14.088 Botschaft zur Reform der Altersvorsorge 2020 vom 19. November 2014

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Wir unterbreiten Ihnen mit der vorliegenden Botschaft den Entwurf zum Bundesgesetz über die Reform der Altersvorsorge 2020 sowie den Entwurf zum Bundesbeschluss über die Zusatzfinanzierung der AHV durch eine Erhöhung der Mehrwertsteuer mit dem Antrag auf Zustimmung.

Gleichzeitig beantragen wir, die folgenden parlamentarischen Vorstösse abzuschreiben: 2003

P

2005

M 03.3454

Für eine transparente Finanzierung der AHV (S 18.9.03, Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit SR 00.014; N 3.3.05)

2005

M 03.3570

Langfristige Sicherung des AHV/IV-Fonds (S 4.12.03, Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit SR; N 3.3.05)

2005

M 04.3623

Flexibilisierung des Rentenalters (N 3.3.05, Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit NR 03.467; S 20.9.05; N 29.11.05)

2007

P

07.3325

Flexibilisierung des Pensionsalters. Einführung einer Zusatzversicherung (S 2.10.07, Heberlein)

2010

P

10.3057

BVG-Umwandlungssatz. Weiteres Vorgehen (N 18.6.10, Parmelin)

2011

M 11.3113

Einführung von Fiskalregeln bei der AHV und bei der IV (S 15.6.11, Luginbühl; N 12.12.11)

2012

P

12.3318

Angemessene berufliche Vorsorge auch für Angestellte in Berufen mit typischerweise mehreren Arbeitgebern (S 1.6.12, Fetz)

2012

P

12.3731

Benachteiligungen im BVG abschaffen (N 14.12.12, Vitali)

2012

P

12.3811

Pensionskasse. Altersleistungen durch früheres Sparen sichern (N 14.12.12, Fraktion BD)

2014-1888

03.3434

Indexierung der AHV-Renten (N 2.10.03, Spezialkommission NR 03.047; S 2.12.03)

1

2013

P

12.3981

Zweite Säule für Selbstständigerwerbende ohne Angestellte (N 20.3.13, Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit NR 08.478)

2013

P

12.4223

AHV. Beitragssubstrat erhalten (N 22.3.13, Humbel)

2013

M

12.3974

Vorsorgeschutz von Arbeitnehmenden mit mehreren Arbeitgebern oder mit tiefen Einkommen (N 20.3.13, Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit NR; S 17.9.13)

2013

P

13.3518

Dezentrale Finanzierung für die Übergangsgeneration im Rahmen der BVG-Reform (S 19.9.13, Gutzwiller)

2013

M

13.3125

Einsitznahme von Ausländern im Kassenvorstand einer Verbandsausgleichskasse (N 21.6.13, Frehner; S 12.12.13)

2013

P

13.3834

Berufliche Vorsorge. Auswirkungen der Änderungen des Umwandlungssatzes (S 12.12.13, Egerszegi-Obrist)

2014

P

14.3581

Auswirkungen des Mischindex in der AHV (S 16.9.14, Maury Pasquier)

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

19. November 2014

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Didier Burkhalter Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

2

Übersicht Die Schweiz verfügt über ein solides Sozialversicherungssystem, das aufgrund der Bevölkerungsentwicklung jedoch konsolidiert werden muss. Der demografische Wandel macht vor allem der umlagefinanzierten Alters- und Hinterlassenenversicherung (1. Säule) zu schaffen, während die berufliche Vorsorge (2. Säule) als Sparversicherung in erster Linie unter der steigenden Lebenserwartung und den ungenügenden Anlagerenditen leidet. Mit der Reform der Altersvorsorge 2020 soll diesen Herausforderungen begegnet werden. Die vorgeschlagenen Massnahmen haben zum Ziel, das Leistungsniveau der Altersvorsorge zu erhalten und das finanzielle Gleichgewicht der 1. und der 2. Säule zu sichern. Zudem verbessern sie in der beruflichen Vorsorge die Überschussverteilung, die Transparenz und die Aufsicht. Insgesamt tragen sie der gesellschaftlichen Entwicklung Rechnung.

Ausgangslage Im letzten Jahrzehnt sind die Versuche einer Anpassung der Altersvorsorge gescheitert. Dafür waren verschiedene Gründe verantwortlich. Die separat behandelten Reformprojekte konnten insbesondere nicht überzeugen, weil sie nicht als ausgewogen betrachtet wurden. Der Bundesrat trägt dem Rechnung und schlägt deshalb eine umfassende Reform der Altersvorsorge vor. Dieser Ansatz erlaubt kohärente und ausgewogene Lösungen, mit denen die demografischen und wirtschaftlichen Herausforderungen, welche die gesamte Altersvorsorge betreffen, angegangen werden können. Dieser Ansatz stellt die Interessen der Versicherten in den Vordergrund und schafft die für das Vertrauen der Versicherten nötige Transparenz, indem er ein gutes Gleichgewicht zwischen den Massnahmen in der Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) und der beruflichen Vorsorge garantiert.

Inhalt der Vorlage Die wichtigsten Neuerungen in Kürze: Vom Rentenalter zum Referenzalter: Einführung eines flexiblen Modells Heute gilt in der AHV und der beruflichen Vorsorge ein Rentenalter von 65 Jahren für Männer und von 64 Jahren für Frauen. Es bestehen nur eingeschränkte Möglichkeiten, Altersleistungen flexibel zu beziehen. Dieses starre System entspricht weder den Bedürfnissen der Versicherten noch den demografischen Rahmenbedingungen. Daher soll der Begriff «Rentenalter» durch «Referenzalter» ersetzt werden; das ermöglicht eine weitreichende Flexibilität nach oben und nach unten. Dieses
Referenzalter wird in der AHV und in der beruflichen Vorsorge für Frauen und Männer auf 65 Jahre festgelegt. Es werden zudem verschiedene Möglichkeiten vorgeschlagen, um den Rückzug aus dem Erwerbsleben gemäss den eigenen Bedürfnissen zwischen 62 und 70 Jahren flexibel zu gestalten. In der beruflichen Vorsorge wird das Mindestrücktrittsalter auf 62 Jahre erhöht, wobei es in bestimmten Fällen weiterhin möglich sein soll, eine Rente schon vor 62 zu beziehen. Ferner wird in der AHV ein günstigeres Rentenvorbezugsmodell für Personen mit tiefem Einkommen

3

eingeführt. Es betrifft rund 5000 Personen pro Jahr, mehrheitlich Frauen, für die eine vorzeitige Pensionierung mit ordentlichen Kürzungssätzen kaum möglich wäre.

Berufliche Vorsorge: Anpassung des Mindestumwandlungssatzes an die wirtschaftlichen Verhältnisse, Ausgleichsmassnahmen zur Erhaltung des Leistungsniveaus In der beruflichen Vorsorge nimmt die Rentenbezugsdauer wegen der steigenden Lebenserwartung stetig zu. Gleichzeitig machen sich die ungenügenden Anlagerenditen der vergangenen Jahre bemerkbar. Deshalb muss der Mindestumwandlungssatz angepasst werden, jedoch ohne dass die Vorsorge der Versicherten dadurch beeinträchtigt wird. Der Mindestumwandlungssatz wird innerhalb einer Frist von vier Jahren jährlich um 0,2 Prozentpunkte gesenkt, bis er den Satz von 6,0 Prozent erreicht. Renten, die bei Inkrafttreten der Änderung bereits laufen, sind davon nicht betroffen.

Damit diese Anpassung nicht zu einer Reduktion der Renten führt, müssen die Altersguthaben der Versicherten erhöht werden. Dies soll mit den folgenden drei Massnahmen geschehen: ­

Auf den Koordinationsabzug wird verzichtet. Somit wird der ganze Jahreslohn bis zum Betrag von 84 240 Franken versichert. Diese Massnahme vereinfacht die berufliche Vorsorge und hat zusätzlich den Vorteil, dass sie den versicherten Lohn erhöht und somit insbesondere die berufliche Vorsorge von teilzeitbeschäftigten Personen und von Personen mit mehreren Arbeitgebern verbessert. Dies kommt vor allem Frauen zugute.

­

Die Altersgutschriftensätze werden so weit angepasst, dass, zusammen mit der ersten Massnahme, das Leistungsniveau der Altersvorsorge erhalten werden kann. Sie werden dabei so abgestuft, dass ab Alter 45 keine Erhöhung mehr erfolgt und somit die Merhkosten ab Alter 55 wegfallen. Damit wird der Kostenunterschied der beruflichen Vorsorge zwischen älteren und jüngeren Beschäftigten kleiner, was die Stellung der älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt verbessert.

­

Eine Übergangsregelung mit Zuschüssen aus dem Sicherheitsfonds gewährleistet, dass die Altersrenten der obligatorischen beruflichen Vorsorge älterer Personen, denen die Zeit für die zusätzliche Kapitalbildung nicht mehr reicht, gegenüber heute nicht sinken.

Berufliche Vorsorge: Faire Überschussverteilung und Verbesserung von Transparenz und Aufsicht Die von den privaten Lebensversicherungsgesellschaften erwirtschafteten Überschüsse sollen fair zwischen Versicherten und Lebensversicherern aufgeteilt werden.

Deshalb soll die minimale Überschussbeteiligung der Versicherten (Mindestquote) von 90 auf 92 Prozent erhöht werden. Massnahmen zur Verbesserung der Transparenz und der Aufsicht sollen das Vertrauen der Versicherten in ihre Vorsorgeeinrichtung (Pensionskasse) stärken. Die Prämien für die Risiken Invalidität und Tod sollen in einem nachvollziehbaren Verhältnis zu den Leistungen stehen.

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AHV: Ausrichtung der Witwenrente auf die Kinderbetreuung Um dem gesellschaftlichen Wandel Rechnung zu tragen, soll der Anspruch auf eine AHV-Witwenrente nur noch Frauen zustehen, die im Zeitpunkt der Verwitwung waisenrentenberechtigte oder pflegebedürftige Kinder haben. Ausserdem soll die Witwenrente von 80 auf 60 Prozent der Altersrente reduziert werden. Gleichzeitig werden aber die Waisenrenten von 40 Prozent auf 50 Prozent der Altersrente erhöht. Bereits laufende Witwen- und Waisenrenten sind von der Neuerung nicht betroffen. Für Frauen über 50 Jahren ist überdies eine Übergangsregelung vorgesehen.

AHV: Mehr Beitragsgerechtigkeit Die Beitragssätze von Selbstständigerwerbenden und Arbeitnehmenden werden vereinheitlicht und die sinkende Beitragsskala wird abgeschafft. Gleichzeitig wird es nicht mehr möglich sein, dass Selbstständigerwerbende bei Einkäufen in ihre Vorsorgeeinrichtung die Hälfte des Einkaufs vom AHV-pflichtigen Einkommen abziehen können. Diese Anpassungen führen zu einer Gleichbehandlung von Arbeitnehmenden und Selbstständigerwerbenden.

Berufliche Vorsorge: Verbesserung des Versicherungsschutzes In der beruflichen Vorsorge ist gegenwärtig nur obligatorisch versichert, wer ein Einkommen von gut 21 000 Franken erzielt. Dieses Mindesteinkommen soll auf rund 14 000 Franken herabgesetzt werden. Damit werden rund 90 Prozent der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer obligatorisch in der beruflichen Vorsorge versichert sein. Von Bedeutung ist diese Massnahme vor allem für Teilzeitbeschäftigte und für Personen mit mehreren Arbeitgebern, somit mehrheitlich für Frauen. Gekoppelt mit dem Verzicht auf den Koordinationsabzug und der Erhöhung des Referenzalters auf 65 Jahre werden sich die Altersrenten dieser Frauen wesentlich verbessern.

AHV: Erhöhung der Mehrwertsteuer zur Sicherung der AHV Nach dem für die vorliegende Vorlage massgebenden Referenzszenario benötigt die AHV bis 2030 eine Zusatzfinanzierung von 8,3 Milliarden Franken. Mit den leistungs- und beitragsseitigen Massnahmen kann dieser Finanzierungsbedarf auf 7,0 Milliarden Franken gesenkt werden. Die zusätzlich benötigten Mittel sollen durch eine Erhöhung der Mehrwertsteuer gedeckt werden. Mit der Mehrwertsteuer als Finanzierungsquelle wird erreicht, dass die zusätzliche finanzielle Last auf die gesamte Bevölkerung verteilt wird und
nicht nur die Aktiven die Kosten tragen. Es ist eine gestaffelte Erhöhung der Mehrwertsteuer um insgesamt höchstens 1,5 Prozentpunkte vorgesehen. Die erste proportionale Erhöhung um einen Prozentpunkt erfolgt bei Inkrafttreten der Reform. Vom verbleibenden halben Prozentpunkt kann der Gesetzgeber Gebrauch machen, wenn es die finanzielle Lage der AHV erfordert.

AHV: Interventionsmechanismus für schwierige Zeiten Die Reform sieht die Einführung eines Interventionsmechanismus in der AHV vor.

Dieser soll die Liquidität des AHV-Fonds sicherstellen. Zeichnet es sich ab, dass der Stand des Ausgleichsfonds der AHV unter 70 Prozent einer Jahresausgabe fallen

5

wird, muss der Bundesrat der Bundesversammlung die zur finanziellen Konsolidierung notwendigen Massnahmen vorschlagen. Fällt der Stand des Ausgleichsfonds unter 70 Prozent einer Jahresausgabe, so werden automatische Massnahmen ausgelöst. Diese bestehen in einer Beitragserhöhung und einer begrenzten Einschränkung der Rentenanpassung. Sobald der Ausgleichsfonds erneut seine Soll-Höhe von 70 Prozent erreicht hat, treten die Massnahmen wieder ausser Kraft.

AHV: Vereinfachung der Finanzflüsse zwischen Bund und AHV Zur transparenteren Gestaltung der Geldflüsse zwischen AHV und Bund soll die Regelung zur AHV-Finanzierung vereinfacht werden. Der 17-Prozent-Anteil des Bundes an den Erträgen des MWST-Demografieprozents, das seit 1999 zugunsten der AHV erhoben wird, soll künftig an die AHV gehen. Im Gegenzug soll der Bundesbeitrag an die AHV von 19,55 auf 18 Prozent der AHV-Ausgaben gesenkt werden. Mit dieser Anpassung kann zudem der Druck der demografischen Entwicklung auf die Finanzierung anderer Bundesaufgaben abgeschwächt werden. Im Unterschied zur Finanzierungsregelung bei der Invalidenversicherung (IV) wird aber darauf verzichtet, den Bundesbeitrag an die Entwicklung der Mehrwertsteuererträge anzukoppeln. Das Festhalten an einem Bundesbeitrag proportional zu den AHVAusgaben hat zur Folge, dass der Bund weiterhin die demografisch bedingten Mehrkosten mitträgt.

Erlassform Die Reform der Altersvorsorge 2020 hat die Form eines Mantelerlasses, der sämtliche Änderungen der von der Vorlage betroffenen Gesetze enthält. Im Weiteren enthält er den Entwurf eines Bundesbeschlusses zur Änderung der Bundesverfassung für die Zusatzfinanzierung der AHV. Die beiden Erlasse sind insofern miteinander verknüpft, als die im Gesetz verankerten Massnahmen nur in Kraft treten, wenn der Bundesbeschluss angenommen wird, und die im Bundesbeschluss vorgesehene Zusatzfinanzierung nur umgesetzt werden kann, wenn das Gesetz dahingehend geändert wird, dass es die Bestimmungen des Bundesbeschlusses erfüllt.

6

Inhaltsverzeichnis Übersicht

3

1

Allgemeiner Teil 1.1 Ausgangslage 1.2 Ziele 1.3 Methode 1.4 Entwicklung seit den letzten Revisionen 1.4.1 Entwicklung der AHV seit der 10. AHV-Revision 1.4.2 Entwicklung in der beruflichen Vorsorge 1.5 Handlungsbedarf in der Altersvorsorge 1.6 Demografische und wirtschaftliche Entwicklung 1.6.1 Demografische Entwicklung 1.6.2 Wirtschaftliche Entwicklung 1.7 Finanzielle Perspektiven 1.7.1 Ausgangslage 1.7.2 Finanzielle Perspektiven der AHV 1.7.3 Finanzielle Perspektiven der beruflichen Vorsorge 1.8 Vorarbeiten 1.9 Eidgenössische Volksinitiativen

12 12 12 14 16 16 17 19 20 20 23 25 26 27 29 33 39

2

Die beantragte Neuregelung 2.1 Bestimmungen zum Rentenbezug 2.1.1 Allgemeines 2.1.2 Einheitliches Referenzalter 65 für Frauen und Männer 2.1.2.1 Gründe für die Vereinheitlichung des Referenzalters bei 65 Jahren 2.1.2.2 Schrittweise Anhebung des Referenzalters auf 65 Jahre 2.1.2.3 Finanzielle Auswirkungen der Erhöhung des Referenzalters 2.1.3 Flexibilisierung des Rentenbezugs 2.1.3.1 Geltende Regelung 2.1.3.2 Übersicht über den flexiblen Rentenbezug 2.1.3.3 Teilbezug der Altersleistungen 2.1.3.4 Bezug von Altersleistungen vor dem Referenzalter 2.1.3.5 Rentenbezug nach dem Referenzalter 2.1.3.6 Berücksichtigung der Beiträge und Aufhebung des Freibetrages in der AHV 2.1.3.7 Finanzielle Auswirkungen des flexibilisierten Rentenbezugs 2.1.3.8 AHV-spezifische Fragen 2.1.3.9 Koordination mit den anderen Sozialversicherungen

41 41 41 42 43 45 45 47 47 48 49 50 54 55 56 58 59

7

Vorbezug der AHV-Rente für Personen mit tiefen bis mittleren Einkommen 2.1.4.1 Notwendigkeit einer Regelung 2.1.4.2 Beschreibung des Modells 2.1.4.3 Kreis der Begünstigten 2.1.4.4 Finanzielle Auswirkungen Anpassung des Mindestumwandlungssatzes und Ausgleichsmassnahmen in der beruflichen Vorsorge 2.2.1 Anpassung des Mindestumwandlungssatzes 2.2.2 Übersicht und Tendenzen in Bezug auf den Umwandlungssatz 2.2.3 Ausgleichsmassnahmen 2.2.3.1 Verzicht auf den Koordinationsabzug 2.2.3.2 Anpassung der Altersgutschriftensätze 2.2.3.3 Massnahme für die Übergangsgeneration 2.2.4 Überblick über die Ausgleichsmassnahmen 2.2.5 Finanzielle Auswirkungen der Anpassung des Mindestumwandlungssatzes und der Ausgleichsmassnahmen 2.2.6 Geprüfte, aber verworfene Massnahmen 2.2.7 Erstellen transparenter statistischer Grundlagen Institutionelle Massnahmen in der beruflichen Vorsorge 2.3.1 Überschussbeteiligung der Versicherten und Mindestquote 2.3.2 Risikoprämien Leistungs- und beitragsseitige Massnahmen 2.4.1 Neuregelung der Hinterlassenenrenten in der AHV 2.4.1.1 Zielgerichtete Ausgestaltung der Hinterlassenenleistungen in der AHV 2.4.1.2 Schrittweise Aufhebung des Anspruchs auf Witwenrente von Frauen ohne Kinder 2.4.1.3 Neuregelung für verwitwete Personen mit Kindern und Anpassung des Waisenrentenbetrags 2.4.1.4 Finanzielle Auswirkungen der neuen Regelung 2.4.1.5 Beibehaltung der Regelung im BVG 2.4.1.6 Beibehaltung der Regelung in den anderen Sozialversicherungen 2.4.2 Massnahmen zur Gleichbehandlung im Bereich der AHV-Beiträge 2.4.2.1 Aufhebung der sinkenden Beitragsskala 2.4.2.2 Angleichung des Beitragssatzes 2.4.2.3 Einkäufe in die 2. Säule 2.4.2.4 Finanzielle Auswirkungen der Massnahmen zur Gleichbehandlung im Bereich der AHV-Beiträge 2.1.4

2.2

2.3

2.4

8

62 62 63 65 66 67 67 70 71 71 72 74 78 78 80 83 84 84 85 87 87 88 89 90 91 92 93 93 94 94 95 96

Massnahmen zur Verbesserung der beruflichen Vorsorge 2.4.3.1 Ältere Arbeitslose 2.4.3.2 Herabsetzung der BVG-Eintrittsschwelle 2.5 Massnahmen zur Finanzierung der AHV 2.5.1 Zusatzfinanzierung für die AHV 2.5.1.1 Geprüfte Massnahmen 2.5.1.2 Erhöhung der Mehrwertsteuer 2.5.1.3 Umsetzung der Erhöhung 2.5.1.4 Finanzielle Auswirkungen auf die AHV 2.5.2 Interventionsmechanismus in der AHV 2.5.2.1 Ausgangslage 2.5.2.2 Stand des AHV-Ausgleichsfonds 2.5.2.3 Die Elemente des Interventionsmechanismus 2.5.2.4 Die automatischen Massnahmen 2.5.2.5 Koordination mit anderen Sozialversicherungen 2.5.3 Neuordnung des Bundesbeitrages an die AHV 2.5.3.1 Die Finanzierung der AHV durch die öffentliche Hand 2.5.3.2 Die Entwicklung des Bundesbeitrags 2.5.3.3 Regelung in der IV 2.5.3.4 Neuregelung des Bundesbeitrags an die AHV 2.6 Weitere Anpassungen in der AHV und der beruflichen Vorsorge 2.6.1 Weitere Anpassungen in der AHV 2.6.2 Weitere Anpassungen in der beruflichen Vorsorge 2.7 Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens 2.8 Stellungnahme der eidgenössischen Kommissionen 2.8.1 Eidgenössische AHV/IV-Kommission 2.8.2 Eidgenössische BVG-Kommission 2.9 Internationaler Vergleich 2.10 Behandlung parlamentarischer Vorstösse 2.10.1 Anpassung der Renten der AHV und Entwicklung des Mischindexes 2.10.2 Beitragssubstrat der AHV 2.4.3

3

Erläuterungen zu einzelnen Bestimmungen 3.1 Bundesbeschluss über die Zusatzfinanzierung der AHV durch eine Erhöhung der Mehrwertsteuer 3.2 Zivilgesetzbuch (ZGB) 3.3 Mehrwertsteuergesetz (MWSTG) 3.4 Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer (DBG) 3.5 Bundesgesetz über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden (StHG) 3.6 Bundesgesetz über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG) 3.7 Bundesgesetz über die Invalidenversicherung (IVG)

98 98 100 102 102 103 104 105 105 106 106 107 107 108 109 110 110 111 112 112 114 114 117 120 126 126 127 127 129 130 135 136 136 137 138 139 140 140 169

9

3.8 3.9 3.10 3.11 3.12 3.13 3.14 3.15 3.16 4

Bundesgesetz über Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung (ELG) Bundesgesetz über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG) Freizügigkeitsgesetz (FZG) Bundesgesetz über die Unfallversicherung (UVG) Bundesgesetz über die Militärversicherung (MVG) Erwerbsersatzgesetz (EOG) Arbeitslosenversicherungsgesetz (AVIG) Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) Bundesgesetz über die Anhebung der Mehrwertsteuersätze für die AHV

171 172 193 198 198 199 199 200 204

Auswirkungen 4.1 Finanzielle Auswirkungen auf die Sozialversicherungen 4.1.1 Auswirkungen auf die AHV 4.1.2 Auswirkungen auf die berufliche Vorsorge 4.1.3 Auswirkungen auf die Invalidenversicherung 4.1.4 Auswirkungen auf die Ergänzungsleistungen 4.1.5 Auswirkungen auf die Arbeitslosenversicherung 4.1.6 Auswirkungen auf die Unfall- und die Militärversicherung sowie den Erwerbsersatz für Dienstleistende und bei Mutterschaft 4.2 Auswirkungen auf den Bund 4.3 Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden 4.4 Auswirkungen auf die Sozialhilfe 4.5 Auswirkungen auf die versicherten Personen 4.6 Wirtschaftliche Auswirkungen 4.6.1 Zusatzfinanzierung über die Mehrwertsteuer 4.6.2 Massnahmen im Bereich der beruflichen Vorsorge 4.6.3 Angleichung des Referenzalters und Flexibilisierung des Rentenbezugs 4.6.4 Interventionsmechanismus 4.7 Soziale Auswirkungen 4.7.1 Erhöhung der Mehrwertsteuer 4.7.2 Massnahmen im Bereich der beruflichen Vorsorge 4.7.3 Harmonisierung des Referenzalters

205 205 205 206 207 207 208

5

Verhältnis zur Legislaturplanung

229

6

Rechtliche Aspekte 6.1 Verfassungs- und Gesetzmässigkeit 6.2 Vereinbarkeit mit den internationalen Verpflichtungen der Schweiz 6.2.1 Instrumente der Vereinten Nationen 6.2.2 Instrumente der Internationalen Arbeitsorganisation 6.2.3 Instrumente des Europarates

229 229

10

208 209 211 213 213 215 215 219 223 224 225 225 227 228

230 230 230 231

Recht der Europäischen Union Vereinbarkeit der einzelnen Massnahmen mit dem internationalen Recht 6.2.5.1 Massnahmen zum Rentenbezug 6.2.5.2 Massnahmen zur beruflichen Vorsorge 6.2.5.3 Leistungsseitige Massnahmen 6.2.5.4 Ende der AHV-Beitragspflicht beim Vorbezug einer ganzen Altersrente 6.2.5.5 Vorbezug in der AHV und Jugendjahre 6.2.5.6 Massnahmen zur Finanzierung der AHV 6.2.5.7 Übrige Massnahmen Erlassform Unterstellung unter die Ausgabenbremse Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen Datenschutz 6.2.4 6.2.5

6.3 6.4 6.5 6.6

231 232 232 232 232 233 233 233 234 234 234 235 236

Anhang: AHV-Finanzhaushalt

237

Bundesgesetz über die Reform der Altersvorsorge 2020 (Entwurf)

245

Bundesbeschluss über die Zusatzfinanzierung der AHV durch eine Erhöhung der Mehrwertsteuer (Entwurf)

285

11

Botschaft 1

Allgemeiner Teil

1.1

Ausgangslage

Das System der Altersvorsorge sieht sich mit demografischen und wirtschaftlichen Herausforderungen konfrontiert, die mittel- und langfristige Lösungen erfordern, damit die Errungenschaften der Altersvorsorge sowie ihr soziales und finanzielles Gleichgewicht erhalten werden können. Diese Problematik ist bereits seit zehn Jahren bekannt, politisch-soziale Blockaden oder die vorgeschlagenen Revisionsmethoden haben eine Anpassung der AHV und der beruflichen Vorsorge an die strukturellen, wirtschaftlichen und demografischen Veränderungen aber bisher verhindert. Die beiden Vorlagen der 11. AHV-Revision wurden abgelehnt, die erste in der Volksabstimmung 2004, die zweite in der Schlussabstimmung durch den Nationalrat 2010 nach mehrjährigen Debatten in der Bundesversammlung. Das Projekt zur Anpassung des Mindestumwandlungssatzes scheiterte im gleichen Jahr vor dem Volk.

Eine Analyse der Gründe für die Ablehnung der letzten Revisionen macht deutlich, dass eine Reform der Altersvorsorge den Erwartungen der Versicherten besser Rechnung tragen muss, indem sie deren Interessen in den Vordergrund stellt. Sie muss dazu klare Antworten auf die Probleme finden und eindeutig definieren, welche Ziele mit welchen Massnahmen erreicht werden sollen. Zudem muss aufgezeigt werden, wie sich die Massnahmen auf die gesamte Altersvorsorge auswirken. Ein solcher Ansatz setzt eine Gesamtsicht der Altersvorsorge voraus.

Der Bundesrat schlägt deshalb eine gemeinsame und umfassende Reform der 1. und der 2. Säule in einer einzigen Vorlage vor. Damit will er angemessene sowie sozialverträgliche Lösungen für die gemeinsamen Herausforderungen der Altersvorsorge finden und gleichzeitig gezielte Antworten auf die spezifischen Problematiken der einzelnen Vorsorgewerke geben. Die umfassende Reform stellt die bestehende Struktur unseres Dreisäulensystems, das sich bewährt hat und in vielen Ländern als Beispiel für das stabilste System herangezogen wird, nicht infrage.

1.2

Ziele

­

Das Leistungsniveau der Altersvorsorge muss erhalten bleiben.

­

Das finanzielle Gleichgewicht der AHV und der beruflichen Vorsorge muss gesichert werden.

­

Die Altersvorsorge muss an die gesellschaftliche Entwicklung angepasst werden.

­

Die Überschussverteilung, die Transparenz sowie die Aufsicht in der beruflichen Vorsorge müssen verbessert werden.

12

Die Bundesverfassung1 (BV) verpflichtet den Bund, Massnahmen für eine ausreichende Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung zu treffen. Diese beruht auf drei Säulen, nämlich der eidgenössischen Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung, der beruflichen Vorsorge und der Selbstvorsorge.2 Während die 1. Säule den Existenzbedarf angemessen decken soll ­ gegebenenfalls durch Ergänzungsleistungen ­, hat die 2. Säule die Aufgabe, zusammen mit der 1. Säule die Fortsetzung der gewohnten Lebenshaltung in angemessener Weise sicherzustellen.

Gemäss der konstanten Auslegung der Verfassungsbestimmungen durch den Bundesrat, die erstmals bei der Einführung des Dreisäulensystems im Jahr 1972 formuliert wurde, wird die «Fortsetzung der gewohnten Lebenshaltung in angemessener Weise» als erfüllt betrachtet, wenn die Renten der AHV/IV und der beruflichen Vorsorge 60 Prozent des letzten Lohnes erreichen, dies bis zu einem Höchstbetrag von rund 85 000 Franken. Das Dreisäulensystem geht somit vom Grundsatz aus, dass die angestrebten Ziele mit den verschiedenen Säulen zusammen erreicht werden sollen.

Das System der Altersvorsorge hat sich bewährt. Es sieht sich jedoch mit den Herausforderungen der demografischen und wirtschaftlichen Entwicklung konfrontiert.

Wenn nicht rechtzeitig Massnahmen ergriffen werden, um dieser Entwicklung zu begegnen, könnte das gesamte Vorsorgesystem aus dem Gleichgewicht geraten. In einem solchen Fall wäre vor allem der Erhalt eines angemessenen Leistungsniveaus im Ruhestand gefährdet, da das finanzielle Gleichgewicht unserer Altersvorsorgesysteme nicht mehr gewährleistet wäre. Mit der Reform der Altersvorsorge 2020 kann dies verhindert werden. Sie hat deshalb die folgenden Ziele: Erhaltung des Leistungsniveaus der Altersvorsorge Voraussetzung für die Sicherung des Leistungsniveaus ist, dass die Altersrenten im Rahmen der vorgeschlagenen Massnahmen in der obligatorischen Altersvorsorge nicht gesenkt werden. Die AHV-Altersrenten werden im Vergleich zu heute also nicht tiefer sein. Auch in der obligatorischen beruflichen Vorsorge darf die Anpassung des Mindestumwandlungssatzes an die wirtschaftlichen Realitäten zu keiner Verminderung des Leistungsniveaus führen. Dies bedeutet, dass die Auswirkungen dieser Anpassungen auf die Renten für alle Versicherten und für die von dieser
Anpassung betroffene Übergangsgeneration mit den vorgeschlagenen Ausgleichsmassnahmen kompensiert werden müssen. Zusammen müssen die Altersleistungen aus der 1. und der 2. Säule das Leistungsniveau im Pensionsalter weiterhin angemessen decken.

Sicherstellung des finanziellen Gleichgewichts der AHV und der beruflichen Vorsorge Die demografische und wirtschaftliche Entwicklung wirkt sich auf die 1. Säule und die 2. Säule unterschiedlich aus. Das Umlageverfahren der 1. Säule, das ein Gleichgewicht zwischen den laufenden Einnahmen und Ausgaben voraussetzt, steht durch die strukturellen Veränderungen des Altersaufbaus vor einer Belastungsprobe. Das Kapitaldeckungsverfahren der 2. Säule ist seinerseits von der längeren Rentenbezugsdauer betroffen, was bedeutet, dass die Renten über einen längeren Zeitraum ausgerichtet werden müssen, als dies der heute geltende Mindestumwandlungssatz 1 2

SR 101 Art. 113 BV

13

impliziert. Die konjunkturellen Auswirkungen sind ebenfalls unterschiedlich. Während die AHV von einer guten konjunkturellen Entwicklung profitiert, weil eine solche zu einer Erhöhung der Lohnsumme führt, gilt dieser Zusammenhang für die berufliche Vorsorge nur beschränkt, da diese von den verschlechterten Möglichkeiten der Vermögensanlage und dem niedrigen Zinsniveau beeinflusst wird. Angesichts dieser unterschiedlichen Auswirkungen kann die finanzielle Stabilität der beiden Altersvorsorgesysteme nur mit gezielten Massnahmen sichergestellt werden, die zusammen genommen den Erhalt des Leistungsniveaus garantieren müssen.

Anpassung der Altersvorsorge an die gesellschaftliche Entwicklung Die Leistungen und Beiträge der AHV und der beruflichen Vorsorge müssen an die heutigen Rahmenbedingungen angepasst werden. Zum einen erfordert die Zunahme neuer Arbeitsformen (Teilzeitarbeit, Mehrfachbeschäftigungen usw.) einen besseren Schutz in der beruflichen Vorsorge, zum anderen müssen die Leistungen und Beiträge im Hinblick auf die Gleichbehandlung der Versicherten und die Gewährung eines gezielteren Schutzes angepasst werden.

Verbesserung der Überschussverteilung, der Transparenz und der Aufsicht in der beruflichen Vorsorge Wie die aktuelle Situation der beruflichen Vorsorge zeigt, muss die Transparenz in einigen Bereichen mit gezielten Vorkehrungen verbessert werden. Das Vertrauen der Versicherten soll mit angemessenen Massnahmen wiederhergestellt werden, damit auch Lösungen im Zusammenhang mit der Anpassung des Mindestumwandlungssatzes gefunden werden können. Mit der Verbesserung von Transparenz und Aufsicht muss sichergestellt werden, dass die Versicherung der beruflichen Vorsorge überprüfbar und nachvollziehbar wird. Zudem sollen die von den Versicherungsunternehmen über die berufliche Vorsorge erzielten Erträge fair zwischen den Versicherten, die Beiträge bezahlen, und den Versicherern, die das nötige Kapital zur Risikodeckung liefern, verteilt werden.

1.3

Methode

­

Die Interessen der Versicherten stehen im Zentrum dieser Vorlage.

­

Die 1. und die 2. Säule werden zusammen reformiert und aufeinander abgestimmt.

­

Der gesamtheitliche Ansatz schafft Vertrauen und Transparenz über die Auswirkungen der Reform.

Die Zielsetzungen der Altersvorsorge können nur mit einer gesamtheitlichen Betrachtung der AHV und der beruflichen Vorsorge erreicht werden. Versicherte können ihren Ruhestand nur planen, wenn sie alle Leistungen kennen, die ihnen bei der Pensionierung zustehen, das heisst insbesondere die Renten der AHV und der beruflichen Vorsorge. Damit die sozialen, politischen und finanziellen Auswirkungen gesamtheitlich beurteilt werden können, muss ein globaler Ansatz verfolgt werden.

14

Mit einer umfassenden Reform der Altersvorsorge wird Transparenz geschaffen.

Den Versicherten und den Stimmberechtigten wird erläutert, wie das finanzielle Gleichgewicht der 1. und der 2. Säule erhalten und langfristig gesichert werden soll und wie sich die dafür notwendigen Massnahmen auswirken werden. Die Herausforderungen sollen offen dargestellt werden, ebenso die Lösungsmöglichkeiten. Für die Versicherten und die Stimmberechtigten ist entscheidend, dass sie die Gewissheit haben, dass die Reform der Altersvorsorge 2020 ihre Leistungen insgesamt sichert und nicht nur jene der 1. oder nur jene der 2. Säule. Eine umfassende Antwort auf die Herausforderungen der Zukunft schafft die Vertrauensgrundlage, welche für die Akzeptanz dieser Vorlage notwendig ist.

Das gewählte Vorgehen beruht auf einer Analyse der Stärken und Schwächen der letzten Reformen der Altersvorsorge. Seit der 10. AHV-Revision3 bzw. der in drei Schritten umgesetzten 1. BVG-Revision4 sind sämtliche Versuche zur Reform der Altersvorsorge gescheitert, die sich mit den Fragen der Leistungen und ihrer Finanzierung befassten. Die Analysen der Abstimmungsergebnisse zeigen auf, dass es nicht gelungen ist, die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger von den Vorschlägen zu überzeugen. Die Vorlagen wurden als unausgewogen und sozial unverträglich taxiert und deshalb mit grossen Mehrheiten abgelehnt. Mit der gesamtheitlichen Betrachtung werden die Handlungsspielräume vergrössert. Dies ist Voraussetzung dafür, dass trotz der demografischen und wirtschaftlichen Herausforderungen ein ausgewogenes Revisionspaket vorgelegt werden kann. Ausserdem kann so ein kohärentes Massnahmenpaket zusammengestellt werden, wie die folgenden zwei Beispiele zeigen: Referenzalter Ausgehend von einem Referenzalter von 65 Jahren für Frauen und Männer wird die Flexibilität der beiden Säulen verbessert und dem zunehmenden Bedürfnis nach einem gleitenden Übergang von der Arbeit in den Ruhestand entsprochen. Es reicht nicht aus, die Möglichkeiten der flexiblen Pensionierung in der AHV zu verbessern, wenn nicht gleichzeitig die Einrichtungen der beruflichen Vorsorge verpflichtet werden, in ihren Reglementen ein flexibles Rentenalter einzuführen.

Das Referenzalter der Frauen für den Rentenbezug wird von 64 auf 65 Jahre erhöht.

Gleichzeitig werden mit der Reform aber auch
langjährige Postulate der Frauen erfüllt, indem die berufliche Vorsorge der Frauen durch den Verzicht auf den Koordinationsabzug und die Herabsetzung der Eintrittsschwelle klar verbessert wird.

Selbstständigerwerbende Mit der Reform soll die Rechtsstellung Selbstständigerwerbender möglichst an jene der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer angeglichen werden. Dies bedeutet, dass in der AHV gewisse Beitragsprivilegien aufgehoben werden. Gleichzeitig werden in der beruflichen Vorsorge die Möglichkeiten verbessert, sich einer Vorsorgeeinrichtung anzuschliessen.

3 4

AS 1996 2466; BBl 1990 II 1 AS 2004 1677; BBl 2000 2637

15

1.4

Entwicklung seit den letzten Revisionen

1.4.1

Entwicklung der AHV seit der 10. AHV-Revision

Seit ihrer Einführung im Jahr 1948 wurde die AHV mehrfach reformiert. Die einzelnen Revisionen sollten namentlich die Leistungshöhe verbessern. Die letzte dieser Revisionen, die 10. AHV-Revision, ist seit 1997 in Kraft. Dabei wurden das Splitting, Erziehungs- und Betreuungsgutschriften, die Individualrente anstelle der Ehepaarrente, die Möglichkeit des Rentenvorbezugs und die schrittweise Erhöhung des Rentenalters der Frauen von 62 auf 64 Jahre eingeführt. In der Folge wurde die Finanzierung der AHV mehrmals punktuell angepasst. Seit 1999 wird ein Mehrwertsteuerprozent zugunsten der AHV5 erhoben und seit 2000 fliessen die Einnahmen aus der Spielbankenabgabe vollumfänglich in die AHV6. Ausserdem wurde dem AHV-Ausgleichsfonds im Jahr 2007 der Erlös aus dem Goldverkauf der Schweizerischen Nationalbank (SNB) in der Höhe von 7 Milliarden Franken zugewiesen.

Weitere gesetzliche Anpassungen waren die Einführung einer nichtsprechenden, 13stelligen AHV-Nummer im Jahr 20087, die Harmonisierung der Register8 und die am 1. Januar 2012 in Kraft gesetzte Revision der Durchführung der AHV9, die mit einer ganzen Reihe technischer Änderungen verbunden war.

Zusätzlich zu den AHV-Revisionen hat auch das Bundesgesetz vom 20. Dezember 194610 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG) im Zuge mehrerer Reformen Änderungen erfahren. Mit Artikel 49a AHVG und den ihm folgenden Artikeln, die am 1. Januar 200111 aufgrund des Datenschutzgesetzes eingeführt worden sind, wurde die Rechtsgrundlage für die Bearbeitung von Personendaten geschaffen. Am 1. Januar bzw. 1. April 2001 trat die Revision der freiwilligen AHV/IV in Kraft12. Am 1. Juni 2002 wurden in Artikel 153a AHVG aufgrund des Freizügigkeitsabkommens mit den EU-Mitgliedstaaten das Verhältnis zum europäischen Recht geregelt und bestimmte EU-Verordnungen auch für die Schweiz für anwendbar erklärt13. Das Inkrafttreten des Bundesgesetzes vom 6. Oktober 200014 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) am 1. Januar 2003 machte weitere Anpassungen erforderlich. Am 1. Januar 200815 trat die Neugestaltung des Finanzausgleichs und der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen in Kraft. Damit beteiligt sich nur noch der Bund an der Finanzierung der individuellen Leistungen der AHV. Ferner finanziert er weiterhin die Beiträge an gesamtschweizerisch
tätige, gemeinnützige private Organisationen zugunsten betagter Personen. Mit dem Bundesgesetz vom 19. März 201016 über die Sanierung der Invalidenversicherung, das am 1. Januar 2011 in Kraft getreten ist, wurde ein selbstständiger, vom AHV-Fonds getrennter IV-Fonds gebildet und eine Überweisung von 5 Milliarden Franken à fonds perdu an den IV-Fonds geleistet. Das neue Bundes5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16

16

AS 1998 1803; BBl 1997 III 741 AS 2000 677; BBl 1997 III 145 AS 2007 5259; BBl 2006 501 AS 2006 4165; BBl 2006 427 AS 2011 4745; BBl 2011 543 SR 831.10 AS 2000 2749; BBl 2000 255 AS 2000 2677; BBl 1999 4983 AS 2002 685; BBl 2001 4963 AS 2002 3371; BBl 1999 4523 AS 2007 5779; BBl 2005 6029 AS 2010 3839; BBl 2009 8711

gesetz vom 13. Juni 200817 über die Neuordnung der Pflegefinanzierung, in Kraft seit 1. Januar 2011, führte die Hilflosenentschädigung für Personen ein, die in leichtem Grad hilflos sind und Pflege zu Hause benötigen.

Abgelehnte Vorlagen 11. AHV-Revision (erste Fassung) Die erste Fassung der 11. AHV-Revision18 wurde 2004 in einer Volksabstimmung mit 67,9 % Nein-Stimmen abgelehnt. Sie sah verschiedene Finanzierungsmassnahmen wie die Erhöhung des Rentenalters, die Gleichstellung zwischen Mann und Frau bei den Hinterlassenenrenten sowie die Erhöhung der Mehrwertsteuer für die AHV und die IV vor.

11. AHV-Revision (neue Fassung) Das in zwei Botschaften19 aufgenommene Revisionsziel bestand darin, mit verschiedenen, aus der ersten Vorlage übernommenen Massnahmen Einsparungen zu erzielen und eine Vorruhestandsleistung in die Ergänzungsleistungen zur AHV und zur IV aufzunehmen. Nach mehrjährigen Debatten in der Bundesversammlung wurde die Vorlage in der Schlussabstimmung vom Nationalrat im Oktober 2010 abgelehnt.

Parallel zur 11. AHV-Revision forderte eine im März 2006 eingereichte Initiative des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes, dass Personen mit Erwerbseinkommen bis rund 120 000 Franken eine ungekürzte AHV-Rente vorbeziehen können, wenn sie ihre Erwerbstätigkeit aufgeben. Die Initiative wurde in der Volksabstimmung vom 30. November 2008 mit 58,6 % Nein-Stimmen abgelehnt.

1.4.2

Entwicklung in der beruflichen Vorsorge

1. BVG-Revision Die erste Revision des Bundesgesetzes vom 25. Juni 198220 über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG) (1. BVG-Revision21) ist in drei Etappen, am 1. April 2004, 1. Januar 2005 und 1. Januar 2006, in Kraft getreten.

Die wesentlichen Anpassungen waren die Herabsetzung der Eintrittsschwelle für die obligatorische Versicherung, die schrittweise Senkung des Mindestumwandlungssatzes von 7,2 auf 6,8 Prozent, die Einführung der Witwerrente und weiterer Begünstigter für Hinterlassenenleistungen (Art. 20a BVG), die Festlegung eines Mindestalters für den vorzeitigen Altersrücktritt sowie die Festlegung eines Höchstlohnes, der in der beruflichen Vorsorge versichert werden kann.

17 18 19 20 21

AS 2009 3517; BBl 2005 2033 BBl 2000 1865 BBl 2006 1957; BBl 2006 2061 SR 831.40 AS 2004 1677; BBl 2000 2637

17

Massnahmen zur Behebung von Unterdeckungen in der beruflichen Vorsorge Gleichzeitig mit dem 2. Paket der 1. BVG-Revision wurden Grundlagen geschaffen, um Unterdeckungen in der beruflichen Vorsorge zu beheben.22 Der Handlungsspielraum von Vorsorgeeinrichtungen mit Unterdeckung wurde erweitert, indem diese unter gewissen Bedingungen vom gesetzlichen Erfordernis der jederzeitigen 100prozentigen Deckung sämtlicher Verpflichtungen abweichen können. Gleichzeitig wurde der Katalog von Massnahmen ergänzt, die bei Unterdeckung ergriffen werden können.

Strukturreform zur Stärkung der Transparenz und Governance bei der Führung und der Vermögensverwaltung von Vorsorgeeinrichtungen Mit der sogenannten Strukturreform23 wurden neue Transparenz- und GovernanceBestimmungen eingeführt sowie die Unabhängigkeit der wichtigsten Akteure in der 2. Säule gestärkt. Die Revision enthielt zusätzliche Verhaltensregeln für die Führung und die Vermögensverwaltung von Vorsorgeeinrichtungen (Governance) sowie Massnahmen, um die Beteiligung der älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer am Arbeitsmarkt zu fördern.

Die Strukturreform ist in drei Etappen am 1. Januar 2011 (Massnahmen zur Erleichterung der Arbeitsmarktbeteiligung von älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern), 1. August 2011 (Governance-Bestimmungen) und 1. Januar 2012 (Stärkung der Aufsicht) in Kraft getreten.

Finanzierung von Vorsorgeeinrichtungen öffentlich-rechtlicher Körperschaften Ein weiterer Schritt zur Sicherung der finanziellen Stabilität der 2. Säule erfolgte mit der Aufnahme von Bestimmungen zur Finanzierung von Vorsorgeeinrichtungen öffentlich-rechtlicher Körperschaften.24 Mit dieser Revision wurde ein Finanzierungsmodell des differenzierten Zieldeckungsgrades eingeführt. Dabei handelt es sich um eine Mindestvoraussetzung, die teilkapitalisierte Vorsorgeeinrichtungen künftig erfüllen müssen, um ihre finanzielle Sicherheit nicht zu gefährden. Im Weiteren wurden Vorsorgeeinrichtungen mit einem Deckungsgrad von unter 80 Prozent verpflichtet, Massnahmen zu ergreifen, um dieses Niveau innerhalb von 40 Jahren zu erreichen. Das neue Gesetz sieht auch vor, dass die betreffenden Vorsorgeeinrichtungen rechtlich, organisatorisch und finanziell aus der Verwaltungsstruktur herausgelöst und verselbstständigt werden.

Die neuen Bestimmungen sind am 1. Januar 2012
in Kraft getreten. Den Vorsorgeeinrichtungen wurde bis Ende 2013 Zeit gewährt, um die Anpassungen an die neuen organisatorischen Anforderungen vorzunehmen. Diese Frist, welche sich für einige Kantone als zu kurz erwiesen hat, wurde gemäss Beschluss des Bundesrates vom 26. Juni 2013 bis Ende 2014 verlängert.

22 23 24

18

AS 2004 4635; BBl 2003 6399 AS 2011 3393; BBl 2007 5669 AS 2011 3385; BBl 2008 8411

Abgelehnte Vorlage Revision zur Anpassung des Mindestumwandlungssatzes Am 22. November 2006 verabschiedete der Bundesrat die Botschaft zur Anpassung des Mindestumwandlungssatzes in der obligatorischen beruflichen Vorsorge zuhanden der Bundesversammlung.25 Der Bundesrat begründete die Anpassung des Mindestumwandlungssatzes damit, dass die Lebenserwartung weiter ansteige und die erzielbaren Kapitalrenditen auf den Finanzmärkten tendenziell sinken bzw. auf tiefem Niveau verharren würden.

Die BVG-Änderung vom 19. Dezember 200826 sah im Wesentlichen die schrittweise Anpassung des Mindestumwandlungssatzes für Neurenten bis ins Jahr 2016 auf 6,4 Prozent sowie eine automatische Anpassung des ordentlichen BVG-Rentenalters an dasjenige der AHV und die entsprechende Anpassung der Altersgutschriften vor.

Gegen dieses Vorhaben wurde das Referendum ergriffen. Die Vorlage kam am 7. März 2010 zur Volksabstimmung und wurde mit 73 % Nein-Stimmen deutlich verworfen.

1.5

Handlungsbedarf in der Altersvorsorge

Die Altersvorsorge in der Schweiz muss in den nächsten Jahrzehnten folgende demografische und wirtschaftliche Herausforderungen bewältigen: ­

Die Leistungen der 1. und der 2. Säule müssen infolge der höheren Lebenserwartung für einen längeren Zeitraum finanziert werden.

­

Die tiefe Geburtenrate in der Schweiz verändert den Altersaufbau in der Gesellschaft und verringert laufend den Anteil der Erwerbstätigen gegenüber einer wachsenden Zahl von Personen im Ruhestand.

­

Das tiefe Zinsniveau verringert die Erträge des Alterskapitals in der 2. Säule und erzeugt ein Ungleichgewicht zwischen den Leistungsversprechen und deren langfristiger Finanzierung.

Die bisher eingeleiteten Massnahmen zur finanziellen Sicherung der Altersvorsorge, positive Effekte der bilateralen Abkommen und der Einwanderung gut qualifizierter Arbeitskräfte konnten bisher die Wirkungen der steigenden Lebenserwartung und der tiefen Geburtenraten auf die finanzielle Entwicklung weitgehend kompensieren.

Solange die geburtenstarken Jahrgänge auf dem Arbeitsmarkt aktiv sind, werden die strukturellen Veränderungen im Altersaufbau überdeckt, die sich aus der stetig steigenden Lebenserwartung und der niedrigen Geburtenrate ergeben. Das heisst, dass sich das Verhältnis von Erwerbstätigen zu Pensionierten, der Altersquotient, langsamer verändert und somit der Mittelzufluss in die Altersvorsorge vergleichsweise hoch geblieben ist. Zwischen 2020 und 2030, wenn jedes Jahr geburtenstarke Jahrgänge das Rentenalter erreichen, aber nur noch geburtenschwache Jahrgänge mit der Erwerbsarbeit beginnen, tritt eine spiegelbildliche Entwicklung ein: Auch bei unveränderter Zuwanderung steigt der Altersquotient rascher an und die Ausgaben wachsen schneller als die Einnahmen.

25 26

BBl 2006 9477 BBl 2009 19

19

Weitere Einflussfaktoren sind die wirtschaftliche Entwicklung in der Schweiz und die jährliche Nettoimmigration. Ein positives Wirtschaftswachstum und eine hohe Einwanderung von Fachleuten verringern den Druck auf die Vorsorgewerke, während ein ungünstiges wirtschaftliches Umfeld oder auch ein Rückgang der Zuwanderung den Zeithorizont für strukturelle Anpassungen in der Altersvorsorge deutlich verkürzen könnten. Dessen ungeachtet führt das anhaltend tiefe Zinsniveau in der obligatorischen beruflichen Vorsorge bereits heute zu einem Ungleichgewicht zwischen Leistungsversprechen und Finanzierung.

Damit die Altersvorsorge in der Schweiz weiterhin ihre selbstgesteckten Ziele erreichen kann, sind die demografischen und wirtschaftlichen Entwicklungen unter Berücksichtigung der eher instabilen Finanzmärkte durch geeignete Massnahmen aufzufangen. Reformprojekte, die möglichst wenig in die Lebensplanung der Versicherten eingreifen wollen, weisen lange Vorlaufzeiten auf, ermöglichen aber auch entsprechende Übergangsregelungen. Sollen nicht nur die Leistungen an die Pensionierten, sondern auch die künftigen Ansprüche der Beitragszahlerinnen und -zahler nachhaltig finanziert werden, so ist eine gleichzeitige und transparente Reform der 1. und der 2. Säule unabdingbar.

1.6 ­

Demografische und wirtschaftliche Entwicklung Die Lebenserwartung steigt.

­

Das Verhältnis zwischen Aktiven und Pensionierten verändert sich.

­

Die Babyboom-Generation beeinflusst dieses Verhältis in Zukunft verstärkt.

­

Die Anlagemöglichkeiten auf dem Kapitalmarkt sind schlechter geworden.

­

Die Zinsen dürften weiterhin tief bleiben.

1.6.1

Demografische Entwicklung

Wie überall auf der Welt geht die demografische Entwicklung auch in der Schweiz in Richtung alternder Bevölkerung. Dadurch verändert sich die Alterspyramide, da der Anteil älterer Menschen im Verhältnis zur jüngeren Bevölkerung zunimmt. Die mit der Alterung und der tieferen Geburtenrate verbundene Veränderung der Bevölkerungsstruktur wirkt sich bereits seit mehreren Jahren auf die 1. und die 2. Säule aus. Bislang waren die Folgen allerdings kaum spürbar, da sie durch andere zeitlich begrenzte demografische, institutionelle und wirtschaftliche Parameter aufgefangen wurden. Sie werden aber das finanzielle Gleichgewicht der Altersvorsorge in den nächsten Jahren gefährden. Da die Bevölkerungsalterung anhalten wird und die geburtenstarken Jahrgänge (im letzten Jahrhundert wurden zwei Geburtenspitzen verzeichnet: die erste im Jahr 1946, die zweite im Jahr 1964) das Rentenalter erreichen, werden die Auswirkungen nach und nach stärker ins Gewicht fallen.

20

Steigende Lebenserwartung 1960 hatten die Frauen bei der Geburt eine Lebenserwartung von 74,1 Jahren, die Männer von 68,7 Jahren. Fünfzig Jahre später hat sich dieser Wert für Frauen auf 84,64 Jahre und für Männer auf 80,2 Jahre erhöht, was einem Anstieg von über zehn Jahren entspricht. Die höhere Lebenserwartung ist zwar teilweise auf den Rückgang der Sterblichkeit bei der Geburt zurückzuführen, Hauptgrund für diese Zunahme ist aber die stetig gesunkene Sterblichkeit älterer Personen. Die mit 65 Jahren verbleibende Lebenserwartung ist innerhalb der letzten fünfzig Jahre bei den Frauen von 15,2 auf 22,1 Jahre gestiegen, bei den Männern von 12,9 auf 19,1 Jahre.

Tiefere Geburtenraten Die hohe Geburtenrate in der Kriegs- und der Nachkriegszeit (1939­1964) von durchschnittlich 2,38 Kindern pro Frau sorgte bis Ende der 1960er-Jahre für den Generationenerhalt. Ab 1964 begann die Geburtenhäufigkeit zu sinken; sie pendelt seit 1976 um 1,5 Kinder je Frau, während die für den Generationenerhalt notwendige Rate bei 2,09 Kindern liegt. Damit liegt die Geburtenrate seit Längerem unter der für die demografische Erneuerung erforderlichen Quote. Dies wirkt sich aber noch nicht direkt auf die Altersvorsorge aus, da die geringere Anzahl Berufseinsteigerinnen und -einsteiger bislang durch die relativ konstante Zuwanderung ausgeglichen wurde. Die zugewanderten Personen integrieren sich rasch in den Arbeitsmarkt und beteiligen sich somit sofort an der Umlagefinanzierung. Sobald diese Personen, die derzeit noch im Erwerbsalter sind, das Rentenalter erreichen, ändert sich der Trend.

Veränderte Altersstruktur der Bevölkerung In den letzten fünfzig Jahren ist die Bevölkerung der Schweiz so stark gewachsen wie noch nie. Neben den geburtenstarken Jahrgängen zwischen 1942 und 1973 hat auch die Zuwanderung ausländischer Arbeitskräfte zu einem Bevölkerungsanstieg geführt. Die Schweizer Wohnbevölkerung ist innerhalb von fünfzig Jahren um 42 Prozent gewachsen und hat heute die Grenze von 8 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern überschritten. Ausgehend vom Verhältnis zwischen der schweizerischen und der ausländischen Bevölkerung zwischen 1970 und 2012 ist knapp die Hälfte (48 %) dieses Wachstums auf die ausländische Bevölkerung, der Rest (52 %) auf die schweizerische Bevölkerung zurückzuführen.

Der Migrationssaldo und der
Ausländerbestand beeinflussen nicht nur das demografische Wachstum, sondern auch die Altersstruktur der Bevölkerung. Diese hat sich in den letzten Jahrzehnten stark verändert. 1970 machten Personen ab 65 Jahren noch 11,5 Prozent der Bevölkerung aus. Bis ins Jahr 2012 hat sich ihr Anteil auf 17,4 Prozent erhöht. Demgegenüber ist der Anteil der unter 20-Jährigen von 1970 bis 2012 von 31,0 Prozent auf 20,4 Prozent gesunken. Da der Rückgang der Anzahl junger Personen stärker war als der Zuwachs der über 65-Jährigen, ist der Anteil der Personen im Erwerbsalter (20­64 Jahre) an der Gesamtbevölkerung im gleichen Zeitraum von 57,5 auf 62,2 Prozent gestiegen. Bei der Einführung der AHV im Jahr 1948 finanzierten noch rund 6,5 Aktive eine Person im Rentenalter, zurzeit kommen noch knapp 3,4 Aktive für eine pensionierte Person auf, und in zwanzig Jahren wird das Verhältnis bei zirka 2:1 liegen.

Der Altersquotient widerspiegelt diese erheblichen Änderungen in der Altersstruktur der Bevölkerung in der Schweiz.

21

Grafik 1-1 Altersquotient 45% 40% 35% 30% 25% 20% 15%

Szenario A-17-2010

10%

Beobachteter Wert

5% 0% 1970

1980

1990

2000

2010

2020

2030

Mit dem schrittweisen Erreichen des Rentenalters durch die geburtenstarken Jahrgänge werden mittelfristig zwei Gruppen prozentual an Bedeutung gewinnen: über 50-Jährige und ganz besonders über 65-Jährige. Das Medianalter der Bevölkerung wird weiter steigen.

Diese Entwicklung hat für die Ausgaben der AHV und der beruflichen Vorsorge weitreichende Folgen: Die Zahl der Bezügerinnen und Bezüger von Vorsorgeleistungen wird zunehmen, und die Dauer der Leistungen sich entsprechend der steigenden Lebenserwartung verlängern. Die Gruppe der 20- bis 40-Jährigen wird fortlaufend schrumpfen und die Zahl der Kinder dank Zuwanderung oder Anstieg der Geburtenrate nur noch leicht wachsen. Die Bestände der jungen Personen und damit der Arbeitskräfte von morgen verringern sich tendenziell.

Demografie und Altersvorsorge Die AHV reagiert mit grosser Verzögerung auf Veränderungen der demografischen Parameter. Eine Veränderung der Geburtenrate schlägt sich erst nach zwanzig Jahren auf die Beiträge nieder, nämlich dann, wenn die nach dieser Veränderung geborenen Kinder ins Erwerbsleben eintreten. Leistungsseitig machen sich die Auswirkungen noch viel später bemerkbar. Auch Veränderungen der Sterblichkeit wirken sich nicht sofort aus; dafür sind aber die Folgen nach einer gewissen Zeit umso deutlicher zu spüren, vor allem, wenn die Lebenserwartung der Personen im Rentenalter steigt. Eine grössere Zuwanderung hingegen beeinflusst die finanzielle Situation der AHV in kürzester Zeit. Dies gilt insbesondere, wenn es sich bei den zugewanderten Personen um Erwerbstätige handelt, die bei der Aufnahme einer Beschäftigung in der Schweiz sofort beitragspflichtig sind. Leistungsseitig dauert es etwas länger, bis sich die Veränderung niederschlägt, denn die ausländischen Personen müssen ihren Leistungsanspruch erst aufbauen. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass der seit 2000 positive Migrationssaldo zu einem konstanten 22

Anstieg der Erwerbsbevölkerung in der Schweiz geführt und die AHV so mitfinanziert hat.27 Die tiefe Geburtenrate und die höhere Lebenserwartung werden die AHV dennoch vor eine grosse Herausforderung stellen.

Aufgrund der Kapitalfinanzierung reagiert die 2. Säule weniger stark auf demografische Veränderungen. Die Veränderung des Verhältnisses zwischen Erwerbstätigen und Rentenbeziehenden hat keinen direkten Einfluss auf die Finanzierung der 2. Säule, da jede Person ihr eigenes Alterskapital bildet. Sie wird jedoch von einer anderen demografischen Grösse massgeblich beeinflusst: der Lebenserwartung.

Durch die höhere Lebenserwartung reicht das während des Erwerbslebens angesparte Guthaben immer seltener für die finanzielle Absicherung im Rentenalter. Die längere Rentenbezugsdauer hat deshalb in der 2. Säule ebenso bedeutende Konsequenzen wie in der 1. Säule.

1.6.2

Wirtschaftliche Entwicklung

Die finanzielle Entwicklung der Altersvorsorge hängt nicht allein von der Veränderung der demografischen Strukturen ab. Die Entwicklung der Arbeitsproduktivität und des Arbeitsmarktes üben einen ebenso grossen Einfluss auf das finanzielle Gleichgewicht der AHV und der beruflichen Vorsorge aus. Während die Demografie vor allem auf die Ausgaben der Altersvorsorge wirkt, werden die Einnahmen der AHV zur Hauptsache von der wirtschaftlichen Entwicklung, die Einnahmen der beruflichen Vorsorge von der Entwicklung der Finanzmärkte bestimmt.

Die erste Hälfte der 1990er-Jahre war in der Schweiz von einer schwachen wirtschaftlichen Entwicklung geprägt. In der ersten Hälfte des Jahrzehnts war ­ gemessen an der realen Veränderung des Bruttoinlandprodukts (BIP) ­ sogar eine Schrumpfung der gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfung festzustellen. Danach setzte eine Phase mit einem Wachstum von meist deutlich über einem Prozent pro Jahr ein. Insbesondere Entwicklungen in der Finanzwirtschaft und vor allem in der sogenannten «New Economy» trieben diese Wachstumsphase in der zweiten Hälfte der 1990er-Jahre an.

Nach dem Platzen der «Dotcom-Blase», was die Handelspreise auf dem Informatikmarkt massiv erhöhte, und den weltweiten Folgen der Anschläge vom 11. September 2001 verlor die Schweizer Wirtschaft an Schwung und verzeichnete im Jahr 2003 erneut eine negative Wachstumsrate. Doch bereits die darauffolgenden Jahre waren erneut durch eine markante Steigerung des realen BIP gekennzeichnet.

Das Wachstum fiel deutlich kräftiger aus als in den 1990er-Jahren: Es bewegte sich zwischen jährlich 2,5 und 3,6 Prozent (vgl. Grafik 1-2 zur Entwicklung des BIP).

Gestützt wurden diese markanten Steigerungen insbesondere durch den Finanzsektor, aber auch die stark exportorientierte verarbeitende Industrie konnte in diesen Jahren vom weltweiten Aufschwung profitieren. Mit der Finanz- und Wirtschaftskrise Ende 2008 fiel dann auch das Wachstum ­ anfänglich insbesondere infolge der Turbulenzen im Finanzsektor ­ unter die 2-Prozent-Marke zurück. 2009 nahm die Wirtschaftsleistung im Vergleich zum Vorjahr real sogar um 1,9 Prozent ab.

27

Bericht des Bundesrates vom 28. Januar 2009 in Erfüllung des Postulats Schelbert Louis (07.3396) vom 20. Juni 2007 («Aktualisierung der Berechnungsgrundlagen zur Erstellung von Perspektivrechnungen in der AHV»).

23

Grafik 1-2 BIP in Millionen Franken 600'000

5.0% 4.0%

500'000 ) n ek400'000 n ar F . 300'000 io M in ( 200'000 IP B 100'000

3.0% 2.0% 1.0% 0.0% -1.0% -2.0%

0

-3.0% 1980

1985

1990

Veränderung in %

1995

2000

2005

2010

BIP in Millionen Franken

Quelle: Verwendungssatz (BFS: 1990­2011, SECO: 1980­1989)

Die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise hat die Wirtschaft der meisten OECDLänder in eine Rezession gestürzt. Dies ist vor allem auf die starke Beteiligung der Länder am internationalen Handel und auf das relativ grosse Gewicht der Finanzintermediation in der Wirtschaftstätigkeit zurückzuführen. Die Schweiz hat bisher den Auswirkungen der weltweiten Krise besser widerstanden als ihre wichtigsten Handelspartner, dies dank der sektoriellen Spezialisierung auf weniger konjunkturabhängige Produkte, dem moderaten Verschuldungsgrad der inländischen Kreditnehmer im privaten Nichtfinanzsektor, der stabilen Unternehmensfinanzierung und dem Fehlen eines ausgeprägten Immobilienzyklus. Auch Interventionen der Regierung und der SNB zur Stützung der UBS halfen, die Auswirkungen der Krise einzudämmen. Das Risiko möglicher Verluste für den öffentlichen Sektor aus dem Stabilisierungsprogramm ist im internationalen Vergleich trotz des beträchtlichen Gewichts der grössten Banken in der Volkswirtschaft bescheiden. Die SNB traf entscheidende Massnahmen, um die Liquidität des Interbank-Kreditmarktes aufrechtzuerhalten, indem sie die Zinssätze auf ihren Repo-Geschäften auf nahezu Null senkte, zur Reduktion der Interbank-Spreads beitrug, eingriff, um die Aufwertung des Schweizerfrankens zu stoppen und Obligationen in Schweizerfranken kaufte. Die umsichtige Budgetpolitik der Vergangenheit schuf Raum für die Durchführung von Stabilisierungsmassnahmen in den Jahren 2009 und 2010, doch fielen diese im Vergleich zu den meisten anderen OECD-Ländern bescheiden aus.28 Die Besorgnis an den Kapitalmärkten bezüglich der Staatsschulden mehrerer Länder hat zu einer Aufwertung des Schweizerfrankens auf einen Rekordstand geführt. Die starke weltweite Nachfrage nach Schweizer Waren und Dienstleistungen machte die sich verschlechternde preisliche Wettbewerbsfähigkeit zwar teilweise wett, die Exporte haben in jüngster Zeit jedoch nachgegeben. Die SNB hat eine Obergrenze 28

24

OECD, Wirtschaftsbericht ­ Schweiz, Januar 2012, S. 8.

für den Euro-Franken-Wechselkurs eingeführt, um die Aufwertung zu stoppen.

Niedrig gehaltene Zinssätze mögen vorübergehend zwar angebracht sein, die unüblich tiefen Zinsen haben aber zu einem Hypotheken-Boom und steigenden Immobilienpreisen geführt.29 Wirtschaft und Altersvorsorge Die wirtschaftlichen Schwankungen beeinflussen die Einnahmen der AHV stärker und rascher als ihre Ausgaben. Dies erklärt sich durch den Umstand, dass sich die Wirtschaftsaktivität direkt auf die Entwicklung der Löhne und der Beschäftigung und damit auf die beitragspflichtige Lohnsumme auswirkt. Die Leistungen reagieren hingegen weniger stark auf die wirtschaftliche Entwicklung, da die neuen Renten aufgrund der während des gesamten Erwerbslebens erzielten Einkommen berechnet werden (die letzten Jahre spielen damit nur eine untergeordnete Rolle) und weil die laufenden Renten mittels eines Mischindexes angepasst werden. Dieser entspricht dem arithmetischen Mittel zwischen dem Lohn- und dem Preisindex, das bedeutet: Wenn die Preise und die Löhne steigen, werden die Renten an die Inflation und nur zur Hälfte an die Reallohnerhöhung angepasst.

Mit anderen Worten: Je stärker das Wirtschaftswachstum ist, desto stärker wird das Budget der AHV entlastet, da die Einnahmen schneller steigen als die Ausgaben.

Rezessionen haben den gegenteiligen Effekt: Die Einnahmen sinken sofort, während die Ausgaben konstant bleiben.

Die berufliche Vorsorge reagiert aufgrund ihrer Struktur und des Kapitaldeckungsverfahrens anders auf die wirtschaftlichen Schwankungen als die AHV. Grundsätzlich werden die Beiträge in Form von Lohnprozenten erhoben. Bei den Beitragszahlungen an die berufliche Vorsorge handelt es sich im Wesentlichen um einen Sparvorgang für das Alter. Die Leistungen beruhen stärker auf den einbezahlten Beiträgen als in der AHV. Die Entwicklung der Finanzmärkte ist aufgrund der Kapitalerträge hingegen ein wichtiger Einflussfaktor für das finanzielle Gleichgewicht der 2. Säule. In den 1990er-Jahren durfte man von einer durchschnittlichen Rendite von 5 Prozent oder mehr ausgehen. Seit dem Jahr 2000 ist dies eindeutig nicht mehr der Fall. Zusammen mit der höheren Lebenserwartung werden die seit mehreren Jahren beobachteten historisch tiefen Zinssätze und das voraussichtliche Weiterbestehen dieser Tendenz das Finanzierungsdefizit der Renten aus der 2. Säule in Zukunft vergrössern.

1.7

29

Finanzielle Perspektiven

­

Die Leistungen der AHV sind langfristig nicht ausreichend finanziert.

­

Ab dem Jahr 2020 geraten die Finanzen der AHV aus dem Gleichgewicht.

­

Bis im Jahr 2030 steigt die jährliche Finanzierungslücke der AHV auf rund 8,3 Milliarden Franken.

Ibid., S. 8.

25

1.7.1

Ausgangslage

Die Planung einer langfristig stabilen Finanzierung der 1. und der 2. Säule verlangt zunächst die Festlegung der Einflussfaktoren und Berechnungsparameter, auf deren Basis die zukünftige finanzielle Entwicklung errechnet werden soll. Die nachfolgenden Ausführungen legen dar, auf welchen Daten und Annahmen die finanziellen Perspektiven beruhen.30 Sie erlauben einerseits, die Entstehung der Finanzierungslücken in der Altersvorsorge nachzuvollziehen, andererseits kann verdeutlicht werden, wie diese Differenzen durch die vorgeschlagenen Massnahmen aufgefangen und ausgeglichen werden sollen.

Die finanzielle Entwicklung der 1. und der 2. Säule wird im Wesentlichen durch die folgenden Faktoren beeinflusst: ­

die Anzahl der Personen, die Beiträge zahlen,

­

die Anzahl der Rentnerinnen und Rentner sowie die Dauer des Rentenbezugs,

­

die wirtschaftliche Entwicklung,

­

die Entwicklung der Kapitalmarktrenditen.

Diese demografischen und wirtschaftlichen Faktoren wirken sich in unterschiedlicher Weise auf die finanzielle Entwicklung der 1. und der 2. Säule aus, da die Finanzierung der AHV auf dem Umlageverfahren und die berufliche Vorsorge auf dem Kapitaldeckungsverfahren beruht. So reagiert die AHV auf der Finanzierungsseite sensibel auf Veränderungen der Lohnsumme und der wirtschaftlichen Entwicklung. Ist das wirtschaftliche Umfeld günstig, so sind die Beschäftigung und die Zuwanderung, insbesondere gut qualifizierter Arbeitskräfte hoch, und die Einnahmen der AHV steigen rasch an. Umgekehrt nehmen sie ebenso deutlich ab, wenn die Beschäftigung zurückgeht. Auf der Ausgabenseite dominiert in umlagefinanzierten Systemen neben der Zahl der Rentnerinnen und Rentner deren Lebenserwartung.

Im Kapitaldeckungsverfahren ist, sofern gesetzlich festgelegte Parameter einzuhalten sind, die Finanzierung vor allem von der Entwicklung der Kapitalmarktrenditen abhängig, die ihrerseits eng mit dem wirtschaftlichen Umfeld verbunden ist. Je instabiler das wirtschaftliche Umfeld und je geringer die Kapitalmarkterträge, desto schwieriger wird es für die Vorsorgeeinrichtungen, die gesetzlich festgelegten und für den gültigen Mindestumwandlungssatz notwendigen Renditen zu erwirtschaften bzw.

den ebenfalls festgelegten Deckungsgrad zu erzielen. Da die berufliche Vorsorge einen individuellen Sparprozess in Gang setzt, ist die demografische Entwicklung nur dann ein Problem, wenn für die Finanzierung der laufenden Renten die Erträge auf dem Kapital der aktiven Bevölkerung verwendet werden müssen. Eine stetig steigende Lebenserwartung bedeutet aber auch für den individuellen Sparprozess höhere Anforderungen, da das angesparte Kapital für eine längere Zeit reichen muss.

In einen zweiten Planungsschritt werden für die relevanten Einflussfaktoren die Parameter festgelegt, mit denen die langfristige Entwicklung der Einnahmen und Ausgaben bzw. allfällige Finanzlücken berechnet werden können. Dabei müssen für die umlagefinanzierte AHV und die kapitalfinanzierte berufliche Vorsorge unterschiedliche Annahmen getroffen werden.

30

26

EVD (2012), Langfristperspektiven der öffentlichen Finanzen der Schweiz 2012, Bern, 25. Januar 2012; BFS (2010), Szenarien zur Bevölkerungsentwicklung 2010­2060.

1.7.2

Finanzielle Perspektiven der AHV

Datengrundlagen Die Entwicklung der Einnahmen und Ausgaben der AHV beruht auf den Wechselwirkungen zwischen den demografischen und wirtschaftlichen Parametern. Die demografischen Parameter beschreiben die Entwicklung der ständigen Wohnbevölkerung. Diese hängt von den Geburten, Todesfällen sowie von der Ein- und Auswanderung ab. Das Bundesamt für Statistik (BFS) erstellt periodisch ­ in der Regel alle fünf Jahre ­ demografische Szenarien, die auf beobachteten Parametern und auf Hypothesen über ihre künftige Entwicklung beruhen. Auf der Grundlage der Wirtschaftsparameter wird die langfristige Entwicklungstendenz der Schweizer Wirtschaft ermittelt. Diesen Parametern liegen die für das Budget und den Finanzplan des Bundes ermittelten Werte zugrunde. Massgebend ist dabei die Entwicklung der Beschäftigung, der Arbeitsproduktivität, der Löhne, der Konsumentenpreise, der Zinsen und der mittleren Arbeitslosenquote. Anhand von Hypothesen zur Entwicklung dieser Parameter lassen sich Szenarien für die implizite Wirtschaftsentwicklung (oder das BIP-Wachstum) ableiten.

Auf der Basis der demografischen Parameter wird zunächst ein Finanzierungsszenario der AHV berechnet31. Dieses Referenzszenario beruht mehrheitlich auf der Fortsetzung der Entwicklung der letzten Jahre und folgt der wahrscheinlichsten Ausprägung der Parameter.

Grafik 1-3 Wanderungssaldo (1980­2030) 105'000 85'000 65'000 45'000 25'000 Szenario A-17-2010 5'000 Wanderungssaldo -15'000 1980

31

1990

2000

2010

2020

2030

Als Szenario für die Bevölkerungsentwicklung ab dem Jahr 2013 bis zum Jahr 2030 dient in diesem Bericht das Szenario A-17-2010 des BFS.

27

Die Entwicklung des Wanderungssaldos zeigt, wie stark und wie rasch sich dieser Parameter in der Schweiz geändert hat. Innert weniger Jahre kann er von einem positiven Wert von über 100 000 auf Null zurückgehen oder gar negativ werden, wenn die Auswanderungen die Einwanderungen übertreffen. So standen beispielsweise 2008 184 000 Einwanderungen 86 000 Auswanderungen gegenüber, und der Wanderungssaldo hatte mit 98 000 fast wieder den Wert von 1960 erreicht. Schon vier Jahre später, 2012, hatte er sich reduziert und lag nur noch bei 71 000 Personen.

2013 lag der positive Saldo bei rund 80 000 Personen. Nach dem Finanzierungsszenario der AHV dürfte er bis 2030 auf 40 000 Personen sinken.

Bei der Berechnung der finanziellen Perspektiven der AHV wird dem Wanderungssaldo besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Nicht nur die hohe Volatilität, sondern auch die Ausbildung und die Erwerbstätigkeit der Zugewanderten beeinflussen die Einnahmen der AHV erheblich. In den letzten 20 Jahren sind besonders viele gut qualifizierte Arbeitskräfte eingewandert. Sie erzielen in der Regel ein hohes Einkommen und entrichten entsprechend hohe Beiträge an die AHV. Auch unter Berücksichtigung der erworbenen Rentenansprüche verbleibt ein positiver Saldo der Beiträge zugunsten der AHV. Die folgende Grafik zeigt das Umlageergebnis der AHV mit und ohne Beiträge der zugewanderten Arbeitskräfte sowie der Grenzgängerinnen und Grenzgänger. Bereits 2001 wäre das Umlageergebnis negativ geworden und unter gleich bleibenden Bedingungen wäre seither das Umlageergebnis der AHV stets tiefer ausgefallen als mit den Beiträgen der zugewanderten Arbeitskräfte.

Grafik 1-4 Einfluss des Wanderungssaldos auf das Umlageergebnis 2'500

1'500

500

-500

-1'500

Umlageergebnis ohne Wanderungssaldo und Grenzgänger Umlageergebnis

-2'500 1980

1985

1990

1995

2000

2005

2010

2015

Wenn sich die Bevölkerung und die Wirtschaft gemäss dem AHV-Referenzszenario entwickeln, ist zu erwarten, dass bis etwa 2018 die Einnahmen des AHV-Fonds die Ausgaben decken werden. Da die umlagefinanzierte AHV besonders stark von der demografischen Entwicklung beeinflusst wird, verursachen die Pensionierung von geburtenstarken Jahrgängen und die zunehmende Dauer des Rentenbezugs ein kontinuierliches Anwachsen der Ausgaben. Die Zahl der nachrückenden jungen Erwachsenen ist deutlich geringer, weshalb die Einnahmen langsamer wachsen als die Ausgaben. Sobald das Umlageergebnis negativ wird, müssen die Fondsreserven für die Rentenzahlungen eingesetzt werden. Ohne Gegenmassnahmen geraten die

28

Finanzen der AHV so rasch aus dem Gleichgewicht. Der am wenigsten berechenbare Faktor ist dabei die Nettomigration, die sich wie erläutert rasch ändern kann.

Bleibt der Wanderungssaldo positiv, so wird der Zeitpunkt der Unterdeckung des AHV-Fonds nach hinten verschoben; sinkt die Zahl der Zugewanderten unerwartet stark, so wird die Finanzierungslücke schon früher sichtbar. Dieser Effekt wird durch die wirtschaftliche Entwicklung noch verstärkt.

Grafik 1-5 Entwicklung des AHV-Fonds (in Prozent der Ausgaben) 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% 2013

2015

2017

2019

2021

2023

2025

2027

2029

Die Grafik zeigt den Stand des AHV-Ausgleichsfonds in Prozent der jährlichen AHV-Ausgaben nach Abzug der Schulden, welche die IV beim AHV-Fonds hat. Die Linie entspricht dem AHV-Referenzszenario, welches pro Jahr mit einer Reallohnentwicklung von einem Prozent und einem Wanderungssaldo von 40 000 rechnet.

Gemäss diesem Szenario wird der AHV-Fonds ohne Gegenmassnahmen etwa im Jahr 2025 nur noch 50 Prozent einer Jahresausgabe enthalten. Würde der Fonds unter 30 Prozent sinken, so wäre er nicht mehr in der Lage, alle Renten rechtzeitig auszuzahlen. Es käme zur teilweisen Illiquidität, weil die Ausgaben des Fonds kontinuierlich anfallen, die Einnahmen jedoch weniger regelmässig eingehen. Die AHV gerät ab 2020 in ein finanzielles Ungleichgewicht.

Gemäss dem AHV-Referenzszenario wird die Finanzierungslücke im Jahr 2020 über 700 Millionen Franken betragen und bis 2030 auf 8,3 Milliarden Franken anwachsen.

1.7.3

Finanzielle Perspektiven der beruflichen Vorsorge

Ausgangslage Die finanzielle Situation der im Kapitaldeckungsverfahren finanzierten beruflichen Vorsorge hängt im Wesentlichen davon ab, ob die erzielten Renditen, die auf den an den Finanzmärkten angelegten Geldern erwirtschaftet werden, in etwa der notwen29

digen Rendite entsprechen. Die notwendige Rendite ergibt sich u.a. aus dem Mindestzinssatz, der den aktiven Versicherten gutgeschrieben werden muss, und aus dem Zinssatz für die Verzinsung des Rentendeckungskapitals. Zudem muss die Rendite auch die Finanzierung von Rückstellungen und Wertschwankungsreserven ermöglichen. Der Mindestzinssatz wird in der Regel jährlich aufgrund der aktuellen Situation an den Finanzmärkten festgelegt. Die Höhe der laufenden Renten hingegen ist garantiert, weshalb auch die erforderliche Rendite zu deren Finanzierung fixiert ist. Deshalb kommt der Höhe des Mindestumwandlungssatzes, der die Rentenhöhe und damit die erforderliche Rendite bestimmt, eine entscheidende Rolle zu. Dabei hängt die erforderliche Rendite nicht nur von der Höhe des Mindestumwandlungssatzes ab, sondern auch von der Lebenserwartung der Rentnerinnen und Rentner (und ihren Hinterlassenen): Je höher die Lebenserwartung ist, desto mehr Rendite ist erforderlich, damit das angesparte Altersguthaben ausreicht, um die Rente bis zum Lebensende finanzieren zu können. Die steigende Lebenserwartung (vgl. Ziff. 1.6.1) führte deshalb dazu, dass die erforderliche Rendite in den letzten Jahren zunahm.

Beim zurzeit geltenden Mindestumwandlungssatz von 6,8 Prozent und der aktuellen Lebenserwartung beträgt die erforderliche Rendite rund 5 Prozent.

Im Gegensatz dazu steht die Entwicklung der erzielten Renditen auf den Anlagevermögen in der 2. Säule. Der Pictet-Index BVG-25 plus ist ein weitverbreiteter und anerkannter Indikator zur Berechnung der möglichen Kapitalerträge in der beruflichen Vorsorge. In der nachfolgenden Grafik sind die Entwicklung des Indexes seit 1990 sowie seine Tendenz ersichtlich.

Grafik 1-6 Entwicklung der Kapitalrendite, 1990­Juni 2014 25% 20% 15% 10% 5% 0% -5% -10%

Kapitalrendite (Pictet BVG-25 plus) Trend der Kapitalrendite (Pictet BVG-25 plus)

1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 06.2014

-15%

Aus der Grafik geht hervor, dass die Renditen seit der Jahrtausendwende im Durchschnitt deutlich unter den 5 Prozent liegen, die zurzeit beim geltenden Mindestumwandlungssatz von 6,8 Prozent erforderlich sind. Zudem ist der langjährige Trend der Kapitalrendite eindeutig negativ.

30

Seit dem Jahr 2000 sind im Durchschnitt tiefere Renditen erzielt worden, als zum Erhalt des finanziellen Status quo notwendig gewesen wären. Die Auswirkungen auf die finanzielle Gesamtsituation der beruflichen Vorsorge sind in der folgenden Grafik dargestellt. Es wird die Entwicklung eines Kapitals gezeigt, das mit dem Mindestzinssatz (für aktive Versicherte) sowie mit einer notwendigen Rendite von 4 Prozent (globales Mittel zwischen dem Mindestzinssatz und der erforderlichen Rendite zur Finanzierung der Renten) verzinst wurde. Diese Entwicklung wird mit den effektiv erzielten Renditen im gleichen Zeitraum verglichen.32 Ebenfalls ersichtlich ist die Entwicklung des durchschnittlichen Deckungsgrads der Vorsorgeeinrichtungen, der auf die finanzielle Gesamtsituation schliessen lässt:33 Grafik 1-7 Vergleich von notwendiger und erzielter Rendite (Indexierung: Ende 1999 = 100), Entwicklung des durchschnittlichen Deckungsgrads in Prozent, 2000­2013 180 170 160 150 140

Notwendige Rendite Mindestzins Erzielte Rendite Deckungsgrad

130 120 110 100 90 80

Wie sich zeigt, waren die erzielten Renditen seit der Jahrtausendwende ungenügend.

Dies hat zur Folge, dass sich die finanzielle Gesamtsituation seit Ende 1999 deutlich verschlechtert hat: Der durchschnittliche Deckungsgrad der Vorsorgeeinrichtungen sank von knapp 125 Prozent Ende 1999 auf 103 Prozent Ende 2013. Zudem ist ersichtlich, dass die Anpassungen des Mindestzinssatzes den Entwicklungen der erzielten Renditen ziemlich gut Rechnung tragen. Das Problem liegt eindeutig bei der zu hohen erforderlichen Rendite zur Finanzierung der Renten, was zeigt, dass der Mindestumwandlungssatz von 6,8 Prozent zu hoch ist.

Das Ungleichgewicht zwischen erzielter und erforderlicher Rendite hat nicht nur negative Folgen für die finanzielle Situation der Vorsorgeeinrichtungen, sondern führt auch zu einer ebenso unerwünschten Umverteilung von den aktiven Versicherten zu den Rentnerinnen und Rentnern: Um die garantierten Renten auch in Phasen zu tiefer Kapitalerträge bezahlen zu können, werden die Sparkonten der aktiven 32 33

Quelle: CS PK-Index Quelle: Complementa

31

Versicherten tiefer verzinst, oder es müssen zusätzliche Beiträge erhoben werden.

Beide Massnahmen gehen zulasten der aktiven Versicherten, während die Leistungen der Rentnerinnen und Rentnergeschützt sind. Da der Mindestumwandlungssatz nur im Bereich der obligatorischen beruflichen Vorsorge gilt, entsteht eine weitere Form der Umverteilung, wenn zur Deckung des Finanzierungsbedarfs im Obligatorium die Sparkonten im überobligatorischen Bereich tiefer verzinst werden. Diese Umverteilung findet zwischen dem Obligatorium und dem Überobligatorium statt und nicht direkt zwischen den aktiven Versicherten und den Rentnerinnen und Rentnern.

Finanzielle Perspektiven Wie oben beschrieben, ist die korrekte Höhe des Mindestumwandlungssatzes für die finanzielle Stabilität der 2. Säule von zentraler Bedeutung. Die beiden Bestimmungsgrössen für den Mindestumwandlungssatz sind die Lebenserwartung der Rentnerinnen und Rentner sowie die voraussichtliche Kapitalrendite. Für keinen dieser beiden Parameter sind exakte Entwicklungsprognosen möglich. Für die Lebenserwartung können jedoch anhand der von den Vorsorgeeinrichtungen häufig verwendeten technischen Grundlagen34 Hochrechnungen angestellt werden. Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über die Entwicklung der Lebenserwartung, wie sie in den technischen Grundlagen und in den Bevölkerungsszenarien des BFS angenommen wird: Tabelle 1-1 Entwicklung der Lebenserwartung im Alter 65 gemäss Grundlagen BVG 2010, VZ 2010 und gemäss BFS-Bevölkerungsszenario A-00-2010 für die Jahre 2014, 2020 und 2025 Sterbetafel

2014 Männer

2020 Frauen

Männer

2025 Frauen

Männer

Frauen

BVG 2010

19,94

22,25

20,62

22,89

21,13

23,38

VZ 2010

20,39

23,12

21,06

23,75

21,56

24,22

BFS

19,99

22,80

20,83

23,59

21,38

24,20

Es ist ersichtlich, dass die Lebenserwartung bei Rentenbeginn gemäss allen drei Sterbetafeln in den folgenden Jahren zunehmen wird, und zwar wird sie sich in 10 Jahren für beide Geschlechter um mehr als ein Jahr erhöht haben.

Um eine fundierte Einschätzung über die möglichen Entwicklungen der Kapitalrenditen zu erhalten, hat das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) ein Forschungsprojekt35 in Auftrag gegeben. Dabei wurden sechs gesamtwirtschaftliche Entwicklungsszenarien und deren Auswirkungen auf die Finanzmärkte und die Kapitalrenditen untersucht. Für eine Anlagestrategie mit 25 Prozent Aktien, 15 Prozent Immobilien und 60 Prozent Obligationen ergeben sich folgende je nach Szenario unterscheidende Renditeerwartungen.

34 35

32

BVG 2010; VZ 2010.

Eichler, M. et al. (2014): Gesamtwirtschaftliche Entwicklungsszenarien bis 2035 sowie Auswirkungen auf Finanzmärkte und Anlagerenditen, Beiträge zur Sozialen Sicherheit 7/14, Bern.

Tabelle 1-2 Durchschnittliche jährliche Renditen einer Anlagestrategie mit 25 Prozent Aktien in den sechs Szenarien für drei Perioden Szenario

2014­2017 2018­2025 2026­2035

Normalisierung Langfristig ungünstige Demographie CH

1,5

2,8

3,6

1,6

3,0

3,5

Kurzfristig überdurchschnittliches Wachstum

­0,2

3.0

3,7

Kurzfristig überdurchschnittliches Wachstum und Inflation CH

­1,4

2,7

3,2

Eurozone deflationär geprägt und Abschottung CH

1,9

3,1

2,6

­2,6

2,3

3,7

Schwache Wirtschaft, hohe Preise (stagflative Tendenzen)

Bei dieser Anlagestrategie, die am besten mit dem Pictet-Index BVG-25 plus verglichen werden kann, bewegen sich die zu erwartenden Renditen in der kurzen Frist (2014­2017) je nach Szenario zwischen ­2,6 und 1,9 Prozent. In der mittleren Frist (2018­2025) dürfen solche Anlagestrategien mit einer Rendite zwischen 2,3 und 3,1 Prozent rechnen und langfristig mit 2,6 bis 3,7 Prozent. Im wahrscheinlichsten Szenario «Normalisierung» wird langfristig eine Rendite von 3,6 Prozent erwartet.

Auch wenn sich die finanziellen Perspektiven für die berufliche Vorsorge nicht mit Sicherheit ermitteln lassen, so ist doch von den folgenden beiden Haupttrends auszugehen: Zum einen wird die Lebenserwartung weiter ansteigen. Zum anderen ist bei den Kapitalrenditen im Vergleich zur aktuellen Tiefzinssituation langfristig mit einer Erholung zu rechnen. Allerdings werden die erwarteten Kapitalrenditen im Durchschnitt tiefer ausfallen als in der Vergangenheit. Aus diesen Gründen ist eine Anpassung des Mindestumwandlungssatzes unumgänglich, um die finanzielle Stabilität der 2. Säule zu erhalten und zu stärken.

1.8

Vorarbeiten

Babyboom-Generation und AHV 2012 wurden die Auswirkungen des Babybooms auf die AHV in einer umfassenden Studie untersucht.36 Der Babyboom, also die geburtenstarken Jahrgänge von 1942 bis 1973, ist ein klar ausgewiesenes Phänomen. Während die Babyboom-Kohorten den Altersquotienten, das heisst das Verhältnis zwischen den Personen im Ruhestand und den Erwerbstätigen, derzeit verkleinern, wird das schrittweise Eintreten der Babyboom-Jahrgänge ins Pensionsalter dieses Gleichgewicht ab Mitte der 2020er-Jahre in eine Schieflage bringen. Der Babyboom überdeckt somit in einer ersten Phase die strukturellen demografischen Veränderungen, verstärkt sie aber anschliessend. Am wichtigsten sind die Auswirkungen auf die Entwicklung der Arbeitsproduktivität. Die steigende Produktivität treibt nicht nur die Einnahmen der 36

Müller, U. et al. (2012): Babyboom-Generation und AHV 2010­2060, Beiträge zur Sozialen Sicherheit, 9/12, Bern.

33

AHV an, sondern erhöht über den Mischindex auch die Renten und somit längerfristig die Rentenansprüche.

Einflussfaktoren der frühzeitigen Pensionierung Die höhere Lebenserwartung und der gleitende Übergang in den Ruhestand der zahlenmässig starken Babyboom-Kohorten lassen die Zahl der Erwerbstätigen von 2015 bis 2035 kontinuierlich sinken. Die Arbeitsmarktbeteiligung der älteren Bevölkerung gewinnt im Hinblick auf die Sicherung des Wachstums und der Stabilität der AHV zunehmend an Bedeutung. Wenn die Altersvorsorge langfristig garantiert werden soll, muss die Beteiligung älterer Arbeitskräfte am Schweizer Arbeitsmarkt aufgewertet werden.

Eine Studie aus dem Jahr 2012 hat ergeben, dass beim vorzeitigen Arbeitsmarktaustritt von Personen zwischen 58 und 63/64 Jahren der Wunsch nach mehr Freizeit, gesundheitliche Einschränkungen, Zwangspensionierungen oder Kündigungen sowie unbefriedigende Arbeitsbedingungen eine bedeutende Rolle spielen.37 Bei Frühpensionierten erfolgte der Austritt aus dem Erwerbsleben grösstenteils freiwillig. Bei den institutionellen Anreizen übten insbesondere die Regelungen zur 2. Säule und die Möglichkeit des Vorbezugs der AHV-Rente einen Einfluss auf vorzeitige Pensionierungen aus. Personen zwischen 58 und 63/64 Jahren zeigen eine gewisse Bereitschaft, unter gewissen Bedingungen über das ordentliche AHVRentenalter hinaus erwerbstätig zu sein. Ein Fünftel der Erwerbstätigen plant dies bereits heute.

Die befragten Unternehmen finden es allgemein sinnvoll und notwendig, ältere Arbeitnehmende zukünftig bis zum ordentlichen Rentenalter zu beschäftigen. Dies wird vor allem mit der längeren Nutzung der Kompetenzen der Mitarbeitenden und der Sicherstellung des Knowhow-Transfers an jüngere Mitarbeitende begründet.

Altersgerechte Arbeitsbedingungen (u.a. flexible Arbeitsmodelle, angepasste Funktion/Tätigkeit und die Berücksichtigung gesundheitlicher Aspekte) sind wichtige Voraussetzungen für die Beschäftigung von Personen ab 58 Jahren. Allerdings verfügen die Unternehmen grösstenteils nicht über eine systematische Personalpolitik zur Förderung der Beschäftigung älterer Arbeitskräfte. Die Rekrutierung von älteren Arbeitskräften hat im Vergleich zu alternativen Strategien, wie zum Beispiel Bemühungen zur Anstellung von jüngeren Arbeitnehmenden, Frauen oder ausländischen Arbeitnehmenden,
einen deutlich geringeren Stellenwert.

Unterschiedliche Sterblichkeit Eine Studie hat sich mit den sozio-ökonomischen Faktoren befasst, die sich auf die Lebenserwartungen in der Schweiz auswirken.38 Sie ermittelt bei der Lebenserwartung nach der Pensionierung die grössten Unterschiede in Abhängigkeit vom Bildungsabschluss. Je höher der Bildungsstand, desto höher die Lebenserwartung im Alter von 65 Jahren. Dieser für die Schweiz beobachtete Zusammenhang deckt sich mit den Erkenntnissen aus Studien anderer Industrieländer. Anhand des Bildungsstand-Indikators haben die Forscherinnen und Forscher verschiedene Modelle zur

37 38

34

Trageser, J. et al. (2012): Altersrücktritt im Kontext der demografischen Entwicklung, Beiträge zur Sozialen Sicherheit, 11/12, Bern.

Wanner, P. et al. (2012): Mortalité différentielle en Suisse 1990­2005, Beiträge zur Sozialen Sicherheit, 10/12, Bern.

Differenzierung des Rentenalters anhand der Lebenserwartung mit 65 Jahren ausgearbeitet.

Die wirtschaftliche Situation von Pensionierten und Hinterlassenen Zwei Forschungsarbeiten haben die wirtschaftliche Situation von Personen im Ruhestand und von Hinterlassenen untersucht.39 Während bei den Erwerbstätigen das Erwerbseinkommen den grössten Teil des verfügbaren Einkommens ausmacht, stammt das Einkommen der Personen im Ruhestand aus vier Einnahmequellen: dem Einkommen aus der 1. Säule(40 %), den Renten der 2. Säule (20 %), den Vermögenserträgen (30 %) und dem Erwerbseinkommen. Zusammengerechnet ergibt sich im Rentenalter ein Medianeinkommen von 67 Prozent des Medianeinkommens der Erwerbstätigen. Während Personen bei der Pensionierung wirtschaftlich mehrheitlich gut gestellt sind, befinden sich über 80-Jährige in einer weniger guten finanziellen Situation, vergleichbar mit der Gruppe der 25- bis 34-Jährigen.

Die Untersuchung der wirtschaftlichen Situation von Personen vor und nach der Verwitwung hat gezeigt, dass die Deckung des Erwerbsausfalls infolge Todesfalls gut versichert ist. Scheidungen oder Trennungen haben vergleichsweise gravierendere finanzielle Folgen. Mit rund 80 000 Franken verfügt eine Frau mit Witwenrente und mit Kind über nahezu 20 000 Franken mehr als eine alleinerziehende Frau. Im Vergleich mit den alleinstehenden, nicht verwitweten Frauen ist die Erwerbsquote von Witwen mit Kind höher. 2006 erzielten zwei Drittel der kinderlosen Witwenrentenbezügerinnen ein Erwerbseinkommen, während 72 Prozent der Witwen mit Kind erwerbstätig waren.

Automatische Anpassungsmechanismen Eine bei der OECD in Auftrag gegebene Studie hat anhand eines internationalen Vergleichs die Umsetzungsmöglichkeiten und Erfahrungen automatischer Anpassungsmechanismen der Rentensysteme in den OECD-Ländern untersucht.40 Dabei wurde festgestellt, dass es nur sehr wenigen Ländern tatsächlich gelungen ist, einen automatischen Anpassungsmechanismus in Kraft zu setzen. In den wenigen Ländern, die einen solchen Mechanismus in der Altersvorsorge eingeführt haben, wurde dessen automatische Anwendung systematisch geändert oder auf politischer Ebene gestoppt. Deutschland und Schweden haben die automatische Anwendung ihres Anpassungsmechanismus nach der Krise von 2009 sistiert, um die Lebensbedingungen der Rentnerinnen
und Rentner nicht zu verschlechtern.

Eine zweite Studie hat mögliche Formen eines solchen automatischen Anpassungsmechanismus in der AHV näher untersucht und drei Modelle entwickelt.41 Zwei der vorgeschlagenen Steuerungsmechanismen sind «selbstregulierende Autopiloten», die nach ihrer Inkraftsetzung kein politisches Eingreifen mehr erfordern. Das dritte Modell, eine «institutionalisierte Navigationshilfe», sieht ein stufenweises Vorgehen 39

40

41

Wanner, P. et al. 2008): La situation économique des actifs et des retraités, Beiträge zur Sozialen Sicherheit, 1/08, Bern. Wanner, P. et al. 2012): La situation économique des veuves et des veufs, Beiträge zur Sozialen Sicherheit, 5/12, Bern.

D'Addio, A. et al. (2012): Towards Financial Sustainability Of Pension Systems. The Role Of Automatic-Adjustment Mechanisms in OECD and EU Countries, Beiträge zur Sozialen Sicherheit, 8/12, Bern.

Feld L. et al (2012): Steuerungsmechanismen in der AHV, Beiträge zur Sozialen Sicherheit, 7/12, Bern.

35

vor, bei dem die finanzielle Verschlechterung der AHV Auslöser für die Intervention des Bundesrates und der Bundesversammlung ist.

Eintrittsschwelle und Koordinationsabzug Im Rahmen der 1. BVG-Revision wurden zur Verbesserung der beruflichen Vorsorge für Arbeitnehmende mit geringem Einkommen und für Teilzeitbeschäftigte die Eintrittsschwelle zur 2. Säule und der Koordinationsabzug gesenkt. Gemäss einer Evaluation42 wurden durch die Senkung der Eintrittsschwelle schätzungsweise rund 140 000 Personen ­ überwiegend Frauen, Arbeitnehmende mit kleinem Einkommen und Teilzeitbeschäftigte ­ neu der obligatorischen BVG-Versicherung unterstellt.

Eine zweite Studie hat für kleine Einkommen und atypische Arbeitsverhältnisse (bspw. Kulturschaffende) die Auswirkungen der Herabsetzung der Eintrittsschwelle und des Koordinationsabzuges auf die betroffenen Arbeitgebenden und Arbeitnehmenden eruiert.43 Es hat sich gezeigt, dass die meisten Unternehmen nicht versucht haben, die neue BVG-Pflicht zu umgehen, und dass die Herabsetzung der Eintrittsschwelle fast nie eine Kürzung der Bruttolöhne bei bestehenden Arbeitsverhältnissen zur Folge hatte. Die Arbeitgebenden haben ihre Mehrkosten nur in seltenen Fällen auf die Arbeitnehmenden überwälzt und erklärten sich bereit, ihre soziale Verantwortung wahrnehmen zu wollen.

Verwaltungs- und Vermögensverwaltungskosten In einer Studie wurde der allgemeine Verwaltungsaufwand ermittelt, der im Rahmen der 2. Säule bei Vorsorgeeinrichtungen und Unternehmen entsteht.44 Die entsprechenden Kosten belaufen sich gemäss Studie auf rund 1,8 Milliarden Franken (2009), was einen durchschnittlichen Jahresaufwand von 391 Franken pro versicherte Person ergibt. Sie werden von den Unternehmen (280 Millionen), den Vorsorgeeinrichtungen (792 Millionen) und den Lebensversicherern (735 Millionen) getragen. Die Studie kommt zum Schluss, dass allein durch die Aufhebung oder Vereinfachung rechtlicher Regeln noch keine signifikanten Kosteneinsparungen möglich sind. Am kostenaufwendigsten ist nicht die Bearbeitung von Sonderereignissen wie Invaliditätsfällen, Todesfällen oder Vorbezügen im Rahmen der Wohneigentumsförderung. Vielmehr sind es die gängigen Aufgaben (Verarbeitung von Einund Austritten und Lohnänderungen), die pro Fall zwar nur wenig Aufwand verursachen, für die aufgrund ihrer Häufigkeit
aber die meisten Kosten anfallen.

Eine zweite Studie hat sich mit den Vermögensverwaltungskosten befasst.45 Es hat sich herausgestellt, dass die Vermögensverwaltungskosten bei den Vorsorgeeinrichtungen stark variieren und im Bereich zwischen 0,15 Prozent und 1,86 Prozent des Vorsorgevermögens liegen. Eine Hochrechnung für alle Vorsorgeeinrichtungen ergibt bei einem gesamten Anlagevermögen von 698 Milliarden Franken (Ende 2009, inkl. Aktiven aus Versicherungsverträgen) einen Durchschnitt von 0,56 Pro42 43

44 45

36

Bertschy, K. et al. 2010): Herabsetzung der Eintrittsschwelle in der 1. BVG-Revision, Beiträge zur Sozialen Sicherheit, 8/10, Bern.

Trageser, J. et al. (2011): Auswirkungen der Herabsetzung der Eintrittsschwelle im Rahmen der 1. BVG-Revision auf Arbeitgebende und Arbeitnehmende, Beiträge zur Sozialen Sicherheit, 2/11, Bern.

Hornung, D. et al. (2011): Verwaltungskosten der 2. Säule in Vorsorgeeinrichtungen und Unternehmen, Beiträge zur Sozialen Sicherheit, 4/11, Bern.

Mettler, U. et al. (2011): Vermögensverwaltungskosten in der 2. Säule, Beiträge zur Sozialen Sicherheit, 3/11, Bern.

zent bzw. 3,9 Milliarden Franken. Von dieser Summe sind 795 Millionen Franken in den Betriebsrechnungen der Vorsorgeeinrichtungen und 286 Millionen Franken in denjenigen der Lebensversicherer ausgewiesen, was einem Kostensatz von rund 0,15 Prozent entspricht.

Gesamtwirtschaftliche Entwicklungsszenarien bis 2035 sowie Auswirkungen auf die Finanzmärkte und Anlagerenditen Die Studie «Gesamtwirtschaftliche Entwicklungsszenarien bis 2035 sowie Auswirkungen auf die Finanzmärkte und Anlagerenditen» von BAK Basel Economics AG beschäftigt sich mit möglichen zukünftigen Entwicklungspfaden für die Schweizer Realwirtschaft bis etwa 2035.46 Der Ausgangslage, den Unsicherheiten und den möglichen Herausforderungen wird mit verschiedenen Szenarien Rechnung getragen, welche in sich konsistent sind. Die aus den Szenarien modellierten Entwicklungen der Realwirtschaft und der monetären Rahmenbedingungen führen zu den Renditeerwartungen der für die Vorsorgeeinrichtungen wichtigen Anlagekategorien.

Eine mittleres Portfolio einer Vorsorgeeinrichtung mit rund 25 Prozent Aktien erzielt demnach je nach Szenario eine jährliche Rendite von ­2,6 Prozent bis +1,9 Prozent in den Jahren von 2014­2017, von +2,3 Prozent bis +3,1 Prozent in den Jahren 2018­2025, und von +2,6 Prozent bis +3,7 Prozent in den Jahren 2026­2035.

Gutachten über die Mindestquote Die Vorsorgeeinrichtungen können die versicherten Risiken selbst tragen oder sie ganz oder teilweise bei Lebensversicherungsgesellschaften rückdecken. Im Falle einer Rückdeckung haben die Lebensversicherungsgesellschaften Anspruch auf einen Teil der Erträge. Die Mindestquote definiert, wie diese Erträge zwischen Lebensversicherer und Versicherten aufzuteilen sind. Nach geltendem Recht haben die Versicherer mindestens 90 Prozent ihrer Erträge zugunsten der Versicherten zu verwenden, wobei die tatsächliche Ausschüttungsquote in den letzten zehn Jahren durchschnittlich 92,1 Prozent betrug. Die Mindestquote blieb seit ihrer Einführung im Jahr 2004 unverändert, jedoch politisch umstritten. Eine Neuevaluation drängte sich folglich auf. Mit einem externen Gutachten47 sollten die nötigen Entscheidungsgrundlagen geschaffen werden. Das Gutachten, welches per Ende April 2014 fertiggestellt wurde, gibt keine Empfehlung zur Höhe der «fairen» Mindestquote ab.

Mittels eines Modells wurden
jedoch Wirkungszusammenhänge aufgezeigt, die basierend auf der damit verbundenen Anreizstruktur gegen eine Erhöhung der Mindestquote sprechen. Gemäss Gutachten kann der Sparprozess im Bereich des Obligatoriums aufgrund der tiefen Zinsen und eines BVG-Mindestzinssatzes, welcher über dem risikofreien Zinssatz liegt, bereits heute nicht «auskömmlich und damit nachhaltig» betrieben werden. Würden hingegen nicht nur der Sparprozess im Obligatorium, sondern auch die übrigen Einnahmequellen aus dem Risiko- und Kostenprozess sowie die Umverteilungen zwischen Obligatorium und Überobligatorium betrachtet, so sei es grundsätzlich möglich, das Kollektivlebensversicherungsgeschäft «auskömmlich» zu betreiben. Letztlich würden diese Umverteilungen innerhalb des Kollektivlebensversicherungsgeschäftes jedoch dazu führen, dass die 46

47

Eichler, M. et al (2014): Gesamtwirtschaftliche Entwicklungsszenarien bis 2035 sowie Auswirkungen auf die Finanzmärkte und Anlagerenditen, Beiträge zur Sozialen Sicherheit, 7/14, Bern.

«Zur Mindestquote der Lebensversicherer im Bereich 2. Säule», Universität St. Gallen, Institut für Versicherungswirtschaft, Prof. Dr. Hato Schmeiser, St. Gallen, 2014.

37

Transparenz des Geschäftes darunter leide, da die Versicherungstarife nicht verursachergerecht festgelegt würden. Dies bedeute beispielsweise, dass im Risikoprozess Tarife festgelegt würden, die höher sind als zur Deckung der Invaliditätskosten notwendig. Eine Erhöhung der Mindestquote würde diese Umverteilungen noch verstärken. Auch seien eine defensivere Anlagepolitik und damit geringere Erträge für die Versicherten sowie negative Auswirkungen auf Solvenz und Marktstruktur (geringerer Wettbewerb, Systeminstabilität) zu befürchten.

Auf der anderen Seite zeigen die empirischen Auswertungen, also die Beobachtung der tatsächlich von den Lebensversicherern erstellten Betriebsrechnungen, dass ein gewisses Anpassungspotential nach oben vorhanden ist. Basierend auf den Erfahrungen der letzten sieben Jahre wäre ­ bei unveränderten Rahmenbedingungen ­ eine Mindestquote von 92 Prozent noch immer mit einer durchschnittlichen Rendite für die Lebensversicherer von 4,2 Prozent pro Jahr verbunden gewesen. Eine Mindestquote von 94 Prozent hätte zu einer durchschnittlichen Rendite von jährlich 3,2 Prozent geführt. Diese Werte stimmen mit einer Stellungnahme des Schweizerischen Versicherungsverbands (SVV) überein, wonach die Rendite aus dem investierten Risikokapital in den Jahren 2006­2012 zwischen 5 % und 7 % betrug. Es zeigt sich also, dass die Lebensversicherer das Geschäft Kollektivleben Berufliche Vorsorge in der Vergangenheit auch mit einer höheren Mindestquote hätten betreiben können. So lag die tatsächliche Ausschüttungsquote mit durchschnittlich 92,1 Prozent auch über dem gesetzlich verankerten Minimum. Das Gutachten offenbart damit eine gewisse Diskrepanz zwischen der modellbasierten und der empirischen Analyse. Um diese Diskrepanz zu klären, wurde eine «second opinion» in Auftrag gegeben.48 In der «second opinion» wird darauf hingewiesen, dass die Lebensversicherer ihre Bezüge durch die Festlegung der Prämientarife (Tarifautonomie) erheblich beeinflussen können, da sie im Rahmen der Mindestquote maximal 10 Prozent der Bruttoerträge aus dem Spar-, dem Risiko- sowie dem Kostenprozess als Entschädigung für die Bereitstellung von Solvenzkapital für sich beanspruchen können. Wie aus der Offenlegung der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (FINMA) hervorgeht, war der Sparprozess in den beiden letzten Jahren
selbsttragend, konnte also (entgegen der Modellannahme) «auskömmlich» betrieben werden ­ und dies trotz eines Mindestzinssatzes BVG, der konstant höher war als der risikolose Zins. Zudem werde die geplante Einführung einer Prämie zur Finanzierung des Ausgleichs von Rentenumwandlungsverlusten den Sparprozess inskünftig entlasten. Es lasse sich aufgrund der Zahlen auch keine direkte Beziehung zwischen Ausschüttungsquote und Vermögensallokation herstellen, eine negative Auswirkung einer höheren Mindestquote auf die Anlagepolitik lasse sich deshalb nicht belegen. Der Zweitgutachter erachtet eine Erhöhung der Mindestquote deshalb grundsätzlich als sinnvoll, da dadurch auch höhere versicherungstechnische Rückstellungen gebildet werden können und damit mehr Mittel im System verbleiben. Aufgrund dieser höheren Rückstellungen müssten die Lebensversicherer wiederum auch weniger Solvenzkapital zur Verfügung stellen. Die Frage der technisch korrekten Höhe der Mindestquote lässt aber auch der Zweitgutachter unbeantwortet. Er schätzt jedoch, ähnlich den Ergebnissen der empirischen Analyse des Erstgutachtens, dass eine Mindestquote von 92 Prozent in der Vergangenheit verkraftbar gewesen wäre.

48

38

«Bestimmung der Mindestquote der Lebensversicherer in der beruflichen Vorsorge», Exactis AG, lic. iur. Jürg Keller, Aktuar SAV und eidg. dipl. Pensionsversicherungsexperte, September 2014.

Versicherungstechnische Grundlagen für die berufliche Vorsorge Die Lebenserwartung ist ein entscheidender Parameter für die 2. Säule. Sie kommt insbesondere bei der Festsetzung eines angemessenen Mindestumwandlungssatzes zum Tragen. Derzeit legen die Vorsorgeeinrichtungen die Lebenserwartung auf der Grundlage von Sterbetafeln fest, die von privaten Dienstleistungsunternehmen herausgegeben werden. Darauf kann nur nach Bezahlung einer erheblichen Lizenzgebühr zugegriffen werden, was in Widerspruch zum Postulat transparenter Grundlagen für die Gesetzgebung steht. Es wäre somit wünschenswert, wenn das BFS künftig die Möglichkeit hätte, gezielte versicherungstechnische Grundlagen zu erstellen. Um die Machbarkeit einschätzen zu können, wurde ein Expertenbericht in Auftrag gegeben.49 Dieser bestätigt die Machbarkeit.

Wirtschaftliche Auswirkungen der Reform der Altersvorsorge 2020 Die für die 2. Säule vorgesehenen Massnahmen und deren Auswirkungen auf die Arbeitskosten, die Nettolöhne und die Beschäftigung waren Gegenstand eines Forschungsprojekts, das vom Forschungsinstitut Ecoplan50 anhand eines Mikrosimulationsmodells durchgeführt wurde. Die wichtigsten Ergebnisse werden in den Ziffern 4.6.2 und 4.7.2 detailliert vorgestellt.

1.9

Eidgenössische Volksinitiativen

Gegen Masseneinwanderung Die Volksinitiative «Gegen Masseneinwanderung» verlangt eine grundsätzliche Neuausrichtung der schweizerischen Zuwanderungspolitik durch eine umfassende Regulierung. Die Initiative wurde am 9. Februar 2014 vom Volk mit 1 463 854 Ja gegen 1 444 552 Nein und von den Ständen mit 125/2 Ja gegen 8½ Nein angenommen.

Der Bundesrat hat am 20. Juni 2014 das Konzept zur Umsetzung des neuen Verfassungsartikels zur Zuwanderung verabschiedet. Er hält darin fest, wie er die Höchstzahlen und Kontingente festlegen will, mit denen die Zuwanderung in die Schweiz ab Februar 2017 gesteuert wird. Der Bundesrat wird sich dabei nicht nur auf Bedarfsmeldungen der Kantone stützen, sondern auch auf die Analysen eines beratenden Gremiums. Auch die Sozialpartner werden einbezogen. Kontingentiert werden alle Bewilligungsarten ab vier Monaten Dauer. Damit die Bedürfnisse des Arbeitsmarkts gedeckt werden können, soll das Potenzial der Arbeitskräfte im Inland gefördert und besser ausgeschöpft werden. Dies hält der Bundesrat in seinem Konzept zur Umsetzung der neuen Verfassungsbestimmungen zur Zuwanderung fest. Mit dem Konzept legt der Bundesrat wichtige Eckwerte für die Gesetzesvorlage fest, die Ende Jahr folgen wird.

Angesichts des Aktionsplanes des Bundesrates ist es wenig wahrscheinlich, dass die Umsetzung der Volksinitiative «Gegen Masseneinwanderung» negative Konsequenzen auf die AHV-Rechnung haben wird. Tatsächlich ist das Referenzszenario, auf 49 50

«Machbarkeitsstudie: Versicherungstechnische Grundlagen für die berufliche Vorsorge», Aon Hewitt, Deprez & Libera, Juli 2014.

Müller, A. et al. (2014): Reform der Altersvorsorge 2020: Auswirkungen auf Beschäftigung, Löhne und Arbeitskosten, Beiträge zur Sozialen Sicherheit, Forschungspublikation 9/14, Bern.

39

welches sich diese Vorlage stützt, in dieser Hinsicht bereits vorsichtig formuliert. Es rechnet mit einer Abnahme des Migrationssaldos bis ins Jahr 2030 auf die Summe von 40 000 Personen, während der heutige effektive Migrationssaldo bei ungefähr 80 000 Personen liegt.

AHVplus: für eine starke AHV Die Initiative «AHVplus: für eine starke AHV» verlangt die Erhöhung aller AHVAltersrenten um 10 Prozent. Die Erhöhung soll als Zuschlag auf die laufenden und künftigen Altersrenten ausbezahlt werden. Die Initiative ist am 15. Januar 2014 zustande gekommen.

Der Bundesrat empfiehlt in seiner Botschaft vom 19. November 201451, die Initiative ohne Gegenvorschlag abzulehnen. Nach Ansicht des Bundesrats stellt die Initiative ein erhebliches Risiko für die finanzielle Stabilität der AHV dar, und ihr sozialpolitischer Nutzen ist im Vergleich zu ihren hohen Kosten gering. Der Bundesrat hat mit der vorliegenden Reform eine umfassende und ausgewogene Revision von 1. und 2. Säule eingeleitet.

Millionen-Erbschaften besteuern für unsere AHV Die Volksinitiative «Millionen-Erbschaften besteuern für unsere AHV (Erbschaftssteuerreform)» will eine Erbschafts- und Schenkungssteuer auf Bundesebene einführen. Die Initiative ist am 12. März 2013 zustande gekommen.

Der Bundesrat empfiehlt in seiner Botschaft vom 13. Dezember 201352, die Initiative abzulehnen. Diese würde die Steuerhoheit der Kantone einschränken. Die bestehende Kompetenzordnung, die den Kantonen beträchtliche Einnahmen sichert, soll jedoch nach dem Willen des Bundesrates beibehalten werden. Die künftige Finanzierung der AHV soll mit anderen Mitteln, insbesondere über eine Zusatzfinanzierung durch eine Erhöhung der Mehrwertsteuer, sichergestellt werden und ist Gegenstand eines laufenden Projekts. Zwei Drittel der Erträge würden an den AHVAusgleichsfonds fliessen. So willkommen zusätzliche Einnahmen für die AHV an sich sind, vermag dieser Umstand die Bedenken bezüglich der föderalistischen Kompetenzordnung nicht zu überwiegen. Die Ausgestaltung der Erbschafts- und Schenkungssteuer ist ferner in verschiedener Hinsicht problematisch, insbesondere bezüglich der rückwirkenden Anrechnung von Schenkungen und der Begünstigung der Unternehmen.

Die Vorlage befindet sich nun in der Diskussion in der Bundesversammlung.

Für Ehe und Familie ­ gegen die Heiratsstrafe Die
Volksinitiative «Für Ehe und Familie ­ gegen die Heiratsstrafe» will eine Stärkung der Familie erreichen und die heute existierende Benachteiligung von Ehepaaren gegenüber Konkubinatspaaren beseitigen. In der Bundesverfassung soll daher verankert werden, dass die Ehe gegenüber anderen Lebensformen nicht benachteiligt werden darf. Die Initiative ist am 18. Dezember 2012 zustande gekommen.

51 52

40

BBl 2014 9281 BBl 2014 125

In seiner Botschaft vom 23. Oktober 201353 empfiehlt der Bundesrat, die Initiative anzunehmen. Der Bundesrat anerkennt das Anliegen, wonach die Ehe gegenüber andern Lebensformen in den Sozialversicherungen nicht benachteiligt werden darf.

Bei den Sozialversicherungen gibt es jedoch heute in einer Gesamtbetrachtung Solidaritätsflüsse von den unverheirateten zu den verheirateten Paaren. Zwar sind die Renten von AHV und IV für Ehepaare auf 150 Prozent einer Maximalrente plafoniert, während für Unverheiratete keine solche Plafonierung besteht. Trotzdem sind die Ehepaare insgesamt bessergestellt, denn sie können von der AHV und der IV Leistungen erhalten oder von Beitragserleichterungen profitieren, die Konkubinatspaaren nicht zustehen. Auch in anderen Sozialversicherungen wie der beruflichen Vorsorge, der Unfallversicherung oder der Militärversicherung werden Ehepaare speziell geschützt und gegenüber den anderen Versicherten finanziell privilegiert. Nach Ansicht des Bundesrats gibt es bei den Sozialversicherungen somit keine Benachteiligung von Ehepaaren, die zu korrigieren wäre. Bei einer Annahme der Initiative können sich die Änderungen somit auf die Ehepaarbesteuerung beschränken.

Die Vorlage befindet sich nun in der Diskussion in der Bundesversammlung.

2

Die beantragte Neuregelung

2.1

Bestimmungen zum Rentenbezug

2.1.1

Allgemeines

Das gesetzliche Rentenalter ist nur einer von mehreren Faktoren, die den Zeitpunkt des tatsächlichen Altersrücktritts bestimmen. Weitere Faktoren wie die Ressourcen und persönliche Vorlieben, die Alters- und Personalpolitik des Unternehmens und die Arbeitsmarktsituation spielen ebenfalls eine wichtige Rolle. Diese Feststellung wurde von den Studien «Altersrücktritt im Kontext der demografischen Entwicklung» und «Ältere Personen am Arbeitsmarkt: die Arbeitsmarktsituation der Personen ab 50 Jahren und der Übergang in den Ruhestand»54 bestätigt (vgl. Ziff. 1.8).

Sie zeigen eine nach wie vor erhebliche zeitliche Abweichung zwischen dem tatsächlichen Altersrücktritt, das heisst dem Zeitpunkt, in dem die Personen endgültig aufhören zu arbeiten (64,1 Jahre bei den Männern und 62,6 Jahre bei den Frauen), und dem im AHVG festgelegten Rentenalter. Rund 40 Prozent beenden ihre Arbeit aus unterschiedlichen Gründen früher, ein Drittel arbeitet nach dem Eintritt ins AHV-Rentenalter weiter. Bei diesem Drittel handelt es sich vorwiegend um Selbstständigerwerbende (drei Viertel) sowie Personen, die Teilzeit arbeiten oder eine spezifische Funktion besetzen. Im internationalen Vergleich ist die Schweiz eines der Länder mit den höchsten Erwerbsquoten älterer Beschäftigter. Diese Beteiligung ist mit den Jahren gewachsen, das Alter beim tatsächlichen Altersrücktritt hat aber das gesetzlich festgelegte Rentenalter nicht erreicht. Ältere Arbeitnehmende wären zwar bereit, bei guten Arbeitsbedingungen länger zu arbeiten, die Unternehmenspolitik zugunsten älterer Beschäftigter ist aber lückenhaft. In gewissen Bereichen 53 54

BBl 2013 8513 Judith Trageser, Stefan Hammer, Juliane Fliedner, «Altersrücktritt im Kontext der demografischen Entwicklung», Beiträge zur Sozialen Sicherheit Nr. 11/12; M. Kolly, Ältere Personen und Arbeitsmarktbeteiligung, Beiträge zur Sozialen Sicherheit, Materialband zum Forschungsbericht, Nr. 11/12.

41

scheinen die Unternehmen jedoch an der Anstellung von Personen über das Rentenalter hinaus interessiert zu sein, vor allem dann, wenn ein Wissens- und Kompetenztransfer sichergestellt werden muss. Die Ergebnisse der Umfragen bei den Unternehmen und den älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zeigen, dass ein echtes Interesse besteht, die Bedingungen für den Rentenbezug zu flexibilisieren, um eine bessere Vereinbarkeit von Berufstätigkeit und Pensionierung zu ermöglichen.55 Viele Versicherte erachten den Wunsch nach einer Flexibilisierung der Bedingungen für den Rentenbezug als legitim, da ältere Personen aus verschiedenen Gründen oft Schwierigkeiten haben, bis zum Rentenalter im Erwerbsleben zu bleiben. Ausserdem haben sich die Arbeitsmarkttendenzen mit der Teilzeitarbeit, die besonders Frauen betrifft (58,5 % der Frauen sind teilzeiterwerbstätig, bei den Männern beläuft sich der entsprechende Anteil auf 13 %)56, der Mehrfachbeschäftigung und dem Wunsch nach einem gleitenden Übergang in den Ruhestand verändert. Ein schrittweiser Übergang in den Ruhestand, wie dies in zahlreichen Vorsorgeeinrichtungen bereits erlaubt ist, sollte sowohl in der AHV als auch in der beruflichen Vorsorge möglich sein. Ziel der Vorlage ist es deshalb, sämtliche Bestimmungen des AHVG und des BVG aufeinander abzustimmen, um die Vorschriften des Rentenbezugs zu lockern und den individuellen Bedürfnissen der älteren Arbeitnehmenden sowie den Arbeitsmarkttendenzen besser gerecht zu werden. Die Weiterführung der Erwerbstätigkeit über das Referenzalter hinaus wird nicht nur mit der Flexibilisierung des Rentenbezugs zur besseren Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Ruhestand und mit der Anhebung des Mindestrentenalters in der beruflichen Vorsorge auf das Niveau der AHV gefördert, sondern auch durch die Anrechnung der nach dem 65. Altersjahr einbezahlten AHV-Beiträge, die zu einer Leistungsverbesserung und einer Annäherung des tatsächlichen Rentenalters an das Referenzalter führt. In der beruflichen Vorsorge hingegen endet die gesetzliche Pflicht zur Äufnung von Altersgutschriften mit Erreichen des Referenzalters. Darüber hinaus können die Vorsorgeeinrichtungen in ihren Reglementen wie bisher eine Weiteräufnung bei Weiterarbeit anbieten (vgl. Art. 33b BVG).

2.1.2

Einheitliches Referenzalter 65 für Frauen und Männer

­

In der 1. und der 2. Säule gilt das Referenzalter von 65 Jahren für Frauen und Männer.

­

Eine Erhöhung des Referenzalters über 65 Jahre hinaus ist nicht gerechtfertigt.

­

Die Harmonisierung des Referenzalters bei 65 verbessert die BVG-Renten der Frauen.

55 56

42

Diese Angaben stammen aus der Studie «Altersrücktritt im Kontext der demografischen Entwicklung», op. cit.

Quelle: SAKE 2012, Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigung, Jahresdurchschnitt.

Heute beträgt das ordentliche AHV-Rentenalter der Frauen 64 Jahre, das der Männer 65 Jahre. Für Männer liegt das Rentenalter seit der Einführung der AHV im Jahr 1948 unverändert bei 65 Jahren. Für Frauen wurde es dagegen mehrmals angepasst.

1948 galt grundsätzlich auch für Frauen das Rentenalter 65. Eine Ehepaarrente wurde aber bereits ausgerichtet, wenn der Mann 65, die Frau jedoch erst 60 Jahre alt war. 1957 wurde das Rentenalter der Frauen auf 63 Jahre und 1964 auf 62 Jahre gesenkt. Im Rahmen der Konsolidierungsmassnahmen der 9. AHV-Revision wurde 1979 das Grenzalter der Frauen für die Ehepaarrente auf 62 Jahre erhöht.57 Im Rahmen der 10. AHV-Revision wurde das Rentenalter der Frauen in einem ersten Schritt auf 63 Jahre (im Jahr 2001) und in einem zweiten Schritt auf 64 Jahre (im Jahr 2005) angehoben. Eine Erhöhung des Rentenalters der Frauen auf 65 Jahre wurde in den Vorlagen zur 11. AHV-Revision vorgeschlagen.

In der beruflichen Vorsorge liegt das ordentliche Rentenalter ebenfalls bei 64 Jahren für Frauen und bei 65 Jahren für Männer. Es steht den Vorsorgeeinrichtungen allerdings frei, in ihrem Reglement ein anderes Alter festzulegen (vgl. Ziff. 2.1.3.1).

Das Rentenalter ist die Schlüsselgrösse in der Altersvorsorge. Es entscheidet, wann eine Person eine Altersrente ohne Kürzung (Rentenvorbezug), aber auch ohne Zuschlag (Rentenaufschub) beziehen kann. Das Rentenalter ist grundsätzlich auch der Endpunkt für die allgemeine Beitragspflicht in der AHV und der beruflichen Vorsorge. Ebenso kann eine Rente der IV bis zu diesem Grenzalter bezogen werden. Die Bedeutung des Rentenalters beschränkt sich aber nicht nur auf die Altersvorsorge.

Es hat insbesondere Auswirkungen in der Arbeitswelt. Das Rentenalter führt vielfach zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses, auch wenn nicht immer ein direkter Zusammenhang zwischen dem Altersrentenbezug und der Aufgabe der Erwerbstätigkeit gegeben ist. Bei arbeitslosen Personen bildet es den Schlusspunkt der Leistungen der Arbeitslosenversicherung (ALV). Häufig ist es auch ausschlaggebend für Lösungen im Zusammenhang mit Sozialplänen. Eine Änderung des Rentenalters in der AHV hat also etliche Auswirkungen in andern Bereichen.

Angesichts der Anforderungen an die Flexibilisierung des Rentenbezugs und die Notwendigkeit, ein Rentenalter beizubehalten, das den
Anspruch auf Altersleistungen ohne Kürzung oder Zuschlag garantiert, wird vorgeschlagen, den Begriff des ordentlichen Rentenalters durch den des Referenzalters zu ersetzen. Die Begriffsänderung sorgt zudem für eine bessere Unterscheidung des Rentenbezugs und des Erwerbsverhaltens, denn das Referenzalter bestimmt zwar den Zeitpunkt für den Bezug der Altersleistungen ohne Kürzung, deckt sich aber nicht immer mit dem Rückzug aus dem Erwerbsleben. Dieses Referenzalter wird auf 65 Jahre für Frauen und Männer festgelegt und gilt für die 1. und die 2. Säule. Es bestimmt auch den Koordinationszeitpunkt mit den anderen Bereichen und den anderen Sozialversicherungen.

2.1.2.1

Gründe für die Vereinheitlichung des Referenzalters bei 65 Jahren

Bei der Diskussion über die Höhe des Referenzalters müssen einerseits die demografische Entwicklung, andererseits aber auch sozialpolitische und arbeitsmarktliche Aspekte in Betracht gezogen werden. Heute besteht eine erhebliche zeitliche Abwei57

AS 1978 391

43

chung zwischen dem Bezug der Altersleistungen und dem Zeitpunkt, in dem die Personen tatsächlich aufhören zu arbeiten. Bei den Frauen ist dieser Unterschied besonders ausgeprägt. Das durchschnittliche Alter beim Rückzug aus dem Erwerbsleben liegt bei 64,1 Jahren für Männer und bei 62,6 Jahren für Frauen, deckt sich also nicht mit dem gesetzlichen Rentenalter. Mit der Vereinheitlichung des Referenzalters bei 65 Jahren soll in erster Linie dieses durchschnittliche Erwerbsaustrittsalter auf 65 Jahre angehoben werden. Dazu muss den Personen durch entsprechende Regelungen die Möglichkeit gegeben werden, wenn möglich bis zum Alter von 65 Jahren und, falls gewünscht, darüber hinaus im Erwerbsleben zu bleiben.

Die Erhöhung des Referenzalters für Frauen auf 65 Jahren reicht aber als alleinige Massnahmen nicht aus, um das effektive Alter für den Rückzug aus dem Erwerbsleben an diese Altersgrenze anzunähern. Dazu müssen die Rahmenbedingungen verbessert werden; insbesondere braucht es eine Familienpolitik zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie, damit Frauen möglichst früh im Arbeitsmarkt Fuss fassen können und einen Beschäftigungsgrad haben, der es ihnen erlaubt, sich beruflich weiterzuentwickeln. Eine allgemeine Erhöhung des Referenzalters über 65 Jahre hinaus wäre mit der gegenwärtigen Arbeitsmarktsituation nicht vereinbar. Wie im Rahmen der Vorarbeiten zur Arbeitsmarktanalyse58 festgestellt wurde, ist die Unternehmenspolitik zugunsten älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer trotz einer hohen Erwerbsquote älterer Beschäftigter lückenhaft. Dennoch sind in der Schweiz prozentual mehr ältere Personen im Arbeitsprozess integriert als in anderen Ländern.

Die Erhaltung oder Verbesserung von Arbeitsmöglichkeiten ist das erklärte Ziel des Bundesrates. Es wird Aufgabe aller Akteure (Staat, Sozialpartner) sein, den Arbeitsmarkt mittelfristig noch aufnahmefähiger für ältere Stellensuchende zu machen. Die im Rahmen der Studie «Altersrücktritt im Kontext der demografischen Entwicklung»59 befragten Unternehmen lehnen eine Erhöhung des Referenzalters ab.

Arbeitnehmende bekunden zudem oft Schwierigkeiten, bis zum Alter von 65 Jahren und darüber hinaus im Erwerbsleben zu bleiben. Angestrebt wird deshalb ein einheitliches Referenzalter für Männer und Frauen auf dem heutigen Niveau der Männer. Damit Erwerbstätige unter
besseren Bedingungen bis zum Referenzalter und, sofern gewünscht und möglich, auch darüber hinaus arbeiten können, müssen die Bedingungen des Rentenbezugs gelockert und flexibler gestaltet werden. Eine Flexibilisierung würde zudem den individuellen Bedürfnissen der Versicherten und der realen Arbeitsmarktsituation (vgl. Ziff. 2.1.3) besser gerecht werden.

Die Vereinheitlichung des Referenzalters bei 65 Jahren entspricht im Übrigen der realen Entwicklung in einigen Vorsorgeeinrichtungen, die dieses Referenzalter bereits in ihren Reglementen festgelegt haben. Für 18 Prozent der BVG-versicherten Frauen liegt das reglementarische Rentenalter heute bei 65 Jahren. In der beruflichen Vorsorge führt die Vereinheitlichung des Rentenalters bei 65 Jahren zu einer Erhöhung des Altersguthabens der Frauen und somit zu einer Rentenverbesserung von rund 4­5 Prozent. Diese Verbesserung ergibt sich aus der längeren Dauer des Sparprozesses.

58

59

44

Trageser J. et al.: «Altersrücktritt im Kontext der demografischen Entwicklung», Beiträge zur Sozialen Sicherheit Nr. 11/12, Bern, BSV, 2012; M. Kolly, Ältere Personen und Arbeitsmarktbeteiligung, Beiträge zur Sozialen Sicherheit, Materialband zum Forschungsbericht, Nr. 11/12, Bern, BSV, 2012.

Trageser J. et al.: «Altersrücktritt im Kontext der demografischen Entwicklung», Beiträge zur Sozialen Sicherheit Nr. 11/12. Bern, BSV, 2012.

2.1.2.2

Schrittweise Anhebung des Referenzalters auf 65 Jahre

Wenn die Versicherten ihre Altersvorsorge früh genug planen und keine plötzlichen Änderungen ihres Vorsorgeplans in Kauf nehmen sollen, sind Übergangsbestimmungen für eine schrittweise Anhebung des Referenzalters auf 65 Jahre notwendig.

Es wird deshalb vorgeschlagen, das Referenzalter der Frauen sowohl im AHVG wie auch im BVG von heute 64 jährlich um zwei Monate auf 65 Jahre anzuheben. Die Erhöhung setzt frühestens ein Jahr nach dem Inkrafttreten des Bundesgesetzes über die Reform der Altersvorsorge 2020 ein, sodass nach einer sechsjährigen Übergangszeit das Referenzalter der Frauen bei 65 Jahren liegt. Die vorgeschlagene Zeitspanne für die Anhebung des Referenzalters würde einen sanften Übergang ermöglichen.

Das Referenzalter wird wie folgt gestaffelt angehoben: Tabelle 2-1 Schrittweise Anhebung des Referenzalters auf 65 Jahre Jahr

Referenzalter

Inkrafttreten der Vorlage + 1 Jahr + 2 Jahre + 3 Jahre + 4 Jahre + 5 Jahre + 6 Jahre

64 Jahre 64 Jahre und 2 Monate 64 Jahre und 4 Monate 64 Jahre und 6 Monate 64 Jahre und 8 Monate 64 Jahre und 10 Monate 65 Jahre

Im Gegensatz zur 10. AHV-Revision und zu den beiden Vorlagen für die 11. AHVRevision sind keine Übergangsbestimmungen in Form von reduzierten Kürzungssätzen für den Vorbezug der Rente vorgesehen. Es wurde festgestellt, dass ein derartiges Vorgehen einen Anreiz darstellt, die Rente vorzubeziehen. Tatsächlich ist seit dem Auslaufen der Übergangsbestimmungen der 10. AHV-Revision, welche einen Kürzungssatz von 3,4 Prozent anstelle von 6,8 Prozent für die ersten Jahrgänge vorsahen, die von der Anhebung des Rentenalters von 63 auf 64 Jahren betroffen waren, der Anteil der Frauen, welche ihre Rente vorbeziehen, von 27,4 Prozent auf 11,4 Prozent gesunken. Er hat damit praktisch das Niveau bei den Männern erreicht, welches 10,4 Prozent beträgt.

2.1.2.3

Finanzielle Auswirkungen der Erhöhung des Referenzalters

Die nachfolgende Tabelle 2-2 zeigt die finanziellen Auswirkungen der Anhebung des Referenzalters in der AHV für Frauen in zeitlicher Hinsicht, (Reduktion der Ausgaben und Erhöhung der Beitragseinnahmen), ausgehend von einem Inkrafttreten dieser Vorlage im Jahr 2019 und einer Anhebung des Referenzalters der Frauen um zwei Monate jährlich.

45

Tabelle 2-2 Auswirkung der Anhebung des Referenzalters für Frauen auf 65 Jahre Beträge in Millionen Franken, zu Preisen von 2014 Jahr

Ausgaben

Einnahmen

Total

2019 2020 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2028 2029 2030

0 ­131 ­269 ­403 ­560 ­708 ­887 ­1064 ­1114 ­1121 ­1143 ­1114

0 11 22 34 47 61 76 93 97 100 102 102

0 ­142 ­291 ­437 ­608 ­769 ­963 ­1157 ­1211 ­1221 ­1245 ­1217

In der obligatorischen beruflichen Vorsorge bewirkt die Erhöhung des Referenzalters das Weiteräufnen von BVG-Altersguthaben sowie die Weiterführung des Invaliditätsschutzes um ein Jahr. Entsprechende finanzielle Auswirkungen könnten sich, je nach reglementarischer Ausgestaltung der entsprechenden Vorsorgeeinrichtung, in der Erhöhung des massgebenden Altersguthabens zur Ermittlung der Hinterlassenen- und Invalidenleistungen ergeben sowie in der um ein Jahr längeren Ausrichtung von Invalidenleistungen, sofern diese reglementarisch bei Erreichen des Referenzalters in eine Altersleistung umgewandelt werden. Diese Verschiebungen dürften sich jedoch nur in einer äusserst geringfügigen Art und Weise finanziell bemerkbar machen, sodass auf entsprechende Berechnungen verzichtet wurde.

Die folgende Tabelle zeigt die Anzahl der von der Anhebung des Referenzalters auf 65 Jahre betroffenen Frauen, ausgehend von einem Inkrafttreten der Vorlage im Jahr 2019.

Tabelle 2-3 Anzahl von der Anhebung des Referenzalters auf 65 Jahre betroffener Frauen Jahr

Anzahl von der Anhebung des AHVG-Referenzalters auf 65 Jahre betroffener Frauen

Anzahl von der Anhebung des BVG-Referenzalters auf 65 Jahre betroffener Frauen

2019 2020 2021 2022 2023 2024 2025

­ 65 800 68 000 68 600 70 900 72 300 73 800

­ 15 100 15 800 16 100 16 800 17 300 17 900

46

Jahr

Anzahl von der Anhebung des AHVG-Referenzalters auf 65 Jahre betroffener Frauen

Anzahl von der Anhebung des BVG-Referenzalters auf 65 Jahre betroffener Frauen

2026 2027 2028 2029 2030

75 200 77 700 78 500 76 900 76 700

18 400 19 300 19 500 19 700 19 600

Der Schätzung der Anzahl betroffener Frauen in der beruflichen Vorsorge liegt die Annahme zugrunde, dass knapp 52 Prozent60 der Altersrücktritte im Referenzalter oder später erfolgen. Damit sind in den Zahlen die vorzeitigen Altersrücktritte nicht enthalten, weil diese auch nicht von der Erhöhung des Referenzalters betroffen sein werden. In den Zahlen ebenfalls nicht berücksichtigt sind die Frauen, die aufgrund der vorgeschlagenen Senkung der Eintrittsschwelle neu dem BVG unterstellt sein werden.

2.1.3

Flexibilisierung des Rentenbezugs

­

Die versicherte Person kann den Zeitpunkt, ab dem sie die Altersleistung bezieht, frei wählen.

­

Die Altersleistung kann sowohl in der 1. als auch in der 2. Säule ab 62 Jahren vorbezogen werden. Ein Aufschub ist um maximal fünf Jahre, das heisst bis 70 möglich.

­

Beim Aufschub wird die Altersleistung erhöht, beim Vorbezug wird sie gekürzt.

­

Der schrittweise Übergang vom Erwerbsleben in den Ruhestand ist dank Teilpensionierung möglich.

2.1.3.1

Geltende Regelung

Die geltende AHVG- und BVG-Regelung kennt bereits eine gewisse Flexibilität.

Diese soll ausgeweitet werden. In der AHV beträgt das Mindestalter für den Vorbezug der Rente für Frauen 62 Jahre, für Männer 63 Jahre. In der beruflichen Vorsorge können die Reglemente der Vorsorgeeinrichtungen den Vorbezug der Altersleistung frühestens ab dem vollendeten 58. Altersjahr vorsehen (Art. 1i Abs. 1 der Verordnung vom 18. April 198461 über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge [BVV 2]). Ein früherer Bezug der Rente ist zulässig bei betrieblichen Restrukturierungen oder aus Gründen der öffentlichen Sicherheit.

60 61

Pensionskassenstatistik 2010, BFS; Auswertung BSV.

SR 831.441.1

47

In der AHV kann der Rentenbezug um maximal fünf Jahre, das heisst längstens bis zum vollendeten 70. Altersjahr für Männer (bis zum vollendeten 69. Altersjahr für Frauen) aufgeschoben werden. In der beruflichen Vorsorge können die Vorsorgeeinrichtungen ebenfalls den Aufschub bis zum genannten Alter sowie weitere Beiträge auf freiwilliger Basis vorsehen. Beides ist von der Weiterführung der Erwerbstätigkeit abhängig. In der Praxis sind gegenwärtig fast 60 Prozent der versicherten Personen einem Vorsorgereglement unterstellt, das den Altersrücktritt ab 58 Jahren erlaubt. Aufschubs- und Teilbezugsmöglichkeit sind jedoch noch nicht im gleichen Ausmass verbreitet.

2.1.3.2

Übersicht über den flexiblen Rentenbezug

Für die AHV wird folgende Lösung vorgeschlagen: ­

Männer und Frauen können ihre Altersrente höchstens drei Jahre vor dem Referenzalter, das heisst ab 62 Jahren vorbeziehen. Im Vergleich zur geltenden Regelung ergibt dies ein zusätzliches Vorbezugsjahr.

­

Im Gegensatz zur geltenden Regelung, die einen Rentenvorbezug um ein oder zwei Jahre erlaubt, schlägt die Vorlage einen Vorbezug der Altersrente auf monatlicher Basis vor.

­

Es kann sowohl die ganze Altersrente als auch nur ein Teil davon (zwischen 20 und 80 Prozent) vorzeitig bezogen werden. Versicherte können den prozentualen Anteil der Rente, den sie vorbeziehen möchten, frei wählen und den Bezug des verbleibenden Rententeils auf später verschieben. Sie können ihre Erwerbstätigkeit sowohl bei einem Bezug der ganzen Rente als auch bei einem anteiligen Vorbezug fortsetzen.

­

Neu wird es möglich sein, einen Anteil der Altersrente mit einer Teilinvalidenrente oder einer Witwen- bzw. Witwerrente zu kombinieren.

­

Fehlende Beitragsjahre zwischen dem Vorbezug und dem Referenzalter werden bei der Berechnung der vorgezogenen Altersleistung neu berücksichtigt. Bei einem Vorbezug weist die Person nicht die gleiche Anzahl Beitragsjahre auf wie die Versicherten ihrer Altersklasse und kann somit keine vollständige Beitragsdauer geltend machen. Im Gegenzug wird die Beitragspflicht für Nichterwerbstätige beim Bezug der ganzen Rente aufgehoben.

­

Die Altersrente kann mit den Beitragszahlungen zwischen Vorbezug und Referenzalter und denjenigen nach dem Referenzalter verbessert werden.

Für die berufliche Vorsorge werden folgende Änderungen vorgeschlagen: Die gesetzlichen Regelungen der beruflichen Vorsorge sollen allen Versicherten in vergleichbarer Weise Flexibilität bei der Pensionierung sichern, wie dies in der AHV vorgesehen ist. Nur wo materielle Unterschiede zur AHV bestehen, dies betrifft zum Beispiel die enge Verbindung zwischen dem konkreten Arbeitsverhältnis und dem Vorsorgeverhältnis oder die Steuerrelevanz der Vorgänge, werden diese besonders berücksichtigt.

­

48

Gleich wie in der AHV wird eine gesetzliche Regelung eingeführt, in der alle Vorsorgeeinrichtungen ihren Versicherten ab Alter 62 einen vorzeitigen Bezug der Altersleistung ermöglichen müssen. Der früheste mögliche Zeit-

punkt für den Bezug einer Altersleistung wird von Alter 58 auf Alter 62 angehoben, wobei Ausnahmen für besondere Situationen möglich sind. In diesem Zusammenhang werden auch die steuerrechtlichen Bestimmungen (Art. 37b Abs. 1 DBG62 und Art. 11 Abs. 5 StHG63) zur Versteuerung von Liquiditätsgewinnen bei Aufgabe der selbstständigen Erwerbstätigkeit angepasst.

­

Die Vorsorgeeinrichtungen müssen mindestens drei Schritte für den Bezug der Altersrente anbieten, wobei der erste Schritt beim Vorbezug mindestens 20 Prozent der Altersleistung betragen muss. Bei Kapitalbezügen dürfen die Vorsorgeeinrichtungen nicht mehr als drei Schritte vorsehen.

­

Ebenso soll der Aufschub des Altersrücktritts um fünf Jahre für alle möglich werden, sofern im entsprechenden Umfang eine Erwerbstätigkeit ausgeübt wird.

­

Die gesetzliche Beitragspflicht endet mit dem Referenzalter. Die Vorsorgeeinrichtungen können in ihren Reglementen anbieten, dass bis zum Ende der Erwerbstätigkeit, jedoch längstens bis fünf Jahre nach Erreichen des Referenzalters, Beiträge einbezahlt werden können, und so die Weiteräufnung von Altersguthaben ermöglichen.

Sowohl in der AHV als auch in der beruflichen Vorsorge soll auch eine Kombination von (Teil-)Vorbezug und (Teil-)Aufschub möglich sein. Im Weiteren ist ein Vorbezug oder Aufschub in der beruflichen Vorsorge unabhängig davon möglich, ob gleichzeitig auch ein Vorbezug oder Aufschub bei der AHV erfolgt.

2.1.3.3

Teilbezug der Altersleistungen

Die geltende Regelung in der AHV sieht keine Möglichkeit vor, nur einen Teil der Altersrente vorzubeziehen oder aufzuschieben. Ein sanfter, gleitender Übergang in den Ruhestand ist jedoch ein häufig geäusserter Wunsch von Unternehmen und Versicherten. Er nützt nicht nur der betroffenen Person, die sich besser auf den Ruhestand einstellen kann, sondern auch dem Unternehmen, das während ein paar zusätzlichen Jahren von den Kenntnissen der Mitarbeiterin oder des Mitarbeiters profitieren kann und genügend Zeit hat, die Nachfolge zu regeln.

Um dem Wunsch nach Flexibilisierung zu entsprechen, soll es neu möglich sein, einen frei wählbaren Anteil der Altersrente vorzubeziehen oder aufzuschieben. Da der Teilrentenbezug den schrittweisen Übergang vom Erwerbsleben in den Ruhestand ermöglichen soll und ein Arbeitstag pro Woche 20 Prozent entspricht, wird dieser Prozentsatz als Mindestgrösse für den Vorbezug vorgeschlagen. Der maximale Anteil soll bei 80 Prozent liegen. Die Festlegung einer Obergrenze ist nötig, um zwischen dem Vorbezug der ganzen oder einer anteiligen Rente zu unterscheiden, da beim Bezug der ganzen Rente die Beitragspflicht entfällt. Im Fall einer Kombination von Vorbezug und Aufschub kann die versicherte Person den Prozentsatz des Rententeils zwischen 62 und 70 Jahren einmal ändern. Sie kann von dieser Möglichkeit entweder während des Vorbezugs oder während des Aufschubs 62 63

Bundesgesetz vom 14. Dezember 1990 über die direkte Bundessteuer, SR 642.11.

Bundesgesetz vom 14. Dezember 1990 über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden, SR 642.14.

49

Gebrauch machen. Mit dieser Einschränkung soll eine möglichst einfache und effiziente Anwendung der AHV sichergestellt werden, die gleichzeitig flexibel genug ist, um Änderungen der persönlichen Situation der Versicherten zu berücksichtigen.

In der obligatorischen beruflichen Vorsorge sieht das geltende Gesetz den Teilbezug von Altersleistungen nicht vor, die Reglemente der Vorsorgeeinrichtungen können ihn aber anbieten. Neu sollen alle Versicherten einen Anspruch auf Teilbezug der Altersleistung haben, der mit der AHV-Regelung koordiniert ist.

Konkret muss jede Vorsorgeeinrichtung die Möglichkeit eines gleitenden Übertritts von der Erwerbstätigkeit in den Ruhestand in mindestens drei Schritten anbieten.

Dabei muss beim ersten Schritt des Vorbezuges mindestens 20 Prozent der Altersleistung bezogen werden. Die Vorsorgeeinrichtungen können in den Reglementen auch feinere Abstufungen des Rentenbezugs vorsehen und haben weiterhin die Freiheit, den Versicherten die Weiterversicherung eines früheren Lohnniveaus (vgl.

Art. 33a BVG) und weitere Beiträge nach dem Referenzalter (vgl. Art. 33b BVG) anzubieten. Dadurch sind über die gesetzliche Mindest-Flexibilität hinaus vielfältige Kombinationen möglich.

Beim teilweisen Rückzug aus dem Erwerbsleben vor Erreichen des Referenzalters soll es der versicherten Person freistehen, ob sie im Umfang der Reduktion einen Teil der Altersleistung vorbeziehen will. Ab Erreichen des Referenzalters kann hingegen nur noch derjenige Teil der Altersleistung aufgeschoben werden, der aufgrund der reglementarischen Bestimmung der Vorsorgeeinrichtung und des zu diesem Zeitpunkt versicherten Lohnes maximal an Altersguthaben hätte angespart werden können. Nach Erreichen des Referenzalters ist der Aufschub somit nach wie vor an die Weiterführung der Erwerbstätigkeit gebunden. Aufgrund der Komplexität und der vielfältigen Konstellationen, die sich hierbei ergeben können, soll der Bundesrat entsprechende Ausführungsbestimmungen erlassen können.

2.1.3.4

Bezug von Altersleistungen vor dem Referenzalter

Vorbezug der AHV-Rente Nach geltendem Recht wird der Rentenbetrag beim Vorbezug der Altersrente um 6,8 Prozent pro Vorbezugsjahr gekürzt (Art. 56 Abs. 2 der Verordnung vom 31. Oktober 194764 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung [AHVV]). Diese Kürzung trägt einerseits der längeren Rentenbezugsdauer und andererseits dem Beitragsausfall Rechnung. Denn heute endet die Beitragspflicht für Frauen erst mit Vollendung des 64. Altersjahres und für Männer mit Vollendung des 65. Altersjahres und Personen, die die Rente vorbeziehen, bezahlen in der Regel Beiträge als nichterwerbstätige Versicherte, die tiefer sind als die Beiträge Erwerbstätiger.

Die Vereinheitlichung des Referenzalters bei 65 Jahren erfordert auch eine vereinheitlichte Regelung des Rentenvorbezugs. Männer und Frauen sollen ihre Rente ab 62 Jahren vorbeziehen können, was im Vergleich zu heute ein zusätzliches Vorbezugsjahr für Männer ergibt. Wie im geltenden Recht wird die ganz oder anteilig vorbezogene AHV-Rente nach versicherungstechnischen Grundsätzen gekürzt. Mit dieser Rentenkürzung wird der auf die Altersrente gewährte Vorschuss in Raten 64

50

SR 831.101

zurückbezahlt. Damit soll einer Person der gleiche Rentenbetrag garantiert werden, unabhängig davon, ob sie die Rente vorzeitig oder ab dem Referenzalter bezieht. Die Anwendung dieser versicherungstechnischen Regeln in der AHV gewährleistet der Versicherung und den Personen, die von dieser Möglichkeit Gebrauch machen, Kostenneutralität. Als Folge der längeren Lebenserwartung müssen die versicherungstechnischen Kürzungssätze nach unten korrigiert und an die Lebenserwartung im Jahr 2020 angepasst werden. Die neuen Kürzungssätze sind in der folgenden Tabelle aufgeführt. Der Bundesrat wird die Änderung im Rahmen der Anpassung der AHVV (Art. 56 AHVV) vornehmen und die Kürzungssätze für Frauen und Männer einheitlich festlegen.

Tabelle 2-4 Neue versicherungstechnische Kürzungssätze beim Vorbezug der AHV-Rente in Prozent Vorbezugsdauer

1 Jahr

2 Jahre

3 Jahre

Kürzungssatz

4,1

7,9

11,4

Die versicherte Person kann genauso wie die ganze Rente auch nur einen Teil davon beziehen. Während der Vorbezugsperiode hat sie die Möglichkeit, den Prozentsatz einmal zu erhöhen, bevor sie den verbleibenden Rententeil bezieht. Entscheidet sich die Person mit 62 Jahren beispielsweise für einen Vorbezug von 30 Prozent, so kann sie diesen Anteil mit 63 Jahren um 20 Prozent erhöhen und mit 64 oder 65 Jahren die ganze Rente verlangen.

Bei einem Teilvorbezug wird nur der vorbezogene Teil versicherungstechnisch gekürzt. Später vorbezogene Rententeile werden demnach weniger stark und nicht vorbezogene Teile versicherungstechnisch gar nicht gekürzt. Der vorbezogene Teil wird aufgrund der effektiven Beitragsdauer im Zeitpunkt des Vorbezugs berechnet.

Bei einer Erhöhung des Rententeils während der Vorbezugsperiode wird die Rente nach den gleichen Grundlagen berechnet wie beim Vorbezug des ersten Rententeils.

Um den administrativen Aufwand zu verringern, ändert sich einzig der versicherungstechnische Kürzungssatz. Sobald das Referenzalter erreicht ist, wird die Rente unter Berücksichtigung der Beitragsdauer während des Vorbezugs und ­ wie heute schon ­ des bereits bezogenen Rentenbetrags neu berechnet.

Im Gegensatz zur aktuellen Regelung sind die Hinterlassenenrenten, die nach einem ganzen oder anteiligen Rentenvorbezug gewährt werden, nicht von der versicherungstechnischen Kürzung betroffen. Sie müssen getrennt von der Altersrente betrachtet werden, damit sie von der Entscheidung des Altersrentenbezügers oder der Altersrentenbezügerin, Altersleistungen vorzubeziehen, nicht beeinträchtigt werden.

Vorzeitiger Bezug der Altersleistung in der beruflichen Vorsorge Die in der AHV geltenden Grundsätze werden im BVG übernommen. Der komplette Vorbezug setzt allerdings die Aufgabe der Erwerbstätigkeit beim Arbeitgeber voraus, dessen Vorsorgeeinrichtung eine Altersleistung ausrichten soll. Dies hindert jedoch die Weiterführung der Erwerbstätigkeit bei einem anderen Arbeitgeber oder die Wiederaufnahme der Erwerbstätigkeit zu einem späteren Zeitpunkt bei demselben Arbeitgeber nicht. Wird eine Rente vor dem Referenzalter von 65 Jahren bezo-

51

gen, hat dies eine versicherungsmathematische Kürzung des Umwandlungssatzes zur Folge.

Nach geltendem Recht können die Vorsorgeeinrichtungen ihren Versicherten zusätzliche Einkäufe für den Auskauf der Rentenkürzung beim vorzeitigen Bezug der Altersleistung anbieten. Diese Einkäufe können vom steuerbaren Einkommen abgezogen werden. Dies kann im Ergebnis den frühzeitigen Austritt aus dem Erwerbsleben fördern. Um den Zeitpunkt des Erwerbsaustritts aufzuschieben und die steuerlichen Anreize eines vorzeitigen Altersrücktritts zu verringern, wird das Mindestalter für den Bezug von Altersleistungen in der beruflichen Vorsorge, mit einer Übergangsfrist von fünf Jahren von 58 auf 62 Jahre angehoben. Die bestehenden Ausnahmen, die älteren Arbeitnehmenden einen vorzeitigen Altersrücktritt vor Erreichen des Mindestalters ermöglichen, bleiben erhalten. Dies ist der Fall bei betrieblichen Restrukturierungen und Massenentlassungen oder bei gewissen Berufsgruppen, denen eine Weiterführung der Arbeit über ein gewisses Alter hinaus aus Gründen der öffentlichen Sicherheit nicht mehr möglich ist und die vom Arbeitgeber nicht weiterbeschäftigt werden können. Zusätzlich muss im Zusammenhang mit dem flexiblen Altersrücktritt eine neue Ausnahme vorgesehen werden. Es handelt sich um spezielle Regelungen für kollektiv finanzierte Rücktritte, beispielsweise auf der Grundlage von Gesamtarbeitsverträgen. Die Erhöhung des frühestmöglichen Rücktrittsalters in der beruflichen Vorsorge von Alter 58 auf Alter 62 stellt die bereits existierenden kollektiv finanzierten flexiblen Rücktrittsmöglichkeiten, wie beispielsweise diejenige im Baugewerbe (vorzeitiger Rücktritt ab Alter 60) daher nicht in Frage. Derartige Vereinbarungen sollen von der Anhebung des Mindestalters für den Bezug von Altersleistungen auch deshalb nicht betroffen sein, weil dies andernfalls negative Rückwirkungen auf die IV haben könnte.

Im Sinne einer Gleichbehandlung dürfen auch Altersleistungen von Freizügigkeitspolicen und Freizügigkeitskonten sowie Säule 3a-Guthaben frühestens ab Alter 62 bezogen werden. Hierzu ist eine Anpassung von Artikel 16 der Freizügigkeitsverordnung vom 3. Oktober 199465 (FZV) sowie von Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung vom 13. November 198566 über die steuerliche Abzugsberechtigung für Beiträge an anerkannte Vorsorgeformen (BVV 3)
vorgesehen.

Für Personen, die vor Inkrafttreten dieser Änderung bereits einen Auskauf der Leistungskürzung für den vorzeitigen Altersrücktritt (Art. 1b BVV 2) vor Alter 62 vorgenommen haben, soll der Bundesrat eine angemessene Regelung treffen.

Im Jahr 2010 wurden 10 000 Altersrücktritte vor Alter 62 vorgenommen. Dies entspricht knapp 18 Prozent aller Altersrücktritte in diesem Jahr.67 Beitragspflicht während des Vorbezugs und Auswirkungen auf die Rente In der AHV hat der Rentenvorbezug heute keinen Einfluss auf die Beitragspflicht.

Sie endet am Ende des Monats, in dem die versicherte Person das gesetzliche Rentenalter erreicht hat (Art. 3 Abs. 1 AHVG). Die Betroffenen verstehen oft nicht, weshalb sie aufgrund ihres Wohnsitzes in der Schweiz nach dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben, wenn sie bereits eine Rente beziehen, weiter beitragspflichtig sind. Auf umso mehr Unverständnis stösst diese Regelung, weil die während des Bezugs der AHV-Rente einbezahlten Beiträge bei der Bemessung der Rente nicht 65 66 67

52

SR 831.425 SR 831.461.3 Pensionskassenstatistik 2010, BFS.

angerechnet werden. Die Vorlage sieht eine Abschaffung der Beitragspflicht von Nichterwerbstätigen an die Alters- und Hinterlassenenversicherung, die Invalidenversicherung und den Erwerbsersatz (EO) im Falle eines Vorbezugs einer ganzen Altersrente vor. Derzeit liegt dieser Beitrag in der AHV bei mindestens 392 Franken und höchstens 19 600 Franken pro Jahr (Art. 28 Abs. 1 AHVV). Mit dieser neuen Regelung könnten die in der Schweiz wohnhaften Rentnerinnen und Rentner denjenigen im Ausland, die eine Rente vorbeziehen, aber nicht beitragspflichtig sind, gleichgestellt werden. Die Aufhebung der Beitragspflicht betrifft auch die EUBürgerinnen und Bürger, die ihr 62. Altersjahr vollendet haben und aus einem EUMitgliedstaat eine ganze Rente beziehen (vgl. Ziff. 6.2.5.4).

Personen, die nur einen Teil ihrer Rente vorbeziehen, bleiben hingegen bis zum Referenzalter beitragspflichtig, weil davon ausgegangen werden kann, dass der Teilvorbezug mit der Ausübung einer Erwerbstätigkeit einhergeht.

Als Ausgleich zur Aufhebung der Beitragspflicht wird bei der Bemessung der Altersrente der kürzeren Erwerbskarriere Rechnung getragen. Anders als bei der geltenden Regelung wird die kürzere Erwerbskarriere beim Vorbezug der ganzen Rente berücksichtigt, und bei der Bemessung der Rente werden die fehlenden Beitragsjahre bis zum Referenzalter angerechnet. Ein Vorbezugsjahr hat eine entsprechende Kürzung der Beitragsdauer zur Folge, was einer Kürzung der AHV-Rente um 2,27 Prozent entspricht. Die vorgezogene Rente wird folglich anhand der effektiven Beitragsdauer berechnet und beträgt somit 41 Jahre bei einem Vorbezug von drei Jahren, 42 Jahre bei einem Vorbezug von zwei Jahren und 43 Jahre bei einem Vorbezug von einem Jahr. Die komplette Beitragsdauer von 44 Jahren wird wie heute angewandt, wenn die Person bis zum vollendeten 65. Altersjahr eine vollständige Beitragsdauer aufweist. Beiträge, die vor dem 1. Januar nach Vollendung des 20. Altersjahres der versicherten Person bezahlt wurden (Jugend-Beitragsjahre) können nicht dazu verwendet werden, durch den Vorbezug entstandene Beitragslücken zu füllen, da dies im Widerspruch zu den Wirkungszielen der neuen Regelung stehen würde. Die Anwendung einer tieferen Rentenskala, welche die effektive Beitragsdauer berücksichtigt, beeinflusst die Höhe der AHV-Rente. Das schafft einen
Ausgleich dafür, dass Personen, die ihre ganze AHV-Rente vorbeziehen und aus dem Erwerbsleben ausscheiden, nicht mehr beitragspflichtig sind. Eine Ausnahme ist für tiefe bis mittlere Einkommen vorgesehen (vgl. Ziff. 2.1.4). JugendBeitragsjahre können aber wie heute zum Auffüllen von Lücken dienen, die vor dem Vorbezug der AHV-Rente entstanden sind.

Setzt die versicherte Person ihre Erwerbstätigkeit während des Vorbezugs ihrer ganzen AHV-Rente fort, so können die im Rahmen dieser Tätigkeit zurückgelegten Beitragszeiten unter bestimmten Voraussetzungen dazu verwendet werden, durch den Vorbezug entstandene Beitragslücken zu füllen. Dazu muss die Person in diesem Zeitraum ein Einkommen von mindestens 50 Prozent des massgebenden durchschnittlichen Jahreseinkommens erzielt haben (Art. 29quater AHVG).

Auch die nach dem Referenzalter bezahlten Beiträge können zur Schliessung allfälliger durch den Rentenvorbezug verursachter Beitragslücken oder während der Beitragszeit der versicherten Person entstandener Beitrags- und Versicherungslücken herangezogen werden, sofern das erzielte Einkommen mindestens 25 Prozent des massgebenden durchschnittlichen Jahreseinkommens beträgt.

Werden die Grenzen von 50 Prozent bzw. 25 Prozent des massgebenden durchschnittlichen Jahreseinkommens nicht erreicht, so können die bezahlten Beiträge 53

nicht zur Verbesserung der Rentenskala verwendet werden. Hingegen können sie zur Verbesserung der Altersrente bis hin zur Maximalrente der entsprechenden Rentenskala dem massgebenden durchschnittlichen Jahreseinkommen angerechnet werden (vgl. Ziff. 2.1.3.6).

Diese Bestimmungen gelten auch für Personen mit Teilrente.

Bei der Berechnung der vorbezogenen AHV-Rente werden somit zunächst die bis zum Referenzalter fehlenden Beiträge berücksichtigt. Sofern die Voraussetzungen erfüllt sind, wird die Rente im Referenzalter unter Berücksichtigung der Beitragszeiten zwischen dem Vorbezug und dem Referenzalter neu berechnet.

In der obligatorischen beruflichen Vorsorge bleibt die Beitragspflicht beim Vorbezug eines Teils der Altersleistung bestehen, sofern die versicherte Person aufgrund ihres Lohnes noch der obligatorischen beruflichen Vorsorge untersteht. Dies hat die Weiteräufnung von Altersguthaben und entsprechend eine Erhöhung der Altersleistungen zur Folge. Beim Vorbezug der gesamten Altersleistung entsteht im Falle der Wiederaufnahme einer Erwerbstätigkeit zu einem späteren Zeitpunkt ein neues Vorsorgeverhältnis, aus dem später eine zusätzliche Altersleistung ausgerichtet wird.

2.1.3.5

Rentenbezug nach dem Referenzalter

Die geltende Regelung betreffend Aufschub der Altersrente über das Referenzalter von 65 Jahren hinaus bis um maximal fünf Jahre (bis zum vollendeten 69. Altersjahr für Frauen und bis zum vollendeten 70. Altersjahr für Männer) wird beibehalten. Mit der Harmonisierung des Referenzalters bei 65 Jahren können sowohl die Männer als auch die Frauen ihre Rente bis zum vollendeten 70. Altersjahr aufschieben. Eine Verlängerung über 70 Jahre hinaus ist nicht wünschenswert, da sie keinem nennenswerten Bedürfnis zu entsprechen scheint. Neu soll es hingegen möglich sein, die Rente nur teilweise aufzuschieben. Die Versicherten können den Anteil der Rente, den sie beziehen möchten, frei wählen, dabei ihre Erwerbstätigkeit auf Wunsch fortsetzen und den Bezug des verbleibenden Rententeils auf später verschieben. Es besteht die Möglichkeit, den Anteil der aufgeschobenen Rente während der Aufschubszeit einmal zu erhöhen, bevor die ganze Rente bezogen wird. So kann die Person zum Beispiel 75 Prozent ihrer Altersrente aufschieben, diesen Anteil dann im Alter von 67 Jahren reduzieren (z.B. von 75 % auf 40 %) und schliesslich mit 68, 69 oder 70 Jahren die ganze Rente beziehen. Die aufgeschobene Rente wird wie heute durch den versicherungstechnischen Gegenwert der bis zum Zeitpunkt des Aufschubs nicht bezogenen Leistungen erhöht. Da es neu unter bestimmten Voraussetzungen möglich ist, die Beitragszeiten zwischen dem Referenzalter und dem 70. Altersjahr anzurechnen, kann die Person in diesem Zeitraum von der Ausgleichskasse eine einmalige Neuberechnung der Rente verlangen.

Im Anschluss an eine vorgezogene Rente ausgerichtete Hinterlassenenrenten werden separat behandelt und nicht versicherungstechnisch gekürzt. Das gleiche gilt im Fall eines Aufschubs. Hinterlassenenrenten, die auf die aufgeschobene Rente folgen, werden somit nicht durch den versicherungstechnischen Gegenwert der nicht bezogenen Leistung erhöht. Gleichzeitig und proportional zur aufgeschobenen Altersrente ausbezahlte Kinderrenten sind von dieser Regelung nicht betroffen. Sie werden gleich behandelt wie die Hauptrente, von der sie abhängen, und somit analog der aufgeschobenen Hauptrente versicherungstechnisch erhöht.

54

Wie die versicherungstechnischen Kürzungssätze werden auch die Aufschubszuschläge an die Lebenserwartung im Jahr 2020 angepasst. Der Bundesrat wird die Änderung im Rahmen der Anpassung der AHVV (Art. 55ter AHVV) vornehmen.

Tabelle 2-5 Neue versicherungstechnische Zuschläge beim Aufschub der AHV-Rente in Prozent Aufschub in Jahren

1 Jahr

2 Jahre

3 Jahre

4 Jahre

5 Jahre

Aufschubszuschläge

4,4

9,1

14,2

19,7

25,7

Im BVG-Obligatorium sollen die Aufschubsmöglichkeiten auf der Grundlage der AHV-Regelung angepasst werden. Zur Förderung der Weiterarbeit nach dem Referenzalter, aber auch aus steuerlichen Gründen, wird der Rentenaufschub jedoch an die Weiterführung der Erwerbstätigkeit gebunden sein. Denn nur Personen, die tatsächlich weiterarbeiten, sollen von der steuerprivilegierten beruflichen Vorsorge profitieren können. Im Falle eines Aufschubs wird es keine Beitragspflicht geben, damit keine negativen Anreize für die Beschäftigung älterer Arbeitnehmenden entstehen. Es soll weiterhin den paritätisch zusammengesetzten Führungsorganen der einzelnen Vorsorgeeinrichtungen überlassen werden, ob sie in ihren Reglementen eine Möglichkeit zur Beitragszahlung vorsehen wollen. Damit auch beim Aufschub eine Gleichbehandlung zwischen Altersleistungen von Vorsorgeeinrichtungen und Altersleistungen von Freizügigkeitspolicen oder -konten besteht, wird der Aufschub von Letzteren ebenfalls an die Weiterführung der Erwerbstätigkeit gekoppelt sein. Eine analoge Bestimmung, wie sie bereits heute für die Säule 3a gilt, wird auf Verordnungsebene (FZV) eingeführt.

2.1.3.6

Berücksichtigung der Beiträge und Aufhebung des Freibetrages in der AHV

Nach dem geltenden Recht bezahlen erwerbstätige AHV-Rentnerinnen und -rentner auch nach Erreichen des ordentlichen Rentenalters weiterhin AHV-Beiträge. Die bezahlten Beiträge werden bei der Rentenberechnung jedoch nicht berücksichtigt, was zur Folge hat, dass die Rente durch die Fortsetzung der Erwerbstätigkeit derzeit nicht aufgebessert werden kann. Allerdings können die erwerbstätigen AHVRentnerinnen und -rentner nach dem geltenden Recht einen Freibetrag von 1400 Franken pro Monat oder 16 800 Franken pro Jahr geltend machen, auf welchem sie keine AHV-Beiträge bezahlen müssen.

Diese beiden Prinzipen werden geändert: Künftig werden die nach dem Referenzalter auf dem Erwerbseinkommen bezahlten AHV-Beiträge bei der Rentenberechnung berücksichtigt. Sie können einerseits das massgebende durchschnittliche Jahreseinkommen verbessern, was allenfalls eine höhere Rente zur Folge haben kann, wobei als Obergrenze stets die Maximalrente der entsprechenden Rentenskala gilt. Andererseits können die Beiträge unter gewissen Voraussetzungen zur Schliessung allfälliger Beitrags- und Versicherungslücken herangezogen werden.

Auf der anderen Seite muss der derzeitige Freibetrag aufgehoben werden, sodass die von den erwerbstätigen AHV-Rentnerinnen und -rentnern bezahlten AHV-Beiträge 55

bei ihrer Rentenberechnung berücksichtigt werden können. Den für jährliche Einkommen unter 2300 Franken (Stand: 2014) vorgesehenen Freibetrag können die über 65-jährigen Erwerbstätigen nach wie vor geltend machen.68 Bei einem Teilvorbezug der Altersrente und einer kleinen Resterwerbstätigkeit leisten die AHV-Rentnerinnen und -rentner in gewissen Fällen und unter dem Vorbehalt der Vergleichsrechnung bis zum Referenzalter nur Beiträge wie Nichterwerbstätige.69 Die Möglichkeit, die Rente zu verbessern, gilt sowohl für diejenigen AHVRentnerinnen und -rentner, die ihre ganze Rente aufschieben und weiterhin erwerbstätig sind, als auch für jene, die eine anteilige Rente beziehen und daneben eine Teilzeiterwerbstätigkeit ausüben. Es können nur Lücken gefüllt werden, die zwischen dem 1. Januar nach Vollendung des 20. Altersjahres und dem 31. Dezember vor Erreichen des Referenzalters entstehen.

Damit eine Person Anspruch darauf hat, allfällige Beitrags- und Versicherungslücken zu füllen, muss sie nach dem Referenzalter ein Einkommen von mindestens 25 Prozent des durchschnittlichen massgebenden Jahreseinkommens erzielen. Sie kann damit auch Beitragslücken füllen, die infolge eines Vorbezugs der Rente entstanden sind.

Die nach dem Referenzalter bezahlten Beiträge werden bei der Bestimmung des durchschnittlichen massgebenden Jahreseinkommens in jedem Fall berücksichtigt.

Dadurch bietet sich der versicherten Person die Möglichkeit, ihre Rente bis hin zur Maximalrente zu verbessern.

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Berücksichtigung der Beiträge all jenen Versicherten dient, die Beitragslücken aufweisen oder nicht das Maximum des massgebenden durchschnittlichen Jahreseinkommens erreichen (Stand 2014: 84 240 Franken). Somit kommen sowohl Personen mit einem höheren Einkommen in den Genuss dieser Regelung, etwa weil sie Beitragslücken aufweisen, als auch Personen mit tiefem bis mittlerem Einkommen, welche die massgebende jährliche Einkommensgrenze für eine Maximalrente nicht erreichen. Die neue Regelung zielt also insbesondere auf diejenigen Personen ab, die mit Blick auf ihre finanzielle Situation auch einen Nutzen daraus ziehen werden.

2.1.3.7

Finanzielle Auswirkungen des flexibilisierten Rentenbezugs

Aufhebung der Beitragspflicht bei Vorbezug Die Aufhebung der Beitragspflicht beim Vorbezug einer ganzen Rente führt für die AHV zu einem Einnahmenausfall von 10 Millionen Franken im Jahr 2030. Für die IV und die EO beträgt der Einnahmenausfall im selben Jahr 1,7 Millionen, respektive 0,6 Millionen Franken.

Von der Aufhebung der Beitragspflicht Nichterwerbstätiger sind rund 20 Prozent der Neurentner und Neurentnerinnen betroffen, die ihre Altersrente vorbezogen haben.

Sie sind künftig nicht mehr AHV-beitragspflichtig.

68 69

56

Art. 14 Abs. 5 AHVG i.V.m. Art. 34d Abs. 1 AHVV Art. 28bis AHVV i.V.m. Art. 28 AHVV

Aufhebung des Freibetrags und Berücksichtigung Beiträge Die Aufhebung des Rentnerfreibetrags führt für die AHV zu Mehreinnahmen von 250 Millionen Franken im Jahr 2030 (zu Preisen von 2014). Für die IV und die EO betragen die Mehreinnahmen im selben Jahr 41 und 15 Millionen Franken. Die Aufhebung des Freibetrags hat zur Folge, dass Rentnerinnen und Rentner inskünftig auch auf Erwerbseinkommen, die unter 1400 Franken pro Monat bzw. 16 800 Franken pro Jahr liegen, Beiträge zu entrichten haben. Unselbstständigerwerbende werden damit zusätzlich eine maximale Beitragsbelastung für AHV/IV/EO (Arbeitnehmeranteil) von rund 865 Franken pro Jahr tragen müssen. Für die Selbstständigen, deren Einkommen 73 000 Franken übersteigt (obere Grenze der sinkenden Beitragsskala 2014: 56 200 Fr.), beträgt die zusätzliche Beitragslast rund 1600 Franken pro Jahr.

Tabelle 2-6 Auswirkungen der Aufhebung des Freibetrags auf die Versicherten Arbeitnehmeranteil AHV/IV/EO

Unselbstständige

Selbstständige (Einkommen über 73 000 Fr.)

zusätzliche Beitragsbelastung pro Jahr (Maximum)

865 Franken

1600 Franken

Auswirkungen der Flexibilisierung des Rentenbezugs auf die AHV Die nachfolgende Tabelle zeigt die finanziellen Auswirkungen der Flexibilisierung des Rentenbezugs in ihrer zeitlichen Entwicklung. Folgende Massnahmen sind mitberücksichtigt: bei den Ausgaben das dritte Vorbezugsjahr, die Anpassung der Kürzungssätze und Aufschubszuschläge sowie die Rentenverbesserungen aus zusätzlich bezahlten Beiträgen, bei den Einnahmen der Wegfall der Beitragspflicht, auch während des zusätzlichen dritten Vorbezugsjahrs, und die Aufhebung des Freibetrags der über 65-jährigen Erwerbstätigen.

Tabelle 2-7 Auswirkung der Flexibilisierung des Rentenbezugs auf die AHV Beträge in Millionen Franken, zu Preisen von 2014 Jahr

Ausgaben

Einnahmen

Total

2019 2020 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2028 2029 2030

53 122 196 231 256 270 296 310 311 295 284 260

170 161 156 156 159 149 151 153 158 165 172 178

117 38 ­40 ­75 ­97 ­121 ­144 ­157 ­153 ­130 ­113 ­82 57

In der beruflichen Vorsorge wird die Leistungshöhe entsprechend dem Vorbezug bzw. dem Aufschub aktuariell angepasst (vgl. Art. 14 VE-BVG), sodass für die Vorsorgeeinrichtungen weder Verluste noch Gewinne entstehen sollten.

2.1.3.8

AHV-spezifische Fragen

Splitting der während der Ehe erzielten Einkommen Die derzeit geltenden Grundsätze betreffend Splitting der während der Ehe erwirtschafteten Einkommen werden weitgehend übernommen. Beim Eintreten des zweiten Versicherungsfalls werden die Einkommen hälftig geteilt und der Ehefrau und dem Ehemann gegenseitig angerechnet. Der Vorbezug einer ganzen oder anteiligen Altersrente hat allerdings kein Einkommenssplitting mehr zur Folge. Grund für diese Änderung ist die Tatsache, dass es sich bei vorgezogenen Renten nur um einen Vorschuss auf die Leistung handelt, auf welche die versicherte Person bei Erreichen des Referenzalters Anspruch hat. Ein Splitting erfolgt somit in folgenden Fällen: ­

wenn die Ehefrau und der Ehemann das Referenzalter erreicht haben;

­

wenn eine Witwe oder ein Witwer das Referenzalter erreicht hat;

­

bei einer Scheidung; oder

­

wenn sowohl die Ehefrau als auch der Ehemann Anspruch auf eine Invalidenrente haben oder wenn einer der beiden Anspruch darauf hat und der andere das Referenzalter erreicht hat.

Dieses Vorgehen ermöglicht eine umfassendere Berücksichtigung der Beitragszeiten während der Ehe. Gesplittet wird das Einkommen, das zwischen dem 1. Januar nach Vollendung des 20. Altersjahres und dem 31. Dezember vor Erreichen des 65. Altersjahres des älteren Ehepartners erzielt wurde.

Bezieht die Ehefrau oder der Ehemann eine Invalidenrente, so gilt der zweite Versicherungsfall als eingetreten, wenn der andere Ehegatte das Referenzalter erreicht.

Beiträge, die nach dem Referenzalter eingezahlt wurden, werden nicht gesplittet. Da die Einkommensteilung zwischen Ehefrau und Ehemann gegenseitig erfolgen muss, könnte das Splitting des nach dem Referenzalter erzielten Einkommens unter Umständen unerwünschte Folgen auf die Rente des anderen Ehegatten haben, insbesondere bei einer Tätigkeit im Nebenerwerb.

Plafonierung der Renten Derzeit beträgt die Summe der beiden Renten eines Ehepaares maximal 150 Prozent der maximalen Altersrente, wenn beide Ehegatten Anspruch auf eine Altersrente haben oder wenn ein Ehegatte Anspruch auf eine Altersrente und der andere Anspruch auf eine Rente der Invalidenversicherung hat (Art. 35 Abs. 1 AHVG). Diese Regel bleibt unverändert. Da das geltende Recht keinen Teilbezug der Altersrente erlaubt, müssen drei Fälle näher geregelt werden: ­

58

Wenn sowohl die Ehefrau als auch der Ehemann einen Teil ihrer Altersrente vorbeziehen, müssen beide Renten im Verhältnis ihrer Anteile gekürzt werden, sofern jede der beiden Renten den massgebenden Maximalbetrag für die betroffene Person übersteigt. Dieser Maximalbetrag richtet sich zum einen nach der Beitragsdauer für die einzelnen Renten und zum anderen

nach dem prozentualen Anteil der höheren Rente. Unterscheidet sich die Beitragsdauer der beiden Ehegatten, so muss wie heute zunächst die gewichtete Beitragsdauer ermittelt werden, bevor der Maximalbetrag, der dem Ehepaar zusteht, auf der Grundlage des höheren Rententeils berechnet werden kann. Als Beispiel: Bezieht ein Mann 40 Prozent seiner Rente vor, während seine Frau 60 Prozent ihrer Rente vorbezieht und können beide eine komplette Beitragsdauer vorweisen (Rentenskala 44), so kann die Summe der beiden Renten nicht höher sein als 60 Prozent der 150-prozentigen Maximalrente (d.h. 0,6 × 1,5 × 2340 = 2106 Franken). Erhöht der Ehemann oder die Ehefrau den vorbezogenen Rententeil oder tun dies beide, so wird die Maximalrente auf der Basis des neuen, höheren Rententeils neu berechnet.

­

Wenn ein Ehegatte eine Altersrente erhält, während der andere eine Teilrente aus der Invalidenversicherung sowie einen Teilvorbezug der Altersrente bezieht, bildet die Rente aus der Invalidenversicherung zusammen mit dem vorbezogenen Teil der Altersrente eine Rente. Die heute geltenden Regeln betreffend Plafonierung bei Invalidenrenten bleiben bestehen.

­

Wenn beide Ehegatten eine Teilrente aus der Invalidenversicherung sowie einen Teil der Altersrente beziehen,, werden die beiden Invalidenrenten nach den heute geltenden Regeln untereinander und die beiden vorgezogenen Altersrenten gemäss den Regeln von Fall 1 plafoniert.

Wie heute muss zunächst immer untersucht werden, ob eine Plafonierung gegeben ist, bevor der Kürzungsbetrag für den Vorbezug abgezogen oder der Zuschlag für den Aufschub der Altersrente angerechnet wird.

Der Bundesrat legt die Einzelheiten der Berechnungsmethoden für die Plafonierung in der AHVV fest.

2.1.3.9

Koordination mit den anderen Sozialversicherungen

Altersrenten und Invalidenrenten Nach geltendem Recht in der 1. Säule gilt eine invalide Person ab Entstehung des Anspruchs auf eine Altersrente, spätestens jedoch mit 65 Jahren, nicht mehr als invalid.

Neu soll es möglich sein, eine IV-Teilrente und einen Teil der Altersrente bis zum Referenzalter zu kumulieren. Mit dieser Lösung sollen Personen mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen, die nicht in der Lage sind, ihre verbleibende Resterwerbsfähigkeit auf dem Arbeitsmarkt einzubringen, die Möglichkeit erhalten, ihre IVRente mit einem Teil der Altersrente zu ergänzen, ohne dass ihr Anspruch auf eine IV-Rente erlischt. Die kumulierten Leistungen dürfen den Betrag der entsprechenden ganzen Altersrente jedoch nicht übersteigen.

Der Invalidenstatus geht dadurch nicht verloren, obwohl ein Teil der Altersrente gleichzeitig mit der IV-Rente ausbezahlt wird. Der Leistungsanspruch wird somit bis zum Referenzalter nach den Bestimmungen der Invalidenversicherung geprüft und erst bei Erreichen des Referenzalters auf der Grundlage des AHV-Rechts ermittelt.

Wie heute sind die erworbenen Rechte in der AHV ab dem Referenzalter garantiert.

Zur Unterscheidung von Invalidenrente und vorzeitiger Altersrente wird letztere nach den Berechnungsgrundlagen der AHV ermittelt.

59

In der obligatorischen 2. Säule hat das parallele Bestehen von Alters- und Invalidenleistungen der 1. Säule keine Auswirkungen auf den Leistungsanspruch, da in der 1. Säule beim Vorbezug der Altersrente der Anspruch auf die Invalidenrente unverändert bestehen bleibt. Allerdings stellen sich koordinationsrechtliche Fragen, beispielsweise inwiefern es einer Vorsorgeeinrichtung noch möglich sein soll, im Rahmen der Überentschädigungsberechnung ein zumutbarerweise noch erzielbares Erwerbseinkommen anzurechnen bzw. ob eine Anrechnung der vorbezogenen Altersrente der AHV und allenfalls der beruflichen Vorsorge möglich sein sollen.

Der Bundesrat verfügt bereits heute über die Kompetenz, Vorschriften zur Verhinderung von ungerechtfertigten Vorteilen zu erlassen (vgl. Art. 34a BVG). Er wird diese Kompetenz nutzen, um entsprechende Regelungen zu treffen.

Hingegen ist das parallele Bestehen von Alters- und Invalidenleistungen innerhalb der 2. Säule bereits unter geltendem Recht möglich. Die Invalidenrenten der obligatorischen beruflichen Vorsorge laufen beispielsweise bei Erreichen des Rentenalters weiter, d.h. sie sind als lebenslängliche Leistungen ausgestaltet und werden nicht etwa in Altersleistungen umgewandelt. Die BVG-Invalidenrenten werden mit anderen Rentenleistungen gleicher Art und Zweckbestimmung und, vor Erreichen des Referenzalters, mit dem weiterhin erzielten bzw. zumutbaren Erwerbseinkommen koordiniert. So wird verhindert, dass die Rentenbezügerin oder der Rentenbezüger im Endeffekt mehr Leistungen erhält, als sie oder er ohne Invalidität an Erwerbseinkommen erzielen würde.

Altersrenten und Witwen- oder Witwerrenten Wie bei der Invalidenrente sollen Witwen- oder Witwerrenten mit einer anteilig vorbezogenen Altersrente ergänzt werden können. Auch hier erlaubt die aktuelle Gesetzgebung keine Kumulierung der Leistungen. Erfüllt eine Person gleichzeitig die Voraussetzungen für eine Witwen- oder Witwerrente und eine Altersrente, so wird nur die höhere Rente ausbezahlt. Mit der vorgesehenen Möglichkeit eines anteiligen Vorbezugs der Altersrente können zwei verschiedene Leistungen gleichzeitig bezogen werden, die zusammen den Betrag der entsprechenden ganzen Altersrente aber nicht übersteigen dürfen. Diese Massnahme soll altersbedingte Schwierigkeiten von Witwen und Witwern bei der Wiedereingliederung
in den Arbeitsmarkt abfedern und die Herabsetzung der Witwen- oder Witwerrente von 80 auf 60 Prozent der Altersrente kompensieren.

Der Verwitwetenzuschlag von 20 Prozent, den Witwen und Witwer derzeit zusätzlich zu ihrer Altersrente erhalten, wird im Falle einer Kumulierung mit der Witwenoder Witwerrente nicht an den vorbezogenen Altersrententeil angerechnet, da sowohl der Verwitwetenzuschlag von 20 Prozent als auch die Witwen- oder Witwerrente in die Kategorie der Hinterlassenenleistungen fallen. Die vorgeschlagene Lösung soll das gleichzeitige Ausrichten von Leistungen für das gleiche Risiko verhindern.

Altersrenten und Ergänzungsleistungen Der Bezug einer Altersrente gibt grundsätzlich Anspruch auf den Bezug einer Ergänzungsleistung, wenn die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind. Nach geltendem Recht werden bei der Berechnung der Ergänzungsleistungen die ausgerichteten Renten als Einnahme angerechnet. Im Falle eines Vorbezugs der ganzen Rente nach Artikel 40 AHVG wird die gekürzte ganze Rente bei den Einnahmen berücksichtigt

60

(vgl. Art. 15a der Verordnung vom 15. Januar 197170 über die Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung [ELV]). Diese Regelung bleibt im Falle eines Vorbezugs der ganzen Rente bestehen. Für den Bezug der Teilrente ist hingegen eine Anpassung nötig. Tatsächlich könnte mit dem vorgesehenen anteiligen Rentenvorbezug einer prozentual geringen Rente der Einkommensverlust über die Ergänzungsleistungen finanziert werden. Dies würde aber dem Ziel der Flexibilisierung des Rentenbezugs widersprechen, das ja gerade in einer besseren Vereinbarkeit zwischen Erwerbstätigkeit und Ruhestand besteht. Um diese unerwünschte Folgereaktion zu verhindern, wird folgende Änderung vorgeschlagen: Im Falle eines anteiligen Rentenvorbezugs wird nicht die anteilige gekürzte Rente bei den Ergänzungsleistungen berücksichtigt, sondern die ganze gekürzte Rente.

Von einer Person, die nicht weiterarbeitet, wird damit erwartet, dass sie die ganze Rente vorbezieht. In Kumulationsfällen, d.h. wenn gleichzeitig eine Rente der Invalidenversicherung oder eine Hinterlassenenrente der AHV ausgerichtet wird, benötigt es Korrekturen, damit die IV-Rente bzw. die Hinterlassenenrente nicht doppelt angerechnet wird. Der Bundesrat wird beauftragt, die Modalitäten so zu regeln, dass Personen, die sich für einen Teilvorbezug ihrer Altersrente entscheiden, gegenüber solchen, die auf einen Vorbezug verzichtet haben, nicht benachteiligt werden.

Altersrenten und Arbeitslosenentschädigung Der Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung hängt von den Voraussetzungen gemäss Artikel 8 Absatz 1 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes vom 25. Juni 198271 (AVIG) ab. Die versicherte Person muss unter anderem einen Arbeitsausfall erlitten haben (Bst. b), darf das Rentenalter der AHV nicht erreicht haben (Bst. d), muss vermittlungsfähig sein (Bst. f) und die Kontrollvorschriften erfüllen (Bst. g).

Gemäss aktueller Regelung kann der Rentenvorbezug den Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung beeinflussen. Der Vorbezug einer AHV-Rente schliesst den Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung aus, der Bezug von BVG-Altersleistungen führt hingegen nicht immer zum Ausschluss des Anspruchs. Bei einer freiwilligen vorzeitigen Pensionierung muss die Mindestbeitragsdauer nach dem Rentenantritt erfüllt sein. Bei einem unfreiwilligen Altersrücktritt
hat die versicherte Person sofort Anspruch auf Arbeitlosenentschädigung, sofern sie die Voraussetzungen nach Artikel 8 Absatz 1 AVIG erfüllt. In diesem Fall werden die Altersleistungen der beruflichen Vorsorge von der Arbeitlosenentschädigung abgezogen (Art. 18c Abs. 1 AVIG). Auch Altersleistungen einer ausländischen Versicherung heben den Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung nicht auf. Sie werden wie die unfreiwillig bezogenen BVG-Altersleistungen von der Arbeitslosenentschädigung abgezogen (Art. 18c Abs. 2 AVIG).

Zur Beseitigung der Ungleichbehandlung der Versicherten und zur Vereinfachung der Koordination zwischen den betroffenen Versicherungen soll der Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung während der Dauer des AHV-Rentenvorbezugs erhalten bleiben. Damit werden die Differenzen zwischen Vorbezug der AHV- und der BVG-Rente, zwischen freiwilligem und unfreiwilligem Bezug und zwischen einer Rente aus der Schweiz und dem Ausland aufgehoben. Auch ob es sich um einen ganzen oder anteiligen Bezug handelt, spielt keine Rolle mehr. Um eine Überentschädigung zu vermeiden, werden die bezogenen Altersleistungen (AHV, BVG und 70 71

SR 831.301 SR 837.0

61

ausländische Versicherungen) jedoch an die Arbeitslosenentschädigung angerechnet.

Damit die versicherte Person in der Arbeitslosenversicherung anspruchsberechtigt bleibt, muss sie die allgemeinen Voraussetzungen erfüllen, das heisst während der gesamten Entschädigungsdauer mit ausreichenden Stellenbewerbungen ihre Absicht beweisen, die Arbeitslosigkeit zu beenden, und den Anweisungen der Ausführungsorgane der Arbeitslosenversicherung Folge leisten.

Altersrenten und obligatorische Unfallversicherung Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind obligatorisch unfallversichert (Art. 1a des Bundesgesetzes vom 20. März 198172 über die Unfallversicherung [UVG]). Die Versicherung endet mit dem 30. Tag nach dem Tage, an dem der Anspruch auf mindestens den halben Lohn erlischt (Art. 3 Abs. 2 UVG). Artikel 22 UVG sieht vor, dass die Invalidenrente der Unfallversicherung ab dem Monat, in dem die berechtigte Person eine Altersrente der AHV bezieht, spätestens jedoch ab Erreichen des Rentenalters nach Artikel 21 AHVG, nicht mehr revidiert werden kann. In diesem Wortlaut besteht Artikel 22 UVG seit Inkrafttreten am 1. Januar 2012 der AHVG-Änderung vom 17. Juni 2011 (Verbesserung der Durchführung). Die Renten werden demnach nicht mehr revidiert, wenn angenommen werden kann, dass sich die berechtigte Person endgültig aus dem Erwerbsleben zurückgezogen hat. Diese Regelung wird beibehalten.

2.1.4

Vorbezug der AHV-Rente für Personen mit tiefen bis mittleren Einkommen

­

Für Personen mit tiefen bis mittleren Einkommen, die lange gearbeitet haben, wird die vorzeitige Pensionierung erleichtert.

­

Ihre Rente wird beim Vorbezug weniger stark oder gar nicht gekürzt.

­

Die Massnahme kommt vor allem Frauen zugute.

2.1.4.1

Notwendigkeit einer Regelung

Da die vorzeitige Pensionierung lebenslange versicherungstechnische Kürzungen der AHV- und BVG-Leistungen zur Folge hat, würde eine Flexibilisierung des Rentenalters, die sich einzig auf versicherungstechnische Grundsätze stützt, den Zugang zur vorzeitigen Pensionierung von Personen mit niedrigem bis mittlerem Einkommen einschränken. Heute ist die vorzeitige Pensionierung in Branchen mit den höchsten Löhnen tatsächlich am stärksten verbreitet (zum Beispiel Banken und Versicherungen, öffentliche Verwaltung, Information und Kommunikation). Die Anhebung des Referenzalters der Frauen auf 65 Jahre und die Einführung von Anreizen zur Verlängerung der Erwerbsdauer sind angesichts der demografischen Entwicklung gerechtfertigt. Im Gegenzug müssen sozial benachteiligte Personen aber eine Sonderbehandlung erhalten.

72

62

SR 832.20

Tatsächlich betrifft die steigende Lebenserwartung zudem nicht alle sozialen Kategorien gleichermassen. Wie die Studie über die unterschiedliche Sterblichkeit in der Schweiz73 zeigt, haben Personen ohne Ausbildung eine um zwei Jahre tiefere Lebenserwartung als Personen mit tertiärer Bildung. Es gilt als erwiesen, dass Unqualifizierte oder Niedrigqualifizierte in der Regel die Bevölkerungsschicht mit dem tiefsten Einkommen bilden. Häufig haben diese Personen sehr früh angefangen zu arbeiten. Bezogen auf die durchschnittliche Lebenserwartung mit 65 Jahren bedeuten die zwei Jahre Unterschied bei der Lebenserwartung eine Reduktion des Rentenvolumens um rund 10 Prozent. Bei der vorzeitigen Pensionierung ist die ausschliessliche Anwendung der versicherungstechnischen, auf der durchschnittlichen Lebenserwartung der Bevölkerung basierenden Grundsätze deshalb nicht gerechtfertigt. Die vorgeschlagene Lösung soll Niedrigverdienenden den Rentenbezug vor dem Referenzalter deshalb erleichtern. Sie soll auch für Einkommen gelten, die nur knapp über den Schwellenwerten für Ergänzungsleistungen zur AHV und IV liegen (niedrige bis mittlere Einkommen).

2.1.4.2

Beschreibung des Modells

Die vorgeschlagene Regelung berücksichtigt die kürzere Lebenserwartung von Personen mit niedrigem und mittlerem Einkommen, die schon früh ins Erwerbsleben eingestiegen sind. Da sie sich auf eine sehr spezifische Personenkategorie beschränkt, verbessert sie die AHV-Rente bei einem Vorbezug deutlich. Die Verbesserung geht im Übrigen nicht nur zulasten der Versicherung, sondern stellt insofern auch auf das Versicherungsprinzip ab, weil sich die Begünstigten über die von ihnen in den Jugendjahren entrichteten Beiträge selbst an der Verbesserung beteiligen.

Ferner ist das von dieser Personenkategorie während der gesamten Rentendauer bezogene Rentenvolumen aufgrund ihrer kürzeren Lebenserwartung kleiner als das aufgrund der durchschnittlichen Lebensdauer berechnete Altersrentenvolumen. Die vorgeschlagene Regelung richtet sich besonders an Frauen, die vor der Pensionierung häufig über ein kleineres Einkommen verfügen als Männer.

Die vorgeschlagene Regelung, mit geschätzten Kosten von 390 Millionen Franken im Jahr 2030, umfasst Personen mit einem Maximaleinkommen von rund 50 000 Franken (das 3,5-Fache der minimalen AHV-Jahresrente, d.h. 49 140 Franken). Der Bezug zur durchschnittlichen AHV-Jahresrente wurde deshalb gewählt, weil die Beträge dadurch im Rahmen der Rentenanpassung an die Preis- und Lohnentwicklung angepasst werden können (vgl. Art. 33ter AHVG).

Die Regelung basiert auf den zwei folgenden Grundsätzen: ­

73

Anrechnung der zwischen dem 1. Januar nach Vollendung des 17. Altersjahres und dem 31. Dezember vor Vollendung des 21. Altersjahres bezahlten Beiträge (Jugendjahre). Diese Beiträge werden heute bei der Rentenberechnung nur zur Beseitigung allfälliger AHV-Beitragslücken berücksichtigt.

Auf die vollständige Beitragskarriere in der Schweiz haben sie jedoch keinen Einfluss. Diese Beiträge, sofern sie nicht bereits zur Deckung anderer Lücken verwendet wurden, sollen im Falle eines Vorbezugs der AHV-Rente angerechnet werden, um die Rentenkürzung, die durch die fehlenden BeiP. Wanner, Mortalité différentielle en Suisse 1990­2005, Forschungsbericht Nr. 10/12, 2012.

63

tragsjahre bis zum 65. Altersjahr entsteht, aufzufangen (vgl. Ziff. 2.1.3.4).

Für den Ausgleich eines fehlenden Beitragsjahrs muss die betroffene Person zwischen dem 1. Januar nach Vollendung ihres 17. Altersjahres und dem 31. Dezember vor Vollendung ihres 21. Altersjahres mindestens 12 Monate lang Beiträge entrichtet haben. Es können höchstens drei Jahre kompensiert werden, wobei die Anrechnung nach dem Einkommen im Verhältnis zur jährlichen Mindestrente gemäss Artikel 34 Absatz 5 AHVG gestaffelt wird, damit die entsprechenden Beträge an die Preis- und Lohnentwicklung angepasst werden können.

­

Anwendung eines reduzierten versicherungstechnischen Kürzungssatzes, der berücksichtigt, dass Personen mit niedrigem Einkommen weniger lang leben, und der deshalb eine Differenz von 1,5 Jahren zur durchschnittlichen Lebenserwartung vorsieht. Im Falle eines Vorbezugs mit 62 oder 63 Jahren kommt ein reduzierter Kürzungssatz zur Anwendung, bei einem Vorbezug mit 64 Jahren wird keine versicherungstechnische Rentenkürzung vorgenommen.

Tabelle 2-8

Abstufung der Jugendjahre nach Einkommen Bis zum entsprechenden Maximaleinkommen von ... Mal der jährlichen Minimalrente gemäss Art. 34 Abs. 5 AHVG

Maximale Anzahl anrechenbare Jugendjahre

2,5 [35 100 Franken] 3 [42 120 Franken] 3,5 [49 140 Franken]

3 (36 Beitragsmonate) 2 (24 Beitragsmonate) 1 (12 Beitragsmonate)

Die Vorlage sieht die folgenden Kürzungssätze vor: Tabelle 2-9 Reduzierter Kürzungssatz in Prozent Bezug der Altersrente im Alter von

Reduzierter Kürzungssatz in %

Anstelle der ordentlichen Kürzungssätze in %

62 Jahre 63 Jahre 64 Jahre

6,1 2,1 0,0

11,4 7,9 4,1

Beispiel: Das folgende Beispiel bezieht drei Jugendjahre und den reduzierten Kürzungssatz für eine versicherte Person mit einem Einkommen von 32 400 Franken in den Jahren vor dem Rentenbezug ein. Bezieht die Person mit 65 Jahren eine Altersrente, so hat sie Anspruch auf eine monatliche Altersrente ohne Kürzung von 1596 Franken (Stand 2014). Aus der Tabelle gehen die Höhe der Rente bei einem Vorbezug mit 64, 63 und 62 Jahren hervor sowie die Differenz zu einer Rente mit versicherungstechnischer Kürzung.

64

Tabelle 2-10 Alter

Rente mit versicherungstechnischer Kürzung

Rente mit reduziertem Kürzungssatz

Differenz

65 Jahre 64 Jahre 63 Jahre 62 Jahre

1596 (ohne Kürzung) 1495 1403 1318

1596 (ohne Kürzung) 1596 (ohne Kürzung) 1562 1499

­ 101 160 181

2.1.4.3

Kreis der Begünstigten

Der Kreis der Begünstigten umfasst Personen, die vor dem Rentenbezug erwerbstätig waren, über ein niedriges bis mittleres Einkommen verfügen, früh ins Erwerbsleben eingestiegen sind und eine kürzere Lebenserwartung haben.

Ausserdem ist nur berechtigt, wer zwischen dem 1. Januar nach Vollendung des 17. Altersjahres und dem 31. Dezember vor Vollendung des 21. Altersjahres Beiträge entrichtet und anschliessend eine vollständige Beitragskarriere (die Vorbezugszeit ausgenommen) zurückgelegt hat. Die Definition von «niedrigem bis mittlerem Einkommen» stützt sich auf die Lohnstruktur in der Schweiz. Daraus ergibt sich ein monatlicher Vollzeit-Medianlohn von Niedrigqualifizierten von 4600 Franken.

Es besteht ein grosser Unterschied zwischen dem Medianlohn der Männer (5000 Franken) und demjenigen der Frauen (4300 Franken).74 Im Vergleich dazu beträgt der monatliche Medianlohn von Hochqualifizierten 11 000 Franken. In Branchen, in denen tendenziell die tiefsten Löhne anzutreffen sind (Verarbeitende Industrie, Baugewerbe, Gastgewerbe und Detailhandel)75, liegen die Medianlöhne zwischen 3400 Franken und 5200 Franken. Es kann also davon ausgegangen werden, dass die Neuregelung gezielt Personen mit unteren und mittleren Einkommen bis zu einem Jahreslohn von rund 50 000 Franken erreicht.

Da das Modell auf Personen ausgerichtet ist, die früh in die Erwerbsarbeit eingestiegen sind und trotz hohem Beschäftigungsgrad nur einen niedrigen Lohn erhalten, braucht es Filter, die verhindern, dass nicht auch Personen, die aufgrund eines reduzierten Arbeitspensums ein tiefes Einkommen erzielen, begünstigt werden. Aufgrund fehlender Informationen auf AHV-Ebene kann der Beschäftigungsgrad nicht als Kriterium herangezogen werden und wird daher anhand der drei folgenden Filterkriterien statistisch überprüft: ­

74 75

Festlegung eines Mindest- und eines Höchsteinkommens: Anspruchsberechtigt ist, wer in den letzten zehn Jahren vor dem Rentenbezug erwerbstätig gewesen ist und in diesen zehn Jahren während mindestens fünf Jahren AHV-Beiträge auf einem Lohn erzielt hat, der mindestens 1,5 Mal (21 060 Franken) und höchstens 3,5 Mal höher (49 140 Franken) gewesen ist als die Minimalrente gemäss Artikel 34 Absatz 5 AHVG, damit die massgebenden Löhne der Preis- und Lohnentwicklung angepasst werden können.

BFS, Schweizerische Lohnstrukturerhebung, 2010 BFS, Schweizerische Lohnstrukturerhebung, 2010

65

­

Festsetzung eines maximalen Abweichungskoeffizienten: Der Lohn in den zehn besten Beitragsjahren darf nicht mehr als 1,5 Mal höher gewesen sein als der Lohn in den zehn Jahren vor dem Rentenbezug; dies soll verhindern, dass die finanzielle Situation vor dem Rentenbezug falsch beurteilt wird. Mit diesem Filter können auch Optimierungsverhalten unterbunden werden, die in der Reduktion des Beschäftigungsgrades vor dem Rentenbezug bestehen mit der Absicht, von der Regelung zu profitieren.

­

Berücksichtigung des Einkommens des (Ehe-)Partners bzw. der (Ehe-)Partnerin bei der Bewertung der Situation vor dem Rentenbezug: Dieses Einkommen, addiert mit dem Einkommen der vorbeziehenden Person, darf nicht mehr als doppelt so hoch sein wie der vorgesehene Höchstbetrag. Damit soll verhindert werden, dass Personen mit tiefem Einkommen, die in einem Haushalt mit guten finanziellen Verhältnissen leben, begünstigt werden. Der Begriff des Partners bzw. der Partnerin umfasst auch eingetragene Partnerinnen oder Partner sowie Personen, die in dauernder Lebensgemeinschaft leben.

Der Bundesrat erhält zudem die Kompetenz, diese Regelung auch auf Arbeitslose, Ausgesteuerte oder Erwerbsunfähige anzuwenden, wenn diese die vorausgesetzten Erwerbsjahre vor Rentenbezug nicht erreichen. Personen, die ihre Stelle vor dem Rentenalter verlieren, haben oft Schwierigkeiten, eine neue Arbeit zu finden. Entsprechend gross ist ihr Risiko, langzeitarbeitslos oder sogar ausgesteuert zu werden.

Sofern sie alle anderen Voraussetzungen erfüllen, dürfen die betroffenen Personen nicht vom Kreis der Begünstigten ausgeschlossen werden.

2.1.4.4

Finanzielle Auswirkungen

Die vorgeschlagene Regelung würde rund 5000 Personen pro Jahr betreffen (da bei dieser Schätzung das Kriterium des Haushaltseinkommens nicht berücksichtigt wurde, könnte diese Zahl kleiner sein). Die Kosten würden sich im Jahr 2030 auf 390 Millionen Franken belaufen.

Die angegebenen Kosten sind auf längere Sicht zu verstehen. Sie werden beim Inkrafttreten dieser Vorlage noch gering sein und mit dem Hinzukommen von Neurentnerinnen und Neurentnern, die in den Genuss dieser Sonderregelung kommen, allmählich steigen. Der angegebene Höchstbetrag wird erst erreicht, wenn eine ganze Generation Rentenbezügerinnen und -bezüger vom System gedeckt ist.

Mit dieser Regelung kann die Erhöhung des Referenzalters für Frauen auf 65 Jahre besser aufgefangen werden. Denn bei 70 bis 80 Prozent der Begünstigten handelt es sich um Frauen.

Die nachfolgende Tabelle 2-11 zeigt die finanziellen Auswirkungen des Vorbezugs und der Anrechnung der Jugendjahre für tiefe bis mittlere Einkommen in ihrer zeitlichen Entwicklung.

66

Tabelle 2-11 Auswirkung der Regelung für Personen mit tiefen bis mittleren Einkommen Beträge in Millionen Franken, zu Preisen von 2014 Jahr

Ausgaben

2019 2020 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2028 2029 2030

161 259 304 307 323 327 343 346 361 365 383 388

2.2

Anpassung des Mindestumwandlungssatzes und Ausgleichsmassnahmen in der beruflichen Vorsorge

­

Der Mindestumwandlungssatz der obligatorischen beruflichen Vorsorge wird an die steigende Lebenserwartung und die tieferen Renditen angepasst.

­

Die Erhöhung der Altersguthaben sorgt dafür, dass das heutige Niveau der BVG-Renten erhalten bleibt. Dazu wird auf den Koordinationsabzug verzichtet, und die Altersgutschriftensätze werden so angepasst, dass ab Alter 45 keine Erhöhung mehr erfolgt und somit die Mehrkosten für über 55-jährige Arbeitnehmende wegfallen.

­

Der Sicherheitsfonds gewährt Zuschüsse, um bei Personen, die nicht mehr über genügend Zeit zur Erhöhung des Altersguthabens verfügen, das heutige Niveau der Altersrente zu garantieren.

2.2.1

Anpassung des Mindestumwandlungssatzes

Der Umwandlungssatz dient der Berechnung der Renten der beruflichen Vorsorge.

Er findet generell auf Sparpläne im Beitragsprimat Anwendung und somit auch auf die obligatorische Vorsorge gemäss BVG. Er bestimmt die Höhe der jährlichen Rente und gibt vor, wie das Altersguthaben in jährliche Rentenleistungen umgewandelt wird. Beispiel: Eine versicherte Person verfügt bei der Pensionierung über ein Altersguthaben von 500 000 Franken. Liegt der Umwandlungssatz bei 6,8 Prozent, 67

so erhält die Person eine jährliche Rente von 34 000 Franken (500 000 Fr. × 6,8: 100).

Für die obligatorische berufliche Vorsorge definiert das Gesetz den Mindestumwandlungssatz. Seit 2014 beträgt er einheitlich für Männer und Frauen 6,8 Prozent, und zwar für Männer im Alter von 65 Jahren, für Frauen im Alter von 64 Jahren.

Der Mindestumwandlungssatz muss so festgelegt werden, dass das angesparte Altersguthaben sowie die darauf weiterhin erzielten Vermögenserträge ausreichen, um während der ganzen Laufzeit (ca. 20 Jahre) die daraus berechnete Altersrente (und allfällige Hinterlassenenrenten) auszurichten. Ist der Mindestumwandlungssatz zu hoch, besteht ein Ungleichgewicht zwischen der auszurichtenden Leistung und ihrer Finanzierung, da das vorhandene Altersguthaben nicht ausreicht, um die garantierte Rente während der ganzen Laufzeit zu finanzieren. Dies führt dazu, dass die fehlenden Mittel anderweitig beschafft werden müssen, beispielsweise indem die Vermögenserträge auf dem Vorsorgevermögen der aktiven Versicherten herangezogen werden. Dies führt in der nach dem Kapitaldeckungsverfahren finanzierten 2. Säule zu einer unerwünschten Umverteilung und ist deshalb zu vermeiden.

In der überobligatorischen Vorsorge liegt die Kompetenz zur Festsetzung des Umwandlungssatzes beim obersten (paritätischen) Organ der Vorsorgeeinrichtung.

Vorsorgeeinrichtungen, die auch das Überobligatorium versichern, können den Umwandlungssatz somit aufgrund der von ihnen verwendeten versicherungstechnischen Grundlagen festsetzen. Konkret kann der Umwandlungssatz in solchen Vorsorgeeinrichtungen also tiefer liegen, da lediglich für das BVG-Obligatorium mit dem Mindestumwandlungssatz gerechnet werden muss. Diese Vorsorgeeinrichtungen müssen den Mindestumwandlungssatz nur in der sogenannten Schattenrechnung berücksichtigen. Diese wird für jede versicherte Person geführt, um nachzuweisen, dass die Vorsorgeeinrichtung mindestens die vom BVG vorgeschriebenen Minimalleistungen erbringt. Auf diese Weise können Vorsorgeeinrichtungen Verluste aufgrund eines zu hohen Mindestumwandlungssatzes mindestens teilweise vermeiden.

In BVG-Minimalplänen kommt der Mindestumwandlungssatz jedoch direkt zur Anwendung. Er muss also so festgelegt werden, dass er auch von Vorsorgeeinrichtungen, die nur das BVG-Minimum durchführen, finanziert
werden kann. Zirka ein Siebtel der Versicherten sind beim Alterssparen nur nach BVG-Minimum versichert, zwei bis drei weitere Siebtel sind sehr stark vom Mindestumwandlungssatz betroffen, da sie nur wenig überobligatorischen Anteil in ihrem Altersguthaben haben.

Für die Festsetzung des Umwandlungssatzes sind zwei Parameter entscheidend: die Lebenserwartung und der technische Zinssatz. Die Festlegung dieser Parameter ist mit gewissen Schwierigkeiten verbunden, vor allem bezüglich der zu berücksichtigenden Statistik- und Finanzdaten sowie bezüglich der Prognosen zur künftigen Entwicklung.

Der dem Vorschlag für den Mindestumwandlungssatz zugrunde liegende technische Zinssatz lehnt sich an die zu erwartende durchschnittliche Rendite der Vorsorgeeinrichtungen für die kommenden Jahre an. Dabei ist eine Marge notwendig, um technische Rückstellungen bilden zu können und um die mit den auszuzahlenden Renten verbundenen Kosten zu finanzieren. Das BSV hat in diesem Zusammenhang eine Studie mit makroökonomisch fundierten Szenarien erstellen lassen. Die Schätzungen für ein Portfolio mit rund 25 Prozent Aktien lauten wie folgt: Von 2014­2017 werden je nach Szenario durchschnittliche jährliche Erträge von minus 2,6 Prozent bis plus 1,9 Prozent erwartet, von 2018­2025 solche von 2,3 Prozent bis 3,1 Prozent 68

und von 2026­2035 solche von 2,6 Prozent bis 3,7 Prozent.76 Die für den heute geltenden Mindestumwandlungssatz (6,8 % für Männer und Frauen ab 2014) erforderliche Rendite von rund 5 Prozent wird demnach auch langfristig nicht erreicht.

Berücksichtigt man zusätzlich die Entwicklung der Lebenserwartung, so erscheint eine Anpassung des Mindestumwandlungssatzes unumgänglich (vgl. auch Ziff.

1.7.3). Andernfalls bleibt das Ungleichgewicht zwischen gesetzlichen Mindestleistungen und ihrer Finanzierung bestehen. Folgen dieses Ungleichgewichts sind unerwünschte Solidaritäten, insbesondere in Vorsorgeeinrichtungen, die nur geringfügig höhere Leistungen als das gesetzliche Minimum versichern. Die aktiven Versicherten müssen eine Zusatzfinanzierung in Form einer tieferen Verzinsung ihrer Altersguthaben oder von Sanierungsbeiträgen leisten, damit die Leistungen für die Rentenbezügerinnen und -bezüger garantiert werden können. Für Vorsorgeeinrichtungen mit einer ungünstigen Altersstruktur, das heisst einem im Verhältnis zu den aktiven Versicherten relativ hohen Anteil Rentnerinnen und Rentner, wird eine Finanzierung über die aktiven Versicherten zusätzlich erschwert.

Für die Anpassung des Mindestumwandlungssatzes wird angenommen, dass die Vorsorgeeinrichtungen im langfristigen Durchschnitt auf ihren Anlagen eine Rendite von 3,5 bis 4 Prozent erwirtschaften können. Unter Berücksichtigung einer Marge für die Bildung von technischen Rückstellungen und die Finanzierung der administrativen Kosten für die auszubezahlenden Renten ist vorgesehen, den Mindestumwandlungssatz im Referenzalter auf 6,0 Prozent festzulegen. Diese Höhe lässt sich sowohl aufgrund der verwendeten versicherungstechnischen Grundlagen als auch der oben zitierten Studienergebnisse rechtfertigen. Bei der Festlegung des Mindestumwandlungssatzes sind versicherungstechnische und politische Gegebenheiten zu berücksichtigen. Mit einer Anpassung auf 6 Prozent wird der Mindestumwandlungssatz auf eine Höhe gebracht, die es erlaubt, eine intransparente Umverteilung zwischen Aktiven und Rentenbeziehenden zu verhindern.

Für den Bezug von Altersleistungen vor oder nach dem Referenzalter erhält der Bundesrat die Kompetenz, die entsprechenden Mindestumwandlungssätze auf Verordnungsstufe festzulegen.

Die Übergangsbestimmungen sehen für die Anpassung des
Mindestumwandlungssatzes von 6,8 auf 6 Prozent einen Zeitraum von vier Jahren vor. Diese Übergangszeit sorgt dafür, dass die Ausgleichsmassnahmen (vgl. unten) erste Wirkungen entfalten können. Sie trägt aber gleichzeitig der Situation der Vorsorgeeinrichtungen Rechnung, da sie relativ kurz ist. Eine längere Übergangsfrist rechtfertigt sich nicht, da sich die finanzielle Situation der betroffenen Vorsorgeeinrichtungen weiter verschärfen würde. Eine kürzere oder gar keine Übergangsfrist ist ebenfalls nicht opportun, da dies die Kosten für die Übergangsgeneration erhöhen würde, die von allen registrierten Vorsorgeeinrichtungen getragen werden. Die Mindestumwandlungssätze für diese vier Jahre werden in der Verordnung geregelt: Dabei ist eine Senkung von 0,2 Prozentpunkten pro Jahr vorgesehen. Bis zur Angleichung des Referenzalters der Frauen an dasjenige der Männer, werden für Männer und Frauen nach wie vor unterschiedliche Mindestumwandlungssätze im gleichen Alter gelten.

76

Eichler, M. et al. (2014): Gesamtwirtschaftliche Entwicklungsszenarien bis 2035 sowie Auswirkungen auf Finanzmärkte und Anlagerenditen, Beiträge zur Sozialen Sicherheit, 7/14, Bern.

69

Im Hinblick auf die Finanzierung der beruflichen Vorsorge ist die Anpassung des Mindestumwandlungssatzes das richtige Mittel, um zu einer korrekten Anwendung des Kapitaldeckungsverfahrens zurückzufinden. Dieses beruht auf dem Grundsatz, dass für die Auszahlung einer Leistung in Rentenform ein entsprechendes Kapital vorhanden sein muss. Dieses Kapital wird während der aktiven Phase der versicherten Person gebildet. Bis zu seinem Verbrauch wird es an den Finanzmärkten angelegt, wo es Erträge abwirft. Der Kapitalertrag wird deshalb auch als «dritter Beitragszahler» (neben der versicherten Person und dem Arbeitgeber) bezeichnet.

Da der Mindestumwandlungssatz insbesondere bezüglich der künftigen Zinsentwicklung mit relativ grossen Unsicherheiten verbunden ist, soll der Bundesrat ihn öfter als heute überprüfen. Nach den geltenden gesetzlichen Bestimmungen des BVG unterbreitet der Bundesrat der Bundesversammlung alle zehn Jahre einen Bericht über die Festsetzung des Mindestumwandlungssatzes für die nachfolgenden Jahre. Diese Periode soll auf fünf Jahre reduziert werden. Damit wird auch einem vom Nationalrat im Juni 2010 angenommenen Postulat entsprochen.77

2.2.2

Übersicht und Tendenzen in Bezug auf den Umwandlungssatz

Umhüllende Vorsorgeeinrichtungen können in Anwendung des Anrechnungsprinzips tiefere Umwandlungssätze als den Mindestumwandlungssatz vorsehen, sofern die gesetzlichen Mindestleistungen garantiert sind. Der Ständerat hat Ende 2013 ein Postulat akzeptiert, das zu diesem Thema Fragen stellt.78 Zur Beantwortung dieser Fragen hat die Oberaufsichtskommission Berufliche Vorsorge (OAK BV) im Auftrag des BSV eine spezifische Umfrage bei rund 1200 registrierten Vorsorgeeinrichtungen durchgeführt, welche nachfolgende Resultate lieferte: Zum Zeitpunkt des ordentlichen Rentenalters der Versicherten wenden heute 7 Prozent der Vorsorgeeinrichtungen (74) bei Männern und 9 Prozent der Vorsorgeeinrichtungen (103) bei Frauen einen Umwandlungssatz von unter 6 Prozent an.

Einen Umwandlungssatz von 6 Prozent wenden 4 Prozent der befragten Vorsorgeeinrichtungen (42) bei Frauen und 5 Prozent der Vorsorgeeinrichtungen (59) bei Männern an. Die Befragung zeigt auf, dass die Mehrheit der Vorsorgeeinrichtungen die Renten mit einem Umwandlungssatz von über 6 Prozent berechnen. Konkret wenden 87 Prozent der Vorsorgeeinrichtungen (993) bei Frauen bzw. 88 Prozent (1005) bei Männern einen Umwandlungssatz von über 6 Prozent an.

In Bezug auf die Anzahl Versicherte ergibt sich folgendes Bild: Bei rund 85 000 Männern (4 %) und 70 000 Frauen (4 %) werden die Renten mit einem Umwandlungssatz berechnet, der tiefer als 6 Prozent liegt. Ein Umwandlungssatz von 6 Prozent wird bei 25 000 Männern (1 %) und bei 10 000 Frauen (1 %) angewandt.

Dies bedeutet, dass bei 90 Prozent der Versicherten die Berechnung der Rente mit einem Umwandlungssatz von über 6 Prozent erfolgt.

Die Tendenz geht jedoch in Richtung einer Senkung des Umwandlungssatzes. So sind gemäss Angaben entsprechende Anpassungen bei den befragten Vorsorgeeinrichtungen geplant. Insgesamt wollen 43 Prozent der untersuchten Vorsorgeeinrich77 78

70

Postulat 10.3057 Parmelin Guy. «BVG-Umwandlungssatz. Weiteres Vorgehen».

Postulat 13.3834 Egerszegi Christine «Berufliche Vorsorge. Auswirkungen der Änderung des Umwandlungssatzes».

tungen (525) mit rund 1,1 Millionen Versicherten (52 %) eine Reduktion des Umwandlungssatzes anstreben.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass zwar nur eine Minderheit der Vorsorgeeinrichtungen aktuell bereits einen Umwandlungssatz von 6 Prozent oder weniger anwendet. Eine Tendenz ist jedoch vorhanden, dies künftig zu tun. Konkret wenden umhüllende Vorsorgeeinrichtungen bereits heute tiefere Umwandlungssätze an.

2.2.3

Ausgleichsmassnahmen

Um das BVG-Leistungsniveau zu erhalten, braucht es Ausgleichsmassnahmen.

Andernfalls führt die Anpassung des Mindestumwandlungssatzes auf 6,0 Prozent zu einem Rückgang des Leistungsniveaus in der Grössenordnung von 12 Prozent. Eine solche Einbusse wäre nicht zu vertreten, zumal die Erhaltung des Rentenniveaus auf dem heutigen Stand zu den Hauptzielen der Reform gehört. Die Anpassung des Mindestumwandlungssatzes wird daher langfristig durch einen Ausbau des Sparprozesses und damit der Finanzierung der beruflichen Vorsorge kompensiert. Dazu sind die in den folgenden Ziffern beschriebenen Massnahmen geplant.

2.2.3.1

Verzicht auf den Koordinationsabzug

Als erste langfristige Ausgleichsmassnahme für die Anpassung des BVGMindestumwandlungssatzes wird auf den Koordinationsabzug verzichtet. Gleichzeitig wird nicht mehr vom «koordinierten Lohn», sondern vom «versicherten Lohn» gesprochen.

Aktuell entspricht der Koordinationsabzug in der obligatorischen beruflichen Vorsorge 7/8 der maximalen Altersrente der AHV (2014: 24 570 Franken). Der Koordinationsabzug wird auf jedem einzelnen Lohn vollständig abgezogen und zwar unabhängig vom Beschäftigungsgrad. Eine Person, die für nur einen Arbeitgeber arbeitet, ist somit nicht gleich versichert, wie wenn sie zum insgesamt gleichen Lohn für mehrere Arbeitgeber arbeiten würde. Übt eine Person zwei Tätigkeiten zu je 50 Prozent aus und verdient sie dabei zweimal 40 000 Franken pro Jahr (d.h. insgesamt 80 000 Franken), so wird ein Koordinationsabzug von 24 570 Franken von beiden Löhnen in Abzug gebracht. Dadurch verfügt die Person über zwei versicherte BVGLöhne von 15 430 Franken (40 000 Franken minus 24 570 Franken), das heisst einen versicherten Gesamtlohn von 30 860 Franken. Würde sie den gleichen Lohn von 80 000 Franken bei einem einzigen Arbeitgeber verdienen, so würde ihr BVGversicherter Jahreslohn 55 430 Franken betragen. Teilweise sehen Vorsorgeeinrichtungen in ihren Reglementen deshalb einen nach Beschäftigungsgrad gewichteten Koordinationsabzug vor.

Mit dem Verzicht auf den Koordinationsabzug werden die Nachteile des heute fixen Abzuges für Teilzeitbeschäftigte sowie für Personen mit tiefen Löhnen oder Mehrfachbeschäftigungen behoben. Rund 7 Prozent der Erwerbsbevölkerung üben zwei oder mehr Erwerbstätigkeiten aus. 34,7 Prozent der Erwerbsbevölkerung arbeiten Teilzeit, davon mehrheitlich Frauen mit 58,6 Prozent gegenüber 14,3 Prozent bei den Männern. Mit dieser Massnahme wird somit den neuen Realitäten Rechnung getragen. Unabhängig davon, ob das Einkommen bei einem oder mehreren Arbeitgebern erzielt wird, verfügt die Person mit einem AHV-pflichtigen Lohn von 80 000 71

Franken also immer über den gleichen versicherten Lohn und hat folglich einen besseren Versicherungsschutz als bisher. Von der Systemänderung werden insbesondere Frauen profitieren. Damit wird zudem das Ziel eines vom Ständerat im Juni 2013 angenommenen Postulats und einer vom Nationalrat im Oktober 2012 angenommen Motion der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit erfüllt.79 Eine gewisse Koordination zwischen den Leistungen der 2. und der 1. Säule bleibt auch mit dem Verzicht auf den Koordinationsabzug bestehen, nämlich insofern, als die BVG-Eintrittsschwelle (vgl. Ziff. 2.4.3.2) verhindert, dass Personen mit einem ausreichenden Schutz der 1. Säule in die obligatorische 2. Säule aufgenommen werden.

2.2.3.2

Anpassung der Altersgutschriftensätze

Die BVG-Altersgutschriften werden derzeit jährlich in Prozenten des koordinierten Lohnes und somit unter Berücksichtigung des Koordinationsabzugs berechnet.

Als zweite langfristige Ausgleichsmassnahme werden die Sätze der Altersgutschriften, die während einer vollständigen Erwerbskarriere gesamthaft geäufnet werden, so weit angepasst, wie dies unter Berücksichtigung des Verzichts auf den Koordinationsabzug für die Erhaltung des Leistungsniveaus notwendig ist. Dabei wird die altersmässige Abstufung der Gutschriften etwas abgeflacht. Mit der neuen Staffelung entfallen die Mehrkosten der beruflichen Vorsorge der über 55-jährigen Personen gegenüber denjenigen der Altersgruppe zwischen 45 und 54 Jahren. Diese Abflachung soll die Beschäftigung älterer Arbeitnehmer begünstigen. Auf der anderen Seite hat die Anpassung der Altersgutschriften für die über 54-jährigen Personen zur Folge, dass das Leistungsniveau nicht erhalten werden kann. Dieser Ausgleich muss durch die Massnahmen für die Übergangsgeneration (vgl. Ziff. 2.2.3.3) übernommen werden. Folgende Staffelung des versicherten Lohnes ohne Koordinationsabzug ist vorgesehen: Tabelle 2-12 Altersgutschriften in Prozenten Alter

Gegenwärtiger Gutschriftensatz in Prozent des koordinierten Lohnes

25­34 35­44 45­54 55­Referenzalter Total

79

72

Neuer Gutschriftensatz in Prozent des versicherten Lohnes

7,0 10,0 15,0 18,0

5,0 9,0 13,0 13,0

500,0

400,0

Postulat 12.3318 Fetz Anita «Angemessene berufliche Vorsorge auch für Angestellte in Berufen mit typischerweise mehreren Arbeitgebern»; 12.3974 Mo. Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit SGK NR «Vorsorgeschutz von Arbeitnehmenden mit mehreren Arbeitgebern oder mit tiefen Einkommen».

Obwohl die neuen Gutschriftensätze tiefer sind als die aktuellen, werden die Altersgutschriften betragsmässig höher ausfallen. Denn die neuen Gutschriftensätze berechnen sich auf einem versicherten Lohn ohne Koordinationsabzug.

Beide Massnahmen zusammen (Verzicht auf den Koordinationsabzug und Erhöhung der Gesamt-Altersgutschriften) ermöglichen es trotz Anpassung des Mindestumwandlungssatzes, zusammen mit der 1. Säule das verfassungsmässige Ziel einer Ersatzquote von 60 Prozent zu erreichen.

Vereinzelt wird eine noch stärkere Abflachung der Altersgutschriften gefordert, so auch in einem Postulat80, das Ende 2012 vom Nationalrat verabschiedet wurde. Wie der Bundesrat in seiner Stellungnahme festhält, wäre der Übergang zu stärker abgeflachten Altersgutschriften mit sehr hohen Kosten verbunden. Die neue Regelung würde für jüngere Versicherte sofort gelten, gleichzeitig müsste für ältere Versicherte weiterhin die alte Regelung angewandt werden, um ihre Vorsorge nicht zu schmälern. Bei einer kompletten Abflachung könnten die effektiven Mehrkosten mit bis zu einer Milliarde Franken pro Jahr während 20 Jahren zu Buche schlagen.

Die hier vorgeschlagene Lösung ist deshalb vorzuziehen. Mit der neuen Staffelung entfallen die Mehrkosten der beruflichen Vorsorge der über 55-jährigen Personen und es werden erhebliche weitere Mehrkosten vermieden.

Wie nachfolgende Tabelle zeigt, wird mit den langfristigen Ausgleichsmassnahmen bei einer vollständigen Versicherungsdauer von 40 Jahren trotz Anpassung des Mindestumwandlungssatzes bei Erreichen des Referenzalters dasselbe Niveau der Altersrente erreicht wie heute: Tabelle 2-13 Vergleich BVG-Altersrente ohne Reform/mit Reform der Altersvorsorge 2020 in Franken Altersrente im Alter 65 ohne Reform

Maximaler koordinierter/versicherter Lohn Total Altersgutschriften in % des koordinierten/versicherten Lohns Total Altersguthaben Mindestumwandlungssatz Altersrente

Altersrente im Alter 65 mit Reform

59 670

84 240

500

400

298 350 6,8 %

336 960 6,0 %

20 288

20 218

Bei der Berechnung wird davon ausgegangen, dass die versicherte Person während der ganzen Ansparphase mit dem maximalen koordinierten bzw. versicherten Lohn versichert ist. Nach geltendem Recht wird eine Altersrente von 20 288 Franken (maximaler koordinierter Lohn im Jahr 2014 von 59 670 Franken × 500 % × 6,8 %, ohne Berücksichtigung von Zinsen, gerundet auf ganze Franken) erreicht. Mit einem Mindestumwandlungssatz von 6 Prozent resultiert unter Berücksichtigung der langfristigen Ausgleichsmassnahmen eine Altersrente von 20 218 Franken (maximaler 80

Postulat 12.3731 Vitali Altbert «Benachteiligungen im BVG abschaffen».

73

versicherter Lohn von 84 240 Franken × 400 % × 6 %, ohne Berücksichtigung von Zinsen, gerundet auf ganze Franken).

2.2.3.3

Massnahme für die Übergangsgeneration

Die oben beschriebenen langfristigen Ausgleichsmassnahmen erlauben den Erhalt des Leistungsniveaus und kompensieren die Auswirkungen der Anpassung des Mindestumwandlungssatzes. Von diesen Massnahmen profitieren insbesondere junge Versicherte sowie Personen mit relativ niedrigem Einkommen, deren versicherter Lohn sich durch den Verzicht auf den Koordinationsabzug wesentlich erhöht. Für ältere Versicherte (sog. Übergangsgeneration) wirken die langfristigen Ausgleichsmassnahmen hingegen nicht genügend, weshalb für die Erhaltung des Leistungsniveaus eine zusätzliche Massnahme notwendig ist. Zur Übergangsgeneration gehören Personen, die bei Inkrafttreten der Vorlage das 40. Altersjahr vollendet haben.

Im Bereich der Altersleistungen sieht die Massnahme vor, dass bei Beginn des Rentenbezugs das Altersguthaben in einem Umfang erhöht wird, dass auch mit dem neuen Mindestumwandlungssatz der Nominalwert der Rente, berechnet nach den aktuell geltenden Bestimmungen, erhalten bleibt. Da das BVG heute nur Altersleistungen im ordentlichen Rentenalter garantiert, wird die Einmalzahlung nur im Falle eines Rentenbezugs im Referenzalter geleistet. Die im Referenzalter garantierten Leistungen werden jedoch auch bei einer Pensionierung nach diesem Alter sichergestellt. Dem Sonderfall der Frauen, deren Referenzalter sich erhöht, wird dabei entsprechend Rechnung getragen.

Die Einmalzahlung versteht sich als ergänzende Massnahme, mit der eine noch bestehende Differenz ausgeglichen werden soll. Da diese Massnahme der Erhaltung der BVG-Renten auf dem heute bestehenden Niveau dient, wird auf die in Kapitalform bezogenen Anteile der Altersleistung keine Einmalzahlung gewährt.

Grundsätzlich sind zwei verschiedene Lösungen für die Finanzierung der Einmalzahlungen dieser Massnahme denkbar: ­

Eine «zentralisierte» Lösung: Bei dieser Lösung sind die für die Ausgleichsmassnahme erforderlichen finanziellen Mittel über eine zentrale Stelle zu steuern. Diese richtet den Vorsorgeeinrichtungen entsprechende Zuschüsse aus, welche dem Altersguthaben der berechtigten Versicherten gutgeschrieben werden. Zur Finanzierung der Zuschüsse werden bei den unterstellten Vorsorgeeinrichtungen die notwendigen Beiträge erhoben. Es besteht also eine Art Solidarität.

­

Eine «dezentrale» Lösung: Die Vorsorgeeinrichtungen können die Finanzierung der Einmalzahlungen, die den Altersguthaben der berechtigten Versicherten gutgeschrieben werden müssen, selbstständig organisieren.

Aus den unter Ziffer 2.2.6 (Dezentrale Lösung zugunsten der Übergangsgeneration) erörterten Gründen wurde die dezentrale Lösung zugunsten einer zentralisierten Lösung verworfen. Nur mittels einer zentralisierten Lösung kann sichergestellt werden, dass die notwendigen finanziellen Mittel zur Verfügung stehen, um das Leistungsniveau der Altersvorsorge für die Übergangsgeneration zu erhalten. Es ist somit von zentraler Bedeutung, an dieser Lösung festzuhalten. Dabei wird der Sicherheitsfonds als zentrale Stelle diese neue Aufgabe übernehmen und die ent74

sprechenden Zuschüsse ausrichten. Die Zuschüsse werden mittels Beiträgen von allen registrierten Vorsorgeeinrichtungen nach dem Rentenwertumlageverfahren finanziert. Ein solches Vorgehen ist in der 2. Säule nicht neu, denn der Sicherheitsfonds richtet bereits heute Zuschüsse an Vorsorgeeinrichtungen mit ungünstiger Altersstruktur aus. Er wird die bei den Vorsorgeeinrichtungen derzeit erhobenen Beiträge erhöhen müssen. Die Vorsorgeeinrichtungen können die Beiträge an den Sicherheitsfonds auf die Versicherten und die Arbeitgeber abwälzen.

Diese Massnahme ist auf eine Übergangszeit von rund 25 Jahren beschränkt (bis alle Personen, die bei Inkrafttreten der vorliegenden Vorlage 40 Jahre und älter sind, pensioniert sind). In der Regel sind solche Übergangsfristen kürzer, aus der Überlegung, dass Übergangsregelungen, die sich überlappen, vermieden werden sollten.

Soll das Leistungsniveau jedoch auch für die Übergangsgeneration gesichert werden, ist eine Frist wie vorgeschlagen notwendig.

Analog sind auch Todesfall- und Invaliditätsleistungen garantiert. Der Sicherheitsfonds richtet jedoch hierzu keine Zuschüsse aus, und die Vorsorgeeinrichtungen müssen die Garantie selbst finanzieren, indem sie angemessene Risikobeiträge festlegen.

Zur Berechnung der entsprechenden Ansprüche werden alle an der Durchführung der obligatorischen Versicherung teilnehmenden Vorsorgeeinrichtungen für ihre Versicherten, welche zur Übergangsgeneration gehören, zwei Schattenrechnungen führen müssen: Schattenrechnung «neues BVG» Bei Inkrafttreten des Bundesgesetzes über die Reform der Altersvorsorge 2020 werden die Parameter für die Führung der Schattenrechnung an die Gesetzesänderungen und insbesondere an den neu definierten versicherten Lohn, die neuen Altersgutschriften und die neuen Mindestumwandlungssätze angepasst.

Schattenrechnung «altes BVG» Diese Schattenrechnung wird nach Inkrafttreten der vorliegenden Vorlage mit den bisherigen Parametern weitergeführt, das heisst mit dem bisherigen Koordinationsabzug und Mindestumwandlungssatz sowie mit den bisherigen Altersgutschriftensätze. Eine spezielle Regelung wird hierzu infolge der schrittweisen Erhöhung des Referenzalters der Frauen notwendig sein.

Die Führung von zwei Schattenrechnungen ist für die betroffenen Vorsorgeeinrichtungen zwar mit einem gewissen administrativen
Mehraufwand verbunden, dieser dürfte sich aber aufgrund der heutigen technischen Möglichkeiten in Grenzen halten.

Die Schattenrechnung «altes BVG» muss so lange geführt werden, wie die Massnahme für die Übergangsgeneration notwendig ist.

Bei Eintritt eines entsprechenden Versicherungsfalles muss die Vorsorgeeinrichtung die Rente gemäss der Schattenrechnung «altes BVG» bestimmen und sie mit der reglementarischen Rente (bzw. der Rente gemäss Schattenrechnung «neues BVG») vergleichen. Ist die Rente nach der Schattenrechnung «altes BVG» höher als die reglementarische (bzw. als die Rente gemäss Schattenrechnung «neues BVG»), so wird die Differenz ausgeglichen, im Falle der Altersrente mittels Zuschuss vom Sicherheitsfonds an die Vorsorgeeinrichtung. Der Zuschuss entspricht dem Barwert der Rentendifferenz. Dieser Barwert wird vom Sicherheitsfonds nach den vom Bundesrat einheitlich festgelegten versicherungstechnischen Regeln bestimmt. Der 75

Zuschuss kann dabei vom erforderlichen Betrag abweichen, den die Vorsorgeeinrichtung auf der Basis ihrer eigenen technischen Grundlagen errechnet. Für Invaliditäts- oder Hinterlassenenrenten wird die Differenz mittels angemessener, von den Vorsorgeeinrichtungen festzulegender Risikobeiträge finanziert.

Im Freizügigkeitsfall ist der Stand der Schattenrechnung «altes BVG» der neuen Vorsorge- oder Freizügigkeitseinrichtung mitzuteilen, sodass die Informationen zur Ermittlung der Leistungsgarantie bzw. eines allfälligen Anspruchs vom Sicherheitsfonds erhalten bleiben.

Um ungerechtfertigte Zuschüsse des Sicherheitsfonds, beispielsweise im Falle von gesplitteten Vorsorgelösungen, zu vermeiden, wird in der Verordnung vom 22. Juni 199881 über den Sicherheitsfonds BVG (SFV) eine geeignete Lösung vorzusehen sein.

Wie unter Ziffer 2.2.5 ausgeführt, werden die zur Finanzierung der Zuschüsse des Sicherheitsfonds erhobenen Beiträge in den ersten vier Jahren ansteigen, danach rund zehn Jahre relativ stabil bleiben, daraufhin zurückgehen und schliesslich ganz entfallen. Während der stabilen Phase dürften die Beiträge bei rund 0,15 Prozent der versicherten Löhne liegen. Bei der Festsetzung der Beiträge wird dem Umstand Rechnung getragen, dass der Sicherheitsfonds ab Inkrafttreten der Massnahme über genügend finanzielle Mittel verfügen muss, um diese auch finanzieren zu können.

Um alle, vorwiegend technischen Aspekte zu regeln, wird der Bundesrat in der SFV festlegen, wann und in welcher Höhe eine Vorsorgeeinrichtung Anspruch auf Zuschüsse für die Übergangsgeneration geltend machen kann.

Zur Veranschaulichung der Ausgleichsmassnahmen sollen die nachfolgenden Berechnungsbeispiele dienen.

Berechnungsbeispiel für die Wirkung der Ausgleichsmassnahmen und der Massnahme für die Übergangsgeneration Tabelle 2-14 Beispiele mit einem AHV-Jahreslohn von 84 240 Franken Alter bei Inkrafttreten der Änderung

Altersguthaben im Alter 65 (ohne Zinsen) Status quo

Mit Reform

Differenz

Status quo

Mit Reform, aber ohne Zuschuss

A B C D

298 350 298 350 298 350 298 350

300 456 310 460 328 536 336 960

2 106 12 110 30 186 38 610

20 288 20 288 20 288 20 288

18 027 18 628 19 712 20 218

55 Jahre 50 Jahre 40 Jahre 25 Jahre

BVG-Altersrente mit 65

Zuschuss Sicherheitsfonds (Einmalzahlung)

Verbesserung der Rente durch Zuschuss

37 674 27 671 9 594 ­

+2 260 +1 660 + 576 ­

Der Verzicht auf den Koordinationsabzug bewirkt eine Erhöhung des BVGversicherten Jahreslohnes von 59 670 Franken auf 84 240 Franken. Gleichzeitig werden die Gutschriftensätze reduziert. Für eine versicherte Person, die bei Inkrafttreten der Reform 50 Jahre alt ist (Beispiel B), vergrössert sich damit das Altersguthaben bei der Pensionierung um insgesamt 12 110 Franken. Ohne die Reform betrüge die BVG-Altersrente 20 288 Franken (298 350 × 6,8 %). Die Rente muss in 81

76

SR 831.432.1

dieser Höhe erhalten bleiben. Dafür ist ein Zuschuss des Sicherheitsfonds von 27 671 Franken ([310 460 + 27 671] × 6,0 % = 20 288) notwendig.

Tabelle 2-15 Beispiele mit einem AHV-Jahreslohn von 55 000 Franken Alter beim Inkrafttreten der Änderung

Altersguthaben im Alter 65 (ohne Zinsen) Status quo

Mit Reform

Differenz

Status quo

Mit Reform, aber ohne Zuschuss

A B C D

152 150 152 150 152 150 152 150

168 876 181 804 204 266 220 000

16 726 29 654 52 116 67 850

10 346 10 346 10 346 10 346

10 133 10 908 12 256 13 200

55 Jahre 50 Jahre 40 Jahre 25 Jahre

BVG-Altersrente mit 65

Zuschuss VerbesseSicherheits- rung der fonds Rente (Einmal- durch zahlung) Zuschuss

3 561 ­ ­ ­

+214 ­ ­ ­

Der Verzicht auf den Koordinationsabzug bewirkt eine Erhöhung des BVGversicherten Jahreslohnes von 30 430 Franken auf 55 000 Franken. Gleichzeitig werden die Gutschriftensätze gesenkt. Für eine versicherte Person, die bei Inkrafttreten der Reform 50 Jahre alt ist (Beispiel B), vergrössert sich damit das Altersguthaben bei der Pensionierung um 29 654 Franken. Ohne Reform betrüge die BVGAltersrente 10 346 Franken (152 150 × 6,8 %). Die Rente muss in dieser Höhe erhalten bleiben. Der Sicherheitsfonds hat in diesem Fall keinen Zuschuss zu leisten, weil die neue Rente höher ist.

Der Verzicht auf den Koordinationsabzug als langfristige Ausgleichsmassnahme wirkt bei tieferen Einkommen stärker als bei höheren. Mit anderen Worten ist die Zunahme des Altersguthabens bei tieferen Einkommen ausgeprägter. Folglich erübrigen sich hier Zuschüsse durch den Sicherheitsfonds rascher. Gegenüber heute wird also die Vorsorge für tiefere Einkommen verbessert.

In den meisten Fällen wird die ausbezahlte reglementarische Altersrente grösser sein als die BVG-Altersrente gemäss Schattenrechnung. Dies reduziert den Bedarf an Zuschüssen durch den Sicherheitsfonds, wie die folgenden beiden Beispiele zeigen: Tabelle 2-16 Beispiel A aus Tabelle 2-14 mit reglementarischer Altersrente Altersrente mit 65 gemäss

Zuschuss Sicherheitsfonds (Einmalzahlung)

Verbesserung der Rente durch Zuschuss Schattenrechnung «altes BVG»

Schattenrechnung «altes BVG»

Schattenrechnung «neues BVG»

Reglement der Vorsorgeeinrichtung

Aa

20 288

18 027

19 000

21 467

1 288

Ab

20 288

18 027

24 000

­

­

Im Beispiel Aa beträgt die reglementarische Altersrente 19 000 Franken und ist somit kleiner als die Altersrente gemäss Schattenrechnung «altes BVG» (20 288 Franken). Die Rente muss in dieser Höhe erhalten bleiben. Dafür ist ein Zuschuss des Sicherheitsfonds in der Höhe von 21 467 Franken (19 000 + 21 467 × 6,0 % = 20 288) notwendig. Dieser Betrag ist kleiner als im ursprünglichen Beispiel A

77

(37 674 Franken), weil die reglementarische Altersrente grösser ist als die Altersrente gemäss Schattenrechnung «neues BVG» (18 027 Franken).

Im Beispiel Ab ist die reglementarische Altersrente sogar grösser als die Altersrente gemäss Schattenrechnung «altes BVG». Deshalb ist in diesem Fall kein Zuschuss des Sicherheitsfonds notwendig.

2.2.4

Überblick über die Ausgleichsmassnahmen

Wie bezüglich des Umwandlungssatzes (vgl. Ziff. 2.2.2), hat die OAK BV im Auftrag des BSV untersucht, ob und wenn ja welche Ausgleichsmassnahmen Vorsorgeeinrichtungen bei der Senkung der reglementarischen Umwandlungssätze ergriffen haben. Dazu wurde per Ende 2013 eine spezifische Umfrage bei ausgewählten Vorsorgeeinrichtungen durchgeführt (ca. 215 Milliarden Franken Anlagevermögen).

Insgesamt sieht ein Drittel der befragten Vorsorgeeinrichtungen als Ausgleichsmassnahme die Erhöhung der Altersgutschriften vor. Ein weiteres Drittel hat einen Ausgleich mittels einer einmaligen Erhöhung des Altersguthabens vorgenommen, welche durch Rückstellungen oder freie Mittel finanziert wurde. Andere Massnahmen, wie die Erhöhung des Rentenalters, die zusätzliche Finanzierung durch den Arbeitgeber oder die Massnahme, den Sparprozess vorzuverlegen, wurden lediglich durch eine Minderheit vorgeschlagen. Ein weiteres Drittel sieht keine Ausgleichsmassnahmen vor.

Daraus lässt sich schliessen, dass diejenigen Vorsorgeeinrichtungen, die Ausgleichsmassnahmen ergriffen haben, mehrheitlich die Stärkung des Sparprozesses in irgendeiner Form bevorzugen. Die hier vorgeschlagenen langfristigen Ausgleichsmassnahmen gehen in die gleiche Richtung.

2.2.5

Finanzielle Auswirkungen der Anpassung des Mindestumwandlungssatzes und der Ausgleichsmassnahmen

Mit der vorliegenden Reform werden die gesetzlichen Mindestleistungen angepasst.

Die registrierten Vorsorgeeinrichtungen sind aber in der Gestaltung der Leistungen und der Regelung der Finanzierung in bestimmten Grenzen frei. Voraussetzung ist immer, dass sie mindestens die im BVG vorgesehenen Leistungen erbringen (gesetzliche Minimalvorsorge). Ein Grossteil der Vorsorgeeinrichtungen verfügt aber über überobligatorische Leistungspläne. So haben viele Vorsorgeeinrichtungen den Umwandlungssatz bereits angepasst oder die Sparbeiträge erhöht oder sie sehen in ihren Reglementen einen nach Beschäftigungsgrad gewichteten Koordinationsabzug vor. Für diese Vorsorgeeinrichtungen fallen die gesetzlichen Kosten in einem kleineren Umfang oder überhaupt nicht an. Diese um die überobligatorische Vorsorge bereinigten Kosten werden als «effektive Kosten» ausgewiesen. Bei den langfristigen Ausgleichsmassnahmen betragen die geschätzten effektiven Kosten 47 Prozent der gesetzlichen Kosten.

78

Tabelle 2-17 Effektive Kosten der Ausgleichsmassnahmen Beträge in Millionen Franken, zu Preisen von 2014 Jahr

2019 2020 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2028 2029 2030

Langfristige Ausgleichsmassnahmen

Ausgleichsmassnahme für die Übergangsgeneration In Millionen Franken

In Prozent der versicherten Lohnsumme

2300 2310 2310 2320 2320 2320 2330 2340 2340 2340 2340 2350

70 150 240 340 350 360 370 370 380 390 380 360

0,03 0,06 0,10 0,14 0,14 0,15 0,15 0,15 0,15 0,15 0,15 0,14

Total

2370 2460 2550 2660 2670 2680 2700 2710 2720 2730 2720 2710

Die Kosten der langfristigen Ausgleichsmassnahmen liegen zwischen 2,3 und 2,35 Milliarden Franken. In diesen Zahlen sind die Auswirkungen auf die Risikobeiträge enthalten. Die Belastung durch die langfristigen Ausgleichsmassnahmen verändert sich im Zeitverlauf nicht wesentlich. Anders sieht dies bei der Ausgleichsmassnahme für die Übergangsgeneration aus. Die starke Zunahme zwischen 2019 und 2022 hängt mit der schrittweisen Anpassung des Mindestumwandlungssatzes zusammen. Ab dem Jahr 2022 beträgt dieser konstant 6,0 Prozent. Deshalb erhöhen sich die Kosten ab diesem Zeitpunkt nicht mehr stark. Die Steigerung von 340 Millionen im Jahr 2022 auf 390 Millionen im Jahr 2028 ist einerseits auf die Erhöhung des durchschnittlichen Altersguthabens bei Rentenbeginn (bis 2025 befindet sich das BVG immer noch in der Aufbauphase, erst danach werden die neuen Altersrentner und Altersrentnerinnen einen vollständigen Sparprozess ab Alter 25 durchlaufen haben) und andererseits auf die leichte Zunahme der Anzahl Neurentner und Neurentnerinnen zurückzuführen. Einen bremsenden Effekt auf die Kosten der Ausgleichsmassnahme für die Übergangsgeneration haben die langfristigen Ausgleichsmassnahmen. Weil sie die Anpassung des Mindestumwandlungssatzes umso mehr zu kompensieren vermögen, je länger sie in Kraft sind, wird sich der Bedarf an Ausgleichsmassnahmen für die Übergangsgeneration ab 2025 stabilisieren und nach 2028 kontinuierlich abnehmen. Die ausgewiesenen Kosten in Prozent der versicherten Lohnsumme zeigen auf, wie hoch der Beitragssatz zugunsten des Sicherheitsfonds sein muss, um die Zuschüsse zu finanzieren.

Die Anzahl der Altersrücktritte wird von rund 70 000 im Jahr 2020 auf rund 90 000 im Jahr 2030 ansteigen. Es werden aber nur bei einem kleinen Teil davon Zuschüsse des Sicherheitsfonds fällig. Erstens besteht kein Anspruch bei einem Bezug der Altersleistung vor dem Referenzalter und zweitens sind auch Kapitalbezüge ausgeschlossen. Zudem erhalten nur Versicherte einen Zuschuss, die von der Anpassung des Mindestumwandlungssatzes tatsächlich betroffen sein werden, also nur solche, 79

deren Altersrente im Bereich des BVG-Minimums liegt. Insgesamt führt dies dazu, dass bei weniger als 20 Prozent der Altersrücktritte (gemessen am BVG-Altersguthaben) ein Zuschuss des Sicherheitsfonds geleistet werden muss.

Durch die Ausgleichsmassnahmen werden sich die reglementarischen Beiträge der aktiven Versicherten und der Arbeitgeber um rund fünf Prozent erhöhen.

2.2.6

Geprüfte, aber verworfene Massnahmen

Vorverlegung des Beginns des Sparprozesses Gemäss geltender Regelung beginnt die obligatorische Versicherung für das Alter am 1. Januar nach Vollendung des 24. Altersjahres. Als weitere Ausgleichsmassnahme für die Anpassung des Mindestumwandlungssatzes wurde die in einem Postulat82 verlangte Möglichkeit der Vorverlegung des Beginns des Sparprozess geprüft. Eine erste Variante hätte den Beginn des Sparprozesses auf den 1. Januar nach Vollendung des 17. Altersjahres, eine zweite Variante auf den 1. Januar nach Vollendung des 20. Altersjahres festgelegt.

Durch die Vorverlegung des Beginns des Sparprozesses auf das 18. Altersjahr würde eine Harmonisierung zur AHV geschaffen: Neu würde die Beitragspflicht für Erwerbstätige sowohl in der AHV wie auch in der beruflichen Vorsorge ab dem 18. Altersjahr beginnen. Auch wenn der Sparprozess nicht auf das 18., sondern auf das 21. Altersjahr vorverlegt würde, ergäbe sich noch eine gewisse Harmonisierung mit der AHV, da zu diesem Zeitpunkt die Beitragspflicht der AHV unabhängig von der Ausübung einer Erwerbstätigkeit beginnt.

Diese Massnahme hat sich zum Ausgleich der Anpassung des Mindestumwandlungssatzes als nur beschränkt geeignet erwiesen: 80 Prozent der 18-Jährigen und 40 Prozent der 21-Jährigen befinden sich noch in Ausbildung und erzielen kein BVG-pflichtiges Erwerbseinkommen oder aber ein für die Unterstellung unter die berufliche Vorsorge erforderliches Einkommen, das indessen sehr tief ist.83 Die Massnahme würde folglich nur bedingt und nur für einen Teil der Jugendlichen zu einem vorgezogenen Aufbau von Altersguthaben führen. Auch ist sie nur beschränkt geeignet, da sie nur für Personen greift, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Reform der Altersvorsorge 2020 jünger als 25 Jahre alt sind. Für künftige Anpassungen des Mindestumwandlungssatzes könnte sie aber ein höheres Potenzial für die Erhaltung des Leistungsniveaus haben, da durch den frühen Beginn der Äufnung von Altersguthaben der Zinseszinseffekt länger zum Tragen kommt.

In Anbetracht der dargelegten Vor- und Nachteile wurde die Massnahme für diese Vorlage verworfen.

82 83

80

Postulat 12.3811 Fraktion BD «Pensionskasse. Altersleistungen durch früheres Sparen sichern».

BFS, Lernende und Studierende: Schulbesuchsquoten nach Alter, 2011/2012 (www.bfs.admin.ch > Themen > 15 Bildung, Wissenschaft > Bildungssystem > Detaillierte Daten > Schüler/innen und Studierende > Lernende nach Bildungsstufe und Bildungstyp 2011/2012.

«Sicheres BVG» Eine ebenfalls in einem Postulat84 verlangte Alternativlösung zur Anpassung des Mindestumwandlungssatzes auf 6 Prozent könnte darin bestehen, die gesetzlichen Mindestleistungen, die direkt von den Vorsorgeeinrichtungen finanziert werden müssen, zu beschränken und den Überschuss an den Sicherheitsfonds zu überweisen. Konkret würden die Vorsorgeeinrichtungen von der Pflicht befreit, die gesetzlichen Mindestleistungen direkt zu finanzieren, sobald der oder die Begünstigte ein gewisses Alter (z.B. 90, 85 oder 80 Jahre) erreicht hat. Diese Leistungen würden dann vom Sicherheitsfonds übernommen. Die Leistungen würden zwar weiterhin von den Vorsorgeeinrichtungen ausgerichtet, diese würden aber entsprechende Zuschüsse erhalten. Finanziert würden die Zuschüsse mit Prämien, die bei den Vorsorgeeinrichtungen erhoben werden. Damit würde die Finanzierung indirekt durch die Vorsorgeeinrichtungen erfolgen.

Währenddem die 2. Säule bisher weitgehend im Kapitaldeckungsverfahren finanziert wird, liegt der vorgeschlagenen Alternative ein anderes Prinzip zugrunde.

Die hauptsächlichen Vorteile dieser Alternativlösung wären die Folgenden: geringere Abhängigkeit vom Kapital, sofortige Einführbarkeit, kein Bedarf an Ausgleichsmassnahmen und eine flexible Anpassung an die neuen Parameter. Wichtigste Nachteile sind die fehlenden Einsparungen (ein Franken Leistung kostet immer einen Franken, egal in welchem System, die Lasten würden lediglich zeitlich anders verteilt), eine wachsende, unkontrollierbare Finanzierung, ein gefährdeter Risikoausgleich und administrative Erschwernisse.

Durch die Umlagefinanzierung wäre die Alternativlösung zwar anfangs günstiger, auf lange Sicht aber teurer. Was nicht sofort bezahlt wird, müsste später nachgeholt werden, auf die Gefahr hin, dass die notwendigen Mittel fehlen. Dieses Risiko würde auf jüngere Generationen überwälzt werden. Vergleiche haben gezeigt, dass diese Alternativlösung rund 25­30 Jahre nach Inkrafttreten der vorliegenden Vorlage teurer als die vorgeschlagenen Massnahmen wäre. Es erscheint nicht wünschenswert und nicht gerechtfertigt, die Kosten für heute entrichtete Leistungen auf spätere Generationen abzuwälzen. In Anbetracht der aufgelisteten Vor- und Nachteile ist die Alternativlösung kein gangbarer Weg. Die bestehenden Probleme bei der Festlegung des
Mindestumwandlungssatzes müssen über eine vollständige Kapitalisierung der versicherten Leistungen gelöst werden. Nur so kann die Finanzierung der beruflichen Vorsorge ganz im Sinne der künftigen Generationen nachhaltig gesichert werden.

System mit variablen Renten Eine weitere Alternativlösung bestünde in der Aufteilung der Altersrente in eine fixe und eine variable Rente, wie dies ein weiteres Postulat85 verlangt. Der fixe Rentenanteil würde dabei vorsichtig festgelegt. Die variable Rente würde aufgrund der mehrjährigen Marktperformance definiert, d.h. bei einer positiven Performance könnte zusammen mit dem fixen Teil ein variabler Teil ausgerichtet werden, auch für laufende Renten. Dadurch würden Rentnerinnen und Rentner an den Anlageerträgen beteiligt.

84 85

Postulat 12.4211 Fehr Jacqueline «12.4211 Sichere Renten in der obligatorischen zweiten Säule».

Postulat 13.3462. FDP-Liberale Fraktion «Sicherstellung der finanziellen Stabilität und Planbarkeit in der obligatorischen zweiten Säule».

81

Ein solches System mit variablen Renten könnte jedoch die für eine Sozialversicherung notwendige Leistungsgarantie nicht erbringen und somit den Erhalt der Leistungen nicht sichern. Rentnerinnen und Rentner müssen sich in einer Sozialversicherungen auf feste und voraussehbare Leistungen verlassen können. Dies ist eine zentrale Voraussetzung für das Vertrauen der Versicherten in die berufliche Vorsorge. Überdies ist zu berücksichtigen, dass die Bundesverfassung für die 1. und die 2. Säule ein Leistungsziel vorsieht, welches durch die Einführung von variablen Renten gefährdet sein könnte.

Kein gesetzlich festgelegter Mindestumwandlungssatz Eine andere Alternative wäre, den Mindestumwandlungssatz nicht im Gesetz festzuschreiben, sondern dem freien Ermessen der Vorsorgeeinrichtung zu überlassen.

Diesbezüglich sind drei parlamentarische Vorstösse zu erwähnen, die entweder die Herauslösung des Mindestumwandlungssatzes und des Mindestzinssatzes aus dem BVG fordern oder für beide Parameter eine Formel im Gesetz festschreiben wollen.86 Die parlamentarische Initiative wird derzeit in einer parlamentarischen Kommission diskutiert. Die Motionen wurden im September 2013 vom Nationalrat angenommen und müssen noch vom Ständerat behandelt werden.

In Bezug auf den Vorschlag, dem Bundesrat die Kompetenz zur Festlegung des Mindestumwandlungssatzes zu übertragen, ist zu beachten, dass dieser Zinssatz erst vor Kurzem im Rahmen der 1. BVG-Revision aus der Verordnung herausgelöst und ins Gesetz übernommen wurde. Dies ist aus zwei Gründen sinnvoll: einerseits, weil der Mindestumwandlungssatz eine zentrale Grösse für die Berechnung der Mindestleistungen in der beruflichen Vorsorge ist und somit eine wichtige Garantiefunktion hat, andererseits, weil er auf der gleichen Gesetzesebene geregelt wird wie die Ausgleichsmassnahmen im Falle einer Anpassung. Die Festschreibung einer Formel oder Methode zur Anpassung des Mindestumwandlungssatzes hat sich als ungeeignet erwiesen, da weder für die Festlegung des technischen Zinssatzes noch für die Bestimmung der versicherungstechnischen Grundlagen (Sterblichkeitstafeln) unstrittige wissenschaftliche Grundlagen vorhanden sind. Sinnvoll bleibt hingegen die Überprüfung des Mindestumwandlungssatzes alle fünf Jahre, wie im vorliegenden Entwurf vorgeschlagen.

Dezentrale Lösung zugunsten
der Übergangsgeneration Der Ständerat hat im September 2013 ein Postulat angenommen, das den Bundesrat mit der Prüfung einer dezentralen Finanzierung beauftragt.87 Der Hauptvorteil der vorgeschlagenen zentralen Lösung (vgl. Ziff. 2.2.3.3) liegt darin, dass das Ziel der Erhaltung des Leistungsniveaus garantiert erreicht wird. Die mit dieser Lösung einhergehende Solidarität sorgt dafür, dass jede und jeder Versicherte tatsächlich einen Zuschuss bekommt, sofern dies zur Sicherstellung des Niveaus der Altersrente erforderlich ist. Sie kann hingegen den Nachteil haben, dass sie Vorsorgeeinrichtungen finanziell belastet, die nicht von der Problematik des 86

87

82

Iv. pa. 12.414 Bortoluzzi Toni «Herauslösung der technischen Parameter aus dem BVG».

Motion 11.3778 FDP-Liberale Fraktion «Berufliche Vorsorge. Mindestzinssatz entpolitisieren».

Motion 11.3779 FDP-Liberale Fraktion «Berufliche Vorsorge. Mindestumwandlungssatz entpolitisieren».

Postulat 13.3518 Gutzwiller Felix «Dezentrale Finanzierung für die Übergangsgeneration im Rahmen der BVG-Reform».

gegenwärtig zu hohen Mindestumwandlungssatzes betroffen sind, weil sie zum Beispiel überobligatorische Leistungen versichern und das Anrechnungsprinzip anwenden.

Eine dezentrale Lösung belastet hingegen nicht alle Vorsorgeeinrichtungen, sondern nur diejenigen, die aufgrund ihres Vorsorgeplans die Mindestleistungen gemäss BVG versichern oder nur einen kleinen überobligatorischen Teil vorsehen. Diese Einrichtungen wären aber nicht alle in der Lage, die Kosten für die Erhaltung des Leistungsniveaus zu tragen. Je nach Altersstruktur ist die Überwälzung der Kosten auf die noch aktiven Versicherten nicht möglich, und die Arbeitgeber verfügen oft nicht über die notwendigen finanziellen Mittel, um entsprechende Zuwendungen zu entrichten.

Mit einer dezentralen Lösung kann dieses wichtige Anliegen somit nicht erfüllt werden. Nur eine zentralisierte Lösung wird dieser Aufgabe gerecht und kann die notwendige Sicherheit bieten, dass für die betroffenenVersicherten auch ein entsprechender Zuschuss bereit steht. Dazu braucht es eine gewisse Solidarität der umhüllenden Vorsorgeeinrichtungen gegenüber solchen, die nur die Mindestleistungen gemäss BVG versichern oder nur einen kleinen überobligatorischen Teil vorsehen.

2.2.7

Erstellen transparenter statistischer Grundlagen

Die beiden entscheidenden Grössen für die Festsetzung des Umwandlungssatzes sind die Lebenserwartung und der technische Zinssatz.

Die Lebenserwartung wird von den Vorsorgeeinrichtungen auf der Grundlage von Sterbetafeln festgelegt, die von privaten Dienstleistungsunternehmen herausgegeben werden. Darauf kann nur nach Bezahlung einer erheblichen Lizenzgebühr zugegriffen werden, was in Widerspruch zum Postulat transparenter Grundlagen für die Gesetzgebung steht. Das BFS soll daher die Möglichkeit erhalten, gezielte versicherungstechnische Grundlagen zu erstellen.

Eine neue gesetzliche Grundlage wird deshalb das BFS beauftragen, bei den Vorsorgeeinrichtungen Erhebungen durchzuführen, die zur Ausarbeitung neuer versicherungstechnischer Grundlagen notwendig sind. Nach der Auswertung der erhobenen Daten werden den Vorsorgeeinrichtungen statistische Grundlagen für die technischen Aspekte ihrer Verwaltung zur Verfügung gestellt. Dadurch kann auch die Gesetzgebung, insbesondere in Bezug auf den Mindestumwandlungssatz, transparenter gestaltet werden. Die Machbarkeit wurde in einem Expertenbericht88 aufgezeigt.

88

«Machbarkeitsstudie: Versicherungstechnische Grundlagen für die berufliche Vorsorge», Aon Hewitt, Deprez et Libera, Juli 2014.

83

2.3

Institutionelle Massnahmen in der beruflichen Vorsorge

­

Der Ertrag aus dem Geschäft der 2. Säule wird mit einem neuen Schlüssel zwischen Versicherten und Lebensversicherern aufgeteilt.

­

Missbräuchliche Risikoprämien für Invalidität und Tod werden nicht akzeptiert und die FINMA verstärkt die entsprechenden Kontrollen.

Institutionelle Massnahmen bezeichnen hier Massnahmen im Zusammenhang mit der Funktion der Lebensversicherer im Markt der beruflichen Vorsorge. Diese Funktion ist wichtig. Einerseits übernehmen sie einen Teil der Risiken für teilautonome Vorsorgeeinrichtungen, andererseits organisieren sie über versicherungsnahe Sammeleinrichtungen die gesamte berufliche Vorsorge für viele kleine und mittlere Unternehmen (Vollversicherung). Die Zahl der aktiven Versicherten gemäss Offenlegungsbericht der FINMA betrug per Ende 2013 rund 1,7 Millionen, die Zahl der Rentenbezügerinnen und -bezüger rund 236 000. Die Summe der technischen Rückstellungen belief sich zum selben Zeitpunkt auf rund 154 Milliarden Franken, das Prämienvolumen im Jahr 2013 auf rund 24 Milliarden Franken.89 Diese Funktionen sollen die privaten Lebensversicherer weiterhin wahrnehmen können. Da sie dies jedoch im Bereich der Sozialversicherung tun, sind hohe Anforderungen zu erfüllen.

Hierzu zählt die Errichtung eines separaten gebundenen Vermögens, einer eigenen Betriebsrechnung, bestimmte Transparenzforderungen, die Genehmigung von Tarifen und Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) sowie Bestimmungen zur Verteilung der erwirtschafteten Überschüsse zwischen Versicherten und Lebensversicherern.

Im Rahmen der 1. BVG-Revision bzw. der parallel dazu laufenden Revision der entsprechenden privatversicherungsrechtlichen Bestimmungen wurden auf den 1. April 2004 besondere Transparenzbestimmungen mit der Mindestquote und der gesonderten Betriebsrechnung als Kernpunkte in Kraft gesetzt (Art. 37­39 des Versicherungsaufsichtsgesetzes vom 17. Dezember 200490 [VAG]). Die politischen Diskussionen der letzten Jahre haben gezeigt, dass in gewissen Bereichen weiterhin ein gewisses Optimierungspotenzial besteht, das mit den im Folgenden dargelegten Anpassungen der Bestimmungen im Versicherungsaufsichtsrecht ausgeschöpft werden soll.

2.3.1

Überschussbeteiligung der Versicherten und Mindestquote

Mit der Mindestquote wird bestimmt, wie das Betriebsergebnis zwischen den Lebensversicherern und den Versicherten aufgeteilt werden soll. Nach geltendem Recht beträgt die Mindestquote 90 Prozent. Das heisst, dass mindestens 90 Prozent aller Erträge, beziehungsweise mindestens 90 Prozent der Einnahmen, den Versicherten zugute kommen. Damit entfallen höchstens 10 Prozent auf die Lebensversi89 90

84

«Berufliche Vorsorge bei Lebensversicherungsunternehmen. Offenlegung der Betriebsrechnung 2013», www.finma.ch > Beaufsichtigte > Versicherer > Betriebsrechnung BV.

SR 961.01

cherer. Die anteilmässige Überschussbeteiligung an die Versicherten kann in Form von Leistungen, zusätzlichen technischen Rückstellungen oder als an rückversicherte Vorsorgeeinrichtungen ausbezahlte Überschüsse erfolgen. Die zusätzlichen technischen Rückstellungen sind kollektiv geäufnete Mittel, die der Vorkehrung unvorhergesehener und in der ordentlichen Tarifierung nicht geplanter künftiger finanzieller Ereignisse dienen (z.B. späterer Anstieg der Langlebigkeit). Der Saldo der Versicherungserträge nach Abzug des Anteils der Lebensversicherer wird Ausschüttungsquote genannt (mindestens 90 %); dieser Saldo wird dem Versicherungsaufwand, das heisst sämtlichen Kosten, gegenübergestellt. Die Differenz zwischen diesen beiden Beträgen ist der Gesamtsaldo. Dieser geht nicht zwingend direkt an die Versicherten (über den Überschussfonds), sondern muss prioritär dazu dienen, die verschiedenen erforderlichen technischen Rückstellungen zu bilden und die Kosten eines möglichen zusätzlichen Risikokapitals zu decken.

Der Bundesrat erlässt dazu die Grundlagen für die Ermittlung der Überschussbeteiligung sowie die Grundsätze der Verteilung der ermittelten Überschussbeteiligung (Art. 37 Abs. 3 VAG). Er hat sich grundsätzlich für die ertragsbasierte Methode und nur in sehr guten Anlagejahren für die ergebnisbasierte Methode entschieden.

Die Mindestquote wurde mit Inkrafttreten des VAG auf 90 Prozent festgelegt und blieb seither unverändert. In den letzten sieben Jahren betrug die tatsächliche Ausschüttungsquote zugunsten der Versicherten durchschnittlich 96,2 Prozent. Unter Auslassung des Krisenjahres 2008, in dem die Ausschüttungsquote weit über 100 Prozent lag, beträgt sie immer noch durchschnittlich 92,1 Prozent. Um den Erfahrungen Rechnung zu tragen, wurde die Höhe der Mindestquote einer Überprüfung unterzogen. Zu diesem Zweck wurden ein Expertengutachten und eine «second opinion» in Auftrag gegeben (vgl. Ziff. 1.8). Aufgrund der gewonnenen Erkenntnisse sieht die Vorlage eine Erhöhung der Mindestquote von 90 auf 92 Prozent vor.

Dem Bundesrat wird die Kompetenz übertragen, die Mindestquotensätze auf mindestens 90 Prozent zu reduzieren, sofern gewisse Voraussetzungen erfüllt sind (vgl.

Ziff. 3.15).

2.3.2

Risikoprämien

In Artikel 37 VAG wird das Geschäft der beruflichen Vorsorge der Versicherungsunternehmen geregelt. Unter anderem sind die Versicherungsunternehmen gehalten, eine getrennte jährliche Betriebsrechnung für die berufliche Vorsorge zu führen (Art. 37 Abs. 2 VAG). Auf Gesetzesstufe werden inhaltliche Vorgaben festgelegt.

Namentlich regelt Artikel 37 Absatz 2 Buchstabe b VAG die Prämien, welche in Spar-, Risiko- und Kostenprämien aufgeteilt werden müssen.

Gemäss Artikel 142 der Verordnung vom 9. November 200591 über die Beaufsichtigung von privaten Versicherungsunternehmen (AVO) wird die Überschusszuweisung auf der Grundlage der Betriebsrechnung ermittelt. Dabei sind die Erfolgspositionen nach Spar-, Risiko- und Kostenprozess aufzuteilen. Der Sparprozess beinhaltet die Äufnung des Altersguthabens, die Umwandlung der Altersguthaben in Altersrenten und die Verwaltung der Altersrenten. Der Ertrag besteht im Sparprozess aus den erzielten Nettokapitalanlageerträgen.

91

SR 961.011

85

Der Risikoprozess beinhaltet die Auszahlungen und Verwaltung von Todesfall- und Invaliditätsleistungen (in Form von Kapitalleistungen und Rentenzahlungen) sowie der mit laufenden Altersrenten verbundenen Anwartschaften und der sich daraus ergebenden Hinterbliebenenrenten. Der Ertrag entspricht im Risikoprozess den angefallenen Risikoprämien.

Der Kostenprozess beinhaltet die Aufwendungen für Vertrieb und Bewirtschaftung von BVG-Produkten, einschliesslich der allgemeinen Verwaltungskosten. Der Ertrag entspricht im Kostenprozess den angefallenen Kostenprämien.

Jeder Prozess sollte für sich genommen unter Wahrung des Vorsichtsprinzips ausgeglichen sein, was in der Praxis jedoch nur selten zutrifft. Die Versicherungsunternehmen sind mit den gleichen Rentenumwandlungsverlusten konfrontiert wie die autonomen Vorsorgeeinrichtungen. Es soll deshalb ein Instrumentarium geschaffen werden, das eine transparente Prämiengestaltung für die Versicherungsunternehmen ermöglicht. Zu diesem Zweck soll neben den bestehenden Prämienarten eine weitere Prämie eingeführt werden. Entsprechend soll auch bei den autonomen Vorsorgeeinrichtungen in Artikel 17 des Freizügigkeitsgesetzes vom 17. Dezember 199392 (FZG) die Möglichkeit geschaffen werden, Beiträge zur Finanzierung der Rentenumwandlungsgarantie zu erheben.

Mit der Einführung dieser zusätzlichen Prämienart soll der Rückstellungsbedarf für Rentenumwandlungsverluste, der im Übrigen mit der angestrebten Anpassung des Mindestumwandlungssatzes mit der Zeit abnehmen wird, künftig transparent tarifiert und in entsprechende Prämien umgesetzt werden. Da die Prämienarten in Artikel 37 Absatz 2 Buchstabe b VAG abschliessend aufgeführt werden, muss die Aufzählung in dieser Bestimmung mit einer Rentenumwandlungsgarantieprämie erweitert werden. Auf Verordnungsstufe wird die neu vorgesehene Prämie für die Garantie des Rentenumwandlungssatzes unter den Sparprozess subsumiert.

Mit dieser Massnahme sollte zudem die unbefriedigende Situation bei der Risikoprämie entschärft werden. In diesem Bereich betrug die Schadenquote zwischen 2005 und 2011 rund 57 Prozent des Ertrages, bei einem positiven Saldo im Risikoprozess von durchschnittlich rund 1,3 Milliarden Franken. Kumuliert betrug der positive Saldo im Risikoprozess über die letzten sieben Jahre 8,8 Milliarden Franken. Auch im Jahr
2012 betrug das Nettoergebnis (Bruttoergebnis abzüglich Verstärkungen) 47,8 Prozent des Ertrages. Einen Teil davon verwenden die Versicherungsunternehmen für die Verrechnung mit dem Sparprozess, ein weiterer wird im Rahmen der geltenden Überschussregelung zwischen Versicherten und Versicherern aufgeteilt.

Weiter wird Artikel 37 VAG mit einem Absatz ergänzt, der intransparente Umverteilungen innerhalb des Versichertenbestandes aufgrund ungleicher Kriterien und Gewichtungen bei der Prämienberechnung und der Überschusszuteilung künftig verhindert. Analog der Differenzierung zwischen Verträgen mit gesonderten Einnahmen- und Ausgabenrechnungen und solchen mit Mindestquotenberechtigung sollen Versicherungsunternehmen angehalten werden, Verträge entsprechend der angewandten Tarifierung zu bündeln und die Überschusszuteilung nach denselben Grundsätzen vorzunehmen. Versicherungsereignisse infolge Invalidität und Tod und deren Kosten können trotz der Bildung von Risikoklassen und Erfahrungstarifierung im Voraus nicht genau bestimmt werden. Eine deshalb vorsichtige Tarifierung führt zwangsläufig zu 92

86

SR 831.42

Überschüssen. Entsprechend ist es wichtig, dass denen der Überschuss zufliesst, die diesen durch ihre Prämienzahlung vorfinanziert haben. Werden z.B. Risikoklassen gebildet oder andere Abweichungen vom Tarif erster Ordnung der Prämienberechnung zugrunde gelegt, so sind entsprechende Abrechnungskreise für die Überschussermittlung und Überschusszuteilung zu bilden. Andernfalls besteht die Gefahr der Umverteilung von Überschüssen, denn Abschläge wie Zuschläge können erheblich vom tatsächlichen Schadenverlauf abweichen, sodass einzelne Klassen relativ zu viele und andere zu wenige Prämien zahlen, um denselben Überschuss zu erhalten.

Um die Interessen der Versicherten besser zu schützen, wird zudem der Missbrauchstatbestand präzisiert. Im Rahmen der präventiven Tarifkontrolle hat die FINMA diesen Tatbestand zu überprüfen. Die grundsätzlich freie Prämiengestaltung der Versicherungsgesellschaften sowie die behördliche Prüfungspflicht auf die Solvenz hin bleiben bestehen. Überhöhte Risikoprämien schaden nicht nur nachhaltig dem Vertrauen der Versicherten in die berufliche Vorsorge, sondern sie entziehen den angeschlossenen Unternehmen, in der Regel KMU, Mittel, die diese ansonsten produktiv einsetzen könnten. Es ist deshalb sachgerecht, für die Höhe der Risikoprämien eine klar definierte Obergrenze festzulegen. Artikel 38 Absatz 2 E-VAG setzt diese Obergrenze beim Doppelten der erwarteten Schäden gemäss Schadenstatistik (tatsächlich eingetretene Schäden). Risikoprämien, die aufgrund ihrer Überhöhung eine Risikotragung durch den Lebensversicherer von vornherein ausschliessen, widersprechen dem Versicherungsgedanken.

2.4

Leistungs- und beitragsseitige Massnahmen

2.4.1

Neuregelung der Hinterlassenenrenten in der AHV

Die heutigen Anspruchsvoraussetzungen für eine Witwen- und Waisenrente stammen aus der Zeit der Einführung der AHV (1948) und wurden seither wenig verändert (letztmals 1997 mit der 10. AHV-Revision). Zweck der Witwenrente ist die Existenzsicherung der hinterbliebenen Frau und Mutter. Leitgedanke bei der Schaffung der Witwenrente war die Zumutbarkeit der Aufnahme oder Wiederaufnahme einer Erwerbstätigkeit.93 Bei der Einführung der Hinterlassenenrenten wurde der erweiterte soziale Schutz für Witwen mit der hohen wirtschaftlichen Abhängigkeit der Frau von ihrem Ehemann begründet, aber auch mit den Schwierigkeiten der Frauen beim Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt. Die Witwerrente wurde 1997 mit der 10. AHV-Revision eingeführt: Diese neue Leistung war bereits eine Antwort auf die Veränderungen bei der Aufteilung der Familienaufgaben zwischen den Eheleuten, aber auch ein Schritt in Richtung Gleichbehandlung der Geschlechter. Eine weitergehende Angleichung an die Witwenrenten kam aus finanziellen Gründen nicht in Betracht, schien aber angesichts des nach wie vor verbreiteten traditionellen Rollenverständnisses auch nicht gerechtfertigt.

Gegenwärtig beträgt die Witwen- oder Witwerrente der AHV 80 Prozent, die Waisenrente 40 Prozent der dem massgebenden durchschnittlichen Jahreseinkommen entsprechenden Altersrente.

93

Bericht der Eidgenössischen Expertenkommission für die Einführung der AHV vom 16. März 1945, S. 64 ff., und Botschaft des Bundesrates vom 24. Mai 1946, BBl 1946 II 410 f.

87

Das heutige System, das noch auf dem Leitbild der klassischen Versorgerehe basiert, entspricht dem heutigen Umfeld nicht mehr. Die Aufgabenteilung in der Familie hat sich genauso verändert wie die Arbeitsmarktintegration der Frauen. Unter Berücksichtigung der gesellschaftlichen Veränderungen seit Einführung der Witwen- und Waisenrenten 1948 und der Witwerrente 1997 ist es wichtig, den geänderten Rahmenbedingungen sowie der Herausforderung, die sich infolge der demografischen Entwicklung für die AHV stellt, nun besser Rechnung zu tragen.

2.4.1.1

Zielgerichtete Ausgestaltung der Hinterlassenenleistungen in der AHV

­

Hinterlassenenleistungen sollen nur Personen mit Betreuungspflichten zugutekommen.

­

Die Witwen- und Witwerrenten werden von 80 auf 60 Prozent einer Altersrente gesenkt; im Gegenzug werden die Waisenrenten von 40 auf 50 Prozent angehoben.

­

Laufende Renten sind nicht betroffen.

­

In anderen Sozialversicherungen erfolgen keine Änderungen.

Ein Grossteil der verheirateten Frauen und Mütter tragen heute mit eigenem Erwerbseinkommen gemeinsam mit ihrem Ehepartner zum Familienunterhalt bei. Die ausschliessliche wirtschaftliche Abhängigkeit vom Ehepartner, wenn keine Erziehungsaufgaben wahrgenommen werden müssen, wird immer seltener. Ausserdem ändert sich nach der Kindererziehungsperiode zumeist auch der Beschäftigungsgrad der Eltern, wobei altersbedingte gesundheitliche Probleme diese Entwicklung beeinflussen können. Diese veränderte Rollenteilung soll sich auch nach einer Verwitwung auswirken. Die Zunahme der erwerbstätigen Frauen und die veränderte Rollenverteilung in Familie und Erwerbsleben verlangen einen gezielteren Schutz des Todesfallrisikos.

Zur Beantwortung des Postulats der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrats vom 3. April 2008 «Witwen- und Witwerrenten» (08.3235) wurde in einer breit angelegten Forschungsarbeit94, gestützt auf Steuerdaten aus dem Jahr 2006 aus neun Kantonen (abgeglichen mit Daten aus dem Rentenregister AHV/IV), die wirtschaftliche Stellung von Verwitweten untersucht. Diese Forschungsarbeit zeigte, dass der Verlust der Ehepartnerin oder des Ehepartners nicht zwingend zu einer Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage führt. Grund dafür sind die Hinterlassenenrenten und die immer höhere Erwerbsquote der Frauen. Die Erwerbsbeteiligung der Frauen zwischen 15 und 64 Jahren betrug 1991 rund 68 Prozent. Heute sind rund 77 Prozent der Frauen erwerbstätig, davon gegen 60 Prozent teilzeitlich (fast die Hälfte mit einem Beschäftigungsgrad unter 50 %).

Die Erwerbsbeteiligung der Mütter mit Kindern bis 25 Jahre liegt im gleichen Bereich. Im Vergleich dazu sind rund 89 Prozent der Männer erwerbstätig, davon rund

94

88

Philippe Wanner und Sarah Fall, «La situation économique des veuves et de veufs», 2011, Universität Genf, Laboratoire de démographie et d'études familiales.

87 Prozent vollzeiterwerbstätig. Die Erwerbsbeteiligung der Väter liegt mit rund 96 Prozent etwas höher.

Die Analyse der Einkommen (aus 1., 2. und 3. Säule, Erwerbseinkommen und Vermögen) hat gezeigt, dass eine Verwitwung heutzutage ein gut versichertes Ereignis ist. Im Gegensatz dazu haben eine Scheidung oder eine Trennung deutlich negativere Auswirkungen auf die finanzielle Situation. Auch konnte festgestellt werden, dass ein Einkommen aus beruflicher Tätigkeit einen wichtigen Bestandteil in der Zusammensetzung des Einkommens von Verwitweten darstellt, speziell dann, wenn keine Kinder zu betreuen sind. Der Fokus für eine Witwenrente liegt daher künftig weniger auf dem Zivilstand «verwitwet» als vielmehr auf den als Folge der familiären Aufgaben eingeschränkten Erwerbsmöglichkeiten. Eine Witwenrente der AHV rechtfertigt sich daher für verheiratete Frauen, welche ihre Erwerbstätigkeit zwecks Kinderbetreuung nie reduzieren oder aufgeben mussten, nicht mehr.

2.4.1.2

Schrittweise Aufhebung des Anspruchs auf Witwenrente von Frauen ohne Kinder

Nach heutigem Recht haben verwitwete Frauen, die keine Kinder haben, Anspruch auf eine Witwenrente, wenn sie beim Tod des Ehemanns das 45. Altersjahr bereits zurückgelegt haben und während mindestens fünf Jahren verheiratet gewesen sind.

Ebenso haben geschiedene Frauen ab Alter 45 Anspruch auf eine Witwenrente, wenn die Ehe mindestens zehn Jahre gedauert hat. Bei kinderlosen Paaren ist der Anspruch auf eine Witwenrente demzufolge ausschliesslich an das Alter und die Dauer der Ehe gebunden.

Das Alter kann für einige Frauen auch heute noch ein Hindernis bei der Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt darstellen, nicht so die Dauer der Ehe. Solange die Witwe keine Erziehungsaufgaben wahrnehmen muss, ist die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit zum Ausgleich der finanziellen Einbussen zumutbar. Der Rentenanspruch für kinderlose Personen soll daher aufgehoben werden. Verheiratete Paare ohne Kinder müssen künftig zusätzliche Möglichkeiten für die Vorsorge im Todesfall ins Auge fassen. Nebst der Erwerbstätigkeit sind auch Todesfallleistungen aus der 2. und der 3. Säule möglich. Um jedoch altersbedingten Schwierigkeiten bei der Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt Rechnung zu tragen, muss die Aufhebung schrittweise mittels Übergangsbestimmungen erfolgen.

Kinderlose Witwen, deren Anspruch auf eine Hinterlassenenrente schon vor Inkrafttreten der vorgeschlagenen Änderung bestanden hat, werden von der Neuerung nicht tangiert: Sie behalten die Renten in der Höhe nach bisherigem Recht. Die Umstellung erfolgt schrittweise, indem während der zehn Jahre nach Inkrafttreten der Reform die Witwenrenten stufenweise abgesenkt werden. So wird den betroffenen Personen genügend Zeit eingeräumt, um auf die Änderung reagieren und die eigene Vorsorge im Todesfall entsprechend anpassen zu können. Zudem ist für kinderlose Frauen, die bei Inkrafttreten der Änderung das 50. Altersjahr bereits vollendet haben, eine Übergangsregelung vorgesehen. Erfüllen sie bei der Verwitwung die Voraussetzungen nicht, hätten aber einen Anspruch als kinderlose Frau nach bisherigem Recht gehabt, so erhalten sie eine Witwenrente, die 80 Prozent der entsprechenden Altersrente am 31. Dezember vor Inkrafttreten der Reform entspricht. Diese Betragsgarantie endet erst, wenn die 60-Prozent-Witwenrente infolge der Rentenan-

89

passungen gleich hoch ist wie der Betrag der «eingefrorenen» 80-Prozent-Rente aus dem letzten Jahr vor Inkrafttreten der Reform der Altersvorsorge 2020.

2.4.1.3

Neuregelung für verwitwete Personen mit Kindern und Anpassung des Waisenrentenbetrags

Nach heutigem Recht haben Frauen, die beim Tod des Ehemanns ein oder mehrere Kinder (egal welchen Alters) haben, einen Witwenrentenanspruch in der Höhe von 80 Prozent der entsprechenden Altersrente. Geschiedene Frauen werden einer Witwe unter bestimmten Voraussetzungen gleichgestellt. Witwer sowie geschiedene Männer, deren ehemalige Ehefrau gestorben ist, haben Anspruch auf eine Witwerrente, wenn und solange sie Kinder unter 18 Jahren haben. Personen in einer eingetragenen Partnerschaft erhalten unter den gleichen Voraussetzungen wie Witwer eine Rente, wenn der Partner oder die Partnerin stirbt. Die Witwenrente erlischt mit der Wiederverheiratung oder mit dem Beginn des Anspruchs auf eine Invaliden- oder Altersrente, falls diese höher ist; andernfalls wird sie bis ans Lebensende ausgerichtet.

Gleiches gilt für die Witwerrente, mit Ausnahme, dass diese erlischt, wenn das jüngste Kind das 18. Altersjahr vollendet.

Kinder haben nach dem Tod des Vaters oder der Mutter Anspruch auf eine Waisenrente in der Höhe von 40 Prozent der entsprechenden Altersrente. Der Anspruch auf eine Waisenrente erlischt mit dem 18. Geburtstag oder bei Abschluss der Ausbildung, spätestens jedoch mit dem vollendeten 25. Altersjahr.

Die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Witwen- oder Witwerrente ändern für Personen, die Kinder haben, nicht erheblich. Gegenüber heute soll der Rentenanspruch allerdings auf Personen beschränkt werden, die mindestens ein waisenrentenberechtigtes Kind haben. Mütter, die im Zeitpunkt der Verwitwung mindestens ein waisenrentenberechtigtes Kind haben, erhalten somit wie bisher eine unbefristete Witwenrente.

Hat die Witwe im Zeitpunkt der Verwitwung kein Kind oder kein waisenrentenberechtigtes Kind mehr, dann hat sie künftig keinen Anspruch auf eine Hinterlassenenrente der AHV. Das Gleiche gilt bereits heute für Witwer ohne minderjährige waisenrentenberechtigte Kinder. Im Gegenzug wird der Rentenanspruch ausgeweitet auf Witwen und Witwer, die sich um ein pflegebedürftiges Kind kümmern und aus diesem Grund Anspruch auf Betreuungsgutschriften der AHV haben.

Die hauptsächliche Änderung liegt in der Anpassung der Höhe der an die Hinterlassenen ausgerichteten Renten. Die Höhe der Witwen- und Witwerrente wird von 80 auf 60 Prozent der entsprechenden Altersrente reduziert, gleichzeitig wird die
Waisenrente von 40 auf 50 Prozent der entsprechenden Altersrente erhöht. Die Senkung des Niveaus der Witwen- und Witwerrenten und die gleichzeitige Erhöhung von jenem der Waisenrenten erlauben es, das heutige Rentenniveau von Haushalten mit mehreren Kinder zu garantieren. Ab zwei Kindern wird nämlich die Reduktion der Witwen- oder Witwerrente vollständig durch die gleichzeitige Erhöhung der Waisenrenten kompensiert. Im Falle von allfälligen finanziellen Lücken kann die Senkung der Rentenhöhe ab dem Zeitpunkt, in welchem der Anspruch auf die Waisenrente erlischt, mittels einer Erhöhung oder Wiederaufnahme der Erwerbstätigkeit ausgeglichen werden. In einigen Fällen wird diese Reduktion auch durch Hinterlassenenleistungen der beruflichen Vorsorge oder einer privaten Versicherung kompen90

siert. Die betroffene Übergangsgeneration dieser Witwen und Witwer mit waisenrentenberechtigten Kindern kann während einer Übergangszeit mit einer Betragsgarantie rechnen: Die Witwen- und die Witwerrente werden bis zu 80 Prozent der entsprechenden Altersrente am 31. Dezember vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes über die Reform der Altersvorsorge 2020 erhöht, wenn die sich nach neuem Recht ergebende Summe aus Witwen- und Waisenrente tiefer liegt als nach bisherigem Recht. Dies betrifft Witwen und Witwer mit nur einem Kind: Sie wären mit der vorgeschlagenen Regelung benachteiligt, weil die Senkung der Witwen-/Witwerrente (um 20 %) nicht mit der Erhöhung der Waisenrente (um 10 %) kompensiert werden kann, wie dies bei Haushalten mit zwei und mehr Kindern der Fall sein wird (vgl. Ziff. 3.6, Übergangsbestimmungen Bst. c zu Witwen-, Witwer- und Waisenrenten, Abs. 2).

Hat die Frau zum Zeitpunkt der Verwitwung kein waisenrentenberechtigtes Kind mehr oder der Mann kein minderjähriges waisenrentenberechtigtes Kind, so entsteht neu kein Anspruch auf eine Hinterlassenenrente der AHV. Diese Umstellung erfolgt schrittweise innert zehn Jahren nach dem Inkrafttreten dieser Vorlage, kombiniert mit einer Übergangsregelung für Frauen, die bei Inkrafttreten das 50. Altersjahr bereits vollendet haben. Für die betroffenen Witwen, die nach bisherigem Recht einen Rentenanspruch gehabt hätten, gilt die analoge Übergangsregelung wie für Witwen ohne Kinder (vgl. Ziff. 2.4.1.2).

Witwen, Witwer und Waisen, deren Anspruch auf eine Hinterlassenenrente schon vor Inkrafttreten der Änderung bestanden hat, werden von der vorgeschlagenen Neuerung nicht tangiert: Sie behalten die Renten in der Höhe nach bisherigem Recht.

2.4.1.4

Finanzielle Auswirkungen der neuen Regelung

Die nachfolgende Tabelle zeigt die finanziellen Auswirkungen der neuen Regelung sowie die Kosten der Übergangsregelung.

Tabelle 2-18 Ausgabenreduktion durch die Neuregelung bei den Hinterlassenenleistungen Beträge in Millionen Franken, zu Preisen von 2014 Jahr

Ohne Übergangsregelung

Kosten der Übergangsregelung

Gesamte Reduktion der Ausgaben

2019 2020 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027

­79 ­157 ­237 ­303 ­375 ­428 ­492 ­532 ­586

39 118 188 247 293 328 353 366 369

­40 ­39 ­49 ­57 ­82 ­100 ­138 ­166 ­217

91

Jahr

Ohne Übergangsregelung

Kosten der Übergangsregelung

Gesamte Reduktion der Ausgaben

2028 2029 2030

­614 ­659 ­674

360 343 314

­253 ­316 ­359

Da die laufenden Renten nicht von der Änderung betroffen sind, werden die Auswirkungen der neuen Regelung nur anhand der Neurenten beurteilt. 2012 wurden rund 10 500 neue Witwen- und Witwerrenten und 5300 Waisenrenten zugesprochen.

Die Zahl der Neurenten ist seit mehreren Jahren stabil und kann deshalb als Richtgrösse für die Zukunft herangezogen werden. In der folgenden Tabelle ist die Struktur der Neurenten gemäss den Statistiken 2012 für die verschiedenen Kategorien ersichtlich: Tabelle 2-19 Anzahl Neurenten nach Rentenregister 2012 Anzahl Neurenten

Witwenrenten für Frauen ohne Kind oder ohne Waisenrente

8 582

Witwenrenten für Frauen mit Kind(ern)

1 619

Witwerrenten

323

Waisenrenten

5 338

Total

15 862

Die Reduktion der Witwen- oder Witwerrente und die gleichzeitige Erhöhung der Waisenrenten gelten für alle Neurenten, die nach Inkrafttreten der Reform gewährt werden. Sie betreffen 1500 Witwen, 290 Witwer und 5000 Waisen.

Nach Anlaufen der Übergangsphase werden 1100 Neurenten für kinderlose Witwen sowie 6500 Neurenten für Witwen mit volljährigen und somit nicht mehr waisenrentenberechtigten Kindern entfallen.

2.4.1.5

Beibehaltung der Regelung im BVG

In der obligatorischen beruflichen Vorsorge sind Witwen und Witwer gleichgestellt.

Dem überlebenden Ehemann oder der überlebenden Ehefrau steht eine Rente zu, wenn er oder sie für den Unterhalt mindestens eines Kindes aufkommen muss oder älter als 45 Jahre ist und die Ehe mindestens fünf Jahre gedauert hat.

Bei der Versicherung von Eheleuten bestehen gewisse Unterschiede zwischen der 1. und der 2. Säule. Während in der 1. Säule alle Personen in einer einheitlich geordneten gleichen «Einrichtung» versichert sind, sind Eheleute sowie eingetragene Partner oder Partnerinnen für die berufliche Vorsorge in der Regel in verschiedenen Vorsorgeeinrichtungen und in verschiedenen Vorsorgeplänen versichert. Nur wenn die Ehe durch Scheidung oder die eingetragene Partnerschaft durch eine gerichtliche Auflösung vor dem Vorsorgefall Alter oder Invalidität aufgelöst wird, werden die

92

Vorsorgeansprüche aufgeteilt (Splitting). Damit wird dem Aspekt der wirtschaftlichen Gemeinschaft, die die Ehe und die eingetragene Partnerschaft in unserem Rechtssystem bilden und die bei der Scheidung aufgelöst wird, Rechnung getragen.

Bleibt die Verbindung hingegen bis zum Tod bestehen, erfolgt in der beruflichen Vorsorge kein Splitting. Einzig über Hinterlassenenleistungen erfolgt wirtschaftlich betrachtet ein gewisser Ausgleich. Viele Vorsorgeeinrichtungen sehen auch für unverheiratete, im Konkubinat lebende Personen Hinterlassenenleistungen vor, um den gesellschaftlichen Gegebenheiten besser Rechnung zu tragen.

Eine Aufhebung der Hinterlassenenleistungen beispielsweise bei Ehepaaren und bei Personen in eingetragener Partnerschaft ohne waisenrentenberechtigte Kinder hätte in der 2. Säule ein relativ inkohärentes Resultat: Würde die Gemeinschaft scheitern und müsste sie von einem Gericht aufgelöst werden, so würde dem Aspekt der wirtschaftlichen Gemeinschaft bestmöglich durch das Splitting der Ansprüche Rechnung getragen. Bestünde die Gemeinschaft hingegen bis zum Tod, würden die Partnerinnen oder Partner ohne irgendwelche gegenseitigen Ansprüche aus der beruflichen Vorsorge behandelt, das heisst gleich wie ledige Personen.

Diese Vorlage enthält daher keine Massnahmen im Sinne einer Einschränkung der Ansprüche von Witwen, Witwern oder überlebenden eingetragenen Partnerinnen oder Partnern.

Eine Leistungsverschiebung von der AHV in die 2. Säule aufgrund der Änderung der Anspruchsvoraussetzungen oder der Höhe der Hinterlassenenleistungen dürfte nur sehr selten vorkommen. Überentschädigungskürzungen von Hinterlassenenleistungen gibt es in der beruflichen Vorsorge vorwiegend bei gleichzeitigem Anspruch auf Leistungen der Unfallversicherung oder bei gleichzeitigem Anspruch auf Waisenrenten. Bei gleichzeitigem Leistungsanspruch sowohl der Unfallversicherung als auch der beruflichen Vorsorge ist es primär die Unfallversicherung, die einen fehlenden Anspruch bei der AHV auszugleichen hat.

2.4.1.6

Beibehaltung der Regelung in den anderen Sozialversicherungen

In der Unfallversicherung haben Witwer einen Anspruch, wenn sie rentenberechtigte Kinder haben; für Witwen genügt es, bei der Verwitwung Kinder (egal welchen Alters) zu haben oder über 45-jährig zu sein. An der bisherigen Regelung ändert sich nichts.

2.4.2

Massnahmen zur Gleichbehandlung im Bereich der AHV-Beiträge

­

Selbstständigerwerbende bezahlen für die gleiche Rente gleich hohe Beiträge wie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.

­

Selbstständigerwerbende können Einkäufe in die 2. Säule nicht mehr vom AHV-pflichtigen Einkommen abziehen.

93

Bei den nachfolgend beschriebenen Massnahmen zur Gleichbehandlung im Bereich der AHV-Beiträge geht es schwergewichtig darum, dass bei Erwerbstätigen für den gleichen Risikoschutz und für gleiche Versicherungsleistungen auch Beiträge in gleicher Höhe erhoben werden ­ unabhängig davon, ob die Erwerbstätigkeit im Einzelfall nun als selbstständig oder unselbstständig qualifiziert wird. Eine Gleichbehandlung bei der Beitragsbelastung führt nicht nur zu einer grösseren Akzeptanz bei der Bevölkerung, sondern auch zu einer einfacheren Durchführung der Versicherung.

2.4.2.1

Aufhebung der sinkenden Beitragsskala

Heute kommen die Selbstständigerwerbenden mit Einkommen von unter 56 200 Franken im Jahr in den Genuss der sog. sinkenden Beitragsskala. Der Mindestansatz beträgt in der AHV 4,2 Prozent bei jährlichen Einkommen bis zu 17 100 Franken, der volle Beitragssatz von 7,8 Prozent wird bei jährlichen Einkommen ab 56 200 Franken geschuldet. Die gleiche Abstufung kennen die EO und die IV. Den Unselbstständigerwerbenden im selben Einkommensbereich kommt dieses Privileg nicht zu. Auf ihre Einkommen wird stets der volle Beitragssatz von 8,4 Prozent angewendet. Folglich profitieren die Selbstständigerwerbenden mit tiefen Einkommen von einer überdurchschnittlichen Solidarität der übrigen Personen, die Beiträge an die obligatorische Versicherung leisten. Ursprünglich sollte diese Massnahme die Selbstständigerwerbenden mit wirklich tiefen Einkommen entlasten. Aus heutiger Sicht geht sie am gesetzten Ziel vorbei: Gemäss den Daten zu den Einträgen im individuellen Konto 2008 sind 310 000 Selbstständige verzeichnet, die Beiträge über dem Mindestbeitrag entrichten. Fast 60 Prozent profitieren von der sinkenden Beitragsskala, nur gerade gut 40 Prozent weisen ein über der Obergrenze der sinkenden Skala liegendes Einkommen aus. Im Schnitt werden die Einkommen der Selbstständigerwerbenden somit nur mit 7,22 Prozent belastet. Aufgrund der flexibleren Erwerbsformen kommt es heute häufiger vor, dass hauptberuflich Unselbstständigerwerbende ein selbstständiges Einkommen im Nebenberuf erzielen und damit beitragsmässig bevorzugt behandelt werden, auch wenn sie insgesamt ein hohes Einkommen erzielen. Selbstständigerwerbende haben zudem in einem gewissen Ausmass die Möglichkeit der Einkommenssteuerung (z.B. durch Reservebildung), weshalb von der Einkommenshöhe nicht generell auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit geschlossen werden darf.

Die sinkende Skala steht im Widerspruch zur Rechtsgleichheit. Sie stellt ein Privileg der Selbstständigerwerbenden dar, das sich nicht mehr rechtfertigen lässt.

2.4.2.2

Angleichung des Beitragssatzes

Gegenwärtig beläuft sich der Beitragssatz für Selbstständigerwerbende auf 7,8 Prozent, für Unselbstständigerwerbende auf 8,4 Prozent. Bis 1969 (Inkrafttreten der 7. AHV-Revision95) waren die AHV-Beitragssätze für Selbstständigerwerbende und Unselbstständigerwerbende gleich hoch. Ein wichtiger Grund für die damalige Einführung unterschiedlicher Beitragssätze lag darin, dass sich Selbstständigerwer95

94

AS 1969 111; BBl 1968 I 602

bende keiner Einrichtung der beruflichen Altersvorsorge («zweite Säule») anschliessen konnten. Diese Ausgangslage hat sich inzwischen geändert: Aufgrund des zwischenzeitlich verbesserten Schutzes der Selbstständigerwerbenden hat der Bundesrat verschiedentlich eine Anpassung der Beitragssätze für Selbstständigerwerbende vorgeschlagen (insbesondere im Rahmen der 9. AHV-Revision, der 10. AHVRevision und der Sanierungsmassnahmen 1994, ebenso wie im ersten Anlauf der 11. AHV-Revision).

Bei der Anpassung des AHV-Beitragssatzes geht es um die Gleichstellung der Selbstständigerwerbenden mit den Unselbstständigerwerbenden. In die von den Ausgleichkassen für jede beitragszahlende Person geführten individuellen Konti wird das beitragspflichtige Erwerbseinkommen eingetragen. Diese Einträge sind im Zeitpunkt der Rentenberechnung für die Höhe der Rente von grosser Bedeutung. Die heute unterschiedlichen Beitragssätze für Selbstständige und Unselbstständige führen im Ergebnis dazu, dass die AHV bei gleichem Einkommen den Selbstständigerwerbenden heute dieselben Versicherungsleistungen zu günstigeren Konditionen gewährt als den Unselbstständigerwerbenden. Eine Versicherung sollte indessen für identische Leistungen auch identische Beiträge erhalten.

Die bestehende Differenzierung widerspricht dem Gedanken einer obligatorischen Volksversicherung und dem Solidaritätsprinzip und ist heute angesichts des verbesserten sozialversicherungsrechtlichen Schutzes der Selbstständigerwerbenden nicht mehr gerechtfertigt: Selbstständigerwerbende können sich heute der 2. Säule anschliessen und haben im Rahmen der 3. Säule gar weiter gehende Möglichkeiten als Unselbstständigerwerbende. Seit der Einführung der Mutterschaftsentschädigung im Jahr 2005 werden Selbstständigerwerbende und Unselbstständigerwerbende gleichgestellt, sodass beide Anspruch auf die gleichen Leistungen haben. Mit der Revision des Familienzulagengesetzes vom 24. März 200696 (FamZG), die am 1. Januar 2013 in Kraft getreten ist, wurden ferner den Selbstständigerwerbenden die gleichen Mindestansprüche wie den Arbeitnehmenden gewährt und somit ihre Sozialversicherungsdeckung noch weitergehend verstärkt.

Die AHV ist also die letzte Versicherung, die beim Beitragssatz eine grundsätzliche Unterscheidung kennt. Weder die IV noch die EO kennen bezüglich des Beitragssatzes
eine Vorzugsbehandlung der Selbstständigerwerbenden. Aus Artikel 112 Absatz 3 Buchstabe a BV, wonach die Arbeitgeber die Hälfte der Beiträge der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu übernehmen haben, kann kein Anspruch der Selbstständigerwerbenden auf Abzug eines «virtuellen» Arbeitgeberanteils abgeleitet werden. Der Verfassungsartikel bezweckt nämlich bloss, den Arbeitnehmenden angesichts ihres speziellen Abhängigkeitsverhältnisses einen wirtschaftlichen Mindestschutz zu bieten. Wirtschaftlich ist der Arbeitgeberanteil indes in den globalen Lohnkosten eingeschlossen, was sich auf das Lohnniveau auswirkt.

2.4.2.3

Einkäufe in die 2. Säule

Die Abzugsfähigkeit der persönlichen Einlagen von Selbstständigerwerbenden in Einrichtungen der beruflichen Vorsorge wurde im Zeichen der Gleichbehandlung der Selbstständigerwerbenden mit den Unselbstständigerwerbenden auf den

96

SR 836.2

95

1. Januar 1987 in Artikel 18 Absatz 3 AHVV aufgenommen.97 Im Rahmen der 10. AHV-Revision wurde die Bestimmung materiell unverändert in Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe e AHVG überführt.98 Selbstständigerwerbende können nach Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe e AHVG die «persönlichen Einlagen», die sie für ihre freiwillige berufliche Vorsorge in eine Vorsorgeeinrichtung einbringen, vom rohen Einkommen in Abzug bringen, soweit sie dem üblichen Arbeitgeberanteil entsprechen. Der Begriff der «Einlagen» umfasst laufende Beiträge und Einkäufe. In Bezug auf Einkäufe wird die Bestimmung vom Bundesgericht so interpretiert, dass Selbstständigerwerbende immer 50 Prozent der Einkaufssumme vom rohen Einkommen abziehen können.99 Von der Beitragsfreiheit der Hälfte der Einkaufssummen in die 2. Säule profitieren heute fast ausschliesslich sehr gut verdienende Selbstständigerwerbende. Demgegenüber sind Einkäufe, die Arbeitgeber zugunsten ihrer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vornehmen, nur unter sehr restriktiven Voraussetzungen vom massgebenden Lohn ausgenommen: Sie sind nur dann und so weit abziehbar, als die Arbeitgeber zu deren Leistung nach Reglement oder Statuten der Vorsorgeeinrichtung verpflichtet sind.100 In der Praxis kommt es indessen kaum je vor, dass Arbeitnehmende einen reglementarischen Anspruch auf Einkäufe durch die Arbeitgeber haben. Im Vergleich zu den Unselbstständigerwerbenden sind die Selbstständigerwerbenden somit übermässig privilegiert.

Es wird daher vorgeschlagen, den Abzug Selbstständigerwerbender auf die laufenden Beiträge an Einrichtungen der 2. Säule zu beschränken. Diese zählen weiterhin im Umfang von wenigstens 50 Prozent zum geschäftsmässig begründeten Aufwand101. Einkaufssummen sollen hingegen vom rohen Einkommen nicht mehr abgezogen werden können. Beiträge an die 3. Säule sind im Übrigen auch weiterhin nicht von der AHV-Beitragserhebung ausgenommen.102

2.4.2.4

Finanzielle Auswirkungen der Massnahmen zur Gleichbehandlung im Bereich der AHV-Beiträge

Die nachfolgende Tabelle 2-20 zeigt die Veränderung der Beitragseinnahmen aufgrund der Aufhebung der sinkenden Beitragsskala und der Anpassung des Beitragssatzes in ihrer zeitlichen Entwicklung.

97 98 99 100 101 102

96

ZAK 1987 S. 5 ff.

BBl 1990 II 1 81 151 BGE 136 V 16 Art. 8 Bst. a AHVV sowie AHI 2004 S. 253; BGE 137 V 321 E. 3.1 S. 328, 133 V 556 ZAK 1987 S. 5 f.; Art. 66 Abs. 1 BVG BGE 115 V 337

Tabelle 2-20 Verbesserung der Einnahmen durch die Aufhebung der sinkenden Beitragsskala und die Anpassung des Beitragssatzes Beträge in Millionen Franken, zu Preisen von 2014 Jahr

Sinkende Skala

Beitragssatz

Total

2019 2020 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2028 2029 2030

113 116 117 118 120 121 122 123 124 125 126 127

152 154 156 157 159 161 162 164 165 167 168 170

266 270 273 276 279 281 284 287 289 292 294 297

Die Aufhebung der sinkenden Beitragsskala und die Anhebung der Beiträge um 0,6 Prozentpunkte für Selbstständigerwerbende bringen im Jahr 2030 Mehreinnahmen für die AHV von 297 Millionen Franken. Die Aufhebung der sinkenden Beitragsskala bringt ebenso der IV Mehreinnahmen von 21 Millionen Franken und der EO Mehreinnahmen von 8 Millionen Franken.

Betreffend Neuregelung der Einkäufe Selbstständigerwerbender in die 2. Säule (vgl.

Ziff. 2.4.2.3) hat eine Auswertung der von den Steuerverwaltungen der Kantone Zürich, Bern, Luzern und Genf für die Steuerperiode 2010 (BE: Steuerperiode 2011) gelieferten Zahlen ergeben, dass Selbstständigerwerbende Einkäufe in die 2. Säule im Umfang von rund 300 Millionen Franken getätigt haben. Dabei wurde auch festgestellt, dass nur gut 3 Prozent aller Selbstständigerwerbenden solche Einkäufe getätigt haben und dass das Durchschnittseinkommen dieser Personen rund viermal höher ist als das Durchschnittseinkommen aller Selbstständigerwerbenden. Mit den vier erwähnten Kantonen wird knapp die Hälfte aller Selbstständigerwerbenden in der Schweiz (inkl. Landwirte) abgedeckt. Gestützt darauf wird für die ganze Schweiz eine jährlich Einkaufssumme von rund 700 Millionen Franken geschätzt.

Da die Hälfte dieser Einkaufssumme vom beitragspflichtigen Erwerbseinkommen abgezogen werden kann, entgehen der AHV, der IV und der EO insgesamt etwas mehr als 30 Millionen Franken im Jahr.

97

2.4.3

Massnahmen zur Verbesserung der beruflichen Vorsorge

­

Personen mit tiefen Einkommen, mit mehreren Arbeitgebern und Teilzeitbeschäftigte erhalten einen besseren Versicherungsschutz der beruflichen Vorsorge.

­

Wer im Pensionierungsalter ein Freizügigkeitsguthaben hat, kann in jedem Fall eine Rente beanspruchen.

2.4.3.1

Ältere Arbeitslose

Wer wenige Jahre vor Erreichen des Referenzalters die Stelle verliert, verliert damit in vielen Fällen auch den Anspruch auf eine lebenslängliche Altersrente der 2. Säule. Findet die versicherte Person keine neue Stelle und führt sie die Versicherung in der beruflichen Vorsorge nicht freiwillig gestützt auf Artikel 47 BVG weiter, so muss sie ihre Austrittsleistung auf eine Freizügigkeitseinrichtung übertragen lassen. Sie kommt später nicht in den Genuss einer Altersrente der beruflichen Vorsorge, da Freizügigkeitseinrichtungen ihre Leistungen fast ausnahmslos in Kapitalform erbringen. Zur Verbesserung des Vorsorgeschutzes betroffener Personen sind deshalb zwei Massnahmen vorgesehen.

Ausdehnung der freiwilligen Versicherung Als Massnahme für ältere Arbeitslose und für Personen, die kurz vor dem frühestmöglichen Alter für den Bezug von Altersleistungen aus der obligatorischen beruflichen Vorsorge ausscheiden, wird die Möglichkeit des steuerlichen Abzuges von Beiträgen an die freiwillige Versicherung nach Artikel 47 BVG verlängert. Nach steuerlicher Praxis wird heute für die freiwillige Versicherung nach Aufgabe der Erwerbstätigkeit der Steuerabzug für eine Dauer von zwei Jahren zugelassen. Übersteigt die Versicherung von Personen, die kein entsprechendes Erwerbseinkommen erzielen, die Dauer von zwei Jahren, dann sieht die steuerliche Praxis den Grundsatz von Artikel 1 Absatz 2 BVG verletzt, wonach der in der beruflichen Vorsorge versicherte Lohn das in der AHV beitragspflichtige Einkommen nicht übersteigen darf.

Die freiwillige Versicherung während Zeiten, in denen kein Erwerbseinkommen erzielt wird, steht tatsächlich in einem gewissen Widerspruch zu Artikel 1 Absatz 2 BVG. Der Gesetzgeber möchte diese Möglichkeit der Weiterversicherung nach Artikel 47 BVG allerdings ausdrücklich beibehalten. Denn insbesondere für Personen, die wenige Jahre vor dem Mindestalter für den Bezug von Altersleistungen die Stelle verlieren, stellt die freiwillige Versicherung die einzige Möglichkeit dar, ihr Altersguthaben kontinuierlich weiter aufzubauen und später in den Genuss einer lebenslänglichen Rente der beruflichen Vorsorge zu kommen. Personen, die zwischen der Vollendung des 58. und des 60. Altersjahres entlassen werden, sollen die berufliche Vorsorge deshalb bis zum Mindestalter für den Bezug von Altersleistungen
weiterführen und die dafür geleisteten Beiträge von den Steuern in Abzug bringen können. Für jüngere Personen und solche, die freiwillig frühzeitig aus dem Erwerbsleben ausscheiden, erscheint eine zeitliche Beschränkung der Abzugsfähigkeit von Beiträgen für die freiwillige Versicherung weiterhin gerechtfertigt (vgl.

hierzu auch Erläuterungen zu Artikel 81b E-BVG). Auch Personen, die bei der 98

Entlassung bereits 60 Jahre alt sind, sollen unverändert während zwei Jahren die Beiträge für die freiwillige Versicherung steuerlich in Abzug bringen dürfen. Eine weitere Ausdehnung der freiwilligen Versicherung rechtfertigt sich nicht, da die berufliche Vorsorge, als Arbeitnehmerversicherung, vom Grundsatz her eine Erwerbstätigkeit voraussetzt.

Bezug von Freizügigkeitsguthaben in Rentenform Da Guthaben, die an Freizügigkeitseinrichtungen übertragen wurden, fast ausnahmslos in Kapitalform bezogen werden müssen, sollen Personen, die über ein solches Guthaben verfügen, die Möglichkeit erhalten, durch die Übertragung des Guthabens an die Stiftung Auffangeinrichtung BVG (Auffangeinrichtung) die Freizügigkeitsleistung in Rentenform zu beziehen. Diese Regelung birgt für die Auffangeinrichtung die gleichen Risiken wie bei anderen Rentnerinnen und Rentnern (lange Lebensdauer, Zinsrisiko bis hin zur Unterdeckung). Die von der neuen Regelung betroffenen Rentnerinnen und Rentner sind jedoch vorher nicht BVG-Versicherte der Auffangeinrichtung gewesen. Für sie gibt es auch keine Risikoträger in Form von früheren Arbeitgebern oder von Arbeitnehmenden aus dem gleichen Anschluss.

Es wäre deshalb nicht vertretbar, das Kollektiv der beitragszahlenden BVGVersicherten und deren Arbeitgeber in der Auffangeinrichtung ­ und nur dieses einzige Kollektiv in der ganzen Schweiz ­ mit zusätzlichen Risiken zu belasten.

Dies hat zur Folge, dass die Lösung selbsttragend sein muss. Mit anderen Worten soll die Auffangeinrichtung zur Berechnung der Renten eigene Parameter anwenden können, die auf sehr vorsichtigen Grundlagen basieren. Diese Leistungen sind in gleicher Weise wie andere Rentenleistungen bei Zahlungsunfähigkeit der Vorsorgeeinrichtung oder des Kollektivs vom Sicherheitsfonds sicherzustellen.

Geprüfte, aber verworfene Massnahme: Altersvorsorge für ältere Arbeitslose Nach geltendem Recht sind Personen, die Taggelder der Arbeitslosenversicherung beziehen, für die Risiken Tod und Invalidität obligatorisch in der beruflichen Vorsorge versichert. Die Weiterführung der Altersvorsorge ist hingegen freiwillig. Von der Möglichkeit der freiwilligen Weiterversicherung machen nur wenige Betroffene Gebrauch, was häufig finanzielle Gründe haben dürfte. Denn wer sich freiwillig für das Alter versichert, hat die Kosten alleine,
d.h. ohne finanzielle Beteiligung eines Arbeitgebers zu tragen. Um bei Arbeitslosen die Entstehung von Vorsorgelücken zu vermeiden und den kontinuierlichen Aufbau der Altersvorsorge sicherzustellen, wurde geprüft, bei älteren Arbeitslosen den Versicherungsschutz auf das Alter zu erweitern. Von dieser Anpassung wird jedoch abgesehen, da die Massnahme einerseits keine genügende Grundlage bildet, um älteren Arbeitslosen im Alter einen Rentenanspruch zu sichern, und andererseits das während dieser Zeit angesparte zusätzliche Altersguthaben nur geringfügig zu einer Rentenverbesserung im Alter beiträgt. Entsprechende Berechnungen haben ergeben, dass das durchschnittlich angesparte Altersguthaben während der Arbeitslosigkeit bei einer ganzjährigen Versicherungsdauer 5570 Franken betragen würde.

99

2.4.3.2

Herabsetzung der BVG-Eintrittsschwelle

Die Eintrittsschwelle in der obligatorischen beruflichen Vorsorge (21 060 Franken im Jahr 2014) gilt unabhängig vom Beschäftigungsgrad und pro Arbeitgeber. Eine Person, die für einen Arbeitgeber arbeitet, ist dadurch nicht gleich versichert, wie wenn sie zum insgesamt gleichen Lohn für mehrere Arbeitgeber arbeiten würde.

Teilzeitarbeit gewinnt zunehmend an Bedeutung. Sie erhöhte sich von 29,3 Prozent im Jahr 2000 auf 34,7 Prozent im Jahr 2013 und betrifft vor allem Frauen.103 Gegenwärtig arbeiten 58,6 Prozent der Frauen und 14,3 Prozent der Männer Teilzeit.

Auch die Ausübung von mehreren Erwerbstätigkeiten nimmt zu. Rund 7 Prozent der Erwerbsbevölkerung gehen zwei oder mehr Beschäftigungen nach.

Um Mängel des aktuellen Systems zu beseitigen und die Versicherung den Veränderungen des Arbeitsmarktes anzupassen und insbesondere um eine bestmögliche Gleichbehandlung der verschiedenen Kategorien Erwerbstätiger zu gewährleisten, ist die Eintrittsschwelle im BVG anzupassen. Der Bundesrat schlägt deshalb vor, sie auf die minimale AHV-Rente zu senken (14 040 Franken statt derzeit 21 060 Franken). Damit wird gleichzeitig das Ziel eines vom Ständerat im Juni 2013 angenommenen Postulats und einer vom Nationalrat im Oktober 2012 angenommenen Motion der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit104 erfüllt.

Diese Regelung soll die berufliche Vorsorge von Teilzeiterwerbstätigen sowie von Personen mit tiefen Einkommen oder mehreren Arbeitsverhältnissen verbessern. So wären neu 90 Prozent der Arbeitnehmenden mit einem einzigen Arbeitgeber und 86 Prozent der Arbeitnehmenden mit mehreren Arbeitgebern obligatorisch in der beruflichen Vorsorge versichert. Im Jahr 2012 hätten gut 300 000 Personen von der Senkung der Eintrittsschwelle profitiert. Einerseits wären 220 000 Personen neu versichert gewesen, mehrheitlich Frauen. Andererseits hätten bei 80 000 Versicherten zusätzliche Einkommen obligatorisch versichert werden müssen. Diese Ausweitung des Versichertenkreises senkt das Armutsrisiko im Ruhestand, was sich auch positiv auf die Ergänzungsleistungen und die Sozialhilfe auswirken wird. Beispielsweise ist eine Person, die einen AHV-pflichtigen Lohn von je 20 000 Franken bei zwei verschiedenen Arbeitgebern verdient (somit insgesamt 40 000 Franken), heute nicht obligatorisch der beruflichen Vorsorge unterstellt,
dies im Gegensatz zu einer Person, die dasselbe Einkommen bei einem einzigen Arbeitgeber hat. Neu wären beide Anstellungen versicherungspflichtig.

Allerdings besteht auch ein Risiko, dass diese Personen ihre Stelle verlieren, weil es sich für den Arbeitgeber nicht mehr rentiert, infolge der hohen Lohnnebenkosten die Stelle anzubieten. Dies ist insbesondere in Sektoren der Fall, bei denen die Löhne mittels Gesamtarbeitsverträgen (GAV) fix vorgegeben sind. Gemäss Studie des Forschungsbüros Ecoplan sind vor allem Beschäftigungseinbussen in den Sektoren mit hoher GAV-Durchdringung zu erwarten (Industrie/Gewerbe, Bau, Handel/ Verkehr, Gastronomie/Hotellerie, vgl. Ziff. 4.6.2). Bei den Frauen ist im Vergleich zu den Männern mit einem relativ doppelt so hohen Beschäftigungsrückgang zu

103 104

100

Schweizerische Arbeitskräfteerhebung SAKE des Bundesamtes für Statistik (BFS).

Postulat 12.3318 Fetz Anita «Angemessene berufliche Vorsorge auch für Angestellte in Berufen mit typischerweise mehreren Arbeitgebern»; Motion 12.3974 Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit SGK-N «Vorsorgeschutz von Arbeitnehmenden mit mehreren Arbeitgebern oder mit tiefen Einkommen».

rechnen. Gemäss der erwähnten Studie dürften sich diese Risiken jedoch in Grenzen halten.

Zusammen mit dem Verzicht auf den Koordinationsabzug (vgl. Ziff. 2.2.3.1) wird für die betroffenen Personen mindestens ein Lohn von 14 040 Franken versichert.

Dies ermöglicht den Aufbau einer angemessenen Altersvorsorge sowie einen adäquaten Versicherungsschutz bei Tod und Invalidität, ohne dass ein ungünstiges Verhältnis zwischen Verwaltungskosten und Vorsorgeschutz entsteht.

Von einer konsolidierten Betrachtung aller Arbeitsverhältnisse, um eine Unterstellung unter die obligatorische berufliche Vorsorge zu begründen, ist aus systemtechnischen und administrativen Gründen abzusehen. Nach wie vor kann jedoch beispielsweise ein nicht obligatorisch versicherter Arbeitnehmer, der im Dienste mehrerer Arbeitgeber steht und dessen gesamter Jahreslohn die Eintrittsschwelle übersteigt, sich entweder bei der Auffangeinrichtung oder bei der Vorsorgeeinrichtung, der einer seiner Arbeitgeber angeschlossen ist, freiwillig versichern lassen, sofern deren reglementarische Bestimmungen dies vorsehen. Ebenfalls kann etwa eine Arbeitnehmerin, die bereits bei einer Vorsorgeeinrichtung obligatorisch versichert ist, sich bei dieser, falls deren Reglement es nicht ausschliesst, oder bei der Auffangeinrichtung für den Lohn zusätzlich versichern lassen, den sie von einem anderen Arbeitgeber erhält (Art. 46 BVG).

Finanzielle Auswirkungen der Herabsetzung der BVG-Eintrittsschwelle Einige Vorsorgeeinrichtungen versichern bereits heute schon Löhne, die unterhalb der aktuellen BVG-Eintrittsschwelle liegen. Für diese Vorsorgeeinrichtungen fallen die gesetzlichen Kosten in einem kleineren Umfang oder überhaupt nicht an. Diese um die überobligatorische Vorsorge bereinigten Kosten werden als «effektive Kosten» ausgewiesen. Die effektiven Kosten betragen rund 85 Prozent der gesetzlichen Kosten.

Tabelle 2-21 Effektive Kosten der Herabsetzung der BVG-Eintrittsschwelle Beträge in Millionen Franken, zu Preisen von 2014 2019

2020

2021

2022

2023

2024

2025

2026

2027

2028

2029

2030

340

340

350

350

360

360

360

360

360

360

370

370

Der Kostenschätzung liegt die Annahme zugrunde, dass die langfristigen Ausgleichsmassnahmen im Zusammenhang mit der Anpassung des Mindestumwandlungssatzes, also der Verzicht auf den Koordinationsabzug und die Anpassung der Altersgutschriftensätze, bereits eingeführt sein werden.

101

2.5

Massnahmen zur Finanzierung der AHV

2.5.1

Zusatzfinanzierung für die AHV

­

Die verbleibende Finanzierungslücke der AHV wird mit einer Erhöhung der Mehrwertsteuer geschlossen.

­

Die Mehrwertsteuer wird schrittweise um maximal 1,5 Prozentpunkte angehoben.

­

Über die Mehrwertsteuer wird die finanzielle Last solidarisch auf die ganze Bevölkerung verteilt.

Die finanzielle Entwicklung der AHV wird durch die steigende Lebenserwartung und den wachsenden Anteil an Rentnerinnen und Rentnern in der Bevölkerung stark beeinträchtigt. Nach dem Referenzszenario der AHV dürfte sich das Finanzierungsdefizit bis 2030 auf 8,3 Milliarden Franken belaufen. Ein derart grosser Finanzierungsbedarf erfordert beitrags- und leistungsseitige Massnahmen, die in ihrer Gesamtheit wirkungsvoll, im Einzelnen aber tragbar und angemessen ausfallen.

Die Massnahmen sind insbesondere mit Blick auf dieses Ziel zusammengestellt worden. Die Ausgaben können unter anderem durch die Vereinheitlichung des Referenzalters auf 65 und die Neuregelung der Hinterlassenenrenten um 820 Millionen Franken gesenkt werden. Auf der Einnahmenseite resultieren 580 Millionen Mehreinnahmen, insbesondere dank der Aufhebung des Freibetrags nach Vollendung des 65. Altersjahres und der Neuregelung der Beiträge der Selbstständigerwerbenden. Aufgrund der tieferen Ausgaben reduziert sich auch der Bundesbeitrag an die AHV um 160 Millionen Franken, womit sich die gesamten Mehreinnahmen auf 420 Millionen Franken reduzieren. Einnahmen und Ausgaben werden also von diesen Massnahmen bis dahin in ähnlichem Ausmass von der Reform tangiert, und das Paket vermag den skizzierten Finanzierungsbedarf 2030 auf 7,0 Milliarden Franken zu senken. Das entspricht einer Reduktion von 1240 Millionen Franken.

Dieser Betrag stellt eine Kombination von Massnahmen dar, die eine sozialverträgliche Reform gewährleistet. Die Ausgaben der AHV stärker zu reduzieren, ist keine Option, da eine Herabsetzung des Rentenniveaus aufgrund der unbestrittenen Auslegung der Bundesverfassung nicht in Frage kommt. Aus Leistungskürzungen in anderen Bereichen, beispielsweise bei Hilflosenentschädigungen, Hilfsmitteln oder Subventionen an Organisationen der Altershilfe, würden keine substanziellen Einsparungen resultieren. Im Jahr 2012 machten diese Leistungen weniger als zwei Prozent der Gesamtausgaben der AHV aus. Es käme lediglich zu einer Kostenverlagerung, insbesondere zur Krankenversicherung. Wie bereits unter Ziffer 2.1.2 erläutert, stellt auch eine Erhöhung des Referenzalters für alle Erwerbspersonen über 65 Jahre hinaus keine gangbare Lösung dar. Bereits ein einheitliches Referenzalter von 65 Jahren widerspiegelt die reale Situation auf dem
Arbeitsmarkt nicht. Eine Erhöhung des Referenzaltes würde die Diskrepanz zwischen effektivem Rücktrittsalter und Referenzalter zusätzlich vergrössern. Somit folgt, dass der verbleibende Finanzierungsbedarf der AHV durch eine Zusatzfinanzierung gedeckt werden muss.

102

2.5.1.1

Geprüfte Massnahmen

Die Finanzierungsseite der AHV bietet verschiedene Ansatzpunkte für eine Zusatzfinanzierung. Die Einnahmen der AHV bestehen gemäss Artikel 102 AHVG aus Lohnbeiträgen (74 % der Einnahmen), der Beteiligung des Bundes (nach geltendem Recht in Höhe von 19,55 % der Ausgaben; 19 % der Einnahmen) sowie aus der Spielbankenabgabe und Regressansprüchen (1 % der Einnahmen). Weitere Einnahmen stammen seit 1999 aus der Erhebung eines Mehrwertsteuer-Prozentpunktes (5,8 % der Einnahmen), wovon nach geltendem Recht 17 Prozent dem Bund zustehen.105 Für die Zusatzfinanzierung soll von neuen Finanzierungsquellen, z.B.

über eine direkte Besteuerung, abgesehen werden; im Vordergrund stehen die vorhandenen Quellen. Zwei Möglichkeiten wurden geprüft: die Erhöhung des AHVBeitragssatzes und die Erhöhung der Mehrwertsteuer. Beide sind als Mittel zur Finanzierung der AHV bewährt und können die erforderlichen Mittel generieren.

Eine Erhöhung des Bundesbeitrags an die AHV stellt keine sinnvolle Alternative dar, da der Bundeshaushalt eine solche Belastung nicht ohne entsprechende Erhöhung von Steuern oder Abgaben tragen könnte. Das Finanzierungsproblem würde dadurch nur zum Bundeshaushalt verlagert.

Um die Zusatzkosten infolge der demografischen Entwicklung zu finanzieren, würde sich unter dem Aspekt des Versicherungsprinzips eine Erhöhung des AHVBeitragssatzes anbieten. Allerdings sinkt die Anzahl der Beitragszahlenden, und diejenige der Rentenbezügerinnen und -bezüger nimmt stetig zu. Für die Deckung des verbleibenden Finanzierungsbedarfs 2030 müssten die Beiträge auf der Lohnsumme um 1,6 Prozent erhöht werden. Auch werden durch die Erhöhung der Beiträge ausschliesslich die Erwerbstätigen belastet. Der Anspruch, dass die Last der Zusatzfinanzierung möglichst breit verteilt wird, ist somit nicht erfüllt. Steigende Lohnnebenkosten könnten sich zudem negativ auf die Beschäftigung und die Löhne auswirken. Des Weiteren machen die vorgeschlagenen Ausgleichsmassnahmen im Zusammenhang mit der Anpassung des BVG-Mindestumwandlungssatzes bereits eine Erhöhung der Lohnkosten notwendig. Deshalb würde eine gleichzeitige Erhöhung der AHV-Beiträge diese Belastung noch erhöhen; sie ist somit zu vermeiden.

Der Verwendung von Mehrwertsteuereinnahmen zugunsten der AHV liegt die Idee zugrunde, eine zu hohe Belastung der Beitragszahlenden zu
vermeiden, indem die gesamte Bevölkerung ­ Rentnerinnen und Rentner eingeschlossen ­ solidarisch zur Finanzierung beiträgt. Zudem zieht die Steuer vergleichsweise geringe volkswirtschaftliche Verzerrungen nach sich, vermag jedoch einen genügend grossen Gesamteffekt zu erzielen: Weil die Mehrwertsteuer verglichen mit den Lohnabgaben eine sehr breite Steuerbasis aufweist, kann der geforderte Ertrag mit einem tieferen Steuersatz generiert werden. Die individuelle Belastung wird somit verringert. Auf die Mehrwertsteuer wurde denn auch bereits in der Vergangenheit zurückgegriffen, wenn die Finanzierung der AHV aufgrund der Altersstruktur der Bevölkerung nicht mehr gewährleistet war. Dies wurde in der Bundesverfassung im Artikel 130 Absatz 3 vorgesehen, und die Bundesversammlung hat bei der Erhebung des MehrwertsteuerProzentpunktes zugunsten der AHV bereits von der ihr übertragenen Kompetenz Gebrauch gemacht. Diese Gründe rechtfertigen es, eine Erhöhung der Mehrwertsteuer für die AHV in der Verfassung vorzusehen.

105

Bundesbeschluss vom 20. März 1998 über die Anhebung der Mehrwertsteuersätze für die AHV/IV, SR 641.203.

103

2.5.1.2

Erhöhung der Mehrwertsteuer

Die Finanzen der AHV können mit den vorgesehenen leistungs- und beitragsseitigen Massnahmen bis 2030 um 1,3 Milliarden Franken entlasten werden (vgl. Ziff. 2.5.1).

Dadurch reduziert sich das demografisch bedingte Finanzierungsdefizit im Jahr 2030 auf 7,0 Milliarden Franken. Um den verbleibenden Finanzierungsbedarf der AHV bis 2030 zu verringern, wird eine Erhöhung der Mehrwertsteuer um maximal 1,5 Prozentpunkte vorgeschlagen. Der Grundsatz dieser Erhöhung wird in der Verfassung durch einen Bundesbeschluss verankert. Die Bundesversammlung erhält die Kompetenz, die Mehrwertsteuer auf gesetzlichem Weg anzuheben. Vorgesehen ist, dass die Einnahmen aus der Erhöhung um 1,5 Prozentpunkte vollständig dem AHVAusgleichsfonds zugeführt werden.

Um eine Symmetrie zwischen den vorgeschlagenen Massnahmen der Reform der Altersvorsorge 2020, d.h. zwischen der Zusatzfinanzierung der AHV (Bundesbeschluss) und den übrigen vorgesehenen Bestimmungen (im Rahmen des Gesetzes), zu gewährleisten, müssen zwei Bedingungen erfüllt sein, damit die Mehrwertsteuererhöhung durchgeführt werden kann. Diese sind im Entwurf eines Bundesbeschlusses zur Änderung der Bundesverfassung wie folgt festgehalten: ­

Der Grundsatz der Vereinheitlichung des Referenzalters von Frauen und Männern (1. und 2. Säule) muss im Gesetz verankert sein.

­

Der Grundsatz einer Beschränkung des Anspruchs auf Witwen- und Witwerrenten auf Personen, die Erziehungs- oder Betreuungsaufgaben wahrnehmen, muss im Gesetz verankert sein.

Diese Verbindung führt dazu, dass die Mehrwertsteuer nur dann erhöht werden kann, wenn beide Grundsätze im Gesetz vorgesehen sind, so wie dies mit dem vorliegenden Entwurf vorgeschlagen wird. Die Erhöhung der Mehrwertsteuer wird im selben Jahr wie diese Reform in Kraft treten, auch wenn die Erhöhung des Referenzalters sowie die Beschränkung des Anspruchs auf Hinterlassenenrenten auf Personen, die Erziehungsaufgaben wahrnehmen, schrittweise erfolgen.

Da sich der Finanzierungsbedarf der AHV schrittweise entwickelt, wird eine Umsetzung der Mehrwertsteuer-Erhöhung um 1,5 Prozentpunkte in zwei Etappen vorgeschlagen. So lässt sich eine übermässige Wirkung auf den Konsum verhindern. Eine Erhöhung der Mehrwertsteuer um 1 Prozentpunkt wird bei Inkrafttreten dieser Vorlage erfolgen. Das Bundesgesetz über die Reform der Altersvorsorge 2020 sieht dazu eine Änderung des Mehrwertsteuergesetzes vom 12. Juni 2009106 vor (Art. 25, 28, 37 und 55 E-MWSTG). In einem späteren Schritt, wenn es die finanzielle Situation der AHV tatsächlich erfordert, kann der Gesetzgeber erneut von seiner durch die Verfassung erteilten Kompetenz Gebrauch machen und die Mehrwertsteuer höchstens um weitere 0,5 Prozentpunkte anheben.

106

104

SR 641.20

2.5.1.3

Umsetzung der Erhöhung

Bei einer Anhebung der Mehrwertsteuer kann die Anpassung linear oder proportional vorgenommen werden. Bei einer linearen Erhöhung des Normalsatzes erfolgt die Erhöhung der drei Sätze um gleich viele Prozentpunkte, während eine proportionale Erhöhung das Verhältnis zwischen dem Normalsatz und den Vorzugssätzen beibehält. Das Einnahmenpotenzial liegt bei der linearen Variante rund 12 Prozent höher als bei der proportionalen. Sowohl bei der Erhöhung der Mehrwertsteuer um einen Prozentpunkt ab 1999 wie auch bei der Zusatzfinanzierung für die IV, die bis am 31. Dezember 2017 in Kraft ist, wurde eine proportionale Erhöhung gewählt.

Für die vorgeschlagene Erhöhung der Mehrwertsteuersätze um 1 Prozentpunkt ist ebenfalls eine proportionale Anhebung vorgesehen. Diese hat aus sozialpolitischer Sicht den Vorteil, dass die regressive Wirkung der Mehrwertsteuer abgeschwächt wird. Mit dieser Methode sind die tieferen Sätze weniger stark betroffen, und der Konsum von Gütern des täglichen Bedarfs wird somit weniger stark belastet.

Dadurch werden auch wirtschaftlich schwache Haushalte, die im Vergleich zu wirtschaftlich besser gestellten Haushalten prozentual mehr von ihrem Einkommen für Güter des täglichen Bedarfs verwenden, weniger stark belastet. Die Kaufkraft der mittleren und tiefen Einkommen wird nur unwesentlich geschmälert.

Die untenstehende Tabelle zeigt die Mehrwertsteuersätze bei einer proportionalen Erhöhung der Steuersätze. Es gilt zu beachten, dass die Erhöhung der Mehrwertsteuer im Rahmen der IV-Zusatzfinanzierung dabei nicht enthalten ist, da diese am 31. Dezember 2017 auslaufen wird. Hingegen wurde am 9. Februar 2014 die Vorlage zu «Finanzierung und Ausbau der Bahninfrastruktur» (FABI)107 von Volk und Ständen angenommen. Die FABI-Vorlage beinhaltet eine befristete Erhöhung der Mehrwertsteuersätze um je 0,1 Prozentpunkt. Sie ist vom 1. Januar 2018 bis am 31.

Dezember 2030 in Kraft. Diese Anpassung ist in den untenstehenden Sätzen berücksichtigt.

Tabelle 2-22 Neuer MWST-Satz mit proportionaler Erhöhung Steuersätze, mit FABI-Promille

Proportionale Erhöhung

Normalsatz

7,7

8,7

reduzierter Satz

2,5

2,8

Sondersatz für Beherbergungsdienstleistungen

3,7

4,1

2.5.1.4

Finanzielle Auswirkungen auf die AHV

Die nachfolgende Tabelle zeigt die Entwicklung der Einnahmen aufgrund der proportionalen Erhöhung der Mehrwertsteuer um einen Prozentpunkt im Jahr 2019, sowie um 0,5 Prozentpunkte im Jahr 2027.

107

BBl 2012 1577

105

Tabelle 2-23 Verbesserung der Einnahmen durch die Zusatzfinanzierung (proportionale Erhöhung um einen Prozentpunkt ab 2019 und um 0,5 Prozentpunkte ab 2027) Beträge in Millionen Franken, zu Preisen von 2014 Jahr

Mehrwertsteuereinnahmen

2019 2020 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2028 2029 2030

2506 3217 3259 3300 3337 3373 3407 3441 4847 5264 5319 5376

2.5.2

Interventionsmechanismus in der AHV

­

Die Liquidität der AHV wird mit einem Interventionsmechanismus sichergestellt.

­

Der Interventionsmechanismus respektiert das Primat der politischen Entscheidungsfindung.

­

Falls Massnahmen nicht rechtzeitig oder nicht stark genug greifen, werden die Beiträge erhöht und die Renten nur noch beschränkt angepasst.

2.5.2.1

Ausgangslage

Der Bundesrat hat in der Vergangenheit verschiedentlich seine Absicht bekräftigt, finanzielle Regelbindungen in den Sozialversicherungen zu prüfen und zu realisieren. Bereits in den beiden Vorlagen zur 11. AHV-Revision (2004 in der Volksabstimmung bzw. 2010 von der Bundesversammlung abgelehnt) war ein Interventionsmechanismus vorgesehen. Die Motion Luginbühl (Mo. 11.3113: Einführung von Fiskalregeln bei der AHV und bei der IV) verlangt ebenfalls die Einführung eines Interventionsmechanismus in der AHV. Ziel einer solchen Regelung ist es sicherzustellen, dass bei einer drohenden finanziellen Schieflage der AHV rechtzeitig Stabilisierungsmassnahmen in Angriff genommen werden, um die Liquidität der Versicherung zu gewährleisten. Der Stabilisierungsmechanismus, der mit dem vorliegenden Entwurf verabschiedet werden soll, wird diese Funktion vorläufig 106

nicht übernehmen müssen. Denn dank der Zusatzfinanzierung werden die AHVFinanzen bis zum Jahr 2030 gesichert sein. Der Mechanismus ist vielmehr als Sicherheitsnetz für die Zeit danach gedacht. Weil aber heute niemand weiss, welche Massnahmen dereinst als angemessen erachtet werden, um künftige Finanzierungsprobleme der AHV zu lösen, soll als wichtige Bedingung das Primat der politischen Steuerung gelten. Das heisst, dass Bundesrat, Bundesversammlung und nötigenfalls das Stimmvolk zu gegebener Zeit die Möglichkeit erhalten müssen, zur Stabilisierung erforderliche gesetzliche Massnahmen im ordentlichen politischen Prozess umzusetzen, bevor gezielte automatische Massnahmen in Kraft treten. Die Versicherung kann so weiterhin nach dem Willen des Gesetzgebers und des Stimmvolkes gesteuert werden. Die geltende Gesetzgebung kennt bislang keine Regelung für den Fall, dass die AHV in eine finanzielle Schieflage gerät. Der Bundesrat soll zwar gemäss Artikel 43quinquies AHVG periodisch prüfen, ob sich die finanzielle Entwicklung der Versicherung im Gleichgewicht befindet, und nötigenfalls Antrag auf Änderung des Gesetzes stellen. Diese Massnahmen werden weder automatisch ausgelöst, noch bestehen klare Vorgaben, in welchem Zeitpunkt oder unter welchen Voraussetzungen der Bundesrat solche Massnahmen unterbreiten muss. Hier setzt der vorgeschlagene Interventionsmechanismus an.

2.5.2.2

Stand des AHV-Ausgleichsfonds

Das Kapital des AHV-Fonds stellt die zentrale Grösse dar, anhand der die finanzielle Lage der AHV beurteilt werden soll. Der Fonds benötigt Reserven, um die Rentenzahlungen abzusichern und Schwankungen des Betriebsergebnisses aufzufangen.

Artikel 107 Absatz 3 AHVG sieht vor, dass der AHV-Ausgleichsfonds in der Regel nicht unter den Betrag einer Jahresausgabe sinken darf. Die optimale Höhe des Fondsstandes hängt jedoch von mehreren Faktoren ab: Bei einem tiefen gesetzlichen Fondsstand besteht das Risiko, dass bei dessen Unterschreiten bereits hohe Defizite bestehen, die schwierig auszugleichen sind. Einen hohen Fondsstand aufrechtzuerhalten, ist hingegen mit Kosten verbunden. In den vergangenen Jahrzehnten war die gesetzliche Anforderung von 100 Prozent einer Jahresausgabe bei weitem nicht immer erfüllt. Wie bereits im Rahmen der beiden Entwürfe für die 11. AHVRevision festgehalten wurde und im Rahmen der parlamentarischen Beratungen nie umstritten war, gewährleistet auch ein Stand von 70 Prozent einer Jahresausgabe ausreichende Sicherheits- und Schwankungsreserven. Er berücksichtigt die Risiken einer Verschlechterung der finanziellen Situation und bietet ausreichend Zeit für den Gesetzgebungsprozess zur Wiederherstellung des finanziellen Gleichgewichts. Neu soll daher im AHVG festgehalten werden, dass der AHV-Ausgleichsfonds in der Regel nicht unter den Betrag von 70 Prozent einer Jahresausgabe sinken darf.

2.5.2.3

Die Elemente des Interventionsmechanismus

Der gesetzlich erforderliche Stand des Ausgleichsfonds von 70 Prozent einer Jahresausgabe soll künftig als Schwellenwert dienen, bei dessen Unterschreiten der Interventionsmechanismus aktiviert wird. Dieser Fondsstand bietet genügend finanzielle Sicherheit und stellt eine realistische Zielgrösse im Hinblick auf die Ausgabenentwicklung dar.

107

Der Mechanismus selber wird zweistufig ausgestaltet: Die erste Stufe umfasst das politische Mandat, also den Auftrag an die Politik, im ordentlichen politischen Prozess nach einer Lösung zu suchen. Das Mandat wird ausgelöst, wenn absehbar wird, dass der Stand des AHV-Ausgleichsfonds innert dreier Jahre unter den Betrag von 70 Prozent einer Jahresausgabe sinkt. Dann muss der Bundesrat der Bundesversammlung innert eines Jahres entsprechende gesetzliche Vorschläge unterbreiten, um die Einnahmen und Ausgaben der AHV erneut ins Gleichgewicht zu bringen.

Idealerweise kann die Politik dank des Zeitfensters von drei Jahren rechtzeitig reagieren und einer weiteren starken Reduktion des Fondsbestandes vorgreifen. So soll das effektive Absinken des Fonds unter 70 Prozent verhindert werden, dies solange die Umlagedefizite noch nicht allzu gross ausfallen.

Die zweite Stufe des Mechanismus löst die automatischen Massnahmen aus. Werden im Rahmen des politischen Mandats der ersten Stufe Stabilisierungsmassnahmen nicht oder nicht rechtzeitig verabschiedet, so treten die gezielten beitrags- bzw.

leistungsseitigen Massnahmen (Erhöhung der Lohnbeiträge, Einschränkung der Rentenerhöhung) in Kraft. Dieser Fall tritt ein, sobald die gesetzliche Schwelle von 70 Prozent der Jahresausgaben tatsächlich unterschritten wird und das Umlagedefizit während zwei Jahren 3 Prozent übersteigt. Das Umlageergebnis zweier aufeinanderfolgender Jahre wird als zusätzliche Bedingung für die Aktivierung der zweiten Stufe einbezogen, damit die Massnahmen nicht durch einmalige, ausserordentliche Ereignisse (z.B. einen Einbruch der Kapitalmärkte) ausgelöst werden. So soll gewährleistet werden, dass die Regel nur bei strukturellen Problemen aktiviert wird.

Die automatischen Massnahmen sind befristet. Sie werden spätestens dann aufgehoben, wenn der AHV-Ausgleichsfonds wieder den Stand von 70 Prozent einer Jahresausgabe erreicht hat und absehbar ist, dass er auch im folgenden Jahr so hoch bleibt.

2.5.2.4

Die automatischen Massnahmen

Die automatischen Massnahmen, die der Mechanismus in der zweiten Stufe vorsieht, müssen verschiedenen Anforderungen genügen: Sie müssen ausreichen, um das weitere Absinken des Fondsstandes mindestens zu verlangsamen und die Liquidität der AHV sicherzustellen; sie sollen von allen Beteiligten einen angemessenen Beitrag an die Stabilisierung einfordern, ohne eine Seite über Gebühr zu belasten; die Massnahmen sollen die Einnahmen- wie auch die Ausgabenseite tangieren; sie müssen rasch und ohne mehrjährige Übergangsfristen umsetzbar sein; sie sollen keine langfristige Lösung darstellen (also de facto eine Reform vorwegnehmen); sie sind daher reversibel und grundsätzlich befristet.

Als einnahmeseitige Massnahme entspricht die Erhöhung der Lohnbeiträge diesen Anforderungen am besten. Die Massnahme ist rasch umsetzbar, denn es braucht keine Verfassungsänderung. Auf der Ausgabenseite ist eine begrenzte Einschränkung der Rentenanpassungen am besten geeignet. Auch diese Massnahme ist rasch anwendbar und leicht rückgängig zu machen. Beide eignen sich somit als glaubhafte Notmassnahmen, die nur ergriffen werden, um eine anderweitig nicht abwendbare finanzielle Schieflage zu verhindern. Es liegt im Interesse der Politik, mit einer ordentlichen Reform so rasch wie möglich dafür zu sorgen, dass diese Notmassnahmen gar nicht erst in Kraft treten oder (sobald der Fondsstand wieder über 70 Prozent steigt) wieder aufgehoben werden können. Die drohenden Konsequenzen der zweiten Stufe haben dadurch im besten Fall sogar eine präventive Wirkung.

108

Der Umfang der Massnahmen wird aus Gründen der Verhältnismässigkeit nicht fixiert, sondern als Obergrenze definiert. Der Bundesrat kann auch weniger weitgehende Massnahmen beschliessen. Der maximale Umfang der Beitragserhöhung beträgt 1 Prozentpunkt. Im Anstellungsverhältnis wird die Erhöhung hälftig auf Arbeitnehmende und Arbeitgeber aufgeteilt; bei freiwillig Versicherten, Selbstständigen sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern von nicht beitragspflichtigen Arbeitgebern beträgt sie jeweils einen Prozentpunkt; die Mindestbeiträge (bei freiwillig Versicherten, Selbstständigen und Nicht-Erwerbstätigen) erhöhen sich im entsprechenden Verhältnis. Bei der Einschränkung der Rentenanpassung muss die Verfassungsmässigkeit der Rente gewahrt bleiben. Das bedeutet, dass nach fünf Jahren zumindest der Teuerungsausgleich wieder gewährt wird. Weiter soll das Rentenniveau nicht weniger als 95 Prozent desjenigen Werts ausmachen, der sich mit ordentlichen Rentenanpassungen ergeben hätte (Referenzrente ohne Interventionsmechanismus).

Die Massnahmen bleiben grundsätzlich in Kraft, bis der Fondsstand 70 Prozent einer Jahresausgabe erreicht und absehbar ist, dass er auch im folgenden Jahr so hoch bleibt. Erst dann werden die Renten an die Lohn- und Preisentwicklung angepasst und die Beiträge auf das alte Niveau gesenkt.

Die vorgeschlagenen Massnahmen wurden in einem Bericht über die Einführung eines Interventionsmechanismus in der AHV geprüft108. Es wurden verschiedene Varianten sowie Alternativen zu den vorliegenden Schwellenwerten und Massnahmen geprüft. Mit der Wahl der Massnahmen wurde einerseits sichergestellt, dass im Notfall ein ausreichender Beitrag zur Stabilisierung der AHV-Finanzen geleistet werden kann. Andererseits wurde darauf geachtet, dass mit ihnen nicht präjudizierend in andere Massnahmen eingegriffen wird, die diese Vorlage vorsieht.

2.5.2.5

Koordination mit anderen Sozialversicherungen

Die Höhe der AHV-Renten und deren Anpassung an die Preis- und Lohnentwicklung sind für andere Sozialversicherungen auf Bundes- und Kantonsebene massgebend, wenn sich deren Leistungen im Bezug auf Höhe oder Anpassungsrhythmus an der AHV-Rente orientieren. Im Fall einer Aktivierung der zweiten Stufe des Interventionsmechanismus muss darum sichergestellt werden, dass die Leistungen der anderen Versicherungen erhalten bleiben. Dies gilt insbesondere für die IV, deren Renten gemäss Artikel 37 Absatz 1 IVG den AHV-Renten entsprechen. Des Weiteren sieht die berufliche Vorsorge die Anpassung ihrer Renten an die Preisentwicklung zum gleichen Zeitpunkt wie in der AHV vor, sowie die Anpassung der Grenzbeträge an die Erhöhungen der einfachen minimalen AHV-Altersrente. Auch die Komplementärrente der Unfallversicherung für Versicherte mit AHV- oder IVRente orientiert sich an den Beträgen der AHV- bzw. IV-Renten.

Diese Koordination soll mittels Einführung einer Referenzrente erfolgen, die nach den ordentlichen Regeln und im vorgesehenen Rhythmus gemäss Artikel 33ter AHVG angepasst würde. Die Rentenanpassungen werden somit auch bei einer Aktivierung des Mechanismus weiter berechnet, bei den AHV-Renten jedoch nicht 108

Bericht des Eidgenössischen Departements des Innern «Einführung eines Interventionsmechanismus für die AHV sowie Neuordnung des Bundesbeitrags an die AHV» vom 21. Juni 2013.

109

umgesetzt. Auf diese Referenzrente können sich die Leistungen der anderen Versicherungen beziehen, ohne dass ihre Renten durch den Interventionsmechanismus beeinträchtigt werden.

Mit der Einschränkung der Rentenanpassung in der AHV würden noch weitere Verknüpfungen zwischen AHV- und IV-Rente aufgehoben. Dies betrifft insbesondere die Ablösung der Invalidenrente durch eine Altersrente (Art. 33bis AHVG) und die Plafonierung der Renten für Ehepaare, wenn ein Ehegatte eine Altersrente und der andere eine Rente der Invalidenversicherung bezieht (Art. 35 AHVG). Hier hat der Bundesrat festzulegen, welche der Renten für die Plafonierung massgebend ist.

Als zusätzliche Koordinationsmassnahme wird durch den Mechanismus gewährleistet, dass die AHV-Rente nicht weniger als 95 Prozent des Referenzwertes (und damit der IV-Rente) betragen darf.

Die Einschränkung der AHV-Rentenanpassung würde sich auch auf die Ergänzungsleistungen auswirken. Gemäss Artikel 19 des Bundesgesetzes vom 6. Oktober 2006109 über Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung (ELG) kann der Bundesrat die Höhe der anerkannten Ausgaben anpassen, zu denen der Betrag des allgemeinen Lebensbedarfs gehört. Um das Leistungsniveau auch bei den Ergänzungsleistungen zu erhalten, wird die Einschränkung der Anpassung der AHV-Renten von den Ergänzungsleistungen aufgefangen. Der Betrag des allgemeinen Lebensbedarfs muss folglich weiterhin an die Referenzrente angepasst werden.

2.5.3

Neuordnung des Bundesbeitrages an die AHV

­

Die Finanzierung der AHV wird vereinfacht und transparenter gestaltet.

­

Das Mehrwertsteuer-Demografieprozent fliesst vollständig in die AHV und nicht wie bisher teilweise an den Bund.

­

Im Gegenzug wird der ausgabenprozentuale Beitrag des Bundes an die AHV angepasst.

2.5.3.1

Die Finanzierung der AHV durch die öffentliche Hand

Die Finanzierung der Sozialversicherungen in der Schweiz wird meist durch verschiedene Einnahmequellen sichergestellt. Vorrangig handelt es sich dabei um Beiträge der Versicherten bzw. gegebenenfalls der Arbeitgeber sowie um Beiträge der öffentlichen Hand. Die Bundesverfassung sieht in Artikel 112 Absatz 3 auch für die Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung explizit einen solchen Einnahmen-Mix vor. Insgesamt macht der Ausgabenbereich der sozialen Wohlfahrt einen Drittel der Bundesausgaben aus; 2013 waren dies 21,1 Milliarden Franken.

Die Hälfte davon, 10,6 Milliarden, entfällt auf die Altersversicherung. Dieser Betrag setzt sich grösstenteils zusammen aus dem Bundesbeitrag an die AHV (7,8 Mrd.), 109

110

SR 831.30

dem Mehrwertsteuerprozent zugunsten der AHV (2,3 Mrd.) und der Spielbankenabgabe (308 Mio.). Die Beteiligung des Bundes soll dazu beitragen, die finanzielle Belastung der Versicherten und der Arbeitgeber in Grenzen zu halten. Eine zu starke Ausrichtung auf die Finanzierung über Lohnprozente führt zu einer unerwünschten Belastung des Produktionsfaktors Arbeit. Der Beitrag rechtfertigt sich in der AHV aber auch aufgrund einer Solidaritäts- und Umverteilungskomponente, denn die minimale und die maximale Begrenzung der Renten sorgen für einen starken sozialen Ausgleich, der nicht allein von den Beitragszahlenden getragen werden soll.

Der ordentliche Beitrag des Bundes an die AHV nach Artikel 103 Absatz 1 AHVG beläuft sich heute auf 19,55 Prozent der jährlichen Ausgaben der AHV. Dieser Beitrag wird gemäss Artikel 104 AHVG teilweise durch eine Spezialfinanzierung gedeckt. In diese fliessen die Abgaben auf Alkohol und Tabak (Ertrag 2013: 2,6 Mrd.), sowie der Bundesanteil von 17 Prozent am Ertrag des Mehrwertsteuerprozentpunktes für die AHV (Ertrag 2013: 500 Mio.). Der Bund verwendet diese Einnahmen, um seine Beiträge an die AHV, IV und EL zu finanzieren. Rund ein Viertel der Bundesbeiträge an die drei Sozialwerke kann mit dieser Spezialfinanzierung gedeckt werden. Der Rest wird mit allgemeinen Bundesmitteln finanziert.

Neben dem ordentlichen Beitrag erhebt der Bund seit 1999 einen Mehrwertsteuerprozentpunkt zugunsten der AHV (Bundesbeschluss über die Anhebung der Mehrwertsteuersätze für die AHV/IV). Von dessen Ertrag fliessen 83 Prozent direkt in den AHV-Fonds. Seit dem Jahr 2000 geht zudem der Ertrag aus der Spielbankenabgabe an die AHV (Art. 103 Abs. 2 AHVG). Mehrwertsteueranteil und Spielbankenabgabe brachten der AHV 2013 2,6 Milliarden Franken.

2.5.3.2

Die Entwicklung des Bundesbeitrags

Bereits bei der Errichtung der AHV zeigte sich im Bundesgesetz von 1948 die Absicht, eine Kombination von Einnahmen der reinen Finanzierung über Lohnbeiträge vorzuziehen, um die unmittelbare finanzielle Belastung der Bevölkerung klein zu halten. Der Bund (zu zwei Dritteln) und die Kantone (zu einem Drittel) beteiligten sich zu Beginn der AHV mit 160 Millionen Franken, später mit 350 Millionen Franken an der Finanzierung. Erst ab 1970 wurde mit der 6. AHV-Revision ein ausgabenprozentualer Beitrag von 20 Prozent eingeführt, der im Verhältnis von 15 bzw. 5 Prozent auf Bund und Kantone aufgeteilt wurde. In späteren Revisionen wurde das Verhältnis wiederholt leicht angepasst, und der Anteil des Bundes betrug ab 1999 16,36 Prozent, gegenüber 3,64 Prozent der Kantone. Mit der Neugestaltung des Finanzausgleichs und der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen (NFA) wurden die Kantone 2008 von der Mitfinanzierung der AHV befreit und der Bundesbeitrag auf 19,55 Prozent der Ausgaben festgelegt.

Diese Koppelung an die Ausgaben der AHV hat zur Folge, dass der Bundesbeitrag bei steigenden Ausgaben der AHV mitwächst, was dazu beiträgt, die AHV von den aufgrund der demografischen Entwicklung steigenden Kosten zu entlasten. Gleichzeitig muss der Bund einen immer grösseren Anteil des Bundeshaushalts für den AHV-Beitrag aufwenden (2013: 12,3 % der Ausgaben). Durch diese zunehmende Belastung für den Bundeshaushalt wird die Erfüllung der übrigen Aufgaben des Bundes erschwert. Gemäss den Vorgaben der Schuldenbremse müssen nämlich Mehrausgaben, denen keine Mehreinnahmen gegenüberstehen, an anderer Stelle kompensiert werden. Weil Mehreinnahmen im Gegensatz zu Mehrausgaben gröss111

tenteils nur über Gesetzes- oder Verfassungsänderungen beschlossen werden können, folgt aus den steigenden Ausgaben für die AHV eine zunehmende Verdrängung anderer Aufgabengebiete des Bundes. Aus diesem Grund muss der Bundesrat bei der Neuordnung des Bundesbeitrags an die AHV sowohl dem Finanzierungsbedarf der AHV wie auch der Ertragsentwicklung des Bundes Rechnung tragen.

2.5.3.3

Regelung in der IV

In der IV wurde der Bundesbeitrag bis am 31. Dezember 2013 als Anteil an den Ausgaben der Versicherung festgelegt (37,7 %). Im Zuge der IV-Revision 6a wurde der Bundesbeitrag aber neu geregelt. Seit dem 1. Januar 2014 wird er an die Entwicklung der (abdiskontierten) Mehrwertsteuereinnahmen gebunden, welche die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung widerspiegeln. Der Grund für diese Entflechtung lag in der schwierigen Situation der IV: Die Einsparungen aus den Reformen sollten einzig der Versicherung zugutekommen; andernfalls hätten Ausgabensenkungen in der IV via Bundesbeitrag immer auch die Einnahmen der IV geschmälert. Als Folge der verschiedenen Reformen zur finanziellen Stabilisierung weist die IV derzeit stagnierende oder gar rückläufige Ausgaben auf, wogegen der Bundesbeitrag stetig zunehmen wird. Daher liegt der Bundesbeitrag im Jahr 2030 voraussichtlich 780 Millionen Franken höher als ohne die Entflechtung. Aufgrund der Neuordnung wird er zu diesem Zeitpunkt rund 46 Prozent der Ausgaben der IV decken.

2.5.3.4

Neuregelung des Bundesbeitrags an die AHV

Der Bundesrat hat bereits in der Botschaft zur IV-Revision 6a zum Ausdruck gebracht, dass er bei einer nächsten Revision der AHV eine Neufestsetzung des Bundesbeitrags analog zur Lösung bei der IV ins Auge fassen werde. Dieses Anliegen wurde vertieft in einem Bericht geprüft.110 Während die Neuregelung bei der IV zu einer Mehrbelastung des Bundes und zu Mehreinnahmen für die Versicherung führt, ist es bei der AHV umgekehrt: Eine vollständige Entflechtung hätte zur Folge, dass der Bundesbeitrag nur noch im Verhältnis zum Wirtschaftswachstum steigen würde, während die Ausgaben der AHV in den kommenden Jahren aufgrund der Bevölkerungsentwicklung stärker zunehmen. Somit würde die Anbindung des Bundesbeitrags an die Mehrwertsteuererträge die Schere vergrössern, die sich bei der AHV zwischen Einnahmen und Ausgaben öffnet. Auch die im Rahmen der Vernehmlassung vorgeschlagene Teilentflechtung (hälftige Anbindung an die Mehrwertsteuer mit Halbierung des ausgabenprozentualen Beitrags) wäre für die AHV mit erheblichen Einbussen verbunden.

Um diese negativen Effekte für die AHV zu vermeiden, wird auf eine teilweise oder vollständige Entflechtung des Bundesbeitrags von der Ausgabenentwicklung verzichtet. Hingegen sollen im Zusammenhang mit der Zusatzfinanzierung für die AHV die Finanzflüsse zwischen der AHV und dem Bundeshaushalt vereinfacht werden.

110

112

Bericht des Eidgenössischen Departements des Innern «Einführung eines Interventionsmechanismus für die AHV sowie Neuordnung des Bundesbeitrags an die AHV» vom 21. Juni 2013.

Zu diesem Zweck wird gleichzeitig mit der Erhöhung der Mehrwertsteuer um 1 Prozentpunkt auch der gegenwärtige Bundesanteil am bisher schon bestehenden Mehrwertsteuerprozentpunkt zugunsten der AHV (sog. Demografieprozent) von derzeit 17 Prozent aufgehoben; die AHV erhält neu somit die gesamten Einnahmen des Demografieprozents, anstatt wie bisher nur 83 Prozent davon. Neu werden also die gesamten Erträge aus zwei Mehrwertsteuerprozentpunkten der AHV zugutekommen.

Im Gegenzug wird der Bundesbeitrag von gegenwärtig 19,55 Prozent auf neu 18 Prozent der jährlichen Ausgaben der AHV gesenkt. Dadurch soll beim Bundeshaushalt der Verlust der 17 Prozent des Mehrwertsteuerprozentpunkts kompensiert werden. Damit wird gleichzeitig eine wesentliche Vereinfachung der Finanzströme zwischen Bund und AHV erreicht. Eine vollständige Kompensation würde zwar lediglich eine Senkung des Bundesbeitrages auf 18,4 Prozent der Ausgaben nötig machen. Hingegen kann durch die Rundung auf 18 Prozent der Druck des demografiebedingten Ausgabenwachstums in der AHV auf den Bundesbeitrag und somit auch auf die übrigen Aufgaben des Bundes etwas gemildert werden. Es wird eine Vereinfachung der Zusammensetzung des Bundesbeitrages und seiner Finanzierung erreicht, und gleichzeitig kann damit die Koppelung des Bundesbeitrages an die Ausgaben der AHV aufrechterhalten werden. Beide Massnahmen zusammen entlasten den Bundeshaushalt gegenüber der geltenden Ordnung im Jahr 2030 um 310 Millionen Franken. Zwischen 2019 und 2030 resultieren für den Bund kumulierte Minderausgaben von 2,8 Milliarden Franken. Da der Bund nach wie vor einen Teil der demografiebedingten Mehrkosten der AHV mitträgt, wächst der Bundesbeitrag an die AHV trotz dieser Entlastung des Bundeshaushalts (2030 um 310 Mio.

Fr.) deutlich stärker als die Bundeseinnahmen im Durchschnitt. Weil die Ausgaben des Bundes über einen Konjunkturzyklus hinweg grundsätzlich nicht stärker zunehmen dürfen als die Einnahmen, muss das überdurchschnittliche Wachstum des Bundesbeitrags an die AHV mit einem unterdurchschnittlichen Wachstum der Ausgaben in anderen Aufgabengebieten kompensiert werden. Dadurch nimmt der Anteil dieser Aufgaben an den Gesamtausgaben des Bundes mit der Zeit ab. Dieser sogenannte Verdrängungseffekt beträgt im Jahr 2030 rund 1,4 Milliarden und kommt zur Mehrbelastung des
Bundes hinzu, die sich aus der bereits vollzogenen Neuordnung des Bundesbeitrags an die IV ergibt.

Die nachfolgende Tabelle zeigt die Veränderung des Bundesbeitrags an die AHV in den Jahren 2019 bis 2030 aufgrund der Neuordnung des Bundesbeitrags.

Tabelle 2-24 Veränderung des Bundesbeitrags an die AHV Beträge in Millionen Franken, zu Preisen von 2014 Jahr

Senkung Bundesbeitrag

17 % Demografieprozent

Total Neuordnung

2019 2020 2021 2022 2023 2024 2025

­705 ­710 ­744 ­749 ­782 ­786 ­823

539 547 554 561 567 573 579

­166 ­163 ­190 ­188 ­215 ­213 ­244 113

Jahr

Senkung Bundesbeitrag

17 % Demografieprozent

Total Neuordnung

2026 2027 2028 2029 2030

­827 ­864 ­871 ­913 ­919

585 591 597 603 609

­242 ­273 ­274 ­310 ­310

2.6

Weitere Anpassungen in der AHV und der beruflichen Vorsorge

2.6.1

Weitere Anpassungen in der AHV

Anpassungen betreffend Versicherungsunterstellung in der AHV Die zunehmende Globalisierung bedingt eine vermehrte Koordinierung der schweizerischen Sozialversicherungen mit den verschiedenen ausländischen Sozialversicherungssystemen. Dies hat dazu geführt, dass die Schweiz bis heute mit 45 Staaten über Sozialversicherungsabkommen verbunden ist, die dem Landesrecht vorgehen.

Das innerstaatliche Recht konnte den internationalen Entwicklungen bis anhin nur punktuell Rechnung tragen. Die Reformvorlage bietet die Gelegenheit einer gesamthaften Überarbeitung der Regeln über die Versicherungsunterstellung. Insbesondere soll das international geltende Erwerbsortsprinzip in der obligatorischen Versicherung konsequent umgesetzt werden. Der Anknüpfungspunkt an den Wohnsitz gelangt deshalb nur noch für Personen ohne jegliche Erwerbstätigkeit zur Anwendung.

Eine Ausnahme vom Erwerbsortsprinzip besteht einzig für Personen mit Privilegien und Immunitäten, die gemäss den Regeln des Völkerrechts in Bezug auf ihre Dienste für den Entsendestaat von den Rechtsvorschriften des Empfangsstaats befreit sind.

Deshalb sind Personen mit Privilegien und Immunitäten, die für die Schweiz im Ausland tätig sind, obligatorisch in der AHV zu versichern.

Mit der konsequenten Umsetzung des Erwerbsortsprinzips kann es nicht mehr zu Doppelbelastungen kommen, womit die bisherige Ausnahmeregelung wegen unzumutbarer Doppelbelastung obsolet wird.

Für Personen, die einen engen Bezug zur Schweiz aufweisen, soll jedoch die Möglichkeit bestehen bleiben, sich weiterhin in der AHV zu versichern. Das AHVG kennt heute die Weiterführungsversicherung (setzt eine vorbestandene Versicherung voraus) und die Beitrittsversicherung (ohne vorbestandene Versicherung), welche je unterschiedliche Voraussetzungen haben. Dies führt zu nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlungen und erschwert die Rechtsanwendung, weshalb es ­ mit Ausnahme eines Sonderfalls ­ neu nur noch eine Weiterführungsmöglichkeit in der obligatorischen Versicherung geben soll.

Die Übergangsbestimmungen sehen vor, dass gemäss bisherigem Recht versicherte Personen weiterhin der AHV unterstellt bleiben. Des Weiteren besteht die Option, aus der obligatorischen Versicherung auszuscheiden, wenn das neue Recht keine Versicherungsunterstellung mehr vorsieht.

114

Systematische Neuordnung der Versicherungsunterstellung Heute wird die Versicherungsunterstellung in einer einzigen Bestimmung geregelt, nämlich in Artikel 1a AHVG. Diese Bestimmung ist mit jeder Gesetzesrevision grösser und komplexer geworden (sechs Absätze, die teilweise in Buchstaben unterteilt und in einem Buchstaben noch in Ziffern aufgegliedert werden). Der Regelungsgehalt von Artikel 1a erstreckt sich auf die obligatorische Versicherungsunterstellung, deren Ausnahmen sowie auf die Weiterführungs- und Beitrittsversicherung.

Für die Rechtsanwendung ist diese Bestimmung zu unübersichtlich und kompliziert geworden, da sie zu viele unterschiedliche Informationen enthält. Die verschiedenen Themen von Artikel 1a werden deshalb zur besseren Übersicht separat, in je einer eigenen Bestimmung (Art. 1a­1d E-AHVG) geregelt.

Aufhebung des Wohnsitzprinzips für Personen ohne Erwerbstätigkeit Gemäss der heutigen Regelung sind Personen mit Wohnsitz in der Schweiz insbesondere als Nichterwerbstätige, aber auch als Erwerbstätige in der AHV versichert. Es gilt primär das sogenannte Wohnsitzprinzip, und auch Einkommen, die in einem Nichtvertragsstaat (völkerrechtliche Verträge gehen dem innerstaatlichen Recht vor) erzielt werden, unterliegen der Beitragspflicht in der AHV. Dies widerspricht dem international anerkannten Erwerbsortprinzip, nach welchem eine Person im Staat, in dem sie arbeitet, der Versicherung zu unterstellen ist. Die Anknüpfung am Wohnsitz auch für erwerbstätige Personen ist nicht mehr zeitgemäss und kann zu Doppelunterstellungen mit entsprechenden Doppelbelastungen an Beiträgen führen.

Der Wohnsitz als Anknüpfungspunkt für eine obligatorische Versicherung soll deshalb neu nur noch für Personen ohne Erwerbstätigkeit gelten, und zwar nicht nur ohne Erwerbstätigkeit im Inland, sondern auch ohne eine solche im Ausland. Für im Ausland Erwerbstätige mit Wohnsitz in der Schweiz soll jedoch grundsätzlich die Möglichkeit offenstehen, die Versicherung weiterzuführen.

Die finanziellen Folgen dieser Massnahme können nicht abgeschätzt werden, weil unklar ist, wie viele Personen von der Möglichkeit zur Weiterführungsversicherung Gebrauch machen werden. Angesichts der wenigen betroffenen Personen dürften diese Folgen indessen nicht ins Gewicht fallen.

Anpassung des Versicherungsobligatoriums für
Spezialkategorien Das Gesetz kennt heute Personenkategorien (Schweizer Bürgerinnen und Bürger im Dienst der Eidgenossenschaft oder von Hilfsorganisationen), die trotz Erwerbstätigkeit im Ausland obligatorisch in der Schweiz versichert sind. Diese Sonderregelung führt zu Ungleichbehandlungen, indem bestimmte Arbeitgeber privilegiert werden.

Andererseits werden ausländische Staatsangehörige mit engem Bezug zur Schweiz benachteiligt, da das Versicherungsobligatorium auf Schweizer Staatsangehörige beschränkt ist. Diese Sonderbehandlungen sollen eingeschränkt werden. Würden im Ausland tätige Arbeitnehmende indessen konsequent nicht mehr in der AHV versichert, so könnte dies für Personen mit Vorrechten und Immunitäten jedoch dazu führen, dass sie sich weder in der Schweiz noch im Empfangsstaat obligatorisch versichern könnten. Denn gemäss den Regeln des Völkerrechts sind diese Personen im Empfangsstaat für ihre Dienste, die sie für den Entsendestaat (Schweiz) ausüben, von der obligatorischen Versicherung befreit. Deshalb sind Personen mit Vorrechten und Immunitäten trotz Erwerbstätigkeit im Ausland grundsätzlich in der Schweiz zu versichern. Für alle anderen Arbeitnehmenden der eingangs erwähnten Personen-

115

kategorien besteht diese Gefahr dagegen nicht. Ausserdem haben sie grundsätzlich die Möglichkeit, die Versicherung weiterzuführen.

Die finanziellen Folgen dieser teilweisen Systemänderung, die nur einen kleinen Personenkreis betrifft, sind kaum abschätzbar; die Neuregelung dürfte indessen nahezu kostenneutral sein.

Neuregelung der weiterführenden Versicherungen Das AHVG kennt nach heutigem Recht zwei zusätzliche Möglichkeiten, sich dem Obligatorium der AHV zu unterstellen: zum einen die Beitrittsversicherung (namentlich begleitende nichterwerbstätige Ehegatten gemäss Art. 1a Abs. 4 Bst. c und Personen mit Schweizer Wohnsitz gemäss Art. 1a Abs. 4 Bst. a), zum anderen die Weiterführungsversicherung (im Ausland tätige Arbeitnehmende von Schweizer Arbeitgebern und nichterwerbstätige Studierende mit Wohnsitz im Ausland gemäss Art. 1a Abs. 3 Bst. a und b). Im Gegensatz zur Beitrittsversicherung, die keine Vorversicherung in der AHV verlangt, ist für die Weiterführungsversicherung eine ununterbrochene Vorversicherungsdauer von fünf Jahren vorausgesetzt.

Gegenwärtig genügt für die Beitrittsversicherung ein gewisser Bezug zur Schweiz (Schweizer Wohnsitz oder ein in der Schweiz obligatorisch versicherter Ehegatte).

Die Weiterführungsversicherung verlangt hingegen nebst dem Bezug zur Schweiz (Schweizer Arbeitgeber) noch einen Bezug zur AHV (fünfjährige Vorversicherungsdauer). Die unterschiedlichen Voraussetzungen waren schon bisher fragwürdig. Die Reformvorlage schafft die Gelegenheit zur Bereinigung. Aus Gründen der Gleichbehandlung sollen die bestehenden Beitrittsversicherungen in Weiterführungsversicherungen umgewandelt werden, womit es nur noch eine Möglichkeit gibt, sich gestützt auf Schweizer Recht in der obligatorischen AHV zu versichern. Somit verbleibt nur noch eine besondere Art der Beitrittsversicherung, welche ihre Grundlage im internationalen Recht hat. Die AHV ist damit nur noch für Personen offen, die sowohl einen Bezug zur Schweiz als auch zur AHV aufweisen.

Betroffen von dieser Neuordnung ist einerseits die bisherige Beitrittsversicherung für Personen mit Wohnsitz in der Schweiz, die aufgrund einer Erwerbstätigkeit im Ausland nicht in der AHV versichert sind (bisheriger Art. 1a Abs. 4 Bst. a). Diese Personen sind im Ausland versichert, weshalb die Versicherung in der AHV eine Zusatzversicherung
darstellt. Eine solche rechtfertigt sich bei einem nur minimalen Bezug zur Schweiz nicht, sondern es bedarf noch einer zusätzlichen Anknüpfung zur AHV, welche mit der Vorversicherungsdauer gewährleistet wird. Anderseits betrifft die Änderung nichterwerbstätige Ehegatten, welche die versicherte erwerbstätige Person ins Ausland begleiten (bisheriger Art. 1a Abs. 4 Bst. c). Die AHV ist keine Familienversicherung, vielmehr muss jede Person die Versicherungsvoraussetzungen selber erfüllen. Mit der Umwandlung in eine Weiterführungsversicherung, die eine Vorversicherungsdauer voraussetzt, wird auch der Bezug des nichterwerbstätigen Ehegatten zur AHV gewährleistet.

Die bisher gültige Vorversicherungsdauer von fünf Jahren erscheint in Anbetracht des globalisierten Arbeitsmarktes als relativ lang und soll deshalb auf drei Jahre verkürzt werden. Für die bisherigen Weiterführungsversicherungen bedeutet dies eine Reduktion der Vorversicherungsdauer um zwei Jahre. Neu wird diese Reglung nicht mehr auf Verordnungsstufe geregelt, sondern ins Gesetz übernommen.

116

Die finanziellen Folgen dieser Massnahme sind nicht bestimmbar, da nicht abgeschätzt werden kann, wie viele Personen von der Weiterführungsversicherungsmöglichkeit Gebrauch machen werden.

Weitere Anpassungen Im Zuge der Überarbeitung der Versicherungsunterstellung werden diejenigen Regelungen aufgehoben, die in der Praxis gänzlich an Bedeutung verloren haben (unzumutbare Doppelbelastung und Weiterversicherung von Studierenden mit Wohnsitz im Ausland). Des Weiteren wird die Versicherungssituation von Kindern, die ihre in der AHV versicherten Eltern ins Ausland begleiten, verbessert und diejenige von ausländischen Personen mit Vorrechten und Immunitäten, die in der Schweiz tätig sind, präzisiert. Schliesslich wird für Angehörige der Päpstlichen Garde, die sich freiwillig in der AHV versichern wollen, eine Sonderregelung geschaffen, welche zur Folge hat, dass sich die Betroffenen in aller Regel günstiger versichern können.

Diese Anpassungen sind weitgehend kostenneutral.

2.6.2

Weitere Anpassungen in der beruflichen Vorsorge

In der beruflichen Vorsorge sind im Wesentlichen die folgenden weiteren Anpassungen vorgesehen: Paritätische Verwaltung der Vorsorgeeinrichtungen Die Umsetzung der paritätischen Verwaltung stellt autonome und teilautonome Vorsorgeeinrichtungen vor keine besonderen Probleme. Anders verhält es sich für Sammel- und Gemeinschaftseinrichtungen. Die Umsetzung des Prinzips der paritätischen Verwaltung bereitet vor allem bei der Wahl der Arbeitnehmervertreterinnen und -vertreter der von Versicherungsunternehmen gegründeten Sammeleinrichtungen Probleme. Das Fehlen von demokratischen Direktwahlen wurde von den Arbeitnehmerverbänden scharf kritisiert. Bemängelt wurde vor allem, dass die Versicherer die Wahl beeinflussen, indem sie selbst die Kandidatinnen und Kandidaten bestimmen. Überdies besteht keine Garantie, dass sich die Arbeitnehmenden an der Wahl beteiligen können und über ihre Durchführung informiert werden.

Um die Legitimität der Arbeitnehmervertretung im obersten Organ der Sammeleinrichtungen zu verstärken und eine demokratische Wahl sicherzustellen, müssen die Arbeitnehmenden die Möglichkeit erhalten, Kandidatenlisten vorzuschlagen. Dieses Recht darf nicht durch reglementarische Bestimmungen eingeschränkt werden.

Ferner ist ein System vorzusehen, dass den Arbeitnehmenden die Möglichkeit gibt, ihr aktives und passives Wahlrecht auszuüben. Es wird deshalb vorgesehen, das Wahlrecht der versicherten Personen und das System der Listenwahl gesetzlich zu verankern. Um den grossen Unterschieden zwischen den verschiedenen Vorsorgeeinrichtungen (z.B. in Bezug auf Grösse, Versichertenzahl usw.) Rechnung zu tragen, erhält der Bundesrat die Kompetenz, in Bezug auf die Verpflichtung, Kandidatenlisten aufzustellen, Ausnahmen vorzusehen.

117

Verbesserung der beruflichen Vorsorge für Selbstständigerwerbende ohne Angestellte Es gibt derzeit keine klare gesetzliche Grundlage für den Anschluss von Selbstständigerwerbenden ohne Angestellte an eine andere Vorsorgeeinrichtung als an diejenige des Berufsverbandes (ein solcher ist nicht immer vorhanden) oder an die Auffangeinrichtung (Art. 44 BVG). Der Anschluss an eine Sammeleinrichtung beispielsweise ist umstritten. Es wird daher in Erfüllung eines Postulats111 vorgeschlagen, die Anschlussmöglichkeiten für Selbstständigerwerbende zu erweitern.

Anpassungen im Bereich der kollektiven Flexibilisierungsmodelle Das FZG ist für Vorsorgeeinrichtungen konzipiert, die im Kapitaldeckungsverfahren finanziert werden, und regelt insbesondere den Ein- in eine Vorsorgeeinrichtung und den Austritt daraus. Die von den Sozialpartnern vor allem in der Baubranche für einen flexiblen Altersrücktritt geschaffenen Stiftungen, wie beispielsweise die Stiftung Flexibler Altersrücktritt (Stiftung FAR), werden demgegenüber grösstenteils im Rentenwertumlageverfahren finanziert. Entsprechend besteht kein Anspruch auf eine Austrittsleistung. Durch eine ausdrückliche Ausnahme dieser Stiftungen aus dem Geltungsbereich des FZG werden bisherige Anwendungsprobleme behoben.

Weiter soll im Rahmen von solchen kollektiven Flexibilisierungsmodellen ein Altersrücktritt trotz der generellen Anhebung des Mindestalters für den Bezug von Altersleistungen weiterhin vor Vollendung des 62. Altersjahres möglich sein. Der Bundesrat wird dies auf Verordnungsstufe explizit regeln.

Anpassung der Strafbestimmungen an das revidierte Strafgesetzbuch Mit den revidierten Allgemeinen Bestimmungen des Strafgesetzbuches112 (StGB), die am 1. Januar 2007 in Kraft getreten sind, wurde ein neues Sanktionssystem eingeführt. In der Folge sind die Strafbestimmungen im BVG anzupassen.

Einkauf in die reglementarischen Leistungen Das Recht der versicherten Person zum Einkauf in die reglementarischen Leistungen wird neu explizit in Artikel 79b BVG aufgenommen. Zusätzlich wird präzisiert, dass mit dem Einkaufsbetrag zuerst die Lücke im BVG-Altersguthaben gefüllt werden muss.

Erweiterung der anwendbaren Bestimmungen für nicht registrierte Vorsorgeeinrichtungen Im Rahmen der Strukturreform bzw. der Finanzierung von Vorsorgeeinrichtungen öffentlich-rechtlicher
Körperschaften wurden die Aufgaben des obersten Organs geregelt (Art. 51a BVG). Diese Bestimmung gilt auch für Vorsorgeeinrichtungen, die mehr als die BVG-Mindestleistungen gewähren (Art. 49 Abs. 2 Ziff. 7 BVG).

Sie soll jedoch generell für alle Vorsorgeeinrichtungen anwendbar sein, welche reglementarische Leistungen vorsehen, weshalb eine Erweiterung des Katalogs von Artikel 5 Absatz 2 BVG notwendig ist.

111

Postulat 12.3981 Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit-NR «Zweite Säule für Selbstständigerwerbende ohne Angestellte».

112 SR 311.0

118

Konkretisierung von gesetzlichen Grundlagen im BVG Mit dem 2. Paket der Strukturreform wurden die Anforderungen an Personen und Institutionen, die mit der Anlage und Verwaltung von Vorsorgevermögen betraut sind, verschärft (Art. 51b BVG i.V.m. Art. 48f BVV 2). Gleichzeitig wurden neue Loyalitäts- und Integritätsbestimmungen erlassen. Zur Konkretisierung der Anwendbarkeit dieser Bestimmungen sind entsprechende Anpassungen notwendig (Art. 53a BVG sowie Art. 25 Abs. 2 FZG).

Gründungsvoraussetzungen für Freizügigkeitseinrichtungen Freizügigkeitseinrichtungen können heute ohne spezielle Voraussetzungen gegründet werden. Diese Rechtslage birgt eine gewisse Gefahr für Missbräuche. Wie bereits für Sammel- und Gemeinschaftsstiftungen sollen deshalb spezielle Gründungsvoraussetzungen geschaffen werden. Hierzu ist in Artikel 26 Absatz 1bis FZG eine Kompetenzdelegation an den Bundesrat notwendig.

Anpassungen in Bezug auf die Oberaufsichtskommission Berufliche Vorsorge Im Rahmen der Strukturreform wurde die Oberaufsichtskommission Berufliche Vorsorge (OAK BV) mit der Aufgabe betraut, periodisch einen Bericht zur finanziellen Lage von Vorsorgeeinrichtungen zu publizieren. Um diese Aufgabe ordnungsgemäss durchführen zu können, ist eine entsprechende gesetzliche Grundlage notwendig (Art. 64a Abs. 1 Bst. h E-BVG). Gleichzeitig ist eine Präzisierung der Bemessungsgrundlage für die von der OAK BV bei den Aufsichtsbehörden zu erhebende Aufsichtsabgabe notwendig (Art. 64c Abs. 2 Bst. a E-BVG).

Aufhebung des Auftrags zur Festsetzung des technischen Zinssatzes Das geltende Recht beauftragt den Bundesrat, einen Zinsrahmen für den technischen Zinssatz zur Berechnung der Eintritts- und Austrittsleistungen in Versicherungsplänen im Leistungsprimat zu definieren (Art. 26 Abs. 2 FZG). Gemäss Artikel 8 FZV beträgt dieser Zinsrahmen heute 2,5­4,5 Prozent.

Diese Kompetenz soll aufgehoben werden, und es sollen diesbezüglich auch keine anderen Regeln vorgesehen werden. Die Festlegung des technischen Zinssatzes soll dem Ermessen der betroffenen Vorsorgeeinrichtungen überlassen werden, wie das bereits heute für die Zinssätze zur Berechnung der Rückstellungen für laufende Renten der Fall ist.

Einschränkung der Barauszahlung bei Geringfügigkeit Die Barauszahlung gemäss Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe c FZG wird eingeschränkt.
Sie soll nur noch möglich sein, wenn eine Person in den ersten drei Monaten nach dem Ausscheiden aus dem letzten Vorsorgeverhältnis keiner Vorsorgeeinrichtung beitritt.

Teilliquidation Eine weitere Anpassung an die Praxis und die Rechtsprechung ist in Bezug auf die Durchführung einer Teilliquidation notwendig (Art. 53d Abs. 1 E-BVG). Für Einzelheiten wird auf die Erläuterung zu dieser Bestimmung verwiesen.

119

Tarifierung nach kollektiven Grundsätzen in der beruflichen Vorsorge Neu soll im BVG verankert werden, dass die Vorsorgeeinrichtungen bei der Festlegung der Höhe der Risikobeiträge (Tod und Invalidität) kollektive Grundsätze beachten müssen. Eine gewisse Solidarität bei der Tragung des Risikos gehört zum Sinn und Zweck der Risikoversicherung in der beruflichen Vorsorge. Individuelle Beiträge, wie sie von einzelnen Vorsorgeeinrichtungen analog zur Praxis der Einzellebensversicherung praktiziert werden, sind damit nicht vereinbar. Die Vorsorgeeinrichtungen sind im Rahmen des Gesetzes bei der Finanzierung ihrer Leistungen nach wie vor frei und können unter Berücksichtigung der allgemeinen Grundsätze das Beitragssystem festlegen. Wie bisher wird es die Aufgabe des Experten für berufliche Vorsorge sein, dem zuständigen Organ der Vorsorgeeinrichtung aufgrund seines versicherungstechnischen Gutachtens eine Empfehlung zur Höhe der Risikobeiträge abzugeben. Es soll aber künftig nicht mehr zulässig sein, dass innerhalb des gleichen betrieblichen Kollektivs enorme Unterschiede in der Höhe der Risikobeiträge existieren.

Beitrag zur Finanzierung des Ausgleichs von Rentenumwandlungsverlusten: Abzug von der Austrittsleistung Vgl. zu diesem Abzug Ziffer 2.3.2 sowie Erläuterungen zu Artikel 17 Absatz 2 Buchstabe g E-FZG und Artikel 37 Absatz 2 Buchstabe b E-VAG.

2.7

Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens

Am 20. November 2013 eröffnete der Bundesrat das Vernehmlassungsverfahren.

Die Vernehmlassung dauerte bis zum 31. März 2014. Zur Stellungnahme eingeladen wurden die Kantone, die in der Bundesversammlung vertretenen politischen Parteien, die Spitzenverbände der Wirtschaft und weitere Organisationen.

Das Reformprojekt ist auf breites Interesse gestossen. Insgesamt sind 168 Stellungnahmen eingegangen. Davon stammen 89 von nicht direkt angeschriebenen Organisationen und Interessierten, die sich in ihrer Eingabe in der Regel auf bestimmte, sie speziell interessierende Themenbereiche beschränken.

Der vollständige Vernehmlassungsbericht kann im Internet konsultiert werden.113 Die hauptsächlichsten Tendenzen der Antworten lassen sich wie folgt zusammenfassen: Grundsätzliche Befürwortung der Notwendigkeit und der Hauptziele der Reform Die Hauptziele der Vorlage ­ Erhaltung des Niveaus der Altersrenten und Sicherung der Finanzierung der Altersvorsorge ­ werden allgemein anerkannt. Damit das Leistungsniveau aufrechterhalten werden kann, wird die Sicherung der Finanzierung der Sozialwerke als notwendig erachtet. Die Stossrichtung wird insofern bestätigt, obschon bürgerliche Kreise und Wirtschaftsverbände die Vorlage als zu unausgewogen und zu stark auf Mehreinnahmen ausgerichtet erachten. Die SVP und der Schweizerische Gewerbeverband lehnen sie deshalb in dieser Form ab.

113

120

www.admin.ch > Bundesrecht > Vernehmlassungen > Abgeschlossene Vernehmlassungen > 2013 > Eidgenössisches Departement des Innern

Grundsätzliche Befürwortung der Gesamtschau, aber nicht uneingeschränkte Befürwortung der Reform in einem Gesamtpaket Das Vorgehen, die 1. und die 2. Säule gesamtheitlich zu betrachten wird mehrheitlich begrüsst. Geteilte Meinungen bestehen in Bezug auf die Reform der Altersvorsorge 2020 als Gesamtpaket. Vor allem von Arbeitgeberverbänden und teilweise von den Kantonen wird gefordert, die Vorlage in mehrere Pakete aufzuteilen und gewisse Themen schneller anzugehen. Über die Aufteilung der Revisionsthemen gibt es aber keinen Konsens zwischen den Kritikern. Einige Vernehmlassungsteilnehmende, insbesondere die Kantone, würden es ausserdem begrüssen, wenn mit der Vorlage auch die Ergänzungsleistungen thematisiert bzw. gewisse Themen (etwa Kapitalbezug in der 2. Säule) in die Reform integriert würden.

Geteilte Meinungen zur Verbindung der Erhöhung der Mehrwertsteuer mit den übrigen Massnahmen Zu diesem Vorschlag gab es nur wenige Bemerkungen. Die Idee der Verknüpfung der Erhöhung der Mehrwertsteuer mit den übrigen Massnahmen wird von einigen Teilnehmern begrüsst, während sich andere vorstellen können, die Erhöhung der Mehrwertsteuer separat zu behandeln. Abgelehnt wird die Verknüpfung insbesondere von Kreisen, die gegen ein höheres Referenzalter der Frauen sind.

Überwiegende Zustimmung zu einem einheitlichen Referenzalter 65 für Frauen und Männer Eine überwiegende Mehrheit der 140 Teilnehmenden, die sich dazu äussern, befürwortet die Harmonisierung des Referenzalters bei 65 Jahren in der AHV und der beruflichen Vorsorge. Es werden aber auch Bedenken zur bisweilen schwierigen Situation der Erwerbstätigen im fortgeschrittenen Alter geäussert und flankierende Massnahmen gefordert. Die Ablehnenden (linke Parteien, Gewerkschaftskreise, Frauenorganisationen) argumentieren mit Lohndiskriminierung und weiteren Benachteiligungen der Frauen. Während sich insbesondere einzelne Kantone explizit zufrieden zeigen, dass angesichts der Arbeitsmarktsituation keine weitere Erhöhung des Referenzalters geplant ist, darf für andere Kantone sowie für bürgerliche Parteien und Wirtschaftskreise auch eine weitere Erhöhung des Referenzalters kein Tabuthema sein.

Zustimmung zur Flexibilisierung des Rentenbezugs, jedoch mehrheitliche Ablehnung der Erhöhung des Mindestalters (von 58 auf 62) für den Vorbezug der Altersleistung
in der beruflichen Vorsorge Die Flexibilisierung des Rentenbezugs stösst durchwegs auf ein positives Echo und wird teilweise sogar als Kernstück der vorliegenden Vorlage bezeichnet. Der Teilrentenbezug wird von vielen als innovativ begrüsst und nur von wenigen als administrativ zu aufwendig kritisiert. Mit den Bezugsmöglichkeiten zwischen dem 62.

und 70. Altersjahr könne ein sanfterer Übergang in den Ruhestand ermöglicht oder ein Anreiz für einen längeren Verbleib im Erwerbsleben geschaffen werden. Vereinzelt wird eine Flexibilisierung zwischen dem 60. und 70. Altersjahr gewünscht. In 44 Eingaben (von 66, die sich dazu äusserten) wird verlangt, das aktuelle Mindestalter für den Vorbezug einer Altersleistung in der beruflichen Vorsorge bei 58 Jahren zu belassen, 11 könnten sich mit einer Erhöhung auf Alter 60 einverstanden erklären.

121

Geteilte Meinungen zum Vorbezug für Personen mit tiefen bis mittleren Einkommen Dem Grundsatz, Personen mit langer Erwerbsdauer und kleinen Einkommen die vorzeitige Pensionierung (ab Alter 62) finanziell zu erleichtern, stimmen über die Hälfte der Kantone, mehrere Parteien und zahlreiche Organisationen zu. Mit dem vorgeschlagenen Modell sind aber nicht alle einverstanden. Insbesondere links Politisierende sowie Frauen- und Behindertenorganisationen verlangen eine weitere Öffnung der Zugangsvoraussetzungen. Bürgerliche Parteien und die Verbände der Schweizer Wirtschaft lehnen die vorgeschlagene Massnahme ab, weil auf jeglichen Leistungsausbau zu verzichten sei.

Grundsätzliche Befürwortung der Anpassung des Mindestumwandlungssatzes Zur Anpassung des Mindestumwandlungssatzes haben fast drei Viertel der Teilnehmenden Stellung genommen. Die grosse Mehrheit begrüsst die Massnahme zumindest im Grundsatz und anerkennt die Notwendigkeit der Anpassung. Teilweise würde allerdings ein anderes Vorgehen bevorzugt: So wird in zahlreichen Stellungnahmen gefordert, der Mindestumwandlungssatz solle entpolitisiert, also nicht mehr im Gesetz festgelegt werden. Eine Minderheit der Teilnehmenden, so linke Parteien und Teilnehmende aus Gewerkschaftskreisen, spricht sich gegen die Anpassung aus.

Von den wenigen Teilnehmenden, die sich explizit zur Übergangsregelung für die Anpassung des Mindestumwandlungssatzes äussern, erklären sich die meisten damit einverstanden. Vereinzelt wird eine längere Übergangsfrist gefordert.

Geteilte Meinungen zu den Ausgleichsmassnahmen zur Anpassung des Mindestumwandlungssatzes Unter den Teilnehmenden herrscht Einigkeit darüber, dass die Anpassung des Mindestumwandlungssatzes Ausgleichsmassnahmen voraussetzt, damit das Leistungsniveau erhalten bleibt. Die Neuregelung des Koordinationsabzugs (in der Vernehmlassungsvorlage war der Systemwechsel von einem fixen zu einem variablen Koordinationsabzug in der Höhe von 25 Prozent des AHV-Lohns vorgesehen) wird mehrheitlich begrüsst, so insbesondere von zahlreichen Kantonen sowie den sich äussernden politischen Parteien. Eine nicht unbeachtliche Anzahl von Teilnehmenden beantragt sogar dessen vollständige Aufhebung. Als positiv wird von vielen Seiten die bessere Vorsorge von Teilzeitbeschäftigten, insbesondere der Frauen, hervorgehoben. Es werden
aber auch Vorbehalte geäussert, z.B. seitens der Arbeitgeberverbände: Die Massnahme sei zu teuer und vermindere die verfügbaren Einkommen während der Erwerbsdauer. Mehrere Teilnehmende verlangen eine weniger weitgehende Senkung, z.B. auf die Höhe der Eintrittsschwelle. Eine Anpassung der Altersgutschriften wird zwar im Grundsatz breit akzeptiert; gegenüber der konkret vorgeschlagenen Massnahme wird allerdings von vielen Seiten Kritik geübt. Insbesondere der geplante Sprung von 11,5 Prozent auf 17,5 Prozent mit 45 Jahren stösst auf Skepsis. In den Vernehmlassungen werden konkrete alternative Modelle vorgeschlagen, sehr oft in Kombination mit dem Wunsch nach einer Vorverlegung des Sparprozesses. So sollen sich beispielsweise die Gutschriftensätze für die verschiedenen Altersgruppen stärker annähern; vereinzelt wird die Abschaffung der Staffelung verlangt. Gemäss einem Vorschlag, den einige Teilnehmende unterstützen, sollen die neu vorgeschlagenen Gutschriftensätze um je 25 Prozent auf 5,250 Prozent, 8,625 Prozent und 13,125 Prozent reduziert und gleichzeitig der Koordinationsabzug abgeschafft werden. Mit diesem Modell würden genau gleich hohe 122

frankenmässige Altersgutschriften resultieren. Der vorgeschlagenen Einmalzahlung für die Übergangsgeneration stehen viele Teilnehmende kritisch gegenüber. Kritisiert werden in den Stellungnahmen vor allem die Dauer der Übergangsfrist, die «doppelte Schattenrechnung» sowie die zentralisierte Lösung über den Sicherheitsfonds.

Institutionelle Massnahmen in der beruflichen Vorsorge Zirka ein Viertel der Teilnehmenden nimmt zu den Vorschlägen zur Erhöhung der Mindestquote Stellung. Über die Hälfte äussert sich ablehnend oder kritisch, 18 befürworten eine Anpassung. Auf Ablehnung stösst die Anpassung tendenziell bei den Arbeitgeber- und Branchenvertretern, auf Zustimmung bei den Arbeitnehmerorganisationen. Die Zustimmenden sehen heute eine ungenügende Partizipation der Versicherten, während die Ablehnenden argumentieren, dass mit einer Erhöhung der Mindestquote das für KMU wichtige Vollversicherungsmodell gefährdet werde.

Grossmehrheitlich begrüsst wird die Einführung einer zusätzlichen Prämienart zur Finanzierung von Rentenumwandlungsverlusten bzw. des Rentenumwandlungssatzes. Sie diene insbesondere der Herstellung von Transparenz und sei entsprechend sinnvoll. Das Gros der Teilnehmenden nimmt zu den Massnahmen im Bereich Anlagevorschriften keine Stellung. Vor allem die Fachverbände sowie die Vorsorgeund Versicherungseinrichtungen lehnen die vorgeschlagenen Massnahmen ab. Als Hauptargumente werden der Eingriff in die Autonomie der Vorsorgeeinrichtungen sowie die damit wegfallenden Diversifikationsmöglichkeiten angeführt. Zudem seien die Massnahmen in der Praxis kaum umsetzbar und entsprechend mit unverhältnismässig hohen Kosten verbunden.

Grundsätzlich positive Aufnahme der Neuregelung der Hinterlassenenrenten in der AHV, jedoch Kritik an der Regelung für Witwen mit erwachsenen Kindern Anpassungen bei den Renten von Witwen und Witwern an die heutigen gesellschaftlichen Verhältnisse werden von den Teilnehmenden durchwegs (74 von 96 Stimmen, davon 11 mit Vorbehalt) unterstützt. Auf grosse Zustimmung stossen insbesondere der Wegfall der Witwenrente für Kinderlose und die betragsmässige Senkung der Witwenrente bei gleichzeitiger Anhebung der Waisenrente. Die Anknüpfung an Betreuungspflichten wird zwar grundsätzlich als richtig und zeitgemäss erachtet, wenn auch nicht vorbehaltslos, da frauenspezifische
Erwerbsbiografien zu berücksichtigen seien. Es wird zudem mehrfach vorgebracht, dass Frauen, die bei der Verwitwung erwachsene Kinder haben, nicht gleichgesetzt werden dürfen mit Frauen, die nie Kinder hatten. Von den grundsätzlich Zustimmenden wird vereinzelt gefordert, die Hinterlassenenrenten in einer späteren (separaten) Vorlage anzupassen.

Geteilte Meinungen zu den Massnahmen zur Gleichbehandlung im Bereich der AHV-Beiträge Zu diesen Vorschlägen äusserten sich nur wenige. Während die Kantone diese mehrheitlich positiv aufnehmen, halten sich Zustimmung und Ablehnung bei den Parteien fast die Waage. Arbeitgeberkreise lehnen die Massnahmen ab, bei Arbeitnehmerorganisationen und den übrigen Organisationen überwiegen die zustimmenden Reaktionen.

123

Breite Zustimmung zu den Massnahmen zugunsten älterer Arbeitsloser in der beruflichen Vorsorge Zur Ausdehnung der Möglichkeit zur freiwilligen beruflichen Vorsorge für ältere Arbeitslose äussert sich die grosse Mehrheit der Teilnehmenden, die dazu Stellung nehmen, positiv. In einigen Vernehmlassungen wird allerdings darauf hingewiesen, dass die Massnahme nur beschränkt wirksam sei, da nur finanziell gut gestellte Personen trotz Arbeitslosigkeit Beiträge an die berufliche Vorsorge bezahlen könnten. Auf positives Echo stösst auch der Vorschlag, dass die Auffangeinrichtung den Bezug von Freizügigkeitsguthaben in Rentenform ermöglichen solle. Mehrere Teilnehmende würden es begrüssen, wenn Versicherte ab einem gewissen Alter in der Vorsorgeeinrichtung des letzten Arbeitgebers bleiben und später von dieser eine Rente beziehen könnten.

Geteilte Meinung zur Herabsetzung der BVG-Eintrittsschwelle 96 Teilnehmende nehmen Stellung zur vorgeschlagenen Senkung der Eintrittsschwelle. Zirka zwei Drittel davon stimmen einer Senkung der Eintrittsschwelle ganz oder eher zu. Als positiv wird insbesondere erwähnt, dass damit der Versicherungsschutz für Personen in atypischen Arbeitsverhältnissen auch für die Risiken Invalidität und Tod verbessert werden kann. Etwa ein Drittel lehnt den Vorschlag als unwirksam und zu teuer ab.

Mehrheitliche Ablehnung der Festlegung des Mindestzinssatzes ex post Die Mehrheit der rund 50 Teilnehmenden, die sich zu diesem Vorschlag äussern, lehnt ihn ab. Insbesondere das Echo der Fachverbände und Vorsorgeeinrichtungen fällt negativ aus: Die Festlegung des Mindestzinssatzes ex post bringe keinen nennenswerten Mehrwert und verkompliziere das System, insbesondere durch die Führung zweier Zinssätze im gleichen Jahr.

Mehrheitliche Zustimmung zu einer Zusatzfinanzierung für die AHV mit Mehrwertsteuereinnahmen, aber Vorbehalte zur vorgeschlagenen schrittweisen Erhöhung auf maximal 2 Mehrwertsteuerprozente Die Absicht, zur Schliessung einer Finanzierungslücke in der AHV auf die Mehrwertsteuer zuzugreifen, stösst auf breite Zustimmung. Die Befürwortenden erachten eine Finanzierung mit einer moderaten Erhöhung der Mehrwertsteuer als sinnvoller als mit einer Erhöhung der Lohnprozente oder andern Steuern. Der konkrete Vorschlag einer schrittweisen Erhöhung auf maximal 2 Prozente wird jedoch nur
von wenigen unterstützt: Nach Meinung einiger Kantone (und weiteren Teilnehmenden) soll das zweite Mehrwertsteuerprozent erst erhoben werden, wenn es dringend notwendig ist, und zu gegebener Zeit allenfalls mit andern Massnahmen verknüpft werden, beispielsweise mit einer schrittweisen Erhöhung des Referenzalters. Andere plädieren für eine geringere Erhöhung, teilweise ebenfalls schrittweise und teilweise gekoppelt an bestimmte Bedingungen. Eine proportionale Anpassung wird der linearen vorgezogen. Einzelne Kritiker einer Mehrwertsteuer nennen als Finanzierungsmöglichkeiten etwa die Erbschaftssteuer. Verschiedentlich wird auch die Prüfung anderer Finanzierungsquellen gewünscht.

Eine Minderheit, darunter die SVP und der Schweizerische Gewerbeverband, lehnen eine Mehrwertsteuer-Erhöhung entschieden ab.

124

Grundsätzliche Zustimmung zu einem Interventionsmechanismus in der AHV, aber Vorbehalte gegenüber dem vorgeschlagenen Mechanismus Die Einführung eines Interventionsmechanismus, der sicherstellt, dass bei einer drohenden Schieflage rechtzeitig Stabilisierungsmassnahmen ergriffen werden, wird von einer Mehrheit der Teilnehmenden, die dazu Stellung genommen haben, befürwortet. Der konkret vorgeschlagene Mechanismus findet jedoch nur beschränkt vorbehaltslose Unterstützung. Die Massnahme stösst insbesondere bezüglich der automatischen Massnahmen (2. Stufe des Mechanismus) auf Widerstand. Einige lehnen Automatismen grundsätzlich ab, andere opponieren gegen mögliche Beitragserhöhungen. Als alternative Stabilisierungsregel wird in etlichen Stellungnahmen eine Anbindung an eine schrittweise Erhöhung des Referenzalters vorgeschlagen, eventuell zusammen mit einer zusätzlichen Finanzierung durch Mehrwertsteuereinnahmen.

Ablehnung der Neuordnung des Bundesbeitrags an die AHV Die rund 80 Teilnehmenden, die sich dazu geäussert haben, lehnen diese Massnahme deutlich ab. Der Vorschlag stösst auf Unverständnis; es wird ein zunehmender Druck auf die Leistungen und eine Instabilität der AHV befürchtet.

Anpassungen bei der Versicherungsunterstellung und Durchführung der AHV Die verschiedenen Massnahmen werden unterschiedlich beurteilt. In einigen Antworten wird vorgeschlagen, diese eher technischen Regelungen in einer separaten Vorlage zu unterbreiten.

Weitere Anpassungen in der beruflichen Vorsorge Zu den weiteren Anpassungen in der beruflichen Vorsorge äussern sich insgesamt nur wenige. Zu den folgenden Massnahmen äussert sich die Mehrheit eher positiv: Zur Stärkung der paritätischen Verwaltung der Vorsorgeeinrichtungen, zur Erweiterung der Anschlussmöglichkeiten für Selbstständigerwerbende ohne Angestellte, zur Konkretisierung der gesetzlichen Grundlagen betreffend Loyalitäts- und Integritätsvorschriften, zur Verschärfung der Gründungsvoraussetzungen für Freizügigkeitseinrichtungen, zu den Anpassungen in Bezug auf die OAK BV sowie zum Vorschlag, auf die Durchführung einer Teilliquidation in besonderen Fällen zu verzichten. Mehrheitlich abgelehnt werden dagegen die Einschränkung der Barauszahlung bei Geringfügigkeit, die Festlegung der Risikobeiträge nach kollektiven Grundsätzen sowie die Änderungen betreffend
Einkäufe.

Eingebrachte Revisionsvorschläge und Anliegen Die Teilnehmenden haben auch zahlreiche Änderungswünsche vorgetragen. So werden unter anderem eine bessere Koordination zwischen den Kinderrenten der 1. Säule und den Familienzulagen, eine sozialversicherungsrechtliche Gleichstellung von Ehepaaren und unverheirateten Paaren, eine Prüfung der Auswirkungen der Unternehmenssteuerreform II auf die AHV, Einschränkungen der Kapitalbezugsmöglichkeiten in der 2. Säule sowie ganz allgemein eine Stärkung der 1. Säule verlangt.

125

2.8

Stellungnahme der eidgenössischen Kommissionen

Die Eidgenössische AHV/IV-Kommission und die Eidgenössische BVG-Kommission sind die Beratungsorgane des Bundes zu Fragen im Zusammenhang mit der Entwicklung der AHV, der IV und der beruflichen Vorsorge. Sie haben die Kompetenz, eine Stellungnahme zu Revisionen in diesen Bereichen abzugeben. Die Konsultation der beiden auf die AHV bzw. das BVG spezialisierten Kommissionen ist aufgrund des gesamtheitlichen Ansatzes der Reform der Altersvorsorge 2020 jedoch nicht optimal. Es wurde deshalb ein Begleitausschuss aus Vertreterinnen und Vertretern eingesetzt, die in beiden eidgenössischen Kommissionen sitzen. Dieser Begleitausschuss wurde ab Beginn des Reformprozesses in die Gesetzgebungsarbeiten einbezogen und im Rahmen der Arbeiten zum Vernehmlassungsentwurf zweimal (am 22. September und 16. Oktober 2013) konsultiert. Parallel dazu wurden die eidgenössischen Kommissionen an den ordentlichen Sitzungen über die verschiedenen Arbeitsphasen informiert.

Zur Erarbeitung des vorliegenden Entwurfs fand sich der Begleitausschuss am 14. August 2014 zu einem Treffen zusammen. Dabei hatten die Mitglieder die Gelegenheit, sich zum Entwurf des Bundesbeschlusses, zum Entwurf des Bundesgesetzes sowie zu den dazugehörenden Erläuterungen zu äussern. Zum materiellen Inhalt nahm der Begleitausschuss nicht Stellung. Es wurden jedoch verschiedene Anträge auf redaktionelle Änderungen der Gesetzesbestimmungen gestellt, die weitgehend berücksichtigt wurden.

Ausserdem hatten auch die Eidgenössische AHV/IV-Kommission, die sich am 21. August 2014 traf, und die BVG-Kommission, die sich am 1. September 2014 versammelte, die Gelegenheit, sich zur Reformvorlage zu äussern.

2.8.1

Eidgenössische AHV/IV-Kommission

Die Eidgenössische AHV/IV-Kommission hat nicht zu allen vorgesehenen Gesetzesänderungen eine Detailberatung durchgeführt und verzichtete auf eine Stellungnahme zur Gesamtvorlage. Sie äusserte sich jedoch wie folgt zu einigen Grundzügen der Reformvorlage: Flexibilisierung des Altersrücktritts Im Allgemeinen wertet die Eidgenössische AHV/IV-Kommission das vorgeschlagene Modell des flexiblen Altersrücktritts als positiv, auch wenn dieses einen erheblichen Beratungsaufwand seitens der Durchführungsorgane erfordert. Im Hinblick auf das AHV-Vorbezugsmodell für Personen mit niedrigen Einkommen schlägt die Kommission vor, auf eines der Kriterien (Art. 40e Bst. c E-AHVG) zu verzichten, wonach Personen, die ihren Beschäftigungsgrad kurz vor dem Altersrücktritt stark reduzieren, von den Anspruchsberechtigten auszuschliessen sind. Diesem Antrag wurde nicht Folge gegeben, da dieses Kriterium für die Festlegung eines gezielten Kreises von Anspruchsberechtigten notwendig ist. Das Weglassen hätte zur Folge, dass Personen, deren Einkommen aufgrund einer freiwilligen Reduktion des Beschäftigungsgrades niedrig ist, ebenfalls zu den Anspruchsberechtigten zählen würden.

126

Anpassung der Regelung der AHV-Hinterlassenenrenten Auch wenn die Eidgenössische AHV/IV-Kommission nicht generell zu den neuen Bestimmungen Stellung bezogen hat, so hält sie doch eine Änderung von Artikel 23 Absatz 1 Buchstabe b E-AHVG für wünschenswert. Demnach soll der Anspruch auf eine Hinterlassenenrente auch allgemein auf Personen mit Anspruch auf Betreuungsgutschriften erweitert werden (vgl. Art. 29septies AHVG) und nicht nur für Personen gelten, die ein Kind betreuen.

Diesem Antrag wurde nicht Folge gegeben, da er dem Ziel der neuen Regelung widerspricht, den Schutz auf Personen mit Erziehungsaufgaben auszurichten.

Einführung eines Interventionsmechanismus für die AHV Die Eidgenössische AHV/IV-Kommission spricht sich für die Einführung eines Interventionsmechanismus für die AHV aus.

Zusatzfinanzierung für die AHV mittels MWST-Erhöhung Die Eidgenössische AHV/IV-Kommission befürwortet eine Zusatzfinanzierung der AHV über eine Mehrwertsteuererhöhung. In Bezug auf die Formulierung des Bundesbeschlusses bleibt die Kommission nach wie vor gespalten, insbesondere in Verbindung mit dem Entwurf des Bundesgesetzes über die Reform der Altersvorsorge 2020. Die eine Hälfte der Kommissionsmitglieder sprach sich dafür aus, die andere Hälfte dagegen.

2.8.2

Eidgenössische BVG-Kommission

Die BVG-Kommission ist der Ansicht, dass sie nicht formell konsultiert wurde, und verzichtete bei ihrem Treffen vom 1. September 2014 auf eine Stellungnahme zum Reformentwurf. Sie ergriff jedoch die Gelegenheit, Fragen zum Entwurf zu stellen, und brachte einige Anregungen vor, die weitgehend übernommen wurden.

2.9

Internationaler Vergleich

Um der Bevölkerungsalterung zu begegnen und so das Rentensystem langfristig zu sichern, wurden in den europäischen Staaten in den letzten zehn Jahren mehr oder weniger umfassende Reformen durchgeführt. Diese Reformen waren überwiegend darauf ausgerichtet, die Bevölkerung zu motivieren, mehr und länger zu arbeiten.

Dieses Ziel kann durch verschiedene Massnahmen erreicht werden.

Zum einen werden Massnahmen im Bereich des Rentenalters getroffen. In Ländern mit unterschiedlichem Rentenalter für Männer und Frauen wird das Rentenalter der Frauen an dasjenige der Männer angeglichen (Österreich, Italien, Vereinigtes Königreich). Einige Länder erhöhen das gesetzliche oder normale Rentenalter mit teilweise langen Übergangsperioden (Deutschland, Dänemark, Spanien, Niederlande, Vereinigtes Königreich). Die grösste Herausforderung für einige europäische Länder besteht allerdings darin, das Erwerbsaustrittsalter dem gesetzlichen Rentenalter anzunähern. In über zwei Dritteln der OECD-Länder liegt das durchschnittliche Erwerbsaustrittsalter unter dem ordentlichen Rentenalter. Die europäischen Länder schränken die Möglichkeiten der Frühpensionierung mehrheitlich ein (Belgien, 127

Deutschland, Frankreich, Italien, Irland, Niederlande, Österreich, Portugal, Spanien).

Sie gehen dabei unterschiedlich vor: Entweder sie heben das Mindestalter für den Anspruch auf den Rentenvorbezug an, erhöhen die Mindestbeitragsjahre für den Anspruch auf den Rentenvorbezug, kürzen die Renten stärker, oder sie streichen die Vorbezugsmöglichkeit ganz. Einige Staaten, wie zum Beispiel Frankreich und Deutschland, sehen für Arbeitnehmende mit langen Erwerbskarrieren oder für Personen, die gefährliche oder beschwerliche Arbeiten ausgeführt haben, Sonderbestimmungen vor. Die Versicherten werden zudem motiviert, ihren Altersrücktritt aufzuschieben. Dies geschieht über folgende Massnahmen: Einführung der Möglichkeit, den Rentenbezug aufzuschieben; Einführung der Teilpensionierung oder Kumulierung von Rente und Erwerbseinkommen (Frankreich), die den Übergang vom Erwerbsleben in den Ruhestand vereinfacht; «Belohnung» von Personen, die über das Rentenalter hinaus erwerbstätig sind, mit grosszügigen Rentenerhöhungen und anderen Anreizen (Frankreich).

Es werden auch leistungsseitige Massnahmen getroffen. Mehrere Reformen haben die Bemessungsregeln für die Altersrente geändert. Länder, in denen die Rente früher aufgrund der zehn oder zwanzig besten Jahre berechnet wurde, bemessen die Altersleistung jetzt unter Berücksichtigung der gesamten Erwerbskarriere oder einer längeren Beitragsperiode, andere setzen für die Auszahlung einer vollen Rente mehr Beitragsjahre voraus (Frankreich, Belgien, Spanien, Portugal). Zahlreiche Staaten ändern die Indexierungsregeln, zum Beispiel, indem sie die Renten nur noch an die Preiserhöhung, aber nicht mehr an die Lohnerhöhung anpassen (Frankreich) oder die Indexierung von wirtschaftlichen Faktoren oder der Lebenserwartung abhängig machen (Deutschland, Schweden, Italien). Fast alle OECD-Staaten sehen beitragsabhängige oder -unabhängige Hinterlassenenleistungen vor. Meistens sind diese Leistungen an den Anspruch des erwerbstätigen Ehegatten gebunden. In einigen Ländern wurden die Anspruchsvoraussetzungen an die höhere Arbeitsmarktbeteiligung der Frauen angepasst.

Bei der beruflichen Vorsorge ist darauf hinzuweisen, dass in Europa die Zusatzrentensysteme im Allgemeinen freiwillig sind und auf Gesamt- oder Einzelarbeitsverträgen beruhen. Sie sind deshalb nur beschränkt mit der
2. Säule der Schweiz vergleichbar und zudem in den meisten europäischen Ländern nur wenig ausgebaut.

Abhängig davon, ob das System obligatorisch oder freiwillig ist, wurden im Ausland mehr oder weniger umfassende Reformen durchgeführt. Nach Ausbruch der Finanzkrise rückte der Deckungsgrad der Vorsorgeeinrichtungen in den Fokus der Behörden. In einigen Ländern wurden daher auch Massnahmen zur Sicherung der betrieblichen Rentensysteme getroffen (Belgien, Niederlande, Vereinigtes Königreich, Irland, Island). Die meisten europäischen Länder bauen ihre Zusatzrentensysteme mit Anreizmassnahmen (Deutschland, Frankreich, Italien, Portugal) oder mit einer automatischen Unterstellung (auto-enrolment) von Personen, die nicht betrieblich oder individuell altersversichert sind (Irland und Vereinigtes Königreich) aus. Diese Politik könnte dazu führen, dass das Leistungsniveau der öffentlichen, umlagefinanzierten Vorsorgesysteme mit der Zeit durch entsprechende Massnahmen gesenkt wird. Gemäss OECD hat der Ausbau privater Vorsorgesysteme angesichts der nötigen Sanierungsmassnahmen in den öffentlichen Vorsorgewerken und ihren Auswirkungen auf die Leistungen auf jeden Fall Potenzial. Voraussetzung ist allerdings, dass die zuständigen Behörden die Verwaltungskosten und die anlagespezifischen Risiken im Auge behalten.

128

2.10

Behandlung parlamentarischer Vorstösse

Es wird vorgeschlagen, die folgenden parlamentarischen Vorstösse zur AHV und zur beruflichen Vorsorge abzuschreiben.

1. Säule Das Postulat der Spezialkommission NR vom 2. September 2003 «Indexierung der AHV-Renten» (03.3434) und das Postulat Maury Pasquier vom 19. Juni 2014 «Auswirkungen des Mischindex in der AHV» (14.3581) sind in Kapitel «Anpassung der Renten der AHV und Entwicklung des Mischindex», Ziffer 2.10.1 behandelt.

Die Motion der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit NR vom 25. November 2004 «Flexibilisierung des Rentenalters» (04.3623) ist in Kapitel «Flexibilisierung des Rentenbezugs», Ziffer 2.1.3 behandelt und in Artikel 39­ 40quinquies AHVG und Artikel 13­13d BVG konkretisiert.

Das Postulat Humbel vom 14. Dezember 2012 «AHV. Beitragssubstrat erhalten» (12.4223) ist in Kapital «Beitragssubstrat der AHV», Ziffer 2.10.2 behandelt.

Der Motion der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit SR vom 21. Oktober 2003 «Langfristige Sicherung des AHV/IV-Fonds» (03.3570) wird wie folgt entsprochen: ­

Die Mindesthöhe des Vermögens des AHV-Fonds sowie die Sanierungsmassnahmen im Falle einer Unterdeckung sind in Kapitel «Interventionsmechanismus in der AHV», Ziffer 2.5.2 behandelt und in Artikel 113 AHVG konkretisiert.

Die übrigen Forderungen der Motion wurden in anderen Projekten bereits realisiert: ­

Die Einführung eines Interventionsmechanismus in der IV wurde in der Botschaft zur IV-Revision 6b behandelt.

­

Die Trennung des AHV- und des IV-Fonds wurde durch das Bundesgesetz vom 13. Juni 2008114 über die Sanierung der Invalidenversicherung, in Kraft seit dem 1. Januar 2011, realisiert.

­

Die Verkleinerung und Professionalisierung des Verwaltungsrates wurde im Rahmen der am 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Änderung der Verordnung vom 2. Dezember 1996115 über die Verwaltung der Ausgleichsfonds der AHV, IV und EO realisiert.

Die Motion Luginbühl vom 16. März 2011 «Einführung von Fiskalregeln bei der AHV und bei der IV» (11.3113) ist in Kapitel «Interventionsmechanismus in der AHV», Ziffer 2.5.2 behandelt und in Artikel 113 AHVG konkretisiert.

Die Motion der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit SR vom 18. September 2003 «Für eine transparente Finanzierung der AHV» (03.3454) ist mit dem Vorschlag zur Neuordnung des Bundesbeitrages in Kapitel «Neuordnung des Bundesbeitrages an die AHV», Ziffer 2.5.3 behandelt und in Artikel 103 AHVG konkretisiert.

114 115

SR 831.27 SR 831.192.1

129

Die Motion Frehner vom 20. März 2013 «Einsitznahme von Ausländern im Kassenvorstand einer Verbandsausgleichskasse» (13.3125) wird mit Artikel 58 Absatz 2 E-AHVG umgesetzt.

2. Säule Das Postulat Vitali vom 19. September 2012 «Benachteiligungen im BVG abschaffen» (12.3731) ist in Kapitel «Ausgleichsmassnahmen», Ziffer 2.2.3 behandelt.

Das Postulat Fraktion BD vom 26. September 2012 «Pensionskasse. Altersleistungen durch früheres Sparen sichern» (12.3811) ist in Kapitel «Vorverlegung des Beginns des Sparprozesses», Ziffer 2.2.6 behandelt.

Das Postulat der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit NR vom 31. Oktober 2012 «Zweite Säule für Selbstständigerwerbende ohne Angestellte» (12.3981) ist in Kapitel «Weitere Anpassungen in der beruflichen Vorsorge», Ziffer 2.6.2 behandelt und in Artikel 44 Absatz 1 E-BVG konkretisiert.

Das Postulat Fetz vom 16. März 2013 «Angemessene berufliche Vorsorge auch für Angestellte in Berufen mit typischerweise mehreren Arbeitgebern» (12.3318) und die Motion der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit NR vom 12. Oktober 2012 «Vorsorgeschutz von Arbeitnehmenden mit mehreren Arbeitgebern oder mit tiefen Einkommen» (12.3974) sind in den Kapiteln «Verzicht auf den Koordinationsabzug», Ziffer 2.2.3.1 und «Herabsetzung der BVG-Eintrittsschwelle», Ziffer 2.4.3.2 behandelt und in den Artikeln 2, 8 und 46 E-BVG konkretisiert.

Das Postulat Heberlein vom 13. Juni 2007 «Flexibilisierung des Pensionsalters.

Einführung einer Zusatzrente im Rahmen eines Drei-Stufen-Modells» (07.3325) ist in Kapitel «Flexibilisierung des Rentenbezugs», Ziffer 2.1.3 behandelt.

Das Postulat Egerszegi-Obrist vom 26. September 2013 «Berufliche Vorsorge.

Auswirkungen der Änderung des Umwandlungssatzes» (13.3834) ist in den Ziffern 2.2.2 und 2.2.4 behandelt.

Dem Postulat Parmelin vom 8. März 2003 «BVG-Umwandlungssatz. Weiteres Vorgehen» (10.3057) wird im Kapitel «Anpassung des Mindestumwandlungssatzes und Ausgleichsmassnahmen», Ziffer 2.2 entsprochen; es wird in Artikel 14 Absatz 2 E-BVG konkretisiert.

Das Postulat Gutzwiller vom 20. Juni 2013 «Dezentrale Finanzierung für die Übergangsgeneration im Rahmen der BVG-Reform» (13.3518) ist in Kapitel «Dezentrale Lösung zugunsten der Übergangsgeneration», Ziffer 2.2.6 behandelt.

2.10.1

Anpassung der Renten der AHV und Entwicklung des Mischindexes

Dieses Kapitel behandelt parlamentarische Vorstösse mit Bezug zur Anpassung der AHV-Renten: ­

130

Die Motion Spezialkommission Nationalrat vom 2. September 2003 (03.3434 «Indexierung der AHV-Renten») beauftragt den Bundesrat, die verschiedenen Varianten zur Indexierung der AHV-Renten vorzulegen. Der Nationalrat hat die Motion am 2. Oktober 2003 angenommen. Am

2. Dezember 2003 wurde die Motion in Form eines Postulats beider Räte überwiesen.

­

Das Postulat Maury Pasquier vom 19. Juni 2014 (14.3581 «Auswirkungen des Mischindex in der AHV») beauftragt den Bundesrat zu prüfen, welche Auswirkungen der Mischindex in den letzten 35 Jahren (1979­2014) auf das Niveau der Renten ausgeübt hat.

Entstehung und Entwicklung des Mischindexes Ursprünglich leistete die AHV lediglich einen Beitrag an eine minimale finanzielle Sicherung: Die Mindestrente von 40 Franken bei der Einführung der AHV entsprach 2008 unter Berücksichtigung der Teuerung einem Betrag von 183 Franken, die damalige Maximalrente von 125 Franken einem Betrag von 570 Franken.

In der Schweiz wurden seit 1948 die Rentenanpassungen der AHV und der IV an die Lohn- und Preisentwicklung durch Gesetzesänderung vollzogen, wobei vor 1964 das Gesetz keine Anpassungsvorschriften vorsah und die Renten je nach Bedarf von Zeit zu Zeit durch Gesetzesrevision geändert wurden (Ad-hoc-Methode). Ab 1964 wurde im Gesetz nur der Grundsatz verankert, dass der Wert der Renten im Vergleich zur wirtschaftlichen Entwicklung regelmässig überprüft wird. Zur Angleichung bedurfte es aber einer Gesetzesrevision (Methode der prinzipiellen Anpassung). Das führte dazu, dass sich die Bundesversammlung alle Jahre mit AHV-Vorlagen zu befassen hatte. Als nachteilig erwies sich dabei vor allem, dass einerseits Zahlengrundlagen benützt werden mussten, die relativ weit zurücklagen, und anderseits die Bundesversammlung die Vorlagen immer unter Zeitdruck beraten musste, um die für die Durchführung notwendigen Vorbereitungszeiten nicht zu gefährden. Ein Übergang zum Automatismus sollte die ganze Bearbeitung bezüglich Aufwand und Zeiterfordernis wesentlich erleichtern.

Inflationsraten von bis zu 10 Prozent führten während des Booms der 1960er- und 70er-Jahre zur laufenden Entwertung der AHV- und IV-Renten. Als Entlastung wurden 1966 die Ergänzungsleistungen eingeführt. Nach der Volksabstimmung vom 3. Dezember 1972 wurde die Verfassung geändert. Der neue Vorsorgeartikel (Art. 34quater aBV) besagte, dass die Renten regelmässig an die Teuerung anzupassen seien. Das Ziel der Verfassungsänderung war es ­ zusammen mit den Ergänzungsleistungen ­, möglichst existenzsichernde Renten auszurichten.

In der Botschaft vom 7. Juli 1976116 zur 9. Revision der AHV unterbreitete der Bundesrat der Bundesversammlung die Einführung des Mischindexes. Das ist der Mittelwert aus dem vom BFS veröffentlichten Lohnindex und dem Landesindex der Konsumentenpreise (LIK). Lohn- und Preisentwicklung werden so gleichermassen berücksichtigt. Die Anpassung sollte demnach normalerweise alle zwei Jahre
erfolgen, ausnahmsweise schon früher, wenn der Preisanstieg in einem Jahr mehr als 8 Prozent betrage, oder später, wenn der Preisanstieg in zwei Jahren weniger als 5 Prozent ausmache. Zeitpunkt und genaues Ausmass der Erhöhung waren durch den Bundesrat zu bestimmen.

Die Anpassung der Renten an die Lohn- und Preisentwicklung ist in Artikel 33ter AHVG geregelt, der am 1. Januar 1979 in Kraft trat. Die Bestimmung erwies sich bei einer starken Inflation als zu rigide, weshalb sie 1992 geändert wurde. In der ursprünglichen Bestimmung war zwar bereits das Prinzip einer Anpassung alle zwei 116

BBl 1976 III 1

131

Jahre vorgesehen, aber der Bundesrat liess die Möglichkeit offen, die Renten jährlich anzupassen, falls die Teuerung innerhalb eines Jahres um mehr als 8 Prozent steigt. Als dann in den Jahren 1990 und 1991 der LIK zwischen 5 und 6 Prozent pro Jahr stieg, zeigte sich, dass die oben erwähnten Bestimmungen ungeeignet waren.

Die Rentenanpassung sollte jährlich durchgeführt werden können, da die Rentnerinnen und Rentner andernfalls einen drastischen Kaufkraftverlust hätten in Kauf nehmen müssen. Die Bundesversammlung hat daraufhin entschieden, die Limite, bei deren Überschreitung eine jährliche Anpassung der Renten vorgenommen wird, auf 4 Prozent zu senken. Sie lehnte es jedoch ab, eine von der Inflationsrate unabhängige obligatorische jährliche Anpassung der Renten festzulegen, wie dies von verschiedenen Seiten gewünscht worden war.

Auswirkungen des Mischindexes Von 1980 bis 1990 wurden alle zwei Jahre die Renten nach dem Mischindex angepasst. 1991 wurde eine einmalige Teuerungszulage von 6,25 Prozent der Jahresrente gewährt. In den Jahren 1993 bis 2013 wurde die Rente wieder alle zwei Jahre angepasst.

Grafik 2-1 Entwicklung des Mischindexes von 1980­2013

Wie in dieser Grafik illustriert wird, hat die Berechnungsart nach Mischindex zur Folge, dass sich die Höhe der Renten nicht im Gleichschritt mit den Löhnen entwickelt, sondern im Allgemeinen weniger stark wächst. Als Folge davon sinkt mit der Zeit die Ersatzquote der AHV, welche die AHV-Renten dem letzten Lohn gegenüberstellt. Somit wird trotz regelmässigen Rentenanpassungen für jeden künftigen Jahrgang beim Übergang vom Erwerbsleben in den Ruhestand ein immer kleinerer Teil des Einkommens durch die AHV-Rente ersetzt als für den vorherigen Jahrgang.

Die AHV-Ersatzquote ist seit der Einführung des Mischindexes auf den 1. Januar 1980 um rund 9 Prozent gesunken.

Der Effekt der sinkenden AHV-Ersatzquote relativiert sich aber in der Gesamtbetrachtung der 1. und der 2. Säule nach geltender Ordnung: Einerseits befindet sich die berufliche Vorsorge noch in der Aufbauphase (die Aufbauphase wird im Jahr 2025 ­ 40 Jahre nach Inkrafttreten des BVG ­ abgeschlossen sein), d.h. je später 132

eine Person die Rente bezieht, desto länger dauerte der Sparprozess und desto grösser wird somit die BVG-Altersrente. Andererseits wächst der Koordinationsabzug im BVG ebenfalls entsprechend dem Mischindex und somit weniger stark als der Lohnindex. Dadurch vergrössert sich bei jeder AHV-Rentenanpassung der koordinierte Lohn des BVG im Verhältnis zum AHV-Lohn, was eine Verbesserung der BVG-Ersatzquote bewirkt. Dies gilt jedoch nur für Löhne unter dem maximal in der obligatorischen beruflichen Vorsorge versicherten Jahreslohn von 84 240 Franken (oberer Grenzbetrag, Lohnniveau 2014). In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass die Altersrenten im BVG keiner automatischen Anpassung folgen, sondern entsprechend der finanziellen Möglichkeit der jeweiligen Vorsorgeeinrichtung der Preisentwicklung anzupassen sind.

Ebenfalls zu erwähnen ist, dass die laufenden Renten gemäss Mischindex in der Regel stärker als die Teuerung steigen. Somit wachsen die AHV-Altersrenten im Normalfall etwas stärker als die Kosten für den allgemeinen Lebensbedarf, die mit der Teuerung ansteigen. Dies ist in der obigen Grafik ebenfalls ersichtlich.

In dieser Vorlage wird vorgeschlagen, auf den Koordinationsabzug zu verzichten, wodurch der oben beschriebene Effekt entfällt. Aus diesem Grund wird der Bundesrat entsprechend der Kompetenz in Artikel 9 BVG bei der Anpassung des oberen Grenzbetrages im BVG in Zukunft der allgemeinen Lohnentwicklung ein stärkeres Gewicht beimessen.

Grafik 2-2 Entwicklung der Ersatzquote der AHV-Renten und der obligatorischen beruflichen Vorsorge, gemessen an den Einkommen (Wert der Löhne auf das Jahr 2014 berechnet) 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0%

1995

1984

2005

2014

100 000

75 000

50 000

25 000

100 000

75 000

50 000

25 000

100 000

75 000

50 000

25 000

100 000

75 000

50 000

25 000

AHV-Jahreslohn (Lohnniveau 2014) AHV

BVG

Diese Grafik illustriert die Entwicklung der Ersatzquote und die Beziehung zwischen den AHV-Renten und den Renten der 1985 eingeführten obligatorischen beruflichen Vorsorge in Bezug zu vier Einkommensstufen. In der dargestellten Zeitspanne (1984­2014) wurden die AHV- und die IV-Renten mit dem Mischindex an die Löhne und die Preise angepasst. Der Umbruch im Jahr 2005 bei der Ersatzquote der beruflichen Vorsorge im Lohnsegment 25 000 lässt sich dadurch 133

erklären, dass dieses Lohnsegment vor der 1. BVG-Revision noch nicht obligatorisch versichert war. Die Grafik zeigt weiter, dass die Deckung durch die AHV umso besser und die Ersatzquote umso höher ist, je tiefer das Einkommen ist. Im Gegensatz dazu sind die Einkommen ab 100 000 Franken weniger gut gedeckt, da die Renten der AHV und der beruflichen Vorsorge gegen oben plafoniert werden.

Alternativen zum Mischindex Im Rahmen von früheren Revisionen wurde die Frage der Rentenanpassungen genau untersucht. Da sich der Mischindex seit der Einführung 1979 bewährt hat, hat der Bundesrat nie vorgeschlagen, das Prinzip in Frage zu stellen. Der Mischindex ist sowohl mit der Bundesverfassung als auch mit dem internationalen Recht kompatibel. Er wird den Anforderungen des Übereinkommens Nr. 128 vom 29. Juni 1967117 über Leistungen bei Invalidität und Alter und an Hinterbliebene und der Europäischen Ordnung der Sozialen Sicherheit vom 16. April 1964118 gerecht. Das internationale Recht fordert eine gleichmässige Anpassung der Altersrenten (vgl. Ziff.

6.2.5.6). Zahlreiche weitere Sozialversicherungen neben der AHV stützen sich auch auf den Mischindex. Er wird bei der Berechnung der IV-Renten herangezogen. IVRenten müssen gemäss Artikel 37 Absatz 1 IVG den AHV-Renten entsprechen. Der Mischindex bewährt sich zudem als Referenzgrösse für die berufliche Vorsorge, die Unfallversicherung und die Ergänzungsleistungen. Die berufliche Vorsorge sieht in Artikel 36 Absatz 1 BVG die Anpassung ihrer Renten an die Preisentwicklung zum gleichen Zeitpunkt wie in der AHV vor. Auch die Komplementärrente der Unfallversicherung für Versicherte mit AHV- oder IV-Rente orientiert sich nach Artikel 34 Absatz 2 UVG an den Beträgen der AHV- bzw. IV-Renten. Gemäss Artikel 19 ELG kann der Bundesrat die Höhe der anerkannten Ausgaben bei der Berechnung der Ergänzungsleistungen anpassen. Dazu gehört auch der Betrag des allgemeinen Lebensbedarfs. Dieser Betrag orientiert sich an der Referenzrente. Ausserdem beziehen sich zahlreiche kantonale Sozialversicherungen wie zum Beispiel die Elternschaftsbeihilfe im Kanton Aargau auf den Mischindex.

Anpassung nur an den Landesindex der Konsumentenpreise Eine erste Alternative besteht darin, die Renten nur noch an den Preis anzupassen.

Eine solche Anpassung ist in der Verfassung (Artikel 112 Absatz
2 Buchstabe d BV) vorgeschrieben. Eine regelmässige Anpassung der AHV- und IV-Renten lediglich an die Preise könnte zwar die Ausgaben der AHV und IV reduzieren, aber eine solche Ausrichtung steht im Gegensatz zum Ziel der Vorlage, das gegenwärtige Niveau der Renten zu halten. Die Auswirkungen einer solchen Anpassung sind in der Grafik 2-1 dargestellt, die Ersatzquote würde doppelt so rasch absinken.

Anpassung nur an den Lohnindex Eine zweite Alternative, die Anpassung der Renten nur an die Entwicklung der Löhne, erlaubt es, das Niveau der Renten pauschal zu erhöhen. Die Grafik 2-1 illustriert dies für die Vergangenheit. Eine solche Lösung ist unter Berücksichtigung der finanziellen Situation der AHV, welche an die demografische Entwicklung gekoppelt ist, nicht angebracht. Wenn die Renten nur an den Lohnindex angepasst worden wären, hätte dies Mehrkosten für die AHV von 3,5 Milliarden Franken im Jahr 2013 verursacht. Aufgrund dieser Mehrkosten und der Tatsache, dass in der 117 118

134

SR 0.831.105 SR 0.831.104

Gesamtbetrachtung der 1. und der 2. Säule die Abweichung der Rente zum Lohnindex verkleinert wird, ist eine solche Ausrichtung nicht annehmbar.

Festsetzung der neuen Renten gemäss Lohnindex und Anpassung der laufenden Renten an den Landesindex der Konsumentenpreise In dieser dritten Alternative werden die laufenden und die neuen Renten unterschiedlich behandelt, da das Rentensystem von einer Altersklasse zu nächsten variiert und verschiedene Mindest- und Höchstrenten gelten. Diese Alternative kam bereits in den 1970er-Jahren zur Anwendung, wurde aber aufgrund fehlender Transparenz mit der 9. AHV-Revision aufgehoben.

2.10.2

Beitragssubstrat der AHV

Das Postulat Humbel vom 14. Dezember 2012 «AHV. Beitragssubstrat erhalten» (12.4223) verlangt einen Bericht, der aufzeigen soll, inwieweit das Beitragssubstrat der Sozialwerke aufgrund neuerer Entwicklungen in der Rechtsetzung und Rechtsprechung aktuell oder potenziell bedroht ist. Weiter fordert es den Bundesrat auf, seinen Handlungsspielraum auf Stufe Verordnung zu nutzen, um das Beitragssubstrat zu erhalten, und eine allenfalls notwendige Regelung auf Stufe Bundesgesetz aufzuzeigen. Diese Vorlage enthält Massnahmen, die dem Vorstoss insoweit entsprechen, als die Abzugsfähigkeit der Einkäufe Selbstständigerwerbender in die 2. Säule aufgehoben (vgl. Ziff. 2.4.2.3) und die Verrechnung von Verlusten auf die im jeweiligen Beitragsjahr eingetretenen und verbuchten Geschäftsverluste eingeschränkt wird (vgl. Ziff. 3.6 zu Art. 9 Abs. 2 Bst. c E-AHVG). Die von Nationalund Ständerat am 4. Dezember 2013 bzw. 13. Juni 2014 angenommene und vom Bundesrat mit Beschluss vom 15. Oktober 2014 umgesetzte Motion der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrats vom 16. August 2013 «AHV-Beitragspflicht für Personalfürsorgestiftungen» (13.3664) bringt nur begrenzte Lockerungen der Beitragspflicht bei Entlassungen aus betrieblichen Gründen und für Härtefälle mit sich. So ist sichergestellt, dass Leistungen der Wohlfahrtsfonds nicht umfassend beitragsbefreit werden und das Beitragssubstrat geschützt ist. Soweit das Postulat die Folgen der Unternehmenssteuerreform II (USTR II) und der damit eingeführten Privilegierung von Dividendenbezügen für die AHV anspricht, sind diese nicht unerwartet eingetreten. Die der AHV entstehenden Einbussen waren nicht nur in der Botschaft und in den parlamentarischen Beratungen zur USTR II, sondern auch im Abstimmungsbüchlein zur Vorlage USTR II ausdrücklich thematisiert worden. Die mit der USTR II eingeführte Privilegierung von Dividendenbezügen hat für die Steuern ebenfalls negative finanzielle Konsequenzen. Im Rahmen der Unternehmenssteuerreform III sind deshalb Massnahmen geplant, die den Dividendenbezug weniger attraktiv machen sollen, um auf diese Weise die negativen Effekte zu minimieren. Dies wird sich auch positiv auf das Beitragssubstrat in der AHV auswirken.

135

3

Erläuterungen zu einzelnen Bestimmungen

3.1

Bundesbeschluss über die Zusatzfinanzierung der AHV durch eine Erhöhung der Mehrwertsteuer

Art. 130 Abs. 3ter und 3quater Die finanzielle Entwicklung der AHV wird durch die demografische Entwicklung stark beeinträchtigt. Um das erwartete Finanzierungsdefizit auszugleichen, bedarf es nebst beitrags- und leistungsseitigen Massnahmen einer Finanzierung der AHV durch die MWST. Aus diesem Grund muss Artikel 130 BV angepasst werden.

Am 9. Februar 2014 haben Volk und Stände den Bundesbeschluss über die Finanzierung und den Ausbau der Eisenbahninfrastruktur (FABI) angenommen. Er soll am 1. Januar 2016 in Kraft treten und bringt eine Änderung von Artikel 130 BV mit sich. Die Verfassungsbestimmung ist deswegen mit je einem neuen Absatz 3ter und 3quater zu ergänzen.

Abs. 3ter: Dieser Absatz führt eine Kompetenz ein, um die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) über den in Absatz 3 bereits vorgesehenen Anteil hinaus zu finanzieren. Diese Kompetenz ist dem Gesetzgeber zugewiesen und beschränkt sich auf maximal 1,5 Prozentpunkte der MWST.

Eine Erhöhung der Mehrwertsteuersätze ist nur möglich, wenn die beiden nachfolgenden Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind. Sowohl der Grundsatz der Vereinheitlichung des Referenzalters von Frauen und Männern als auch die neuen Bestimmungen, welche die Anspruchsvoraussetzungen für Hinterlassenenrenten beschränken, müssen im Gesetz verankert sein. Diese beiden Voraussetzungen sollen eine Verbindung herstellen zwischen der durch den Bundesbeschluss vorgesehen Erhöhung der Mehrwertsteuer zugunsten der AHV und zwei zur finanziellen Sicherung der AHV notwendigen Massnahmen. Die im Bundesbeschluss vorgesehene Beschränkung hat einzig zum Ziel, dass das AHVG eine Bestimmung enthalten muss, die den Rentenanspruch auf Personen beschränkt, die Erziehungsaufgaben wahrnehmen. Der Text bringt demnach keine Gleichbehandlung von Witwen und Witwern mit sich. Denn die unterschiedliche Behandlung von Witwen und Witwern rechtfertigt sich auch heute noch, weshalb eine Anpassung der Bestimmung im Sinne einer Gleichbehandlung von Witwen und Witwern nicht vorgeschlagen wird.

Folglich muss eine Person im Zeitpunkt der Verwitwung Erziehungs- oder Betreuungsaufgaben wahrnehmen, damit sie Anspruch auf eine Witwen- oder Witwerrente hat. Die Witwerrente erlischt allerdings wie heute in jedem Fall, wenn das jüngste Kind das 18. Altersjahr vollendet hat. Das gilt selbst dann, wenn die
Betreuungsaufgabe des Witwers über diesen Zeitpunkt hinaus andauert.

In Anbetracht der umfangreichen Übergangsbestimmungen zu diesen beiden Massnahmen kann die Erhöhung der Mehrwertsteuersätze durchgeführt werden, bevor die Übergangsbestimmungen auslaufen. Ziel der Bestimmung ist es, eine Symmetrie zwischen dem Bundesgetz über die Reform der Altersvorsorge 2020 und dem Bundesbeschluss über die Zusatzfinanzierung der AHV durch eine Erhöhung der Mehrwertsteuer herzustellen.

Abs. 3quater: Dieser Absatz präzisiert, dass die Einnahmen aufgrund der Erhöhung des MWST-Satzes nach Absatz 3ter einzig für die Finanzierung der Alters- und Hinterlassenenversicherung bestimmt sind. Die neuen Einnahmen werden nicht

136

mehr explizit das Ziel haben, die demografisch bedingte Mehrbelastung der AHV zu decken.

3.2

Zivilgesetzbuch (ZGB)

Art. 89a Abs. 6 Ziff. 2, 2a, 14 und 24 Ziff. 2 und 2a: Artikel 89a Absatz 6 zählt jene Bestimmungen des BVG auf, die auch für Vorsorgeeinrichtungen gelten, die ausschliesslich in der überobligatorischen Vorsorge tätig sind.

Der im Verlauf der 1. BVG-Revision eingefügte heutige Wortlaut von Ziffer 2 ist hinfällig, da die darin erwähnte Regelung der «zusätzlichen Einkäufe für den Vorbezug der Altersleistung», die in der 11. AHV-Revision enthalten war, nicht in Kraft getreten ist. Hingegen muss für eine neue, in der vorliegenden Revision eingefügte Bestimmung des BVG das Anwendungsgebiet ausgedehnt werden: In der beruflichen Vorsorge wird neu ein flexibler Bezug der Altersleistungen mit einem im Gesetz festgelegten Mindest- und Höchstalter eingeführt. Damit dieses Modell auch ausserhalb der obligatorischen beruflichen Vorsorge Geltung hat, muss der Anwendungsbereich von Artikel 13 Absätze 3 und 4 und der Artikel 13a­13d E-BVG auch auf Einrichtungen ausgedehnt werden, die ausschliesslich den überobligatorischen Bereich versichern.

Diese Bestimmungen beziehen sich jedoch nur auf Vorsorgeeinrichtungen, die in ihren Reglementen einen Anspruch auf Altersleistungen vorsehen. Patronale Fonds beispielsweise sind davon nicht betroffen.

Ziff. 14: Damit die Bestimmung in Bezug auf die Berechnung der Risikobeiträge bei Tod und Invalidität nach kollektiven Grundsätzen auch für Vorsorgeeinrichtungen gilt, die ausschliesslich im überobligatorischen Bereich der beruflichen Vorsorge tätig sind, muss Artikel 65 Absatz 2bis E-BVG in die Aufzählung von Artikel 89a Absatz 6 ZGB aufgenommen werden.

Ziff. 24: Bisher konnten sich Vorsorgeeinrichtungen, die ausschliesslich im überobligatorischen Bereich tätig sind, nicht auf Artikel 87 BVG stützen, um zum Beispiel ungerechtfertigte Bezüge zu verhindern. Nicht alle Einrichtungen, die unter Artikel 89a Absatz 6 ZGB fallen, benötigen diese Möglichkeit. Für die Einrichtungen, die lebenslängliche Renten vorsehen, ist diese Möglichkeit jedoch ebenso sinnvoll wie für Einrichtungen, die das BVG durchführen. Ein besonderes Bedürfnis besteht auch bei Einrichtungen, die einen allgemeinverbindlichen Gesamtarbeitsvertrag durchführen müssen, wie dies bei der Stiftung FAR im Bauhauptgewerbe der Fall ist (vgl.

Erläuterungen zu Art. 1 Abs. 4 E-FZG). Für eine solche Einrichtung ist diese Möglichkeit zum Beispiel auch für die Festsetzung und Erhebung der Beiträge äusserst sinnvoll.

137

3.3

Mehrwertsteuergesetz (MWSTG)

Art. 25 Abs. 1, 2 Einleitungssatz und 4 erster Satz Basierend auf der Rechtsetzungskompetenz, die in Artikel 130 E-BV in einem neuen Absatz 3ter verankert werden soll, werden die Mehrwertsteuersätze proportional, das heisst unter Wahrung des Verhältnisses zwischen den Sätzen, um einen Prozentpunkt angehoben, um die Finanzierung der AHV sicherzustellen. Die Erhöhung betrifft alle drei Steuersätze: den Normalsatz, den reduzierten Satz für die Güter des täglichen Bedarfs sowie den Sondersatz auf Beherbergungsleistungen. Dies unter der Voraussetzung, dass Letzterer nach dem 31. Dezember 2017119, an welchem er ausläuft, beibehalten wird. Es kommen folgende Steuersätze zur Anwendung: 8,7 Prozent beim Normalsatz, 2,8 Prozent beim reduzierten Satz und 4,1 Prozent beim Sondersatz. Das Promille, welches ab 1. Januar 2018 zugunsten der Eisenbahninfrastruktur erhoben wird (Art. 196 Ziff. 14 Abs. 4 BV), ist in den erwähnten Sätzen enthalten. Die Erhöhung der MWST für die Zusatzfinanzierung der IV, welche am 31. Dezember 2017 ausläuft, berücksichtigen sie hingegen nicht.

Ausserdem ist Absatz 1 teilweise neu formuliert, da der bisherige explizite Vorbehalt innerhalb desselben Artikels unter dem Blickwinkel der Gesetzestechnik unnötig ist. Somit handelt es sich um eine formelle Änderung ohne Konsequenzen für den materiellen Inhalt der Bestimmung.

Art. 28 Abs. 2 Steuerpflichtige Bezügerinnen und Bezüger von Erzeugnissen nicht steuerpflichtiger Urproduzenten (Landwirtschaft, Viehzucht u.ä.) dürfen einen Anteil des Rechnungsbetrags als Vorsteuer abziehen. Eine Erhöhung der Mehrwertsteuersätze bedingt eine Anpassung dieses Prozentanteils, den die steuerpflichtigen Käuferinnen und Käufer beim Bezug von Urprodukten bei nicht steuerpflichtigen Urproduzenten auf dem Rechnungsbetrag abziehen können: Es wird eine Anpassung auf 3 Prozent nötig. Das Promille, welches ab 1. Januar 2018 zugunsten der Eisenbahninfrastruktur erhoben wird (Art. 196 Ziff. 14 Abs. 4 BV), ist im erwähnten Satz enthalten. Die Erhöhung der MWST für die Zusatzfinanzierung der IV, welche am 31. Dezember 2017 ausläuft, berücksichtigt er hingegen nicht.

Art. 37 Abs. 1 Steuerpflichtige Personen, deren Jahresumsatz und Steuerschuld pro Jahr gesetzlich festgelegte Werte nicht überschreiten, können per Saldosteuersatz abrechnen. Die Erhöhung der
Mehrwertsteuersätze bedingt eine entsprechende Anpassung der Umsatzlimite und der Steuerschuldlimite für die Anwendung der Saldosteuersatzmethode. Die Umsatzlimite beträgt neu 5,055 Millionen Franken und die Steuerschuldlimite 115 000 Franken. Das Promille, welches ab 1. Januar 2018 zugunsten der Eisenbahninfrastruktur erhoben wird (Art. 196 Ziff. 14 Abs. 4 BV), ist in den erwähnten Limiten enthalten. Die Erhöhung der MWST für die Zusatzfinanzierung der IV, welche am 31. Dezember 2017 ausläuft, berücksichtigen sie hingegen nicht.

119

138

AS 2013 3505

Art. 55

Steuersätze

Basierend auf der Rechtsetzungskompetenz, die in Artikel 130 E-BV in einem neuen Absatz 3ter verankert werden soll, werden die Mehrwertsteuersätze proportional, das heisst unter Wahrung des Verhältnisses zwischen den Sätzen, um einen Prozentpunkt angehoben, um die Finanzierung der AHV sicherzustellen. Die Erhöhung betrifft den Normalsatz und den reduzierten Satz für die Güter des täglichen Bedarfs.

Es kommen folgende Steuersätze zur Anwendung: 8,7 Prozent beim Normalsatz und 2,8 Prozent beim reduzierten Satz. Das Promille, welches ab 1. Januar 2018 zugunsten der Eisenbahninfrastruktur erhoben wird (Art. 196 Ziff. 14 Abs. 4 BV), ist in den erwähnten Sätzen enthalten. Die Erhöhung der MWST für die Zusatzfinanzierung der IV, welche am 31. Dezember 2017 ausläuft, berücksichtigen sie hingegen nicht.

Ausserdem wird Absatz 1 teilweise neu formuliert, der bisherige explizite Vorbehalt innerhalb desselben Artikels unnötig ist. Wie Artikel 25 Absatz 1 E-MWSTG handelt es sich um eine Änderung formeller und nicht materieller Natur.

3.4

Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer (DBG)

Art. 37b Abs. 1 erster Satz In der gesamten steuerprivilegierten beruflichen Vorsorge gelten neu 62 Jahre als Mindestalter für den Bezug der Altersleistungen. Die privilegierte Besteuerung nach Artikel 37b wurde speziell für Selbstständigerwerbende eingeführt, die während der Erwerbstätigkeit keine 2. Säule oder Säule 3a aufgebaut haben. Bei ihnen stellt der Wert des Geschäfts bzw. sein Liquidationswert ihre Altersvorsorge dar. Aus Gründen der Gleichbehandlung mit Personen, die in der 2. Säule oder der Säule 3a vorgesorgt haben, wurde ihnen ermöglicht, nachträglich von vergleichbaren Steuerprivilegien zu profitieren. Gerade diese Gleichbehandlung verlangt nun aber, dass auch für Selbstständigerwerbende das gleiche Mindestalter gelten muss für die Frage, ab wann eine Beendigung der Erwerbstätigkeit als Pensionierung betrachtet werden kann. Statt bisher ab 55 Jahren sollen auch für diese Personen in Zukunft in der Regel 62 Jahre als Mindestalter für die Steuerprivilegien gelten. Durch den direkten Verweis auf Artikel 13 Absatz 3 BVG ist auch die Bundesratskompetenz miterfasst, Ausnahmen mit einem tieferen Mindestalter vorzusehen. Tatsächlich sollte zum Beispiel bei einem tieferen Mindestalter aus Gründen der öffentlichen Sicherheit diese Ausnahme für Unselbstständig- und für Selbstständigerwerbende bzw. Selbstständigerwerbende mit oder ohne 2. Säule in gleichem Masse gelten. Analog zur Übergangsregelung für Personen, die in einer Vorsorgeeinrichtung versichert sind, sieht die Übergangsbestimmung eine fünfjährige Übergangsfrist vor, während der die bisherige Regelung noch angewandt wird.

Art. 205d

Übergangsbestimmung zur Änderung vom ...

In Übereinstimmung mit Buchstabe d. «Anpassung reglementarischer Bestimmungen an das gesetzliche Mindestalter» der Übergangsbestimmungen zur Änderung des BVG im Rahmen dieser Reform gilt für Personen, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Gesetzesänderung eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausüben, noch während fünf Jahren Artikel 37b Absatz 1 erster Satz in der Fassung vom 23. März 2007.

139

3.5

Bundesgesetz über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden (StHG)

Art. 11 Abs. 5 erster Satz Aus den gleichen Gründen wie Artikel 37b Absatz 1 DBG muss auch Artikel 11 Absatz 5 des StHG angepasst werden.

Art. 78f

Übergangsbestimmung zur Änderung vom ...

In Übereinstimmung mit Buchstabe d. «Anpassung reglementarischer Bestimmungen an das gesetzliche Mindestalter» der Übergangsbestimmungen zur Änderung des BVG im Rahmen dieser Reform gilt für Personen, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Gesetzesänderung eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausüben, noch während fünf Jahren Artikel 11 Absatz 5 erster Satz in der Fassung vom 23. März 2007.

3.6

Bundesgesetz über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG)

Art. 1a­1d Artikel 1a ist mit jeder Gesetzesrevision umfassender geworden. Gegenwärtig sind in einem einzigen Artikel die Voraussetzungen für die obligatorische Versicherungsunterstellung, deren Ausnahmen sowie die Weiterführungs- und die Beitrittsversicherung enthalten. Um das Verständnis der Unterstellungsregeln zu verbessern, ist eine systematische Neuordnung notwendig. Neu werden die verschiedenen Grundsätze je in einem separaten Artikel geregelt; der bisherige Regelungsgehalt von Artikel 1a wird wie folgt aufgegliedert: ­

Artikel 1a Obligatorische Versicherung,

­

Artikel 1b Ausnahmen von der obligatorischen Versicherung,

­

Artikel 1c Weiterführung der Versicherung,

­

Artikel 1d

Art. 1a

Beitritt zur Versicherung.

Obligatorische Versicherung

Der neue Artikel 1a definiert den Kreis von Personen, die obligatorisch versichert sind, und übernimmt damit vom Grundsatz her den Regelungsgehalt der bisherigen Absätze 1 und 1bis von Artikel 1a. Inhaltlich werden aber gleichzeitig gewisse Änderungen vorgesehen: Bst. a: Aufgrund des Wohnsitzes sollen nur noch Personen in der AHV versichert sein, die weder in der Schweiz noch in einem anderen Staat erwerbstätig sind. Personen mit Wohnsitz in der Schweiz, die in einem Nichtvertragsstaat arbeiten, sollen nicht mehr obligatorisch in der Schweiz versichert sein. Damit wird der heutigen wirtschaftlichen Realität und dem im internationalen Verhältnis in der Regel geltenden Erwerbsortsprinzip Rechnung getragen (vgl. alle bestehenden Sozialversicherungsabkommen und die Freizügigkeitsabkommen mit der EU und der EFTA, siehe 140

Ziff. 6.2.4) sowie eine allfällige Doppelbelastung bei der Beitragspflicht vermieden.

So entfällt inskünftig beispielsweise die obligatorische Beitragspflicht eines Schweizer Arbeitgebers, der bereits (sehr hohe) Beiträge in einem Nichtvertragsstaat ­ z.B.

China ­ für einen Arbeitnehmer bezahlt, welcher seinen Wohnsitz in der Schweiz nicht aufgegeben hat (die Weiterführung der Versicherung nach Art. 1c Abs. 1 Bst. b ist jedoch möglich). Zudem wissen viele in einem Nichtvertragsstaat Erwerbstätige gar nicht, dass sie (auch) in der AHV versichert sind, und melden sich nicht bei der für sie zuständigen Ausgleichskasse am Wohnsitz. Diese kann von sich aus keine Erwerbstätigkeit im Ausland feststellen und nur Personen erfassen, die ihre Erwerbstätigkeit in einem Nichtvertragsstaat melden. Einzig für nach dem Aufwand besteuerte Personen erhalten die Ausgleichskassen eine Steuermeldung. Diese Personen sind jedoch meist gar nicht der AHV unterstellt, sondern aufgrund des Freizügigkeitsabkommens mit der EU resp. der EFTA oder aufgrund eines Sozialversicherungsabkommens im jeweiligen Vertragsstaat versichert.

Bst. b: Diese Bestimmung entspricht vollständig der heutigen Regelung.

Bst. c: In der bisherigen Fassung von Buchstabe c Ziffer 1 regelt die Bestimmung die obligatorische Versicherung von Schweizer Bürgerinnen und Bürgern im Ausland im Dienste der Eidgenossenschaft. Der Begriff «Eidgenossenschaft» wird durch den moderneren und eindeutigeren Begriff «Bund» ersetzt. Dies hat jedoch keine materielle Änderung zur Folge. Neu sind die vorgenannten Personen nur noch dann obligatorisch in der AHV versichert, wenn sie gemäss den Regeln des Völkerrechts (insbesondere dem Wiener Übereinkommen vom 18. April 1961120 über diplomatische Beziehungen und dem Wiener Übereinkommen vom 24. April 1963121 über konsularische Beziehungen) von den Rechtsvorschriften des Erwerbsorts aufgrund von Vorrechten und Immunitäten ausgenommen sind. Der Personenkreis wird einerseits auf Personen reduziert, die sich aufgrund ihrer offiziellen Tätigkeit für den Bund im Ausland nicht obligatorisch versichern können und deshalb auf eine Versicherung in der AHV angewiesen sind. Andererseits wird der Anwendungsbereich der Bestimmung geöffnet, indem nicht nur Schweizer Bürgerinnen und Bürger, sondern auch Staatsangehörige der EU und der EFTA
in der AHV obligatorisch versichert sein sollen. Dabei wird dem Umstand Rechnung getragen, dass immer mehr auf Fachspezialistinnen und -spezialisten aus dem EU-/EFTA-Raum zurückgegriffen wird und dass heute auch ausländische Staatsangehörige im Dienste des Bundes Vorrechte und Immunitäten erhalten.

Die heutige Regelung, derzufolge Schweizer Bürgerinnen und Bürger im Dienste privater, vom Bund namhaft subventionierter Hilfsorganisationen nach Artikel 11 des Bundesgesetzes vom 19. März 1976122 über die internationale Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe obligatorisch in der AHV versichert sind (bisheriger Art. 1a Abs. 1 Bst. c Ziff. 3), hat sich nicht bewährt und wird aufgehoben.

Unter diese Regelung fallen Organisationen, die unter regelmässiger vertraglicher Bindung durch einen Programmvertrag mit der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) stehen. Die Programmverträge werden alle vier Jahre neu ausgehandelt. Zwar werden sie in der Regel erneuert, jedoch nicht alle. Dies hat zur Folge, dass die Kontinuität der Versicherung in der AHV nicht gewährleistet werden kann, was zu Rechtsunsicherheit führt. Zudem hat die Regelung zu einer Ungleich120 121 122

SR 0.191.01 SR 0.191.02 SR 974.0

141

behandlung unter den Mitarbeitenden der Hilfsorganisationen geführt, da nur Schweizer Bürgerinnen und Bürger versichert werden können, nicht hingegen ausländische Staatsangehörige, die von den Organisationen immer öfters rekrutiert werden. Beanstandet wurde auch immer wieder, dass ­ gerade in Anbetracht der nicht ganz klaren Kriterien ­ nicht alle Arbeitgeber gleich behandelt werden. Die Hilfsorganisationen sind überdies heute professionelle Unternehmen, die in der Lage sind, ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter privat genügend zu versichern.

Mitarbeitende von Hilfsorganisationen haben jedoch unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit die Möglichkeit, sich in der AHV weiter zu versichern, wenn sie einen genügenden Bezug zur Schweiz aufweisen (dreijährige Vorversicherungszeit in der AHV, vgl. Art. 1c E-AHVG).

Bst. d: Die Familienangehörigen ohne Erwerbstätigkeit, welche die gemäss Buchstabe c versicherten Personen ins Ausland begleiten oder im Ausland geboren werden, sind aufgrund ihrer eigenen Vorrechte und Immunitäten im Ausland nicht versichert. Deshalb sind sie ebenfalls in den obligatorischen Versicherungsschutz der AHV aufzunehmen. Unter bisherigem Recht war die Beitrittsversicherung nach Artikel 1a Absatz 4 Buchstabe c vorgesehen.

Bst. e: Die Bestimmung entspricht weitgehend der heutigen Regelung in Artikel 1a Absatz 1 Buchstabe c Ziffer 2. Derzeit würden einzig das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) und vom Roten Halbmond (Art. 1 AHVV) die entsprechenden gesetzlichen Voraussetzungen erfüllen.

Art. 1b

Ausnahmen von der obligatorischen Versicherung

Der neue Artikel 1b übernimmt die Ausnahmen von der obligatorischen Versicherung im Sinne des bisherigen Artikels 1a Absatz 2, nimmt dabei aber Anpassungen vor, welche der Entwicklung der letzten Jahre Rechnung tragen. Überholt ist die im bisherigen Artikel 1a Absatz 2 Buchstabe b verankerte Ausnahme für Personen, die einer ausländischen Alters- und Hinterlassenenversicherung angehören und denen deswegen eine unzumutbare Doppelbelastung droht: Die Schweiz hat zahlreiche Sozialversicherungsabkommen abgeschlossen und konnte damit die Fälle reduzieren, in denen eine Person gleichzeitig in zwei oder mehr Staaten obligatorisch versichert ist. Ausserdem wird mit der Streichung des Wohnsitzes als Kriterium für die obligatorische Versicherung in der Schweiz (vgl. neuer Art. 1a Bst. a) und der Aufhebung der obligatorischen Versicherung für Schweizer Bürger im Dienste von privaten Hilfsorganisationen (vgl. neuer Art. 1a Bst. c) das Ausnahmekriterium der unzumutbaren Doppelbelastung gegenstandslos.

Bst. a: Die Bestimmung betrifft ausländische Staatsangehörige mit Vorrechten und Immunitäten nach dem Gaststaatgesetz vom 22. Juni 2007123. Heute ist für diese Personen eine vollumfängliche Ausnahme vom Obligatorium in Artikel 1a Absatz 2 Buchstabe a vorgesehen. Die Neuregelung beschränkt die Ausnahme auf die Tätigkeit in offizieller Mission und regelt gleichzeitig neu den Status der Familienangehörigen. Der Wandel der Zeit hat nämlich dazu geführt, dass Personen mit Vorrechten und Immunitäten bisweilen auch einer Nebenerwerbstätigkeit nachgehen (z.B.

Lehrauftrag an einer Universität) und dass die begleitenden Familienangehörigen, namentlich die Ehefrau bzw. der Ehemann, im Gaststaat eine Erwerbstätigkeit aufnehmen. In der Praxis wurde dieser Entwicklung bereits Rechnung getragen. Sie 123

142

SR 192.12

hat ihren Niederschlag in der Gaststaatverordnung vom 7. Dezember 2007124 (Art. 21 Abs. 4 und Art. 22 Abs. 4 V-GSG) gefunden. Diese sieht vor, dass für diese Tätigkeiten keinerlei Vorrechte oder Immunitäten bestehen, was unter anderem zur Unterstellung unter das Schweizer Sozialversicherungsrecht führt. Voraussetzung für die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit ist eine entsprechende Bewilligung des EDA.

Die Ausnahme vom Obligatorium gilt ­ vorbehältlich anderslautender vorrangiger internationaler Regelungen ­ nicht generell, sondern wird auf Tätigkeiten beschränkt, die in offizieller Eigenschaft für einen institutionellen Begünstigten ausgeübt werden. Dies steht im Einklang mit dem Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen125 (Art. 33) und dem Wiener Übereinkommen über konsularische Beziehungen126 (Art. 48), welche die Befreiung vom System der sozialen Sicherheit im Empfangsstaat nur in Bezug auf die Dienste für den Entsendestaat vorsehen. Über Einkommen aus Nebenerwerbstätigkeiten ist deshalb grundsätzlich beitragsrechtlich abzurechnen.

Neu präzisiert wird, dass die begleitenden Familienangehörigen nur dann von der Versicherung ausgenommen sind, wenn sie keine Erwerbstätigkeit ausüben.

Bst. b: Die von der Ausnahmeregelung betroffene Personenkategorie entspricht vollumfänglich derjenigen, die das bisherige Recht in Artikel 1a Absatz 2 Buchstabe c definiert.

Auf eine Kompetenznorm betreffend die generelle Regelung der Einzelheiten wird an dieser Stelle verzichtet, da hierfür die allgemeine Kompetenznorm gemäss Artikel 154 Absatz 2 ausreicht.

Art. 1c

Weiterführung der Versicherung

Abs. 1 und 2: Die Weiterführung der Versicherung ist bisher in Artikel 1a Absatz 3 geregelt und eröffnet ­ unter der Voraussetzung einer fünfjährigen Vorversicherungszeit ­ zwei verschiedenen Kategorien von Personen die Möglichkeit der Weiterversicherung, nämlich: ­

den im Ausland tätigen Angestellten eines Arbeitgebers mit Sitz in der Schweiz, sofern der Arbeitgeber damit einverstanden ist (Bst. a);

­

den nichterwerbstätigen Studierenden, die ihren Wohnsitz in der Schweiz aufgeben, um im Ausland einer Ausbildung nachzugehen, bei einer Altersgrenze von 30 Jahren (Bst. b).

Diese Regelung wird im neuen Artikel 1c nur teilweise übernommen: Gänzlich fallen gelassen wird die Weiterversicherungsmöglichkeit für im Ausland wohnhafte Studierende. Denn seit Einführung dieser Versicherungsmöglichkeit im Jahr 2001 wurde sie kaum genutzt (zwölf Anmeldungen zwischen 2001 und 2013 und noch neun aktive Versicherte im ersten Quartal 2013). Da Studierende, die sich ins Ausland begeben, in der Regel in Anwendung von Artikel 23 Absatz 1 ZGB ihren Wohnsitz in der Schweiz beibehalten (Aufenthalt zum Zweck der Ausbildung begründet keinen Wohnsitz) und ein grosser Teil der Studentinnen und Studenten im

124 125 126

SR 192.121 SR 0.191.01 SR 0.191.02

143

Ausland erwerbstätig ist, womit sie die Voraussetzungen für die Weiterführung nicht mehr erfüllen, hat diese Bestimmung praktisch keinen Anwendungsbereich mehr.

Die heute bestehende Weiterversicherungsmöglichkeit für die im Ausland tätigen Angestellten von Arbeitgebern mit Sitz in der Schweiz soll mit dem neuen Artikel 1c Absatz 1 Buchstabe a nicht nur beibehalten, sondern ­ über die Verkürzung der geforderten Vorversicherungszeit auf drei Jahre ­ erweitert werden.

Darüber hinaus wird mit dem neuen Artikel 1c Absatz 1 die Weiterversicherungsmöglichkeit für zwei zusätzliche Personengruppen geöffnet, die sich bisher obligatorisch bzw. über einen Beitritt versichern konnten: ­

Mit Buchstabe b bekommen Personen, die aufgrund der Änderung des bisherigen Artikels 1a Absatz 1 Buchstabe a nicht mehr wohnsitzbedingt obligatorisch versichert sind, die Möglichkeit zur Weiterversicherung. Denn der Wohnsitz ist nur noch dann Anknüpfungspunkt für die obligatorische Versicherung, wenn weltweit keine Erwerbstätigkeit ausgeübt wird. Der Grund, weshalb die obligatorische Versicherung trotz schweizerischem Wohnsitz wegfällt, kann neu nicht nur (wie bisher) in einer zwischenstaatlichen Vereinbarung liegen, sondern generell darin, dass im Ausland einer Erwerbstätigkeit nachgegangen wird. Der Anwendungsbereich ist deshalb auf alle Fälle auszudehnen, in welchen aufgrund einer ausländischen Erwerbstätigkeit keine obligatorische Versicherung in der Schweiz besteht. Im Zuge der Vereinheitlichung der weiterführenden Versicherungen wird die bisherige Beitrittsversicherung in eine Weiterführungsversicherung mit dreijähriger Vorversicherungsdauer umgewandelt.

­

Mit Buchstabe c werden Personen erfasst, die selber nicht erwerbstätig sind, aber ihren erwerbstätigen Ehegatten, welcher für einen Schweizer Arbeitgeber im Ausland tätig ist, ins Ausland begleiten. Bisher konnten sich solche Begleitpersonen für eine Beitrittsversicherung nach Artikel 1a Absatz 4 Buchstabe c entscheiden. Die bisherige Beitrittsversicherung für nichterwerbstätige Ehegatten wird in eine Weiterführungsversicherung mit dreijähriger Vorversicherungsdauer umgewandelt. Mit dieser Änderung wird in den Fällen, in welcher der eine Ehegatte für einen Schweizer Arbeitgeber im Ausland tätig ist und die Versicherung weiterführt, eine Gleichbehandlung unter den Ehegatten geschaffen, indem neu beide eine Vorversicherungsdauer zu erfüllen haben. Ferner wird neu auf Gesetzesstufe präzisiert, dass die Person ihren erwerbstätigen Ehegatten ins Ausland begleiten muss, was bisher nur auf Verordnungsstufe geregelt war.

Abs. 3: Zur Regelung der Einzelheiten braucht es ­ wie für die bisherigen Weiterversicherungsmöglichkeiten (vgl. bisheriger Art. 1a Abs. 5) ­ eine Kompetenz des Bundesrates.

Art. 1d

Beitritt zur Versicherung

Die bisherige Beitrittsversicherung enthält drei unterschiedliche Sachverhalte in den bisherigen Buchstaben a-c von Artikel 1a Absatz 4. Die Fälle nach den bisherigen Buchstaben a und c werden im Wesentlichen durch die Neuregelung der Weiterversicherung im Sinne von Artikel 1c Absatz 1 Buchstabe b bzw. c behandelt.

Im neuen Artikel 1d unverändert aufrechterhalten bleibt die Beitrittsversicherung, wie sie im heutigen Artikel 1a Absatz 4 Buchstabe b vorgesehen ist. Die Beitritts144

versicherung zielt auf Schweizer Angestellte ab, die bei besonders begünstigten Institutionen ­ wie zum Beispiel der WTO ­ arbeiten. Da die Modalitäten in den Briefwechseln zu den Sitzabkommen geregelt sind, muss die Kompetenz für den Bundesrat zur Detailregelung, wie sie heute in Artikel 1a Absatz 5 auch für die Beitrittsversicherung vorgesehen ist, nicht beibehalten werden.

Art. 2 Abs. 1bis und 5bis Abs. 1bis: Bisher ist, aufgrund der Vorversicherungsdauer von fünf Jahren, eine freiwillige Versicherung nur für Kinder möglich, die das 5. Altersjahr bereits vollendet haben. Im Ausland geborene Kinder oder solche, die vor dem Wegzug ins Ausland das Alter von 5 Jahren noch nicht erreicht hatten, können nach bisherigem Recht nicht der freiwilligen Versicherung beitreten. Neu sollen alle Kinder gleichbehandelt werden. Kinder, die (mindestens) einen versicherten Elternteil ins Ausland begleiten, haben bis zur Vollendung des 20. Altersjahres auch im Ausland Anspruch auf Eingliederungsmassnahmen der schweizerischen Invalidenversicherung (Art. 9 Abs. 2 IVG). Eine Regelung ist deshalb erst ab Beginn der Beitragspflicht nach Artikel 3 AHVG (bei Erwerbstätigkeit ab Erreichen des 18. Lebensjahrs, sonst nach Vollendung des 20. Lebensjahrs) erforderlich. In diesem Zeitpunkt kann neu eine Erklärung für den Beitritt zur freiwilligen Versicherung abgegeben werden. Den Kindern wird hierfür die Vorversicherungszeit desjenigen Elternteils, den sie ins Ausland begleiten, angerechnet, wenn dieser gemäss Artikel 1c Absatz 1 Buchstabe a oder aufgrund einer zwischenstaatlichen Vereinbarung (Entsendung) obligatorisch oder gemäss Artikel 2 Absatz 1 freiwillig in der AHV versichert ist. Kinder mit Wohnsitz in der EU sind gestützt auf das Freizügigkeitsabkommen zwingend am Wohnsitz versichert und werden von der Neuregelung nicht erfasst.

Abs. 5bis: Die Päpstliche Schweizergarde wird direkt vom Papst eingestellt. Sie ist kein ausländisches Armeekorps im Sinne des Militärstrafgesetzes, sondern ein einfaches Polizeikorps. Somit bedarf der Dienst bei der Schweizergarde nicht der Zustimmung des Bundesrates. Die minimale Dienstdauer in der Schweizergarde beträgt 25 Monate. Gemäss statistischen Angaben verbleiben 80 Prozent der Gardisten weniger als drei Jahre im Vatikan. Jährlich werden 30­35 neue Gardisten eingestellt und die
gleiche Anzahl Gardisten quittiert den Dienst. Die Schweizergarde zählt ungefähr 130 Gardisten.

Da die Gardisten im Vatikan wohnen, dort ihre Tätigkeit ausüben und nicht im Dienste des Bundes stehen, sind sie nicht in der obligatorischen AHV/IV versichert.

Sie können jedoch der freiwilligen AHV/IV-Versicherung beitreten. Da die Gardisten regelmässig nur über bescheidene finanzielle Mittel verfügen, ist die freiwillige Versicherung für sie nebst den im Vatikanstaat zu entrichtenden Sozialversicherungsbeiträgen oftmals sehr belastend. Um ihre Beitragslast zu verringern ­ was allerdings auch zu einer Kürzung der künftigen Altersrente und einer allfälligen Rente bei Tod oder Invalidität führen kann ­, werden die Gardisten inskünftig als Nichterwerbstätige qualifiziert. Die Änderung gilt für alle Gardisten, die beim Inkrafttreten der Revision Dienst in der Schweizergarde leisten und die bereits der freiwilligen AHV/IV-Versicherung angeschlossen sind. Die Statusänderung wird automatisch von der Schweizerischen Ausgleichskasse vorgenommen werden. Den Gardisten, die beim Inkrafttreten der freiwilligen AHV/IV-Versicherung nicht angeschlossen sind und bei denen die Beitrittsfrist von einem Jahr bereits abgelaufen ist, wird keine neue Frist gewährt, womit sie nicht über eine neue Möglichkeit verfügen, der freiwilligen AHV/IV-Versicherung beizutreten.

145

Art. 3 Abs. 1 und 1bis Wie bis anhin regelt Artikel 3 die Beitragspflicht der Versicherten. Absatz 1 übernimmt die bisherige Regelung der Beitragspflicht der Erwerbstätigen unverändert.

Die Dauer der Beitragspflicht der Nichterwerbstätigen wird in einem neuen Absatz 1bis separat geregelt. Während diese Kategorie der Versicherten bisher bis zum Erreichen des ordentlichen Rentenalters (Frauen 64 und Männer 65) beitragspflichtig war, soll die Beitragspflicht der Nichterwerbstätigen prinzipiell bis zum Erreichen des Referenzalters von 65 Jahren für beide Geschlechter gelten (Bst. a). Da das Referenzalter für Frauen gemäss den Übergangsbestimmungen schrittweise angehoben wird, kommt es auch zu einer schrittweisen Verlängerung der Beitragspflicht für Frauen der Übergangsgeneration (vgl. dazu Erläuterungen zu den Übergangsbestimmungen). Macht jedoch eine versicherte Person von der Möglichkeit des Vorbezugs einer ganzen Altersrente Gebrauch, soll sie nicht mehr als nichterwerbstätige Person beitragspflichtig sein (Bst. b). Das bedeutet, dass sie ­ falls sie weiterhin einer Erwerbstätigkeit nachgeht ­ zwar weiterhin Beiträge aufgrund des Erwerbseinkommens bezahlt. Sie kann aber nicht mehr verpflichtet werden, gestützt auf eine Vergleichsrechnung nach Artikel 10 Absatz 1 AHVG in Verbindung mit Artikel 28bis AHVV ihre Beitragspflicht als nichterwerbstätige Person zu erfüllen. Wer jedoch nur einen Teil der Rente vorbezieht, unterliegt der generellen Beitragspflicht ­ sei es als erwerbstätige oder als nichterwerbstätige Person ­ weiterhin nach den allgemeinen Regeln.

Art. 4

Bemessung der Beiträge

Artikel 4 enthält heute zwei Absätze. Im ersten Absatz wird der Grundsatz der Beitragsbemessung in Prozenten des Einkommens festgeschrieben, während der zweite Absatz definiert, in welchem Umfang der Bundesrat Ausnahmen vorsehen kann. Diese Ausnahmen betreffen einerseits Erwerbseinkommen für im Ausland ausgeübte Tätigkeiten und andererseits den Rentnerfreibetrag. Beide Ausnahmen sollen aufgehoben werden, sodass im neuen Artikel 4 einzig noch der Regelungsgehalt des bisherigen Absatzes 1 verbleiben soll.

Das Wegfallen der Ausnahme gemäss heutigem Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe a, wonach auf Erwerbseinkommen für im Ausland ausgeübte Tätigkeiten keine AHVBeiträge erhoben werden müssen, ist eine Folge der Neuregelung bei der Versicherungsunterstellung. Zur Abschaffung des heute gestützt auf Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe b geltenden Rentnerfreibetrages kann vollumfänglich auf die Darlegungen unter Ziffer 2.1.3.6 (Berücksichtigung der nach dem Referenzalter bezahlten Beiträge und Aufhebung des Freibetrags der AHV) verwiesen werden.

Art. 5 Abs. 3 Bst. b Artikel 5 enthält die Beitragsregelung für Unselbstständigerwerbende und regelt in Absatz 3 den Spezialfall der mitarbeitenden Familienmitglieder. Buchstabe b betrifft die mitarbeitenden Familienmitglieder nach Erreichen des Rentenalters. Aufgrund der Anhebung des Rentenalters für die Frauen und der Festsetzung eines einheitlichen Referenzalters bei 65 Jahren ist in dieser Bestimmung die Alterslimite anzupassen.

146

Art. 8

Beiträge von Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit 1. Grundsatz

Artikel 8 enthält die zentralen Regeln für die Beitragszahlungen der Selbstständigerwerbenden.

Abs. 1: In der bisherigen Fassung enthält Absatz 1 zwei Beitragsprivilegien für die Selbstständigerwerbenden, nämlich einerseits die Festlegung des Beitragssatzes für Selbstständigerwerbende von grundsätzlich 7,8 Prozent, andererseits die sogenannte sinkende Beitragsskala, mit welcher Einkommen innerhalb einer bestimmten Bandbreite zusätzlich mit einem bis auf 4,2 Prozent fallenden Beitragssatz begünstigt werden. Beide Privilegien sollen nun abgeschafft werden (vgl. Ziff. 2.4.2.2 Angleichung des Beitragssatzes und Ziff. 2.4.2.1 Aufhebung der sinkenden Skala). Damit erübrigt sich auch die bisher im Rahmen der stufenweisen degressiven Beitragsskala aus technischen Gründen notwendige Abrundungsregelung. Die vorgeschlagene Neuregelung von Absatz 1 umfasst daher nur noch die Festsetzung eines Beitragssatzes von 8,4 Prozent, wie er insgesamt auch auf den Löhnen der Unselbstständigerwerbenden zur Anwendung kommt. Die bisher zwecks Vermeidung von Beitragslücken im zweiten Absatz von Artikel 8 vorgesehene Erhebung eines Mindestbeitrags soll zusätzlich im neuen Absatz 1 integriert werden.

Abs. 2: Der neu formulierte Absatz 2 übernimmt eine bereits heute geltende Ausnahmeregelung. Dabei geht es darum, nur im Nebenerwerb tätige Selbstständigerwerbende von der Entrichtung des Mindestbeitrags zu befreien, sofern sie bereits aufgrund ihrer unselbstständigen Erwerbstätigkeit ausreichend Beiträge entrichtet haben. Sie sollen auf dem Erwerb als Selbstständige aber den angepassten Beitragssatz von 8,4 Prozent bezahlen.

Art. 9 Abs. 2 und 2bis Für die Berechnung des beitragspflichtigen Einkommens bei Selbstständigerwerbenden sieht das Gesetz in Artikel 9 Absatz 2 einen Katalog von Abzügen vom rohen Einkommen vor. Der bisherige Wortlaut ist weitgehend dem Vorgängererlass des DBG, nämlich dem Bundesratsbeschluss über die Erhebung einer direkten Bundessteuer (BdBSt, Art. 22 Abs. 1) entlehnt. Um Kohärenz zur aktuellen Steuergesetzgebung (Art. 27 Abs. 1 und 2 DBG) zu schaffen, wird deren Terminologie übernommen. Dies rechtfertigt sich schon deshalb, weil die AHV für die Ermittlung des Einkommens aus selbstständiger Erwerbstätigkeit auf die Steuergesetzgebung (Art. 9 Abs. 3 AHVG) zurückgreift. Die Anpassungen sind primär formeller
Natur und haben praktisch keine finanziellen Folgen.

Neu wird in Übereinstimmung mit dem DBG im Einleitungssatz von Absatz 2 hinzugefügt, dass die «geschäfts- oder berufsmässig begründeten Kosten» vom Roheinkommen abgezogen werden. Die anschliessende Ergänzung, was «insbesondere» zu den Abzügen gehört, verdeutlicht, dass die Aufzählung nicht abschliessend ist. Der heutige Schlusssatz von Absatz 2, welcher den Bundesrat befugt, weitere Abzüge vom rohen Einkommen zuzulassen, wird gestrichen. In der Vergangenheit wurden nach und nach alle auf Verordnungsstufe normierten Abzüge wieder aufgehoben. Der Bundesrat hat ferner in den letzten 25 Jahren von seiner Befugnis, weitere Abzüge vom rohen Einkommen zuzulassen, keinen Gebrauch gemacht hat. Hinzu kommt, dass in der AHV nur geschäfts- oder berufsmässig begründete Abzüge zugelassen werden sollen. Die heutige Kompetenz des Bundesrats geht klar darüber hinaus. Wegen der Harmonisierung des Begriffs des Einkommens aus selbstständi147

ger Erwerbstätigkeit im AHV- und im Bundessteuerrecht (vgl. BGE 134 V 253) sollen eventuelle andere als geschäfts- oder berufsmässig begründete Abzüge nur im Gleichschritt mit solchen auf Steuerseite eingeführt werden. Weil dafür eine Änderung des DBG erforderlich ist, kann bei Bedarf gleichzeitig auch das AHVG geändert werden. In Anbetracht all dessen wird auf diese Delegationsnorm verzichtet. Im Übrigen erklären sich die Änderungen am Aufzählungskatalog wie folgt: Bst a: Die aktuelle Erwähnung der Gewinnungskosten an dieser Stelle ist obsolet.

Im Zuge der Anpassungen an die heutige steuerrechtliche Terminologie sind sie neu in der Einleitung von Absatz 2 enthalten.

Aufgrund der mit der Reform verfolgten Anpassung ans Bundessteuerrecht wird die Aufzählung der geschäfts- und berufsmässig begründeten Kosten um den Abzug der Zinsen auf Geschäftsschulden ergänzt (analog zu Art. 27 Abs. 2 Bst. d DBG). Obwohl der neu in der Einleitung von Artikel 9 Absatz 2 verwendete Begriff der geschäfts- oder berufsmässig begründeten Kosten die Gewinnungskosten und damit auch die Zinsen auf Geschäftsschulden umfasst, werden Letztere analog zu Artikel 27 Absatz 2 DBG als separater Buchstabe erwähnt. Eine materielle Änderung wird damit nicht herbeigeführt. Im Gegensatz zum Steuerrecht sind bereits heute AHVrechtlich Zinsen, die auf Einkünften aus zu Geschäftsvermögen erklärten Beteiligungen nach Artikel 18 Absatz 2 DBG in Verbindung mit Artikel 27 Absatz 2 Buchstabe d DBG beruhen, nicht abziehbar, da es sich um sogenanntes gewillkürtes Geschäftsvermögen handelt. Die Regelung findet sich heute in Artikel 17 AHVV.

Da diesbezüglich keine Analogie zum Steuerrecht besteht, ist dies im Gesetz explizit festzuhalten.

Bst. b: Der gegenwärtige Wortlaut («geschäftsmässig begründeten Abschreibungen und Rückstellungen») entspricht noch dem früheren BdBSt. Dieser wird neu an die geltende Terminologie des DBG angepasst und übernimmt auch dessen Verweise.

Bst. c: Bei Buchstabe c geht es um den Abzug von Geschäftsverlusten. Ursprünglich untersagte die Rechtsprechung eine periodenübergreifende Verlustverrechnung in der AHV. Aufgrund des Wechsels von der zwei- zur einjährigen Beitragsperiode (2006) fehlte dem Bundesgericht eine eigenständige Regelung der AHV, weshalb die im DBG geltende siebenjährige Verlustverrechnung für anwendbar
erklärt wurde. Der Bundesrat schuf daher auf den 1. Januar 2008 eine solche Regelung und schränkte die Verlustverrechnung auf das jeweilige und das unmittelbar vorangegangene Beitragsjahr ein.

Die bisherige Berücksichtigung des vorangehenden Beitragsjahres führt zu einem systemwidrigen Einbruch ins Prinzip der Periodizität (danach sollten sich die in einem Beitragsjahr geschuldeten Beiträge anhand des im selben Jahr effektiv erzielten Einkommens bemessen) und ist deshalb aufzuheben. Das System der AHV lässt eine konsequente Übernahme der steuerlichen Verlustverrechnung nicht zu. Denn einerseits ist die AHV im Gegensatz zum Steuerrecht eine Versicherung, welche im Alter und Tod das wegfallende Einkommen ersetzt. Dasselbe gilt für die IV und die EO, namentlich die Mutterschaftsversicherung. Wird das Einkommen durch Verlustverrechnung verringert, so können Leistungskürzungen resultieren. Systembedingt werden Negativresultate in der AHV anders behandelt als bei den Steuern: Weder kennt die AHV Minusbeiträge in den individuellen Konti, noch resultiert daraus eine Beitragsfreiheit. Vielmehr ist stets der Mindestbeitrag geschuldet mit einem entsprechenden Eintrag im individuellen Konto. Die Erfahrung hat zudem

148

gezeigt, dass die Verlustverrechnung für Selbstständigerwerbende im AHV-Recht nur eine geringe Bedeutung hat.

Neu wird die Verlustverrechnung deshalb auf die im jeweiligen Beitragsjahr eingetretenen und verbuchten Geschäftsverluste eingeschränkt, was auf Gesetzesebene festgehalten wird. Eine Verlustverrechnung ist somit dann möglich, wenn in einem Jahr mehrere Geschäftsabschlüsse vorliegen oder mehrere selbstständige Tätigkeiten ausgeübt werden. Des Weiteren wird die Begriffsterminologie der Steuergesetzgebung (vgl. Ausführungen zu Art. 9 Abs. 2) übernommen, indem «Geschäftsverluste» in «Verluste auf Geschäftsvermögen» umbenannt werden.

Bst. d betrifft hauptsächlich den Abzug von Zuwendungen an Vorsorgeeinrichtungen zugunsten des Personals und behandelt im heutigen Wortlaut auch Zuwendungen für ausschliesslich gemeinnützige Zwecke.

Die Terminologie wird auch hier der Steuergesetzgebung angepasst, indem «Berechnungsperiode» in «Bemessungsperiode» umbenannt wird.

Zuwendungen für ausschliesslich gemeinnützige Zwecke sind solche, die nicht speziell dem eigenen Personal zugutekommen. Seit Inkrafttreten des DBG am 1. Januar 1995 lässt das Bundessteuerrecht den Abzug für gemeinnützige Zwecke bei Selbstständigerwerbenden nicht mehr zu, sondern kennt nur noch den «allgemeinen Abzug», der jedoch jeder natürlichen Person und nicht nur den Selbstständigerwerbenden offensteht (Art. 33a DBG). Dieser Abzug ist auch im AHV-Recht weder berufs- noch geschäftsmässig begründet. Es besteht in diesem Punkt kein Grund, von der steuerrechtlichen Regelung abzuweichen. Seitdem das Steuerrecht keinen solchen Abzug vom Geschäftsvermögen mehr kennt, kann über die Steuermeldung auch keine entsprechende Meldung mehr erfolgen. Der Abzug müsste somit auf Stufe AHV gesondert vorgenommen werden, was aber nicht gemacht werden kann, da die Ausgleichskassen nicht über die nötigen Angaben verfügen.

Der Abzug von Zuwendungen für ausschliesslich gemeinnützige Zwecke vom rohen Einkommen bei der Ermittlung des Einkommens aus selbstständiger Erwerbstätigkeit wird deshalb aufgehoben.

Bst. e betrifft die berufliche Vorsorge. Um die Selbstständigerwerbenden in Bezug auf das AHV-pflichtige Einkommenssubstrat nicht länger besser zu behandeln als die Unselbstständigerwerbenden, ist die Abzugsfähigkeit von Einkaufssummen in Einrichtungen der
beruflichen Vorsorge durch eine Neuredaktion der Bestimmung auszuschliessen und neu auf die laufenden Beiträge zu beschränken (vgl.

Ziff. 2.4.2.3 Einkäufe in die 2. Säule).

Abs. 2bis: Die Anpassung an den Wortlaut von Artikel 27 Absätze 1 und 2 DBG und insbesondere die Übernahme der «geschäfts- oder berufsmässig begründeten Kosten» in den Ingress von Absatz 2 führen dazu, dass der Zinsabzug für das eingesetzte Kapital nicht wie bisher in der Aufzählung unter Buchstabe f, sondern in einem neuen Absatz 2bis zu regeln ist. Der Grund liegt darin, dass dieser Abzug, der nur AHV- und nicht auch steuerseitig vorgenommen wird, nicht geschäfts- oder berufsmässig bedingt ist. In Bezug auf seinen Inhalt wird dieser Abzug unverändert übernommen.

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Art. 9a

3. Zeitliche Bemessung

Das Gesetz umschreibt heute zwar die Bemessungsgrundlagen der Selbstständigerwerbenden in sachlicher Hinsicht, es enthält hingegen keine Vorschriften zur zeitlichen Bemessung. Diese wird im geltenden Recht nur auf Verordnungsstufe geregelt (Art. 22 AHVV). Nach heutiger Gesetzgebungslehre gehören die wichtigen Parameter der zeitlichen Bemessung (Beitragsperiode, Beitragsbemessungsperiode) aber ins Gesetz im formellen Sinn, d.h. sie müssen im AHVG festgelegt werden. Deshalb werden alle für die zeitliche Bemessung erforderlichen Elemente in einem neuen Artikel 9a geregelt. Die bewährten Prinzipien werden beibehalten und die heute in Artikel 22 AHVV enthaltenen Grundsätze bis auf einzelne Ausnahmen (vgl. insb.

Abs. 2 unten) ins Gesetz übernommen. Materielle Änderungen sind mit der stufengerechten Normierung nicht verbunden.

Abs. 1: Für die Festsetzung der Beiträge der Selbstständigerwerbenden lehnt sich die AHV an die bei den Steuern geltende zeitliche Bemessung an, dies schon deshalb, weil die kantonalen Steuerbehörden die für die Beitragserhebung erforderlichen Daten ermitteln und den AHV-Ausgleichskassen melden (Art. 9 Abs. 3 AHVG). So wird in Absatz 1 die einjährige Beitragsperiode entsprechend dem Kalenderjahr statuiert.

Abs. 2: Absatz 2 legt den Grundsatz der Gegenwartsbemessung fest. Für die Bemessung der Beiträge ist ferner nach Absatz 2 das Einkommen nach dem Ergebnis des im Beitragsjahr abgeschlossenen Geschäftsjahres massgebend. Das Einkommen wird nicht auf ein Jahreseinkommen umgerechnet. Stimmt das Geschäftsjahr nicht mit dem Kalenderjahr überein, so wird das Einkommen nicht zwischen den Beitragsjahren aufgeteilt, die das Geschäftsjahr beschlägt (vgl. heute Art. 22 Abs. 3 AHVV). Zur Verhinderung möglicher Beitragslücken wird jedoch bereits heute auf Verordnungsstufe eine Aufteilung des Einkommens pro rata temporis vorgesehen, falls in einem Beitragsjahr ausnahmsweise kein Geschäftsabschluss vorgenommen wird (vgl. heute Art. 22 Abs. 4 AHVV). Diese Ausnahmeregelung, die auch unter dem neuen Recht beibehalten werden soll, trägt der Steuerpraxis Rechnung, welche (entgegen dem Wortlaut von Art. 210 Abs. 3 DBG) den Verzicht auf einen Geschäftsabschluss in bestimmten Steuerperioden zulässt.

Abs. 3: Schliesslich ist nach Absatz 3 das am Ende des Geschäftsjahres im Betrieb investierte Eigenkapital massgebend.

Art. 9b

Anpassung des Mindestbeitrags

In einem neuen Artikel 9b wird die bisher in Artikel 9bis enthaltene Regelung zur Indexierung des Mindestbeitrages übernommen.

Art. 9bis Mit der Aufhebung der sinkenden Beitragsskala (vgl. Ziff. 2.4.2.1 Aufhebung der sinkenden Skala) erübrigt sich auch die Anpassung von deren Grenzen. Artikel 9bis wird demnach aufgehoben. Die Indexierung des Mindestbeitrages wird neu in Artikel 9b geregelt.

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Art. 10 Sachüberschrift, Abs. 1, 1bis und 5

Grundsatz

Artikel 10 legt die Grundsätze der Bemessung von Beiträgen Nichterwerbstätiger fest. Dies wird neu in einer entsprechenden Sachüberschrift präzisiert.

Der Inhalt des bisherigen Absatzes 1 wird in zwei Absätze aufgeteilt (Abs. 1 und neu Abs. 1bis). Auch nach dem neuen Absatz 1 bezahlen die Nichterwerbstätigen Beiträge «nach ihren sozialen Verhältnissen». Der Bundesrat hatte die sozialen Verhältnisse seit Anbeginn der AHV auf Verordnungsebene mit dem Vermögen und Renteneinkommen definiert (vgl. Art. 28 Abs. 1 AHVV). Daran soll festgehalten werden. Aus Gründen der Transparenz und weil der Gesetzesentwurf verschiedentlich ausdrücklich auf das Renteneinkommen Bezug nimmt (vgl. Art. 2 Abs. 5bis und Art. 10a), wird die Definition neu ins Gesetz übernommen. Dabei soll auch die konstante Rechtsprechung zum Renteneinkommen weiter gelten, welche den Begriff des Renteneinkommens im weitesten Sinn versteht. Nach ihr ist nicht entscheidend, ob die Leistungen mehr oder weniger die Merkmale einer Rente aufweisen, sondern vielmehr, ob sie zum Unterhalt der versicherten Person beitragen, d.h. ob es sich um Einkommensbestandteile handelt, welche die sozialen Verhältnisse der nichterwerbstätigen Person beeinflussen.127 Da der Bundesrat nach dem unveränderten Absatz 3 nähere Vorschriften über die Bemessung der Beiträge zu erlassen hat, verbleibt ihm weiterhin eine gewisse Regelungskompetenz. So kann er auch weiterhin Renten nach dem IVG vom Renteneinkommen ausnehmen, wie er dies bereits getan hat (vgl. Art. 28 Abs. 1 AHVV). Werden die sozialen Verhältnisse auf Gesetzesstufe geregelt, so ist auch die bestehende Regelung für Ehepaare (vgl.

Art. 28 Abs. 4 AHVV) hier zu normieren. Auch damit ist keine materielle Änderung verbunden.

Die heutigen Sätze zwei bis vier von Absatz 1 werden unverändert in den neuen Absatz 1bis überführt.

Beim neuen Absatz 5 geht es um Folgendes: Im Bereich der persönlichen Beiträge wird die Ermittlung und Meldung der für die Beitragserhebung erforderlichen Daten von jeher den Steuerbehörden zugewiesen. In Bezug auf die Nichterwerbstätigen sind deren Obliegenheiten heute in Artikel 29 AHVV verankert. Die sich auf Artikel 10 AHVG abstützende Regelung ist nicht bestritten. Nach heutiger Auffassung ist die Aufgabe der Datenermittlung und -meldung den Steuerbehörden allerdings in einer Bestimmung
auf formellgesetzlicher Stufe zu übertragen (vgl. auch die entsprechende Bestimmung in Art. 9 Abs. 3). Die formalrechtliche Änderung hat keine Auswirkungen auf die Praxis und bringt auch keinen Mehraufwand für die Steuerbehörden mit sich.

Art. 10a

Zeitliche Bemessung

Beim neuen Artikel 10a geht es darum, eine ausreichende gesetzliche Grundlage für die zeitliche Bemessung der Beiträge von Nichterwerbstätigen zu schaffen. Denn gleich wie für die Selbstständigerwerbenden sind heute im Gesetz zwar die sachlichen Grundlagen der Beitragsbemessung der Nichterwerbstätigen, nicht aber die zeitliche Bemessung festgelegt. Es wird sinngemäss auf die vorstehenden Erläuterungen zu Artikel 8a verwiesen.

127

BGE 125 V 230 E. 3b S. 234 und 120 V 163 E. 4a S. 167, je mit Hinweisen.

151

Abs. 1: In Absatz 1 wird festgelegt, dass die Beitragsperiode dem Kalenderjahr entspricht.

Abs. 2: Absatz 2 legt als Grundsatz fest, dass für Versicherte, die der Beitragspflicht während des ganzen Beitragsjahres als Nichterwerbstätige unterstehen, für die Beitragsbemessung das Vermögen am 31. Dezember sowie das Renteneinkommen, das im Verlauf des Beitragsjahres erzielt wurde, massgebend sind. Der Stichtag für die Ermittlung des Vermögens stimmt bei ganzjähriger Beitragspflicht mit jenem des Steuerrechts überein (Ende der Steuerperiode, Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 66 Abs. 2 StHG). Die Anlehnung ans Steuerrecht gewährleistet, dass die Ermittlung der Grundlagen weiterhin durch die Steuerbehörden vorgenommen werden kann (vgl.

den heutigen Art. 29 Abs. 3 AHVV). Ferner wird geregelt, wie bei der Berechnung der Beiträge zu verfahren ist, wenn das massgebende Renteneinkommen nicht während des ganzen Jahres anfällt.

Abs. 3: In dieser Bestimmung wird das Vorgehen bei unterjähriger Beitragspflicht festgelegt. Eine unterjährige Beitragspflicht liegt vor, wenn eine Person entweder nur während eines Teils des Beitragsjahres versichert ist oder zwar während des ganzen Beitragsjahres versichert, aber wegen Beginn des Bezugs oder Vorbezugs einer ganzen Altersrente nur während eines Teils davon beitragspflichtig ist.

Eine besondere Regelung für unterjährig Beitragspflichtige ist bei den Nichterwerbstätigen notwendig, weil Artikel 10 Absatz 1 einen Jahresbeitrag zwischen einem Mindest- (392 Franken) und einem Höchstbetrag (50-facher Mindestbeitrag, entspricht 19 600 Franken) festsetzt. Bei unterjähriger Beitragspflicht wird der Jahresbeitrag nur im Verhältnis zur Anzahl von Monaten geschuldet, für die die Beitragspflicht besteht.128 In einem ersten Schritt muss der für ein ganzes Jahr geschuldete Beitrag ermittelt werden. Dieser Beitrag wird dann im Verhältnis zu den Monaten, während denen die Beitragspflicht besteht, pro rata temporis ermittelt.

Grundlage für die Beitragsbemessung sind das auf ein Jahreseinkommen umgerechnete Renteneinkommen und grundsätzlich das Vermögen, das von den Steuerbehörden für das betreffende Beitragsjahr ermittelt wurde. Die Steuerbehörden ermitteln in der Regel das Vermögen am 31. Dezember oder am Ende der Steuerpflicht (Art. 66 Abs. 1 StHG). Vorbehalten bleibt Absatz 4, der dem
Bundesrat die Möglichkeit einräumt, auf Verordnungsstufe eine abweichende Regelung einzuführen.

Abs. 4: Bei unterjähriger Beitragspflicht wegen Bezugs einer ganzen Altersrente stimmt das Ende der Beitragspflicht in der Regel nicht mit dem steuerrechtlichen Stichtag für die Vermögensermittlung (31. Dezember) überein. Schon heute lässt die geltende Verordnung zu, dass sich die AHV ­ die ja über keinen eigenen Ermittlungsapparat verfügt ­ grundsätzlich an die Steuermeldung hält. Die beitragspflichtige Person kann jedoch verlangen, dass das Vermögen am Ende der Beitragspflicht berücksichtigt wird, falls es erheblich von demjenigen abweicht, das von den Steuerbehörden gemeldet wurde (vgl. Art. 29 Abs. 6 letzter Satz AHVV). Dem Bundesrat wird daher die Möglichkeit eingeräumt, je nach Bedarf in der Praxis solchen Fällen angemessen Rechnung zu tragen.

128

152

BGE 133 V 394

Art. 14 Abs. 2 zweiter Satz Artikel 14 regelt den Beitragsbezug. Die heutige Fassung von Absatz 2 enthält im letzten Satz eine Kompetenz für den Bundesrat, Bemessungs- und Beitragsperioden festzulegen. Nachdem sich die Bemessungsvorschriften für Nichterwerbstätige und Selbstständigerwerbende neu im Gesetz finden (Art. 9a und 10a), fällt ein diesbezüglicher Regelungsbedarf auf Verordnungsstufe dahin. Die Kompetenzdelegation ist entsprechend zu beschränken.

Art. 21

Referenzalter und Altersrente

Der Begriff «ordentliches Rentenalter» wird durch «Referenzalter» ersetzt. Es handelt sich bei diesem um den Zeitpunkt, in welchem die versicherte Person ihre Altersrente beziehen kann, ohne eine Kürzung infolge Vorbezugs zu erfahren oder einen Zuschlag infolge Aufschubs zu erhalten. Um den Begriff des Referenzalters zu definieren, sind die Absätze 1 und 2 anzupassen. Das Referenzalter wird für Männer und Frauen bei 65 Jahren vereinheitlicht. Für die schrittweise Anhebung des Referenzalters der Frauen von 64 auf 65 Jahren sind Übergangsbestimmungen vorgesehen (vgl. Bst. b der Übergangsbestimmungen).

Art. 23 Abs. 1, 3bis und 4 Bst. b und c Abs. 1: Nach geltendem Recht hat eine Witwe Anspruch auf eine Hinterlassenenrente, wenn sie im Zeitpunkt der Verwitwung Kinder hat. Das Alter der Kinder spielt dabei keine Rolle. Ein Witwer begründet einen Anspruch auf eine Rente, wenn er unmündige Kinder hat.

Neu haben Witwen und Witwer nur dann Anspruch auf eine Hinterlassenenrente, wenn sie im Zeitpunkt der Verwitwung waisenrentenberechtigte Kinder haben (Bst. a) oder ein Kind betreuen, das Anspruch auf Betreuungsgutschriften begründet (Bst. b). Waisenrentenberechtigt sind Kinder bis zur Volljährigkeit bzw. bis sie die Ausbildung abgeschlossen haben, längstens bis zur Vollendung des 25. Altersjahres.

Anspruch auf Betreuungsgutschriften haben Eltern, die ein über 16-jähriges pflegebedürftiges Kind betreuen. Für jüngere Kinder werden Erziehungsgutschriften angerechnet, was den gleichzeitigen Anspruch auf Betreuungsgutschriften ausschliesst.

Witwen mit mündigen Kindern, die sich nicht (mehr) in Ausbildung befinden, haben somit künftig keinen Anspruch auf Hinterlassenenleistungen, ausser wenn sie Anspruch auf Betreuungsgutschriften haben.

Abs. 3bis: Wie bisher haben nur Witwer mit minderjährigen Kindern Anspruch auf eine Hinterlassenenrente. Hat das jüngste Kind das 18. Altersjahr im Zeitpunkt der Verwitwung bereits vollendet, so entsteht kein Anspruch auf eine Witwerrente. Dies gilt selbst dann, wenn die Voraussetzungen von Absatz 1 erfüllt sind.

Abs. 4 Bst. b und c: Wie bisher erlischt die Witwerrente, wenn das jüngste Kind das 18. Altersjahr vollendet hat. Neu ist diese Bestimmung (bisher in Art. 24 Abs. 2) jedoch in Absatz 4 Buchstabe b integriert. Buchstabe c hat den gleichen materiellen Inhalt wie der bisherige Buchstabe b.

153

Art. 24 Kinderlose Personen ­ und dazu gehören auch Mütter und Väter, die keine waisenrentenberechtigten Kinder mehr haben ­ begründen neu keinen Anspruch auf Hinterlassenenrenten. Diese Bestimmung muss daher aufgehoben werden (vgl. Erläuterungen zu Art. 23).

Art. 24a

Geschiedene Ehegatten

Abs. 1: Geschiedene Frauen und Männer sind nach dem Tod ihres früheren Ehemannes oder ihrer früheren Ehefrau wie bisher den verwitweten gleichgestellt, wenn sie weitere Voraussetzungen erfüllen. Die geschiedene Ehe muss mindestens zehn Jahre gedauert haben, bei einer kürzeren Ehedauer muss die geschiedene Person bei Vollendung des 45. Altersjahres ein minderjähriges Kind haben (oder gehabt haben).

Wenn die geschiedene Person eine dieser Voraussetzungen erfüllt, hat sie zu den gleichen Bedingungen Anspruch auf Hinterlassenenleistungen wie Eheleute, die verwitwen. Das heisst, auch die Geschiedenen können nur dann einen Rentenanspruch haben, wenn sie im Sinne von Art. 23 E-AHVG ein waisenrentenberechtigtes oder pflegebedürftiges Kind haben; ebenso gelten für sie die übrigen Bestimmungen betreffend Hinterlassenenrenten (Erlöschensgründe etc.). Keine Gleichstellung von geschiedenen mit verwitweten Personen gibt es hingegen bezüglich des Verwitwetenzuschlags.129 Abs. 2: Sind die Voraussetzungen von Absatz 1 nicht erfüllt, so kann dennoch ein Anspruch auf eine Witwen- oder Witwerrente bestehen. Dies, wenn und solange die geschiedene verwitwete Person im Zeitpunkt der Verwitwung ein waisenrentenberechtigtes unmündiges Kind hat. Der Anspruch auf eine Hinterlassenenrente ist bis zum vollendeten 18. Altersjahres endet des Kindesbeschränkt, wie dies auch heute der Fall ist. Im Unterschied zur bisherigen Regelung wird neu allerdings vorausgesetzt, dass das Kind waisenrentenberechtigt ist. Das ist es in der Regel, wenn es sich um ein Kind der verstorbenen früheren Ehefrau oder des früheren Ehemannes handelt. Stammt das Kind jedoch aus einer anderen Beziehung, so wird es nicht waisenrentenberechtigt sein.

Art. 24b

Zusammentreffen von Witwen- oder Witwerrenten mit Alters- oder Invalidenrenten

In Artikel 24b wurde ein Vorbehalt angebracht, weil Artikel 40b E-AHVG die Kumulation von Leistungen im Falle eines anteiligen Vorbezuges der Altersrente erlaubt (vgl. Erläuterungen zu Art. 40b E-AHVG).

Art. 29bis

Allgemeine Bestimmungen für die Rentenberechnung

Abs. 1: In diesem Absatz wird der Begriff «Rentenalter» durch «Alter» ersetzt.

Unter dem Versicherungsfall «Alter» ist einerseits der Rentenbezug bei Erreichen des Referenzalters, andererseits der vorbezogene Rentenbezug zu verstehen. Um diese Differenzierung zu verdeutlichen, wird Absatz 1 angepasst.

129

154

BGE 128 V 5

Abs. 2: Beitragslücken, die nach dem 1. Januar nach Vollendung des 20. Altersjahres entstanden sind, können mit Beitragszeiten aufgefüllt werden, die vor diesem Zeitpunkt zurückgelegt worden sind («Jugendjahre»). Die durch einen Rentenvorbezug (Art. 40 E-AHVG) entstandenen Beitragslücken können allerdings nicht mit Jugendjahren aufgefüllt werden.

Abs. 3: Wenn eine versicherte Person ihre Rente nach Artikel 40 E-AHVG vorbezieht, entstehen Beitragslücken. Diese können unter Umständen mit Beitragszeiten aufgefüllt werden, die zwischen dem Bezug einer anteiligen oder ganzen Rente nach Artikel 40 Absatz 1 E-AHVG und dem 65. Altersjahr zurückgelegt worden sind.

Voraussetzung für die Anrechnung dieser Beitragszeiten ist allerdings, dass die versicherte Person während dieser Zeit ein eigenes Erwerbseinkommen erzielt, das mindestens 50 Prozent des durchschnittlichen massgebenden Jahreseinkommens im Sinne von Artikel 29quater beträgt.

Abs. 4: Neu können die zwischen dem 65. und dem 70. Altersjahr zurückgelegten Beitragszeiten zur Auffüllung von Beitragslücken, die zwischen dem 1. Januar nach Vollendung des 20. Altersjahres und dem Referenzalter liegen, herangezogen werden. Voraussetzung für die Anrechnung dieser Beitragszeiten ist allerdings, dass die versicherte Person nach dem Referenzalter ein Erwerbseinkommen erzielt, das mindestens 25 Prozent des durchschnittlichen massgebenden Jahreseinkommens gemäss Artikel 29quater E-AHVG beträgt. Absatz 4 gilt auch für die durch einen Rentenvorbezug (Art. 40 E-AHVG) entstandenen Beitragslücken. Das nach Vollendung des 65. Altersjahres erzielte Einkommen wird unter den Ehegatten nicht geteilt (Art. 29quinquies Abs. 4 Bst. a AHVG). Deshalb kann es sich bei dem in Absatz 4 erwähnten Einkommen nur um eigenes Einkommen der versicherten Person handeln. Dies im Gegensatz zu Absatz 3, welcher eine Zeitspanne behandelt, in der die Einkommen unter den Ehegatten geteilt werden.

Abs. 5: Bei Erreichen des Referenzalters von 65 Jahren wird die Rente der versicherten Person berechnet.

Abs. 6: Bleibt die versicherte Person über das Referenzalter hinaus erwerbstätig und bezahlt sie weiterhin AHV-Beiträge, so kann dieses Erwerbseinkommen bei der Rentenberechnung berücksichtigt werden. Die Anrechnung dieses Erwerbseinkommens führt zu einem höheren massgebenden durchschnittlichen
Jahreseinkommen und allenfalls zu einer höheren Rente. Die ausbezahlte Rente kann allerdings in keinem Fall höher sein als die Maximalrente. Eine Neuberechnung der Altersrente muss spätestens bis zur Vollendung des 70. Altersjahres bei der zuständigen Ausgleichskasse beantragt werden. Das Begehren kann nur einmal gestellt werden.

Abs. 7: Zwischen dem Beginn des Vorbezugs und dem Referenzalter erzieltes eigenes Erwerbseinkommen kann sowohl beim durchschnittlichen massgebenden Jahreseinkommen angerechnet als auch zum Auffüllen von Beitragslücken im Sinne von Absatz 3 berücksichtigt werden. Dies gilt allerdings nicht für die zwischen den Ehegatten geteilten Einkommen sowie für Erziehungs- und Betreuungsgutschriften.

Sie können lediglich beim massgebenden durchschnittlichen Jahreseinkommen berücksichtigt werden, sodass allenfalls Anspruch auf eine höhere Rente besteht. Sie können allerdings nicht zum Füllen von Beitragslücken verwendet werden, die durch den Vorbezug der Rente entstanden sind.

Die ausbezahlte Rente kann in keinem Fall höher sein als die Maximalrente.

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Abs. 8: Die Anrechnung des Erwerbseinkommens und der Beitragszeiten wird neu in den Absätzen 2­7 geregelt. Der Bundesrat regelt das Verfahren und erlässt Bestimmungen über die Anrechnung von Zusatzjahren und die Anrechnung der Beitragsmonate im Jahr, in dem das Referenzalter erreicht wird.

Art. 29quinquies Abs. 3 Bst. a, b, d und e sowie Abs. 4 Bst. a Abs. 3: Der Vorbezug einer Rente oder eines prozentualen Anteils davon hat keinen Einfluss auf die Einkommensteilung, da es sich bei den während der Vorbezugsdauer ausbezahlten Renten lediglich um Vorschüsse der Leistung handelt, auf welche die versicherte Person bei Erreichen des Referenzalters Anspruch haben wird. Deshalb werden die Einkommen während der Vorbezugsdauer nicht geteilt, sondern erst, wenn der jüngere der beiden Ehegatten das Referenzalter nach Artikel 21 Absatz 1 E-AHVG erreicht. Um dies zu berücksichtigen, wurden die Buchstaben a und b entsprechend angepasst. Als weitere Splittingtatbestände gelten der Bezug je einer Invalidenrente sowie der Bezug einer Invalidenrente des einen und das Erreichen des Referenzalters des andern. Diese Tatbestände gelten bereits nach heutigem Recht, neu werden sie explizit im Gesetz erwähnt.

Abs. 4 Bst. a: Da das Referenzalter nach Artikel 21 Absatz 1 E-AHVG massgebend für den Zeitpunkt der Einkommensteilung ist, wird Absatz 4 entsprechend angepasst, um sämtliche Einkommen bis zu diesem Zeitpunkt zu berücksichtigen. Einkommen aus Beitragszeiten nach dem Referenzalter unterliegen dagegen nicht der Einkommensteilung.

Art. 29sexies Abs. 3 zweiter Satz Dieser Absatz wird so angepasst, dass der Zeitraum für die Teilung der Erziehungsgutschriften dem Zeitraum für die Einkommensteilung nach Artikel 29quinquies Absatz 4 Buchstabe a E-AHVG entspricht.

Art. 29septies Abs. 6 zweiter Satz Dieser Absatz wird so angepasst, dass der Zeitraum für die Teilung der Betreuungsgutschriften dem Zeitraum für die Einkommensteilung nach Artikel 29quinquies Absatz 4 Buchstabe a E-AHVG entspricht.

Art. 35 Sachüberschrift und Abs. 1 und 3

2. Summe der Renten eines Ehepaares

Die Art und Weise, wie die beiden Renten für ein Ehepaar plafoniert sind, wird beibehalten. Auch bleibt die Begrenzung der Plafonierung auf 150 Prozent des Höchstbetrages der Alters- oder Invalidenrente bestehen. Neu ist, dass mit der vorgeschlagenen Änderung ein Ehepaar je nach den Umständen nicht mehr Anspruch auf nur zwei Renten (eine Invaliden- oder Altersrente pro Ehegatte), sondern auf maximal vier Renten (wenn beide Ehegatten eine Invalidenrente erhalten und zudem beide einen Teil ihrer Altersrente vorbeziehen) haben kann. Dies rechtfertigt die Änderung sowohl der Sachüberschrift des Artikels als auch von Absatz 3. Übersteigt die Summe aller individuellen Renten den Plafonierungsbetrag eines solchen Ehepaars, sind die Renten anteilsmässig zu kürzen.

Wie schon im geltenden Recht muss dieser Plafonierungsbetrag aufgrund der Berechnungsgrundlagen beider Ehegatten bestimmt werden. So bleibt bei unvoll156

ständiger Beitragsdauer die geltende Regel zur Herleitung der gewichteten Rentenskala weiterhin anwendbar. Gemäss dieser Regel wird die Rentenskala des Ehegatten mit der höheren Rentenskala mit zwei multipliziert und zur Rentenskala des Ehegatten mit der tieferen Rentenskala dazugezählt. Das Resultat wird durch drei dividiert und gerundet. Wurde lediglich ein prozentualer Anteil der Rente vorbezogen, so wird der maximale Betrag, den die Ehegatten beziehen können, mit dem höchsten Prozentsatz multipliziert.

Art. 35ter Abs. 2 Der Aufschub eines Anteils der Altersrente darf nicht zur Ausrichtung einer ganzen Kinderrente führen (zum Satz von 40 Prozent der Altersrente). Die Kinderrente wird proportional zum Anteil der effektiv bezogenen Altersrente ausgerichtet. Dies bedeutet, dass der entsprechende Anteil der Kinderrente ebenfalls aufgeschoben wird.

Art. 36

5. Witwen- oder Witwerrente

In dieser Bestimmung ändert nur der Betrag der Witwen- und der Witwerrente. Die Höhe beträgt neu 60 Prozent der Altersrente, während sie bisher 80 Prozent betrug.

Art. 37 Abs. 1 In dieser Bestimmung ändert nur der Betrag der Waisenrente. Die Höhe beträgt neu 50 Prozent der Altersrente (bisher 40 Prozent), dies auch dann, wenn das Kind nur zum verstorbenen Elternteil in einem Kindesverhältnis stand (bisher entsprach die Kinderrente in diesen Fällen 60 Prozent des Betrags der Altersrente).

Art. 39

Aufschub des Bezugs der Altersrente

Abs. 1 und 2: Im geltenden Recht ist der Aufschub nur für den Gesamtbetrag der Rente möglich. Neu kann auch ein Anteil der Rente zwischen 20 Prozent und 80 Prozent aufgeschoben werden.

Möglich ist ebenfalls der Wechsel vom Aufschub der ganzen Rente zum Aufschub eines prozentualen Anteils davon (teilweiser Widerruf des Aufschubs). Nicht möglich ist allerdings das Gegenteil, also der Wechsel vom Aufschub eines prozentualen Anteils der Rente zum Aufschub eines höheren Anteils oder der ganzen Rente.

Der anfänglich gewählte prozentuale Anteil der aufgeschobenen Rente kann lediglich ein Mal reduziert werden. Daraufhin führt die versicherte Person entweder den Aufschub mit dem geänderten prozentualen Anteil bis längstens zum vollendeten 70. Altersjahr weiter, oder sie kann die Auszahlung der ganzen Rente verlangen.

Abs. 3: Gemäss geltendem Recht wird der Zuschlag, den eine Person erhält, weil sie ihre Altersrente aufgeschoben hat, auf sämtlichen Renten gewährt, die sich von der Hauptrente ableiten. So wird auch eine Hinterlassenenrente erhöht, die auf eine aufgeschobene Altersrente folgt. Da neu Hinterlassenenrenten, die auf vorbezogene Altersrenten folgen, nicht mehr reduziert werden (vgl. Erläuterungen zu Art. 40c E-AHVG), ist es nicht gerechtfertigt, Hinterlassenenrenten, die auf aufgeschobene Altersrenten folgen, zu erhöhen. Anders verhält es sich für Kinderrenten, die gemeinsam mit der Hauptrente ausbezahlt werden. Diese werden proportional zur Hauptrente ausbezahlt (vgl. Art. 35ter E-AHVG), und der Zuschlag infolge Aufschubs der Hauptrente kommt ihnen ebenfalls zugute. Der Aufschubszuschlag 157

kommt der Hauptrente auch dann zugute, wenn der Anspruch auf die Kinderrente während der Dauer des Aufschubs erlischt.

Abs. 4: Der gegenwärtige Absatz 3 wird zu Absatz 4. Der erste Satz wurde angepasst, sodass er nun ähnlich wie Artikel 40c Absatz 2 E-AHVG formuliert ist. Materiell hat die Bestimmung nicht geändert.

Die Erhöhungsfaktoren werden für Männer und Frauen einheitlich festgelegt, wie dies auch heute der Fall ist. Ausserdem werden die Erhöhungsfaktoren regelmässig überprüft, damit sie die Daten der demografischen Entwicklung berücksichtigen.

Eine Überprüfung alle zehn Jahre wird als angemessen betrachtet.

Der Rentenaufschub ist für Versicherte ausgeschlossen, die vor Erreichen des Referenzalters eine ganze Invalidenrente beziehen. Für Bezügerinnen und Bezüger einer Dreiviertels-, einer halben oder einer Viertelsinvalidenrente ist der Aufschub eines prozentualen Anteils der Rente hingegen möglich. Ausgeschlossen ist indessen der Aufschub für Personen, die eine Hilflosenentschädigung beziehen.

Art. 40

Vorbezug der Altersrente

Abs. 1­3: Nach geltendem Recht kann lediglich der Gesamtbetrag der Rente vorbezogen werden. Neu ist auch der Vorbezug eines Anteils der Rente zwischen 20 Prozent und 80 Prozent möglich. Der anfänglich gewählte Prozentsatz kann einmal erhöht werden, bevor die Person den verbleibenden Rententeil bezieht.

Der Wechsel vom Vorbezug einer ganzen Rente respektive eines prozentualen Anteils einer Rente zum Vorbezug eines tieferen prozentualen Anteils davon ist ausgeschlossen, da dies einem teilweisen Verzicht auf den Vorbezug gleichkommt.

Ausgeschlossen ist ebenfalls, auf die vorbezogene Rente zu verzichten, um sie dann bei Erreichen des Referenzalters erneut zu beziehen. Der Vorbezug der Rente gilt nur für die Zukunft. So ist es beispielsweise nicht möglich, mit 64 Jahren einen Rentenvorbezug ab dem vollendeten 62. Altersjahr zu verlangen.

Neu ist ausserdem die Möglichkeit, die Rente in einem monatlichen und nicht mehr nur im jährlichen Rhythmus vorbeziehen zu können, und dies ab dem ersten Tag des Monats nach Vollendung des 62. Altersjahres.

Während des Vorbezugs werden keine Kinderrenten ausgerichtet, wie dies auch heute der Fall ist.

Abs. 4: Mit dieser Regel soll der Verkürzung der Dauer der Erwerbstätigkeit infolge Rentenvorbezugs Rechnung getragen werden. Im Gegensatz zum geltenden Recht werden neu bei der Berechnung der Rente die fehlenden Beitragsjahre bis zum Referenzalter berücksichtigt.

Abs. 5: Wäre der Moment, in dem eine Person zum ersten Mal ihren Anspruch auf eine vorbezogene Rente geltend macht, der einzige massgebende Zeitpunkt für die Rentenberechnung, dann könnten die während der Vorbezugsdauer zurückgelegten Beitragszeiten nicht angerechnet werden. Um diese Zeiten zu berücksichtigen, erfolgt bei Erreichen des Referenzalters in jedem Fall eine Neuberechnung der Altersrente. Dagegen erfolgt bei einer Erhöhung des prozentualen Anteils der vorbezogenen Rente keine neue Berechnung.

Die erste Berechnung zu Beginn der Vorbezugsdauer muss möglichst einfach sein, da die Rente während der Vorbezugsdauer lediglich eine Vorschusszahlung auf die tatsächlich geschuldete Leistung im Referenzalter darstellt.

158

Abs. 6: Der Bundesrat erlässt Bestimmungen zur Berechnung der vorbezogenen Rente, insbesondere in Fällen, in denen die versicherte Person während der Vorbezugsdauer den Anteil der Rente erhöht.

Art. 40a

Kumulation von vorbezogener Altersrente und Rente der Invalidenversicherung

Abs. 1: Auch gesundheitlich beeinträchtigten Personen, die ihre verbleibende Erwerbsfähigkeit nicht mehr auf dem Arbeitsmarkt einsetzen können, soll ein Rentenvorbezug offenstehen. Aus diesem Grund ist vorgesehen, dass Personen, welche die Anspruchsvoraussetzungen für eine Invalidenrente erfüllen, einen prozentualen Anteil ihrer Altersrente vorbeziehen können, um ihre Invalidenrente zu ergänzen.

Die Kürzung gilt nur für den vorbezogenen Betrag der Altersrente. Die beiden Renten werden bis zum Referenzalter gleichzeitig ausbezahlt.

Der Vorbezug eines Teils der Altersrente führt nicht zu einer Änderung des Status der betroffenen Person: Der Leistungsanspruch wird auf der Grundlage der Bestimmungen des IVG analysiert, solange nicht die ganze Altersrente bezogen wird, spätestens jedoch bis zum Referenzalter.

Abs. 2: Der Betrag des Bruchteils der Invalidenrente und der Betrag des Anteils der vorbezogenen Altersrente dürfen zusammen den Betrag der entsprechenden ganzen Altersrente nicht übersteigen.

Art. 40b

Kumulation von vorbezogener Altersrente und Witwen- oder Witwerrente

Abs. 1: Das geltende Recht sieht vor, dass nur die höhere Rente ausbezahlt wird, wenn die Voraussetzungen für eine Witwen- oder Witwerrente und für eine Altersrente gleichzeitig erfüllt sind (Art. 24b). Neu ist eine Kumulation beim Vorbezug eines Anteils der Altersrente in Abweichung von Artikel 24b E-AHVG möglich. Da die Hinterlassenenrente statt 80 Prozent neu 60 Prozent der Altersrente beträgt, kann die anspruchsberechtigte Person daran interessiert sein, parallel dazu einen Teil ihrer Altersrente zu beziehen, um eine vollständige Leistung zu erhalten, ohne die ganze Altersrente vorbeziehen zu müssen. Dabei wird nur der vorbezogene Betrag der Rente gekürzt.

Abs. 2: Der Betrag der Witwen- oder Witwerrente und der Betrag des Anteils der vorbezogenen Altersrente dürfen zusammen den Betrag der entsprechenden ganzen Altersrente nicht übersteigen.

Abs. 3: Grundsätzlich haben verwitwete Bezügerinnen und Bezüger von Altersrenten Anspruch auf einen Zuschlag von 20 Prozent auf ihrer Rente (Art. 35bis). Dieser Verwitwetenzuschlag wird aber nicht zum vorbezogenen Teil der Altersrente hinzugerechnet, welcher eine Witwen- oder Witwerrente ergänzt. Ein Verwitwetenzuschlag wird nämlich nur dann ausbezahlt, wenn kein Anspruch auf eine Witwenoder Witwerrente besteht, da davon ausgegangen wird, dass Letztere das Todesfallrisiko schon abdeckt.

159

Art. 40c

Kürzung der Altersrente bei Vorbezug

Abs. 1 und 2: Die geltende Regelung, wonach Witwen-, Witwer- und Waisenrenten, die auf eine vorbezogene Rente folgen, ebenfalls gekürzt werden, wird aufgehoben.

Ausserdem kann der Bundesrat, wie dies bereits heute der Fall ist, die versicherungstechnischen Kürzungssätze so festlegen, dass sie der Lebenserwartung Rechnung tragen. Die Kürzungssätze werden für Männer und Frauen einheitlich festgesetzt. Ausserdem werden die Kürzungssätze, wie die Erhöhungsfaktoren, regelmässig überprüft, damit sie die Daten der demografischen Entwicklung berücksichtigen. Eine Überprüfung alle zehn Jahre wird als angemessen betrachtet.

Art. 40d

Kombination von Vorbezug und Aufschub der Altersrente

Abs. 1 und 2: Um eine möglichst umfassende Flexibilisierung des Rentenbezugs zu erreichen, können Vorbezug und Aufschub kombiniert werden. Konkret bedeutet dies, dass eine Person, die einen prozentualen Anteil ihrer Rente vorbezogen hat, bei Erreichen des Referenzalters den noch nicht bezogenen Teil ihrer Rente aufschieben kann.

Der Prozentsatz der Rente kann zwischen dem vollendeten 62. und dem vollendeten 70. Altersjahr einmal geändert werden; entweder während der Vorbezugsdauer oder während der Aufschubszeit. Diese Einschränkung ist notwendig, damit die Umsetzung der AHV einfach und effizient bleibt. So kann also eine Person, die diese Möglichkeit schon während des Vorbezugs wahrgenommen hat, im Rahmen des Aufschubs keine Änderung des Prozentsatzes mehr verlangen.

Art. 40e

Vorbezug und Anrechnung der Jugendjahre

Abs. 1: Personen mit tiefen bis mittleren Einkommen, die jung zu arbeiten begonnen und damit schon vor dem 1. Januar vor Vollendung des 21. Altersjahres AHVBeiträge geleistet haben, können sich ab 62 vorzeitig pensionieren lassen und dabei eine Altersrente beziehen, die weniger stark gekürzt ist, als wenn die versicherungstechnischen Kürzungssätze angewendet würden. Dazu müssen sie zunächst über sogenannte Jugendjahre verfügen: Dabei handelt es sich um Beitragszeiten zwischen dem 1. Januar nach Vollendung des 17. Altersjahres und dem 31. Dezember vor Vollendung des 21. Altersjahres.

Erfüllt eine Person sämtliche Voraussetzungen, so werden maximal drei Jugendjahre angerechnet, um die durch den Vorbezug der Altersrente verursachten Beitragslücken aufzufüllen.

Bei Buchstabe a wird davon ausgegangen, dass die Jugendjahre nicht bereits zum Auffüllen von Beitragslücken zwischen dem 1. Januar vor Vollendung des 21. Altersjahres und dem 31. Dezember vor Entstehung des Anspruchs auf die vorbezogene Rente verwendet worden sind.

Zielgruppe von Buchstabe b sind Personen, die vor ihrer Pensionierung erwerbstätig waren und dabei ein bescheidenes Einkommen hatten.

Buchstabe c will Personen aus dem Kreis der begünstigten Personen ausschliessen, die kurz vor der Pensionierung ihren Beschäftigungsgrad stark reduziert haben, um von dieser Neuregelung zu profitieren. Artikel 40e E-AHVG ist für Personen gedacht, die ihr Leben lang nur ein bescheidenes Einkommen hatten.

160

Mit Buchstabe d soll verhindert werden, dass eine Person mit tiefem Einkommen, deren Partner oder Partnerin finanziell gut gestellt ist, zum Kreis der Begünstigten gehört. Dies garantiert, dass alle Personen unabhängig von ihrer Lebensform gleich behandelt werden.

Abs. 2: Die Anrechnung von Jugendjahren, um die durch den Rentenvorbezug entstandenen Beitragslücken aufzufüllen, erfolgt abgestuft auf der Basis der vor dem Vorbezug der Altersrente erzielten durchschnittlichen Einkommen. Weil es sich dabei um Einkommen handelt, deren Durchschnitt zur Anrechnung berücksichtigt wird, steht die diesbezügliche Regelungskompetenz dem Bundesrat zu.

Abs. 3: Begünstigte dieser Regelung profitieren nicht nur von der Möglichkeit, Beitragslücken infolge Vorbezugs der Altersrente aufzufüllen, sondern auch von der Anwendung reduzierter Kürzungssätze auf ihre vorbezogene Rente.

Abs. 4: Dieser Absatz präzisiert Absatz 1 Buchstabe d. Der Begriff des Partners basiert auf Artikel 20a BVG und bezieht sich sowohl auf heterosexuelle wie auch auf homosexuelle Paare, sofern sie in den letzten fünf Jahren ununterbrochen eine Lebensgemeinschaft miteinander geführt haben. Nebst dem, dass die Versicherten verpflichtet sind, alle Auskünfte zu erteilen, die zur Abklärung des Anspruchs notwendig sind (vgl. Art. 28 ATSG), könnte die Prüfung der übermittelten Auskünfte in Zusammenarbeit zwischen den Ausgleichkassen und den Vorsorgeeinrichtungen der 2. Säule erfolgen.

Abs. 5: Der Bundesrat erhält die Kompetenz, die Einzelheiten zu Absatz 1 Buchstabe b und zu Absatz 2 zu regeln. Was Absatz 1 Buchstabe b betrifft, sollen aufgrund der Tatsache, dass diese Regelung auf Personen anwendbar ist, die vor der vorzeitigen Pensionierung erwerbstätig waren, diejenigen Personen nicht übergangen werden, die ihre Arbeit verloren haben, bevor sie die Möglichkeit hatten, ihre Altersrente vorzubeziehen. Deshalb sollen Personen, bei welchen einzig die Voraussetzung der Dauer der Erwerbstätigkeit nicht erfüllt ist, und zwar aufgrund von Arbeitsunfähigkeit, Arbeitslosigkeit oder weil sie aus der Arbeitslosenversicherung ausgesteuert sind, trotzdem zum Kreis der Begünstigten gehören können.

Gemäss Absatz 2 bestimmt der Bundesrat, welche Erwerbseinkommen im Durchschnitt zur Anrechnung von Jugendjahren berücksichtigt werden.

Art. 43bis Abs. 1 zweiter
Satz und Abs. 4 Abs. 1: Diese Präzisierung ist notwendig, da es lediglich beim Vorbezug der ganzen Rente, nicht aber beim Vorbezug eines prozentualen Anteils davon, einen Anspruch auf eine Hilflosenentschädigung der AHV geben kann.

Abs. 4: Der Begriff «Rentenalter» ist durch den Begriff «Referenzalter» zu ersetzen, weil mit Absatz 4 die Vollendung des 65. Altersjahres gemeint ist. Gleichzeitig wird festgehalten, dass der Anspruch auf Hilflosenentschädigung der IV sowohl bei Erreichen des Referenzalters als auch beim Vorbezug einer ganzen Altersrente erlischt.

Art. 43ter

Assistenzbeitrag

Der Begriff «Rentenalter» wird durch den Begriff «Referenzalter» ersetzt, weil mit Artikel 43ter E-AHVG die Vollendung des 65. Altersjahres gemeint ist. Gleichzeitig wird festgehalten, dass der Anspruch auf einen Assistenzbeitrag der IV sowohl bei 161

Erreichen des Referenzalters als auch beim Vorbezug einer ganzen Altersrente erlischt.

Art. 43quinquies Diese Bestimmung wird aufgehoben, da ihr Inhalt teilweise in den Artikel 113 E-AHVG übernommen wird, welcher in der AHV einen finanziellen Interventionsmechanismus einführt. Auch die Frage der Überwachung des finanziellen Gleichgewichtes wird dort detailliert geregelt. Aus diesem Grund ist der geltende Artikel 43quinquies gegenstandslos geworden.

Art. 52 Abs. 7 Artikel 52 betrifft die Arbeitgeberhaftung und regelt den Schadenersatz. Aufgrund einer bereits älteren Rechtsprechung können auf Schadenersatzforderungen aus Arbeitgeberhaftung mangels gesetzlicher Grundlage grundsätzlich keine Verzugszinsen erhoben werden.130 Diese Rechtslage gilt weiterhin, obschon für die Beiträge seit dem 1. Januar 2001 ein striktes Zinsenregime gilt (vgl. Art. 41bis ff. AHVV).

Daran änderte auch das am 1. Januar 2003 in Kraft getretene ATSG nichts. Dessen Artikel 26 bezieht sich nur auf Beitragsforderungen.131 Mit dem neuen Absatz 7 wird nun die gesetzliche Grundlage geschaffen. Die Aufgabe, die Modalitäten der Zinserhebung zu regeln, wird an den Bundesrat delegiert.

Die neue Verzinsungspflicht betrifft Forderungen nach den Artikeln 52, 70 und 71a.

Auch nach dem Inkrafttreten des ATSG richtet sich die Haftung nach diesen Bestimmungen ausschliesslich nach dem AHVG. Das ATSG regelt im Übrigen einzig und allein die Haftung für Schäden, die einer versicherten Person oder Dritten zugefügt werden (Art. 78 ATSG). Daher ist die neue Bestimmung ins AHVG und nicht ins ATSG aufzunehmen.

Art. 58 Abs. 2, 4 und 5 Abs. 2: In Umsetzung der Motion 13.3125 Frehner Sebastien «Einsitznahme von Ausländern im Kassenvorstand einer Verbandsausgleichskasse» vom 20. März 2013 soll die Restriktion, wonach nur Schweizer Bürger in den Kassenvorstand gewählt werden dürfen, aufgehoben werden. Die Verbandsausgleichskassen werden so gegenüber den kantonalen Ausgleichskassen nicht mehr benachteiligt.

Abs. 4 und 5: Es handelt sich um eine formelle Änderung aus gesetzestechnischen Gründen. Der letzte Satz des geltenden Absatzes 4 ist künftig im neuen Absatz 5 enthalten.

Art. 62 Abs. 2 zweiter Satz Artikel 62 Absatz 2 weist der mit der freiwilligen Versicherung beauftragten Ausgleichskasse die Aufgabe zu, die besondere Kategorie der im Ausland
Studierenden, die den Wohnsitz in der Schweiz aufgeben und nicht erwerbstätig sind, weiter zu versichern. Diese Weiterversicherungsmöglichkeit wird im Rahmen der Neuordnung 130

Vgl. BGE 119 V 78 E. 5 S. 84; Marco Reichmuth, Die Haftung des Arbeitgebers und seiner Organe nach Art. 52, 2008, N 396 S. 96 f.

131 Vgl. Ueli Kieser, ATSG-Kommentar, 2. Auflage, 2009, N 10 und 44 ad Art. 26 ATSG.

162

der Versicherungsunterstellung aufgehoben (vgl. Erläuterungen zu Art. 1c Abs. 1).

Als Folge davon kann auch der zweite Satz von Artikel 62 Absatz 2 aufgehoben werden.

Art. 64 Abs. 2bis, 2ter und 3bis Artikel 64 legt die Kassenzuständigkeiten fest und trifft dabei auch gewisse Sonderregeln.

Abs. 2bis und 2ter: Bei den Absätzen 2bis und 2ter geht es um Sonderregeln für vorzeitig Pensionierte und deren nichterwerbstätige Ehegatten. Die heute einzig in Absatz 2bis enthaltene Sonderregelung muss ­ unter Beachtung der neuen Terminologie des Referenzalters ­ angepasst und aus Gründen der Lesbarkeit auf zwei Absätze aufgeteilt werden.

Nach wie vor soll es bei vorzeitiger Pensionierung nicht zu einem Kassenwechsel der betroffenen Person kommen. Weil jedoch beim Vorbezug einer vollen Altersrente der AHV inskünftig keine Pflicht mehr zur Bezahlung von Nichterwerbstätigenbeiträgen besteht, ist eine redaktionelle Anpassung im ersten Satz von Absatz 2bis notwendig.

Die dem Bundesrat im Rahmen der Durchführungsrevision im bisherigen Absatz 2bis eingeräumte Kompetenz, Ehepaarzuständigkeiten für Nichterwerbstätige vorzusehen, erweist sich als zu eng. Sie gilt nur für Ehepaare, bei denen beide Teile als Nichterwerbstätige beitragspflichtig sind, nicht aber dann, wenn einer der Ehegatten eine Rente bezieht. Die Betroffenen reagieren mit Unverständnis auf die Zuständigkeit verschiedener Kassen. Dank der erweiterten, neu aber in Absatz 2ter verankerten Befugnis kann der Bundesrat eine einheitliche Kassenzuständigkeit festlegen.

Abs. 3bis: Dieser Absatz betrifft die Zuständigkeit der Versicherung für die nicht erwerbstätigen Ehegatten von im Ausland erwerbstätigen Versicherten. Der Verweis auf die Versichertenkategorie gemäss bisherigem Recht muss als Folge der Neuregelung bei der Versicherungsunterstellung angepasst werden.

Art. 64a erster Satz Es handelt sich um eine redaktionelle Änderung, die vorzunehmen ist, weil der Begriff «Rentenalter» nicht mehr verwendet wird.

Art. 70 Abs. 1bis Bei Artikel 70 geht es um die Regelung des Schadenersatzes. Aufgrund einer bereits älteren Rechtsprechung können auf Forderungen aus Gründerverbands- oder Staatshaftung nach den Artikeln 70 und 71a keine Verzugszinsen erhoben werden.132 Es liegt mithin die gleiche Ausgangslage vor wie bei Artikel 52 (vgl. die dortigen Erläuterungen).
Mit dem neuen Absatz 1bis wird nun die gesetzliche Grundlage für eine Verzinsungspflicht geschaffen. Die Regelung der Einzelheiten der Zinserhebung wird an den Bundesrat delegiert.

132

Vgl. BGE 119 V 78 E. 3c mit Hinweis S. 82

163

Die neue Verzinsungspflicht betrifft nicht alle Trägerhaftungen schlechthin, sondern einzig die Forderungen nach den Artikeln 70 und ­ aufgrund der Verweisung auf Artikel 70 AHVG ­ 71a. Auch nach dem Inkrafttreten des ATSG richtet sich die Haftung nach diesen Bestimmungen ausschliesslich nach dem AHVG.133 Das ATSG regelt im Übrigen einzig und allein die Haftung für Schäden, die einer versicherten Person oder Dritten zugefügt werden (Art. 78 ATSG).134 Daher ist die neue Bestimmung ins AHVG und nicht ins ATSG aufzunehmen.

Art. 102 Abs. 1 Bst. b, c, e und f Diese Bestimmung listet die Finanzierungsquellen der AHV auf.

Abs. 1 Bst. b: Die Änderung ist ausschliesslich redaktioneller Natur und betrifft nur den deutschen Text.

Abs. 1 Bst. c: Der Begriff «Zinsen» wird durch «Vermögenserträge» ersetzt. Im Rahmen der 10. AHV-Revision wurde das Verbot des Aktienerwerbs im Artikel 108 Absatz 1 aufgehoben. Mit der Änderung vom 6. Oktober 2000135 des AHVG betreffend die Neuausrichtung der Anlagevorschriften des Ausgleichsfonds der AHV wurde zusätzlich die Beschränkung auf den schweizerischen Aktienmarkt eliminiert.

Damit entspricht die Bezeichnung «Vermögenserträge» inhaltlich besser den Gegebenheiten.

Abs. 1 Bst. e: Die Bestimmung wird durch einen neuen Buchstaben ergänzt, welcher den Ertrag aus der Mehrwertsteuer angibt. Es handelt sich zum einen um den Anteil aus dem Mehrwertsteuerertrag, der bereits heute der AHV zugutekommt, zum andern um den Ertrag aus der Zusatzfinanzierung (vgl. auch Art. 25, 28, 37 und 55 E-MWSTG).

Abs. 1 Bst. f: Der Ertrag der Spielbankenabgabe wird ebenfalls aufgelistet. Allerdings handelt es sich bei diesem um eine Finanzierungsquelle, die vollständig der Versicherung zukommt, er stellt also nicht etwa einen Teil des Bundesbeitrags dar.

Deshalb wird er aus systematischen Gründen in Artikel 102 E-AHVG erwähnt, welcher die Finanzierungsquellen aufzählt, und nicht in Artikel 103 E-AHVG, der den Bundesbeitrag regelt.

Art. 103

Bundesbeitrag

Die Beteiligung des Bundes an der Finanzierung der AHV entspricht heute einem Betrag in der Höhe von 19,55 Prozent der Ausgaben der Versicherung. Im Zuge der Vereinfachung der Zahlungsflüsse des Bundes an die AHV wird dieser Anteil auf 18 Prozent gesenkt. Im Gegenzug wird der Ertrag aus dem MWST-Demografieprozent zugunsten der AHV, der bislang dem Bund zugewiesen wurde, vollständig der AHV zukommen.

Ausserdem wird Absatz 2 aufgehoben, sodass dieser Artikel keine einzelnen Absätze mehr enthält. Art. 103 E-AHVG erwähnt der Klarheit halber den Ertrag aus der Spielbankenabgabe nicht mehr. Dieser Ertrag gehört zu den AHV-Einnahmen und ist nicht Teil des Bundesbeitrags. Um eine Verwechslung auszuschliessen, wird

133 134 135

164

Vgl. Kieser, a.a.O., Art. 78 Rz 14 ff.

Vgl. Kieser, a.a.O., Art. 78 Rz 1 f.

AS 2001 292

in Artikel 102 Absatz 1 ein neuer Buchstabe f eingefügt, der den Ertrag aus der Spielbankenabgabe aufführt.

Art. 104

Finanzierung des Bundesbeitrags

Der Artikel wird in seiner Formulierung vereinfacht. Dadurch kann der finanzpolitisch unpräzise Begriff der «Rückstellung» vermieden werden. Durch die Anpassung des Artikels 104 wird Artikel 111 obsolet und kann aufgehoben werden.

Art. 107 Abs. 3 Dieser Absatz wird aufgehoben, da sein Inhalt vollständig in Artikel 113 Absatz 1 E-AHVG übernommen wird.

Art. 111 Aufgrund der Umformulierung und Ergänzung des Artikels 104 kann Artikel 111 aufgehoben werden.

Art. 113

Überwachung des finanziellen Gleichgewichts

Dieser Artikel regelt neu den sogenannten Interventionsmechanismus.

Abs. 1: Der gesetzliche Stand des AHV-Ausgleichsfonds wird von heute 100 Prozent auf 70 Prozent einer Jahresausgabe gesenkt. Ein Stand von 70 Prozent gewährleistet eine genügend hohe Sicherheit für die Liquidität des Fonds und bildet die Realität der Vergangenheit besser ab.

Abs. 2: Dieser Absatz beschreibt die erste Stufe des Interventionsmechanismus. Der Bundesrat wird beauftragt, bei einem absehbaren Absinken des Fondsbestandes unter 70 Prozent einer Jahresausgabe im Verlauf der nächsten drei Jahre aktiv zu werden und der Bundesversammlung innert Jahresfrist Massnahmen vorzuschlagen, mit deren Hilfe der Fondsstand stabilisiert werden kann. Das Ziel ist es somit, Massnahmen bereits zu treffen, bevor der Fondsstand unter die 70-Prozent-Schwelle sinkt.

Abs. 3: Falls trotz der antizipierenden Massnahmen der ersten Stufe das Absinken des Fondsstandes unter 70 Prozent nicht oder nicht rechtzeitig verhindert werden kann, tritt die zweite Stufe des Interventionsmechanismus in Kraft. Dies ist der Fall, wenn der Fondsstand effektiv unter 70 Prozent einer Jahresausgabe fällt. Um zu verhindern, dass der Mechanismus bei ausserordentlichen konjunkturellen Vorfällen ausgelöst wird, wie zum Beispiel bei einem Einbruch der Finanzmärkte, gilt für die Aktivierung der zweiten Stufe eine zusätzliche Bedingung: Das Umlagedefizit muss in zwei aufeinanderfolgenden Jahren 3 Prozent einer Jahresausgabe übersteigen.

Diese Bedingung soll sicherstellen, dass die automatischen Massnahmen ausschliesslich bei strukturellen Problemen in Kraft gesetzt werden.

Bst. a: Als erste automatische Massnahme wird die Anpassung der Renten an die Lohn- und Preisentwicklung ausgesetzt. Um die Verfassungsmässigkeit der Rentenentwicklung zu wahren, muss nach fünf Jahren zumindest der Teuerungsausgleich gewährt werden und die Rente darf nicht unter 95 Prozent der Referenzrente (Rentenhöhe gemäss Art. 33ter) liegen.

165

Bst. b: Die zweite Massnahme besteht in einer Anhebung der AHV-Beiträge um maximal ein Lohnprozent in der Höhe des Betrages, der sich aus der in Buchstabe a definierten Massnahme ergibt. Bei den Unselbstständigen wird die Erhöhung hälftig auf Arbeitnehmende und Arbeitgeber aufgeteilt; bei freiwillig Versicherten, Selbstständigen und Arbeitnehmenden von nicht beitragspflichtigen Arbeitgebern beträgt die Anhebung einen Punkt; die Mindestbeiträge (bei freiwillig Versicherten, Selbstständigen und Nichterwerbstätigen) sind als Frankenbeträge festgelegt und werden aus diesem Grund im selben Verhältnis wie die Lohnprozente angepasst. Die Erhöhung wird als Obergrenze formuliert, damit die Massnahmen nur im benötigten Umfang umgesetzt werden.

Bst. c: Da die AHV- und IV-Rentensysteme eng miteinander verbunden sind, verursacht das Aussetzen der Anpassung der Altersrenten an die Lohn- und Preisentwicklung Probleme bei der Koordination mit der Plafonierung der Renten. Betroffen sind die in Artikel 35 E-AHVG vorgesehenen Fälle, auf die Artikel 37 Absatz 1bis IVG verweist (Summe der Renten eines Ehepaares, insbesondere, wenn ein Ehegatte Anspruch auf eine Altersrente und der andere Anspruch auf eine Invalidenrente hat, oder bei gemischten Leistungen, d.h. wenn ein Ehegatte eine Teilrente der Invalidenversicherung bezieht und den Vorbezug eines Teils seiner Altersrente wählt und der andere Ehegatte entweder Anspruch auf eine Altersrente oder eine Invalidenrente oder auf beide hat), sowie die in Artikel 37bis AHVG geregelte Frage des Zusammentreffens von Waisen- und Kinderrenten, worauf Artikel 38 Absatz 1 IVG verweist. Buchstabe a stellt zwar die in den obengenannten Bestimmungen vorgesehenen Grundsätze nicht in Frage, kann aber dennoch praktische Probleme verursachen, die vom Bundesrat in Ausführungsbestimmungen geregelt werden müssen.

Aus diesem Grund ist in Buchstabe c eine entsprechende Kompetenzdelegation vorgesehen. Der Bundesrat hat dabei namentlich festzulegen, auf welcher Rentenbasis (AHV oder IV) die Plafonierung der Renten eines Ehepaares berechnet werden soll (vgl. Art. 35 E-AHVG), bei welchem ein Ehegatte eine AHV-Rente und der andere eine IV-Rente bezieht, beziehungsweise wenn einer oder beide sowohl eine Invalidenteilrente als auch einen prozentualen Anteil der Altersrente beziehen.

Abs. 4:
Die automatischen Massnahmen haben befristeten Charakter und werden spätestens dann aufgehoben, wenn der AHV-Ausgleichsfonds wieder bei 70 Prozent einer Jahresausgabe liegt und absehbar ist, dass er im folgenden Rechnungsjahr nicht wieder sinken wird. Zu diesem Zeitpunkt werden die Renten erneut an die Lohn- und Preisentwicklung gemäss Artikel 33ter angepasst und die Beiträge wieder gesenkt.

Art. 153a Die Verordnungen (EG) Nr. 883/2004 und 987/2009, welche die Verordnungen (EWG) Nr. 1408/71 und Nr. 574/72 ersetzt haben, sind seit dem 1. April 2012 in den Beziehungen zwischen der Schweiz und den EU-Mitgliedstaaten anwendbar, weshalb der Artikel anzupassen ist.

Übergangsbestimmungen zur Änderung vom ... (Reform der Altersvorsorge 2020) Die neuen AHVG-Bestimmungen gelten grundsätzlich für alle, deren Leistungsanspruch nach Inkrafttreten der vorliegenden Revision entsteht. Besondere Regeln sind für die Erhöhung des Referenzalters der Frauen vorgesehen.

166

a. Versicherungsunterstellung Aufgrund der Neuordnung der Regeln zur Versicherungsunterstellung gibt es Personen, die unter dem neuen Recht nicht mehr versicherbar wären. Bei bestimmten Kategorien steht anstelle der Beitrittsversicherungs- nur noch die Weiterversicherungsmöglichkeit zur Verfügung. Mit den Absätzen 1 und 2 dieser Übergangsbestimmung wird sichergestellt, dass keine bisher versicherten Personen den Versicherungsschutz verlieren. Zudem wird Personen, die nicht mehr der obligatorischen Versicherung angehören würden, die Möglichkeit eröffnet, vom neuen Recht Gebrauch zu machen und aus der AHV auszuscheiden.

b. Referenzalter der Frauen Bis zum 31. Dezember des Jahres, in welchem das neue Recht in Kraft tritt, gilt für Frauen das Rentenalter 64. Bis zu diesem Zeitpunkt ist das Rentenalter 64 zudem massgebend für das Ende der Beitragspflicht sowie für den Vorbezug und den Aufschub der Altersrente.

Das Referenzalter der Frauen wird ein Jahr nach Inkrafttreten der Änderung während einer Dauer von sechs Jahren schrittweise jeweils um zwei Monate pro Jahr erhöht. Sofern das neue Recht im Jahr 2019 in Kraft tritt, würde für Frauen ab dem Jahr 2025 das Referenzalter 65 gelten.

c. Witwen-, Witwer- und Waisenrenten Abs. 1: Für alle Witwen-, Witwer- und Waisenrenten, die vor dem Inkrafttreten der Änderung entstanden sind, gilt weiterhin integral das bisherige Recht. Für alle Hinterlassenenrenten mit Anspruchsbeginn ab dem 1. Januar des Jahres, in dem die Änderung in Kraft tritt, gilt sofort neues Recht.

Abs. 2: Nach neuem Recht beträgt die Witwenrente 60 Prozent (vorher: 80 %) und die Waisenrente 50 Prozent (vorher: 40 %) der entsprechenden Altersrente. Witwen mit zwei waisenrentenberechtigten Kindern werden daher wie nach altem Recht ein Familieneinkommen (Waisen- und Witwenrenten) von gesamthaft 160 Prozent der entsprechenden Altersrente erhalten. Einer Witwe mit nur einem waisenrentenberechtigen Kind würde nach neuem Recht hingegen ein betragsmässig tieferes Familieneinkommen von 110 Prozent, anstelle der nach altem Recht vorgesehenen 120 Prozent, der entsprechenden Altersrente ausgerichtet. Damit diese Frauen nach neuem Recht nicht schlechter gestellt sind als bisher, wird ihnen übergangsweise eine Betragsgarantie gewährt, sofern sie Anspruch auf eine 60-Prozent-Witwenrente nach neuem Recht
haben und die ihnen nach neuem Recht zustehende Summe aus Witwen- und Waisenrente tiefer liegt als nach bisherigem Recht. Die Übergangsregelung sieht für diese Witwen vor, dass das Familieneinkommen betragsmässig bei 120 Prozent der entsprechenden Altersrente «eingefroren» wird, indem die Waisenrente jeweils an die Teuerung angepasst und die Witwenrente bis zu 80 Prozent der entsprechenden Altersrente ergänzt wird, sodass der garantierte Betrag von insgesamt 120 Prozent der entsprechenden Altersrente ausbezahlt wird.

Konkret wird einer Witwe mit einem waisenrentenberechtigten Kind, welche die Anspruchsvoraussetzungen für die Übergangsregelung nach Absatz 2 erfüllt, eine 50-Prozent-Waisenrente ausgerichtet, welche mit einer Witwenrente ergänzt wird, die auf 70 Prozent (anstelle von 60 %) der entsprechenden Altersrente erhöht wird, sodass das Familieneinkommen von 120 Prozent der Altersrente auch bei künftigen Rentenanpassungen garantiert bleibt. Die bei Rentenerhöhungen angepasste Waisen167

rente wird gemessen am garantierten Familieneinkommen stetig höher, während die nicht angepasste Witwenrente laufend reduziert wird, bis sie betragsmässig der (angepassten) 60-Prozent-Witwenrente nach neuem Recht entspricht. Ab diesem Zeitpunkt wird auch die Witwenrente an die Lohn- und Preisentwicklung angepasst.

Die nachstehende Tabelle zeigt ein Beispiel in Zahlen. Die Altersrente, welche der Berechnung der Hinterlassenenrenten zugrunde liegt, beläuft sich auf 2340 Franken (maximale Vollrente 2014).

Witwenrente

Waisenrente

Familieneinkommen

Nach altem Recht (80 % + 40 % = 120 %)

1872

936

2808

Nach neuem Recht (60 % + 50 % = 110 %)

1404

1170

2574

Wenn die Anspruchsvoraussetzungen der Übergangsbestimmungen erfüllt sind Witwenrente

Waisenrente (50 %)

garantiertes Familieneinkommen

Vor Rentenanpassung

1638

1170

2808

Nach Rentenanpassung um 5 % (die zugrunde liegende Altersrente wird von 2340 auf 2457 Franken erhöht)

1579*

1229

2808

* Nach der Rentenanpassung entspricht die Witwenrente nicht mehr 70 Prozent der Hauptrente, sondern 64,3 Prozent. So entspricht die Summe von Witwen- und angepasster Waisenrente dem garantierten Betrag von 2808 Franken.

Abs. 3: Für eine Witwe, die nie ein Kind hatte oder zum Zeitpunkt der Verwitwung kein waisenrentenberechtigtes Kind mehr hat, besteht nach neuem Recht kein Rentenanspruch mehr. Allerdings gilt für diese Witwe eine vom Alter der Versicherten abhängige Übergangslösung, sofern sie die Anspruchsvoraussetzungen nach den bisherigen Bestimmungen erfüllt: Bst. a: Ist sie bei Inkrafttreten der Änderung über 50-jährig, so wird sie im Falle einer Verwitwung eine Rente erhalten, die 80 Prozent der entsprechenden Altersrente am 31. Dezember vor Inkrafttreten der Änderung beträgt. Dieser Betrag ist garantiert («eingefroren») und wird ausgerichtet, bis er der nach neuen Recht geltenden Witwenrente (60 %) entspricht. Das Niveau der Witwenrente steigt durch Rentenanpassungen kontinuierlich an, sodass es nach einer gewissen Dauer den eingefrorenen Witwenrentenbetrag erreichen wird.

Bst. b: Ist die Witwe bei Inkrafttreten der Änderung jünger als 50-jährig, so erhält sie noch eine Witwenrente, wenn sie im Jahr des Inkrafttretens der Änderung oder in den nachfolgenden acht Jahren verwitwet. Betragsmässig fällt die Rente mit jedem Jahr tiefer aus (von 60 auf 20 % der entsprechenden Altersrente). Verwitwet sie im neunten Jahr nach Inkrafttreten der Änderung, so erhält sie noch eine einmalige Entschädigung in der Höhe einer jährlichen Witwenrente von 60 Prozent.

168

3.7

Bundesgesetz über die Invalidenversicherung (IVG)

Art. 1b Artikel 1b regelt den Geltungsbereich und knüpft dabei an die Regeln zur Unterstellung in der AHV an. Der Verweis auf die Normen zur Versicherungsunterstellung im AHVG muss ­ als Folge der dortigen Änderungen bei den Artikeln 1a­1d E-AHVG ­ angepasst werden.

Art. 3 Abs. 1 und 1bis Artikel 3 regelt die Beitragsbemessung und den Beitragsbezug, er lehnt sich dabei an die Regelung im AHVG an. Mit der Aufhebung der sinkenden Beitragsskala für Selbstständigerwerbende in der AHV entfallen auch die degressiven Beitragssätze in der IV. Absatz 1 ist entsprechend anzupassen. Die Indexierung beschränkt sich neu auf den Mindestbeitrag und wird dementsprechend in den Absatz 1bis eingefügt.

Art. 9 Abs. 2 Buchstabe b Artikel 9 Absatz 2 stellt sicher, dass Kinder, die einen in der AHV versicherten Elternteil ins Ausland begleiten, Eingliederungsmassnahmen erhalten. Inhaltlich soll daran nichts geändert werden. Nachdem im AHVG jedoch eine Neuordnung der Versicherungsunterstellung in den Artikeln 1a­1d E-AHVG vorgesehen ist, müssen als Folge davon auch die Gesetzesverweise im IVG angepasst werden.

Art. 10 Abs. 3 Der Vorbezug der ganzen Altersrente schliesst einen Anspruch auf Eingliederungsmassnahmen der IV aus. Wer eine ganze Altersrente vorbezieht, wird in aller Regel die Erwerbstätigkeit aufgegeben haben. Eine Eingliederung in den Arbeitsmarkt ist in dieser Situation also kein Thema mehr.

Der Vorbezug eines Teils der Altersrente kann hingegen mit einer Teilerwerbstätigkeit verbunden sein. Deshalb können Eingliederungsmassnahmen auch sinnvoll sein, wenn eine Person bereits einen Teil der Rente bezieht.

Die Altersrente kann ab dem vollendeten 62. Altersjahr jederzeit auf den Anfang des Folgemonats vorbezogen werden (Art. 40 Abs. 1 E-AHVG). Der Anspruch auf Eingliederungsmassnahmen der IV erlischt folglich am Ende des Monats, der jenem vorangeht, in dem die ganze Altersrente erstmals vorbezogen wurde. Absatz 3 wird deshalb dahingehend ergänzt, dass der Anspruch auf Eingliederungsmassnahmen mit dem Vorbezug einer ganzen Altersrente der AHV erlischt. Falls die versicherte Person von der Möglichkeit des Vorbezugs nicht Gebrauch gemacht oder nur einen Teil der Altersrente vorbezogen hat, erlischt der Anspruch auf Eingliederungsmassnahmen der IV am Ende des Monats, in dem die versicherte Person das 65. Altersjahr vollendet.

Im E-AHVG wird der Begriff «Rentenalter» durch «Referenzalter» ersetzt, weshalb diese Bestimmung anzupassen ist.

169

Art. 22 Abs. 4 zweiter Satz Eingliederungsmassnahmen geben Anspruch auf Taggelder. Deshalb muss das Ende des Anspruchs auf diese Leistung gleich ausgestaltet werden wie dasjenige des Anspruchs auf Eingliederungsmassnahmen (vgl. die Erläuterungen zu Art. 10 Abs. 3 E-IVG).

Art. 30

Erlöschen des Anspruchs

Nach geltendem Recht erlischt die Invalidenrente, sobald die berechtigte Person ihre Altersrente vorbezieht (derzeit kann nur eine ganze Altersrente vorbezogen werden), mit der Entstehung des Anspruchs auf eine Altersrente oder mit dem Tod der berechtigten Person.

Die neuen Regeln zum Vorbezug der AHV-Rente erlauben es künftig, auch nur einen Anteil der Altersrente vorzubeziehen und diesen mit der Invalidenrente zu ergänzen. Dies ist allerdings nur möglich, wenn es sich nicht um eine ganze Invalidenrente handelt. Die beiden Renten würden bis zum Referenzalter gleichzeitig ausbezahlt.

Artikel 30 muss nun dahingehend angepasst werden, dass der Anspruch auf die Invalidenrente bei einem Vorbezug eines Anteils der AHV-Altersrente weiterhin besteht. Der Anspruch auf die IV-Rente erlischt demnach, wenn die berechtigte Person die ganze Altersrente vorbezieht (Bst. a) oder das Referenzalter erreicht und damit Anspruch auf die Altersrente hat (Bst. b) oder mit dem Tod der berechtigten Person (Bst. c).

Art. 42 Abs. 4 und 4bis Im E-AHVG wird der Begriff «Rentenalter» durch «Referenzalter» ersetzt, weshalb die Bestimmung anzupassen ist. Der aktuelle Absatz 4 wird ausserdem an die heutigen gesetzesredaktionellen Grundsätze angepasst und neu in Absatz 4 und Absatz 4bis aufgeteilt.

Gleichzeitig wird präzisiert, dass der Anspruch auf eine Hilflosenentschädigung der Invalidenversicherung ausschliesslich beim Vorbezug der ganzen Altersrente erlischt. Bei einem teilweisen Vorbezug der Altersrente bleibt der Anspruch auf eine Hilflosenentschädigung der Invalidenversicherung dagegen bestehen.

Art. 42septies Abs. 3 Einleitungssatz und Bst. b Die formale Vereinheitlichung im Einleitungssatz betrifft nur den deutschen Text.

Die Präzisierung in Buchstabe b ist notwendig, da einzig beim Vorbezug der ganzen Altersrente, nicht aber bei einem teilweisen Vorbezug, der Anspruch auf einen Assistenzbeitrag erlischt. Zudem wird der Begriff «Rentenalter» durch den Begriff «Referenzalter» ersetzt.

Art. 74 Abs. 2 Im E-AHVG wird der Begriff «Rentenalter» durch «Referenzalter» ersetzt, weshalb die Bestimmung anzupassen ist.

170

Art. 80 Dieser Artikel handelt von der Überwachung des finanziellen Gleichgewichts der Invalidenversicherung und verweist auf die geltenden AHVG-Bestimmungen, konkret auf Artikel 43quinquies. Da dieser aber aufgehoben wird und ein Verweis deshalb nicht mehr möglich ist, muss Artikel 80 entsprechend angepasst werden.

Übergangsbestimmung zur Änderung vom ... (Reform der Altersvorsorge 2020) Mit der Neuordnung der Versicherungsunterstellung in den Artikeln 1a­1d E-AHVG wird der Kreis der obligatorisch Versicherten eingeschränkt. Die vorgesehenen Übergangsbestimmungen zur Änderung des AHVG (Bst. a Versicherungsunterstellung) stellen sicher, dass durch die Neuordnung der bestehende Versicherungsschutz in der AHV erhalten bleibt. Der daraus abgeleitete Versicherungsschutz für Kinder in Bezug auf Eingliederungsmassnahmen wird in Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe b E-IVG ebenfalls an die neuen Verhältnisse angepasst. Mit dieser Übergangsbestimmung wird gewährleistet, dass die altrechtlich begünstigten Kinder ihre Ansprüche nicht verlieren.

3.8

Bundesgesetz über Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung (ELG)

Art. 4 Abs. 1 Bst. abis, aquater und b Ziff. 2 Im E-AHVG wird der Begriff «Rentenalter» durch «Referenzalter» ersetzt, weshalb die Bestimmung anzupassen ist.

Art. 11 Abs. 1 Bst. dbis und dter, Abs. 1ter und 1quater Bst. dbis: Neu besteht die Möglichkeit, nur einen Teil der Altersrente aufzuschieben (Art. 39 Abs. 1 E-AHVG). Da der Bezug einer Altersrente den Zugang zu den Ergänzungsleistungen öffnet, müssten ohne Korrektur die Ergänzungsleistungen faktisch die Differenz zur ganzen Rente voll ausgleichen. Um diese Kostenverschiebung zu den Ergänzungsleistungen hin zu verhindern, wird anstelle der effektiv bezogenen Rente die ganze Rente (ohne Aufschubszuschlag) angerechnet.

Bst. dter: Um zu verhindern, dass der Teilvorbezug einer Altersrente faktisch zu einem ganzen Vorbezug führt, indem die Ergänzungsleistungen den Einkommensverlust voll ausgleichen, ist in diesen Vorbezugsfällen anstelle der tatsächlich ausgerichteten anteiligen Rente die entsprechende ganze (wegen des Vorbezugs gekürzte) Rente als Einnahme anzurechnen. Dies gilt uneingeschränkt, wenn nur eine Altersrente der AHV ausgerichtet wird.

Abs. 1ter: Bei der Berechnung der Ergänzungsleistungen wird bei IV-Rentnerinnen und -Rentnern sowie Bezügerinnen und Bezügern von Hinterlassenenleistungen der AHV ein Fünfzehntel, bei Altersrentnerinnen und Altersrentnern ein Zehntel des anrechenbaren Reinvermögens als Einnahmen berücksichtigt. Dieser Absatz stellt klar, dass der Vermögensverzehr bei einem Teilvorbezug der Altersrente zusammen mit einer IV-Rente oder einer Hinterlassenenrente der AHV einen Fünfzehntel ausmacht. Die Kantone haben nach wie vor die Kompetenz, einen abweichenden Betrag festzulegen für Personen, die in einem Heim oder Spital leben (gemäss 171

Art. 11 Abs. 2 ELG). Wird nur die Altersrente ganz oder anteilig vorbezogen, ohne dass diese mit einer IV-Rente oder eine Hinterlassenenrente der AHV ergänzt wird, so wird bei der Berechnung der Ergänzungsleistungen ein Zehntel des anrechenbaren Reinvermögens als Einnahmen berücksichtigt.

Abs. 1quater: Der Bundesrat erhält eine neue Kompetenz. Für die Fälle, in denen der Vorbezug ergänzend zu einer IV-Rente oder einer Hinterlassenenrente der AHV geltend gemacht wird, braucht es eine Regelung, damit die bereits berücksichtigte IV-Rente resp. Witwen-/Witwerrente nicht doppelt gezählt wird. So wird in solchen Fällen nicht die ganze Altersrente berücksichtigt, sondern lediglich der verbleibende Anteil davon (ganze Altersrente abzüglich IV-Rente resp. Witwen-/Witwerrente) bis maximal zur ganzen Rente angerechnet. Ohne eine derartige Bestimmung wäre die versicherte Person, die Ergänzungsleistungen erhält und einen Anteil der Altersrente vorbezieht, schlechter gestellt als eine Person, die keinen Vorbezug tätigt.

Art. 13 Abs. 3 Der geltende Artikel 13 Absatz 3 verweist auf Artikel 111 AHVG, der aufgehoben wird, weshalb er anzupassen ist.

Zudem wird, wie in der AHV, die Finanzierungsweise des Bundesbeitrags präzisiert.

3.9

Bundesgesetz über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG)

Art. 1 Abs. 2 und Abs. 3 zweiter Satz Abs. 2 betrifft nur den französischen Text.

Abs. 3: Die Festlegung eines Mindestalters für den Bezug von Altersleistungen wurde bisher in der BVV 2136 durch den Bundesrat geregelt. Da das Mindestalter für den Bezug von Altersleistungen nun direkt im Gesetz verankert wird (vgl. Art. 13 Abs. 3 E-BVG), ist die Kompetenzdelegation an den Bundesrat im zweiten Satz von Absatz 3 aufzuheben (für Ausnahmen vom Mindestalter vgl. Erläuterungen zu Art. 13 Abs. 3 E-BVG).

Art. 2 Abs. 1 Die Eintrittsschwelle wird um einen Drittel von 21 060 auf 14 040 Franken gesenkt.

Der Betrag von 14 040 Franken entspricht der minimalen jährlichen AHVAltersrente. Die tiefere Eintrittsschwelle erweitert den Kreis der obligatorisch zu versichernden Personen, da die 2. Säule auch Personen mit einem Jahreseinkommen unter der heute geltenden Eintrittsschwelle zugänglich wird. Um auch die Vorsorge von Mehrfachbeschäftigten verbessern zu können, wird im Rahmen der Verordnungsanpassungen Artikel 1j Absatz 1 Buchstabe c BVV 2 im Hinblick auf die Versicherung der Nebenerwerbstätigkeit zu überprüfen sein.

136

172

SR 831.441.1

Art. 5 Abs. 2 zweiter Satz Artikel 51a BVG regelt die Aufgaben des obersten Organs der Vorsorgeeinrichtung.

Diese Bestimmung wurde im Rahmen der Strukturreform neu aufgenommen und im Rahmen der Vorlage «Finanzierung von Vorsorgeeinrichtungen öffentlich-rechtlicher Körperschaften» modifiziert. Das bis Ende 2011 geltende BVG enthielt keine explizite Aufzählung der Aufgaben des obersten Organs der Vorsorgeeinrichtung.

Die gesetzlichen Pflichten richteten sich vielmehr an die Vorsorgeeinrichtung an sich. Aufgrund der Aufnahme von Artikel 51a BVG in den Katalog von Artikel 49 Absatz 2 BVG (Ziff. 7) gilt diese Bestimmung auch für registrierte Vorsorgeeinrichtungen im Bereich der weiter gehenden Vorsorge.

Da die Versicherten von nicht registrierten Vorsorgeeinrichtungen, die reglementarische Leistungsansprüche vorsehen, einen gesetzlichen oder reglementarischen Anspruch auf Vorsorgeleistungen haben, soll Artikel 51a BVG auch für diese Einrichtungen anwendbar sein. Für andere rein überobligatorische Einrichtungen, die reine Ermessensleistungen ausrichten und keinen Anspruch auf Versicherungsleistungen (inkl. Freizügigkeitsleistungen) gewähren, sollen die strengen Anforderungen bezüglich Aufgaben und Verantwortung des obersten Organs nicht gelten.

Gleichzeitig ist eine redaktionelle Anpassung notwendig, da der geltende Artikel 65 Absatz 2bis in einen neuen Absatz 2ter verschoben wird. Materiell bleibt die Bestimmung (Abs. 2ter) unverändert.

Art. 7 Abs. 1 Artikel 7 regelt i.V.m. Artikel 2 Absatz 1 die Unterstellung unter die obligatorische Versicherung und. Aufgrund der vorgeschlagenen Änderungen (vgl. Erläuterungen zu Art. 2 Abs. 1 E-BVG) sind Anpassungen dieses Artikels notwendig.

Art. 8

Versicherter Lohn

Abs. 1: Der Koordinationsabzug (2014: 24 570 Franken) wird abgeschafft. Dies verbessert das Vorsorgeniveau der Versicherten, namentlich von Personen mit mittleren und tiefen Einkommen oder Teilzeitbeschäftigung. Die Anwendung eines fixen Koordinationsabzugs hat bei eher tiefen Jahreslöhnen eine verhältnismässig stärkere Wirkung als bei höheren Jahreslöhnen. Erzielt eine Person beispielsweise einen Jahreslohn von 40 000 Franken, so wird nach geltendem Recht von ihrem Lohn ein Koordinationsabzug von 24 570 Franken abgezogen, sodass ihr koordinierter Lohn 15 430 Franken beträgt. Ohne Koordinationsabzug beträgt der «koordinierte Lohn» 40 000 Franken, was dem AHV-Lohn entspricht. Die obere Grenze des Jahreslohnes, der in der obligatorischen beruflichen Vorsorge versichert wird, bleibt unverändert (2014: 84 240 Franken). Aufgrund der Abschaffung des Koordinationsabzugs kann nicht mehr von «koordinierter Lohn» gesprochen werden, weshalb neu der Begriff «versicherter Lohn» verwendet wird.

Auch nach der Aufhebung des Koordinationsabzugs bleibt eine gewisse Koordination zwischen den Leistungen der 1. und der 2. Säule bestehen. Die in Artikel 2 Absatz 1 E-BVG vorgesehene Eintrittsschwelle verhindert, dass Personen, die schon in der 1. Säule ausreichend versichert sind, in die obligatorische 2. Säule aufgenommen werden.

Abs. 2: Durch die Aufhebung des Koordinationsabzugs wird die Regelung in Bezug auf den minimalen «koordinierten» Lohn hinfällig. Der minimale versicherte Lohn 173

ergibt sich neu durch die Eintrittsschwelle (vgl. Art. 2 Abs. 1 E-BVG). Der bisherige Absatz 3 wird in Absatz 2 verschoben. Der Begriff «koordinierter Lohn» wird durch den Begriff «versicherter Lohn» ersetzt.

Art. 9

Anpassung an die AHV

Seit der Abschaffung des Begriffs der Ehepaar-Altersrente im Rahmen der 10. AHV-Revision wird nur noch von der minimalen bzw. maximalen Altersrente als Einzelrente gesprochen, weshalb der Wortlaut von Artikel 9 BVG anzupassen ist.

Gleichzeitig wird auch der Begriff des «koordinierten Lohnes» durch den Begriff des «versicherten Lohnes» ersetzt.

Um zu verhindern, dass infolge der Abschaffung des Koordinationsabzugs (vgl.

Erläuterung zu Art. 8 E-BVG) der versicherte Lohn im Verhältnis zur Entwicklung des Lohnindexes sinkt (vgl. Ziff. 2.10.1), wird der Bundesrat entsprechend der ihm übertragenen Kompetenz (Art. 9 zweiter Satz) bei der Anpassung des oberen Grenzbetrags der allgemeinen Lohnentwicklung verstärkt Rechnung tragen.

Art. 10 Abs. 2 Einleitungssatz und Bst. a Einleitungssatz: Der Verweis wird an die neue Gliederung von Artikel 8 E-BVG angepasst.

Bst. a: Der Begriff «ordentliches Rentenalter» wird durch den Begriff «Referenzalter» ersetzt.

Das Referenzalter gilt für die obligatorische Vorsorge nach BVG. Die Reglemente der Vorsorgeeinrichtungen können weiterhin ein abweichendes, insbesondere ein tieferes reglementarisches Referenzalter definieren. Dabei müssen sie aber gemäss Plan mindestens das Leistungsniveau erreichen, das nach den gesetzlichen Bestimmungen beim Referenzalter vorgesehen ist. Sieht ein Reglement ein tieferes Referenzalter vor und treten bei einem Arbeitgeber Personen neu ein, die dieses reglementarische Referenzalter überschritten haben, so unterstehen diese Personen bis zum Erreichen des gesetzlichen Referenzalters nach Artikel 13 Absatz 1 E-BVG weiterhin der obligatorischen beruflichen Vorsorge gemäss diesem Artikel. Ein tieferes reglementarisches Referenzalter kann nur für Personen gelten, die tatsächlich vor diesem Referenzalter in diesem Plan versichert sind.

Art. 13

Referenz-, Mindest- und Höchstalter

Der Bundesrat hatte bisher die Kompetenz, das Mindestalter für den Bezug von Altersleistungen festzusetzen und Ausnahmen dazu zu definieren. Neu wird das Mindestalter im Gesetz definiert, und die bisherige Kompetenzdelegation an den Bundesrat wird aufgehoben (vgl. Erläuterung zu Art. 1 Abs. 3 zweiter Satz E-BVG).

Es besteht jedoch weiterhin die Notwendigkeit, für bestimmte Situationen einen früheren Bezug der Altersleistung zu ermöglichen. Der Bundesrat wird in Absatz 3 beauftragt, diese Sonderfälle zu regeln.

Abs. 1: Um eine lückenlose Koordination des Referenzalters zwischen der 1. und der 2. Säule sicher zu stellen, wird in Absatz 1 direkt auf Artikel 21 E-AHVG verwiesen. Dieser Verweis schliesst auch die Übergangsregelung zu Artikel 21 E-AHVG in Buchstabe b (Referenzalter der Frauen) der Übergangsbestimmungen zur Änderung des AHVG im Rahmen dieser Revision mit ein. Damit wird die Anpassung des 174

Referenzalters der Frauen zwischen AHVG und BVG koordiniert. Dies gilt nicht nur für den Anspruch auf Altersleistungen, sondern für alle Regelungen, die auf das Referenzalter abstellen, also zum Beispiel auch für die Versicherungspflicht (vgl.

Art. 10 Abs. 2 Bst. a E-BVG) und die Altersgutschriften (Art. 16 E-BVG).

Abs. 2: Die Vorsorgeeinrichtungen sind nach wie vor frei, in ihren Reglementen ein abweichendes Referenzalter (reglementarisches Referenzalter) zwischen dem Mindestalter für den Bezug der Altersleistung (Abs. 2) und der Vollendung des 70. Altersjahres festzulegen, sofern sichergestellt ist, dass die Mindestleistungen im Zeitpunkt des Referenzalters garantiert sind (vgl. Erläuterungen zu Art. 10 Abs. 2 Bst. a E-BVG). Sieht eine Vorsorgeeinrichtung ein reglementarisches Referenzalter von 62 Jahren vor, so besteht unter Vorbehalt der Ausnahmen gemäss Absatz 3 keine Vorbezugsmöglichkeit.

Abs. 3 und 4: Die Regelung der beruflichen Vorsorge soll es der versicherten Person ermöglichen, sich flexibel pensionieren zu lassen. Sie soll die Möglichkeit haben, die Altersleistung ab Alter 62, d.h. drei Jahre vor Erreichen des Referenzalters, vorzubeziehen oder die Altersleistung bis zum Alter 70 aufzuschieben. Der Anfang des Bezugs kann auf einen beliebigen Monat fallen. Er muss insbesondere nicht etwa mit dem Jahresanfang oder dem 1. Monat nach dem Geburtstag zusammenfallen. Dies schliesst nicht aus, dass die Vorsorgeeinrichtungen in ihren Reglementen eine vernünftige Frist bestimmen, die für die Anmeldung des Rentenbezugs eingehalten werden muss, sodass ihnen allenfalls auch für aufwendigere Berechnungen genügend Zeit bleibt.

Wie bereits im geltenden Recht hat der Bundesrat den Auftrag, die Fälle zu regeln, in denen ein tieferes reglementarisches Mindestalter vorgesehen werden kann. Es handelt sich dabei um Situationen, in denen der frühere Bezug aufgrund der öffentlichen Sicherheit notwendig ist oder durch betriebliche Restrukturierungen verursacht wird (Art. 1i Abs. 2 BVV 2). Neu sollen auch bestimmte kollektiv finanzierte Rücktritte dazu gehören (vgl. Ziff. 2.1.3.4).

Der Bundesrat wird auch den in Verordnungen geregelten frühestmöglichen Zeitpunkt für den Bezug der Altersleistungen aus Freizügigkeitseinrichtungen (Art. 16 Abs. 1 FZV) und aus der Säule 3a (Art. 3 Abs. 1 BVV 3) anpassen. Andernfalls
würden ungerechtfertigte Ungleichbehandlungen entstehen.

Fünf Jahre nach dem Referenzalter ist ­ koordiniert in der 1. und der 2. Säule sowie der Säule 3a ­ die obere Grenze der Ansparphase der Altersvorsorge erreicht. Sobald das Referenzalter der Frauen das vollendete 65. Altersjahr erreicht hat und so mit demjenigen der Männer übereinstimmt, wird das vollendete 70. Altersjahr für alle diese obere Grenze darstellen.

Die Flexibilität des Rentenalters kann in der Arbeitswelt nur dann ihre volle Wirkung entfalten, wenn die überobligatorischen Altersleistungen (mindestens) so flexibel bezogen werden können wie die obligatorischen Altersleistungen. Die vorgeschlagene Regelung des flexiblen Bezugs der Altersleistung soll daher auch auf den überobligatorischen Bereich anwendbar sein (vgl. Erläuterungen zu Art. 49 Abs. 2 Ziff. 2 und 2a E-BVG und Art. 89a Abs. 6 Ziff. 2 und 2a E-ZGB).

175

Art.13a

Teilbezug der Altersleistung

Diese neue Regelung soll einen fliessenden Übergang in die Pensionierung ermöglichen. Da die persönlichen Bedürfnisse der Versicherten und die Verhältnisse in der Arbeitswelt sehr verschieden sind, sollen die Versicherten den Bezug der Altersleistung der Reduktion ihrer Erwerbstätigkeit möglichst gut anpassen können. Damit soll eine zwischen der Arbeitswelt und der beruflichen Vorsorge kohärente schrittweise Pensionierung möglich werden. Allerdings sollen auch die Vorsorgeeinrichtungen vor übermässigen Aufsplittungen des Bezugs und allzu zahlreichen aufwendigen Berechnungen von Teilrenten geschützt werden.

Der gesetzliche Anspruch stimmt dabei weitgehend mit der vorgesehenen Flexibilisierung in der AHV überein. Auch in Bezug auf den schrittweisen Übergang in den Ruhestand kann die volle Wirkung nur eintreten, wenn die überobligatorischen Altersleistungen (mindestens) so flexibel abgestuft bezogen werden können wie die obligatorischen. Die Regelung soll daher auch im überobligatorischen Bereich anwendbar sein (vgl. Erläuterungen zu Art. 49 Abs. 2 Ziff. 2 und 2a E-BVG und Art. 89a Abs. 6 Ziff. 2 und 2a E-ZGB).

Die versicherte Person kann den Bezug der Altersleistung aus der 1. und der 2. Säule unterschiedlich staffeln. Durch die Kombination dieser verschiedenen Möglichkeiten entsteht eine grosse Flexibilität beim Übergang in die Pensionierung.

Abs. 1: Dieser Absatz regelt den Teilbezug der Altersleistung als Rente. Jede versicherte Person soll die Möglichkeit haben, die Altersleistung als Rente abgestuft in mindestens drei Schritten zu beziehen. Da die Begrenzung auf drei Schritte zum Schutz der Vorsorgeeinrichtungen erfolgt, stellt diese Bestimmung eine Mindestvorschrift dar. Es steht den Einrichtungen beim Rentenbezug frei, in ihren Reglementen mehr Schritte vorzusehen.

Es kommt nicht darauf an, ob die Person vor dem ersten Pensionierungsschritt ein volles Arbeitspensum hatte oder nicht. Auch wenn sie zum Beispiel nur ein halbes Arbeitspensum hatte, hat sie grundsätzlich Anspruch auf die gleiche Anzahl Schritte wie eine Person, die zu 100 Prozent angestellt ist.

Es wird bewusst darauf verzichtet, für die Schritte beim Bezug der Altersrente einen Mindestbetrag in Franken für die Teilrenten festzulegen, denn das Vorgehen bei Kleinstrenten ist im Prinzip in Artikel 37 Absatz 3 bereits geregelt. Dies
kann zwar dazu führen, dass eine Person beim Bezug eines Teils ihrer Altersleistung einen Rentenanspruch hat, der tiefer ist als 10 Prozent der AHV-Mindestaltersrente. Eine zusätzliche Sonderregelung ist jedoch nicht gerechtfertigt, da ein so tiefer Betrag (aktuell 117 Franken pro Monat) kaum einen nennenswerten Beitrag zum Lebensunterhalt darstellt, auf den in Abweichung von der langjährigen Regelung in Artikel 37 Absatz 3 ein unbedingter Anspruch auf Auszahlung in Rentenform geschaffen werden sollte.

Abs. 2: Für den Bezug der Altersleistung in Kapitalform sieht die vorgeschlagene Lösung keinen Anspruch auf Teilbezug vor, sondern definiert die Beschränkung auf drei Schritte als Höchstvorschrift. Die versicherte Person muss also nach zwei Bezügen in Kapitalform beim dritten Schritt entweder die ganze verbleibende Summe in Kapitalform beziehen oder die restliche Altersleistung in Rentenform beziehen. Diese Höchstvorschrift ist von grundlegender Bedeutung, da mit dem Aufsplitten der Altersleistung in mehrere Kapitalbezüge die Steuerprogression erheblich gebrochen werden kann. Sie darf auch nicht umgangen werden, indem der Lohn aus 176

einem Arbeitsverhältnis in mehreren Vorsorgeeinrichtungen versichert wird und diese insgesamt mehr Teilschritte zulassen. Der Bundesrat kann Ausführungsbestimmungen zur Koordination solcher Situationen erlassen (vgl. Erläuterungen zu Art. 13d), analog beispielsweise zu Artikel 1a BVV 2. Ebenso soll auch nicht aufgrund eines Wechsels der Vorsorgeeinrichtung die Gesamtzahl der Kapitalbezüge kumuliert werden können. Aus diesem Grund wird in Artikel 8 Absatz 3 FZG eine Informationspflicht beim Wechsel der Vorsorgeeinrichtung vorgesehen.

Art. 13b

Vorbezug der Altersleistung

Abs. 1: Die versicherte Person, die vor dem reglementarischen Referenzalter geltend machen will, dass sie ganz oder zum Teil pensioniert wird, kann dies nur tun, wenn der Lohn beim Arbeitgeber, der dieser Vorsorgeeinrichtung angeschlossen ist, tatsächlich entsprechend reduziert wird. Die Verminderung des Lohns kann nur dann als ganze oder Teilpensionierung gelten, wenn sie frühestens mit der Vollendung des 62. Altersjahres eintritt oder wenn mindestens bis zu diesem Alter das frühere Lohnniveau weiter versichert wurde (Art. 33a BVG). Die Verminderung braucht jedoch nicht zwingend den gesetzlich versicherten Lohn zu betreffen. Reduziert sich zum Beispiel der Jahreslohn von 120 000 Franken auf 90 000 Franken, das heisst um 25 Prozent, so kann die Person bis zu 25 Prozent ihrer Altersleistung beziehen, selbst wenn sie ausschliesslich in einem BVG-Minimalplan versichert ist. Die Verminderung des Lohns darf nicht vorübergehend sein. Ist bei einer Verminderung bereits abzusehen, dass der Lohn wieder steigen wird, kann dies nicht als «Teilpensionierung» betrachtet werden. Andererseits kann selbstverständlich nicht ausgeschlossen werden, dass eine Person ihre Erwerbstätigkeit in Zukunft wieder erhöht.

Dies gilt selbst für eine Person, die sich bei ihrem Arbeitgeber vor dem Referenzalter pensionieren lässt und die ganze Rente bezieht. Auch sie kann später beim gleichen oder bei einem anderen Arbeitgeber wieder eine Anstellung annehmen. Die rentenbeziehende Person hat jedoch auch in solchen Fällen keinen Anspruch darauf, bei einer Wiedererhöhung oder -aufnahme der Erwerbstätigkeit den Rentenbezug zu stoppen, um später eine entsprechend höhere Rente zu beziehen.

Bis zum Referenzalter besteht grundsätzlich keine Pflicht, einen Teil der Altersleistungen zu beziehen, wenn die Person weiterhin in der Vorsorgeeinrichtung versichert ist. Sinkt der Lohn und in der Folge der versicherte Lohn, so sehen heute viele Vorsorgeeinrichtungen eine Lösung vor, gemäss der das von der Reduktion betroffene Guthaben in der Vorsorgeeinrichtung verbleibt und bei einem späteren Bezug die Altersleistung erhöht (sei es in Renten- oder in Kapitalform). Dies erlaubt eine hohe Flexibilität. Es wird jedoch nicht vorgeschlagen, alle Vorsorgeeinrichtungen zu einer solchen Lösung zu verpflichten. Ist reglementarisch keine solche Lösung
vorgesehen, so wird die Altersleistung ausgerichtet, ausser wenn die Bedingungen nach Artikel 2 Absatz 1bis FZG im Umfang der Reduktion des versicherten Lohnes erfüllt sind. In diesem Fall kann die versicherte Person auch eine Austrittsleistung verlangen. Wird keine Altersleistung bezogen und keine Freizügigkeitsleistung überwiesen, so kann das Reglement den Versicherten auch zusätzlich die Möglichkeit der Weiterversicherung des früheren Lohnniveaus nach Artikel 33a BVG anbieten.

Abs. 2: Koordiniert mit der 1. Säule hat auch in der 2. Säule die versicherte Person nur einen Anspruch auf einen Vorbezug, wenn dieser mindestens 20 Prozent der Altersleistung beträgt. Da es sich um eine Bestimmung zum Schutz der Vorsorgeeinrichtungen handelt, können diese einen kleineren ersten Teilschritt zulassen.

177

Abs. 3: Reduziert eine Person ihre Erwerbstätigkeit so weit, dass ihr Lohn unter die gesetzliche oder reglementarische Eintrittsschwelle sinkt und sie daher nicht mehr aktiv versichert ist, so wird die gesamte verbleibende Altersleistung fällig. Nur wenn die versicherte Person die Erwerbstätigkeit im Sinn von Artikel 2 Absatz 1bis FZG anderweitig weiterführt, kann sie stattdessen einen Anspruch auf eine Freizügigkeitsleistung geltend machen.

Art. 13c

Aufschub der Altersleistung

Abs. 1: Nach dem Referenzalter sollen die Steuerprivilegien zugunsten der beruflichen Vorsorge nur noch insoweit genutzt werden können, als weiterhin ein Erwerbseinkommen erzielt wird. Die Altersleistung darf somit nur aufgeschoben werden, falls die Erwerbstätigkeit weitergeführt wird. Dies gilt auch im überobligatorischen Bereich (vgl. Erläuterungen zu Art. 49 Abs. 2 Ziff. 2a E-BVG und Art. 89a Abs. 6 Ziff. 2a E-ZGB).

Sofern die versicherte Person bei Erreichen des reglementarischen Referenzalters in die gemäss Reglement maximal möglichen Altersleistungen ihres Vorsorgeplans eingekauft ist, kann sie ab Erreichen des Referenzalters nur noch denjenigen Teil der Altersleistung aufschieben, der anteilsmässig dem weiterhin erzielten Lohn entspricht. Erzielt die versicherte Person beispielsweise noch 60 Prozent des bisherigen Lohnes, so kann sie den Bezug von höchstens 60 Prozent der gesamten Altersleistung aufschieben.

Ist die versicherte Person im Zeitpunkt des reglementarischen Referenzalters hingegen nicht in die vollen reglementarischen Leistungen eingekauft, soll sie die ganze Altersleistung aufschieben können, bis die bestehende Vorsorgelücke gefüllt ist. Es wäre nämlich nicht gerechtfertigt, einer Person, die bei Erreichen des Referenzalters Lücken in ihrer Vorsorge hat und über dieses Alter hinaus weiterarbeitet, bei einer Lohnreduktion den Teilbezug der Altersleistung aufzuzwingen. Vielmehr soll es ihr möglich sein, durch Weiterarbeit diese Lücken zu schliessen. Verfügt eine Person zum Beispiel bei Erreichen des Referenzalters nur über 75 Prozent der maximalen, reglementarisch für ihren Lohn vorgesehenen Altersleistung, so kann sie diese so lange aufschieben, als ihr Lohn nicht unter 75 Prozent des Lohns bei Erreichen des Referenzalter gesunken ist.

Abs. 2: Der Bundesrat soll die notwendigen Bestimmungen zur Präzisierung der maximalen aufschiebbaren Altersleistung im Verhältnis zum weiterhin erzielten Lohn erlassen. Dabei ist zu beachten, dass sich dieses Verhältnis auch ohne Lohnreduktion allein durch den Aufschub der Altersleistung verändert. Die Erhöhung der Altersleistung durch den Aufschub und durch allfällige weitere Beiträge nach Artikel 33b BVG soll nicht dazu führen, dass eine Person bei gleichbleibendem Lohn gezwungen wird, einen Teil der Altersleistung zu beziehen.

Der Bundesrat
wird auch die Freizügigkeitsverordnung in dem Sinn anpassen, dass der Bezug der Altersleistung nur dann über das Referenzalter hinaus aufgeschoben werden kann, wenn die Erwerbstätigkeit weitergeführt wird. Die Regelung der Säule 3a lautet bereits in diesem Sinn (Art. 3 Abs. 1 BVV 3).

178

Art. 13d

Versicherung bei mehreren Vorsorgeeinrichtungen

Die zwingenden Bestimmungen, insbesondere die Beschränkung auf drei Schritte beim Bezug der Altersleistung in Kapitalform, könnten leicht dadurch umgangen werden, dass der Lohn, der bei einem Arbeitgeber erzielt wird, in mehreren Vorsorgeeinrichtungen versichert wird und die Schritte gesondert je Einrichtung gezählt werden. Der Bundesrat wird beauftragt, die Koordination zu regeln. Eine vergleichbare Bestimmung existiert bereits für die Koordination bei der Versicherung eines Lohns in mehreren Vorsorgeeinrichtung im Bezug auf die Prüfung der Angemessenheit (Art. 1a Abs. 1 BVV 2).

Art. 14

Höhe der Altersrente

Abs. 1: Um die Berechnung der Altersrente auch für den Bezug von Altersleistungen vor oder nach dem Referenzalter zu regeln, ist dieser Absatz anzupassen.

Abs. 2: Der Mindestumwandlungssatz für das Referenzalter von Männern und Frauen wird auf 6 Prozent festgesetzt (derzeit 6,8 %). Damit eine solche Anpassung jedoch nicht stufenlos erfolgt, braucht es Übergangsbestimmungen (vgl. Erläuterungen zu den Übergangsbestimmungen, Bst. b). Der Bundesrat erhält die Kompetenz, versicherungstechnisch angepasste Sätze für den Bezug von Altersleistungen vor und nach dem Referenzalter festzulegen.

Abs. 3: Da der Mindestumwandlungssatz mit Unsicherheiten, namentlich hinsichtlich der Zinsentwicklung, verbunden ist, soll der Bundesrat dessen Höhe häufiger als bisher überprüfen. Gemäss geltendem Recht unterbreitet der Bundesrat der Bundesversammlung mindestens alle zehn Jahre einen Bericht über die Festlegung des Mindestumwandlungssatzes für die nachfolgenden Jahre. Dieses Intervall wird auf fünf Jahre verkürzt. Eine raschere Anpassung des Mindestumwandlungssatzes an die Entwicklung demografischer Faktoren und der Finanzmarktstrukturen soll die Stabilität der Vorsorgeeinrichtungen verbessern. Obwohl im heutigen Umfeld eine Senkung erforderlich ist, könnte der Mindestumwandlungssatz zu einem späteren Zeitpunkt wieder angehoben werden, beispielsweise falls die Kapitalerträge wieder nachhaltig ansteigen.

Ziel des Berichts ist es, die aktuelle Entwicklung der technischen Grundlagen aufzuzeigen, auf welche sich die Überprüfung des Mindestumwandlungssatzes stützt. Es handelt sich dabei um demografische Daten (Entwicklung der Lebenserwartung usw.) und um Zahlen zum Kapitalmarkt (Ertragsaussichten). Bei Abweichungen zeigt der Bericht mögliche Massnahmen auf.

Art. 15 Abs. 1 Bst. a und c Bst. a: Der Begriff «ordentliches Rentenalter» wird durch den Begriff «Referenzalter» ersetzt (vgl. Erläuterungen zu Art. 13 Abs. 1 E-BVG).

Bst. c: Artikel 79b E-BVG schreibt vor, dass ein Einkauf zuerst dem BVGAltersguthaben gutzuschreiben ist, sofern aufgrund des Alters und des versicherten Lohnes Lücken in der obligatorischen Versicherung bestehen. Dementsprechend ist eine Ergänzung in der Führung des BVG-Altersguthabens notwendig (vgl. Erläuterungen zu Artikel 79b E-BVG).

179

Art. 16

Altersgutschriften

Artikel 16 regelt die Sätze für die Altersgutschriften. Als Ausgleichsmassnahme zur Anpassung des Mindestumwandlungssatzes und zur Beibehaltung des bisherigen Leistungsniveaus in der obligatorischen Versicherung wird vorgeschlagen, den Sparprozess auszubauen. Dies soll unter anderem dadurch geschehen, dass die Sätze für die Altersgutschriften angepasst werden.

Die gegenwärtigen Sätze für die Altersgutschriften betragen 7 Prozent für 25- bis 34-Jährige, 10 Prozent für 35- bis 44-Jährige, 15 Prozent für 45- bis 54-Jährige und 18 Prozent für 55-Jährige und Ältere. Sie werden auf einen Lohn angewendet, bei welchem ein Koordinationsabzug abgezogen worden ist. Die vorgeschlagenen neuen Sätze sind zwar tiefer, sie werden jedoch auf einen Lohn ohne Koordinationsabzug angewendet, also auf einen im Resultat höheren Lohn (vgl. auch Erläuterungen zu Art. 8 E-BVG). Dies führt zu einer Stärkung des Sparprozesses, welche v.a. für Versicherte mit eher tiefen Einkommen bedeutsam ist.

Um ältere Arbeitnehmende gegenüber jüngeren auf dem Arbeitsmarkt nicht zu benachteiligen, ist eine flachere Abstufung der Altersgutschriften vorgesehen. Konkret werden der Satz für 45- bis 54-Jährige und der Satz für 55-Jährige und Ältere auf das gleiche Niveau gebracht. Diese Änderung soll zusätzlich die Beschäftigung älterer Arbeitnehmender begünstigen.

Die gesetzliche Verpflichtung zur Äufnung von Altersgutschriften endet mit dem Referenzalter. Darüber hinaus sind weitere Gutschriften unter Anwendung von Artikel 33b im Rahmen der weiter gehenden Vorsorge möglich.

Art. 17 zweiter Satz Beim Bezug einer Teilaltersrente entsteht auch ein entsprechender proportionaler Anspruch auf allfällige Kinderrenten. Die Einführung eines gesetzlichen Anspruchs auf eine Teilaltersrente macht es daher notwendig, für die Kinderrente nach Artikel 17 die gleiche Regelung zu übernehmen, die in Artikel 25 bereits heute im Hinblick auf Kinderrenten zu Teilinvalidenrenten existiert.

Art. 20a Abs. 1 Einleitungssatz Ungeachtet des Inkrafttretens des Partnerschaftsgesetzes vom 18. Juni 2004137 und des damit verbundenen neuen Artikels 19a BVG erwähnt Artikel 20a BVG diese Bestimmung bisher nicht, sondern verweist einzig auf die Artikel 19 und 20 BVG.

Dies wird korrigiert.

Art. 21 Abs. 3 Nach der geltenden Regelung wird für die Höhe der Hinterlassenenleistungen
beim Tod einer Person, die noch keine Rente bezogen hat, auf die Höhe der Invalidenrente abgestellt, auf die sie im Invaliditätsfall in diesem Zeitpunkt Anspruch gehabt hätte.

Bei einem Bezüger oder einer Bezügerin einer Alters- oder Invalidenrente wird auf die Höhe dieser tatsächlich bezogenen Rente abgestellt. Keine dieser Definitionen trifft jedoch auf die Situation einer Person zu, die zwar das Referenzalter erreicht hat und daher nicht mehr unter den Geltungsbereich des IVG fallen würde, die Alters137

180

SR 211.231

rente aber noch nicht bezieht. Diesem Sonderfall wird durch den neuen Absatz 3 Rechnung getragen. Die Leistungsverbesserung aufgrund der Weiterarbeit und des späteren Bezugs der Altersleistung wirkt sich somit nicht nur auf die Altersleistung, sondern auch auf die Hinterlassenenleistungen aus.

Art. 24 Abs. 2, 3 Bst. b und Abs. 4 Abs. 2: Der Begriff «ordentliches Rentenalter» wird durch den Begriff «Referenzalter» ersetzt (vgl. Erläuterungen zu Art. 13 Abs. 1 E-BVG). Für die Berechnung der Invalidenrente wird auf den Mindestumwandlungssatz abgestellt, der für eine versicherte Person im Referenzalter gilt. Dieser Umwandlungssatz wird in Artikel 14 Absatz 2 und ­ für die Übergangsjahrgänge ­ vom Bundesrat gestützt auf die Übergangsbestimmung Buchstabe b definiert. Der geltende zweite Satz, der die Senkung des Mindestumwandlungssatzes von 7,2 auf 6,8 Prozent regelt, kann gestrichen werden, da die entsprechende Übergangsfrist abgelaufen ist. Andernfalls bestünde die Gefahr, dass diese nun überholte Regelung in der Praxis zu Verwirrung führt.

Abs. 3 Bst. b: Für die Berechnung des massgebenden Altersguthabens zur Bestimmung der Invalidenrente wird am bisherigen System festgehalten. Der Begriff «ordentliches Rentenalter» wird durch den Begriff «Referenzalter» ersetzt (vgl. Erläuterungen zu Art. 13 Abs. 1 E-BVG).

Abs. 4: Der Begriff «koordinierter Lohn» wird durch den Begriff «versicherter Lohn» ersetzt (vgl. Erläuterungen zu Art. 8 E-BVG).

Art. 26 Abs. 3 zweiter Satz Der Ausdruck «bei Entstehen des Anspruchs auf eine Altersleistung» wird durch den Ausdruck «bei Erreichen des Referenzalters» ersetzt (vgl. Erläuterungen zu Art. 13 Abs. 1 E-BVG).

Art. 31

Grundsatz

Der Begriff «Rentenalter» wird durch den Begriff «Referenzalter» ersetzt (vgl.

Erläuterungen zu Art. 13 Abs. 1 E-BVG). Gleichzeitig wird nicht mehr von «Inkrafttreten dieses Gesetzes» gesprochen, sondern das konkrete Datum angegeben.

Art. 33a Abs. 2 Der Begriff «ordentliches Rentenalter» wird durch den Begriff «Referenzalter» ersetzt (vgl. Erläuterungen zu Art. 13 Abs. 1 E-BVG).

Art. 33b Sachüberschrift

Erwerbstätigkeit nach dem Referenzalter

Der Begriff «ordentliches Rentenalter» wird durch den Begriff «Referenzalter» ersetzt (vgl. Erläuterungen zu Art. 13 Abs. 1 E-BVG).

Art. 36 Abs. 1 Der Begriff «ordentliches Rentenalter» wird durch den Begriff «Referenzalter» ersetzt (vgl. Erläuterungen zu Art. 13 Abs. 1 E-BVG). Eine zusätzliche redaktionelle Anpassung ist in der italienischen Fassung notwendig.

181

Art. 37 Abs. 2 Aufgrund der neuen Regelung des flexiblen Bezugs der Altersleistung muss der Verweis angepasst werden. Er muss jetzt die Artikel 13­13d umfassen.

Der Bundesrat verzichtet darauf, in dieser Vorlage eine materielle Änderung des Anspruchs vorzuschlagen, einen Viertel des Altersguthabens nach Artikel 15 Absatz 1 BVG in Kapitalform zu beziehen. Diese Frage soll in einem anderen Rahmen, im Gesamtzusammenhang mit den Ergänzungsleistungen untersucht werden.138 Es sei daran erinnert, dass Artikel 37 Absatz 2 nur einen einmaligen Anspruch auf eine Kapitalleistung gibt, selbst wenn die Person ihre Altersleistung in mehreren Teilschritten bezieht.139 Art. 41 Abs. 3 Der Begriff «ordentliches Rentenalter» wird durch den Begriff «Referenzalter» ersetzt (vgl. Erläuterungen zu Art. 13 Abs. 1 E-BVG).

Art. 44 Abs. 1 Mangels einer klaren gesetzlichen Grundlage ist der Anschluss von Selbstständigerwerbenden ohne Personal an eine Sammeleinrichtung umstritten.140 Gemäss geltendem Artikel 44 kann sich ein Selbstständigerwerbender ohne Personal bei der Vorsorgeeinrichtung seines Berufsverbandes versichern. Besteht keine Verbandseinrichtung, kann er sich nur bei der Stiftung Auffangeinrichtung BVG anschliessen.

Ein entsprechendes Postulat «Zweite Säule für Selbstständigerwerbende ohne Angestellte» (12.3981) wurde am 20. März 2013 vom Nationalrat angenommen. Mit Artikel 44 Absatz 1 Buchstabe c E-BVG gibt es nun eine Alternative zur Auffangeinrichtung: Selbstständigerwerbende können sich einer anderen Vorsorgeeinrichtung anschliessen, sofern deren reglementarischen Bestimmungen dies vorsehen.

Die Ausweitung der Anschlussmöglichkeit von Selbstständigerwerbenden ohne Personal führt nicht dazu, dass neu eine «À-la-carte-Versicherung» möglich ist. Wie im Einleitungssatz zu Artikel 44 Abs. 1 E-BVG festgehalten, muss der Grundsatz der Kollektivität (Art. 1 Abs. 3 BVG i.V.m. Art. 1c BVV 2) stets eingehalten werden.

In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass für Einkäufe in die berufliche Vorsorge die Einkaufsbestimmungen von Artikel 60a Absatz 2 BVV 2 ebenfalls Gültigkeit haben.

138

Vgl. Richtungsentscheide des Bundesrates für eine Reform der Ergänzungsleistungen vom 25. Juni 2014.

139 Vgl. Botschaft vom 1. März 2000 zur Revision des Bundesgesetzes über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG) (1. BVG-Revision), BBl 2000 2637, hier 2693.

140 Vgl. Kreisschreiben der Eidgenössischen Steuerverwaltung [ESTV] Nr. 1 vom 30. Januar 1986 «Bundesgesetz zur Anpassung des BdBSt an das Bundesgesetz über die berufliche Vorsorge» sowie Merkblatt der ESTV vom 13. Juni 1988 «Kriterien für die Vorsorgeeinrichtung eines Berufsverbandes, der sich Selbstständigerwerbende [mit oder ohne Personal] anschliessen können», vgl. ebenfalls BGE 2C_309/2007 vom 11.12.2007 und BGE 2P.127/2001 vom 21.12.2001 sowie Mitteilungen über die berufliche Vorsorge Nr. 11 Rz 67 sowie Nr. 48 Rz 281.

182

Art. 46 Abs. 1 Die in den Artikeln 2 und 7 E-BVG geltende Eintrittsschwelle von 14 040 Franken gilt auch für die freiwillige Versicherung für die Erwerbstätigkeit im Dienste mehrerer Arbeitgeber. Dadurch wird nicht nur der Zugang zur obligatorischen Versicherung, sondern auch jener zur freiwilligen Versicherung für Mehrfachbeschäftigte erleichtert.

Art. 49 Abs. 1 zweiter Satz, Abs. 2 Ziff. 2, 2a und 27 Abs. 1 zweiter Satz: Der Begriff «ordentliches Rentenalter» wird durch den Begriff «Referenzalter» ersetzt (vgl. Erläuterungen zu Art. 13 Abs. 1 E-BVG).

Abs. 2 Ziff. 2 und 2a: Artikel 49 Absatz 2 zählt die Bestimmungen des BVG auf, die bei umhüllenden Vorsorgeeinrichtungen auch in der weiter gehenden Vorsorge Geltung haben.

Der im Verlauf der 1. BVG-Revision eingefügte heutige Wortlaut von Ziffer 2 ist hinfällig, da die darin erwähnte Regelung der «zusätzlichen Einkäufe für den Vorbezug der Altersleistung», die in der Vorlage zur 11. AHV-Revision enthalten war, nicht in Kraft getreten ist. Hingegen muss für eine neue in der vorliegenden Revision eingefügte Bestimmung des BVG das Anwendungsgebiet ausgedehnt werden (vgl. Erläuterungen zu Art. 89a Abs. 6 Ziff. 2 E-ZGB).

Abs. 2 Ziff. 27: Da das Anwendungsgebiet von Artikel 87 BVG auch auf Einrichtungen ausgedehnt wird, die ausschliesslich im überobligatorischen Bereich tätig sind (vgl. Erläuterungen zu Art. 89a Abs. 6 Ziff. 24 E-ZGB), soll dies aus Gründen der Kohärenz auch für den überobligatorischen Bereich bei umhüllenden Vorsorgeeinrichtungen gelten.

Art. 51 Abs. 3 und 3bis Abs. 3: Die Frage der korrekten Umsetzung der paritätischen Verwaltung stellt sich hauptsächlich bei den Sammel- und Gemeinschaftseinrichtungen. Insbesondere fehlen oftmals direkte demokratische Wahlen ins oberste Organ. Es ist deshalb zu gewährleisten, dass sämtliche Arbeitnehmende an der Wahl teilnehmen können und informiert werden.

Alle versicherten Arbeitnehmenden müssen das aktive Wahlrecht, d.h. das Recht zu wählen, und ebenfalls das passive Wahlrecht, d.h. das Recht gewählt zu werden, besitzen. Wie schon heute können die Reglemente weiterhin ein passives Wahlrecht für Dritte wie beispielsweise externe Spezialisten vorsehen. Reglementsklauseln dagegen, welche das Recht zu kandidieren auf die Mitglieder des paritätischen Organs auf Stufe Vorsorgewerk beschränken, sind
in Zukunft nicht mehr zulässig.

Das Wahlrecht kann weiterhin direkt oder indirekt ausgeübt werden. Bei indirekten Wahlen müssen die Delegierten aber zuvor von den Versicherten gewählt und dürfen nicht von Dritten bestimmt werden. Die Wahl der Kandidatinnen und Kandidaten muss auf der Basis von Wahllisten erfolgen, die allen Arbeitnehmenden offenstehen. Dieses Wahlprozedere stärkt die Legitimation der Arbeitnehmervertreter und garantiert einen besseren demokratischen Prozess. Der Bundesrat kann bezüglich der Verpflichtung, Kandidatenlisten aufzustellen, Ausnahmen vorsehen.

Die Aufsichtsbehörden können nicht mehr aufgrund der Struktur der Vorsorgeeinrichtung ein anderes Vertretungsmodell bewilligen. Diese neuen Vorschriften gelten 183

grundsätzlich für sämtliche Vorsorgeeinrichtungen. Die Vorsorgeeinrichtungen können in ihren Reglementen jedoch weiterhin vorsehen, dass die Arbeitnehmenden durch Repräsentanten von Arbeitnehmerverbänden vertreten werden, wie dies beispielsweise bei Verbandseinrichtungen in der Praxis teilweise heute schon der Fall ist. Solche Lösungen, die sich bewährt haben und nicht beanstandet worden sind, sollen weiterbestehen können.

Abs. 3bis: Aus Gründen der Gesetzessystematik wird der letzte Satz von Absatz 3 in einen neuen Absatz 3bis verschoben. Materiell bleibt der Text unverändert.

Art. 52 Abs. 2 zweiter Satz Aufgrund eines gesetzgeberischen Versehens wurde es beim Einfügen von Absatz 2 dieses Artikels während der 1. BVG-Revision unterlassen, die Verjährungsfrist des Schadenersatzanspruchs in jenen Fällen mit der strafrechtlichen Verjährungsfrist zu koordinieren, in denen das Strafrecht eine längere Verjährungsfrist vorsieht. Eine solche Koordination ist im BVG jedoch üblich (vgl. z. B. Art. 35a Abs. 2 und 56a Abs. 3). Dieses Versehen soll daher behoben werden.

Art. 53a

Ausführungsbestimmungen

Bst. a: Der alte Artikel 53a Buchstabe b BVG wurde im Rahmen der Strukturreform gestrichen. Darin war vorgesehen, dass der Bundesrat Bestimmungen über die Anforderungen erlässt, welche Personen und Institutionen erfüllen müssen, die mit der Anlage und Verwaltung von Vorsorgevermögen betraut sind. In den Materialien zur betreffenden Gesetzesänderung sind keine Hinweise darauf zu entnehmen, dass die Zulassung von externen Personen zur Vermögensverwaltung bei der Streichung dieser Delegationsnorm thematisiert worden ist.

Artikel 48f Absatz 4 BVV 2 (in Kraft seit 1.1.2014) benennt den Kreis externer Personen, die in der beruflichen Vorsorge mit der Vermögensverwaltung betraut werden können. Unabhängige Vermögensverwalterinnen und -verwalter gehören nicht zu diesem Kreis. Damit wird die Wirtschaftsfreiheit (Art. 27 BV) tangiert, auch wenn aufgrund von Artikel 48f Absatz 5 BVV 2 die OAK BV mittels Zulassungsverfügung weitere Personen im Einzelfall zulassen kann und damit die Einschränkung abmildert.

Grundrechtseinschränkungen bedürfen einer eindeutigen gesetzlichen Grundlage. Da Artikel 51b BVG, auf welchen Artikel 48f Absatz 2 BVV 2 verweist, relativ offen formuliert ist und der Eingriff in die Wirtschaftsfreiheit als relativ schwer eingestuft werden kann, wird mit der Wiedereinführung der alten Bestimmung von Artikel 53a Buchstabe b BVG (neu Bst. a) Klarheit geschaffen.

Bst. b und c: Aus Gründen der Gesetzessystematik werden die geltenden Buchstaben a und b in die Buchstaben b und c verschoben. Gleichzeitig wird geklärt, dass diese Bestimmungen selbstverständlich auch Institutionen betreffen und nicht nur natürliche Personen.

184

Art. 53d Abs. 1 dritter Satz Lehre und Rechtsprechung lassen zwar zu, dass eine Vorsorgeeinrichtung ausnahmsweise auf ein Teilliquidationsverfahren verzichten kann, wenn die freien Mittel im Verhältnis zu den Kosten einer Teilliquidation gering sind.141 Es kann aber vorkommen, dass ein solches Verfahren trotzdem verlangt wird, auch wenn die Durchführung einen unverhältnismässigen Aufwand bedeutet.

Ebenso kann es bei leichter Unterdeckung vorkommen, dass ein Arbeitgeber im Rahmen des Ausscheidens einer Gruppe Versicherter aus dem Versichertenbestand beschliesst, die bestehende Unterdeckung auszufinanzieren. So erhalten diese Versicherten trotzdem 100 Prozent ihrer Freizügigkeitsleistung. Auch hier muss wegen des damit verbundenen unverhältnismässigen Aufwands verhindert werden, dass die Vorsorgeeinrichtung eine Teilliquidation durchführen muss.

Der Bundesrat erhält folglich die Kompetenz, solche Fälle zu regeln. Dabei muss ein Mittelweg gefunden werden zwischen dem Schutz der Ansprüche der Versicherten und dem für solche Fälle unverhältnismässigen Aufwand, indem beispielsweise eine Bandbreite (in Prozent des Deckungsgrades) festgelegt wird, innerhalb welcher auf eine Teilliquidation verzichtet werden kann.

Art. 56 Abs. 1 Bst. i Dem Sicherheitsfonds wird die Aufgabe zugeteilt, Zuschüsse auszurichten, um die Auswirkungen der Anpassung des Mindestumwandlungssatzes auf die Altersrenten der Übergangsgeneration zu kompensieren (vgl. ausführlich in Ziff. 2.2.3.3). Gemäss den diesbezüglichen Übergangsbestimmungen definiert der Bundesrat die Voraussetzungen für die Ausrichtung dieser Zuschüsse. Auf der Grundlage von Artikel 59 BVG regelt er auch die dafür erforderliche Finanzierung, die von allen diesem Gesetz unterstellten Vorsorgeeinrichtungen getragen wird. Die entsprechenden Ausführungsbestimmungen werden in der Verordnung vom 22. Juni 1998142 über den Sicherheitsfonds BVG (SFV) erlassen. Dazu gilt es zu bemerken, dass nur die Leistungen der obligatorischen beruflichen Vorsorge Grundlage dieser Finanzierung bilden.

Art. 58 Abs. 1 und 2 Gegenwärtig beträgt der Durchschnitt der in Artikel 16 festgelegten Altersgutschriften 12 Prozent der koordinierten Löhne (bei welchen ein Koordinationsabzug berücksichtigt wurde). Durch die vorgesehene Anpassung der Altersgutschriften wird dieser Durchschnittswert
bei schätzungsweise rund 10 Prozent der versicherten Löhne (die keinen Koordinationsabzug mehr beinhalten) zu liegen kommen. Um das Volumen der vom Sicherheitsfonds auszurichtenden Zuschüsse bei ungünstiger Altersstruktur weitgehend unverändert zu belassen, ist eine Anpassung der Summe der Altersgutschriften von 14 auf 11,25 Prozent der Summe der versicherten Löhne (Abs. 1) notwendig. Auf 10 Prozent anzupassen ist gleichzeitig auch die Referenzgrösse in Absatz 2, wo vorgesehen ist, dass der Bundesrat den Ansatz von Absatz 1 ändern kann, wenn der gesamtschweizerische Durchschnittssatz der Altersgutschriften wesentlich von dieser Referenzgrösse abweicht.

141 142

BGE 135 V 113, vgl. Mitteilungen über die berufliche Vorsorge Nr. 24, Rz. 148.

SR 831.432.1

185

Art. 60 Sachüberschrift und Abs. 2 Bst. f Der Auffangeinrichtung wird eine neue Aufgabe gemäss Artikel 60a E-BVG übertragen. Daher muss die Aufzählung der Aufgaben in Artikel 60 Absatz 2 um einen Buchstaben f ergänzt werden. Analog der Aufgabe, Freizügigkeitskonten gemäss Artikel 4 Absatz 2 FZG zu führen, hat sie hierzu separat Rechnung zu führen.

Art. 60a

Ausrichtung des Freizügigkeitsguthabens als Rente

Abs. 1: Diese Bestimmung soll es Personen, die vor dem frühestmöglichen Alter für den Bezug von Altersleistungen aus der beruflichen Vorsorge ausscheiden, ermöglichen, auch dann in den Genuss einer lebenslänglichen Rente zu kommen, wenn sie bis zum Referenzalter nicht mehr in die berufliche Vorsorge eintreten. Eine solche Regelung ist besonders wichtig für Personen, die unfreiwillig aus dem Erwerbsleben ausgeschieden sind, beispielsweise weil sie keine Stelle mehr gefunden oder infolge Übernahme von Betreuungsaufgaben das Arbeitspensum reduziert oder aufgegeben haben.

Abs. 2: Der Bezug des Freizügigkeitsguthabens in Rentenform kann frühestens bei Erreichen des Mindestalters für den Bezug der Altersleistung bezogen werden. Der frühestmögliche Zeitpunkt des Bezugs entspricht somit der mit dieser Reform allgemein eingeführten Regelung zum flexiblen Rentenbezug.

Abs. 3: Stirbt eine rentenbeziehende Person, sollen Hinterlassene im Sinne der Artikel 19, 19a und 20 Anspruch auf eine Hinterlassenenrente haben. Für diese überlebenden Angehörigen würde sonst ein Armutsrisiko bestehen.

Abs. 4: Die Auffangeinrichtung kann in ihrem Reglement unter Berücksichtigung von Artikel 20a weitere Begünstigte vorsehen. So kann durch eine entsprechende Reglementsbestimmung z.B. die Lebenspartnerin oder der Lebenspartner, mit der bzw. dem die verstorbene rentenbeziehende Person in den letzten fünf Jahren vor dem Tod eine Lebensgemeinschaft geführt hat, eine Hinterlassenenrente beanspruchen.

Der Verweis auf Artikel 37 Absatz 3 erlaubt es der Auffangeinrichtung, keine Renten auszurichten, die weniger als 10 Prozent der Mindestaltersrente der AHV betragen.

Abs. 5: Für die von der Auffangeinrichtung unter diesem Artikel auszurichtenden Renten bestehen keine Risikoträger. Deshalb muss es der Auffangeinrichtung möglich sein, eine selbsttragende Lösung vorzusehen. Zusätzlich werden diese Leistungen in gleicher Weise wie andere Rentenleistungen bei Zahlungsunfähigkeit der Vorsorgeeinrichtung bzw. des Kollektivs vom Sicherheitsfonds sichergestellt. Eine entsprechende Grundlage befindet sich bereits in Artikel 56 Absatz 1 Buchstabe b, gemäss welchem gesetzliche Leistungen von zahlungsunfähigen Vorsorgeeinrichtungen vom Sicherheitsfonds sicherzustellen sind. Bei der in den Artikeln 60 Absatz 2 Buchstabe f und 60a geregelten
speziellen Form der Ausrichtung der Freizügigkeitsleistung handelt es sich um eine gesetzliche Leistung sui generis.

Ein gesetzlicher Anspruch auf Ausrichtung der Freizügigkeitsleistung in Rentenform soll im Rahmen der Revision des Vorsorgeausgleichs bei Scheidung, die sich gegenwärtig in der parlamentarischen Beratung befindet, für eine weitere Personenkategorie eingeführt werden: Wer im Rahmen eines Vorsorgeausgleichs Rentenanteile

186

oder eine Austrittsleistung zugesprochen erhält, soll diese ebenfalls durch die Auffangeinrichtung in eine Rente umwandeln lassen können.143 Art. 62 Abs. 1 Bst. c Es handelt sich hierbei um eine rein redaktionelle Anpassung: Der Begriff «Kontrollstelle» wird durch den Begriff «Revisionsstelle» ersetzt.

Art. 64a Abs. 1 Bst. h Bis zum 31. Dezember 2011 überprüfte das BSV jährlich, gestützt auf die Daten der Aufsichtsbehörden, die finanzielle Lage der Vorsorgeeinrichtungen und erstattete dem Bundesrat Bericht (Art. 44a BVV 2 in der Fassung vom 23. Oktober 2002144).

Mit dem Inkrafttreten der Strukturreform am 1. Januar 2012 wurde diese Bestimmung aufgehoben, weshalb das BSV nicht mehr für das Verfassen dieses Berichtes zuständig ist.145 Bis jetzt hat die OAK BV jedes Jahr eine Befragung zur finanziellen Lage der Vorsorgeeinrichtungen durchgeführt. Damit kann sie mögliche Schwächen des Systems der beruflichen Vorsorge feststellen und Oberaufsichtsmassnahmen besser an die tatsächlichen Bedürfnisse anpassen.

Vorgeschlagen wird deshalb die Ausweitung des Aufgabenkatalogs der OAK BV und gleichzeitig die Schaffung einer gesetzlichen Grundlage für diese spezifische Tätigkeit. Der neue Buchstabe h hat somit einzig zum Zweck, die OAK BV zu ermächtigen, Untersuchungen zum Zustand des Systems der beruflichen Vorsorge (und nicht zum Zustand einzelner Vorsorgeeinrichtungen) durchzuführen. Es handelt sich dabei nicht um eine Grundlage zur Einführung einer Solvenzaufsicht. Da ein Grossteil der benötigten Informationen bei den Vorsorgeeinrichtungen aufbewahrt wird, sieht die neue Bestimmung vor, dass die OAK BV (und in ihrem Auftrag ihr Sekretariat) die für den Bericht erforderlichen Daten direkt bei den Vorsorgeeinrichtungen einfordern kann, ohne über die Aufsichtsbehörden gehen zu müssen. Die Vorsorgeeinrichtungen sind verpflichtet, der OAK BV die erforderlichen Daten zur Verfügung zu stellen. Dieses vereinfachte Verfahren bringt einen Zeitgewinn, der die Aktualität des Berichts gewährleistet.

Art. 64c Abs. 2 Bst. a Abs. 2 Bst. a: In der geltenden Fassung von Artikel 64c Absatz 2 Buchstabe a besteht Unklarheit hinsichtlich der Bemessung der jährlichen Aufsichtsabgabe nach dem Kriterium der «Zahl der Versicherten». Bei der Errichtung der OAK BV wurde die Höhe der Jahresgebühr unter Berücksichtigung nicht nur der
Anzahl aktiver Versicherter, sondern auch der Anzahl ausbezahlter Renten berechnet. Artikel 64c bezieht sich jedoch nur auf die Versicherten. Deshalb muss dieser Artikel ergänzt werden, indem präzisiert wird, dass sämtliche ausbezahlten Renten und nicht die Anzahl Rentnerinnen und Rentner massgebend sein sollen. Für die Vorsorgeeinrichtungen ist die Bemessung einer auf der Zahl der ausbezahlten Renten basierenden Gebühr einfacher zu handhaben als eine Gebühr nach der Zahl der Rentnerinnen und 143

Vgl. Botschaft vom 29. Mai 2013 zur Änderung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (Vorsorgeausgleich bei Scheidung), BBl 2013 4887.

144 AS 2002 3904 145 Vgl. Erläuterung zur Aufhebung von Art. 44c BVV 2 in der Mitteilung über die berufliche Vorsorge Nr. 123, S. 65.

187

Rentner, da nicht nach Stammrente und akzessorischer Rente (bspw. Kinderrenten) unterschieden werden muss. Kapitalauszahlungen werden hingegen nicht berücksichtigt.

Art. 65 Abs. 2bis und 2ter Abs. 2bis: Vorsorgeeinrichtungen müssen bei der Festlegung der Risikobeiträge für Tod und Invalidität kollektive Grundsätze beachten. Wie bisher wird es die Aufgabe des Experten für berufliche Vorsorge sein, dem zuständigen Organ der Vorsorgeeinrichtung aufgrund seines versicherungstechnischen Gutachtens eine Empfehlung zur Höhe der Risikobeiträge abzugeben. Es soll aber künftig nicht mehr möglich sein, dass die Risikobeiträge in der beruflichen Vorsorge entsprechend den Prinzipien der Einzellebensversicherung individuell festgelegt werden, wie dies heute bei gewissen autonomen und kollektiven Sammeleinrichtungen der Fall ist. Bei den kollektiven Sammeleinrichtungen besteht das Problem darin, dass die Vorsorgeeinrichtungen die Risikobeiträge in der Regel genauso den Versicherten weiterbelasten, wie sie von der Versicherungsgesellschaft berechnet wurden, d.h. stark individualisiert. Autonome Sammeleinrichtungen sind dadurch schon aus Konkurrenzgründen gezwungen, ebenfalls eine gewisse Individualisierung vorzusehen, da sie ansonsten für «gute Risiken» kein wettbewerbsfähiges Angebot bereitstellen können. Die Individualisierung führt aber dazu, dass innerhalb des gleichen betrieblichen Kollektivs enorme Unterschiede in der Höhe der Risikobeiträge entstehen, was im Widerspruch zur betrieblichen Solidarität steht, auf der die berufliche Vorsorge basiert.

Der Bundesrat erhält die Kompetenz, das Prinzip einer kollektiven Tragung der Risiken Tod und Invalidität zu präzisieren. Dabei soll es nach wie vor möglich sein, auf Stufe Betrieb oder auf Stufe Vorsorgewerk nach objektiven Kriterien diverse Versichertenkollektive zu bilden, beispielsweise indem nach Funktion oder Tätigkeit unterschieden wird.

Abs. 2ter: Aus Gründen der Gesetzessystematik wird der bisherige Absatz 2bis in Absatz 2ter verschoben. Materiell hat sich an der Bestimmung nichts geändert.

Art. 75

Übertretungen

Artikel 75 wird an die heutigen gesetzesredaktionellen Grundsätze für Bestimmungen des Nebenstrafrechts angepasst.

Die Strafandrohung des geltenden Artikels 75 Ziffer 1 Lemma 4 lautet auf Haft oder Busse bis zu 10 000 Franken. Die in den Lemmata 1 bis 3 erwähnten Delikte sind demnach Übertretungen. Bei der Revision der Allgemeinen Bestimmungen des Strafgesetzbuches wurde für diese Deliktgruppe die Sanktionsmöglichkeit der Haft gestrichen. Damit können Übertretungen einzig mit Busse bestraft werden. Ausserdem ist aufgrund neuerer Gesetzgebung die explizite Regelung von Ziffer 2 überflüssig geworden, weshalb sie ersatzlos gestrichen wird. Das gesetzlich verankerte Opportunitätsprinzip erlaubt es auch so, geringfügige Fälle einzustellen (Art. 8 Abs. 1 der Strafprozessordnung146, Art. 52 StGB147).

146 147

188

SR 312.0 SR 311.0

Art. 76

Vergehen

Artikel 76 wird ebenfalls an die heutigen gesetzesredaktionellen Grundsätze für Bestimmungen des Nebenstrafrechts angepasst. Gleichzeitig wird das Wort «Kontrollstelle» durch «Revisionsstelle» ersetzt.

Aufgrund des revidierten Artikels 333 Absatz 2 StGB wird die Androhung von «Gefängnis bis zu sechs Monaten oder Busse bis zu 30 000 Franken» durch «Geldstrafe» ersetzt. Gleichzeitig wird der bisherige Verweis auf Artikel 53 BVG in Lemma 5 (neu Bst. e) geändert und neu von «gesetzlichen Pflichten» gesprochen.

Artikel 53 wurde am 1. Januar 2012 im Rahmen der Strukturreform aufgehoben.

Art. 79b Abs. 1, 1bis, 1ter, 2 und 4 Abs. 1: Der neue Wortlaut von Artikel 79b Absatz 1 gibt der versicherten Person das Recht, sich in die reglementarischen Leistungen einzukaufen. Zwar wird das Recht zum Einkauf von vielen Vorsorgeeinrichtungen vorgesehen, aber durch das BVG wird es nicht explizit garantiert. Der geltende Artikel 79b Absatz 1 beschränkt sich auf eine Kann-Formulierung. Artikel 9 Absatz 2 FZG wiederum ist nur auf Einkäufe beim Eintritt in eine Vorsorgeeinrichtung und nicht auf Einkäufe während der laufenden Versicherung anwendbar.

Abs. 1bis: Das geltende Recht regelt die Frage nicht, ob ein Einkauf dem BVGAltersguthaben oder dem überobligatorischen Teil des Vorsorgeguthabens der versicherten Person gutgeschrieben werden soll. Der neue Wortlaut behebt die Rechtsunsicherheit in diesem Punkt, indem er präzisiert, dass mit dem Einkaufsbetrag zuerst die Lücke im BVG-Altersguthaben aufgefüllt wird. Diese Massnahme kommt namentlich Personen zugute, die im Verhältnis zum maximal möglichen BVG-Altersguthaben ihrer Altersklasse und aufgrund des für sie massgebenden versicherten Lohnes, beispielsweise nach Phasen mit Unterbrüchen der Arbeitstätigkeit und damit der Beitragszahlungen an die 2. Säule, ein unvollständiges BVGAltersguthaben aufweisen.

Abs. 1ter: Das maximal mögliche BVG-Altersguthaben wird auf der Grundlage der Artikel 8, 15 und 16 berechnet und entspricht dem Altersguthaben einer Person, die seit dem Mindestalter für das Alterssparen gemäss Artikel 7 Absatz 1 ständig im BVG versichert war. Bis zur Höhe dieses Maximums wird der Einkaufsbetrag zuerst dem BVG-Altersguthaben gutgeschrieben. Erst wenn das maximal mögliche BVGAltersguthaben erreicht ist, wird der Einkaufsbetrag dem überobligatorischen
Vorsorgeguthaben der versicherten Person gutgeschrieben. Diese Regelung bezieht sich auf Einkäufe, nicht aber auf die Rückzahlung von Vorbezügen für die Wohneigentumsförderung (Art. 30d) oder auf Wiedereinkäufe im Falle der Ehescheidung oder gerichtlichen Auflösung einer eingetragenen Partnerschaft nach Artikel 22c FZG.

Zur Berechnung des maximal möglichen BVG-Altersguthabens wird das BSV entsprechende Berechnungstabellen zur Verfügung stellen.

Abs. 2: Personen, die die ganze Altersleistung vorbeziehen und später trotzdem wieder einen Lohn über der Eintrittsschwelle von Artikel 2 Absatz 1 verdienen, werden wiederum in eine Vorsorgeeinrichtung eintreten. Da der Vorbezug in der Regel zu einer Kürzung der Altersleistung führt, ist es auch sinnvoll, dass diese Personen bis zum Erreichen des Referenzalters bei weiterer Erwerbstätigkeit wieder versichert werden und so die Kürzung ganz oder zum Teil wettgemacht wird. Hingegen sollen Personen, die bereits eine Altersleistung beziehen oder in Kapitalform 189

bezogen haben, nicht noch einmal durch Einkäufe mit den entsprechenden Steuerprivilegien eine vollständige Vorsorge aufbauen können. Auch bei einem teilweisen Bezug der Altersleistung vor dem Referenzalter kann sich dieses Problem stellen, wenn die versicherte Person noch Einkaufsmöglichkeiten hat. In diesen Fällen muss die bereits laufende Rente oder die in Kapitalform ausbezahlte Altersleistung bei der Bestimmung der Einkaufsmöglichkeiten berücksichtigt werden. Da es sich um Spezialfälle des Einkaufs handelt, soll diese Koordination auf Verordnungsebene geregelt werden.

Abs. 4: Aus der Entstehungsgeschichte geht hervor, dass sich der Ausschluss von der Begrenzung für Scheidungseinkäufe ausschliesslich auf Absatz 3 bezieht. Um mögliche Rechtsunsicherheiten auszuschliessen, wird dies ausdrücklich festgehalten.

Ausserdem verwies die italienische Version auf Absatz 2. Dieses gesetzgeberische Versehen wird gleichzeitig korrigiert.

Art. 81b

Abzug der Beiträge bei Weiterführung der Vorsorge nach Ausscheiden aus der obligatorischen Versicherung

Personen, die aus der obligatorischen Versicherung ausscheiden, können die Vorsorge oder nur die Altersvorsorge gestützt auf Artikel 47 freiwillig weiterführen. Im geltenden Recht ist allerdings nicht explizit geregelt, inwieweit Beiträge von Personen, die gestützt auf Artikel 47 freiwillig versichert sind, bei den direkten Steuern des Bundes, der Kantone und der Gemeinden abzugsfähig sind. Der neue Artikel 81b soll diese Frage klären.

Nach steuerlicher Praxis sind diese Beiträge heute implizit gestützt auf Artikel 81 abziehbar. Bezieht die freiwillig versicherte Person kein AHV-pflichtiges Einkommen, so ist die Abzugsfähigkeit nach der Praxis allerdings auf zwei Jahre beschränkt. Diese Beschränkung ist dadurch begründet, dass nach Artikel 1 Absatz 2 der in der beruflichen Vorsorge versicherte Lohn das AHV-beitragspflichtige Einkommen nicht übersteigen darf und eine Ausnahme von diesem Grundsatz daher nur innerhalb eines zeitlich eng beschränkten Rahmens möglich sein soll. Die Beschränkung soll, abgesehen von der im neuen Artikel 81b vorgesehenen Ausnahme, weiterhin gelten und im Gesetz aus Gründen der Transparenz und der Rechtssicherheit festgehalten werden.

Absatz 2 ist eine Ausnahmeregelung zu Absatz 1: Personen, die zwischen der Vollendung des 58. und des 60. Altersjahres entlassen werden, können die Beiträge bei den Steuern abziehen, bis sie das Mindestalter für den Bezug von Altersleistungen erreichen. Diese Regelung stellt sicher, dass Personen, die in einem Alter entlassen werden, in dem es erfahrungsgemäss sehr schwierig ist, noch einmal eine Arbeitsstelle zu finden, immerhin ihren Anspruch auf eine lebenslängliche Rente der beruflichen Vorsorge erhalten können. Die Verlängerung der steuerlichen Abzugsfähigkeit nach Absatz 2 hat also zum Ziel, den Betroffenen einen Anspruch auf eine lebenslängliche Altersrente zu vermitteln. Aus diesem Grund muss die Altersleistung unter Vorbehalt von Artikel 37 Absatz 3 auch als Rente bezogen werden.

Andernfalls könnte die Verlängerung der Dauer der Abzugsfähigkeit einzig für die Steueroptimierung genutzt werden.

Für Personen, die bei der Entlassung das 60. Altersjahr bereits vollendet haben, gilt die allgemeine Regelung von Absatz 1, da sie innerhalb der zwei Jahre das Mindestalter für den Bezug von Altersleistungen erreichen. Die Anwendung von Absatz 2 würde für sie eine Verschlechterung gegenüber der heutigen Situation bedeuten.

190

Art. 86b Abs. 1 Bst. a Der Begriff «koordinierten Lohn» wird durch den Begriff «versicherten Lohn» ersetzt (vgl. Erläuterungen zu Art. 8 E-BVG).

Art. 97 Abs. 1bis erster Satz und 1ter Gemäss der ihm in Absatz 1bis übertragenen Kompetenz erlässt der Bundesrat Vorschriften, damit das BFS die Möglichkeit hat, versicherungstechnische Grundlagen zu erstellen. Diese dienen wiederum dazu, die Lebenserwartung der Rentenbezügerinnen und -bezüger genauer abzuschätzen. Die Lebenserwartung ist, zusammen mit dem technischen Zinssatz, einer der beiden Hauptparameter für die Festlegung des Mindestumwandlungssatzes.

Damit das BFS diese Aufgabe wahrnehmen kann, müssen ihm die betroffenen Vorsorgeeinrichtungen die erforderlichen Daten zur Verfügung stellen, inklusive der Versichertennummern der AHV aller aktiven Versicherten und aller Personen, für die eine Rente ausgerichtet wird. Gemäss Artikel 48 Absatz 4 BVG sind die registrierten Vorsorgeeinrichtungen bereits berechtigt, die Versichertennummer der AHV zu verwenden. Diese wird ihnen nach Artikel 50a Absatz 1 AHVG von den Organen der AHV bekannt gegeben.

Der Bundesrat wird in der Verordnung die erforderlichen Daten (beispielsweise Geburtsdatum, Todesdatum, Geschlecht, Alter des überlebenden Ehegatten, Alter der Kinder/Waisen usw.) nennen. Zudem wird das BFS ein Bearbeitungsreglement erlassen, das die Verwendung der Versichertennummer der AHV detailliert regelt, so die Verknüpfungsmöglichkeiten, die Pseudonymisierung und Anonymisierung wie auch die Verschlüsselung und das Key-Management.

Die Datenlieferungspflicht der betroffenen Vorsorgeeinrichtungen dient einzig zur Ausarbeitung qualitativ hochwertiger versicherungstechnischer Grundlagen. Ausserdem erlaubt die Versichertennummer der AHV die Verknüpfung mit mehreren anderen Statistikdaten einer Person, womit die Zuverlässigkeit und Zweckmässigkeit der erhobenen Informationen sichergestellt werden kann.

Aus diesem Grund müssen die vom BFS angefragten Vorsorgeeinrichtungen insbesondere die Versichertennummer der AHV erfassen (Abs. 1ter). Gegenwärtig besteht ein Anspruch, diese gegen Bezahlung einer Gebühr zu nutzen. Artikel 134sexies AHVV soll dahingehend geändert werden, dass dies für die betroffenen Vorsorgeeinrichtungen keine Gebührenpflicht nach sich zieht. Im Gegenzug liefern die Vorsorgeeinrichtungen
dem BFS die nötigen Daten ebenfalls kostenlos.

Übergangsbestimmungen zur Änderung vom ... (Reform der Altersvorsorge 2020) a. Laufende Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenrenten Buchstabe a übernimmt unverändert Buchstabe a Absatz 1 der Übergangsbestimmungen der Änderung vom 3. Oktober 2003, welche sicherstellt, dass der Mindestumwandlungssatz erst bei der Umwandlung des Altersguthabens in eine Rente seine Wirkung entfaltet und folglich keinen Einfluss auf laufende Renten hat.

191

b. Mindestumwandlungssatz Mit diesen Übergangsbestimmungen schreibt der Gesetzgeber vor, innerhalb welcher Zeitspanne der Mindestumwandlungssatz anzupassen ist. Diese Zeitspanne ist kürzer als bei der 1. BVG-Revision, um möglichst rasch das bestehende Ungleichgewicht aufzuheben.

Der Bundesrat erhält die Kompetenz, den Mindestumwandlungssatz für die Übergangszeit festzulegen. Unter Berücksichtigung der Lage der Vorsorgeeinrichtungen und des Anliegens, dass die Ausgleichsmassnahmen ihre Wirkung entfalten können, reduziert der Bundesrat den Satz innert relativ kurzer Zeit von 6,8 auf 6 Prozent im Referenzalter, und zwar mittels einer Absenkung von jährlich 0,2 Punkten ab Inkrafttreten der Änderung. Dabei regelt er auch die anwendbaren Umwandlungssätze bei Bezug der Altersleistungen vor und nach dem Referenzalter. Dass er während der Übergangszeit unterschiedliche Mindestumwandlungssätze für Frauen und Männer festlegen kann, ergibt sich aus der gleichzeitig stattfindenden Erhöhung des Referenzalters der Frauen. Für die Berechnung der Invaliden- und Hinterlassenenleistungen ist der Mindestumwandlungssatz gemäss Artikel 24 Absatz 2 massgebend.

c. Übergangsgeneration und Leistungsgarantie Den Versicherten, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Revision das 40. Altersjahr vollendet haben, garantieren die Vorsorgeeinrichtungen die nach diesem Gesetz in der bis zum Inkrafttreten dieser Änderung geltenden Fassung berechneten Leistungen. Allerdings ist die Leistungsgarantie für das Alter nur gegeben, wenn der Rentenbezug im Referenzalter oder später erfolgt, da das geltende Recht die Altersleistungen erst bei Erreichen des ordentlichen Rentenalters gewährleistet. Gemäss Hochrechnungen sollten die langfristigen Ausgleichsmassnahmen ausreichen, um bei den jüngeren Versicherten die Leistungskürzungen aufgrund der Anpassung des Mindestumwandlungssatzes auszugleichen. Für die Finanzierung der Garantie der Altersrenten erhalten die Vorsorgeeinrichtungen vom Sicherheitsfonds Zuschüsse.

Der Bundesrat regelt den Umfang dieser Garantie und die Berechnung der Zuschüsse. Diese Bestimmungen werden in die SFV aufgenommen.

d. Anpassung reglementarischer Bestimmungen an das gesetzliche Mindestalter Diese Übergangsbestimmung gibt der Vorsorgeeinrichtung die Möglichkeit, während fünf Jahren nach Inkrafttreten der
vorliegenden Revision bestehende abweichende Pläne für Personen weiterzuführen, die am Ende des Kalenderjahres vor Inkrafttreten dieser Änderung bereits in diesen Plänen versichert sind. Erreichen diese Personen innerhalb von fünf Jahren das Mindestrentenalter gemäss Reglement, so können sie ihren Anspruch auf Altersleistungen gemäss Reglement geltend machen. Falls sie innerhalb dieser fünfjährigen Übergangsfrist nicht pensioniert werden, gilt danach für sie ebenfalls die Regelung von Artikel 13 Absatz 3 E-BVG (Mindestalter von 62 Jahren), sofern nicht eine vom Bundesrat vorgesehene Ausnahme vorliegt.

Diese Übergangsbestimmung schafft jedoch keinen Anspruch der versicherten Person darauf, während der fünfjährigen Übergangsfrist einen Bezug von Altersleistungen vor Alter 62 geltend zu machen. Die Vorsorgeeinrichtungen sind somit frei, vor Ablauf der Übergangsfrist ihre Reglemente anzupassen.

192

e. Spezialfälle für die Berechnung von Invalidenrenten Noch in wesentlich stärkerem Ausmass als in der 1. BVG-Revision werden in der vorliegenden Gesetzesrevision der koordinierte bzw. neu der versicherte Lohn und der Mindestumwandlungssatz geändert. Es braucht daher eine Kompetenz des Bundesrats, um Spezialfälle zu regeln, bei denen der koordinierte bzw. neu der versicherte Lohn ganz oder teilweise noch nach dem bisherigen Recht berechnet wurde, während für die Invalidenrente der neue Mindestumwandlungssatz gilt. Für diese begrenzte Gruppe von Leistungsempfängerinnen und -empfängern soll der Bundesrat die notwendigen Bestimmungen erlassen, um zu verhindern, dass sie ungerechtfertigt schlechter behandelt werden. Ähnlich gelagerte Fälle bei Hinterlassenenrenten müssen nicht zusätzlich geregelt werden, da sich die Höhe der Hinterlassenenrenten aus der Höhe jener Invalidenrente ableitet, auf die die verstorbene Person Anspruch gehabt hätte (vgl. Art. 21 Abs. 1).

3.10

Freizügigkeitsgesetz (FZG)

Art. 1 Abs. 4 Die Ergänzung von Artikel 1 soll Rechtsunsicherheiten beheben im Zusammenhang mit nicht registrierten, im Rentenwertumlageverfahren finanzierten Vorsorgestiftungen, die ­ wie die Stiftung FAR im Bauhauptgewerbe ­ Leistungen zur Abfederung der finanziellen Nachteile des vorzeitigen Altersrücktritts gewähren.

Das Freizügigkeitsgesetz ist auf Vorsorgeverhältnisse zugeschnitten, in deren Rahmen zumindest ein Teil der Leistungen im Kapitaldeckungsverfahren finanziert wird. Es stellt sicher, dass der Vorsorgenehmerin oder dem Vorsorgenehmer bei Auflösung des Vorsorgeverhältnisses die Leistung mitgegeben wird, die sie oder er zu Beginn des Verhältnisses eingebracht und während dessen Dauer neu erworben hat. Im Kapitaldeckungsverfahren finanziert werden bei sämtlichen Vorsorgeverhältnissen zwischen registrierten Vorsorgeeinrichtungen und der Vorsorgenehmerin oder dem Vorsorgenehmer zumindest die reglementarischen Altersleistungen.

In den letzten Jahren wurden in der Baubranche kollektive Modelle zur Vorfinanzierung des vorzeitigen Altersrücktritts geschaffen, die es den Arbeitnehmenden ermöglichen, sich zu finanziell tragbaren Bedingungen vorzeitig pensionieren zu lassen. Für alle Arbeitnehmenden im Anwendungsbereich dieser ­ bis heute regelmässig auf Bundesebene oder immerhin kantonal allgemeinverbindlich erklärten ­ Gesamtarbeitsverträge werden paritätische oder sogar überparitätische Beiträge in eine dafür errichtete Stiftung einbezahlt. Bei einem vorzeitigen Altersrücktritt erbringt die Stiftung Leistungen wie Überbrückungsrenten, die bis zum Erreichen des Referenzalters gewährt werden, und Ersatz für BVG-Altersgutschriften. Bei diesen Stiftungen handelt es sich um nicht registrierte Vorsorgeeinrichtungen im Sinne von Artikel 89a Absatz 6 ZGB. Sie respektieren die Grundsätze der beruflichen Vorsorge und werden somit steuerlich gleich behandelt wie registrierte Vorsorgeeinrichtungen.

Die Mehrheit dieser Vorsorgeeinrichtungen, darunter jene für das Bauhauptgewerbe mit sehr vielen Versicherten, wird nicht im Kapitaldeckungsverfahren, sondern im Rentenwertumlageverfahren finanziert. Dies führt zu Kompatibilitätsproblemen, insbesondere im Bereich der Freizügigkeit. Die für einen Arbeitnehmer einbezahlten 193

Beiträge verbleiben in der Stiftung, wenn er vor der Pensionierung aus der Einrichtung austritt, und werden ihm nicht gemäss FZG in Form einer Freizügigkeitsleistung mitgegeben. Bei einem Eintritt in eine solche Vorsorgeeinrichtung ist zudem ein Einkauf in die reglementarischen Leistungen nicht möglich.

Da die Stiftungen für einen flexiblen Altersrücktritt, welche im Rentenwertumlageverfahren finanziert werden, nach dem Gesagten nicht in die Konzeption des Freizügigkeitsgesetzes passen, werden sie aus dessen Geltungsbereich ausdrücklich ausgenommen. An der Qualifikation als Einrichtungen der beruflichen Vorsorge, welche von der Steuer befreit sind und der Aufsicht und Oberaufsicht der beruflichen Vorsorge unterstehen, ändert sich dadurch nichts. Anwendbar sind diejenigen Bestimmungen des BVG, die in Artikel 89a Absatz 6 ZGB ausdrücklich genannt werden.

Mit der Anpassung klärt sich auch die Situation bezüglich des Sicherheitsfonds: Vorsorgeeinrichtungen im Sinne von Artikel 89a Absatz 6 ZGB sind nach Ziffer 11 der Bestimmung i.V.m. 57 BVG dem Sicherheitsfonds nur angeschlossen und ihm gegenüber nur beitragspflichtig, wenn sie dem FZG unterstehen.

Art. 2 Abs. 1bis Einerseits ist eine redaktionelle Änderung notwendig, weil nunmehr von «Referenzalter» bzw. von «Mindestalter für den Bezug der Altersleistung» gesprochen wird, andererseits wird der zweite Satz dieser Bestimmung aufgehoben: Auch weiterhin soll es den Vorsorgeeinrichtungen freistehen, ein anderes Referenzalter für ihre Vorsorgepläne vorzusehen als dasjenige nach Artikel 13 Absatz 1 BVG. In diesem Fall soll die Pflicht, unter bestimmten Umständen der versicherten Person eine Austrittsleistung zu überweisen, nur bis zu diesem reglementarischen Referenzalter dauern, das auch dem Vorsorgeplan der Vorsorgeeinrichtung zugrundeliegt.

Mit dem Abstellen auf das reglementarische Referenzalter der Vorsorgeeinrichtung erübrigt sich die subsidiäre Regelung im zweiten Satz des geltenden Absatzes 1bis mit dem Verweis auf das gesetzliche Renten- oder neu Referenzalter. Selbst bei Reglementen, die kein ausdrückliches «ordentliches Rentenalter» definieren, kann ein Referenzalter aus den anderen reglementarischen Bestimmungen abgeleitet werden. Dies ist zum Beispiel massgebend für die Prüfung der Angemessenheit der planmässigen Leistungen, für die
Einkaufstabellen oder auch für die Berechnung der Invaliden- und Hinterlassenenleistungen sowie allenfalls für die Umsetzung der Flexibilität nach den Artikeln 33a und 33b BVG. Dadurch erlaubt die Anpassung an die neue Terminologie eine Vereinfachung der Bestimmung.

Gewisse Vorsorgeeinrichtungen sehen in ihren Reglementen vor, dass auch nach Erreichen des Referenzalters eine Austrittsleistung möglich ist, wenn diese unmittelbar in eine andere Vorsorgeeinrichtung überwiesen werden kann. Eine solche Regelung soll weiterhin möglich sein.

Art. 5 Abs. 1 Bst. c Gemäss Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe c kann die Austrittsleistung der versicherten Person bar ausbezahlt werden, wenn sie weniger als ihr Jahresbeitrag beträgt. Diese Regelung ist für Arbeitnehmende mit häufig wechselnden Arbeitgebern problematisch (vgl. Art. 2 Abs. 4 BVG): Zum einen sind sie verpflichtet, sich zu versichern (Art. 1k BVV 2), und zum anderen können sie aufgrund derselben Gesetzgebung auf 194

diese Versicherung verzichten, indem sie ihre Austrittsleistung bar beziehen, auch wenn sie kurz darauf wieder eine Stelle antreten und im BVG versichert werden. So finden sich die betroffenen Arbeitnehmenden schliesslich mit einem kleineren Altersguthaben wieder, als wenn ihre Austrittsleistung im Vorsorgesystem geblieben wäre. Aus diesem Grund wird die Barauszahlung ausgeschlossen, sofern weniger als drei Monate zwischen zwei Anstellungen vergehen. Verlässt also eine Person ihre Vorsorgeeinrichtung, so kann sie die Barauszahlung nach Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe c nur verlangen, wenn mehr als drei Monate seit ihrem Austritt vergangen sind und sie nicht wieder in diese Vorsorgeeinrichtung oder in diejenige eines neuen Arbeitgebers eingetreten ist. Aus Gründen der Kohärenz entspricht diese Frist derjenigen in den Artikeln 1j Absatz 1 Buchstabe b und 1k BVV 2.

Art. 8 Abs. 3 Bst. a: Angesichts der Ausgleichsmassnahme für die Übergangsgeneration infolge der Anpassung des Mindestumwandlungssatzes ist eine Änderung von Artikel 8 FZG erforderlich. So hat beim Austritt einer versicherten Person die bisherige Vorsorgeeinrichtung der neuen Einrichtung die Informationen mitzuteilen, die für die Berechnung der zu garantierenden Leistungen sowie für die Geltendmachung von Zuschüssen beim Sicherheitsfonds erforderlich sind. Dieselben Informationen müssen auch Freizügigkeitseinrichtungen erhalten und weitergeben für den Fall, dass das Freizügigkeitsguthaben erneut an eine Vorsorgeeinrichtung überwiesen wird.

Bst. b: Wechselt eine versicherte Person die Vorsorgeeinrichtung, während sie bereits eine Altersleistung bezieht (Rente) oder bezogen hat (Kapital), oder erhält die versicherte Person infolge Teilinvalidität eine Rente, so benötigt die neue Vorsorgeeinrichtung die Informationen über diesen Leistungsbezug zur Berechnung der Einkaufsmöglichkeiten (vgl. Art. 79b Abs. 2 E-BVG) bzw. zur Berechnung des obligatorisch zu versichernden Lohnes. Ebenso benötigt sie die Information darüber, ob die Altersleistung bereits teilweise in Kapitalform bezogen wurde, damit die Höchstvorschrift gemäss Artikel 13a Absatz 2 E-BVG eingehalten werden kann.

Analog zu den Informationen betreffend das Guthaben im Alter 50 oder zu einer allfälligen Verpfändung des Guthabens müssen daher diese Angaben bei einem allfälligen Aus-
und Übertritt der versicherten Person ihrem Guthaben folgen. Hat die versicherte Person den Anspruch auf die ganze Altersleistung geltend gemacht, so besteht keine Austrittsleistung mehr, mit der zusammen diese Informationen an die folgende Einrichtungen übermittelt werden könnten. In diesem Fall muss die neue Vorsorgeeinrichtung die notwendigen Angaben von der versicherten Person verlangen. Dieselben Informationen müssen auch Freizügigkeitseinrichtungen erhalten bzw. weitergeben, für den Fall, dass das Freizügigkeitsguthaben erneut an eine Vorsorgeeinrichtung überwiesen wird.

Art. 16 Abs. 3 dritter Satz und Abs. 5 Abs. 3: Es handelt sich hierbei um eine rein redaktionelle Anpassung, indem neu von «Kapitaldeckungsverfahren» anstatt von «Deckungskapitalverfahren» gesprochen wird.

Abs. 5: Eine redaktionelle Änderung ist notwendig, weil nunmehr von «Referenzalter» gesprochen wird.

195

Art. 17 Abs. 2 Bst. a­c und g Bst. a­c: Eine redaktionelle Änderung ist notwendig, weil nunmehr von «Referenzalter» gesprochen wird.

Bst. g: Absatz 2 zählt abschliessend sechs Beiträge zur Finanzierung von Leistungen und zur Deckung von Kosten auf, die von den Beiträgen der versicherten Person abgezogen werden können, sofern sie im Reglement festgelegt sind und deren Bedarf ausgewiesen wird bzw. der Experte für berufliche Vorsorge die Erhebung empfiehlt. Mit Buchstabe g wird neu eine Abzugsmöglichkeit für Beiträge zur Finanzierung des Ausgleichs von Rentenumwandlungsverlusten eingeführt. Ziel dieses zusätzlichen Beitrages ist es, mehr Transparenz in der Beitragserhebung von Vorsorgeeinrichtungen zu schaffen und Quersubventionierungen zwischen dem Risiko- und dem Sparprozess zu vermeiden (vgl. Erläuterungen zu Art. 37 Abs. 2 Bst. b E-VAG).

Art. 24f zweiter Satz Da die Möglichkeit eines Aufschubs des Rentenbezugs bis zum 70. Altersjahr neu nicht mehr vom Reglement der Vorsorgeeinrichtung abhängt, sondern durch das Gesetz garantiert wird, muss die Aufbewahrung der Daten bis zehn Jahre nach diesem Alter, also bis zur Vollendung des 80. Altersjahres, und nicht wie bisher des 75. Altersjahres, sichergestellt werden.

Art. 25 Abs. 2 Mit der Strukturreform wurden im BVG neue Loyalitäts- und Integritätsbestimmungen für Verantwortliche von Vorsorgeeinrichtungen erlassen. Verantwortliche von Freizügigkeitseinrichtungen sind grundsätzlich ebenfalls den Bestimmungen über die Loyalität und Integrität unterstellt. Aufgrund der Eigenart dieser Einrichtungen ist es jedoch nicht möglich, diese Bestimmungen unverändert einzuhalten, weshalb eine analoge Anwendung sinnvoll ist. Beispielsweise erscheint eine strikte Anwendung von Artikel 48h BVV 2 nicht adäquat für Freizügigkeitseinrichtungen, welche von Banken gegründet wurden. Eine strikte Trennung von Personen, die mit der Geschäftsführung oder Vermögensverwaltung betraut sind und Personen, die im obersten Organ der Einrichtung vertreten sind, würde dem sogar widersprechen, da die Kundin oder der Kunde einer Bank genau wegen der engen Kundenbeziehung mit der Bank sein Guthaben an die von dieser gegründete Freizügigkeitseinrichtung überträgt. Auch erscheint es zweckmässig, dass die Gründerbank Vertreterinnen und Vertreter im obersten Organ der Einrichtung vorsehen
kann, um die enge Beziehung zum Gründer, welcher als Garant der Einrichtung nach aussen auftritt, zu unterstreichen. Entsprechend wird in der Verordnung eine entsprechende Ausnahmeregelung getroffen werden müssen.

Art. 26 Abs. 1bis und 2 Abs. 1bis: Bei der Gründung von Freizügigkeitsstiftungen müssen heute lediglich die allgemeinen Bestimmungen über die Gründung von Einrichtungen der beruflichen Vorsorge (Art. 12 ff. der Verordnung vom 10. und 22. Juni 2011148 über die Aufsicht in der beruflichen Vorsorge) eingehalten werden. Besondere Gründungsbe148

196

SR 831.435.1

stimmungen, welche die Eigenheit von Freizügigkeitseinrichtungen berücksichtigen, existieren nicht. So ist z. B. kein minimales Anfangsvermögen vorausgesetzt.

Dies ist problematisch, denn Inhaberinnen und Inhaber von Freizügigkeitsguthaben geniessen zwar den Einlegerschutz nach Artikel 37a des Bankengesetzes vom 8. November 1934149, jedoch besteht diese Sicherheit nur, wenn die Gelder auch vorschriftsgemäss an eine Bank oder an eine andere der Einlagensicherung unterstellte Stelle übertragen werden. Bei Missbrauch der Gelder durch die Verantwortlichen, wie dies in der Vergangenheit etwa bei bankunabhängigen Freizügigkeitsstiftungen vorgekommen ist, kann daher ein massiver Schaden für die Versicherten entstehen. Gelder auf Freizügigkeitseinrichtungen werden bei Zahlungsunfähigkeit der Einrichtung auch nicht vom Sicherheitsfonds sichergestellt. Um solchen Missbräuchen entgegenzuwirken, sollen die Schranken für die Gründung einer Freizügigkeitseinrichtung erhöht werden: So soll der Bundesrat für Freizügigkeitseinrichtungen ein minimales Anfangsvermögen und Garantieleistungen festlegen, wie dies gestützt auf Artikel 65 Absatz 4 BVG für Sammel- und Gemeinschaftsstiftungen bereits der Fall ist. Da Freizügigkeitseinrichtungen nicht über ein paritätisch zusammengesetztes Organ verfügen, das eine Kontrollfunktion innehat, ist eine zeitlich unbeschränkte Garantieleistung zu fordern. Im Sinne der Gleichbehandlung sind auch bereits bestehende Freizügigkeitseinrichtungen zu einer solchen Garantie zu verpflichten. Hierzu ist eine angemessene Frist für die Erbringung vorzusehen.

Weiter ist zu prüfen, ob als zusätzliche Massnahme zur Sicherstellung der korrekten Verwendung der Gelder während der Startphase eine unterjährige Berichterstattung gegenüber einem Kontrollorgan (Revisionsstelle oder Aufsichtsbehörde) einzuführen ist.

Um Rechtsunsicherheiten zu vermeiden, ist festzuhalten, dass die Auffangeinrichtung nicht unter diese Bestimmung fällt. Die Auffangeinrichtung ist keine Freizügigkeitseinrichtung, sondern eine Vorsorgeeinrichtung, die zusätzlich den gesetzlichen Auftrag hat, Freizügigkeitskonten gemäss Artikel 4 Absatz 2 FZG zu führen (Art. 60 Abs. 1 und 5 BVG). Sie untersteht einer strengeren Aufsicht als die Freizügigkeitseinrichtungen, nämlich der Aufsicht der OAK BV. Ausserdem verfügt sie, im Gegensatz
zu Freizügigkeitseinrichtungen, über ein paritätisch aus Vertreterinnen und Vertretern der Spitzenorganisationen der Arbeitnehmenden und der Arbeitgeber zusammengesetztes Organ, das eine Kontrollfunktion wahrnimmt.

Abs. 2: Dem Bundesrat wird die Kompetenz entzogen, einen Zinsrahmen zu bestimmen, innerhalb welchem die Vorsorgeeinrichtungen den technischen Zinssatz für die Berechnung der Eintritts- und Austrittsleistung bei den Versicherungsplänen mit Leistungsprimat festlegen. Dies wird nun vollständig dem Ermessen der Vorsorgeeinrichtungen und ihrer Experten überlassen. Aufgrund der bestehenden Richtlinien der Schweizerischen Kammer der Pensionskassen-Experten sind keine Missbräuche zu befürchten. In der Folge kann Artikel 8 FZV aufgehoben werden.

149

SR 952.0

197

3.11

Bundesgesetz über die Unfallversicherung (UVG)

Art. 20 Abs. 2 zweiter und dritter Satz Die Komplementärrente wird neu auch bei Änderungen angepasst, die sich aufgrund eines Aufschubs (Art. 39 E-AHVG) oder eines Vorbezugs (Art. 40 Abs. 1 E-AHVG) der AHV-Altersrente ergeben.

Art. 22

Revision der Rente

Die Invalidenrenten der obligatorischen Unfallversicherung werden nicht mehr revidiert, wenn davon ausgegangen werden kann, dass sich die anspruchsberechtigte Person definitiv aus dem Erwerbsleben zurückgezogen hat. Dies wird immer dann angenommen, wenn die Person das Referenzalter der AHV erreicht hat oder eine ganze Altersrente dieser Versicherung vorbezieht.

Da im E-AHVG der Begriff «Rentenalter» durch «Referenzalter» ersetzt wird, muss die Bestimmung angepasst werden.

Art. 31 Abs. 4 dritter und vierter Satz Die Komplementärrente wird neu auch bei Änderungen angepasst, die sich aufgrund eines Aufschubs (Art. 39 E-AHVG) oder eines Vorbezugs (Art. 40 Abs. 1 E-AHVG) der AHV-Altersrente ergeben.

3.12

Bundesgesetz über die Militärversicherung (MVG)

Art. 41 Abs. 1 Mit «Rentenalter nach Artikel 21 Absatz 1 AHVG» ist das ordentliche Rentenalter 65 gemeint. Weil im E-AHVG der Begriff «ordentliches Rentenalter» durch «Referenzalter» ersetzt wird, ist dieser Artikel anzupassen.

Art. 43 Abs. 1 Vgl. Erläuterungen zu Artikel 41 E-MVG.

Art. 47 Abs. 1 Wie in Artikel 41 Absatz 1 E-MVG wird der Begriff «Rentenalter» durch «Referenzalter» ersetzt.

Gemäss der geltenden Regelung der Militärversicherung bezieht der Versicherte eine Invalidenrente bis zum Alter, ab welchem er eine AHV-Altersrente beziehen kann, sei dies ab 65 Jahren bei den Männern oder 64 Jahren bei den Frauen. Der Versicherte erhält diese Invalidenrente, selbst wenn er sich frühzeitig pensionieren lässt und deshalb eine gekürzte AHV-Altersrente bezieht. Nach dem 65. Altersjahr hebt die Militärversicherung die Invalidenrente des Versicherten auf und richtet ihm eine Altersrente aus, die der Hälfte der von ihm bezogenen Invalidenrente entspricht.

Die Altersrente der Militärversicherung wird mit jener der AHV kumuliert.

198

Die vorgeschlagene Änderung hat zur Folge, dass die Altersrente der Militärversicherung ab dem Zeitpunkt ausgerichtet wird, ab welchem die versicherte Person ihre ganze AHV-Altersrente vorbezieht, was vor Erreichen des 65. Altersjahres geschieht. Diese Änderung bringt Kohärenz im System und erlaubt eine bessere Koordination zwischen den Leistungen der Militärversicherung und jenen von anderen Sozialversicherungen.

Art. 51 Abs. 4 Vgl. Erläuterungen zu Artikel 41 E-MVG.

3.13

Erwerbsersatzgesetz (EOG)

Art. 27 Abs. 2 Mit der Aufhebung der sinkenden Beitragsskala für Selbstständigerwerbende in der AHV entfallen auch die degressiven Beitragssätze in der EO. Absatz 2 ist entsprechend anzupassen. Die Indexierung beschränkt sich neu auf den Mindestbeitrag.

3.14

Arbeitslosenversicherungsgesetz (AVIG)

Art. 2 Abs. 2 Bst. c Im E-AHVG wird der Begriff «ordentliches Rentenalter» durch den Begriff «Referenzalter» ersetzt. Das bedingt eine Anpassung dieser Bestimmung, um die Terminologie des E-AHVG zu übernehmen.

Art. 8 Abs. 1 Bst. d Die Änderung dieser Bestimmung führt dazu, dass der Vorbezug einer AHVAltersrente den Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung nicht mehr ausschliesst.

Dieser Grundsatz gilt sowohl beim Vorbezug einer ganzen wie auch beim Vorbezug einer (künftig vom E-AHVG vorgesehenen) anteiligen AHV-Altersrente.

Diese Änderung drängt sich auf, um der Ungleichbehandlung zwischen den Bezügerinnen und Bezügern einer vorbezogenen AHV-Altersrente, deren Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung heute ausgeschlossen ist, und den Bezügerinnen und Bezügern von Leistungen der beruflichen Vorsorge oder einer ausländischen Versicherung ein Ende zu setzen und um die Regeln zu harmonisieren. In Zukunft hat eine arbeitslose versicherte Person, die eine vorbezogene Altersleistung der AHV, einer Vorsorgeeinrichtung oder einer ausländischen Versicherung erhält, Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung, sofern die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt sind.

Um eine Überentschädigung zu vermeiden, wird der Betrag der vorbezogenen (ganzen oder anteiligen) AHV-Altersrente von der Arbeitslosenentschädigung abgezogen (Art. 18c Abs. 1 E-AVIG in Verbindung mit Art. 69 Abs. 3 ATSG), wie dies bei den durch andere Institutionen (Vorsorgeeinrichtungen und ausländische Versicherungen) ausbezahlten Altersleistungen bereits heute der Fall ist.

199

Zudem wird im E-AHVG der Begriff «ordentliches Rentenalter» durch den Begriff «Referenzalter» ersetzt, was eine redaktionelle Anpassung dieser Bestimmung bedingt, damit die Terminologie jener des E-AHVG entspricht.

Art. 13 Abs. 3 Künftig werden die Altersleistungen der AHV, der Vorsorgeeinrichtungen und der ausländischen Versicherungen gleich behandelt ­ das heisst, sie schliessen den Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung nicht aus, sondern werden von der Arbeitslosenentschädigung abgezogen (Art. 18c E-AVIG) ­, weshalb diese Bestimmung zu streichen ist.

Die Aufhebung dieser Bestimmung entspricht damit der Absicht, die Regeln beim Bezug von Altersrenten der AHV, der Vorsorgeeinrichtungen und ausländischer Versicherungen zu harmonisieren.

Art. 18c Abs. 1 Da beim Vorbezug einer (ganzen oder anteiligen) AHV-Altersrente künftig Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung bestehen soll, muss diese Bestimmung angepasst werden. Neu werden somit die vorbezogenen Altersleistungen von der Arbeitslosenentschädigung abgezogen, wie dies bereits heute bei Vorsorgeeinrichtungen und ausländischen Versicherungen der Fall ist. Dadurch kann eine Überentschädigung entsprechend dem Grundsatz von Artikel 69 ATSG vermieden werden.

Diese Änderung entspricht der Absicht, die Regeln für die Bezügerinnen und Bezüger der verschiedenen Altersleistungen (AHV, berufliche Vorsorge, ausländische Versicherungen) zu harmonisieren.

Art. 27 Abs. 3 Im E-AHVG wird der Begriff «ordentliches Rentenalter» durch den Begriff «Referenzalter» ersetzt. Das bedingt eine Anpassung dieser Bestimmung, um die Terminologie des E-AHVG zu übernehmen.

3.15

Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG)

Art. 37 Abs. 2 Bst. b, 3bis, 4 und 4bis Abs. 2 Bst. b: Mit der Einführung einer neuen Prämie zur Finanzierung der Rentenumwandlungsgarantie (Rentenumwandlung mit garantiertem, allenfalls aber nicht vollständig ausfinanziertem Umwandlungssatz) muss Artikel 37 Absatz 2 Buchstabe b entsprechend ergänzt werden. Damit soll die Transparenz bei der Finanzierung der Prozesse, namentlich des Sparprozesses, erhöht werden. So betrug die Schadenquote im Risikoprozess in den letzten sieben Jahren durchschnittlich rund 57 Prozent, was in dieser Zeitspanne zu einem positiven Saldo von durchschnittlich 1,3 Milliarden Franken in diesem Prozess geführt hat. Die tiefe Schadenquote ist auf hohe Margen in den Tarifen für die Risiken Tod und Invalidität zurückzuführen. Auf der anderen Seite sind die Versicherungsunternehmen im Sparprozess mit den gleichen Rentenumwandlungsverlusten konfrontiert wie die autonomen Vorsorgeeinrichtungen. Gegenwärtig verwenden sie deshalb einen Teil der Margen der Risi200

kotarife für die Finanzierung des Sparprozesses bzw. des garantierten Rentenumwandlungssatzes. Mit der Einführung der neuen Prämie, die sich im Übrigen bereits heute bei einzelnen Lebensversicherungsunternehmen in der konzeptionellen Entwicklungsphase befindet, soll daher wieder Transparenz hergestellt werden. Dabei soll für die neue Rentenumwandlungsgarantieprämie kein neuer Prozess geschaffen werden, vielmehr soll sie in den Sparprozess integriert werden. Die Prämie für die Rentenumwandlungsgarantie unterliegt wie die übrigen Prämien der präventiven Tarifkontrolle durch die FINMA und muss entsprechend ausgewiesen und versicherungstechnisch begründet sein.

Da eine ähnliche Problematik (Verwendung von Erträgen aus den Risikobeiträgen für die Finanzierung von Rentenumwandlungsverlusten) auch bei den autonomen Vorsorgeeinrichtungen besteht, soll in Artikel 17 FZG die Möglichkeit geschaffen werden, Beiträge zur Finanzierung des Ausgleichs von Rentenumwandlungsverlusten zu erheben. Diese Neuerungen werden es sowohl den Versicherungsunternehmen als auch den Vorsorgeeinrichtungen ermöglichen, solche Prämien zu erheben und damit die Finanzierung des Sparprozesses bzw. der Umwandlung des Altersguthabens in eine entsprechende Rente transparenter zu gestalten. Es geht also nicht um eine Erhöhung der Gesamtprämienbelastung bei den Versicherten, sondern vielmehr um eine korrekte Zuweisung der Prämien.

Abs. 3bis: Der neue Absatz 3bis verlangt, dass die Zuteilung der Überschussbeteiligung und die Berechnung der Prämien konsistent sind. Ansonsten kann es innerhalb des Versichertenbestandes zu intransparenten und sachlich nicht gerechtfertigten Umverteilungen kommen.

Die Versicherungsunternehmen sind in Zukunft angehalten, Verträge entsprechend der angewandten Tarifierung zu bündeln und die Zuteilung der Überschussbeteiligung nach denselben Grundsätzen vorzunehmen.

Versicherungsereignisse infolge Invalidität und Tod und deren Kosten können trotz Bildung von Risikoklassen und Erfahrungstarifierung im Voraus nicht genau bestimmt werden. Eine vorsichtige Tarifierung führt zwangsläufig zu gewissen Überschüssen. Deshalb ist es wichtig, dass auch jenen der Überschuss zufliesst, die diesen durch ihre Prämienzahlung vorfinanziert haben. Werden z.B. Risikoklassen gebildet oder andere Abweichungen vom Tarif erster
Ordnung der Prämienberechnung zugrunde gelegt, so sind entsprechende Abrechnungskreise für die Überschussermittlung und Zuteilung der Überschussbeteiligung zu bilden. So wird eine willkürliche, nicht durch versicherungstechnische Regeln begründete Umverteilung von Überschüssen vermieden.

Es kommt gelegentlich vor, dass die Prämien von verschiedenen Versichertenkollektiven grosse Unterschiede aufweisen, obwohl grundsätzlich ein identischer Tarif zur Anwendung kommt, gewisse Kollektive aber Vorteilskonditionen (Prämienrabatte) vom Lebensversicherer erhalten. So zahlen einzelne Risikoklassen relativ zu hohe und andere relativ zu tiefe Prämien. Benachteiligt bei der Auszahlung gleicher Überschüsse werden dann zweifelsohne jene Risikoklassen mit relativ zu hohen Prämien. Vorteilskonditionen erhalten vor allem grosse Firmen, da kleinere und mittlere Unternehmen in der Regel über eine geringere Verhandlungsmacht verfügen und sich in der Regel keine professionelle Beratung leisten können. Die Vorteilskonditionen haben zur Folge, dass die erhobenen Prämien von den Grundtarifen abweichen, so dass der versicherungstechnische Zusammenhang zwischen Prämien und Leistungen verloren geht. Der Prämienrabatt entspricht einer Vorauszahlung 201

von Überschüssen. Nach Absatz 3bis müssen die Zuteilung der Überschussbeteiligung und die Berechnung der Prämien konsistent sein. Denn bei ansonsten gleichen Bedingungen muss vermieden werden, einem Unternehmen, das bereits Vorteilskonditionen erhalten hat (das heisst eine Vorauszahlung von Überschüssen), die gleichen Überschüsse auszubezahlen. Unternehmen, die keine Vorteilskonditionen erhalten haben, profitieren von dieser Regelung, wenn dieselben Kriterien und Gewichtungen, die allenfalls zu höheren Risikoprämien führen als bei anderen Versicherungsnehmern des gleichen Bestandes, auch für die Zuteilung der Überschüsse angewendet werden müssen.

Abs. 4: Mit Inkrafttreten des VAG wurde die Mindestquote auf 90 Prozent festgelegt und blieb seither unverändert. In den letzten sieben Jahren betrug die tatsächliche Ausschüttungsquote zugunsten der Versicherten durchschnittlich 96,2 Prozent.

Unter Auslassung des Krisenjahres 2008, in dem die Ausschüttungsquote weit über 100 Prozent lag, beträgt sie immer noch durchschnittlich 92,1 Prozent. Um den gemachten Erfahrungen Rechnung zu tragen, hat der Bundesrat die Höhe der Mindestquote einer Überprüfung unterzogen (vgl. Ziff. 1.8).

Bei der beruflichen Vorsorge handelt es sich um eine obligatorische Sozialversicherung. Deshalb soll eine Partizipation der Versicherten am Ertrag so weit wie möglich gehen. Wie bereits erwähnt, lag die Ausschüttungsquote in der Vergangenheit bei über 92 Prozent. Ein solcher Satz wäre somit zumindest in der vergangenen Beobachtungsperiode verkraftbar gewesen. Eine tiefere garantierte Entschädigung der Risikoeigner kann mit den durch den vorliegenden Entwurf für die Lebensversicherer gesenkten Risiken gerechtfertigt werden. Aus diesem Grund schlägt der Bundesrat eine Erhöhung der Mindestquote auf 92 Prozent vor.

Mit dieser Erhöhung sinkt der den Lebensversicherern garantierte Höchstanteil, gleichzeitig steigt der Gesamtsaldo (vgl. Ziff. 1.8). Der Gesamtsaldo wird zunächst für die verschiedenen erforderlichen technischen Rückstellungen herangezogen, was der Sicherung des Versicherungssystems dient. Die Erhöhung der Mindestquote stärkt somit das Versicherungssystem als Ganzes.

Die Solvenz der Lebensversicherer wird mit der Erhöhung der Mindestquote nicht gefährdet. Insbesondere der Swiss Solvency Test (SST) dient dazu, die
Entwicklung der finanziellen Lage anhand verschiedener, hauptsächlich ungünstiger Szenarien zu simulieren und die Solvenz zu bestimmen. Der SST beantwortet letztlich die Frage, welche Eigenmittel der Lebensversicherer benötigt, um allen Risiken (mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit) begegnen zu können. Bei den Eigenmitteln handelt es sich um Kapital, das von den Aktionären des Lebensversicherers zur Verfügung gestellt wird. Da es sich bei der Mindestquote um eine Überschussverteilregel und nicht um ein Risiko im eigentlichen Sinne handelt, besteht kein direkter Zusammenhang zwischen der Erhöhung der Mindestquote und der Solvenz der Lebensversicherer. Gemäss Weisungen der FINMA zum SST muss das risikotragende Kapital aus Vermögensteilen bestehen, die marktnah bewertet und tatsächlich verfügbar sind; in der Zukunft liegende hypothetische Gewinne sind nicht zugelassen. Durch die Erhöhung der Mindestquote entsteht somit kein zusätzlicher Bedarf an Eigenmitteln.

Dieser könnte tendenziell sogar sinken, wenn der Lebensversicherer die Erhöhung der Mindestquote dazu nutzt, mehr technische Rückstellungen zu bilden, wozu er die Möglichkeit hat. Der SST trägt nämlich sämtlichen zur Deckung von Risiken verfügbaren Mitteln Rechnung.

202

Da die Mindestquote die Überschussverteilung regelt und kein versicherungstechnisches Risiko darstellt, hat eine Erhöhung derselben keinen Einfluss auf allfällige Quersubventionierungen zwischen dem Spar-, dem Risiko- und dem Kostenprozess.

Die Umverteilung wird im Übrigen mit der Änderung von Absatz 2 Buchstabe b stark reduziert.

Die Erhöhung der Mindestquote hat indes zur Folge, dass der den Lebensversicherern garantierte Höchstanteil sinkt. Es stellt sich also die Frage, ob mit diesem Anteil die von den Aktionären des Lebensversicherers zur Verfügung gestellten Eigenmittel auch in Zukunft angemessen entschädigt werden können. In den letzten Jahren betrug die tatsächliche Ausschüttungsquote zugunsten der Versicherten durchschnittlich mehr als 92 Prozent, obwohl die Mindestquote bei 90 Prozent lag. Das bedeutet, dass ein den Lebensversicherern ausgeschütteter Anteil von maximal 8 Prozent ­ zur späteren Entschädigung der Eigenmittel ­ ausreicht, um die Attraktivität des Geschäfts für die Aktionäre zu wahren. Zu erwähnen ist ausserdem, dass die Vorlage auch Massnahmen beinhaltet, die die Versicherungsrisiken für die Lebensversicherer verringern (Anpassung des Mindestumwandlungssatzes, Einführung einer diesbezüglichen Zusatzprämie und Möglichkeit, diese Prämie von der Freizügigkeitsleistung abzuziehen, Erhöhung des Frauenrentenalters, usw.). Diese Massnahmen werden sich positiv auf die Anwendung des SST auswirken (im Hinblick auf die Beurteilung der Solvabilität) und so die Lebensversicherer und deren Aktionäre entlasten.

Zusammanfassend kann gesagt werden, dass eine Erhöhung der Mindestquote auf 92 Prozent die Versicherten in höherem Mass an den Überschüssen beteiligt und die Sicherheit des Versicherungssystems stärkt, ohne die Solvabilität zu gefährden. Die Erhöhung wird wird auch dazu führen, dass die Versicherungsunternehmen zulasten der Betriebsrechnung mehr Rückstellungen bilden, was zur Folge haben wird, dass sie weniger Solvenzkapital benötigen. Da mit dem Instrument der Mindestquote allfällige Verluste von den Lebensversicherern zu tragen sind, diese aber nur zu einem Teil an den Gewinnen partizipieren, könnten die Lebensversicherer ausserdem geneigt sein, Anlageportefeuilles mit tieferen erwarteten Gewinnen und damit tieferen Risiken zu halten, als wenn sie einen höheren Anteil an den
Gewinnen hätten. Eine Verringerung der Risikoentschädigung könnte deshalb theoretisch Auswirkungen auf die Anlagepolitik der Versicherungsunternehmen haben und dadurch die Ertragspotenziale für die Versicherten verringern. In der Praxis sollte eine angemessene Beteiligung der Versicherten am effektiv erzielten Ertrag, insbesondere unter Berücksichtigung der Auffangregelung in Absatz 4bis E-VAG, den potenziellen künftigen Ertrag jedoch nicht wesentlich beeinträchtigen. Zudem praktizieren die Versicherungsunternehmen bereits heute eine diversifizierte Anlagepolitik und realisieren damit höhere Erträge, als in Modellrechnungen unterstellt wird.

Die Marktstruktur wird sich somit nicht merklich verändern (weniger Wettbewerb oder Systeminstabilität). Aber es folgt einer gewissen Logik, dass eine Investition, die weniger risikoreich geworden ist, tendenziell weniger Gewinn abwirft.

Abs. 4bis: Neu soll der Bundesrat die Kompetenz erhalten, die Mindestquotensätze auf höchstens 90 Prozent zu reduzieren, um das Solvenzkapital der Versicherungsunternehmen zu garantieren Es handelt sich dabei um eine temporäre Massnahme, weshalb sie für maximal drei Jahre vorgesehen werden kann, wobei eine Verlängerung möglich ist. Der Bundesrat darf von seiner Kompetenz jedoch nur Gebrauch machen, wenn die Betriebsergebnisse aller Versicherungsunternehmen insgesamt, während mindestens zwei aufeinanderfolgenden Jahren, negativ ausfielen oder in 203

wirtschaftlich ausserordentlich schwierigen Zeiten. Mit dieser Regelung erhöhen sich in den jeweiligen Jahren die Erträge der Aktionäre von Versicherungsunternehmen. Damit kann sichergestellt werden, dass das Ertragspotenzial der Versicherungsunternehmen, welches durch die Erhöhung der Mindestquote leicht verringert wurde, nicht durch schlechte Jahre für Kapitalanlagen zusätzlich belastet wird.

Art. 38 Abs. 2 Wann ein Missbrauch hinsichtlich der Tarife für Todesfall- und Invaliditätsleistungen (Risikoleistungen) stattfindet, der den Schutz der Versicherten notwendig macht, wird in Absatz 2 neu näher für einen bestimmten Tatbestand präzisiert. Im Rahmen der obligatorischen präventiven Tarifkontrolle hat die FINMA diesen Tatbestand zu überprüfen. Die grundsätzlich freie Prämiengestaltung der Versicherungsunternehmen und die in Absatz 1 festgelegte behördliche Prüfungspflicht auf die Solvenz hin bleiben weiterhin bestehen. Ein besonderer Schutz der Versicherten im Bereich der beruflichen Vorsorge ist im Hinblick auf die soziale Bedeutung notwendig. Überhöhten Risikoprämien steht kein äquivalentes Risiko gegenüber, das vom Lebensversicherer finanziert werden muss. Zudem werden den angeschlossenen Unternehmen, in der Regel KMU, durch die überhöhten Risikoprämien Mittel entzogen, die sie andernfalls produktiv einsetzen könnten. Die vorliegende Formulierung setzt eine Grenze bei Tarifen, die zu Prämien führen, welche doppelt so hoch sind wie der erwartete Schaden, ausgehend von der Schadenstatistik (tatsächlich eingetretene Schäden). Letztere ist nicht nur periodisch zu analysieren, sondern die verwendeten Tarife sind gleichermassen zeitnah der Wirklichkeit anzunähern. Nur so werden Versicherungsunternehmen und Versicherungsnehmer vor Schaden bewahrt und der Versicherungsgedanke aufrecht erhalten.

Diese Bestimmung darf indes nicht dahingehend interpretiert werden, dass Risikoprämien unterhalb des genannten Grenzbetrags weiterhin in jedem Fall zulässig sind. Die FINMA kann selbst in diesen Fällen die Risikoprämien auch künftig als überhöht einstufen, wenn sie es als gerechtfertigt erachtet.

3.16

Bundesgesetz über die Anhebung der Mehrwertsteuersätze für die AHV

Die Änderung des Bundesbeschlusses vom 20. März 1998150 über die Erhöhung der Mehrwertsteuer zugunsten von AHV/IV (nachfolgend: Bundesbeschluss) ist eine Totalrevision. Seit der Totalrevision der Bundesverfassung vom 18. April 1999 ist die Form des Bundesbeschlusses für rechtsetzende Bestimmungen nicht mehr vorgesehen. Aus diesem Grund muss ein neues Bundesgesetz erlassen werden. Dieses befindet sich im Anhang des Bundesgesetzes über die Reform der Altersvorsorge 2020.

Art. 1

Anhebung der Steuersätze

Dieser Artikel unterscheidet sich von Artikel 1 des geltenden Bundesbeschlusses.

Einerseits wurden die Verweise auf die Artikel der Bundesverfassung betreffend die Mehrwertsteuersätze angepasst, weil diese anlässlich der Totalrevision der Bundes150

204

SR 641.203

verfassung geändert wurden. Andererseits betrifft die Anhebung der Mehrwertsteuersätze ausschliesslich die Finanzierung der AHV. Der Bezug zur IV wird aus diesem Grund aufgehoben (vgl. Erläuterungen zu Art. 2).

Art. 2

Verwendung des Ertrags

Im Zuge der Vereinfachung der Zahlungsflüsse vom Bundeshaushalt an die AHV werden der AHV die gesamten Mehrwertsteuererträge aus dieser Anhebung gutgeschrieben. Folglich wird der Bund keinen Anteil (bisher 17 %) dieser Mehrwertsteuererträge mehr erhalten. Im Gegenzug sinkt der Beitrag des Bundes an den AHVAusgaben von 19,55 auf 18 Prozent (vgl. Erläuterungen zu Art. 103 E-AHVG).

Der Bundesbeschluss verlieh dem Bundesrat die Kompetenz, bis zu 10 Prozent des Gesamtertrags aus der Anhebung der Mehrwertsteuersätze zur Finanzierung der IV zu verwenden, und dem Bund davon 37,5 Prozent zur Finanzierung seines Beitrags an die IV gutzuschreiben. Diese Kompetenz wird aufgehoben. Zum einen wurde nie von ihr Gebrauch gemacht. Zum andern verliert die Bestimmung ihre Bedeutung infolge der Vereinfachung der Zahlungsflüsse vom Bundeshaushalt an die AHV sowie infolge der Entflechtung des Bundesbeitrags an die IV, die seit 1. Januar 2014 in Kraft ist. Ohne diese Kompetenz wird auch der Artikel 2 Absatz 4 des Bundesbeschlusses hinfällig. Die Einnahmen aus der Anhebung der Mehrwertsteuersätze werden ausschliesslich der AHV zugewiesen.

Art. 3

Aufhebung eines anderen Erlasses

Da es sich um eine Totalrevision handelt, wird der geltende Bundesbeschluss aufgehoben.

4

Auswirkungen

4.1

Finanzielle Auswirkungen auf die Sozialversicherungen

4.1.1

Auswirkungen auf die AHV

In der nachstehenden Tabelle werden die finanziellen Auswirkungen der Vorlage auf die AHV für das Jahr 2030, zu Preisen von 2014, ausgewiesen. Die Zahlen sind auf 10 Millionen Franken gerundet. Im Anhang (Tabelle 1) findet sich eine zusammenfassende Tabelle mit den zeitlichen Entwicklungen der einzelnen Massnahmen sowie die dazugehörigen Finanzhaushalte (Tabelle 3).

205

Tabelle 4-1 Veränderung der AHV-Rechnung im Jahr 2030 in Millionen Franken zu Preisen von 2014 Massnahme

Veränderung der Ausgaben

Vereinheitlichung des Referenzalters bei 65 Jahren

­1110

100

260

180

Flexibilisierung des Rentenbezugs Vorbezug für tiefe bis mittlere Einkommen Neuregelung von Hinterlassenenrenten

390 ­360

Massnahmen zur Gleichbehandlung im Bereich der AHV-Beiträge

300

Bundesbeitrag infolge Veränderung der Ausgaben Total aus Massnahmen

Veränderung der Einnahmen

­160 ­820

Ertragsanteil aus dem MWST-Demografieprozent an die AHV (17 %)

420 610

Senkung des Bundesbeitrags auf 18 % der Ausgaben

­920

Zusatzfinanzierung (proportionale Erhöhung der MWST um einen Prozentpunkt im Jahr 2019 und um 0,5 Prozentpunkte im Jahr 2027)

5380

Gesamthaft bringen die vorgeschlagenen Massnahmen zum Referenzalter, zum flexiblen Rentenbezug, zu den übrigen Anpassungen im Beitrags- und Leistungsbereich, einschliesslich der Auswirkungen auf den Bundesbeitrag, eine Entlastung der AHV-Rechnung um 1240 Millionen Franken im Jahr 2030. Dies reduziert den Finanzierungsbedarf infolge der demografischen Entwicklung auf 7,0 Milliarden Franken. Die Finanzierungslücke muss mit der vorgeschlagenen Erhöhung der Mehrwertsteuer um 1,5 Prozentpunkte gedeckt werden.

4.1.2

Auswirkungen auf die berufliche Vorsorge

Die Anpassung des Mindestumwandlungssatzes auf 6 Prozent entlastet die Vorsorgeeinrichtungen. So reduziert sich der Bedarf an Deckungskapital zur Finanzierung der künftigen Altersrenten um rund 2 Milliarden Franken bezogen auf das Jahr 2030.

Gleichzeitig wird die Stabilität der beruflichen Vorsorge erhöht.

Die Massnahmen zur Erhaltung der Mindestleistungen nach der Anpassung des Mindestumwandlungssatzes führen zu zusätzlichen Lohnkosten. In der Tabelle werden die höheren Beiträge ausgewiesen, die aufgebracht werden müssen, um das Leistungsniveau zu erhalten. Es handelt sich um die effektiven Kosten aller vorgeschlagenen Massnahmen. Im Falle der Ausgleichsmassnahme für die Übergangsgeneration beträgt die Schätzung 360 Millionen Franken für das Jahr 2030. Allerdings variiert der jährliche Betrag im Laufe der Zeit (vgl. Ziff. 2.2.5).

206

Tabelle 4-2 Effektive Kosten für die berufliche Vorsorge im Jahr 2030 in Millionen Franken zu Preisen von 2014 Massnahme

Effektive Kosten

Massnahmen zum Ausgleich der Anpassung des Mindestumwandlungssatzes auf 6 Prozent ­ langfristige Ausgleichsmassnahmen (Verzicht auf den Koordinationsabzug und Anpassung der Altersgutschriftensätze)

2350

­ Ausgleichsmassnahme für die Übergangsgeneration

360

Herabsetzung der Eintrittsschwelle

370

Total

3080

4.1.3

Auswirkungen auf die Invalidenversicherung

Auf die Invalidenversicherung wirkt sich die Vorlage hauptsächlich durch zusätzliche Ausgaben infolge der Erhöhung des Referenzalters für den Rentenbezug der Frauen auf 65 Jahre aus. Im Jahr 2030 werden die Mehrausgaben (Ausrichtung der IV-Renten und der Hilflosenentschädigungen) 130 Millionen Franken betragen, während die Vereinheitlichung des Referenzalters bei 65 Jahren, die Flexibilisierung des Rentenbezugs und die abnehmende Beitragsskala für Selbstständigerwerbende zusätzliche Beitragseinnahmen von 70 Millionen Franken einbringen. Insgesamt belaufen sich die Mehrausgaben somit auf 60 Millionen Franken. Dadurch könnte sich der Zeitpunkt der Entschuldung beim AHV-Fonds etwas verzögern.

4.1.4

Auswirkungen auf die Ergänzungsleistungen

Für die Ergänzungsleistungen hat die Vorlage mehrere Konsequenzen. Zum einen resultiert aus den Änderungen im Bereich des flexiblen Altersrücktritts (flexiblerer Zugang zu den Ergänzungsleistungen) eine marginale Erhöhung der Ausgaben für die Ergänzungsleistungen (EL), weil die Anzahl der Begünstigten im Rentenalter (3 % der Neurentnerinnen und Neurentner) gering ist. Zum anderen führen die Erhöhung des Rentenalters für Frauen auf 65 Jahre, die Neugestaltung der Hinterlassenenrenten, die Aufhebung der Beitragspflicht an die Sozialversicherungen im Falle eines Rentenvorbezugs sowie in geringerem Ausmass auch der Vorbezug für Personen mit niedrigem und mittlerem Einkommen zu einem Ausgabenrückgang von rund 70 Millionen Franken. Für den Fall, dass die automatischen Massnahmen des Interventionsmechanismus ausgelöst werden müssten, würden sich die Ausgaben durch die Änderung der AHV-Rentenanpassung an die Lohn- und Preisentwicklung erhöhen. Die Auswirkungen lassen sich jedoch nicht beziffern, da es nicht möglich ist vorauszusagen, ob und wann der Interventionsmechanismus ausgelöst wird.

Die Verbesserungen der beruflichen Vorsorge werden indes einen positiven Effekt auf die Ergänzungsleistungen haben, da die Alters- und Invalidenrenten verbessert 207

werden. Die Verbesserung bei den BVG-Altersrenten wird Zeit in Anspruch nehmen, da die Bildung von Altersguthaben entsprechend Zeit bedarf. Die Verbesserung bei den Invalidenrenten erfolgt für Neurenten sofort nach Inkrafttreten des Bundesgesetzes über die Reform der Altersvorsorge 2020; die Minderausgaben bei den Ergänzungsleistungen zur IV dürften rund 10 Millionen Franken pro Jahr betragen. Hochgerechnet auf die Jahre 2019­2030 beläuft sich die Ausgabenreduktion auf rund 90 Millionen Franken.

Insgesamt dürfte die Vorlage die EL im Jahr 2030 um rund 160 Millionen Franken entlasten, davon 100 Millionen Franken zugunsten der Kantone und 60 Millionen zugunsten des Bundes.

4.1.5

Auswirkungen auf die Arbeitslosenversicherung

Die Erhöhung des Referenzalters der Frauen von 64 auf 65 Jahre zieht eine um ein Jahr längere Taggeld-Bezugsdauer für Frauen sowie zusätzliche Beitragseinnahmen nach sich. Durch die längere Bezugsdauer für Frauen entsteht für die Arbeitslosenversicherung eine Mehrbelastung in der Grössenordnung von 50 Millionen Franken jährlich. Weitere indirekte (positive oder negative) Auswirkungen können sich namentlich aus den Koordinationsbestimmungen zum flexiblen Rentenbezug ergeben (vgl. Ziff. 2.1.3.9).

4.1.6

Auswirkungen auf die Unfall- und die Militärversicherung sowie den Erwerbsersatz für Dienstleistende und bei Mutterschaft

Die finanziellen Auswirkungen stehen im Zusammenhang mit der Erhöhung des Referenzalters der Frauen auf 65 Jahre und der Neuregelung im Bereich der AHVHinterlassenenrenten infolge Überentschädigung. Sie sind jedoch marginal. In bestimmten Überentschädigungssituationen könnte es vorkommen, dass die Unfallversicherung aufgrund der Kürzung der Witwen- oder Witwerrente höhere Renten leisten muss. Dieser Effekt wird jedoch durch die gleichzeitige Erhöhung der Waisenrenten ausgeglichen. Der Aufwand für Hinterlassenenrenten würde sich um weniger als 1 Prozent erhöhen, der Prämienbedarf um weniger als 1 Promille. Auf die Militärversicherung hat die Reform keine finanziellen Auswirkungen, da die Überentschädigungsgrenze höher ist als in der Unfallversicherung (Art. 56 MVG) und die Leistungen der Militärversicherung in ihrer Höhe stark begrenzt sind. Die Erhöhung des Referenzalters der Frauen auf 65 Jahre spielt in der Militärversicherung praktisch keine Rolle, da die dienstleistenden Frauen nur 0,02 Prozent des gesamten Bestandes ausmachen. Auch die Auswirkungen auf die Unfallversicherung sind minim. Der Erwerbsersatz für Dienstleistende und bei Mutterschaft wird nur von den beitragsseitigen Massnahmen beeinflusst (Aufhebung des Freibeitrags für erwerbstätige Altersrentnerinnen und -rentner, Gleichbehandlung von Selbstständigerwerbenden und Arbeitnehmenden, Erhöhung des Referenzalters). Die daraus resultierenden Mehreinnahmen aus den Beiträgen werden auf 28 Millionen Franken pro Jahr geschätzt.

208

4.2

Auswirkungen auf den Bund

Die Auswirkungen der Vorlage auf den Bund ergeben sich im Wesentlichen durch die Neuordnung des Bundesbeitrages an die AHV und die anderen Sozialversicherungen, die Erhöhung der Mehrwertsteuer und die verschiedenen Massnahmen zur direkten Bundessteuer.

Neuordnung des Bundesbeitrags an die AHV Die Finanzierungsmassnahmen, insbesondere die Neuordnung des Bundesbeitrags an die Versicherung, haben einen direkten Einfluss auf den Bundeshaushalt (vgl.

Ziff. 2.5.3). Die Reduktion des Beitragssatzes von 19,55 % auf 18,0 % der Ausgaben entspricht im Jahr 2030 einer Einsparung von 920 Millionen Franken beim Bund.

Umgekehrt bewirkt die Abtretung der 17 % des Demografieprozents an die AHV, welche heute in die Bundeskasse fliessen, beim Bund einen Einnahmeausfall von 610 Millionen Franken im gleichen Jahr. Die Ausgabenreduktion durch leistungsseitige Massnahmen der Reform zieht zudem eine Senkung des Bundesbeitrags an die AHV um weitere 160 Millionen Franken im Jahr 2030 nach sich. Im Vergleich zur geltenden Ordnung fällt im Jahr 2030 der Bundesbeitrag an die AHV insgesamt um 470 Millionen Franken tiefer aus.

Die demografische Entwicklung ist nicht nur für die AHV, sondern auch für den Bundeshaushalt mit einer Mehrbelastung verbunden. Letzterer bestreitet gemäss geltender Ordnung mit dem Bundesbeitrag knapp einen Fünftel der AHV-Ausgaben.

Weil der AHV-Beitrag innerhalb des Bundeshaushalts überproportional stark steigt, werden ­ ohne entsprechende Mehreinnahmen ­ laufend andere Bundesausgaben verdrängt. Der neue Finanzierungsmechanismus schwächt diesen Effekt etwas ab.

Der Verdrängungseffekt, der ausgehend vom geltenden Bundesbeitrag von 19,55 Prozent der AHV-Ausgaben im Jahr 2030 rund 1,7 Milliarden Franken betragen hätte, kann auf 1,4 Milliarden Franken gesenkt werden.

Beiträge des Bundes an die übrigen Sozialversicherungen Die Auswirkungen auf den Bund im Rahmen der Finanzierung der Ergänzungsleistungen werden in einem eigenen Kapitel dargelegt (vgl. Ziff. 4.1.4). Der Beitrag des Bundes an die Invalidenversicherung richtet sich nach der Entwicklung der Mehrwertsteuer, wobei die Auswirkungen von Satzänderungen nicht berücksichtigt werden. Er ist daher von dieser Vorlage nicht betroffen. Bei der Arbeitslosenversicherung beträgt der Bundesbeitrag 0,159 Prozent der beitragspflichtigen Lohnsumme. Führt die
Erhöhung der Mehrwertsteuer zu steigenden Löhnen, so schlägt sich das auch im Bundesbeitrag nieder. Im Bereich der Krankenversicherung bezahlt der Bund schliesslich einen Beitrag im Umfang von 7,5 Prozent der Bruttogesundheitskosten an die Individuelle Prämienverbilligung. Zwar sind heute grosse Teile des Gesundheitswesens von der Mehrwertsteuerpflicht befreit. Auf gewissen Leistungen und Vorleistungen wird jedoch der volle Mehrwertsteuersatz erhoben, auf Medikamenten der reduzierte Satz. Daher wären auch die Gesundheitskosten im Bereich der obligatorischen Krankenversicherung von einer Mehrwertsteuerhöhung betroffen und entsprechend würde der Prämienverbilligungsbeitrag des Bundes um schätzungsweise 25 Millionen Franken steigen.

209

Mehrwertsteuer Die Erhöhung der Mehrwertsteuer für die AHV führt im Bundeshaushalt zu einer haushaltneutralen Erhöhung der Einnahmen und Ausgaben um je rund 3,2 Milliarden Franken (1 MWST-Prozentpunkt) im Jahr 2020 beziehungsweise 5,4 Milliarden Franken (1,5 MWST-Prozentpunkte) im Jahr 2030. Der Bund ist von der Erhöhung der Steuersätze für seinen Konsum sowie seine Investitionen in gleichem Masse betroffen wie die Haushalte.

Bei von der Mehrwertsteuer ausgenommenen Leistungen kann der Bund die Mehrwertsteuer, die auf ihren Vorleistungen lastet, nicht als Vorsteuer in Abzug bringen.

Er ist somit mit einer Schattensteuer belastet. Diese Belastung würde durch die Erhöhung der Mehrwertsteuersätze zunehmen. Gemäss Schätzungen der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) dürfte eine proportionale Mehrwertsteuererhöhung um einen Prozentpunkt für den Bund beim Bezug von Gütern und Dienstleistungen zu Mehrausgaben von 70 bis 75 Millionen Franken führen.

Für den Bund als Arbeitgeber können mittelfristig die Lohnkosten ansteigen. Die Mehrwertsteueranhebung erhöht den Landesindex der Konsumentenpreise (LIK), welcher im Rahmen der Lohnpolitik des Bundes das Lohnwachstum beeinflussen kann (vgl. Ziff. 4.6.1). Die Anhebung der Mehrwertsteuer schlägt dabei jedoch nicht vollständig auf den LIK durch. Die Teuerung wiederum ist nur einer von verschiedenen Einflussfaktoren bei der Lohnentwicklung des Bundes. Der Einfluss dieses Mechanismus dürfte daher nicht übermässig hoch ausfallen.

Da die AHV-Renten an die Preis- und Lohnentwicklung angepasst werden, dürfte die Mehrwertsteuererhöhung auch zu einem Anstieg der AHV-Ausgaben führen.

Weil sich der Bundesbeitrag an die AHV auch künftig an der Ausgabenentwicklung der AHV orientieren soll (vgl. Ziff. 2.5.3), trägt der Bundeshaushalt diesen Zuwachs mit.

Die dämpfende Wirkung der Steuererhöhung auf das Wirtschaftswachstum dürfte sich zudem auf die Einnahmen des Bundes auswirken. Gemäss verschiedenen Schätzungen dürften die Steuereinnahmen etwa im gleichen Verhältnis zurückgehen wie sich das Wirtschaftswachstum abschwächt.151 Massnahmen im Bereich der beruflichen Vorsorge Der Bund als Arbeitgeber ist vom Verzicht auf den Koordinationsabzug, von den angepassten Altersgutschriftensätzen sowie der tieferen Eintrittsschwelle ebenfalls betroffen. Die effektiven zusätzlichen
Kosten dürften sich jedoch in Grenzen halten, da das Reglement der Vorsorgeeinrichtung des Bundes (Publica) in diesen Punkten bereits über das BVG-Minimum hinausgeht.

Angleichung des Referenzalters und Flexibilisierung des Rentenbezugs Der Bund als Arbeitgeber ist von der Angleichung des Referenzalters und der Flexibilisierung des Rentenbezugs ebenfalls betroffen (vgl. Ziff. 4.6.3). Die Angleichung des Referenzalters wirkt sich insbesondere auf die Steuereinnahmen aus (siehe folgenden Abschnitt). Die finanziellen Auswirkungen der Flexibilisierungsmöglichkeiten können jedoch kaum beziffert werden, da sie unter anderem davon abhängen, in welchem Ausmass Personen, welche diese Möglichkeit haben, davon Gebrauch machen werden.

151

210

Eine Analyse der Einnahmenschwankungen, Working Paper 7/2003, EFV, Bern, 2003.

Direkte Bundessteuer Durch die Anhebung des Mindestalters für den Bezug von Altersleistungen in der beruflichen Vorsorge von 58 auf 62 und der Erhöhung des Referenzalters der Frauen auf 65 Jahre verlängert sich bei den Personen, die aufgrund dieser Regelungen später aus dem Erwerbsleben zurücktreten, die Lohnbezugsphase. Dies führt zu einer Erhöhung des steuerbaren Nettoeinkommens und damit zu Zusatzeinnahmen beim Bund. Gemäss Schätzungen der ESTV resultieren für den Bund aus diesen Massnahmen Mehreinnahmen von insgesamt 27 Millionen Franken pro Jahr (bezogen auf das Referenzjahr 2011).

Die weiteren Massnahmen der 2. Säule (Anpassung der Altersgutschriftensätze, Verzicht auf den Koordinationsabzug) führen zu einer Verminderung des steuerbaren Einkommens. Daraus resultieren Mindereinnahmen von jährlich ca. 74 Millionen Franken. Die Herabsetzung der Eintrittsschwelle hat vernachlässigbare Folgen für die Steuereinnahmen des Bundes.

Durch die Gleichbehandlung von Selbstständigerwerbenden und Arbeitnehmenden bei den AHV-Beiträgen sinken die Nettolöhne der Selbstständigerwerbenden, was die Steuereinnahmen um weitere ca. 8 Millionen Franken senkt.

Tabelle 4-3 Finanzielle Auswirkungen einzelner Massnahmen auf die direkte Bundessteuer Massnahme

Finanzielle Auswirkungen (Mio. Fr.)

Anhebung des Mindestrentenalters in der beruflichen Vorsorge von 58 auf 62 Jahre

+17

Erhöhung des Referenzalters der Frauen auf 65 Jahre

+10

Verzicht auf den Koordinationsabzug; Anpassung der Altersgutschriftensätze in der beruflichen Vorsorge

­74

Gleichbehandlung von Selbstständigerwerbenden und Arbeitnehmenden bei den AHV-Beiträgen

­8

Total direkte Bundessteuer vor Abzug Kantonsanteil Abzüglich Kantonsanteil an der direkten Bundessteuer (17 %) Total direkte Bundessteuer nach Abzug Kantonsanteil

4.3

­55 11 ­44

Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden

Die Auswirkungen auf die Kantone und Gemeinden in ihrer Funktion als Konsumenten, Investoren und Arbeitgeber entsprechen grundsätzlich den Folgen für den Bund (vgl. Ziff. 4.2). Es wird daher auf das vorangehende Kapitel verwiesen. Die konkreten finanziellen Folgen für die Kantone und Gemeinden fallen insbesondere im Steuerbereich höher aus als beim Bund. Bei den Beiträgen an die Sozialversicherungen hängen die finanziellen Folgen von der konkreten Beteiligung ab.

211

Beiträge an Sozialversicherungen An der Finanzierung der AHV sind die Kantone seit der Neugestaltung des Finanzausgleichs und der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen (NFA, in Kraft seit 1. Januar 2008) nicht mehr beteiligt und tragen somit keine Auswirkungen. Die Auswirkungen auf die Kantone bei den Ergänzungsleistungen werden im entsprechenden Kapitel behandelt (vgl. Ziff. 4.1.4). Die Prämien der Krankenversicherung von Kindern und jungen Erwachsenen in Ausbildung werden von den Kantonen für untere und mittlere Einkommen um mindestens 50 Prozent verbilligt. Eine Mehrwertsteuererhöhung wird diesen Beitrag dann erhöhen, wenn sich die höheren Preise beispielsweise für medizinische Güter auf die Höhe der Prämien durchschlagen.

Führt die Erhöhung der Mehrwertsteuer jedoch zu steigenden Löhnen, kann sich das in einer kleineren Anzahl betroffener Personen niederschlagen und die Ausgaben der Kantone wiederum etwas dämpfen.

Mehrwertsteuer Bei einer proportionalen Mehrwertsteuererhöhung um einen Prozentpunkt würde die «Schattensteuer» für Kantone und Bund schätzungsweise rund 210 Millionen Franken betragen.

Einkommenssteuern Die Massnahmen dieser Vorlage haben für die Kantone und Gemeinden bezüglich der Einkommenssteuern analoge Auswirkungen wie für den Bund. Für die finanziellen Auswirkungen auf die Kantone und Gemeinden wird ein Standardfaktor verwendet: 300 Prozent der Mehreinnahmen bzw. Mindereinnahmen der direkten Bundessteuer.

Tabelle 4-4 Finanzielle Auswirkungen einzelner Massnahmen auf die Einkommenssteuern der Kantone und Gemeinden Massnahme

Anhebung des Mindestalters für den Bezug von Altersleistungen in der beruflichen Vorsorge von 58 auf 62 Jahre Erhöhung des Referenzalters der Frauen auf 65 Jahre Verzicht auf den Koordinationsabzug und Anpassung der Altersgutschriftensätze in der beruflichen Vorsorge Gleichbehandlung von Selbstständigerwerbenden und Arbeitnehmenden bei den AHV-Beiträgen Total Zuzüglich Kantonsanteil an der direkten Bundessteuer (17 %) Total einschliesslich Kantonsanteil an der direkten Bundessteuer

212

Finanzielle Auswirkungen in Mio. Fr.

+51 +30 ­222 ­24 ­165 ­11 ­176

4.4

Auswirkungen auf die Sozialhilfe

Die Vorlage dürfte in der Sozialhilfe keine Mehrausgaben generieren. Diese kommt beim Übertritt in den Ruhestand nur sehr selten zum Tragen. Durch die Flexibilisierung des Rentenbezugs ist sogar mit einer Entlastung zu rechnen. Die Aufhebung der Witwenrente für kinderlose Frauen könnte jedoch bei prekären finanziellen Verhältnissen zur Abhängigkeit von der Sozialhilfe führen. Die finanziellen Auswirkungen lassen sich jedoch nicht einschätzen.

4.5

Auswirkungen auf die versicherten Personen

Mit Hilfe von theoretischen Modellen können die AHV- und BVG-Renten beim Altersrücktritt berechnet werden. Damit ist es auch möglich, das Verhältnis zwischen den einzelnen Renten oder dem Total der AHV- und BVG-Renten und dem letzten Lohn zu ermitteln (sog. Ersatzquote). In den folgenden Grafiken werden die Ersatzquoten von zwei Generationen ausgewiesen. Die Grafiken zeigen ­ für verschiedene Lohnniveaus ­ die AHV-Altersrente (ohne Erziehungs- oder Betreuungsgutschriften und ohne Splitting) und die BVG-Altersrente (nur gesetzliche Minimalvorsorge ohne Überobligatorium) eines Musterversicherten im Zeitpunkt der Pensionierung (im Referenzalter 65) im Verhältnis zum AHV-Lohn ein Jahr davor.

Dabei wird angenommen, dass die Entwicklung des AHV-Jahreslohnes dieses Musterversicherten in allen 45 Berufsjahren (von Alter 21 bis 65) mit der allgemeinen Nominallohnentwicklung gemäss Nominallohnindex SLI übereinstimmt (damit wird auch implizit eine volle und ununterbrochene Erwerbskarriere unterstellt). Die horizontale Achse definiert die verschiedenen Lohnniveaus, und zwar normiert auf das Jahr 2014. Dieser Wert entspricht also dem AHV-Jahreslohn des Musterversicherten im Jahr 2014.

Die Grafik 4-1 zeigt, dass der Verzicht auf den Koordinationsabzug und die Anpassung der Altersgutschriftensätze im BVG bereits etwa zehn Jahre nach Inkrafttreten des Bundesgesetzes über die Reform der Altersvorsorge 2020 eine Verbesserung der BVG-Altersrente für Versicherte mit einem Jahreslohn unter 50 000 Franken bewirkt. Für Versicherte mit höheren Einkommen reichen die langfristigen Ausgleichsmassnahmen dann jedoch noch nicht aus, um die Anpassung des Mindestumwandlungssatzes vollständig zu kompensieren. Deshalb werden diese Personen von der Ausgleichsmassnahme für die Übergangsgeneration profitieren können, womit sicherstellt wird, dass die Ersatzquote mit der Reform nie tiefer ist als ohne Reform.

213

Grafik 4-1 Ersatzquoten im Jahr 2030 für Neurentner/innen mit Jahrgang 1965 90% Total mit Reform BVG mit Reform AHV

80% 70%

Total ohne Reform BVG ohne Reform

60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% 20 000

30 000

40 000

50 000

60 000

70 000

80 000

90 000

100 000

AHV-Jahreslohn (Lohnniveau 2014)

Versicherte, die nach 2045 in Pension gehen werden, werden nicht mehr von der Ausgleichsmassnahme für die Übergangsgeneration profitieren können, da sie bei Inkrafttreten des Bundesgesetzes über die Reform der Altersvorsorge 2020 jünger als 40 Jahre sein werden. Die dargestellten Ersatzquoten für das Jahr 2045 zeigen aber, dass die langfristigen Ausgleichsmassnahmen (Verzicht auf den Koordinationsabzug und Anpassung der Altersgutschriftensätze) dann bereits die Anpassung des Mindestumwandlungssatzes ­ auch bei höheren Einkommen ­ fast vollständig zu kompensieren vermögen.

Grafik 4-2 Ersatzquoten im Jahr 2045 für Neurentner/innen mit Jahrgang 1980 90% Total mit Reform BVG mit Reform AHV

80% 70%

Total ohne Reform BVG ohne Reform

60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% 20 000

30 000

40 000

50 000

60 000

70 000

AHV-Jahreslohn (Lohnniveau 2014)

214

80 000

90 000

100 000

Die Ersatzquoten sind für eine einzelne Person und verschiedene Lohnniveaus ausgewiesen unter der Annahme, dass diese Person während ihrer ganzen Erwerbskarriere zum gleichen Lohnniveau versichert war. Ersatzquoten für sehr tiefe Löhne sind somit nicht vorbehaltlos interpretierbar, weil sie per se nicht zum Bestreiten des Lebensunterhalts ausreichen dürften. Diese Ersatzquoten sind daher auch nicht mit den Ersatzquoten bei höheren Einkommen vergleichbar, weil der Jahreslohn in diesen Fällen nicht als durchschnittliches Lebens-Einkommen einer Einzelperson interpretiert werden kann.

4.6

Wirtschaftliche Auswirkungen

4.6.1

Zusatzfinanzierung über die Mehrwertsteuer

Die Erhöhung der Mehrwertsteuer um 1,5 Prozentpunkte in zwei Schritten wird überwiegend Rückwirkungen auf das Preisniveau und die Kaufkraft der Haushalte haben. Der Preisanstieg und die geringere Kaufkraft werden den Konsum vorübergehend bremsen und somit die Arbeitsnachfrage und das Wirtschaftswachstum leicht reduzieren. Dank verschiedener Anpassungsmechanismen im Bereich der Löhne und der Preise, die von dieser Verlangsamung ausgelöst werden, sollte die Wirtschaft aber schnell wieder zum langfristigen Wachstum vor der Mehrwertsteuererhöhung zurückfinden.

Preisniveau und Kaufkraft Eine Erhöhung der Mehrwertsteuer können die Unternehmen im Regelfall auf die Endkonsumenten überwälzen, woraus eine Verteuerung der Preise für Waren und Dienstleistungen resultiert. Es ist denkbar, dass Unternehmen unmittelbar nach den politischen Beschlüssen beginnen, allmählich ihre Preise zu erhöhen, bis die Mehrwertsteuer für sie ganz oder teilweise kompensiert ist. Erfahrungen aus der Vergangenheit und aus anderen Ländern zeigen jedoch, dass die Unternehmen eine Mehrwertsteuererhöhung über verschiedene Wege an die Kundinnen und Kunden weitergeben. Sie können beispielsweise die Erhöhung nur teilweise auf die Preise überwälzen und den übrigen Mehraufwand intern zu kompensieren versuchen oder die Erhöhung über einen längeren Zeitraum und schrittweise an die Konsumentinnen und Konsumenten weitergeben. Die Erhöhung der Mehrwertsteuer wirkt sich folglich in der Regel nicht vollständig und nicht von heute auf morgen auf die Preise aus.

In der Schweiz zeigte sich bei der Einführung der Mehrwertsteuer 1995 und der Steuersatzerhöhung per 1. Januar 1999 zugunsten der AHV eine Überwälzung der Steuermehrbelastungen auf die Konsumentinnen und Konsumenten von 85 Prozent (1995) und 65 Prozent (1999).152 Anhand der verfügbaren Informationen berechnete das BFS im Vorfeld der befristeten Mehrwertsteuererhöhung um 0,4 Prozentpunkte zur Finanzierung der IV, dass diese Erhöhung einen maximalen potenziellen Effekt von 0,2 Prozent auf den Landesindex der Konsumentenpreise (LIK) haben dürfte.

Diese Unterschiede bei den konkreten Auswirkungen haben mehrere Gründe (u.a.

Betrag der Mehrwertsteuererhöhung, Konjunkturlage, Wettbewerbsstärke der Unternehmen, Preiserhöhungsmethode). Ein genauer Effekt der nächsten Mehrwert152

Vgl. Botschaft vom 25. Juni 2008 zur Vereinfachung der Mehrwertsteuer, BBl 2008 6885, hier 7093 ff..

215

steuererhöhung auf den LIK kann anhand der verfügbaren empirischen Daten somit nicht schlüssig prognostiziert werden.

Mit Sicherheit zieht die Mehrwertsteuererhöhung jedoch höhere Preise und kurzfristig eine schwächere Gesamtnachfrage nach sich. Der Konsum der Haushalte wird abnehmen und die Investitionen der Unternehmen werden zurückgehen. Die Vorankündigung von Mehrwertsteuererhöhungen bewirkt jedoch oft einen verstärkten Konsum vor der Einführung des neuen Steuersatzes. Da die Konsumentinnen und Konsumenten wissen, dass sich das Preisniveau erhöht, ist es vor der Steuererhöhung attraktiver, mehr zu konsumieren als zu sparen. Nach der Mehrwertsteuererhöhung dürfte dann die beschriebene Abschwächung des Konsums zu erwarten sein, gleichsam um den zuvor generierten zusätzlichen Konsum und das durch die erhöhte Mehrwertsteuer leicht reduzierte Konsumbudget zu kompensieren.

Der zu erwartende Anstieg des LIK könnte weitere Mechanismen in Gang setzen: ­

Einerseits wird der LIK zum Teil bei Lohnverhandlungen herangezogen, um eine Vergleichsbasis für den Teuerungsausgleich zu haben. Ein steigender LIK dürfte somit mittelfristig höhere Lohnforderungen nach sich ziehen, und das nominale Lohnniveau könnte steigen.

­

Die Anpassungsmechanismen für wesentliche Leistungen der Sozialversicherungen sind an den Preisindex gekoppelt, entweder direkt oder in Form des Rentenindexes (der zusätzlich die Preis- und die Lohnentwicklung berücksichtigt). In beiden Fällen würde der Anstieg des LIK eine nominale Erhöhung der Leistungen dieser Sozialversicherungen nach sich ziehen.

Gemäss einer Modellierung des BAK Basel könnte eine Erhöhung der Mehrwertsteuer um 1 Prozentpunkt langfristig einen Rückgang des Konsumniveaus um ca. 0,5 Prozent verursachen153.

Unternehmen und Wettbewerbsfähigkeit Wegen der Möglichkeit, die Mehrwertsteuer auf die Endkonsumentinnen und -konsumenten zu überwälzen, ergibt sich aus der Erhöhung der Sätze keine unmittelbare Belastung der Produktionskosten. Da die importierten Güter und Dienstleistungen MWST-pflichtig sind, die exportierten hingegen nicht, wird die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Unternehmen durch die Erhöhung der Mehrwertsteuer weder auf dem Exportmarkt noch auf dem Binnenmarkt direkt tangiert.

Wie erwähnt könnte die Inflation infolge der Mehrwertsteuererhöhung höhere Lohnforderungen nach sich ziehen. Schon ein leichter Anstieg der Arbeitskosten würde die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Unternehmen schwächen. Bei den Unternehmen in Branchen mit starker Konkurrenz, die ihre Preise nicht erhöhen können, würde durch die allmählichen Auswirkungen der Mehrwertsteuererhöhung auf die Lohnkosten ein erhöhter Druck auf die Margen entstehen.

Unternehmen, die von der Mehrwertsteuer ausgenommene Leistungen erbringen, und Unternehmen, die wegen zu geringen Umsätzen nicht steuerpflichtig werden, können die Mehrwertsteuer, die auf ihren Vorleistungen lastet, nicht als Vorsteuer in Abzug bringen. Sie sind somit mit einer Schattensteuer (taxe occulte) belastet. Diese Belastung würde durch die Erhöhung der Mehrwertsteuersätze zunehmen. Bei einer 153

216

Müller, U. et al. (2012): Babyboom-Generation und AHV 2010-2060, Beiträge zur Sozialen Sicherheit, Forschungsbericht Nr. 9/12, Bern.

proportionalen Mehrwertsteuererhöhung um einen Prozentpunkt würde die Schattensteuer für die Bereiche Ausbildung, Gesundheit, Sport und Kultur nach Schätzungen der ESTV rund 200 Millionen Franken betragen (privater und öffentlicher Sektor zusammengenommen).

Ferner fallen bei den mehrwertsteuerpflichtigen Unternehmen und der Steuerverwaltung Kosten für die Umsetzung an (z.B. Informatikkosten). Eine Schätzung der ESTV beziffert diese Kosten auf rund 150­200 Millionen Franken für jede umzusetzende Mehrwertsteuererhöhung.

Wirtschaftswachstum Durch die tiefere Kaufkraft der Haushalte infolge der Mehrwertsteuererhöhung wird die Nachfrage insgesamt abnehmen. Die Auswirkungen auf die Wirtschaftstätigkeit in der Schweiz werden jedoch auf zwei Arten abgeschwächt. Zum einen wird die Nachfrage nach importierten Waren und Dienstleistungen durch die tiefere Kaufkraft teilweise sinken, wodurch die Wirtschaftstätigkeit in der Schweiz nicht berührt wird. Zum anderen ist es möglich, dass die Haushalte weniger sparen, um ihren Konsum auf dem gleichen Niveau zu halten. Im Endeffekt dürfte sich das Wirtschaftswachstum kurzfristig leicht verlangsamen, was sich auf die Beschäftigung und die Arbeitslosigkeit in den Jahren unmittelbar nach der Erhöhung der Mehrwertsteuer auswirkt. Das Wirtschaftswachstum dürfte sich zudem aufgrund verschiedener Anpassungsmechanismen nur temporär reduzieren und das Wachstumspotenzial der Wirtschaft nicht beeinträchtigen. Dies liegt daran, dass die Lohn- und Preisentwicklung nach einer anfänglichen Erhöhung infolge der schwächeren Dynamik von Arbeitsmarkt und Konsum zurückgeht. Gemäss Modellierungen im Hinblick auf die 11. AHV-Revision154 und von BAK Basel155 sollte der langfristige Wachstumspfad aufgrund der minimalen Erhöhung der Mehrwertsteuer aber nicht tangiert werden.

Lediglich das Niveau des BIP dürfte insgesamt um zirka 0,5 Prozent sinken, und die Beschäftigung könnte leicht zurückgehen.

Die Mehrwertsteuer in der EU In den vergangenen Jahrzehnten führten immer mehr Länder eine Mehrwertsteuer ein. Auch stiegen die Steuersätze im Laufe der Jahre. Die Schweiz weist mit 8 Prozent im Vergleich zu den Ländern der EU den weitaus niedrigsten Normalsatz auf. In den betrachteten Ländern findet sich 2014 kein Normalsatz unter 15 Prozent.

Die höchsten Mehrwertsteuersätze finden sich in
Ungarn mit 27 Prozent sowie in Schweden und Dänemark mit 25 Prozent. Die nachfolgende Tabelle 4-5156 zeigt eine Übersicht über die Mitte 2014 gültigen Mehrwertsteuersätze in der EU:

154 155

Botschaft zur 11. AHV-Revision, BBl 2000 1865.

Vgl. z.B. Müller, U. et al. (2012): Babyboom-Generation und AHV 2010-2060, Beiträge zur Sozialen Sicherheit, Forschungsbericht Nr. 9/12, Bern 156 Europäische Kommission: Die Mehrwertsteuersätze in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union, Juli 2014.

217

Tabelle 4-5 Mehrwertsteuersätze im Vergleich mit der EU

Belgien Bulgarien Tschechische Republik Dänemark Deutschland Estland Griechenland Spanien Frankreich Kroatien Irland Italien Zypern Lettland Litauen Luxemburg Ungarn Malta Niederlande Österreich Polen Portugal Rumänien Slowenien Slowakei Finnland Schweden Grossbritannien Schweiz

Eingeführt

1976

1996

2006

2014

Reduzierte Sätze bzw.Sondersätze

1971 1994 1993

18,0 ­ ­

21,0 22,0 22,0

21,0 20,0 19,0

21,0 20,0 21,0

6,0/12,0 9,0 15,0

1967 1968 1991 1987 1986 1968 1998 1972 1973 1992 1995 1994 1970 1988 1995 1969 1973 1993 1986 1993 1999 1993 1994 1969 1973 1995

15,0 11,0 ­ ­ ­ 20,0 ­ 20,0 12,0 ­ ­ ­ 10,0 ­ ­ 18,0 18,0 ­ ­ ­ ­ ­ ­ 17,7 8,0 ­

25,0 15,0 18,0 18,0 16,0 20,6 ­ 21,0 19,0 8,0 18,0 18,0 15,0 25,0 15,0 17,5 20,0 22,0 17,0 18,0 ­ 23,0 22,0 25,0 17,5 6,5

25,0 16,0 18,0 19,0 16,0 19,6 22,0 21,0 20,0 15,0 21,0 18,0 15,0 20,0 18,0 19,0 20,0 22,0 21,0 19,0 20,0 19,0 22,0 25,0 17,5 7,6

25,0 19,0 20,0 23,0 21,0 20,0 25,0 23,0 22,0 19,0 21,0 21,0 15,0 27,0 18,0 21,0 20,0 23,0 23,0 24,0 22,0 20,0 24,0 25,0 20,0 8,0

7,0 9,0 6,5/13,0 4,0/10,0 2,1/5,5/10,0 5,0/13,0 4,8/9,0/13,5 4,0/10,0 5,0/9,0 12,0 5,0/9,0 3,0/6,0/12,0 5,0/18,0 5,0/7,0 6,0 10,0/12,0 5,0/8,0 6,0/13,0 5,0/9,0 9,5 10,0 10,0/14,0 6,0/12,0 5,0 2,5/3,8

Die Idee, Mehrwertsteuerpunkte für die Altersvorsorge einzusetzen, wurde in der Vergangenheit bereits in mehreren Ländern verfolgt, so z.B. in Dänemark (1987), der Schweiz (1999), Deutschland (2007), Ungarn (2009) und Frankreich (2014). Ein wichtiges Argument dafür war die Entlastung der Lohnnebenkosten.

Bilanz Im Allgemeinen stellt der Konsum eine breite und stabile Besteuerungsgrundlage dar, was der Mehrwertsteuer ein hohes Einnahmepotenzial ohne starke ökonomische Verzerrungen ermöglicht. Die in der Wirtschaftsliteratur verfügbaren Ergebnisse lassen sich nicht immer vergleichen. Jedoch zeigen alle verfügbaren Modelle, dass

218

eine leichte Erhöhung der Mehrwertsteuer nur sehr geringe Auswirkungen auf die langfristigen Wachstumsperspektiven der Schweizer Wirtschaft hat.

4.6.2

Massnahmen im Bereich der beruflichen Vorsorge

Mit dem Verzicht auf den Koordinationsabzug und der Anpassung der Altersgutschriftensätze sollen die Altersgutschriften aller Versicherten im Bereich der obligatorischen beruflichen Vorsorge erhöht werden. Das höhere Vorsorgeguthaben der Versicherten führt dazu, dass das Niveau der Altersvorsorge trotz des tieferen Mindestumwandlungssatzes erhalten bleibt und die Altersvorsorge von Personen mit tiefem Einkommen verbessert wird. Überdies hat die vorgesehene Herabsetzung der Eintrittsschwelle der 2. Säule zur Folge, dass Arbeitnehmende mit kleinen Einkommen neu unter das Versicherungsobligatorium fallen. Die Anpassung der Altersgutschriften wirkt sich hauptsächlich auf die Versicherten bei Vorsorgeeinrichtungen aus, die nur obligatorische oder nur geringe überobligatorische Leistungen erbringen. Die Versicherten, die bereits weiter gehende überobligatorische Leistungen erhalten, werden von diesen Massnahmen weniger oder praktisch gar nicht tangiert.

Für die erste Versichertenkategorie laufen die beiden Massnahmen auf eine deutliche Erhöhung der Lohnnebenkosten hinaus, die sowohl von den Arbeitgebern als auch von den Arbeitnehmenden getragen werden muss. Die Folgen für die Wirtschaft wurden im Rahmen einer vom BSV in Zusammenarbeit mit dem Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) in Auftrag gegebenen Studie des Forschungsbüros Ecoplan untersucht.157 Wo keine andere Quelle angegeben ist, beziehen sich die im Folgenden aufgeführten Ergebnisse auf dieses Forschungsprojekt. Die Studie enthält Detailresultate Sensitivitätsanalysen sowiealle Informationen zur Modellierung und zu den Arbeitshypothesen. Die in dieser Botschaft vorgestellten Ergebnisse beziehen sich auf das Basisszenario. Die Ergebnisse der Sensitivitätsanalysen, bei denen verschiedene Modellannahmen variiert wurden, stossen die allgemeinen Schlussfolgerungen aus dem Basisszenario nicht um.

Es war nicht möglich, im Rahmen dieser Studie eine Kosten-Nutzen-Analyse zu erstellen, da diese methodisch sehr komplex ist. Die hier präsentierten quantitativen Ergebnisse beschränken sich deshalb auf die Kosten. Trotzdem darf der langfristige Nutzen dieser Vorlage für die Altersvorsorge nicht ausser Acht gelassen werden. Im Wesentlichen liegt dieser darin, dass die finanzielle Stabilität der Vorsorgeeinrichtungen gestärkt und das Leistungsniveau erhalten
bzw. teilweise verbessert wird.

Ebenso ist zu beachten, dass ein Hinausschieben der für das finanzielle Gleichgewicht der Vorsorgeeinrichtungen notwendigen Massnahmen hohe wirtschaftliche und sozialen Folgekosten (beispielsweise durch Sanierungsmassnahmen) verursachen würden.

Sparbeiträge Die Reformvorlage dürfte gemäss Mikrosimulationsmodell zusätzliche reglementarische Sparbeiträge von rund 2,3 Milliarden Franken verursachen, was berechnet auf die Bruttolohnsumme der 25- bis 65-jährigen Arbeitnehmenden einem Anteil von 157

Müller, A. et al. (2014): Reform der Altersvorsorge 2020: Auswirkungen auf Beschäftigung, Löhne und Arbeitskosten. Beiträge zur Sozialen Sicherheit, Forschungsbericht Nr.

9/14, Bern.

219

0,8 Prozent entspricht. Dieser Betrag unterscheidet sich leicht von den Kosten in Ziffer 4.1.2 (Summe der langfristigen Ausgleichsmassnahmen und der Senkung der Eintrittsschwelle), die sich auf die Auswirkungen der Reform im Jahr 2030 beziehen.

Obwohl gemäss BVG die Beiträge paritätisch finanziert werden, dürften die Arbeitgeber schliesslich lediglich 0,7 Milliarden Franken bzw. 32 Prozent der zusätzlichen reformbedingten Beiträge zu tragen haben. Der Grund dafür liegt im Kräfteverhältnis auf dem Arbeitsmarkt: Die Arbeitgeber können in der Regel flexibler auf zusätzliche Abgabelasten reagieren als die Arbeitnehmenden und ihre Arbeitsnachfrage so anpassen, dass sie schrittweise mehr als 50 Prozent der ursprünglichen Zusatzkosten auf die Arbeitnehmenden überwälzen. Dieser Überwälzungsprozess wird hier zusätzlich noch dadurch vereinfacht, dass die Arbeitnehmenden die Beiträge an die 2.

Säule teilweise als Lohnbestandteil sehen, der ihnen später bei der Pensionierung als Rente wieder ausbezahlt wird. Sie sind deswegen eher bereit, Lohnkonzessionen einzugehen und bei der Anstellung einen leicht tieferen Bruttolohn zu akzeptieren, wenn dafür mehr in ihre berufliche Vorsorge einbezahlt wird. Umgekehrt besteht aber teilweise auch eine gewisse Lohnrigidität beispielsweise durch Mindestlohnbestimmungen in Gesamtarbeitsverträgen, die solche Lohnsenkungen erschweren oder gar verhindern.

Die durch die Vorlage bedingten Mehrkosten zulasten der Arbeitgeber dürften sich im Endeffekt auf weniger als 0,3 Prozent der Lohnmasse belaufen (gegenüber 0,5 % für die Arbeitnehmenden, vgl. Ziff. 4.7.2).

Die folgende Tabelle 4-6 zeigt die zusätzlichen Sparbeiträge zulasten der Arbeitgeber, aufgeschlüsselt nach Lohnklassen und Altersgruppen.

Tabelle 4-6 Zusätzliche Lohnkosten zulasten der Arbeitgeber, in Prozent des Bruttolohnes, nach Einkommens- und Altersklassen Bruttolohn (Referenzjahr 2010) Alter

13 680 bis 20 520

20 520 bis 30 000

30 000 bis 40 000

40 000 bis 50 000

50 000 bis 60 000

60 000 bis 70 000

70 000 bis 82 080

über 82 080

25­34 35­44 45­54 55­64

3,6 4,1 5,7 5,8

2,1 2,4 3,9 3,6

1,4 1,5 2,1 2,0

1,0 1,2 1,6 1,2

0,4 0,6 0,9 0,5

0,1 0,2 0,4 0,1

0,0 0,1 0,1 0,0

0,0 0,0 0,0 0,0

Total

4,7

3,0

1,7

1,2

0,6

0,2

0,1

0,0

Quelle: Ecoplan

Wie die Tabelle zeigt, steigen die vom Arbeitgeber übernommenen Sparbeiträge für Jahreslöhne unter 50 000 Franken bei Arbeitnehmenden ab 45 Jahren am stärksten.

Die Senkung der Eintrittsschwelle führt zu einem relativ hohen Anstieg der Arbeitskosten zulasten der Arbeitgeber. Im Schnitt dürfte der Anstieg 4,7 Prozent des Bruttolohnes ausmachen (siehe erste Spalte der obigen Tabelle; die Einkommensklasse 13 680 bis 20 520 Franken entspricht dem Lohnsegment zwischen der herabgesetzten und der aktuellen Eintrittsschwelle bezogen auf das Referenzjahr 2010).

220

Ab einem Bruttojahreslohn von 70 000 Franken sind die Auswirkungen der Vorlage für die Arbeitgeber praktisch null.

Arbeitsmarkt Die in Tabelle 4-6 ersichtlichen höheren Lohnnebenkosten wirken sich in geringem Masse auf die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen aus und dämpfen voraussichtlich die Arbeitsnachfrage etwas. Erwartet wird ein Rückgang von rund -0,10 Prozent des Arbeitsvolumens, das entspricht rund 3000 Vollzeitäquivalenten.

Bezogen auf den Rückgang des Arbeitsvolumens sind Frauen (59 %) deutlich stärker betroffen als Männer (41 %); in relativen Zahlen ausgedrückt bedeutet das bei den Frauen (­0,15 %) einen doppelt so hohen Beschäftigungsrückgang wie bei den Männern (­0,07 %). Auf die Beschäftigung nach einzelnen Altersklassen wirkt sich die Vorlage praktisch gleichmässig aus. Bei der Altersklasse 45­54 ist der Rückgang leicht höher. Rund 60 Prozent des Beschäftigungsrückgangs entfallen auf Vollzeitstellen. Relativ gesehen nimmt das Arbeitsvolumen bei Teilzeitstellen mit einem Beschäftigungsgrad zwischen 20 und 69 Prozent am stärksten ab (zwischen ­0,2 % und ­0,3 %).

Tabelle 4-7 Auswirkungen der Massnahmen in der beruflichen Vorsorge auf den Arbeitsmarkt in % Arbeitsvolumen

in Vollzeitäquivalenten

Anteil in %

Total

­0,10

­2861

100

Geschlecht Mann Frau

­0,07 ­0,15

­1174 ­1688

41 59

Altersgruppen 25­34 35­44 45­54 55­64

­0,08 ­0,09 ­0,13 ­0,11

­632 ­747 ­995 ­488

22 26 35 17

Beschäftigungsgrad unter 20 % 20 %­49 % 50 %­69 % 70 %­89 % 90 %­100 %

­0,04 ­0,27 ­0,22 ­0,11 ­0,08

­5 ­376 ­508 ­272 ­1701

0 13 18 9 59

Grundgesamtheit = 25 bis 64/65-jährige Arbeitnehmer/innen, exklusiv Selbstständigerwerbende und im eigenen Betrieb Arbeitende. Quelle: Ecoplan

In absteigender Reihenfolge betrifft der Rückgang des Arbeitsvolumens die Wirtschaftszweige Gastronomie und Hotellerie (­0,59 %), Bau (­0,17 %) sowie Handel und Verkehr (­0,14 %) schweizweit am stärksten. Erklärungsansätze dafür sind die vergleichsweise tieferen Löhne und Beschäftigungsgrade in diesen Branchen, eine berufliche Vorsorge nahe dem gesetzlichen Minimum oder eine breite Unterstellung 221

der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer unter Gesamtarbeitsverträge, was die Lohnflexibilität nach unten verringert. Diese drei Kriterien verstärken die Wirkung der vorliegenden Reform auf dem Arbeitsmarkt.

Die gemessenen Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt können in bestimmten Fällen auch auf ein gesunkenes Arbeitsangebot zurückgehen. Dies ist der Fall, wenn der angebotene Nettolohn für Erwerbstätige oder Arbeitssuchende trotz der im Gegenzug verbesserten beruflichen Vorsorge nicht mehr attraktiv genug ist. Im Vorruhestandsalter verschwindet dieser Effekt in der Regel wieder.

Die anhand des Mikrosimulationsmodells auf dem Arbeitsmarkt ermittelten Ergebnisse wurden in ein gesamtwirtschaftliches allgemeines Gleichgewichtsmodell integriert. Dabei wurde auch der Rückgang der Kaufkraft und des Konsums als Folge des Nettolohnrückgangs der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer berücksichtigt (vgl. Ziff. 4.7.2). Nach den Ergebnissen dieser Modellrechnung dürften die Massnahmen im Bereich der beruflichen Vorsorge nur sehr geringe Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum haben (BIP-Rückgang von -0,1 %, hauptsächlich aufgrund des Rückgangs des Konsums um -0,3 %), ohne merkliche Auswirkungen auf den Aussenhandel oder das Gesamtbeschäftigungsvolumen.

Durchführungskosten Mit der Senkung der Eintrittsschwelle fallen für die Einkommen zwischen 14 040 und 21 060 Franken (Stand 2014) sowohl bei den Unternehmen als auch bei den Vorsorgeeinrichtungen neue Durchführungskosten an. Da genaue statistische Daten fehlen, sind folgende Erwägungen zu berücksichtigen: ­

Die Durchführungskosten für neue Versicherte mit geringem Einkommen fallen hauptsächlich für die Verwaltung der individuellen Konten und Mutationen an. Diese zusätzlichen Aufgaben verursachen aber keine sehr hohen Kosten (auch nicht, wenn die überdurchschnittliche Mutationsrate der Versicherten mit niedrigem Einkommen berücksichtigt wird).158

­

Ein Grossteil der Durchführungskosten in der beruflichen Vorsorge sind sowohl für die Vorsorgeeinrichtungen als auch für die Unternehmen mit Fixkosten gleichzusetzen (Finanzbuchhaltung, Informatiksystem, Erstellung des Jahresberichts usw.). Sie steigen mit der Versicherungspflicht neuer Personen nicht.

­

Einige relativ kostenintensive Verwaltungsaufgaben werden eher von Versicherten mit hohem Einkommen verursacht (Wohneigentumsförderung).

Diese Erwägungen lassen den Schluss zu, dass die Durchführungskosten pro neue versicherte Person deutlich tiefer sind als der Pro-Kopf-Durchschnitt einer Vorsorgeeinrichtung. Natürlich werden die Kosten nicht der einzelnen versicherten Person angelastet, sondern kollektiv von den Unternehmen und Vorsorgeeinrichtungen als Ganzes getragen.

158

222

Hornung, D. et al. (2011): Verwaltungskosten der 2. Säule in Vorsorgeeinrichtungen und Unternehmen, Beiträge zur Sozialen Sicherheit, 4/11, Bern.

Bilanz Die Auswirkungen der Massnahmen im Bereich der beruflichen Vorsorge auf die Wirtschaft wurden genau untersucht. Die Ergebnisse zeigen eine äussert moderate Wirkung auf das Wirtschaftswachstum und die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Unternehmen. Das langfristige Wachstumspotenzial der Wirtschaft wird nicht beeinträchtigt. Auf dem Arbeitsmarkt dürfte das Arbeitsvolumen nur geringfügig zurückgehen. Der moderate Beschäftigungsrückgang wird proportional mehr (teilzeitbeschäftigte) Frauen mit tiefen Löhnen betreffen. Der Grund dafür liegt darin, dass mit der Vorlage die Sparbeiträge für Niedrigverdienende überproportional erhöht werden, um deren berufliche Vorsorge zu verbessern. Rund ein Drittel der durch die Vorlage bedingten Auswirkungen auf die Beschäftigung sind auf die Senkung der Eintrittsschwelle zurückzuführen.

Das Mikrosimulationsmodell hat ergeben, dass die Gesamtwirkung der Massnahmen auf den Arbeitsmarkt letztlich nicht nur vom effektiven Einfluss der Vorlage auf die Sparbeiträge abhängt, sondern auch vom Verhältnis zwischen Arbeitsangebot und -nachfrage in den verschiedenen Arbeitsmarktsegmenten, von den individuellen Präferenzen und von einer gewissen Lohnrigidität, die Lohnsenkungen verhindert (z. B. aufgrund von Mindestlohnbestimmungen in Gesamtarbeitsverträgen). Die Konjunkturlage im Zeitpunkt der Inkraftsetzung des Bundesgesetzes über die Reform der Altersvorsorge 2020 konnte nicht berücksichtigt werden, spielt aber ebenfalls eine Rolle: Eine gute Konjunkturlage (generell oder branchenspezifisch) mildert die erwarteten Wirkungen, eine schlechte verschärft sie. Nicht quantifiziert werden kann hingegen der langfristige Nutzen der neuen Regelungen, sei es durch die Erhaltung der Leistungen für die Versicherten trotz Anpassung des Mindestumwandlungssatzes, sei es durch die Stabilisierung der finanziellen Situation der Vorsorgeeinrichtungen. Diese Aspekte sind jedoch von zentraler Bedeutung und dürfen bei der politischen Beurteilung der Massnahmen der 2. Säule nicht in den Hintergrund geraten.

4.6.3

Angleichung des Referenzalters und Flexibilisierung des Rentenbezugs

Arbeitsmarkt und Wirtschaft Mit der Erhöhung des Referenzalters der Frauen wird beim Übergang in den Ruhestand das Arbeitsangebot dieser Altersgruppe steigen. Allerdings ist es nicht vorhersehbar, um wie viel das Arbeitsangebot insgesamt zunehmen wird, da Substitutionseffekte die Ausweitung des Arbeitsangebots limitieren können, wenn im Gegenzug die Erwerbstätigkeit der übrigen Bevölkerung sinkt oder die Einwanderung eingegrenzt wird. Während in den ersten Jahren nach der Inkraftsetzung des Bundesgesetzes über die Reform der Altersvorsorge 2020 eine Zunahme der Rentenvorbezüge zu erwarten ist, dürfte sich nach einigen Jahren die Beschäftigungsquote vor und nach dem Referenzalter auf einem ähnlichen Niveau wie vor der Reform stabilisieren.

Diese Tendenz wurde bereits in der Vergangenheit im Rahmen der schrittweisen Anhebung des Referenzalters der Frauen von 62 auf 64 Jahre beobachtet. Das heisst, einerseits wird das Arbeitskräfteangebot durch die Anhebung des Referenzalters der Frauen auf 65 Jahre tendenziell vergrössert, andererseits hat die Möglichkeit einer vorzeitigen Pensionierung den gegenläufigen Effekt. Die schrittweise Anhebung des Referenzalters um zwei Monate pro Jahr wird zu einem sanften Übergang beitragen.

223

Bei einer langfristig vom Angebot dominierten Wirtschaftsdynamik kann damit gerechnet werden, dass das zusätzliche Arbeitsangebot auch produktiv eingesetzt werden kann. Die Aufnahmefähigkeit des schweizerischen Arbeitsmarkts ist bereits heute gross (wie die jüngste Immigrationsentwicklung zeigt) und dürfte das auch bleiben, da sich die Alterung der Bevölkerung einschränkend auf das Arbeitsangebot in der Schweiz und in den Nachbarländern auswirken wird.

Das steigende Arbeitsangebot infolge der Erhöhung des Referenzalters der Frauen erhöht das Produktionspotenzial. Dank der Auswirkungen des Beschäftigungs- und Einkommensanstiegs auf den Konsum und die Investitionen hat es einen positiven Einfluss auf das reale BIP. Allerdings ist zu erwarten, dass der durch das höhere Pensionsalter verursachte Beschäftigungsanstieg die Produktivität allgemein senken wird ­ die Grenzproduktivität geht mit dem Zuwachs der Arbeitskräfte zurück ­, sodass die realen Einkommen stärker steigen als die Beschäftigung. Auf die Arbeitslosenquote der über 60-Jährigen dürfte die Massnahme keine Auswirkung haben.

Zudem werden sich mit der längeren Verweildauer im Berufsleben die Investitionen von Arbeitgebern sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in die Fortbildung zusätzlich lohnen, wodurch die Produktivität und die Löhne positiv beeinflusst werden.

Bilanz Es kann angenommen werden, dass die Erhöhung des Referenzalters der Frauen auf 65 Jahre zusammen mit der Anhebung der Mindestalters für den Bezug von Altersleistungen der beruflichen Vorsorge und mit den Möglichkeiten zur Verbesserung der Rente durch Fortsetzung der Erwerbstätigkeit über das Referenzalter hinaus zu einem Anstieg des durchschnittlichen Erwerbsaustrittsalters hauptsächlich der Frauen führt. Letztendlich dürfte sich die positive Wirkung des Arbeitsangebots älterer Personen günstig auf die gesamte Beschäftigung niederschlagen, denn der Anstieg des Arbeitsangebots wirkt dämpfend auf die Lohn- und Preisbildung und erhöht dadurch leicht das Wachstumspotenzial des BIP.

4.6.4

Interventionsmechanismus

Der vorgeschlagene Interventionsmechanismus sollte erst nach Ablauf der Periode, während der diese Reformumzusetzen ist, wirksam werden. Seine Einführung stellt in erster Linie Bekenntnis zu einer stabilen 1. Säule dar. Er wird eine zweifache Wirkung haben: Erstens schafft er bei den Versicherten Vertrauen in die Solidität der 1. Säule und zweitens bezeugt er die Stabilität des öffentlichen Haushalts, mithin des Wirtschaftsstandorts Schweiz. Die im Rahmen des Interventionsmechanismus vorgesehenen automatischen Massnahmen hätten bei einer Aktivierung Auswirkungen auf die Wirtschaft. Höhere Lohnbeiträge würden die Arbeitskosten der Unternehmen steigern und die Nettolöhne der Erwerbstätigen senken. Die Folgen auf dem Arbeitsmarkt sind den vorangehend dargelegten Auswirkungen einer Erhöhung der Sparbeiträge vergleichbar (gedämpfte Arbeitsnachfrage, höhere Produktionskosten, tiefere Kaufkraft, vgl. Ziff. 4.6.2). Die gleichzeitige Einschränkung der Rentenanpassung würde die Kaufkraft der Rentnerinnen und Rentner beeinträchtigen. Für Bezügerinnen und Bezüger von Ergänzungsleistungen wäre dieser Effekt allerdings wenig spürbar, da die Ergänzungsleistungen weiterhin an die Preis- und Lohnentwicklung angepasst würden.

224

Die automatischen Massnahmen des Interventionsmechanismus hätten im Falle einer Aktivierung einschneidende Wirkungen. Wesentlich ist aber, dass die Schweiz über ein solides Sicherheitsnetz verfügt. Dieses verhindert, dass ein allfälliges Defizit in der Altersvorsorge der 1. Säule zu einer finanziellen Schieflage des gesamten Staatshaushaltes führt. Wie wertvoll ein solches Sicherheitsnetz sein kann, haben die gegenwärtigen finanzpolitischen Probleme verschiedener Industrieländer vor Augen geführt. Zudem ist zu beachten, dass die automatischen Massnahmen keine langfristige Lösung darstellen, sondern reversibel und grundsätzlich befristet sind und ausschliesslich dazu dienen, die Liquidität der AHV sicherzustellen. Sowohl die Erhöhung der Lohnbeiträge als auch die begrenzte Einschränkung der Rentenanpassung sind ausschliesslich als Notmassnahmen vorgesehen, die nur ergriffen werden, um eine anderweitig nicht abwendbare finanzielle Schieflage zu verhindern. Es liegt im Interesse der Politik, mit einer ordentlichen Reform so rasch wie möglich dafür zu sorgen, dass diese Notmassnahmen nicht aktiviert werden müssen oder rasch wieder aufgehoben werden können. Die drohenden Konsequenzen der zweiten Stufe haben im besten Fall sogar eine präventive Wirkung.

4.7

Soziale Auswirkungen

4.7.1

Erhöhung der Mehrwertsteuer

Die Abschwächung der Kaufkraft als Folge der Mehrwertsteuererhöhung wirkt sich nicht auf alle Bevölkerungsgruppen gleich aus. Haushalte mit tiefem Einkommen verbrauchen in der Regel einen grösseren Teil ihres Einkommens für den Konsum als Haushalte mit höheren Löhnen. Das heisst, dass eine Anhebung der Mehrwertsteuer (und somit der Konsumentenpreise) Haushalte mit tiefem Einkommen absolut (in Franken) zwar weniger belastet, relativ (in Prozent ihres Einkommens) aber härter trifft. Die Reduktion der Kaufkraft bei einer Erhöhung des Normalsatzes der Mehrwertsteuer um einen Prozentpunkt (mit proportionaler Erhöhung des Sondersatzes und des reduzierten Satzes) variiert je nach Haushaltseinkommen, zwischen 237 und 942 Franken jährlich. Dies entspricht einer Abnahme um rund 0,4 (hohe Einkommen) bis 0,6 Prozent (tiefe Einkommen) des Bruttoeinkommens (siehe die zwei nachfolgenden Tabellen159). Der reduzierte Satz für die Güter des täglichen Bedarfs vermag die regressive Wirkung der Mehrwertsteuer nicht ganz zu kompensieren, kann den Effekt allerdings etwas abschwächen. Die dargestellten Berechnungen beziehen sich auf den Fall, dass die Steuersatzerhöhungen vollständig auf die Konsumentinnen und Konsumenten abgewälzt werden. Die Mehrwertsteuererhöhung muss jedoch nicht zwingend unmittelbar und vollständig den Endkonsumentinnen und -konsumenten belastet werden (vgl. Ziff. 4.6.1). In einem solchen Fall würde die Zusatzbelastung für die Haushalte tiefer ausfallen.

159

Berechnungen der ESTV basierend auf Daten der Haushaltbudgeterhebung 2009­2011 des Bundesamtes für Statistik.

225

Tabelle 4-8 Jährliche Mehrbelastung (in Franken) unter Berücksichtigung einer proportionalen Satzerhöhung um 1,0 Prozentpunkt gegenüber der geltenden Ordnung Einkommensklassen (Fr. pro Monat)

0­4899

4900­7199

7200­9699

9700­13 199

13 200 und mehr

Alle Haushalte Einpersonen-Haushalte (ohne Rentner/innen) Paar-Haushalte (ohne Kinder) Paar-Haushalte (mit 1 Kind) Paar-Haushalte (mit 2 Kindern) Rentner/innen-Haushalte

249,75 237,13

365,98 328,95

472,61 419,79

594,90

904,07 626,90

489,54 490,20 478,81 522,03

587,04 586,17 625,88

239,12

417,06 350,17 349,90 398,18

885,43 904,74 941,68 786,70

Rentner/innen- und Einpersonen-Haushalte: Aufgrund der geringen Anzahl Beobachtungen wurden die Einkommensklassen «9700­13 199» und «13 200 und mehr» zusammengefügt.

Tabelle 4-9 Jährliche Mehrbelastung (in Prozent des Bruttoeinkommens) unter Berücksichtigung einer proportionalen Satzerhöhung um 1,0 Prozentpunkt gegenüber der geltenden Ordnung Einkommensklassen (Fr. pro Monat)

0­4899

4900­7199

7200­9699

9700­13 199

13 200 und mehr

Alle Haushalte Einpersonen-Haushalte (ohne Rentner/innen) Paar-Haushalte (ohne Kinder) Paar-Haushalte (mit 1 Kind) Paar-Haushalte (mit 2 Kindern) Rentner/innen-Haushalte

0,60 0,57

0,50 0,45

0,47 0,42

0,44

0,41

0,48 0,48 0,47 0,52

0,43 0,44 0,46

0,58

0,56 0,46 0,47 0,56

0,38 0,40 0,41 0,42 0,49

Rentner/innen- und Einpersonen-Haushalte: Aufgrund der geringen Anzahl Beobachtungen wurden die Einkommensklassen«9700­13 199» und «13 200 und mehr» zusammengefügt.

Letztmals wurde die Mehrwertsteuer 2011 erhöht. Gemäss BFS160 veränderte sich die Ungleichheit beim verfügbaren Einkommen zwischen 2010 und 2011 jedoch nicht. Für Erwerbshaushalte nahm sie sogar ab. Die sozialen Auswirkungen einer Mehrwertsteuererhöhung sind folglich immer in einen grösseren Zusammenhang zu setzen, unter Einbezug anderer Faktoren, welche die Einkommensverteilung beeinflussen.

160

226

BFS: «Einkommen der privaten Haushalte: Einkommensungleichheit wird durch Umverteilung deutlich verringert», September 2013.

4.7.2

Massnahmen im Bereich der beruflichen Vorsorge

Die Leistungen der 2. Säule zu erhalten, ist ein zentrales Ziel dieser Vorlage. Damit dies trotz Anpassung des Mindestumwandlungssatzes erreicht wird, müssen die Altersgutschriften erhöht werden. Den daraus resultierenden Nettolohneinbussen für die aktiven Versicherten steht also die langfristige Erhaltung der Rentenleistung gegenüber. Zusätzlich bewirken die Massnahmen der Vorlage, dass die berufliche Vorsorge für Personen mit tieferen Einkommen deutlich verbessert wird. Davon profitieren insbesondere Teilzeitbeschäftigte und Arbeitnehmende mit mehreren kleinen Arbeitsverhältnissen, also mehrheitlich Frauen.

Erhöhung der Sparbeiträge zulasten der Arbeitnehmenden Die Arbeitnehmenden tragen 68 Prozent der durch die vorliegende Reform bedingten zusätzlichen Sparbeiträge, wodurch ihr Einkommen im Schnitt um 0,6 Prozent zurückgehen wird. Jedoch wirken sich die Massnahmen unterschiedlich auf die einzelnen Gruppen von Beschäftigten aus. In der folgenden Tabelle sind die Auswirkungen auf die Löhne für verschiedene Einkommens- und Altersklassen aufgeführt. Sie stammen ­ wie auch die Ergebnisse in Ziffer 4.6.2 ­ aus dem Mikrosimulationsmodell des Forschungsinstituts Ecoplan161. Das Modell berücksichtigt, dass zahlreiche Vorsorgeeinrichtungen bereits heute über die obligatorische berufliche Vorsorge hinausgehen. Es integriert individuelle Präferenzen auf der Ebene Arbeitsangebot und -nachfrage sowie gewisse Lohnrigiditäten (Anpassung von Löhnen nach unten).

Alle Arbeitnehmenden, auch jene mit relativ hohen Einkommen, werden zusätzliche Sparbeiträge in Kauf nehmen müssen. Am grössten ist der Lohnrückgang relativ gesehen bei den über 45-Jährigen (für Arbeitnehmende zwischen 45 und 54 Jahren mit einem Jahreslohn unter 100 000 Franken beträgt der Lohnrückgang zwischen 1 % und mehr als 3 %). Für Beschäftigte mit einem Jahreslohn von unter 30 000 Franken dürfte der Lohnrückgang durchschnittlich mehr als 2 Prozent betragen, jedoch sind die von den Arbeitgebern getragenen Kosten bei diesen tiefen Einkommen ebenfalls hoch (zwischen 3 % und fast 5 %, siehe Ziff. 4.6.2).

Tabelle 4-10 Zusätzliche Sparbeiträge zulasten der Arbeitnehmenden, in Prozent des Bruttolohnes, nach Einkommens- und Altersklasse Bruttolohn (Referenzjahr 2010) Alter

13 680 bis 20 520

20 520 bis 30 000

30 000 bis 40 000

40 000 bis 50 000

50 000 bis 60 000

60 000 bis 70 000

70 000 bis 82 080

82 080 bis 100 000

Über 100 000

25­34 35­44 45­54 55­64

0,9 1,8 3,3 3,1

1,2 2,0 3,1 3,1

0,9 1,8 3,2 2,8

0,6 1,2 2,4 1,9

0,5 0,9 2,0 1,4

0,3 0,8 1,8 0,8

0,2 0,6 1,5 0,5

0,2 0,4 0,9 0,2

0,1 0,2 0,3 0,1

Total

2,2

2,3

2,1

1,4

1,1

0,9

0,7

0,4

0,2

Quelle: Ecoplan 161

Müller, A. et al. (2014): Reform der Altersvorsorge 2020: Auswirkungen auf Beschäftigung, Löhne und Arbeitskosten. Beiträge zur Sozialen Sicherheit, Forschungsbericht Nr. 9/14, Bern.

227

Tiefere Eintrittsschwelle Gemäss geltendem Recht liegt die Eintrittsschwelle der beruflichen Vorsorge bei 21 060 Franken Jahreslohn (Stand 2014). Insbesondere Teilzeitbeschäftigte oder Personen mit mehreren Arbeitgebern ­ vor allem Frauen und junge Arbeitnehmende ­ sind nicht obligatorisch in der 2. Säule versichert. Mit der Herabsetzung der Eintrittsschwelle und dem Verzicht auf den Koordinationsabzug werden Personen mit sehr tiefen Einkommen in der beruflichen Vorsorge bessergestellt.

Mit dem Mikrosimulationsmodell war es möglich, den Umfang des Nettolohnrückgangs von Personen mit einem Bruttojahreslohn zwischen 13 680 und 20 520 Franken zu eruieren (vgl. erste Spalte der obigen Tabelle; diese Einkommensklasse entspricht dem Lohnsegment zwischen der herabgesetzten und der aktuellen Eintrittsschwelle bezogen auf das Referenzjahr 2010).

Gesamtauswirkungen auf die Haushaltseinkommen Mit dem Ecoplan-Modell konnten die Auswirkungen der Massnahmen im Bereich der beruflichen Vorsorge auf die Haushalteinkommen ermittelt werden. Es zeigt sich, dass die Nettolöhne der ärmsten Haushalte (erstes Quintil der Verteilung der Haushalte nach Einkommen) um etwas mehr als 1 Prozent zurückgehen werden, während die reichsten Haushalte (fünftes Quintil) einen Einkommensrückgang von rund 0,5 Prozent verzeichnen dürften.

4.7.3

Harmonisierung des Referenzalters

Entscheidend für die Beschäftigungsmöglichkeiten älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ist letztlich, welche Politik die Unternehmen gegenüber dieser Altersgruppe verfolgen. Diese Politik wird wiederum weitgehend von der konjunkturellen und strukturellen Entwicklung der Wirtschaft bestimmt. Dank den ergänzenden Massnahmen für einen flexibleren Rentenbezug können die betroffenen Personen ihre letzten Erwerbsjahre besser organisieren (Teilzeitbeschäftigung) und erhalten neue Möglichkeiten, im Erwerbsleben zu bleiben.

Frauen mit 65 im Jahr 2025 Im Jahr 2025, nach Abschluss der Angleichung des Referenzalters, werden voraussichtlich 78 500 Frauen im Referenzalter sein. Der Arbeitsmarkt muss jedoch nur diejenigen Arbeitskräfte aufnehmen können, von denen erwartet werden kann, dass sie mit 65 noch erwerbstätig sind. Unter Berücksichtigung der demografischen Entwicklung und des zu erwartenden Fachkräftemangels kann davon ausgegangen werden, dass der Arbeitsmarkt diese zusätzlichen Arbeitskräfte aufnehmen kann.

Bis zum Rentenalter erwerbstätige Frauen Die Möglichkeiten, die Altersrente versicherungstechnisch neutral um ein oder mehrere Jahre vorzubeziehen oder aufzuschieben, fördern die Flexibilisierung des Rentenbezugs. Dadurch kann den persönlichen Vorlieben und Fähigkeiten und dem spezifischen Bedarf der Unternehmen besser begegnet werden. Dies trifft umso mehr zu, als die Mechanismen auch auf Anteile der Rente anwendbar sind. Die Auswirkungen dieser zusätzlichen Flexibilisierung auf den Beschäftigungsgrad der älteren Arbeitnehmenden hängen natürlich von den Arbeitschancen und den finanziellen Mitteln der Rentnerinnen und Rentner ab.

228

Eine Analyse der Auswirkungen der Erhöhung des Rentenalters der Frauen von 63 auf 64 Jahre im Jahr 2005, die anhand mehrerer Quellen durchgeführt wurde (individuelle AHV-Konten 2000­2008 und SAKE 2001­2009), hat ergeben, dass erwerbstätige Frauen dazu tendieren, ihren Austritt aus dem Erwerbsleben um ein Jahr hinauszuschieben. Es dauerte vier Jahre, bis wieder eine Arbeitsmarktbeteiligung von rund 45 Prozent ein Jahr vor dem Rentenalter erreicht wurde. Die Auswirkungen in Zusammenhang mit der in dieser Reform vorgeschlagenen Neuregelung für einen flexiblen Altersrücktritt sind hier nicht berücksichtigt.

Übrige Versicherte Das Risiko, dass junge Arbeitnehmende verdrängt werden und sich ihre Arbeitslosigkeit erhöht, dürfte angesichts der sehr unterschiedlichen Qualifikationen von älteren und jüngeren Personen gering sein. Ein Anstieg der Arbeitslosenquoten sollte somit nicht zu beobachten sein.

5

Verhältnis zur Legislaturplanung

Die Vorlage ist in der Botschaft vom 25. Januar 2012162 zur Legislaturplanung 2011­2015 und im Bundesbeschluss vom 15. Juni 2012163 über die Legislaturplanung 2011­2015 angekündigt.

Im Rahmen der Legislaturplanung 2011­2015 hat der Bundesrat im Bereich der Sozialpolitik die Stärkung des sozialen Zusammenhalts und die finanzielle Konsolidierung der Sozialversicherungen im Hinblick auf die demografische Entwicklung als Prioritäten festgelegt. Zur finanziellen Konsolidierung der Sozialversicherungen sollen in Einklang mit Artikel 20 Ziffern 80 und 81 des Bundesbeschlusses über die Legislaturplanung 2011­2015 (Ziel 19: Die Sozialwerke sind finanziell konsolidiert und nachhaltig gesichert) entsprechende Vorlagen in der Altersvorsorge der 1. und der 2. Säule verabschiedet werden, was mit dieser Vorlage im Rahmen einen gemeinsamen Reform der 1. und der 2. Säule vorgeschlagen wird.

6

Rechtliche Aspekte

6.1

Verfassungs- und Gesetzmässigkeit

Die Vorlage stützt sich auf Verfassungsnormen, die dem Bund die Befugnis zur Gesetzgebung geben, und zwar auf dem Gebiet der Sozialversicherungen (Art. 112 BV für die AHV/IV; Art. 112a BV für die Ergänzungsleistungen; Art. 113 BV für die berufliche Vorsorge; Art. 114 für die Arbeitslosenversicherung; Art. 116 BV für die Familienzulagen und die Mutterschaftsversicherung; Art. 117 BV für die Unfallversicherung; Art. 59 Abs. 4 BV für den Erwerbsersatz für Militär- und Ersatzdienstleistende; Art. 59 Abs. 5 BV für die Militärversicherung) wie auch des Zivilrechts (Art. 122 BV) und der Steuern (Art. 128­130 BV).

Das AHVG, das IVG, das ELG, das UVG, das MVG, das EOG und das AVIG unterstehen dem ATSG.

162 163

BBl 2012 481, hier 495 BBl 2012 7155, hier 7162

229

6.2

Vereinbarkeit mit den internationalen Verpflichtungen der Schweiz

6.2.1

Instrumente der Vereinten Nationen

Der Internationale Pakt vom 16. Dezember 1966164 über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (Pakt I) ist für die Schweiz am 18. September 1992 in Kraft getreten. Er verankert in Artikel 9 das Recht eines jeden auf soziale Sicherheit, einschliesslich Sozialversicherung.165 Überdies verpflichten sich die Vertragsstaaten zu gewährleisten, dass die im Pakt verkündeten Rechte ohne Diskriminierung, insbesondere hinsichtlich des Geschlechts, ausgeübt werden (Art. 2 Abs. 2).

Das Übereinkommen vom 18. Dezember 1979166 zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (CEDAW) ist für die Schweiz am 26. April 1997 in Kraft getreten. Die Vertragsstaaten treffen alle geeigneten Massnahmen zur Beseitigung der Diskriminierung der Frau im Berufsleben, um ihr auf der Grundlage der Gleichberechtigung von Mann und Frau gleiche Rechte zu gewährleisten, insbesondere das Recht auf soziale Sicherheit (Art. 11 Abs. 1 Bst. e). In der allgemeinen Empfehlung Nr. 27 über ältere Frauen vom 16. Dezember 2010167 legt der Ausschuss der CEDAW fest: «Die Vertragsstaaten sind verpflichtet, sicherzustellen, dass Frauen bei der Festlegung des Rentenalters weder im öffentlichen noch im privaten Sektor diskriminiert werden. Demzufolge sind die Vertragsstaaten verpflichtet, sicherzustellen, dass die Rentenpolitik in keiner Weise diskriminierend ist, auch wenn Frauen sich zu einem frühzeitigen Eintritt in den Ruhestand entscheiden, und dass alle älteren Frauen, die erwerbstätig waren, angemessene Versorgungsleistungen erhalten.» (Paragraph 42).

6.2.2

Instrumente der Internationalen Arbeitsorganisation

Das Übereinkommen Nr. 128 vom 29. Juni 1967168 über Leistungen bei Invalidität und Alter und an Hinterbliebene wurde von der Schweiz am 13. September 1977 ratifiziert. Teil III betrifft die Leistungen bei Alter, Teil IV die Leistungen an Hinterbliebene. Das Übereinkommen definiert für jeden Teil den gedeckten Fall, legt den prozentualen Anteil der zu schützenden Personen, die Anspruchsvoraussetzungen sowie die Höhe und die Dauer der Leistungen fest. Es sieht zudem vor, dass die Beträge der Barleistungen nach erheblichen Änderungen der allgemeinen Verdiensthöhe oder nach erheblichen Änderungen der Lebenshaltungskosten zu überprüfen sind (Art. 29 Abs. 1).

164 165

SR 0.103.1 Vgl. dazu die allgemeine Bemerkung Nr. 19 des Ausschusses für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte, E/C.12/GC/19, 4.

166 SR 0.108 167 CEDAW/C/GC/27 168 SR 0.831.105

230

6.2.3

Instrumente des Europarates

Die Europäische Ordnung der Sozialen Sicherheit vom 16. April 1964169 wurde von der Schweiz am 16. September 1977 ratifiziert. Die Schweiz hat unter anderem die Teile V und X über die Leistungen bei Alter und die Leistungen an Hinterbliebene angenommen. Beide Teile definieren den gedeckten Fall, legen den prozentualen Anteil der zu schützenden Personen, die Anspruchsvoraussetzungen sowie die Höhe und die Dauer der Leistungen fest. Die Ordnung sieht zudem vor, dass die Beträge der Zahlungen nach namhaften Änderungen der allgemeinen Verdiensthöhe, die sich aus namhaften Änderungen der Lebenshaltungskosten ergeben, zu überprüfen sind (Art. 65 Abs. 10). Bezüglich Finanzierung der Systeme der sozialen Sicherheit hält die Ordnung fest, dass die Aufwendungen für die Leistungen und die Verwaltungskosten durch Beiträge oder Steuern oder durch beide zusammen so zu bestreiten sind, dass Minderbemittelte nicht über Gebühr belastet werden und die wirtschaftliche Lage der Vertragspartei und der geschützten Personengruppen berücksichtigt wird (Art. 70 Abs. 1).

6.2.4

Recht der Europäischen Union

Artikel 48 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union verlangt die Errichtung eines Koordinationssystems der nationalen Systeme der sozialen Sicherheit zur Erleichterung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer, der Selbstständigen und ihrer Familienangehörigen. Diese Koordination wird durch die Verordnung (EG) Nr.

883/2004170 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit sowie durch die Verordnung (EG) Nr. 987/2009171 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 zur Festlegung der Modalitäten für die Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 geregelt. Diese beiden Verordnungen bezwecken einzig die Koordination der einzelstaatlichen Systeme der sozialen Sicherheit und stützen sich auf die entsprechenden internationalen Koordinationsgrundsätze, insbesondere die Gleichbehandlung der Staatsangehörigen anderer Vertragsparteien mit den eigenen Staatsangehörigen, die Aufrechterhaltung der erworbenen Ansprüche und die Auszahlung von Leistungen im ganzen europäischen Raum. Das EU-Recht sieht keine Harmonisierung der einzelstaatlichen Systeme der sozialen Sicherheit vor. Die Mitgliedstaaten können die Konzeption, den persönlichen Geltungsbereich, die Finanzierungsmodalitäten und die Organisation ihrer Systeme der sozialen Sicherheit unter Beachtung der europarechtlichen Koordinationsgrundsätze selber festlegen. Seit dem Inkrafttreten des Abkommens vom 21. Juni 1999172 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit (Freizügigkeitsabkommen) am 1. Juni 2002 nimmt die Schweiz an diesem Koordinationssystem teil und wendet heute in diesem Rahmen die beiden erwähnten Verordnungen an (vgl. Anhang II zum Freizügigkeitsabkommen, Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit).

169 170 171 172

SR 0.831.104 ABl. L 166 vom 30.4.2004, S. 1; SR 0.831.109.268.1 ABl. L 284 vom 30.10.2009, S. 1; SR 0.831.109.268.11 SR 0.142.112.681

231

6.2.5

Vereinbarkeit der einzelnen Massnahmen mit dem internationalen Recht

6.2.5.1

Massnahmen zum Rentenbezug

Die Festsetzung eines flexiblen Rentenbezugs zwischen 62 und 70 Jahren mit einem Referenzalter von 65 Jahren für Männer und für Frauen ist mit den von der Schweiz ratifizierten Übereinkommen der UNO, der Internationalen Arbeitsorganisation und des Europarates vereinbar.

Die übrigen Massnahmen zum Rentenbezug stellen für das in der Schweiz anwendbare internationale Recht kein Problem dar.

6.2.5.2

Massnahmen zur beruflichen Vorsorge

Der vorgeschlagene Verzicht auf den Koordinationsabzug verbessert unter anderem die berufliche Vorsorge von Teilzeiterwerbstätigen und kommt somit vorwiegend Frauen zugute. Dies ist ganz im Sinne der CEDAW.

Die übrigen Massnahmen dieser Vorlage im Bereich der beruflichen Vorsorge sind mit den internationalen Verpflichtungen der Schweiz vereinbar.

6.2.5.3

Leistungsseitige Massnahmen

In Bezug auf die Hinterlassenenleistungen halten das Übereinkommen Nr. 128 der Internationalen Arbeitsorganisation und die Europäische Ordnung der Sozialen Sicherheit fest, dass der gedeckte Fall den Verlust des Unterhalts der Witwe oder der Kinder infolge des Todes des Unterhaltspflichtigen zu umfassen hat (Art. 21 Abs. 1 bzw. Art. 60 Abs. 1). In beiden Übereinkommen bezeichnet die Witwe eine Frau, für deren Unterhalt der Ehemann bei seinem Tod gesorgt hat (Art. 1 Abs. g). Beide Instrumente lassen den Vertragsstaaten insofern einen gewissen Gestaltungsspielraum, weil ihnen die Möglichkeit gegeben wird, den Rentenanspruch einer Witwe an Bedingungen zu knüpfen. Gemäss Europäischer Ordnung der Sozialen Sicherheit kann der Leistungsanspruch einer Witwe davon abhängig gemacht werden, ob sie nach den innerstaatlichen Rechtsvorschriften unfähig ist, selbst für ihren Unterhalt zu sorgen (Art. 60 Abs. 1). Es kann davon ausgegangen werden, dass kinderlose Witwen imstande sind, insofern selbst für ihren Unterhalt zu sorgen, als die Wiederaufnahme einer Erwerbstätigkeit oder die Erhöhung des Beschäftigungsgrads zumutbar ist. Im Übrigen sind langfristige Übergangsbestimmungen vorgesehen, mit denen der Sozialschutz älterer Witwen erhalten werden soll. Die Aufhebung der Witwenrenten für kinderlose Witwen in Verbindung mit langfristigen Übergangsbestimmungen sollte von den internationalen Kontrollorganen deshalb nicht als mit den beiden genannten Instrumenten unvereinbar erachtet werden.

Auch die Kürzung der Hinterlassenenrente von 80 auf 60 Prozent der Altersrente stellt für das Übereinkommen Nr. 128 und die Europäische Ordnung der Sozialen Sicherheit kein Problem dar. In beiden Übereinkommen ist für die Hinterlassenenleistung eine Mindestersatzquote festgelegt, die für den betroffenen Typus des Leistungsempfängers ­ eine Witwe mit zwei Kindern ­ erreicht werden muss. Da die Kürzung der Witwenrente durch die Erhöhung der Waisenrenten um 10 Prozent 232

(von 40 % auf 50 %) kompensiert wird, bleibt die Ersatzquote erhalten, und der von den beiden Übereinkommen festgelegten Leistungshöhe wird entsprochen.

6.2.5.4

Ende der AHV-Beitragspflicht beim Vorbezug einer ganzen Altersrente

Beim Vorbezug einer ganzen Altersrente aus einem EU-Mitgliedstaat endet die AHV-Beitragspflicht nicht im Zeitpunkt des Vorbezugs nach ausländischem Recht, sondern in dem Moment, in welchem die versicherte Person das 62. Altersjahr vollendet, das heisst drei Jahre vor dem schweizerischen Referenzalter. Dies ist vereinbar mit Artikel 5 Buchstabe a der Verordnung (EG) Nr. 883/2004, der die Gleichstellung einzelner Leistungen verlangt. Angesichts der unterschiedlichen nationalen Rentenalter und Möglichkeiten des Rentenvorbezugs wäre es unverhältnismässig und sachlich nicht zu rechtfertigen, den Zeitpunkt des Vorbezugs von ausländischen Leistungen mit dem Zeitpunkt des Vorbezugs von schweizerischen Leistungen in Bezug auf die Beitragsbefreiung gleichzustellen.

6.2.5.5

Vorbezug in der AHV und Jugendjahre

Aufgrund der Abkommen mit der EU und der EFTA sowie mit anderen Vertragsstaaten sind ausländische Beitragszeiten weder für den Anspruch noch für die Berechnung der schweizerischen Altersrenten zu berücksichtigen.

Somit besteht für die Berücksichtigung von Beiträgen, die während den im Ausland zurückgelegten Jungendjahren an eine Altersversicherung geleistet wurden, keine Pflicht. Im Falle eines Vorbezugs der Altersrente in der Schweiz können deshalb ausländische Jugendjahre die AHV-Rentenkürzung nicht kompensieren. Die im Ausland während den Jugendjahren bezahlten Beiträge werden im betreffenden Land nach dem dort geltenden Recht berücksichtigt, weshalb keine Beitragszeiten verloren gehen.

Bei einem Vorbezug der schweizerischen Altersrente werden bei Personen mit tiefen Einkommen Jugendjahre in der Schweiz angerechnet, und es kommt pro fehlendes Beitragsjahr ein reduzierter Kürzungssatz zur Anwendung. Diese Kürzung ist allerdings nicht anwendbar, wenn die versicherte Person während den Jugendjahren bei einer ausländischen Versicherung Beiträge entrichtet hat. Der Grund dafür liegt darin, dass diese Beiträge den Vorbezug einer Rente im System der AHV nicht kompensieren können. Es ist deshalb der ordentliche versicherungstechnische Kürzungssatz anzuwenden.

6.2.5.6

Massnahmen zur Finanzierung der AHV

Der für die AHV vorgesehene Interventionsmechanismus könnte bei Überschreiten der zweiten Stufe zu einer begrenzten Einschränkung oder Sistierung der Rentenanpassung an die Preis- und Lohnentwicklung führen, was unter Umständen den entsprechenden Anforderungen des Übereinkommens Nr. 128 und der Europäischen Ordnung der Sozialen Sicherheit widersprechen könnte. Letztere sieht vor, dass die Beträge der Zahlungen nach namhaften Änderungen der allgemeinen Verdiensthöhe, 233

die sich aus namhaften Änderungen der Lebenshaltungskosten ergeben, überprüft werden müssen. Würde die zweite Stufe erreicht und würden gleichzeitig die Lebenshaltungskosten deutlich steigen, so könnte eine Einschränkung oder Sistierung der Rentenanpassung demnach problematisch werden. Es sind jedoch Begrenzungen vorgesehen. Die Rentenanpassung kann höchstens während fünf Jahren sistiert werden, und es ist ein Rentenniveau in Höhe von 95 Prozent im Verhältnis zu einer Anpassung der Renten nach dem Mischindex garantiert. Ferner werden die Massnahmen aufgehoben, sobald der erste Schritt umgesetzt ist oder sich die Situation verbessert.

Die übrigen Massnahmen zur Finanzierung der AHV sind mit den internationalen Verpflichtungen der Schweiz vereinbar.

6.2.5.7

Übrige Massnahmen

Die übrigen von der Reformvorlage vorgesehenen Massnahmen stellen für das in der Schweiz anwendbare internationale Recht kein Problem dar.

6.3

Erlassform

Nach Artikel 164 Absatz 1 BV sind alle wichtigen rechtsetzenden Bestimmungen in der Form eines Bundesgesetzes zu erlassen.

Der Entwurf zum Bundesgesetz über die Reform der Altersvorsorge 2020 ist ein referendumsfähiger Mantelerlass, der sämtliche Änderungen der betroffenen Erlasse der gleichen Regelungsstufe in verschiedenen Bereichen enthält. Da die Reform die Herausforderungen, welche sich der Altersvorsorge der 1. und der 2. Säule stellen, insbesondere in Bezug auf die Finanzierung, mit einer umfassenden Lösung angehen will und die Reform nur greift, wenn sämtliche Massnahmen angenommen werden, ist die Zusammenfassung aller Gesetzesänderungen in einem einzigen Erlass sinnvoll.

6.4

Unterstellung unter die Ausgabenbremse

Gemäss Artikel 159 Absatz 3 Buchstabe b BV bedürfen Subventionsbestimmungen sowie Verpflichtungskredite und Zahlungsrahmen, die neue einmalige Ausgaben von mehr als 20 Millionen Franken oder neue wiederkehrende Ausgaben von mehr als 2 Millionen Franken nach sich ziehen, der Zustimmung der Mehrheit der Mitglieder jedes der beiden Räte (qualifiziertes Mehr). Diese Vorschrift bezweckt die Eindämmung der Bundesausgaben. Die in der Vorlage enthaltenen Massnahmen verursachen für den Bund keine Mehrausgaben und fallen somit nicht unter Artikel 159 Absatz 3 Buchstabe b BV.

234

6.5

Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen

AHV ­

Für die Berechnung der vorbezogenen Rente kann der Bundesrat Vorschriften erlassen (Art. 40 Abs. 6 E-AHVG). Im Bereich der Ergänzungsleistungen müssen für die Berechnung der Einnahmen diejenigen Fälle geregelt werden, in welchen eine vorbezogene Rente und gleichzeitig eine Invalidenrente nach Artikel 40a E-AHVG oder eine Hinterlassenenrente nach Artikel 40b E-AHVG bezogen wird (Art. 11 Abs. 1quater E-ELG).

­

Die Modalitäten der Anrechnung von Jugendjahren beim Vorbezug sind zu bestimmen (Art. 40e Abs. 5 E-AHVG).

­

Die Verzinsungspflicht der Ersatzforderung aus der Arbeitgeberhaftung (Art. 52 Abs. 7 E-AHVG) sowie aus der Gründerverbands- oder der Staatshaftung (Art. 70 Abs. 1bis E-AHVG) ist zu konkretisieren.

­

Der Bundesrat erhält im Rahmen der vorgeschlagenen Regelung zum Interventionsmechanismus die Kompetenz, die Rentenanpassung einzuschränken, die Beitragssätze zu erhöhen (Art. 113 Abs. 3 Bst. a und b E-AHVG) und die Koordination mit der Invalidenversicherung (Art. 35 Abs. 1 Bst. c E-AHVG) und den Waisen- oder Kinderrenten (Art. 37bis E-AHVG) zu regeln (Art. 113 Abs. 3 Bst. c E-AHVG).

BVG Artikel 97 Absatz 1 BVG gibt dem Bundesrat die nötige gesetzliche Grundlage, um Massnahmen zur Durchführung der beruflichen Vorsorge zu treffen. Der Entwurf sieht folgende Rechtsetzungsdelegationen an den Bundesrat vor: ­

Zu den Bestimmungen über den Rentenbezug: Regelung von Ausnahmen für den Bezug von Altersleistungen vor dem Mindestalter für den Bezug von Altersleistungen (Art. 13 Abs. 3 E-BVG); Erlass von Bestimmungen über den Aufschub des Bezugs der Altersleistung (Art. 13c Abs. 2 E-BVG) sowie über die Versicherung bei mehreren Vorsorgeeinrichtungen (Art. 13d E-BVG); Festlegung der BVG-Mindestumwandlungssätze bei einem Bezug von Altersleistungen vor oder nach dem Referenzalter (Art. 14 Abs. 2 E-BVG); Festlegung der Mindestumwandlungssätze während der Anpassung des Mindestumwandlungssatzes von 6,8 auf 6 Prozent unter Berücksichtigung der Erhöhung des Referenzalters der Frauen (Bst. b der Übergangsbestimmungen);

­

Regelung von Ausnahmen in Bezug auf die Erstellung von Kandidatenlisten (Art. 51 Abs. 3 E-BVG);

­

Erlass von Bestimmungen über die Anforderungen, welche Personen und Institutionen erfüllen müssen, die mit der Vermögensanlage betraut sind (Art. 53a Bst. a E-BVG);

­

Umschreibung der Ausnahmen von der Durchführung einer Teilliquidation wegen unverhältnismässigen Aufwands (Art. 53d Abs. 1 E-BVG);

­

Erlass von Bestimmungen über die Art und Weise der Festlegung der Beiträge für die Deckung der Risiken Tod und Invalidität nach kollektiven Grundsätzen (Art. 65 Abs. 2bis E-BVG);

235

­

Regelung der Einkaufsmöglichkeiten bei Bezug von Vorsorgeleistungen (Art. 79b Abs. 2 E-BVG);

­

Erlass von Vorschriften über die Erstellung von versicherungstechnischen Grundlagen (Art. 97 Abs. 1bis E-BVG);

­

Regelung der Berechnung der Einlagen für die Übergangsgeneration (Bst. c der Übergangsbestimmungen);

­

Erlass von Vorschriften über die Berechnung von Invalidenrenten in Spezialfällen (Bst. e der Übergangsbestimmungen).

FZG ­

Festlegung eines Anfangsvermögens und von Garantieleistungen für die Gründung von Freizügigkeitseinrichtungen sowie analoge Regelungen für bereits bestehende Freizügigkeitseinrichtungen (Art. 26 Abs. 1bis FZG).

VAG ­

6.6

Erlass von Bestimmungen über die vorübergehende Senkung der Mindestquote zwecks Gewährleistung der Solvenz (Art. 37 Abs. 4bis E-VAG).

Datenschutz

Die vorgeschlagenen Massnahmen stellen datenschutzrechtlich kein Problem dar.

236

Anhang

AHV-Finanzhaushalt Einleitung Die beiden Tabellen zum Finanzhaushalt der AHV (Tabellen 1 und 3) geben Aufschluss über die Finanzperspektiven der Versicherung (Ausgaben, Einnahmen, Umlageergebnis) und die Projektionen des Kapitalkontos der AHV (Anlageertrag, jährliche Veränderung, Stand des AHV-Fonds Ende Jahr).

In Tabelle 1 werden die Finanzperspektiven der AHV nach geltender Ordnung für die Jahre 2014­2035 aufgezeigt.

Die Beträge der Ausgangszeile stammen aus der letzten definitiven Abrechnung der AHV (2013). Alle Beträge sind zu Preisen des ersten Laufjahres (2014) abdiskontiert. Benutzt wurde das demografische Szenario A-17-2010 des BFS, das auf einem jährlichen positiven Wanderungssaldo von 40 000 Personen ab 2030 basiert. Die Entwicklung der ökonomischen Parameter (Nominallohnindex und Landesindex der Konsumentenpreise) entspricht derjenigen, die auch für den Voranschlag 2015 und den Finanzplan 2016­2018 des Bundes vorgegeben ist. Für die Periode nach dem Finanzplan werden BSV-eigene Entwicklungen verwendet. Das BSV bestimmt auch die Entwicklung für den Strukturwandel. Die Annahmen zur wirtschaftlichen Entwicklung sind unter den Tabellen aufgeführt.

In Tabelle 2 sind die finanziellen Auswirkungen der verschiedenen leistungs- und beitragsseitigen Massnahmen der Vorlage zur Altersvorsorge 2020 auf die Ausgaben und Einnahmen der AHV von 2019 (vorgesehenes Inkrafttreten der Reform) bis 2035 festgehalten.

Der AHV-Finanzhaushalt in Tabelle 3 berücksichtigt die finanziellen Auswirkungen der Reformmassnahmen auf die Ausgaben und Einnahmen der AHV gemäss Tabelle 2. Ausserdem bezieht er die Folgen der Senkung des Bundesbeitrags an die Ausgaben der AHV von 19,55 Prozent auf 18 Prozent sowie die Anrechnung von 17 Prozent des Ertrags aus dem MWST-Demografieprozent an die AHV ein. Auch die Auswirkungen der Zusatzfinanzierung durch eine proportionale Erhöhung des Mehrwertsteuersatzes um 1,5 Prozentpunkte werden berücksichtigt.

Begriffe In diesem Kapitel werden die Begriffe der beiden Tabellen zum AHV-Finanzhaushalt (Tabellen 1 und 3) erklärt.

Ausgaben Geltende Ordnung In die Rubrik «Ausgaben ­ geltende Ordnung» fallen die AHV-Renten, die Überweisungen und Rückvergütungen von Beiträgen, die AHV-Hilflosenentschädigungen, die Rückerstattungsforderungen (und deren Abschreibungen) sowie die Kosten für individuelle Massnahmen (Hilfsmittel, Assistenzbeitrag). Hinzu kommen die Beiträge an gemeinnützige Organisation und die Durchführungs- und Verwaltungskosten.

237

Die Entwicklung der Rentenausgaben der AHV folgt der zweijährlichen Rentenanpassung und der Bevölkerungsentwicklung (inkl. Rentner/innen im Ausland; der Rentnerbestand entwickelt sich entsprechend dem demografischen Verlauf).

Reform 2020 Die Rubrik «Reform 2020» umfasst die finanziellen Auswirkungen der Massnahmen auf die AHV-Leistungen (Massnahmen und Zahlen gemäss Tabelle 2 unter «Ausgaben»): ­

Vereinheitlichung des Referenzalters (65 Jahre),

­

drittes Vorbezugsjahr,

­

Änderung der Kürzungssätze beim Vorbezug,

­

Änderung der Zuschläge beim Aufschub,

­

Verbesserung der Renten aus Zusatzbeiträgen,

­

Vorbezug für Personen mit tiefen bis mittleren Einkommen,

­

Anpassung der Bestimmungen über die Hinterlassenenrenten.

Total der Ausgaben Diese Rubrik enthält die Ausgaben nach geltender Ordnung und die finanziellen Auswirkungen der Massnahmen auf die AHV-Leistungen.

Einnahmen Beiträge und Regress Es handelt sich um die Beiträge der Versicherten und Arbeitgeber. Hinzu kommen die Einnahmen aus dem Regress gegen haftpflichtige Dritte. Die Beiträge entwickeln sich mit der Lohnsumme.

Reform 2020 Die Rubrik «Reform 2020» umfasst die finanziellen Auswirkungen der Massnahmen auf die AHV-Beiträge (Massnahmen und Zahlen gemäss Tabelle 2 unter «Einnahmen»): ­

Vereinheitlichung des Referenzalters (65 Jahre),

­

drittes Vorbezugsjahr,

­

Aufhebung der Beitragspflicht während des Vorbezugs,

­

Aufhebung des Freibetrags für Erwerbstätige von über 65 Jahren,

­

Aufhebung der sinkenden Beitragsskala für Selbstständigerwerbende,

­

Anhebung des AHV-Beitragssatzes von 7,8 Prozent auf 8,4 Prozent bei den Selbstständigerwerbenden (Vereinheitlichung des AHV-Beitragssatzes).

MWST Die Rubrik «MWST» enthält die 83 Prozent des Ertrags aus dem Mehrwertsteuerprozent («Demografieprozent»). Die restlichen 17 Prozent gehen gemäss geltender Ordnung an den Bund. Die Entwicklung der MWST-Einnahmen für die AHV wird im Rahmen des Voranschlags und des Finanzplans (aktuell von 2015­2018) von der 238

ESTV vorgegeben. Ab 2019 folgt die Entwicklung der MWST jener der Lohnsumme.

Bund ­ geltende Ordnung Die Rubrik «Bund ­ geltende Ordnung» umfasst den Beitrag des Bundes an die AHV-Ausgaben (19,55 % der jährlichen AHV-Ausgaben gemäss Art. 103 Abs. 1 AHVG) sowie den Ertrag aus der Spielbankenabgabe. Die Entwicklung des Bundesbeitrags folgt der Entwicklung der AHV-Ausgaben. Für die Spielbankenabgabe entsprechen die Perspektiven den Zahlen von Voranschlag und Finanzplan der Eidgenössischen Spielbankenkommission. Ab 2019 folgt die Entwicklung dem Lohnindex.

Bundesbeitrag (Reform 2020) Diese Rubrik zeigt, wie sich die Änderung der AHV-Ausgaben aufgrund der leistungsseitigen Massnahmen auf den Bundesbeitrag (19,55 %) auswirkt und welche finanziellen Folgen die Senkung des Bundesbeitrags an die AHV-Ausgaben von 19,55 Prozent auf 18 Prozent hat.

So führen die Massnahmen im Jahr 2030 zu einer Ausgabenreduktion von 825 Millionen Franken. Entsprechend geht der Bundesbeitrag um 161 Millionen Franken zurück (19,55 %).

Die Senkung des Bundesbeitrags an die AHV-Ausgaben von 19,55 Prozent auf 18,0 Prozent führt 2030 zu einer Abnahme des Bundesbeitrags um 919 Millionen Franken.

Insgesamt verringert sich der Bundesbeitrag im Jahr 2030 um 1080 Millionen Franken.

«Demografieprozent» MWST (Reform 2020) Die Anrechnung von 17 Prozent des Ertrags aus dem Mehrwertsteuerprozent zugunsten der AHV wird im Jahr 2030 zu zusätzlichen Einnahmen von 609 Millionen Franken führen.

Zusatzfinanzierung MWST (Reform 2020) Gemäss dem AHV-Finanzhaushalt mit der Vorlage zur Reform der Altersvorsorge 2020 (Tabelle 3), wird die erste Mehrwertsteuererhöhung um 1 Prozentpunkt im Jahr 2019 (vorgesehenes Inkrafttreten der Reform) erfolgen. Die zweite Erhöhung um 0,5 Prozentpunkte erfolgt 2027.

Die Mehrwertsteuererhöhung zugunsten der AHV führt 2030 zu Zusatzeinnahmen von 5376 Millionen Franken.

Total (Einnahmen) Das Total der Einnahmen umfasst die Rubriken: ­

Beiträge und Regress,

­

Reform 2020,

­

MWST,

­

Bund ­ geltende Ordnung,

­

Reform 2020 Bund Demografieprozent MWST, 239

­

Anteil Demografieprozent MWST aus Reform 2020,

­

Zusatzfinanzierung MWST.

Umlageergebnis Das Umlageergebnis ist die Differenz zwischen den oben genannten Einnahmen und den Ausgaben der AHV.

Kapitalkonto der AHV Ertrag der Anlagen Diese Rubrik enthält den Anteil der AHV am Anlageergebnis und die Zinsen auf den IV-Schulden (per 31.12.2010 betrug die Schuld der IV bei der AHV 14 944 Millionen Franken).

Jährliche Veränderung = Jahresergebnis Die jährliche Veränderung ist die Differenz zwischen allen Einnahmen (auch der Anlageerträge) und allen Ausgaben. Sie kann auch berechnet werden, indem zum Umlageergebnis die Anlageerträge addiert werden.

Stand Ende Jahr Den Stand des Kapitalkontos per Ende Jahr erhält man, indem zum Vorjahresbetrag die jährliche Veränderung dazugezählt wird. In der Praxis ist dies anhand der Werte in der Tabelle aufgrund der unterschiedlichen Diskontierungsfaktoren nicht direkt nachvollziehbar.

Stand Ende Jahr in Prozent der Ausgaben Nach Artikel 107 Absatz 3 AHVG darf der AHV-Ausgleichsfonds Ende Jahr nicht unter den Betrag einer Jahresausgabe sinken. Im Jahr 2013 wurde diese Vorgabe erfüllt (108 %).

Stand Ende Jahr (ohne IV-Schulden) in Prozent der Ausgaben Nach Abzug der IV-Schulden (13 765 Millionen Franken) vom Buchwert des Kapitalkontos verfügte die AHV im Jahr 2013 noch über 29 315 Millionen Franken. Dies entspricht 73 Prozent der Ausgaben.

Ersatzquotenindex Der Ersatzquotenindex berechnet sich aus dem Verhältnis zwischen der Minimalrente und dem Lohnindex. Als Ausgangswert gilt: 1980 = 100 Prozent. Es handelt sich also um einen Indikator, der anzeigt, in welchem Ausmass ein dem Lohnindex folgendes Einkommen durch die Minimalrente gedeckt wird. 2013 stand dieser Index bei 91,8 Prozent. Im Jahr 2030 dürfte er 85,2 Prozent erreichen.

Ausgaben in Prozent der AHV-Lohnsumme Es handelt sich um den Ausgabensatz, d.h. das Verhältnis der Ausgaben zur Lohnsumme, auf der die AHV-Beiträge erhoben werden. Dieser Wert zeigt an, wie hoch der Beitragssatz sein müsste, um die AHV-Ausgaben vollständig aus den geleisteten Beiträgen von Versicherten und Arbeitgebern decken zu können.

240

Tabelle 1 AHV-Finanzhaushalt gemäss geltender Ordnung Beträge in M illionen Franken Jahr

zu Preisen von 2014

Ausgaben

Einnahmen

Umlage-

Geltende Reform Total Ordnung 2020

Beiträge Reform und Regress 2020

Ohne IV-

Kapitalkonto der AHV

Schulden

ergebnis M WST 1) Bund g. O.

Reform Total 2020 Demogr.% Zusatzf.

Bund M WST M WST

In prop.

M WST Punkten

Ertrag der Anlagen

Jährliche Stand Ende Veränderung Jahr

2013 2014 2015

39 976 40 884 41 766

0 0 0

39 976 40 884 41 766

29 548 30 187 30 728

0 0 0

2 318 2 372 2 437

8 123 8 293 8 464

0 0 0

0 0 0

0 0 0

39 989 40 852 41 629

14 - 32 - 137

0.0 0.0 0.0

894 718 871

908 686 734

43 081 43 767 44 327

2016 2017 2018 2019 2020

42 246 43 456 43 924 45 306 45 621

0 0 0 0 0

42 246 43 456 43 924 45 306 45 621

31 114 31 617 32 098 32 577 33 037

0 0 0 0 0

2 493 2 541 2 594 2 633 2 670

8 555 8 789 8 877 9 149 9 213

0 0 0 0 0

0 0 0 0 0

0 0 0 0 0

42 162 42 947 43 569 44 359 44 920

- 84 - 509 - 355 - 947 - 701

0.0 -0.2 -0.1 -0.3 -0.2

1 013 1 030 1 190 1 227 1 217

929 521 835 280 516

44 817 44 894 45 285 44 896 44 748

2021 2022 2023 2024 2025

47 839 48 218 50 498 50 928 53 459

0 0 0 0 0

47 839 48 218 50 498 50 928 53 459

33 470 33 885 34 266 34 638 34 987

0 0 0 0 0

2 705 2 739 2 769 2 799 2 828

9 649 9 725 10 172 10 258 10 755

0 0 0 0 0

0 0 0 0 0

0 0 0 0 0

45 824 46 349 47 207 47 695 48 570

-2 015 -1 869 -3 291 -3 233 -4 889

-0.6 -0.6 -1.0 -1.0 -1.4

1 185 1 137 1 062 968 838

- 830 - 732 -2 229 -2 265 -4 051

43 257 41 886 39 038 36 196 31 610

2026 2027 2028 2029 2030

53 924 56 383 56 928 59 664 60 117

0 0 0 0 0

53 924 56 383 56 928 59 664 60 117

35 336 35 678 36 038 36 413 36 803

0 0 0 0 0

2 856 2 884 2 913 2 943 2 975

10 849 11 332 11 440 11 977 12 068

0 0 0 0 0

0 0 0 0 0

0 0 0 0 0

49 041 49 894 50 391 51 333 51 846

-4 883 -6 489 -6 537 -8 331 -8 271

-1.4 -1.9 -1.9 -2.3 -2.3

685 496 280 23 - 262

-4 198 -5 993 -6 257 -8 308 -8 532

2031 2032 2033 2034 2035

62 876 63 078 65 416 65 391 67 914

0 0 0 0 0

62 876 63 078 65 416 65 391 67 914

37 213 37 647 38 102 38 570 39 062

0 0 0 0 0

3 008 3 043 3 080 3 118 3 157

12 609 12 652 13 111 13 108 13 603

0 0 0 0 0

0 0 0 0 0

0 0 0 0 0

52 830 53 342 54 293 54 796 55 822

-10 046 -9 736 -11 123 -10 595 -12 092

-2.8 -2.7 -3.0 -2.8 -3.2

- 587 - 946 -1 341 -1 750 -2 194

-10 633 -10 682 -12 464 -12 345 -14 286

Abrechnung 2013 - Szenario A-17-2010 BFS Annahmen über die wirtschaftliche Entwicklung, in % Jahr 2014 2015 2016 Lohnindex 0.9 1.0 1.2 Strukturwandel 0.3 0.3 0.3 Preis 0.2 0.4 1.0 Rentenanpassungen: alle zwei Jahre

241

2017 1.6 0.3 1.0

2018 ab 2019 1.6 2.2 0.3 0.3 1.0 1.5

Ersatzquotenindex

in % in % Ausgaben in % der der 1980=100 der AHVAusgaben Ausgaben Lohnsumme

26 945 20 554 13 993 5 478 -3 135

108 107 106 106 103 103 99 98 90 87 77 71 59 50 36 25 9 -5

73 75 78 81 82 82 79 80 73 71 63 59 49 41 30 20 7 -6

-13 722 -24 201 -36 307 -48 115 -61 690

-22 -38 -56 -74 -91

-22 -38 -56 -74 -91

91.8 91.2 90.7

11.2 11.2 11.3

89.8 90.3 88.8 89.6 87.7

11.3 11.4 11.4 11.5 11.5

89.3 87.4 88.9 86.9 88.3

11.9 11.8 12.2 12.2 12.7

86.4 87.6 85.7 87.1 85.2

12.7 13.1 13.1 13.6 13.6

86.8 84.9 86.0 84.2 85.7

14.0 13.9 14.3 14.1 14.4

1) 1,0 Prozentpunkt (proportional) ; Anteil der Versicherung 83 %, Anteil des Bundes 17 %

BSV / Version 2 / 1.9.2014

Tabelle 2 Entwicklung der finanziellen Auswirkungen der leistungs- und beitragsseitigen Massnahmen Beträge in Millionen Franken, zu Preisen von 2014 Jahr

Veränderung der Ausgaben Rentenalter

Veränderung der Einnahmen

Vorbezug Vorbezug Aufschub Renten3. Jahr Satzänderung Satzänderung verbesserung

Sonderregelung Vorbezug

Hinterlassene

Total Leistungen

Rentenalter

Bund

Vorbezug 3. Jahr

Wegfall Beitragspflicht

Freibetrag

SE sinkende Skala

SE Angleichung Beitragssatz

Umlageergebnis

Total Beiträge

2019 2020 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2028 2029 2030 2031 2032 2033 2034 2035

0 -131 -269 -403 -560 -708 -887 -1'064 -1'114 -1'121 -1'143 -1'114 -1'128 -1'089 -1'093 -1'048 -1'050

47 111 174 197 206 203 205 199 176 141 106 64 24 -16 -56 -94 -136

6 11 18 25 34 42 52 61 71 78 88 95 105 111 121 126 137

0 0 0 0 -1 -1 -2 -3 -4 -4 -5 -6 -7 -7 -8 -9 -10

0 1 4 9 16 26 40 53 68 80 95 107 124 135 151 161 176

161 259 304 307 323 327 343 346 361 365 383 388 408 413 434 438 462

-40 -39 -49 -57 -82 -100 -138 -166 -217 -253 -316 -359 -431 -483 -564 -567 -597

174 211 182 79 -63 -211 -386 -573 -659 -714 -792 -825 -904 -936 -1'015 -993 -1'018

0 11 22 34 47 61 76 93 97 100 102 102 103 103 104 103 103

-13 -24 -34 -39 -43 -47 -51 -55 -57 -58 -58 -58 -57 -57 -57 -56 -56

-4 -7 -8 -8 -8 -8 -9 -9 -9 -10 -10 -10 -11 -11 -11 -12 -12

187 192 198 203 209 204 211 217 225 232 239 246 251 255 259 261 264

113 116 117 118 120 121 122 123 124 125 126 127 128 129 130 131 133

152 154 156 157 159 161 162 164 165 167 168 170 171 173 174 176 177

435 442 451 466 484 492 511 533 544 557 568 577 585 593 599 604 609

34 41 36 15 -12 -41 -76 -112 -129 -140 -155 -161 -177 -183 -198 -194 -199

295 272 304 403 535 661 822 994 1'074 1'131 1'205 1'241 1'313 1'345 1'416 1'403 1'428

2030 gerundet

-1'110

60

100

-10

110

390

-360

-820

100

-60

-10

250

130

170

580

-160

1'240

SE: Selbstständigerwerbende Stand: 1.9.2014

242

Tabelle 3 AHV-Finanzhaushalt mit der Vorlage zur Reform der Altersvorsorge 2020 zu Preisen von 2014

Beträge in Millionen Franken Jahr

Ausgaben

Einnahmen

Umlage-

Kapitalkonto der AHV

Ohne IV- ErsatzquoSchulden tenindex

ergebnis Geltende Reform Ordnung 2020

2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2028 2029 2030 2031 2032 2033 2034 2035

39 976 40 884 41 766 42 246 43 456 43 924 45 306 45 621 47 839 48 218 50 498 50 928 53 459 53 924 56 383 56 928 59 664 60 117 62 876 63 078 65 416 65 391 67 914

0 0 0 0 0 0 174 211 182 79 - 63 - 211 - 386 - 573 - 659 - 714 - 792 - 825 - 904 - 936 -1 015 - 993 -1 018

Total

39 976 40 884 41 766 42 246 43 456 43 924 45 480 45 832 48 022 48 297 50 435 50 717 53 073 53 351 55 724 56 214 58 872 59 292 61 972 62 142 64 401 64 398 66 896

Beiträge Reform und Regress 2020

29 548 30 187 30 728 31 114 31 617 32 098 32 577 33 037 33 470 33 885 34 266 34 638 34 987 35 336 35 678 36 038 36 413 36 803 37 213 37 647 38 102 38 570 39 062

Abrechnung 2013 - Szenario A-17-2010 BFS Annahmen über die wirtschaftliche Entwicklung, in % Jahr 2014 2015 Lohnindex 0.9 1.0 Strukturwandel 0.3 0.3 Preis 0.2 0.4 Rentenanpassungen: alle zwei Jahre

243

0 0 0 0 0 0 435 442 451 466 484 492 511 533 544 557 568 577 585 593 599 604 609

2016 1.2 0.3 1.0

MWST

1)

2 318 2 372 2 437 2 493 2 541 2 594 2 633 2 670 2 705 2 739 2 769 2 799 2 828 2 856 2 884 2 913 2 943 2 975 3 008 3 043 3 080 3 118 3 157

2017 1.6 0.3 1.0

Bund g. O.

Reform 2020 2) Bund

8 123 8 293 8 464 8 555 8 789 8 877 9 149 9 213 9 648 9 725 10 172 10 258 10 756 10 849 11 332 11 441 11 978 12 068 12 609 12 652 13 110 13 108 13 603

2018 1.6 0.3 1.0

0 0 0 0 0 0 - 671 - 669 - 709 - 733 - 794 - 827 - 898 - 939 - 993 -1 011 -1 067 -1 080 -1 137 -1 146 -1 197 -1 192 -1 236

ab 2019 2.2 0.3 1.5

Total

In prop.

MWST Punkten

Demogr.% Zusatzf.

3) MWST MWST

0 0 0 0 0 0 539 547 554 561 567 573 579 585 591 597 603 609 616 623 631 639 647

0 0 0 0 0 0 2 506 3 217 3 259 3 300 3 337 3 373 3 407 3 441 4 847 5 264 5 319 5 376 5 436 5 499 5 566 5 635 5 706

39 989 40 852 41 629 42 162 42 947 43 569 47 169 48 456 49 378 49 942 50 801 51 305 52 169 52 661 54 884 55 799 56 756 57 328 58 330 58 911 59 891 60 481 61 548

14 - 32 - 137 - 84 - 509 - 355 1 689 2 624 1 357 1 645 367 588 - 904 - 690 - 841 - 416 -2 117 -1 964 -3 641 -3 231 -4 509 -3 918 -5 348

0.0 -0.0 -0.0 -0.0 -0.2 -0.1 0.5 0.8 0.4 0.5 0.1 0.2 -0.3 -0.2 -0.2 -0.1 -0.6 -0.5 -1.0 -0.9 -1.2 -1.0 -1.4

Ertrag der Anlagen

894 718 871 1 013 1 030 1 190 1 260 1 352 1 438 1 515 1 571 1 616 1 635 1 638 1 632 1 641 1 624 1 587 1 517 1 430 1 309 1 183 1 030

Jährliche Stand Ende VeränderuJahr

908 686 734 929 521 835 2 949 3 976 2 795 3 160 1 938 2 204 731 948 792 1 225 - 493 - 377 -2 124 -1 801 -3 200 -2 735 -4 318

43 081 43 767 44 327 44 817 44 894 45 285 47 565 50 838 52 882 55 261 56 383 57 753 57 631 57 728 57 667 58 039 56 688 55 474 52 531 49 954 46 016 42 601 37 654

in % in % Ausgaben in % der der 1980=100 der AHVAusgaben Ausgaben Lohnsumme

108 107 106 106 103 103 105 111 110 114 112 114 109 108 103 103 96 94 85 80 71 66 56

73 75 78 81 82 82 85 93 93 99 98 101 98 99 96 98 93 92 85 80 71 66 56

91.8 91.2 90.7 89.8 90.3 88.8 89.6 87.7 89.3 87.4 88.9 86.9 88.3 86.4 87.6 85.7 87.1 85.2 86.8 84.9 86.0 84.2 85.7

11.2 11.2 11.3 11.3 11.4 11.4 11.4 11.4 11.8 11.7 12.0 12.0 12.4 12.3 12.8 12.8 13.2 13.2 13.6 13.5 13.8 13.6 14.0

1) 1,0 Prozentpunkt (proportional) ; Anteil der Versicherung 83 %, Anteil des Bundes 17 %; 2) inkl. Senkung des Bundesanteils auf 18.0% der Ausgaben 3) Annahmen zur MWST: 1.0 Punkte ab 2019, sowie 0.5 zusätzliche Punkte ab 2027: proportional BSV / Version 2 / 1.9.2014

244