikel 23 erforderlich sind (Abs. 2).

Das BAG führt ein Register über die Inhaberinnen und Inhaber von Bildungsabschlüssen nach Artikel 12 Absatz 2 oder eines anerkannten ausländischen Abschlusses (Bst. a), die Inhaberinnen und Inhaber einer Bewilligung zur Berufsausübung in eigener fachlicher Verantwortung gemäss Artikel 11 (Bst. b) sowie über die Personen, die sich nach Artikel 15 gemeldet haben (Bst. c).

8757

Nebst den Personalien der in Absatz 1 genannten Personengruppen wird das Register auch besonders schützenswerte Personendaten gemäss dem Bundesgesetz vom 19. Juni 199250 über den Datenschutz (DSG) enthalten (Abs. 2). Solche Daten stehen jedoch nur den für die Erteilung der Berufsausübungsbewilligung und die Aufsicht oder den für ein hängiges Disziplinarverfahren zuständigen Behörden zur Verfügung. Dies betrifft Daten zu Disziplinarmassnahmen, Gründe für die Verweigerung oder den Entzug einer Bewilligung, Daten zu aufgehobenen Einschränkungen sowie zu befristeten Berufsausübungsverboten, die mit dem Vermerk «gelöscht» versehen sind (vgl. Art. 26 Abs. 1 und 2).

Damit die neue AHV-Versichertennummer im Register systematisch verwendet werden darf, bedarf es gemäss Artikel 50e Absatz 1 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 194651 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG) einer rechtlichen Grundlage auf Gesetzesebene. Diese wird mit Absatz 3 geschaffen.

Die Versichertennummer wird gemäss Artikel 50e Absatz 1 AHVG zur eindeutigen Identifizierung sowie zur Aktualisierung der Personendaten (Mutationen bei Namenswechsel, Todesfall, etc.) der im Register aufgeführten Personen systematisch verwendet. Aufgrund der genannten Bestimmung des AHVG wird die neue AHV-Versichertennummer nicht öffentlich zugänglich sein, sondern nur der registerführenden Stelle des BAG sowie den für die Erteilung der Berufsausübungsbewilligung zuständigen kantonalen Behörden zur Verfügung stehen (vgl. Art. 26 Abs. 3).

Die Umsetzung des Registers, insbesondere welche Daten im Register enthalten sind sowie deren Bearbeitungsmodalitäten, wird in einer Bundesratsverordnung festgelegt (Abs. 4). Nach dem aktuellen Stand des Registerkonzepts enthält es Identifikationsdaten. Dazu können folgende Daten gehören: ­

die GLN oder Global Location Number: Diese wird von Refdata ausgestellt.

Refdata ist eine unabhängige Stiftung, die eine eindeutige, kostengünstige und weit verbreitete Identifikation der Produkte, Dienstleistungen, Personen und Institutionen des schweizerischen Gesundheitswesens entwickelt und bereitstellt;

­

Personendaten (z. B. Name[n], Vorname[n], früherer bzw. frühere Name[n], Geburtsdatum, Todesdatum, Geschlecht, Korrespondenzsprache, Herkunftsort[e] und Nationalität[en];

­

Angaben zu Abschlüssen, zur Anerkennung von ausländischen Abschlüssen und zu Abschlüssen, die im Rahmen der Meldepflicht gemäss Artikel 15 eingetragen sind (z. B. Bezeichnung des Abschlusses, Betrieb, Ort und Datum der Ausstellung);

­

Angaben zur Berufsausübungsbewilligung (z. B. Beruf, Bewilligungsstatus, Ausstellungsdatum, berufliche Adresse, Einschränkungen oder Auflagen);,

­

Angaben im Rahmen der Meldepflicht für die Dienstleistungserbringung gemäss Artikel 15 und Angaben zu Disziplinarmassnahmen.

Art. 25

Mitteilungspflicht

Damit das Register als aktuelles Informationsinstrument genutzt werden kann, ist es unabdingbar, dass die zuständigen kantonalen Behörden dem BAG ohne Verzug die 50 51

SR 235.1 SR 831.10

8758

Erteilung, die Verweigerung, den Entzug und jede Änderung der kantonalen Bewilligung zur Berufsausübung in eigener fachlicher Verantwortung, namentlich jede Einschränkung der Berufsausübung sowie jede Disziplinarmassnahme, mitteilen, die sie gestützt auf Artikel 19 oder gestützt auf kantonales Recht gegen dem GesBG unterstehende Fachpersonen anordnen. Da allenfalls Disziplinarmassnahmen gestützt auf kantonales Recht gegenüber Gesundheitsfachpersonen denkbar sind, die nicht in eigener fachlicher Verantwortung tätig sind, wird aus Transparenzgründen auch das Vorhandensein solcher Disziplinarmassnahmen ins Register eingetragen (Abs. 1). Die Meldung kann direkt durch die Eintragung in das Register erfolgen, ausser es handelt sich dabei um besonders schützenswerte Personendaten gemäss Artikel 26 Absatz 1. Aus Datenschutzgründen sind die Angaben zu Disziplinarmassnahmen und zu den Gründen für die Verweigerung oder den Entzug der Bewilligung deshalb nicht direkt elektronisch im Gesundheitsberuferegister (GesReg) einseh- und mutierbar. Die kantonalen Behörden müssen dem BAG die besonders schützenswerten Daten mit einem Formular melden. Einsehbar sind die besonders schützenswerten Daten ebenfalls nur für die zuständigen kantonalen Behörden (vgl. Art. 26 Abs. 1 und 2). Die berechtigten Personen der zuständigen Behörden können über einen elektronischen Antrag beim BAG Auskunft über die besonders schützenswerten Personendaten verlangen.

Aus rechtlichen Gründen können nur rechtskräftige Disziplinarmassnahmen, aber weder die Eröffnung von Disziplinarverfahren noch laufende Verfahren ins Register aufgenommen werden. Dies wäre ein klarer Verstoss gegen die für jede nicht rechtskräftig verurteilte Person geltende Unschuldsvermutung und käme einer unzulässigen Vorverurteilung gleich. Eine Aufnahme ins Register drängt sich aber auch nicht auf, da gemäss Artikel 20 die Aufsichtsbehörde eines Kantons bei Eröffnung eines Disziplinarverfahrens verpflichtet ist, die Aufsichtsbehörde eines jeden anderen Kantons, in dem die Person über eine Berufsausübungsbewilligung verfügt, zu informieren und bei Beabsichtigung der Verhängung eines Berufsausübungsverbots diese auch anzuhören. Somit ist die Weitergabe der zum Patientenschutz notwendigen Informationen zwischen den zuständigen Stellen bereits gewährleistet.

Zudem liegt es
im Ermessen der zuständigen Aufsichtsbehörde, nötigenfalls während dem Disziplinarverfahren vorsorglich die Berufsausübungsbewilligung der betroffenen Gesundheitsfachperson einzuschränken, mit Auflagen zu versehen oder zu entziehen (vgl. Art. 19 Abs. 4). Auch betreffend diese Daten können die für die Erteilung der Berufsausübungsbewilligung sowie die für die Aufsicht zuständigen Behörden über einen elektronischen Antrag beim BAG Auskunft verlangen (vgl.

Art. 26 Abs. 1).

Gemäss Absatz 2 melden die Hochschulen, die anderen Institutionen des Hochschulbereichs gemäss HFKG und die höheren Fachschulen dem BAG jede Erteilung eines Bildungsabschlusses gemäss Artikel 12 Absatz 2. Die für die Anerkennung ausländischer Bildungsabschlüsse zuständige Behörde meldet alle anerkannten ausländischen Bildungsabschlüsse an das BAG (Abs. 3). Auch in diesem Fall kann die Meldung durch den Eintrag in das Register erfolgen.

Art. 26

Datenbekanntgabe

Abgesehen von den besonders schützenswerten Personendaten sowie der Versichertennummer der AHV , können alle anderen Daten grundsätzlich von der Öffentlichkeit über das Internet eingesehen werden (Abs. 1­4), insbesondere die im Zusam8759

menhang mit dem Patientenschutz besonders relevanten Daten, ob zum Beispiel eine Berufsausübungsbewilligung vorhanden ist oder nicht.

Die Daten zu Disziplinarmassnahmen und zu Gründen für die Verweigerung oder den Entzug einer Bewilligung werden ausschliesslich den zuständigen kantonalen Behörden zugänglich sein (Abs. 1). Aus Gründen der Verhältnismässigkeit wird festgelegt, dass zu aufgehobenen Einschränkungen sowie zu befristeten Berufsausübungsverboten, die mit dem Vermerk «gelöscht» versehen sind, nur die für ein hängiges Disziplinarverfahren zuständigen Behörden Auskunft verlangen können und nicht allgemein Aufsichtsbehörden im Rahmen eines einfachen Bewilligungsgesuchs (Abs. 2).

Für die Einsicht in die besonders schützenswerten Personendaten sind geschützte Datenverbindungen aufzubauen. Einer für die Erteilung der Berufsausübungsbewilligung oder der Aufsicht zuständigen Behörde, namentlich der Gesundheitsdirektion eines Kantons, stehen alle besonders schützenswerten Personendaten und die Informationen zu den aufgehobenen Einschränkungen zu allen im Register erfassten Personen zur Verfügung. Sowohl beim EDI als auch bei den zuständigen Behörden ist ein System zu etablieren, das ausschliesslich einem ausgesuchten Personenkreis passwortgeschützten Zugriff auf die besonders schützenswerten Personendaten gestattet. Dieser Personenkreis ist dazu zu verpflichten, die Vertraulichkeit der besonders schützenswerten Personendaten sicherzustellen.

Aufgrund von Artikel 50e Absatz 1 AHVG wird auch die neue AHV-Versichertennummer nicht öffentlich zugänglich sein; vielmehr wird sie nur der registerführenden Stelle des BAG sowie den für die Erteilung der Berufsausübungsbewilligung zuständigen kantonalen Behörden zur Verfügung stehen (Abs. 3).

Des Weiteren kann der Bundesrat bestimmte Daten vom öffentlichen Zugang über das Internet ausnehmen, wenn dieser im Interesse der öffentlichen Gesundheit nicht erforderlich ist (Abs. 5). Solche Ausnahmen könnten zum Beispiel die Korrespondenzsprache oder die Rechtsgrundlage der Berufsausübungsbewilligung betreffen.

Ausnahmen vom öffentlichen Internetzugang sind im Sinne einer verhältnismässigen Datenbekanntgabe zu verstehen und sollen dem Schutz der Persönlichkeitsrechte der betroffenen Personen Rechnung tragen. Einsicht in diese Daten kann aber mit einem formlosen
Gesuch gemäss Öffentlichkeitsgesetz vom 17. Dezember 200452 (BGÖ) beantragt werden. Einzelheiten sind in der entsprechenden Ausführungsverordnung zu regeln.

Art. 27

Löschung und Entfernung von Registereinträgen

Das Vertrauensverhältnis zwischen Patientin oder Patient auf der einen und Personen, die einen Gesundheitsberuf nach diesem Gesetz ausüben, auf der anderen Seite wird als eine sensible Beziehung eingestuft. Hinweise auf mögliche Beeinträchtigungen oder auf die Gefahr des Missbrauchs dieses Vertrauensverhältnisses durch die Personen, die einen solchen Gesundheitsberuf ausüben, werden deshalb erst nach einer bestimmten Frist aus dem Register entfernt oder ­ in schwerwiegenden Fällen ­ mit dem Vermerk «gelöscht» versehen.

Einschränkungen der Berufsausübungsbewilligung (vgl. Art. 13) gemäss Absatz 1 werden nicht bei deren Aufhebung, sondern erst fünf Jahre nach der Aufhebung aus 52

SR 152.3

8760

dem Register entfernt. Der öffentliche Zugang zu diesen Einträgen wird jedoch umgehend mit deren Aufhebung gesperrt. Sie können lediglich noch von den für ein hängiges Disziplinarverfahren zuständigen Behörden auf Anfrage hin eingesehen werden (vgl. Art. 26 Abs. 2). Das zuständige Departement stellt sicher, dass die entsprechenden Mutationen (Entfernung, Sperren des öffentlichen Zugriffs) verzögerungsfrei umgesetzt werden.

Disziplinarmassnahmen, die infolge leichterer Verstösse gegen die Vorschriften des Gesetzes oder seiner Ausführungsbestimmungen verhängt wurden (Verwarnungen, Verweise und Bussen), werden gemäss Absatz 2 fünf Jahre nach ihrer Anordnung definitiv aus dem Register entfernt.

Demgegenüber werden befristete Berufsausübungsverbote, die aufgrund gravierender Verstösse gegen die Vorschriften des Gesetzes oder seiner Ausführungsbestimmungen verhängt wurden, gemäss Absatz 3 nicht aus dem Register entfernt, sondern zehn Jahre nach ihrer Aufhebung mit dem Vermerk «gelöscht» versehen.

Absatz 4 sieht eine analoge Löschung sowie Entfernung von Einträgen zum Vorhandensein von kantonalen Disziplinarmassnahmen gemäss Artikel 25 Absatz 1 vor, wie sie auch für die Disziplinarmassnahmen gemäss Artikel 19 vorgesehen ist. Mit dieser einheitlichen Vorgabe soll die Gleichbehandlung sichergestellt werden.

Schliesslich ist der allgemeine Grundsatz gemäss Artikel 21 DSG zu beachten, wonach Bundesorgane Personendaten, die sie nicht mehr benötigen, anonymisieren oder vernichten müssen, sofern sie nicht Beweis- oder Sicherungszwecken dienen oder dem Bundesarchiv abzuliefern sind. Dem wird mit Absatz 5 Rechnung getragen: Wird von einer Behörde das Ableben einer Person gemeldet, so werden deren Daten aus dem Register entfernt oder anonymisiert. Anonymisierte Daten dürfen danach weiterhin für statistische oder wissenschaftliche Zwecke verwendet werden.

Art. 28

Gebührenpflicht und Finanzierung

Die Registrierung ist für die in Artikel 24 Absatz 1 genannten Personen gebührenpflichtig (Abs. 1).

Der Bundesrat regelt gemäss Artikel 46a Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz vom 21. März 199753 (RVOG) die Einzelheiten der Gebührenerhebung (Abs. 2), insbesondere das Verfahren, die Höhe und die Verjährung von Gebührenforderungen. Bei der Frage der Gebührenhöhe werden das Äquivalenz- und Kostendeckungsprinzip gemäss Artikel 46a RVOG zu beachten sein. Das Äquivalenzprinzip verlangt, dass die Höhe der Gebühr in einem vernünftigen Verhältnis zum Wert stehen muss, den die staatliche Leistung für die Abgabepflichtigen hat. Da die verbesserte Transparenz über die Qualität im Bereich der Gesundheitsberufe für die registrierten Personen einen direkten Nutzen generiert, sollten die erhobenen Gebühren weitgehend kostendeckend ausfallen. Aus der Sicht des Bundesrates wird dies angesichts des Nutzens der Bundesleistungen für Dritte zu einer weitestgehenden Kostendeckung führen.

Allfällige, derzeit nicht absehbare Fehlbeträge zwischen den Gebühreneinnahmen und den Kosten der Registerführung, werden von Bund und Kantonen je zur Hälfte zu tragen sein (Abs. 3). Die allfällig notwendige Aufteilung der Kantonsbeiträge auf die einzelnen Kantone wird auf diese nach Massgabe der Einwohnerzahl verteilt.

53

SR 172.010

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7. Kapitel: Schlussbestimmungen Art. 32

Übergangsbestimmungen

Die Übergangsbestimmungen gründen auf einer Abwägung zwischen der Besitzstandswahrung und den Zielen des Gesetzes, die Berufsausübung an entsprechende und definierte Bildungsabschlüsse zu knüpfen.

Wer bei Inkrafttreten des Gesetzes bereits in Übereinstimmung mit dem kantonalen Recht über eine Berufsausübungsbewilligung für die Ausübung eines Gesundheitsberufes in eigener fachlicher Verantwortung verfügt, soll seinen Beruf in diesem Kanton weiterhin ausüben können, auch wenn die nach diesem Gesetz geforderte Ausbildung nicht vorliegt. Ob diese Voraussetzungen im Einzelfall gegeben sind, wird in Würdigung der bisher geltenden Rechtslage und der erteilten Bewilligung Aufgabe des Kantons sein.

Beantragt eine Person nach Inkrafttreten des GesBG eine neue Berufsausübungsbewilligung zur Ausübung eines Gesundheitsberufs in eigener fachlicher Verantwortung, beispielsweise weil sie den Kanton wechselt, so muss sie die Erfüllung der Voraussetzungen gemäss GesBG nachweisen (Abs. 1).

Absatz 2 sieht für Personen, die vor dem Inkrafttreten des GesBG nach kantonalem Recht keine Bewilligung für die Berufsausübung in eigener fachlicher Verantwortung brauchten und nun der Bewilligungspflicht gemäss Artikel 11 unterstehen, eine fünfjährige Übergangsfrist vor. Diese Frist soll den betroffenen Personen ausreichend Zeit einräumen, um allenfalls fehlende fachliche Qualifikationen zu erwerben und eine entsprechende Bewilligung zu beantragen.

Absatz 3 regelt, welche altrechtlichen Bildungsabschlüsse ebenfalls zu einer Berufsausübungsbewilligung berechtigen. Die Verordnung zum GesBG wird festhalten, dass Abschlüsse von Fachhochschulen oder von höheren Fachschulen in einem eidgenössisch anerkannten Studiengang erteilt wurden, den heutigen Abschlüssen im Sinne von Artikel 12 Absatz 2 gleichgestellt werden. Die fachlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Berufsausübungsbewilligung erfüllen auch Personen, die gestützt auf Artikel 23 Absatz 4 der Verordnung des WBF vom 11. März 2005 über Mindestvorschriften für die Anerkennung von Bildungsgängen und Nachdiplomstudien der höheren Fachschulen (MiVo-HF) im entsprechenden Beruf den Titel «dipl.

HF» tragen dürfen, sowie Personen, die einen Abschluss gemäss Artikel 1 Absatz 3 Ziffer 1 und 2 der Verordnung des WBF vom 4. Juli 200054 über den nachträglichen Erwerb des
Fachhochschultitels besitzen. Die fachliche Voraussetzung im entsprechenden Beruf ist ausserdem erfüllt bei Augenoptikerinnen und -optikern mit einem eidgenössischen Diplom (höhere Fachprüfung). Inhaberinnen und Inhabern eines Diploms der Gesundheitsdirektorenkonferenz in Osteopathie erfüllen die fachlichen Voraussetzungen für eine Berufsausübungsbewilligung. Damit wird sichergestellt, dass altrechtliche Abschlüsse ihren Wert behalten und keine Akademisierung befördert wird.

Zudem werden ausländische Abschlüsse, die als gleichwertig mit einem entsprechenden altrechtlichen Abschluss anerkannt wurden, ebenfalls gleichgestellt. Sie berechtigen daher auch zur Berufsausübungsbewilligung.

54

SR 414.711.5

8762

Absatz 4 regelt, bis wann Studiengänge akkreditiert werden müssen, die bereits bei Inkrafttreten des GesBG durchgeführt werden.

Absatz 5 übernimmt die Regelung der Richtlinien des Hochschulrates vom 28. Mai 201555 für die Akkreditierung im Hochschulbereich (Akkreditierungsrichtlinien HFKG). Diese halten in Artikel 24 als Übergangsbestimmung fest, dass bis acht Jahre nach Inkrafttreten des HFKG die (nach HFKG freiwillige) Programmakkreditierungen auch ohne institutionelle Akkreditierung möglich sind, wenn die Hochschule nach UFG oder FHSG als beitragsberechtigt anerkannt war. Damit können Programmakkreditierungen sofort gestartet werden.

Art. 33

Referendum und Inkrafttreten

Als Bundesgesetz ist das GesBG gemäss Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe a BV dem fakultativen Referendum unterstellt (Abs. 1). Der Bundesrat bestimmt das Inkrafttreten. Auf diese Weise können Inkrafttreten und Erlass des bundesrätlichen Ausführungsrechts aufeinander abgestimmt werden (Abs. 2).

Anhang (Art. 31): Änderung anderer Erlasse

Änderung des Strafgesetzbuches56 (StGB), der Strafprozessordnung57 (StPO) sowie des Militärstrafprozesses vom 23. März 197958 (MStP) Da die Hebammen neu gleich wie die anderen vom GesBG erfassten Gesundheitsfachpersonen via Berufspflichten von Artikel 16 GesBG dem Berufsgeheimnis gemäss Artikel 321 StGB unterstellt sein werden, werden sie in Artikel 321 StGB gestrichen. Im gleichen Sinne geändert werden Artikel 171 Absatz 1 StPO sowie Artikel 75 Buchstabe b MStP.

Mit einem neuen Buchstaben f ergänzt wird hingegen Artikel 173 Absatz 1 StPO, welcher das gleiche Zeugnisverweigerungsrecht für alle dem GesBG unterstellten Berufe sowie deren Hilfspersonen vorsieht.

Um die verschiedenen Bestimmungen zum Zeugnisverweigerungsrecht zu vereinheitlichen, werden zudem in Artikel 75 Buchstabe b MStP die Patentanwälte und die Verteidiger aufgenommen, die in Artikel 321 Absatz 1 StGB und Artikel 171 Absatz 1 StPO bereits enthalten sind.

Änderung des Medizinalberufegesetzes vom 23. Juni 2006 59 (MedBG) Ersatz und Streichung von Ausdrücken Insbesondere um dem am Hearing vom 18. März 2015 ausdrücklich geäusserten Wunsch der Kantone nach einer einheitlichen Gesetzgebung in den Gesundheitsberufen nachzukommen, wird der Begriff «privatwirtschaftlich in eigener fachlicher Verantwortung» im MedBG gleich wie im PsyG entsprechend durch den Begriff «in 55 56 57 58 59

SR 414.205.3 SR 311.0 SR 312.0 SR 322.1 SR 811.11; AS 2015 5081

8763

eigener fachlicher Verantwortung» ersetzt. Verfassungsrechtliche Grundlage für diese Anpassung ist Artikel 117a Absatz 2 Buchstabe a BV. Diese Anpassung der Terminologie hat zur Folge, dass auch Personen, die gegenwärtig nicht privatwirtschaftlich tätig sind, ihren Beruf aber in eigener fachlicher Verantwortung in einer öffentlich-rechtlichen Institution ausüben, künftig der Bewilligungspflicht sowie insbesondere auch den Berufspflichten nach MedBG unterstellt sind. So sind künftig als fachlich eigenverantwortliche Personen unter anderem auch Chefärztinnen oder Chefärzte in einem öffentlichen Spital den Berufsausübungsbestimmungen des MedBG unterstellt.

Art. 6 Abs. 1 Bst. g Die Formulierung «des schweizerischen sozialen Sicherungssystems» wird an diejenige von Artikel 3 Buchstaben g des vorliegenden Gesetzesentwurfs «des schweizerischen Systems der sozialen Sicherheit» angepasst, um die Harmonisierung zwischen den beiden Gesetzen zu gewährleisten.

Art. 34 Abs. 2 Aufgrund der Ausweitung des Geltungsbereichs auch auf die im öffentlichen Dienst tätigen universitären Medizinalpersonen verliert dieser Absatz seine Bedeutung und wird deshalb aufgehoben.

Art. 37 Der französische und italienische Gesetzestext wird sprachlich angepasst, um die Übereinstimmung mit der deutschen Fassung von Artikel 37 MedBG sowie, soweit sachlich angebracht, dem PsyG und dem vorliegenden Gesetzesentwurf, zu gewährleisten.

Art. 38 Im französischen Gesetzestext war aufgrund der bisherigen Übersetzung der Entzug der Bewilligung aufgrund von Tatsachen, welche vor der Erteilung der Bewilligung stattfanden, von denen die Behörde aber erst nach der Erteilung Kenntnis hatte, fälschlicherweise ausgeschlossen. Die Anpassung korrigiert dies.

Art. 40 Einleitungssatz und Bst. h Mit der Ausdehnung des Geltungsbereichs auch auf die im öffentlichen Dienst in eigener fachlicher Verantwortung tätigen universitären Medizinalpersonen muss diese Bestimmung angepasst werden. Der Nachweis einer ausreichenden Absicherung der Berufsrisiken gilt daher neu als erbracht, falls für die Ausübung ihrer Tätigkeit das Staatshaftungsrecht zur Anwendung gelangt oder die Person in einem Anstellungsverhältnis in einer Institution tätig ist und diese hinreichend versichert ist. Das heisst, die Institution kommt für die Risiken auf, die mit der Berufsausübung
ihrer Angestellten verbunden sind. In allen anderen Fällen hat die Person, wie bisher, eine eigene Berufshaftpflichtversicherung nach Massgabe der Art und des Umfangs der Risiken, die mit ihrer Tätigkeit verbunden sind abzuschliessen.

8764

Art. 51 Abs. 4bis Dieser Absatz (Versichertennummer AHV) wird an Artikel 24 Absatz 3 GesBG angepasst, um die Übereinstimmung zwischen den beiden Gesetzesn zu gewährleisten. Der zweite Satz wird nach Artikel 53 Absatz 3 verschoben.

Art. 53

Datenbekanntgabe

Dieser Artikel wird an Artikel 26 GesBG angepasst, um die Übereinstimmung zwischen MedBG, PsyG und GesBG zu gewährleisten.

Art. 67b (neu)

Übergangsbestimmung zur Änderung vom ...

Wer bei Inkrafttreten dieser Änderung bereits in Übereinstimmung mit dem kantonalen Recht über eine Berufsausübungsbewilligung für die fachlich eigenverantwortliche Ausübung eines universitären Medizinalberufs in einer öffentlich-rechtlichen Institution verfügt, soll diese im entsprechenden Kanton weiterhin in eigener fachlicher Verantwortung ausüben können, auch wenn die nach diesem Gesetz geforderte Aus- oder Weiterbildung nicht vorliegt. Muss hingegen eine betroffene Person nach Inkrafttreten dieser Änderung eine neue Berufsausübungsbewilligung zur Ausübung eines universitären Medizinalberufs in eigener fachlicher Verantwortung beantragen, beispielsweise weil sie den Kanton wechselt, so muss sie die Erfüllung der Voraussetzungen gemäss Gesetz nachweisen (Abs. 1).

Die in Absatz 2 vorgesehene Regelung findet Anwendung auf Personen, welche die folgenden Kriterien erfüllen: (1) Sie übten bereits vor Inkrafttreten dieser Änderung einen diesem Gesetz unterstellten Beruf aus. (2) Sie übten diesen Beruf in eigener fachlicher Verantwortung im Sinn des heutigen Rechts aus. (3) Sie übten den Beruf aber in einer öffentlich-rechtlichen Institution aus und (4) das kantonale Recht hat diese Tätigkeit keiner Bewilligungspflicht unterstellt. Dies ist beispielsweise möglich bei Ärztinnen und Ärzten, die in eigener fachlicher Verantwortung in einem öffentlichen Spital tätig sind in einem Kanton, der nur die privatwirtschaftliche Tätigkeit an eine Bewilligungspflicht geknüpft hat. Diese Personen brauchen neu eine Bewilligung. Die Übergangsbestimmung räumt den Betroffenen aber eine fünfjährige Übergangsfrist ein. Diese Frist soll es ihnen ermöglichen, eine Bewilligung zu beantragen, sich allenfalls neu zu organisieren oder Nachqualifikationen zu erwerben.

Änderung des Betäubungsmittelgesetzes vom 3. Oktober 195160 (BetmG) Art. 10 Abs. 1 Der in Artikel 10 Absatz 1 enthaltene Verweis auf die selbstständigen Ärztinnen und Ärzte und Tierärztinnen und Tierärzte gemäss MedBG, die zum Verordnen von Betäubungsmitteln befugt sind, wird im Sinne einer übereinstimmenden Terminologie ebenfalls angepasst und der Begriff «Selbstständige» entsprechend durch den Begriff «In eigener fachlicher Verantwortung tätige» ersetzt.

60

SR 812.121

8765

Änderung des Psychologieberufegesetzes vom 18. März 201161 (PsyG) Ingress Neu stützt sich das PsyG neben Artikel 95 Absatz 1 und 97 Absatz 1 auch auf Artikel 117a Absatz 2 Buchstabe a BV, welcher dem Bund die Kompetenz zum Erlass von Vorschriften über die Aus- und Weiterbildung für Berufe der medizinischen Grundversorgung und über die Anforderungen zur Ausübung dieser Berufe verleiht.

Streichung eines Ausdrucks Insbesondere um dem am Hearing vom 18. März 2015 ausdrücklich geäusserten Wunsch der Kantone nach einer einheitlichen Gesetzgebung in den Gesundheitsberufen nachzukommen, wird der Begriff «privatwirtschaftlich in eigener fachlicher Verantwortung» auch im PsyG entsprechend dem MedBG durch den Begriff «in eigener fachlicher Verantwortung» ersetzt. Verfassungsrechtliche Grundlage für diese Anpassung ist Artikel 117a Absatz 2 Buchstabe a BV. Diese Anpassung der Terminologie hat zur Folge, dass auch Psychotherapeutinnen und -therapeuten, die gegenwärtig nicht privatwirtschaftlich tätig sind, ihren Beruf aber in eigener fachlicher Verantwortung in einer öffentlich-rechtlichen Institution ausüben, künftig der Bewilligungspflicht sowie insbesondere auch den Berufspflichten nach PsyG unterstellt sind. Nicht betroffen von dieser Ausweitung sind Psychologinnen und Psychologen ohne Weiterbildung in Psychotherapie, da das PsyG für diese, ausser der bereits jetzt aus Gesundheits- und Konsumentenschutzgründen für alle geltenden Berufsbezeichnungsbestimmung, keine Vorgaben an die Berufsausübung macht.

Kapitel 5 des PsyG (Ausübung des Psychotherapeutenberufs) gilt nur für die in eigener fachlicher Verantwortung tätigen Psychotherapeutinnen und -therapeuten.

Art. 22 Abs. 2 Aufgrund der Ausweitung des Geltungsbereichs auch auf die im öffentlichen Dienst tätigen Psychotherapeuten verliert dieser Absatz seine Bedeutung und wird deshalb aufgehoben.

Art. 23 Der Text über die Meldepflicht wird sprachlich angepasst, um die Übereinstimmung mit der entsprechenden Bestimmung im MedBG und im GesBG sicherzustellen.

Art. 25 Der italienische Gesetzestext wird sprachlich angepasst, um die Übereinstimmung mit der deutschen Fassung von Artikel 25 PsyG sowie dem MedBG und dem GesBG zu gewährleisten.

Art. 26 Im französischen Gesetzestext war aufgrund der bisherigen Übersetzung der Entzug der Bewilligung aufgrund von Tatsachen, welche vor der Erteilung der Bewilligung 61

SR 935.81

8766

stattfanden, von denen die Behörde aber erst nach der Erteilung Kenntnis hatte, fälschlicherweise ausgeschlossen. Die Anpassung korrigiert dies.

Art. 27 Einleitungssatz und Bst. f Mit der Ausdehnung des Geltungsbereichs auch auf die im öffentlichen Dienst in eigener fachlicher Verantwortung tätigen Psychotherapeutinnen und -therapeuten muss diese Bestimmung angepasst werden. Der Nachweis einer ausreichenden Absicherung der Berufsrisiken gilt daher neu als erbracht, falls für die Ausübung ihrer Tätigkeit das Staatshaftungsrecht zur Anwendung gelangt oder die Person in einem Anstellungsverhältnis in einer Institution tätig ist und diese hinreichend versichert ist. Das heisst, die Institution kommt für die Risiken auf, die mit der Berufsausübung ihrer Angestellten verbunden sind. In allen anderen Fällen hat die Person, wie bisher, eine eigene Berufshaftpflichtversicherung nach Massgabe der Art und des Umfangs der Risiken, die mit ihrer Tätigkeit verbunden sind abzuschliessen. Die Möglichkeit, an Stelle einer Berufshaftpflichtversicherung eine vergleichbare finanzielle Sicherheit zu erbringen, entfällt aufgrund der Harmonisierung zwischen dem MedBG, PsyG und GesBG.

Art. 42

Datenbekanntgabe62

Dieser Artikel wird, soweit sachlich korrekt, gleich wie die entsprechende Bestimmung des MedBG (Art. 53) und des GesBG formuliert (vgl. Kommentierung von Art. 26). Im PsyReg wird die Versichertennummer der AHV nicht erfasst, deshalb braucht es hier keine Bestimmung zur Bekanntgabe dieser Nummer.

Art. 49 Abs. 4 Hier wird im französischen Text eine Anpassung vorgenommen, um die Harmonisierung zwischen dem GesBG, dem MedBG sowie dem PsyG zu gewährleisten.

Art. 49a (neu) Übergangsbestimmung zur Änderung vom ...

Wer bei Inkrafttreten dieser Änderung bereits in Übereinstimmung mit dem kantonalen Recht über eine Berufsausübungsbewilligung für die fachlich eigenverantwortliche Ausübung der Psychotherapie in einer öffentlich-rechtlichen Institution verfügt, soll diese im entsprechenden Kanton weiterhin in eigener fachlicher Verantwortung ausüben können, auch wenn die nach diesem Gesetz geforderte Ausoder Weiterbildung nicht vorliegt. Muss hingegen eine betroffene Person nach Inkrafttreten dieser Änderung eine neue Berufsausübungsbewilligung zur Ausübung des Psychotherapieberufes in eigener fachlicher Verantwortung beantragen, beispielsweise weil sie den Kanton wechselt, muss sie die Erfüllung der Voraussetzungen gemäss Gesetz nachweisen (Abs. 1).

Absatz 2 räumt Personen, die nach kantonalem Recht vor Inkrafttreten dieser Änderung keine Berufsausübungsbewilligung benötigten und erst gemäss neuem Recht eine bewilligungspflichtige Tätigkeit ausüben, eine fünfjährige Übergangsfrist ein.

Dabei handelt es sich insbesondere um in öffentlich-rechtlichen Institutionen tätige Psychotherapeutinnen und -therapeuten, die in eigener fachlichen Verantwortung 62

In der noch nicht in Kraft getretenen Fassung vom 18. März 2011 (AS 2012 1929)

8767

und in einem Kanton arbeiten, der nur die privatrechtliche Tätigkeit an eine Bewilligungspflicht geknüpft hat. Diese Frist soll den betroffenen Personen ermöglichen, eine Bewilligung zu beantragen, sich allenfalls neu zu organisieren oder Nachqualifikationen zu erwerben.

3

Auswirkungen

Zu den Auswirkungen des GesBG wurde eine Regulierungsfolgenabschätzung durchgeführt.63 Die Ausführungen in diesem Kapitel basieren darauf.

3.1

Auswirkungen auf den Bund

Der vorliegende Gesetzesentwurf hat Auswirkungen auf die Aufgabenerfüllung des BAG. Diesem wird die Führung eines neuen Registers übertragen.

Die Anerkennung der ausländischen Diplome liegt heute in der Zuständigkeit des SBFI, in dessen Auftrag das Schweizerische Rote Kreuz die Überprüfungen bei den meisten Gesundheitsberufen vollzieht. Eine solche Beauftragungsmöglichkeit ist auch im vorliegenden Gesetzesentwurf vorgesehen. Sollte der Bundesrat die Anerkennung ausländischer Bildungsabschlüsse dem SBFI zuweisen, so entsteht diesem einzig durch die Aufnahme der Osteopathie ein geringer zusätzlicher Aufwand, welcher mit den bestehenden Ressourcen bewältigt werden kann.

Die Verfahren zur Programmakkreditierung sind mit denjenigen des FHSG vergleichbar. Während der Bund unter dem FHSG die Kosten für die Akkreditierung übernahm, zahlen die Hochschulen und die anderen Institutionen des Hochschulbereichs gemäss HFKG Gebühren für die im vorliegenden Gesetzesentwurf verlangte Akkreditierung der Studiengänge, womit dem Bund daraus keine zusätzliche Belastung entsteht.

Das GesReg stellt demgegenüber eine neue Aufgabe für den Bund dar. Mit dem bestehenden MedReg liegen Zahlengrundlagen für eine grobe Kostenschätzung vor.

Das GesReg wird ähnlich wie das MedReg aufgebaut. Weil das interkantonale NAREG sich ebenfalls an der Struktur des MedReg orientiert, könnten diejenigen darin enthaltenen Daten, welche auch für das künftige GesReg von Relevanz sind, allenfalls in das GesReg überführt werden. Dadurch sind Synergieeffekte zu erwarten, welche sich kostendämpfend auswirken sollten. Für das MedReg betrug der Initialaufwand rund 550 000 Franken für die Programmierung und die Datenmigration, während für den Betrieb und die Weiterentwicklung des Registers 300 000 bis 500 000 Franken pro Jahr anfallen. Im Sinne einer groben Schätzung ist aus heutiger Sicht für den Aufbau des GesReg inklusive Personalressourcen mit einmaligen Kosten von 700 000 Franken und wiederkehrenden Ausgaben von 350 000 Franken für dessen Weiterentwicklung zu rechnen. Da das Gesundheitsberuferegister grösstenteils gebührenfinanziert werden soll, ist für den Bund keine hohe wiederkehrende Belastung zu erwarten. Diese dürfte sich auf weniger als 100 000 Franken pro Jahr belaufen. Der Bundesrat kann Dritte mit der Führung des Registers beauftragen, 63

B,S,S Volkswirtschaftliche Beratung (28.5.2015), Regulierungsfolgenabschätzung Gesundheitsberufegesetz (GesBG); verfügbar unter: www.gesbg.admin.ch (Stand: 25.11.2015).

8768

wenn er dies beispielsweise aus Kostengründen als zweckmässig erachtet. Aus heutiger Sicht ist denkbar, dass der Bundesrat die Zuständigkeit für das GesReg der GDK überträgt. Der administrative Betrieb des Registers könnte im Auftrag der GDK durch das SRK sichergestellt werden, wie dies bereits beim NAREG der Fall ist. Damit würden Synergien zwischen GesReg und NAREG genutzt. Die vorliegende Kostenschätzung ist auch auf diese Option anwendbar.

Neben den Kosten in Form von administrativen Aufwänden könnte der Bund insbesondere auch von einer allfälligen Erhöhung der Studierendenzahlen betroffen sein, die er über die Finanzierung der Fachhochschulen mittragen würde. Es ist allerdings nur schwer abschätzbar, ob und inwieweit der vorliegende Gesetzesentwurf einen Effekt auf die Anzahl Studierende haben wird.

Das BAG übernimmt für die Erarbeitung der Vollzugsverordnungen die Federführung. Die Projektleitung steuert sämtliche Arbeiten und stimmt diese zwischen den Departementen (EDI und WBF) sowie den Ämtern (BAG und SBFI) ab. Weiter stellt sie die Koordination der Teilprojekte mit den verschiedenen Institutionen und Berufsgruppen sowie die Abstimmung mit dem MedBG, dem PsyG und dem Bundesgesetz vom 18. März 199464 über die Krankenversicherung (KVG) sicher. Für die Arbeiten zur Festlegung der berufsspezifischen Kompetenzen der sieben im künftigen GesBG geregelten Berufe sowie den Aufbau der Akkreditierungsstandards in Koordination mit dem HFKG ist eine Teilprojektleitung erforderlich. Sie erarbeitet auch die entsprechenden Vollzugsverordnungen. Eine zweite Teilprojektleitung erstellt das Konzept für das Gesundheitsberuferegisters und die dazu gehörige Vollzugsverordnung. Für diese Vollzugsaufgaben dürfte sich nur ein sehr begrenzter und zeitlich befristeter zusätzlicher Personalaufwand von maximal 1­2 Vollzeitstellen ergeben.

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Vorlage insgesamt geringe Auswirkungen auf den Bundeshaushalt haben wird.

3.2

Auswirkungen auf die Kantone

Die Kantone sind vom künftigen GesBG durch die Regelung der Berufsausübung in eigener fachlicher Verantwortung sowie das Gesundheitsberuferegister betroffen.

Insgesamt kann von einem positiven Kosten-Nutzen-Verhältnis für die Kantone ausgegangen werden. Auf die Gemeinden hat das GesBG keine Auswirkungen.

Die effektiven Änderungen bestimmen sich durch die aktuellen kantonalen Regelungen und sind je nach Kanton unterschiedlich. Für die im vorliegenden Gesetzesentwurf geregelten Berufe wird von etlichen Kantonen bereits heute eine Bewilligung für die Berufsausübung in eigener fachlicher Verantwortung gefordert. Viele Kantone unterstellen zudem weitere Berufe der Bewilligungspflicht, was ihnen auch künftig offensteht. Der vorliegende Gesetzesentwurf verändert insgesamt für etliche Kantone die im Bereich der Berufsausübungsbewilligung anfallenden laufenden Kosten nicht. Für Kantone, die heute nur die privatwirtschaftliche Berufsausübung in eigener fachlicher Verantwortung regeln, entsteht durch die Ausweitung des Geltungsbereichs auf alle in eigener fachlicher Verantwortung tätigen Fachpersonen, namentlich durch die erweiterte Bewilligungspflicht und Aufsichtstätigkeit, ein 64

SR 832.10

8769

zusätzlicher finanzieller und personeller Aufwand. Dieser ist von der Versorgungsstruktur der Kantone und der Anzahl der in eigener fachlicher Verantwortung tätigen Personen abhängig und lässt sich nicht allgemein quantifizieren. Dabei gilt es zu berücksichtigen, dass die Kantone gemäss dem Vollzugsföderalismus-Artikel in der Verfassung (Art. 46 Abs. 1 BV) gehalten sind, das Bundesrecht entschädigungslos umzusetzen. Dies gilt umso mehr, als die Vereinheitlichung der Bewilligungsvoraussetzungen im Gegenzug auch Vereinfachungen und damit administrative Entlastungen mit sich bringen werden: Beispielsweise können bei einem Zuzug aus anderen Kantonen die Voraussetzungen für die Erteilung der Berufsausübungsbewilligungen vereinfacht überprüft werden. Ein einmaliger Aufwand fällt hingegen für die Anpassung der gesetzlichen Grundlagen an das künftige GesBG an.

Weiter entstehen den Kantonen Kosten für das Register: Die bereits bestehenden Bewilligungen müssen erfasst werden. Zudem fällt ein laufender Aufwand für die Datenerfassung und die Datenpflege an. Durch das Register werden aber die Verfahren zur Berufsausübungsbewilligung und die Aufsicht über die Fachpersonen vereinfacht, was die finanzielle Beteiligung der Kantone an einer allfälligen Gebührenunterdeckung der Registerkosten rechtfertigt. Auch liefert das Register statistische Grundlagen, welche die Kantone für die Steuerung der Gesundheitsversorgung nutzen können. Der Bundesrat wird sich im Rahmen der rechtlichen Gegebenheiten für die Nutzerfreundlichkeit des Registers einsetzen.

Da die Kantone die Studierendenzahlen an den Fachhochschulen steuern, ergibt sich bei ihnen einen Anreiz eine unerwünschte Erhöhung der Studierendenzahlen durch das künftige GesBG zu vermeiden.

3.3

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

Das künftige GesBG fördert die Qualität der Gesundheitsversorgung durch verschiedene Aspekte: Die verbindlich definierten Kompetenzen der Absolventinnen und Absolventen von Hochschulstudiengängen sowie die Akkreditierung der Studiengänge steigern die Ausbildungsqualität. Das Register trägt zu einer Erhöhung der Transparenz und der Qualitätssicherung in der Gesundheitsversorgung bei. Die einheitlichen Anforderungen an die Berufsausübung und die Disziplinarmassnahmen verbessern schliesslich die Patientensicherheit.

3.3.1

Gesundheitsfachpersonen

Rund 12 000 Gesundheitsfachpersonen in den vom GesBG erfassten Berufen sind heute selbstständig erwerbend. Dazu kommen von Expertinnen und Experten geschätzte 2500 bis 10 000 Personen, die in öffentlich-rechtlichen Institutionen in eigener fachlicher Verantwortung tätig sind.

Die im vorliegenden Gesetzesentwurf geregelten Gesundheitsfachpersonen profitieren von einer Stärkung der Rechtssicherheit: Das künftige GesBG erleichtert durch die Vereinheitlichung der Voraussetzung der Berufsausübung in eigener fachlicher Verantwortung die interkantonale Mobilität. Das Register stellt einen Qualifikationsnachweis gegenüber Patientinnen und Patienten dar.

8770

Demgegenüber fallen neue Kosten für die Erfüllung der Anforderungen an das lebenslange Lernen an, deren Höhe von der Umsetzung dieser Berufspflicht von Seiten der Kantone oder den Verbänden abhängt. Weiter sind Gebühren für die Berufsausübungsbewilligungen zu bezahlen. Diese belaufen sich beispielsweise für Pflegefachfrauen und Pflegefachmänner momentan auf zwischen 160 und 800 Franken pro Bewilligung. Da sich der Aufwand der Kantone für die Bewilligungserteilung gemäss GesBG voraussichtlich nicht verändert, ist für die Gesamtheit der Gesundheitsfachpersonen diesbezüglich nicht mit grösseren Mehrkosten zu rechnen.

Mehrkosten fallen für diejenigen Gesundheitsfachpersonen an, die in den wenigen Kantonen tätig sind, in denen der entsprechende Beruf heute noch nicht bewilligungspflichtig ist. Davon betroffen sind hauptsächlich die Optometristinnen und Optometristen sowie die Osteopathinnen und Osteopathen. Schweizweit handelt es sich um je rund 1000 Fachpersonen, wobei nicht alle in eigener fachlicher Verantwortung tätig sind.

Weiter fallen für die Gesundheitsfachpersonen Gebühren für den Registereintrag an.

Diese sind im Unterschied zu den Gebühren für die Berufsausübungsbewilligungen neu und bestimmen sich durch die effektiv anfallenden Kosten für das Register sowie durch den Anteil der Gebührenfinanzierung. Diese Gebühren sind aktuell noch nicht bestimmt.

Jährlich werden rund 3000 Bildungsabschlüsse von ausländischen Gesundheitsfachpersonen anerkannt. Da sich die Anerkennungsverfahren durch den vorliegenden Gesetzesentwurf nicht verändern, sind keine Auswirkungen auf die ausländischen Gesundheitsfachpersonen zu erwarten.

3.3.2

Arbeitgeber

Die Arbeitgeber ­ dies sind primär die knapp 300 Spitäler, die rund 1600 Alters- und Pflegheime sowie die etwa 900 Spitex-Leistungserbringer ­ profitieren von den verbindlich definierten Kompetenzen der Absolventinnen und Absolventen eines Hochschulstudiengangs und der damit verbundenen einheitlichen Ausbildungsqualität. Weiter können die Abschlüsse im Register einfach überprüft werden, was eine administrative Erleichterung mit sich bringt. Direkte Kosten fallen für die Arbeitgeber nicht an; möglicherweise unterstützen sie die bei ihnen tätigen Fachpersonen jedoch im Rahmen der Weiterbildung (Berufspflicht lebenslanges Lernen) oder bei anfallenden Gebühren, beispielsweise für die Berufsausübungsbewilligung.

3.3.3

Patientinnen und Patienten

Die Patientinnen und Patienten profitieren von der durch das künftige GesBG sichergestellten Qualität der Ausbildung und der durch die kantonalen Aufsichtsbehörden kontrollierten Berufsausübung sowie der durch das Register erhöhten Transparenz.

8771

3.4

Auswirkungen auf die Gesellschaft

3.4.1

Fachhochschulen

Der vorliegende Gesetzesentwurf hat Auswirkungen auf die Hochschulen und auf die anderen Institutionen des Hochschulbereichs gemäss HFKG, die einen nach dem künftigen Gesetz geregelten Studiengang anbieten. Mit der Ablösung des FHSG durch das HFKG besteht keine Pflicht zur Akkreditierung der Studiengänge mehr.

Mit der Programmakkreditierung gemäss vorliegendem Gesetzesentwurf erhöht sich der Aufwand für die Hochschulen und für die anderen Institutionen des Hochschulbereichs gemäss HFKG. Die Programmakkreditierung war unter dem FHSG für die Fachhochschulen bereits obligatorisch. Während jedoch früher der Bund die Kosten für die Akkreditierung übernahm, müssen die Fachhochschulen im Sinne des Äquivalenzprinzips künftig Gebühren bezahlen für die Bundesleistung bezahlen. 65 Im Jahr 2015 bieten sieben Hochschulen (davon eine private Hochschule) schweizweit insgesamt 21 Studiengänge (20 Bachelor und 1 Master) an, die dem Geltungsbereich des GesBG zugeordnet werden können und entsprechend einer Akkreditierungspflicht unterstehen (Art. 6 GesBG). Für die Verfahren zur Programmakkreditierung nach HFKG werden gestützt auf Artikel 35 Absatz 2 HFKG kostendeckende Gebühren erhoben. Die institutionelle Akkreditierung ist nicht aufgrund des GesBG, sondern aufgrund des HFKG erforderlich. Basierend auf dem Gebührenreglement vom 12. März 201566 des Schweizerischen Akkreditierungsrats (GebReg-SAR) würden sich die Kosten für die Programmakkreditierung dieser 21 Studiengänge auf insgesamt ungefähr 300 000 Franken belaufen. Diese Summe wurde von den direkten und indirekten Kosten für die Programmakkreditierungen nach HFKG abgeleitet. Die Gebühren für Programmakkreditierungen nach GesBG sind im GebReg-SAR nicht festgelegt; die Kosten werden je nach Zeitaufwand (Anzahl Vor-Ort-Visiten und Gutachterinnen und Gutachter, etc.) unterschiedlich ausfallen. Genaue Kosten und damit die exakte Höhe der für die Fachhochschulen anfallenden Gebühren lassen sich daher noch nicht abschätzen. Der für die Fachhochschulen anfallende Mehraufwand wird jedoch ein vertretbares Ausmass nicht überschreiten, zumal ein Teil dieser Kosten über die Grundbeiträge des Bundes mitfinanziert werden dürfte. Hinzu kommt, dass die Akkreditierungsverfahren Raum bieten für Synergien (z. B. Bündelung der Verfahren), die allenfalls zu einer Reduktion der Kosten
für die Fachhochschulen führen könnten.

Die Kompetenzen, wie sie im GesBG definiert sind, lehnen sich stark an die bereits vorhandenen Arbeiten67 an, weshalb die inhaltlichen Änderungen als gering eingeschätzt werden können. Dennoch gilt es, die berufsspezifischen Kompetenzen zu präzisieren und die Curricula anzupassen, was für die Fachhochschulen einen gewissen Aufwand generiert.

Für die Fachhochschulen (wie auch für die höheren Fachschulen in Pflege) fallen schliesslich geringe Mehraufwände für die Meldung der Diplome an (Register).

65 66 67

vgl. FHSG Art. 17a sowie HFKG Art. 35.

verfügbar unter: www.aaq.ch > die AAQ > Reglemente [Stand: 9.9.2015] Cécile Ledergerber, Jacques Mondoux, Beat Sottas (25.6.2009): Projekt Abschlusskompetenzen FH-Gesundheitsberufe, Abschlussbericht; verfügbar unter: www.swissuniversities.ch > Publikationen > Kammer Fachhochschulen > Best Practices > Gesundheitsberufe FH (Stand: 2.6.2015).

8772

3.4.2

Studierende der Hochschulen im Gesundheitsbereich

Aktuell absolvieren rund 6300 Studierende einen im vorliegenden Gesetzesentwurf geregelten Hochschulstudiengang. Die Studierenden profitieren aufgrund der verbindlich und einheitlich definierten Kompetenzen sowie der Programmakkreditierung von einer Erhöhung der Ausbildungsqualität. Kosten treten für sie durch das künftige GesBG keine auf.

3.4.3

Auswirkungen auf die obligatorische Krankenpflegeversicherung (OKP)

Mit dem künftigen GesBG werden die Anforderungen an die Ausbildung und die Berufsausübung der im Gesetz geregelten Gesundheitsberufe vereinheitlicht und damit die Qualität und Attraktivität der Ausbildung und Berufe gesteigert. Vor diesem Hintergrund besteht ein Risiko, dass längerfristig eine Lohnerhöhung der betroffenen Berufe gefordert werden könnte, was tendenziell zu höheren OKPKosten führen dürfte. Im Gegenzug sind aufgrund der Optimierung der Ausbildung und Berufsausübung auch auf lange Sicht Einsparungen in der Grundversicherung möglich. Der zu erwartende Nettoeffekt für die OKP ist nur schwer abschätzbar. Der Gesetzesentwurf hat keine direkten Auswirkungen bezüglich des Zugangs zur Abrechnung der Leistungen dieser Berufe zulasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung.

4

Verhältnis zur Legislaturplanung und zu nationalen Strategien des Bundesrates

4.1

Verhältnis zur Legislaturplanung

Die Vorlage ist in der Botschaft vom 25. Januar 201268 zur Legislaturplanung 2011­2015 und im Bundesbeschluss vom 15. Juni 201269 über die Legislaturplanung 2011­2015 angekündigt.

4.2

Verhältnis zu nationalen Strategien des Bundesrates

Mit der Agenda «Gesundheit2020» hat der Bundesrat seine gesundheitspolitischen Prioritäten festgelegt. Die Agenda formuliert im Rahmen einer umfassenden Strategie Ziele und Massnahmen, die in allen Bereichen der Gesundheitsversorgung ansetzen. Im Handlungsfeld Versorgungsqualität wird als explizites Ziel der bundesrätlichen Prioritäten mehr und gut qualifiziertes Gesundheitspersonal genannt. Die Anzahl der universitären und nicht universitären Aus- und Weiterbildungsplätze soll dem Bedarf entsprechen und die Lerninhalte sollen den Anforderungen einer koordinierten Versorgung angepasst werden, damit in der Schweiz genügend und den Bedürfnissen entsprechend ausgebildetes Gesundheitspersonal vorhanden ist.

68 69

BBl 2012 481, hier 583 und 619 BBl 2012 7155, hier 7164

8773

Als Massnahmen werden die Ausbildung einer ausreichenden Zahl von Ärztinnen und Ärzten und Pflegefachpersonen in den entsprechenden Fachrichtungen angesprochen: ­

Die medizinische Grundversorgung (namentlich die Hausarztmedizin) und die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Gesundheitsberufen sollen durch die Anpassung der Aus- und Weiterbildungen, die Stärkung der Forschung und die Schaffung günstiger Voraussetzungen für die Berufsausübung gefördert werden.

­

Das Gesundheitsberufegesetz soll eingeführt werden, damit Qualität und Kompetenzen der Ausgebildeten in den neu auf Fachhochschulstufe entstandenen Gesundheitsberufen gewährleistet und auf den Bedarf im Gesundheitssystem abgestimmt sowie die Voraussetzungen für neue Versorgungsmodelle geschaffen werden können.

Die Einführung des Gesundheitsberufegesetzes leistet einen wesentlichen Beitrag zur Förderung und Entwicklung einer qualitativ hochstehenden Gesundheitsversorgung.

5

Rechtliche Aspekte

5.1

Verfassungs- und Gesetzmässigkeit

5.1.1

Rechtsgrundlage

Der Entwurf des GesBG stützt sich auf Artikel 117a Absatz 2 Buchstabe a BV. Es handelt sich dabei um eine umfassende Kompetenz des Bundes, die Aus- und Weiterbildung sowie die Ausübung von Berufen im Bereich der medizinischen Grundversorgung zu regeln.70 Der Bund kann für die medizinische Grundversorgung sowohl im privatrechtlichen als auch im öffentlich-rechtlichen Bereich Vorschriften erlassen.71 In welchem Umfang der Gesetzgeber tätig wird, liegt letztlich in seinem Ermessen. Er hat aber dabei das Subsidiaritätsprinzip von Artikel 5a BV zu beachten.72 Der Begriff der medizinischen Grundversorgung ist weit gefasst und orientiert sich am üblichen Bedarf der Bevölkerung an grundlegenden medizinischen Gütern und Dienstleistungen, die nicht von einer einzelnen Berufsgruppe, sondern von verschiedenen Fachpersonen und Institutionen erbracht werden.73 Die medizinische Grundversorgung umfasst Untersuchungen und Behandlungen: 1.

70

71 72 73

einer gesundheitlichen Beeinträchtigung, einschliesslich einer Beeinträchtigung einer Körperfunktion, die einen Grossteil der Bevölkerung betreffen kann;

vgl. Botschaft zur Volksinitiative «Ja zur Hausarztmedizin», BBl 2011 7553, S. 7578; vgl. zum Ganzen auch Gächter Thomas/Renold-Burch Stephanie (2015): Rechtsgutachten zur Tragweite von Art. 117a Abs. 2 lit. a BV für die Gesundheitsberufe. Universität Zürich; verfügbar unter: www.gesbg.admin.ch (Stand: 25.11.2015).

vgl. Botschaft zur Volksinitiative «Ja zur Hausarztmedizin», BBl 2011 7553, S. 7588.

vgl. Botschaft zur Volksinitiative «Ja zur Hausarztmedizin», BBl 2011 7553, S. 7578, sowie auch Schweizer/Müller, St. Galler Kommentar zu Art. 5a BV, RZ 16­25.

vgl. Botschaft zur Volksinitiative «Ja zur Hausarztmedizin», BBl 2011 7553, S. 7577.

8774

2.

die der Vorbeugung, Diagnose oder Behandlung einer solchen gesundheitlichen Beeinträchtigung dienen oder infolge einer solchen Beeinträchtigung ein rehabilitatives oder palliatives Ziel verfolgen;

3.

die von Personen vorgenommen werden, die zu diesem Zweck ausgebildet sind;

4.

die einem Grossteil der Personen mit einer solchen gesundheitlichen Beeinträchtigung zugänglich sind;74

5.

die auf dem gesamten Schweizer Staatsgebiet durchgeführt werden; und

6.

die nicht zur Spitzenmedizin gehören;

Auch Teil der medizinischen Grundversorgungen bilden die im Rahmen einer Schwanger- und Mutterschaft notwendigen Untersuchungen und Behandlungen, welche die Kriterien gemäss Ziffer 2 bis 6 sinngemäss erfüllen.

Die Leistungen von Fachpersonen der Pflege, Ergotherapie, Physiotherapie, Ernährungsberatung, Optometrie, Osteopathie sowie von Hebammen gehören grundsätzlich zu den typischen oben beschriebenen Dienstleistungen der medizinischen Grundversorgung im Sinne von Artikel 117a BV. Daher hat der Bund gestützt auf Artikel 117a Absatz 2 Buchstabe a BV die Kompetenz, die Ausbildung und Weiterbildung sowie die Anforderungen an die Ausübung dieser Berufe zu regeln.

5.1.2

Vereinbarkeit mit den Grundrechten

Die privatwirtschaftliche Ausübung eines Gesundheitsberufs fällt in den Schutzbereich der Wirtschaftsfreiheit (Art. 27 Abs. 1 BV). Die Pflicht zur Programmakkreditierung sowie die damit verbundene Vereinheitlichung der Bildungsinhalte tangiert die Hochschulautonomie und damit die Wissenschaftsfreiheit (Art. 20 BV). Eingriffe in diese Grundrechte bedürfen einer gesetzlichen Grundlage, müssen durch ein öffentliches Interesse oder den Schutz von Grundrechten Dritter gerechtfertigt sowie verhältnismässig sein. Die gesetzliche Grundlage wird mit dem Gesetzesentwurf geschaffen. Das öffentliche Interesse an einer Regelung der vom Gesetzesentwurf erfassten Gesundheitsberufe ergibt sich aus dem Anspruch der Öffentlichkeit, mit qualitativ hochstehenden Dienstleistungen versorgt und vor unqualifizierten Anbieterinnen und Anbietern geschützt zu werden. Die Eingriffe in die Wirtschaftsfreiheit und in die Wissenschaftsfreiheit sind aufgrund des Gesetzesentwurfs auf das für die Erreichung des Regelungszwecks Erforderliche beschränkt. Die berufsübergreifende Vereinheitlichung der Kompetenzen in den vom GesBG geregelten Gesundheitsberufen ist eine notwendige Massnahme für die Qualitätssicherung und die Ausrichtung des Gesundheitswesens auf neue Versorgungsmodelle.

Die Unterstellung der privatwirtschaftlichen Berufsausübung in eigener fachlicher Verantwortung stellt einen notwendigen Eingriff dar, um die Qualität in den hier geregelten Bereichen der medizinischen Grundversorgung zu fördern und die Patientensicherheit zu gewährleisten. Hingegen wäre aus heutiger Sicht eine Erweiterung der Reglementierung auf die privatwirtschaftliche Berufsausübung unter fachlicher Aufsicht unverhältnismässig, deshalb wird darauf verzichtet.

74

vgl. betreffend «Zugänglichkeit der medizinischen Grundversorgung» auch Botschaft zur Volksinitiative «Ja zur Hausarztmedizin», BBl 2011 7553, S. 7577.

8775

5.2

Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz

Das FZA sowie das EFTA-Übereinkommen (Anhang K) regeln den freien Personenverkehr zwischen der Schweiz und den EU/EFTA-Staaten. Der im FZA bzw. im EFTA-Übereinkommen allgemein festgelegte und mit mehreren Bestimmungen der Abkommen konkretisierte Grundsatz der Nichtdiskriminierung verlangt von den Vertragsparteien die Beseitigung aller Regelungen, die ein Hindernis in der Verwirklichung des freien Personenverkehrs darstellen. Ein solches Hindernis können innerstaatliche Regelungen über die Berufsausübung bilden. Im Bereich der Gesundheitsberufe bestehen momentan unterschiedliche Reglementierungen auf kantonaler Ebene, wonach für die Berufsausübung bestimmte fachliche Qualifikationen verlangt werden. Mit einheitlichen Voraussetzungen zur Berufsausübung in eigener fachlicher Verantwortung behebt der Gesetzesentwurf dieses Hindernis.

Der Gesetzesentwurf sieht eine Bewilligungspflicht für die Berufsausübung in eigener fachlicher Verantwortung vor. Dabei werden zur Berufsausübung ein bestimmter Bildungsabschluss sowie die Kenntnis einer Amtssprache des Kantons verlangt. Zudem muss die gesuchstellende Person nachweisen, dass sie vertrauenswürdig ist sowie physisch und psychisch Gewähr für eine einwandfreie Berufsausübung bietet. Diese Vorgaben stehen im Einklang mit den Vorgaben des Freizügigkeitsabkommens und des EFTA-Übereinkommens bzw. der Richtlinie 2005/36/EG der EU über die Anerkennung von Berufsqualifikationen, welche die Schweiz im Rahmen des FZA bzw. des EFTA-Übereinkommens übernommen hat. Diese Richtlinie findet auf alle reglementierten Berufe Anwendung.

Für bestimmte Berufe, wie Pflegefachfrauen und -fachmänner sowie Hebammen, sieht die Richtlinie eine automatische Anerkennung vor, weil die Mindestanforderungen an die Ausbildung koordiniert sind. Für die anderen im Gesetzesentwurf geregelten Berufe, die nicht automatisch anerkannt werden, gilt die allgemeine Regelung für die Anerkennung der Richtlinie 2005/36/EG. Wenn sich die Dauer oder die Inhalte der Ausbildung wesentlich unterscheiden, haben die Staaten die Möglichkeit, Ausgleichsmassnahmen in Form eines Anpassungslehrgangs oder einer Eignungsprüfung zu verlangen. Artikel 10 des GesBG-Entwurfs enthält die entsprechende Regelung zur Anerkennung der Gleichwertigkeit der entsprechenden ausländischen Abschlüsse insbesondere in Übereinstimmung
mit den Vorgaben der genannten Richtlinie. Die Reglementierung ist daher mit den Verpflichtungen der Schweiz aus dem Freizügigkeitsabkommen und dem EFTA-Übereinkommen vereinbar.

Die Richtlinie 2005/36/EG wurde in der EU im Dezember 2013 angepasst. Diese Änderungsrichtlinie [Richtlinie 2013/55/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. November 201375 zur Änderung der Richtlinie 2005/36/EG über die Anerkennung von Berufsqualifikationen und der Verordnung (EU) Nr. 1024/2012 über die Verwaltungszusammenarbeit mit Hilfe des Binnenmarkt-Informationssystems («IMI-Verordnung»)] sieht gewisse Anpassungen zu Ausbildungsvoraussetzungen bzw. in den Kompetenzen der Pflegefachfrauen/-männer und der Hebammen vor. Diese Richtlinie gilt zurzeit für die Schweiz noch nicht, weil sie im Anhang III FZA noch nicht übernommen wurde. Ob und wann die Schweiz die 75

ABl. L 354 vom 28.12.2013, S.132.

8776

Richtlinie 2013/55/EU übernehmen wird, hängt von der Umsetzung der Eidgenössischen Volksinitiative «Gegen Masseneinwanderung» vom 9. Februar 201476 ab. Die Ausbildungen in der Schweiz sowie die Regelungen des GesBG hinsichtlich Kompetenzen und Berufsausübung der Pflegefachfrauen/-männer und der Hebammen stehen aber bereits heute im Einklang mit der Richtlinie 2013/55/EU.

5.3

Erlassform

Nach Artikel 164 BV sind alle wichtigen rechtsetzenden Bestimmungen in der Form des Bundesgesetzes zu erlassen. Diesem Erfordernis wird der Erlass des vorliegenden Gesetzes gerecht.

Bundesgesetze unterliegen nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe a BV dem fakultativen Referendum. Vorliegend sieht das GesBG explizit das fakultative Referendum vor (Art. 33 Abs. 1).

5.4

Unterstellung unter die Ausgabenbremse

Artikel 159 Absatz 3 Buchstabe b BV sieht zum Zweck der Ausgabenbegrenzung vor, dass Subventionsbestimmungen und Verpflichtungskredite sowie Zahlungsrahmen, die neue einmalige Ausgaben von mehr als 20 Millionen Franken oder wiederkehrende Ausgaben von mehr als 2 Millionen Franken nach sich ziehen, in jedem der beiden Räte der Zustimmung der Mehrheit aller Mitglieder bedürfen.

Weil die Vorlage weder Subventionsbestimmungen noch Finanzierungsbeschlüsse beinhaltet, unterliegt das Geschäft nicht der Ausgabenbremse.

5.5

Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen

Der Entwurf enthält Delegationsnormen zum Erlass von Verordnungsrecht. Der Bundesrat als Verordnungsinstanz darf damit innerhalb der vom Gesetz beschriebenen Grenzen gesetzesergänzendes Verordnungsrecht erlassen. Die Delegationen betreffen Regelungen, deren Konkretisierungsgrad für die Gesetzesstufe nicht geeignet sind. Sie erlauben es, rasch auf die Bedürfnisse der Gesundheitsversorgung zu reagieren.

Nachfolgend werden diese Delegationsnormen aufgeführt:

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­

Artikel 5 Absatz 1: Der Bundesrat regelt unter Mitwirkung der Fachhochschulen und der betroffenen Organisationen der Arbeitswelt die berufsspezifischen Kompetenzen, die die Absolventinnen und Absolventen eines Bachelorstudienganges aufweisen müssen.

­

Artikel 5 Absatz 2: Der Bundesrat passt die berufsspezifischen Kompetenzen periodisch an die Entwicklung in den Gesundheitsberufen an.

­

Artikel 10 Absatz 3: Der Bundesrat regelt die Anerkennung ausländischer Bildungsabschlüsse im Geltungsbereich dieses Gesetzes. Er kann diese AufAS 2014 1391

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gabe an Dritte delegieren. Diese können für ihre Leistungen Gebühren erheben. Der Bundesrat regelt die Gebühren.

­

Artikel 10 Absatz 4: Der Bundesrat regelt die Modalitäten der Anerkennung ausländischer Bildungsabschlüsse im Geltungsbereich dieses Gesetzes. Er kann die Anerkennung von Ausgleichsmassnahmen abhängig machen.

­

Artikel 23 Absatz 3: Der Bundesrat kann Dritte mit der Führung des Registers beauftragen. Diese können für ihre Leistungen Gebühren erheben.

­

Artikel 24 Absatz 4: Der Bundesrat erlässt die Ausführungsvorschriften über die im Register enthaltenen Personendaten sowie über deren Bearbeitungsmodalitäten.

­

Artikel 26 Absatz 5: Der Bundesrat kann vorsehen, dass bestimmte Daten nur auf Anfrage zugänglich sind, wenn im Interesse der öffentlichen Gesundheit nicht erforderlich ist, dass sie im Internet öffentlich zugänglich sind.

­

Artikel 28 Absatz 2: Der Bundesrat regelt die Gebühren, namentlich deren Höhe; er beachtet dabei das Äquivalenzprinzip und das Kostendeckungsprinzip.

­

Artikel 32 Absatz 3: Inländische Abschlüsse nach bisherigem Recht sowie mit diesen als gleichwertig anerkannte ausländische Abschlüsse sind für die Erteilung der Berufsausübungsbewilligung den Abschlüssen nach Artikel 12 Absatz 2 gleichgestellt. Die Einzelheiten regelt der Bundesrat.

5.6

Datenschutz

Beim Register spielt die Datenbearbeitung eine zentrale Rolle, handelt es sich doch um ein System, dessen Zweck das Bereitstellen von diversen Daten der vom GesBG erfassten Gesundheitsfachpersonen zuhanden der betroffenen Behörden, aber insbesondere auch der Öffentlichkeit ist. Da es sich dabei zum Teil um besonders schützenswerte Daten handelt, kommt im Gesetzesentwurf dem Datenschutz und der Datensicherheit eine besondere Bedeutung zu. Zudem wurden alle für das Register wesentlichen Bestimmungen auf bundesgesetzlicher Ebene und somit stufengerecht verankert.

Es wurde bewusst darauf verzichtet, die allgemeinen Bearbeitungsgrundsätze des Datenschutzes zu wiederholen. Diese gelten aufgrund des Datenschutzgesetzes des Bundes und der Datenschutzgesetze der Kantone und müssen nicht erneut festgelegt werden. Von zentraler Bedeutung im Gesetzesentwurf ist der Schutz der eingetragenen Personen beziehungsweise von deren Daten, die für die Öffentlichkeit teilweise abrufbar gemacht werden. Der Gesetzesentwurf enthält daher zum Beispiel Regelungen über die Datenbekanntgabe und spezifisch über den Umgang mit den besonders schützenswerten Daten (Art. 26) sowie über die Löschung und die Entfernung der Daten (Art. 27).

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Der Bundesrat wird zudem in einer eigenen Registerverordnung analog der Verordnung vom 15. Oktober 200877 über das Register der universitären Medizinalberufe (Registerverordnung MedBG) sowie der Verordnung über das Psychologieberuferegister78 (PsyReg) die aufzunehmenden Daten sowie deren notwendige spezifische Bearbeitungsmodalitäten regeln (Art. 24 Abs. 3) sowie allenfalls festlegen, welche Daten für die Öffentlichkeit nur auf Antrag zugänglich sind (Art. 26 Abs. 4).

77 78

SR 811.117.3 Noch nicht veröffentlicht.

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