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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung über den Objektkredit für eine Versuchskäserei in Uettligen (Vom 14. September 1962)

Herr Präsident !

Hochgeehrte Herren !

Wir beehren uns, Sie um die Gewährung eines Objektkredites von 1,75 Millionen Franken für den Neubau einer Versuchskäserei in Uettligen zu ersuchen.

Zur Begründung dieses Gesuches legen wir Ihnen die nachstehende Botschaft vor in Befolgung des Bundesbeschlusses vom 15.März 1960 über die Bereitstellung der Objektkredite für den Ankauf von Liegenschaften sowie für Neuund Umbauten, der bestimmt, dass Ihnen Objektkreditbegehren mit besonderer Botschaft zu unterbreiten sind, wenn die für den Bund zu erwartenden Gesamtausgaben 800 000 Franken übersteigen.

I. Die Notwendigkeit einer bandeseigenen Versachskäserei

1. Unser Objektkreditbegehren betrifft eine in Uettligen bei Bern neu zu erstellende Versuchskäserei für die Eidgenössische milchwirtschaftliche Versuchsanstalt Liebefeld. Diese Versuchsanstalt verfügt zur Durchführung praktischer Käsungsversuche an ihrem Standort in Liebefeld über eine Kleinkäserei, in der jedoch nur begrenzte Tastversuche angestellt werden können. Sie eignet sich nicht für Versuche in der Grössenordnung einer normalen Käserei, und auch das hiefür nötige Milchquantum ist in Liebefeld weder vorhanden noch könnte es beschafft werden. Die Versuchsanstalt, die sich schon seit der Aufnahme ihrer Tätigkeit im Jahre 1901 vor allem mit der Abklärung und Behebung von Käsequalitätsfehlern befasst, ist gezwungen, praktische Versuche in fremden Käsereien durchzuführen. Die damit verbundenen Nachteile liegen auf der Hand und können heute, da der Käsequalität grössere Aufmerksamkeit als je geschenkt

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werden muss, nicht mehr verantwortet werden. Es drängt sich vielmehr auf, die Versuchsanstalt mit einer eigenen Versuchskäserei von genügender Grosse auszurüsten, wie dies das Landwirtschaftsgesetz verlangt, nach dessen Artikel 16 die vom Bund in verschiedenen Landesgegenden unterhaltenen Versuchs- und Untersuchungsanstalten mit den erforderlichen und wissenschaftlichen Einrichtungen und den für ihre Tätigkeit unerlässlichen Gutsbetrieben auszustatten sind.

Bisher konnte die Versuchsanstalt für gewisse Versuche die Käserei der Milchproduzentenschaft in Uettligen benutzen, wo schon in den dreissiger Jahren Untersuchungen über den Einfluss der landwirtschaftlichen Betriebsintensität auf die Käsequalität durchgeführt wurden.

Die Benützung der dortigen privaten Käserei vermag aber eine bundeseigene Versuchskäserei nicht zu ersetzen, weil den Privaten nicht zugemutet werden kann, die im Falle von Extremversuchen entstehenden Verluste auf sich zu nehmen, weshalb solche Versuche unterbleiben müssen. Nur eine den Anforderungen genügende bundeseigene Versuchskäserei bietet Gewähr für die volle Unabhängigkeit der Versuchstätigkeit. Es besteht nun die Möglichkeit, die alte private Käserei in Uettligen zu übernehmen und an ihrer Stelle eine solche bundeseigene Versuchskäserei zu errichten.

2. Bis vor wenigen Jahren waren die milchwirtschaftlichen Kreise allgemein der Auffassung, dass die in der Emmentalerkäserei auftretenden Qualitätsmängel vor allem auf Fehler in der Milchproduktion beruhten. Inzwischen konnte man aber aus den Ergebnissen von Versuchen und Forschungen immer mehr auch den Einfluss der fabrikationstechnischen Massnahmen in der Käserei als wesentlichen Faktor für die Käsequalität erkennen. Heute stehen deshalb fabrikationstechnische Versuche im Vordergrund des Interesses. Das Bedürfnis nach solchen Versuchen hat sich noch dadurch verstärkt, dass in der letzten Zeit verschiedene technische Neuerungen für die Käserei geschaffen wurden, wie z.B. Milchreifungswannen, Käsefertiger, Einrichtungen für Wärme- und Kältebehandlung der Milch usw., deren Auswirkungen auf die Herstellung von Emmentalerkäse eingehend und in einer speziell eingerichteten Versuchskäserei geprüft werden müssen.

3. Der Bau einer bundeseigenen Versuchskäserei wird auch von den verschiedenen massgebenden Instanzen befürwortet. Die
schweizerische Milchkommission stellte im Jahre 1957 Eichtlinien zur Förderung der Käsequalität auf. Diese enthielten Vorschläge für Massnahmen zur Förderung der Käsereitauglichkeit der Milch und der Fabrikationstechnik, für den Ausbau des milchwirtschaftlichen Kontroll- und Beratungsdienstes sowie der Versuchstätigkeit und der Grundlagenforschung. Ein im Herbst 1957 von der Abteilung für Landwirtschaft bestellter Koordinationsausschuss hat Massnahmen zur Verbesserung der Käsequalität zu prüfen und den zuständigen Stellen zur Durchführung vorzuschlagen. Eines der wichtigsten Mittel zur Förderung der Käsequalität auf breiter Basis erblickte der Koordinationsausschuss in der Erweiterung der Ver-

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suchstätigkeit und der Grundlagenforschung. Er beantragte deshalb, der rnilchwirtschaftliohen Versuchsanstalt Liebefeld eine ganzjährig fabrizierende und gut eingerichtete Versuchskäserei zur Verfügung zu stellen, in welcher Versuche auch unter extremen Bedingungen durchgeführt werden können.

Dieser Anregung stimmten auch die Aufsichtskommission der eidgenössischen landwirtschaftlichen Versuchsanstalten und die landwirtschaftliche Forschungskommission zu. Die rnilchwirtschaftlichen Organisationen ihrerseits haben sich in verschiedenen Eingaben und Eesolutionen zuhanden der Bundesbehörden für die Schaffung einer bundeseigenen Versuchskäserei ausgesprochen.

In der Herbst-Session 1961 reichte sodann Nationalrat W. Arni mit 22 Mitunterzeichnern folgende Interpellation betr. Versuchskäserei ein : «Zur praktischen Auswertung der wissenschaftlichen Versuchs- und Untersuchungsergebnisse der milchwirtschaftlichen Versuchsanstalt Liebefeld diente bisher der Käsereibetrieb der Käsereigenossenschaft Uettligen in der Nähe von Bern. Wenn das seit langem bestehende gute Verhältnis mit der Milchverwertungsorganisation dieser Ortschaft auch praktische Forschungs- und Anwendungsmöglichkeiten zuliess, so ergibt sich nunmehr doch die dringende Notwendigkeit des Ersatzes des Käsereigebäudes und der Einrichtungen, um damit die technischen Möglichkeiten zu einer intensiven, den neuzeitlichen Erkenntnissen und Forderungen entsprechenden Versuchstätigkeit zu erhalten. Gleichzeitig kann durch die Erstellung einer bundeseigenen Käserei eine strukturell und betriebswirtschaftlich geeignetere Basis für die Abklärung hängiger Versuchsprobleme geschaffen werden, um ein gewisses Qualitätsrisiko im Käsefabrikationsprozess in Kauf nehmen zu können. Nachdem, dem Vernehmen nach, gewisse Überlegungen und Vorbereitungen in bezug auf die Neuerstellung eines Gebäudes samt Einrichtungen für spezielle Versuchsmöglichkeiten bereits getätigt wurden, gestatten wir uns die Anfrage an den Bundesrat, wie er sich zur erwähnten Angelegenheit stellt. Die Notwendigkeit einer möglichst grossen Qualitätsproduktion bei der Käsefabrikation dürfte in-Anbetracht der grossen Konkurrenz auf dem Käsemarkt und der Bedeutung für unsere Milchwirtschaft unbestritten sein. Der Ausbau der Versuchskäserei als zweckdienliche Massnahme drängt sich auf.» u. Gestaltung und Standort der Versuchskäserei

1. Die räumliche Gestaltung einer Normalkäserei gilt grundsätzlich auch für die Versuchskäserei. Diese benötigt aber bei gleichem Milchquanturn grössere, mehrere gleichartige und zusätzliche Bäumlichkeiten. Für die Dimensionierung ist auf die grössten täglichen Milcheinlieferungen und sodann auf die besonderen Bedürfnisse des Versuchsbetriebes abzustellen. Von besonderer Bedeutung ist der sogenannte Parallelversuch, der darin besteht, dass in zwei Käsekessi mit gleicher Milch genau parallel gearbeitet wird, mit dem einzigen Unterschied, dass der zu prüfende Versuchsfaktor (Bakterienkulturen, unterschiedliche Fabrikationsdaten usw.) nur bei einer der beiden Fabrikationen angewendet wird.

845 Solche Versuche erfordern mindestens zwei Kessi, besser aber vier, so dass, je nach Jahreszeit und Milchmenge, bis zwei Parallelversuche gleichzeitig durchgeführt werden können.

Ein Versuchsbetrieb erheischt ferner im Vergleich zur Normalkäserei folgende zusätzliche Einrichtungen : a. einen kleinen Laborraum im Erdgeschoss neben dem Fabrikationsraum, mit den notwendigen Einrichtungen zur Vornahme laufender Betriebskontrollen ausgerüstet; fc. eine genügende Platzreserve im Milchaufbewahrungsraum (Milchkeller) und im Fabrikationsraum (Käseküche) zur ambulanten Aufstellung von Apparaten oder Gerätschaften (Käsefertiger, Pasteur, zu prüfende Apparate) mit den erforderlichen Anschlüssen (Kraft, Licht, Dampf, Eis-, Kalt- und Warmwasser) ; c. mehrere Kellerräumlichkeiten, mehrere Versuchskeller mit Klimatisierungsmöglichkeit zur Durchführung von Parallelversuchen (Reifungsversuche), einen Käse-Roboter; d. Klimatisierungsmöglichkeit in den Fabrikationslokalen sowie einen Plattenpasteur; e. einen Käsefertiger für Versuche über den Einfluss der handwerklichen Manipulationen auf die Qualität des Emmentalerkäses sowie die Rationalisierung der Herstellung von Hartkäse in grösseren Betrieben.

2. Für die Wahl des Standortes ist den besonderen Bedürfnissen eines Versuchsbetriebes Rechnung zu tragen. Es sollte sich vorzugsweise um eine Käserei handeln, in der namentlich auch im Winter beim Tiefstand der Milcheinlieferungen täglich mindestens zwei vollgewichtige Käse hergestellt werden können. Zudem sollte die Versuchskäserei im typischen Emmentalergebiet und nicht in zu weiter Entfernung von der Versuchsanstalt Liebefeld liegen.

Diese Voraussetzungen sind bei der Käserei Uettligen in idealer Weise erfüllt. Sie ist von der Versuchsanstalt Liebefeld nur 8 km entfernt. Im weitern sind die Milchproduzenten an einen Versuchsbetrieb gewöhnt und bereit, ihre alte Käsereiliegenschaft dem Bund zu verkaufen und mit ihm einen mehrjährigen Milchlieferungsvertrag abzuschliessen. Die jetzige Käserei Uettligen ver-" mag jedoch weder räumlich noch hinsichtlich der technischen Einrichtungen den Anforderungen eines Versuchsbetriebes zu genügen und muss daher neu gebaut werden.

Es wurde auch die Frage geprüft, ob nicht bei einer Käsereigenossenschaft, wo ohnehin ein Käsereineubau geplant ist, eine Versuchskäserei eingerichtet
werden könnte. Diese Möglichkeit fällt jedoch ausser Betracht; entweder sind die betreffenden Käsereien ungünstig gelegen, oder die Genossenschaften können sich nicht dazu entschliessen, die Käserei dem Bund als Versuchsbetrieb zur Verfügung zu stellen. Auch eine Molkereischule kommt nicht in Betracht, weil Schule und Forschung nicht die gleichen Ziele haben und daher nicht im gleichen Betrieb vereinigt werden können.

Bundesblatt. 114. Jahrg. Bd. II.

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m. Bauprojekt und Kostenvoranschlag 1. Angesichts der Bedeutung des Projektes und auch im Hinblick auf die umfangreichen Vorarbeiten stellte sich zunächst die Frage nach dem zweckmässigsten Vorgehen für die Errichtung der Versuchskäserei. Wir erachten es als richtig, die Erstellung des Gebäudes und die Einrichtung der Versuchskäserei der Betriebsgesellschaft Versuchskäserei Uettligen GmbH, als privatem Bauherrn zu überlassen. Diese Gesellschaft, welcher der Zentralverband schweizerischer Milchproduzenten, die Schweizerische Käseunion AG, der Milchverband Bern und der Bernische Milchkäuferverband angehören, ist schon 1934 gegründet worden mit dem Zweck, die Käserei Uettligen auf eigene Eechnung zu betreiben und der Eidgenössischen milchwirtschaftlichen Versuchsanstalt Liebefeld für zeitlich begrenzte Versuche zur Verfügung zu stellen. Die Betriebsgesellschaft hat sich bereit erklärt, die neue Versuchskäserei im eigenen Namen auf dem Baugrund der vom Bund auf Abbruch zu kaufenden alten Käserei zu erstellen, die fertige Versuchskäserei alsdann dem Bund zu einem um 150 000 Pranken unter den effektiven Gestehungskosten der Gesellschaft liegenden Preis zu verkaufen und hierüber mit dem Bund den nötigen Vertrag abzuschliessen.

Anderseits wird der Bund während der Bauzeit der Gesellschaft die erforderlichen Mittel bis zur Höhe des Übernahmepreises vorschussweise zur Verfügung stellen.

2. Das von der Direktion der Eidgenössischen Bauten in baulicher Hinsicht überprüfte und ergänzte Bauprojekt rechnet beim voraussichtlichen Stand der Baupreise im Oktober 1962 mit folgenden Aufwendungen: Franken

a.

6.

o.

d.

e.

/.

Erwerb der heutigen Käsereiliegenschaft Zusätzlicher Landerwerb (350 m2) Abbruch der alten Käserei Gebäudekosten und Einrichtungen Umgebungsarbeiten Verwaltungsmobiliar, künstlerischer Schmuck

225000.-- 15000.-- 10000.-- l 570 000. -- 60000.-- 20 000. --

Kostenanteil der Betriebsgesellschaft

1900000.-- 150000.--

Notwendiger Objektkredit

1750000.--

IV. Betrieb der Versuchskäserei Mit der Übernahme der Versuchskäserei wird der Bund als Milchkäufer auftreten. Damit trägt er alle sich aus dem Normalbetrieb und der Versuchstätigkeit ergebenden Eisiken. Die Führung der Versuchskäserei selbst in technischer und kommerzieller Hinsicht wird einem Betriebsleiter als ständigem Bediensteten des Bundes zu übertragen sein; für die Hilfskräfte würde ein nichtständiges Anstellungsverhältnis zweckmässig sein. Für den Normalbetrieb ge-

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nügen vier Mann (Betriebsleiter, Käsermeister, Salzer, Lehrling); eine weitere Hilfskraft für die Versuchstätigkeit wäre je nach Art und Dauer notwendig.

Bei einem jährlichen Milcheingang von ungefähr 1,3 Millionen kg und unter der Annahme, dass als Folge der Versuchstätigkeit etwa 75 Prozent der Käse als la Ware verwertet werden können, ist, nach Deckung aller Betriebskosten, einschliesslich der Besoldungen, aber ohne Verzinsung und Amortisation, mit einem Einnahmeüberschuss von zirka 10 000 Franken zu rechnen. Den Milchlieferanten wird, neben dem Ortszuschlag von 2 Eappen/kg zum Milchgrundpreis, auch der bisherige Ertrag an Qualitätsprämien vom Versuchsbetrieb weiterhin zu vergüten sein. Diese Forderungen der Käsereigenossenschaft Uettligen sind angemessen ; sie entsprechen den Einnahmen, wie sie in Uettligen bei genossenschaftlicher Milchverwertung normalerweise erzielt werden könnten.

Gestützt auf die vorstehenden Ausführungen empfehlen wir Ihnen, durch Annahme des beiliegenden Beschlussesentwurfes den erforderlichen Objektkredit von l 750 000 Franken zu bewilligen.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 14. September 1962.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : P. Chaudet Der Bundeskanzler : Ch. Oser

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(Entwurf)

Btmdesbeschluss über den Objektkredit für eine Versuchskäserei in Uettligen

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 14. September 1962, beschliesst:

Art. l 1

Für die in Uettligen zu errichtende Versuchskäserei der Eidgenössischen milchwirtschaftlichen Versuchsanstalt Bern-Liebefeld wird ein Objektkredit von l 750 000 Franken bewilligt.

2 Dieser Betrag ist in den Voranschlag der Eidgenossenschaft für das Jahr 1963 einzustellen.

Art. 2 Dieser Beschluss ist nicht allgemein verbindlich und tritt sofort in Kraft.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über den Objektkredit für eine Versuchskäserei in Uettligen (Vom 14. September 1962)

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1962

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25.10.1962

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