15.019 Botschaft über die Standortförderung 2016­2019 vom 18. Februar 2015

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Wir unterbreiten Ihnen mit dieser Botschaft, mit dem Antrag auf Zustimmung, die Entwürfe zu folgenden Bundesbeschlüssen: 1.

Bundesbeschluss über die Finanzierung der E-Government-Aktivitäten für kleine und mittelgrosse Unternehmen für die Jahre 2016­2019

2.

Bundesbeschluss über die Finanzierung der Förderung von Innovation, Zusammenarbeit und Wissensaufbau im Tourismus für die Jahre 2016­2019

3.

Bundesbeschluss über die Finanzhilfe an Schweiz Tourismus für die Jahre 2016­2019

4.

Bundesbeschluss über die Verlängerung des Zusatzdarlehens an die Schweizerische Gesellschaft für Hotelkredit bis 2019 (Bundesbeschluss über den Nachtrag IIa zum Voranschlag 2011)

5.

Bundesbeschluss zur Festlegung des Mehrjahresprogramms des Bundes 2016­2023 zur Umsetzung der Neuen Regionalpolitik (NRP)

6.

Bundesbeschluss über weitere Einlagen in den Fonds für Regionalentwicklung

7.

Bundesbeschluss über die Finanzierung der Exportförderung für die Jahre 2016­2019

8.

Bundesbeschluss über die Finanzierung der Förderung der Information über den Unternehmensstandort Schweiz für die Jahre 2016­2019

Gleichzeitig beantragen wir Ihnen, die folgenden parlamentarischen Vorstösse abzuschreiben: 2011

P

11.3466

Nachhaltige Entwicklung und Standortförderung (N 31. 5.11, Kommission für Wirtschaft und Abgaben NR 11.019)

2011

P

11.3697

Evaluation der Neuen Regionalpolitik (N 30. 9.11, von Siebenthal)

2012

P

12.3964

Für eine Regionalpolitik auch im Dienst der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit (S 4.12.12, Lombardi)

2014-1726

2381

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

18. Februar 2015

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Simonetta Sommaruga Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

2382

Übersicht Die Standortförderung des Bundes dient dem Ziel, die Wettbewerbsfähigkeit der KMU-geprägten Volkswirtschaft zu erhalten sowie zu fördern und dadurch zum Erhalt der Arbeitsplätze beizutragen. Zu diesem Zweck sollen die Instrumente des Bundes zur Standortförderung 2016­2019 fortgeführt und weiterentwickelt werden. Dazu unterbreitet der Bundesrat dem Parlament sechs Finanzierungsbeschlüsse. Zudem beantragt er, das Mehrjahresprogramm 2016­2023 zur Umsetzung der Neuen Regionalpolitik sowie weitere Einlagen in den Fonds für Regionalentwicklung 2016­2023 zu genehmigen.

Ausgangslage Die Schweiz gehört zu den wettbewerbsfähigsten Ländern der Welt. Trotzdem steht sie vor grossen Herausforderungen: Die zunehmende Globalisierung von Kapital-, Güter-, Dienstleistungs- und Personenströmen hat zum Wohlstand wesentlich beigetragen. Sie setzt jedoch den Wirtschaftsstandort gleichzeitig unter Druck. Mit dem Wirtschaftswachstum entstehen neue Herausforderungen: starkes Bevölkerungswachstum und steigende Belastung von natürlichen Ressourcen und Infrastrukturen.

Die zunehmende Sensibilität breiter Kreise gegenüber einem gestiegenen Raum- und Ressourcenbedarf widerspiegelt sich in den Abstimmungsergebnissen zur Zweitwohnungsinitiative, zur Masseneinwanderungsinitiative sowie zum Raumplanungsgesetz. Ausserdem stellt die Frankenstärke, akzentuiert durch die Aufhebung des Euro-Mindestkurses zum Schweizer Franken, die Unternehmen in der Schweiz, insbesondere im Bereich der Exportwirtschaft und des Tourismus, vor grosse Herausforderungen.

Die Standortförderung des Bundes hat zum Ziel, die Attraktivität, die Leistungsfähigkeit und das Potenzial des Wirtschaftsstandorts Schweiz und damit langfristig die Wettbewerbsfähigkeit der KMU-geprägten Volkswirtschaft und ihrer Arbeitsplätze zu fördern. Dazu verstärkt sie positive Standortexternalitäten, unterstützt den Strukturwandel und setzt Anreize zur Zusammenarbeit unter standortrelevanten Akteuren. Die Standortförderung trägt dem infolge der Wirtschaftsentwicklung gestiegenen Raum- und Ressourcenverbrauch Rechnung, indem sie ein auf Innovation und höherer Produktivität basierendes Wachstum anstrebt, vorhandene Potenziale (Infrastruktur, Arbeitsplätze, Netzwerke) besser nutzt sowie regionale Entwicklungsperspektiven schafft. Dabei berücksichtigt sie die Grundsätze der
nachhaltigen Entwicklung.

Die nachfolgend im Detail erläuterten Instrumente und Massnahmen tragen der jüngsten Aufwertung des Franken insofern Rechnung, als sie zur Verbesserung spezifischer und struktureller Rahmenbedingungen beitragen.

Inhalt der Vorlage Der Bundesrat unterbreitet dem Parlament sechs Finanzierungsbeschlüsse, um die Instrumente der Standortförderung, deren Finanzierung Ende 2015 ausläuft, in den Jahren 2016­2019 fortzuführen und weiterzuentwickeln. Des Weiteren beantragt er

2383

dem Parlament, das Mehrjahresprogramm 2016­2023 zur Umsetzung der Neuen Regionalpolitik sowie weitere Einlagen in den Fonds für Regionalentwicklung 2016­2023 zu genehmigen.

Bei der Weiterentwicklung ihrer Instrumente setzt die Standortförderung 2016­2019 die Schwerpunkte wie folgt: ­

KMU-Politik: E-Government als effizientes Instrument zur administrativen Entlastung, zur Verbesserung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und der Wettbewerbsfähigkeit der KMU-Wirtschaft. Die Schweiz hat Nachholbedarf im E-Government. Verfolgt wird der sukzessive Aufbau eines OneStop-Shops unter Einbezug aller föderalen Ebenen.

­

Tourismuspolitik: Impulsprogramm 2016­2019 gemäss «Bericht über die strukturelle Situation des Schweizer Tourismus und die künftige Tourismusstrategie des Bundesrates» vom 26. Juni 2013 (Tourismusbericht). Der aufgrund der Zweitwohnungsinitiative beschleunigte Strukturwandel soll verstärkt begleitet und abgefedert werden.

­

Regionalpolitik: Die Rolle regionaler Innovationssysteme (RIS) in der Innovationsförderung wird gestärkt. Dies mit dem Ziel, die Koordination der vorhandenen Innovationsförderangebote zugunsten der KMU zu verbessern und über eine auf die regionalen Besonderheiten zugeschnittene Innovationsförderung regionale Innovationspotenziale auszuschöpfen.

­

Aussenwirtschaftsförderung: Stärkere Ausrichtung des Dienstleistungsangebots von Switzerland Global Enterprise (S-GE) an branchenspezifischen Kundenbedürfnissen in der Exportförderung. Standortpromotionsaktivitäten mittels verstärkter Information über den Unternehmensstandort sowie Orientierung auf wertschöpfungsintensive Branchen.

Finanzierungsbeschlüsse Gesamthaft beantragt der Bundesrat mit dieser Botschaft einen Zahlungsrahmen von 374,2 Mio. Franken für die Jahre 2016­2019 für folgende Instrumente der Standortförderung des Bundes: ­

Bundesbeschluss über die Finanzierung der E-Government-Aktivitäten für kleine und mittelgrosse Unternehmen für die Jahre 2016­2019 (17,7 Mio. Fr.)

­

Bundesbeschluss über die Finanzierung der Förderung von Innovation, Zusammenarbeit und Wissensaufbau im Tourismus (30 Mio. Fr.)

­

Bundesbeschluss über die Finanzhilfe an Schweiz Tourismus für die Jahre 2016­2019 (220,5 Mio. Fr.)

­

Bundesbeschluss über die Verlängerung des Zusatzdarlehens an die Schweizerische Gesellschaft für Hotelkredit bis 2019 (Bundesbeschluss über den Nachtrag IIa zum Voranschlag 2011)

­

Bundesbeschluss über die Finanzierung der Exportförderung für die Jahre 2016­2019 (89,6 Mio. Fr.)

2384

­

Bundesbeschluss über die Finanzierung der Förderung der Information über den Unternehmensstandort Schweiz für die Jahre 2016­2019 (16,4 Mio. Fr.)

Ferner beantragt er einen Zahlungsrahmen von 230 Mio. Franken für die Jahre 2016­2023 für weitere Einlagen in den Fonds für Regionalentwicklung.

Weiterer Bundesbeschluss Des Weitern beangtragt der Bundesrat einen Bundesbeschluss zur Festlegung des Mehrjahresprogramms des Bundes 2016­2023 zur Umsetzung der Neuen Regionalpolitik (NRP).

2385

Inhaltsverzeichnis Übersicht

2383

Abkürzungsverzeichnis

2390

1

Einleitung 1.1 Ausgangslage 1.2 Die Rolle des Staates in der Standortförderung 1.3 Ziele der Standortförderung 1.4 Schwerpunkte der Standortförderung 2016­2019 1.5 Instrumente der Standortförderung 1.5.1 Übersicht 1.5.2 Förderung der Standortentwicklung 1.5.3 Förderung der Standortnutzerinnen und -nutzer 1.5.4 Förderung der Standortnachfrage 1.6 Einbettung der Standortförderung in die Wirtschaftspolitik des Bundes 1.7 Erledigung parlamentarischer Vorstösse

2392 2392 2393 2394 2394 2395 2395 2396 2397 2397

KMU-Politik 2.1 Strategische Grundlagen 2.2 Administrative Entlastung 2.2.1 Ziele und Aufgaben 2.2.2 Wirksamkeit 2.2.3 Internationaler Vergleich 2.2.4 Schwerpunkte 2016­2019 2.3 E-Government zugunsten der KMU 2.3.1 Ziele und Aufgaben 2.3.2 Wirksamkeit 2.3.3 Internationaler Vergleich 2.3.4 Schwerpunkte 2016­2019 2.3.5 Bundesbeschluss über die Finanzierung der E-Government-Aktivitäten für kleine und mittelgrosse Unternehmen für die Jahre 2016­2019 (Vorlage 1) 2.4 Unternehmensfinanzierung 2.4.1 Ziele und Aufgaben 2.4.2 Wirksamkeit 2.4.3 Internationaler Vergleich 2.4.4 Schwerpunkte 2016­2019 2.5 Gewerbeorientiertes Bürgschaftswesen 2.5.1 Ziele und Aufgaben 2.5.2 Wirksamkeit 2.5.3 Internationaler Vergleich 2.5.4 Schwerpunkte 2016­2019

2400 2400 2400 2400 2401 2402 2402 2402 2402 2404 2405 2406

2

2386

2398 2398

2408 2409 2409 2410 2410 2410 2411 2411 2411 2413 2414

3

4

Tourismuspolitik 3.1 Strategische Grundlagen 3.1.1 Standortbestimmung zur 2010 neu konzipierten Tourismuspolitik des Bundes 3.1.2 Das Impulsprogramm als Schwerpunkt der Tourismuspolitik 2016­2019 3.1.3 Finanzieller Gesamtrahmen der Tourismuspolitik 3.2 Innotour 3.2.1 Ziele und Aufgaben 3.2.2 Wirksamkeit 3.2.3 Internationaler Vergleich 3.2.4 Schwerpunkte 2016­2019 3.2.5 Bundesbeschluss über die Finanzierung der Förderung von Innovation, Zusammenarbeit und Wissensaufbau im Tourismus für die Jahre 2016­2019 (Vorlage 2) 3.3 Touristische Landeswerbung 3.3.1 Ziele und Aufgaben 3.3.2 Wirksamkeit 3.3.3 Internationaler Vergleich 3.3.4 Schwerpunkte 2016­2019 3.3.5 Bundesbeschluss über die Finanzhilfe an Schweiz Tourismus für die Jahre 2016­2019 (Vorlage 3) 3.4 Beherbergungsförderung 3.4.1 Ziele und Aufgaben 3.4.2 Wirksamkeit 3.4.3 Internationaler Vergleich 3.4.4 Schwerpunkte 2016­2019 3.4.5 Beschluss über die Verlängerung des Zusatzdarlehens an die Schweizerische Gesellschaft für Hotelkredit bis 2019 (Bundesbeschluss über den Nachtrag IIa zum Voranschlag 2011) (Vorlage 4)

2415 2415

Regionalpolitik 4.1 Strategische Grundlagen 4.1.1 Ziele und Aufgaben 4.1.2 Raumkonzept Schweiz 4.1.3 Politik für die ländlichen Räume und Berggebiete 4.1.4 Agglomerationspolitik 4.1.5 Innovationspolitik 4.1.6 Europäische Kohäsionspolitik 2014­2020 4.2 Wirksamkeit der Neuen Regionalpolitik 4.3 Mehrjahresprogramm des Bundes 2016­2023 zur Umsetzung der Neuen Regionalpolitik (MJP2) 4.3.1 Inhaltliche Konzeption des MJP2 4.3.2 Definitionen 4.3.3 Ausrichtung 1: Projektförderung 4.3.4 Ausrichtung 2: Koordination Sektoralpolitiken 4.3.5 Ausrichtung 3: Wissenssystem

2433 2433 2433 2434 2435 2435 2436 2436 2437

2415 2417 2420 2420 2420 2421 2422 2423 2423 2423 2423 2424 2425 2426 2427 2429 2429 2430 2431 2431

2432

2440 2440 2443 2445 2452 2454 2387

4.4

4.5 5

6

7

4.3.6 Steuererleichterungen 4.3.7 Umsetzung auf Ebene Kantone 4.3.8 Controlling und Evaluation Bundesbeschluss zur Festlegung des Mehrjahresprogramms des Bundes 2016­2023 zur Umsetzung der Neuen Regionalpolitik (Vorlage 5) Bundesbeschluss über weitere Einlagen in den Fonds für Regionalentwicklung (Vorlage 6)

2455 2456 2458

2458 2459

Aussenwirtschaftsförderung 5.1 Strategische Grundlagen 5.2 Exportförderung 5.2.1 Ziele und Aufgaben 5.2.2 Wirksamkeit 5.2.3 Internationaler Vergleich 5.2.4 Schwerpunkte 2016­2019 5.2.5 Bundesbeschluss über die Finanzierung der Exportförderung für die Jahre 2016­2019 (Vorlage 7) 5.3 Standortpromotion 5.3.1 Ziele und Aufgaben 5.3.2 Wirksamkeit 5.3.3 Internationaler Vergleich 5.3.4 Schwerpunkte 2016­2019 5.3.5 Bundesbeschluss über die Finanzierung der Förderung der Information über den Unternehmensstandort Schweiz für die Jahre 2016­2019 (Vorlage 8) 5.4 Exportrisikoversicherung 5.4.1 Ziele und Aufgaben

2460 2460 2461 2461 2463 2464 2464

Auswirkungen der beantragten Bundesbeschlüsse 6.1 Auswirkungen auf den Bund 6.1.1 Finanzielle Auswirkungen 6.1.2 Personelle Auswirkungen 6.2 Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden sowie auf urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete 6.3 Zusammenarbeit zwischen Bund und Kantonen 6.4 Auswirkungen auf die Volkswirtschaft 6.5 Auswirkungen auf die Gesellschaft 6.6 Auswirkungen auf die Umwelt 6.7 Auswirkungen auf die Zuwanderung

2477 2477 2477 2479

Verhältnis zu Legislaturplanung und zu nationalen Strategien des Bundesrates 7.1 Verhältnis zur Legislaturplanung 7.2 Verhältnis zu nationalen Strategien des Bundesrates

2388

2467 2469 2469 2471 2472 2472 2474 2476 2476

2479 2480 2481 2482 2482 2482 2484 2484 2485

8

Rechtliche Aspekte 8.1 Verfassungs- und Gesetzmässigkeit 8.2 Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz 8.3 Unterstellung unter die Ausgabenbremse 8.4 Einhaltung der Grundsätze des Subventionsgesetzes

2485 2485 2485 2485 2485

1

Bundesbeschluss über die Finanzierung der E-GovernmentAktivitäten für kleine und mittelgrosse Unternehmen für die Jahre 2016­2019 (Entwurf)

2487

2

Bundesbeschluss über die Finanzierung der Förderung von Innovation, Zusammenarbeit und Wissensaufbau im Tourismus für die Jahre 2016­2019 (Entwurf)

2489

3

Bundesbeschluss über die Finanzhilfe an Schweiz Tourismus für die Jahre 2016­2019 (Entwurf)

2491

4

Bundesbeschluss über die Verlängerung des Zusatzdarlehens an die Schweizerische Gesellschaft für Hotelkredit bis 2019 (Bundesbeschluss über den Nachtrag IIa zum Voranschlag 2011) (Entwurf)

2493

5

Bundesbeschluss zur Festlegung des Mehrjahresprogramms des Bundes 2016­2023 zur Umsetzung der Neuen Regionalpolitik (Entwurf)

2495

6

Bundesbeschluss über weitere Einlagen in den Fonds für Regionalentwicklung (Entwurf)

2497

Bundesbeschluss über die Finanzierung der Exportförderung für die Jahre 2016­2019 (Entwurf)

2499

Bundesbeschluss über die Finanzierung der Förderung der Information über den Unternehmensstandort Schweiz für die Jahre 2016­2019 (Entwurf)

2501

7 8

2389

Abkürzungsverzeichnis ARE ASTRA BAFU BAG BASPO BB BFI BIP BLW BNLR BPUK BRP BWO CDEP-SO CRC-PME EDA EEN EFK eID ELM ERG ETZ FHA FIFG FTE HTW IAM ICT IKT IMD IMP-HSG KDK KMU KTI LINDAS MEM

2390

Bundesamt für Raumentwicklung Bundesamt für Strassen Bundesamt für Umwelt Bundesamt für Gesundheit Bundesamt für Sport Bundesbeschluss Bildung, Forschung, Innovation Bruttoinlandprodukt Bundesamt für Landwirtschaft Bundesnetzwerk ländlicher Raum Bau-, Planungs- und Umweltdirektorenkonferenz Bundesgesetz vom 6. Oktober 2006 über die Regionalpolitik (SR 901.0) Bundesamt für Wohnungswesen Volkswirtschaftsdirektorenkonferenz der Westschweiz Coopérative romande de cautionnement ­ petites et moyennes entreprises Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten Enterprise Europe Network Eidgenössische Finanzkontrolle Elektronische Identität Elektronisches Lohnmeldeverfahren Exportrisikogarantie Europäische territoriale Zusammenarbeit Freihandelsabkommen Bundesgesetz vom 14. Dezember 2012 über die Förderung der Forschung und Innovation (SR 420.1) Full-time Equivalent (Vollzeitäquivalent) Hochschule für Technik und Wirtschaft Chur Identity und Access Management Information and Communication Technology Informations- und Kommunikationstechnologien Institute for Management Development Institut für Systemisches Management und Public Governance Universität St. Gallen Konferenz der Kantonsregierungen Kleine und mittlere Unternehmen Kommission für Technologie und Innovation Linked Data Service Maschinen-, Elektro- und Metall-Industrie

MJP1 MJP2 NHB NRP OBTG OECD Osec PV RIS ROK ROR RPG SBFI SBH SECO SERV S-GE SGH SGV SSV ST TAK TFS TPO TTIP UP UVEK VDK WBF WEF WTO WTT YES

(Regionalpolitisches) Mehrjahresprogramm für die Programmperiode 2008­2015 (Regionalpolitisches) Mehrjahresprogramm für die Programmperiode 2016­2023 Nachhaltigkeitsbeurteilung Neue Regionalpolitik Ostschweizerische Bürgschaftsgenossenschaft Organisation for Economic Cooperation and Development Office Suisse d'Expansion Commerciale Programmvereinbarungen Regionales Innovationssystem Raumordnungskonferenz des Bundes Rat für Raumordnung Raumplanungsgesetz vom 22. Juni 1979 (SR 700) Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation Swiss Business Hubs Staatssekretariat für Wirtschaft Schweizerische Exportrisikoversicherung Switzerland Global Enterprise Schweizerische Gesellschaft für Hotelkredit Schweizerischer Gemeindeverband Schweizerischer Städteverband Schweiz Tourismus Tripartite Agglomerationskonferenz Tourismus Forum Schweiz Trade Promotion Organisation Transatlantic Trade and Investment Partnership kantonale Umsetzungsprogramme Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation Volkswirtschaftsdirektorenkonferenz Eidgenössisches Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung World Economic Forum World Trade Organization, Welthandelsorganisation Wissens- und Technologietransfer Young Enterprise Switzerland

2391

Botschaft 1

Einleitung

1.1

Ausgangslage

Die Schweiz gehört zu den wettbewerbsfähigsten Ländern der Welt. Gemäss dem Global Competitiveness Report 2014/15 des World Economic Forums (WEF) ist sie sogar die weltweit wettbewerbsfähigste Volkswirtschaft. Verschiedene Faktoren tragen zu dieser ausgezeichneten Position der Schweiz bei: etwa die hohe Innovationskraft von Forschungs- und Bildungseinrichtungen und der Schweizer Wirtschaft. Verschiedene Innovationsindizes wie der Global Innovation Index oder das Innovation Union Scoreboard der EU zählen die Schweiz zu den innovativsten Ländern der Welt. Ebenfalls zur hohen Wettbewerbsfähigkeit trägt das duale Bildungssystem bei. Dieses sorgt dafür, dass die Schweizer Wirtschaft auf allen Qualifikationsstufen gut ausgebildete Mitarbeitende findet. Weitere Trümpfe des Wirtschaftsstandorts Schweiz sind unter anderem die makroökonomische Stabilität, die effiziente Arbeitsmarktpolitik, ein stabiler Rechtsrahmen und die ausgezeichnete Infrastruktur. Die im internationalen Vergleich hohe Wettbewerbsfähigkeit spiegelt sich auch in der seit über 20 Jahren praktisch ausnahmslos steigenden Wirtschaftsleistung wider. Erfreuliche Folgen dieses Wirtschaftswachstums sind ein steigendes Pro-Kopf-Einkommen und eine grosse Zahl zusätzlicher Arbeitsplätze in der Schweiz.

Trotz der hohen Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Wirtschaft steht diese vor bedeutenden Herausforderungen. Eine der wesentlichsten Herausforderungen bleibt die Frankenstärke, welche die preisliche Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Güter auf den internationalen Märkten in kurzer Zeit markant verschlechtert hat. Primär dank Qualität und Innovation ist es der Schweizer Wirtschaft weitgehend gelungen, den Preiswettbewerb zu umgehen und ihre Position auf den Weltmärkten trotz Währungsnachteilen zu halten.

Eine bedeutende langfristige Herausforderung für den Wirtschaftsstandort Schweiz ist der wirtschaftliche Strukturwandel. Die Globalisierung von Kapital-, Güter-, Dienstleistungs- und Personenströmen sowie die steigenden Anforderungen der zunehmend wissensbasierten Ökonomie fordern Unternehmen und Arbeitskräfte heraus und intensivieren den Standortwettbewerb um mobile Produktionsfaktoren.

Aktuelle Herausforderungen für Wirtschaft und Gesellschaft sind mit dem infolge der positiven Wirtschaftsentwicklung starken Bevölkerungswachstum und der zunehmenden
Sensibilität breiter Kreise gegenüber einem gestiegenen Raum- und Ressourcenbedarf verbunden. Dies kam auch in verschiedenen Volksabstimmungen der jüngsten Zeit, zum Beispiel zur Zweitwohnungs- oder zur Masseneinwanderungsinitiative, zum Ausdruck. Mit der Umsetzung von Artikel 121a der Bundesverfassung1 (BV) steht die Schweiz vor der Aufgabe, ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit weiter stärken zu müssen, ohne dadurch gleichzeitig die Zuwanderung anzukurbeln. Die zentrale Herausforderung liegt dabei darin, die wirtschaftsfreundlichen Rahmenbedingungen der Schweiz zu bewahren beziehungsweise zu stärken und zugleich die Anliegen und Unsicherheiten in breiten Bevölkerungskreisen zu 1

SR 101

2392

berücksichtigen und ernst zu nehmen. Vor diesem Hintergrund ist es zentral, ein Wirtschaftswachstum anzustreben, das in Einklang steht mit den Grundsätzen der nachhaltigen Entwicklung und das mit den vorhandenen Ressourcen haushälterisch umgeht. Dabei steht ein Wachstum im Vordergrund, das auf Innovation und höherer Produktivität basiert und das zu einer stärkeren Entfaltung des vorhandenen Potenzials beiträgt.2

1.2

Die Rolle des Staates in der Standortförderung

Die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Unternehmen und ihrer Arbeitsplätze ist primär firmenintern begründet. Der Staat hat gemäss gängiger wirtschaftspolitischer Theorie in erster Linie für gute Rahmenbedingungen zu sorgen, damit die Unternehmen erfolgreich arbeiten können. Zu den wichtigsten Rahmenbedingungen zählen die makroökonomische und fiskalische Stabilität, die effiziente Arbeitsmarktpolitik, ein stabiler Rechtsrahmen, die Eigentumsgarantie, eine gute Infrastruktur sowie eine intakte Umwelt. Staatliche Regulierungen und ein faires Steuersystem sollen keine negativen Anreize für wirtschaftliches Handeln und Eigeninitiative setzen.

Neben den allgemeinen volkswirtschaftlichen Rahmenbedingungen beeinflussen weitere, ausserhalb der Unternehmensgrenzen liegende Faktoren die Wettbewerbsfähigkeit der ansässigen Unternehmen. So belegen zahlreiche Untersuchungen, dass Firmen von einem qualitativ hochstehenden Arbeits- und Absatzmarkt, von verfügbarem hochwertigem Wissen und Knowhow, von der grossen Dichte an potenziellen Zulieferbetrieben oder Produzentendiensten oder von der Nähe und der Zahl wichtiger Leitkunden profitieren. Diese unternehmensexternen Faktoren können als Standortvorteile oder positive Standortexternalitäten bezeichnet werden. Diese Standortvorteile können der innerbetrieblichen Effizienz der Betriebe förderlich sein.

Standortvorteile sind definitionsgemäss an einen Standort gebundenen und begünstigen damit die Konzentration wirtschaftlicher Aktivitäten auf ausgewählte Standorte. Falls die verschiedenen Akteure vor Ort formell oder informell kooperieren oder (Dienst-)Leistungen austauschen, können so komplexe lokale ökonomische Netzwerke entstehen. Die Zusammenarbeit in Netzwerken ist insbesondere für Innovationsaktivitäten bedeutend, weil sie den Wissenstransfer beschleunigt und damit die Inwertsetzung von Wissen fördert. Sie kann weiter dank Grössen- oder Verbundvorteilen zu einer höheren Produktivität führen. Damit verstärken regionale Netzwerke wiederum die Standortvorteile und können dazu führen, dass sich weitere Firmen ansiedeln.

2

Vgl. Grundlagen für die Neue Wachstumspolitik. Analyse der bisherigen und Ausblick auf die zukünftige Strategie. Bericht des Eidgenössischen Departements für Wirtschaft, Bildung und Forschung WBF in Erfüllung des Postulates 13.3907 Leutenegger Oberholzer vom 27. November 2013.

2393

1.3

Ziele der Standortförderung

Die Standortförderung des Bundes dient der übergeordneten Zielsetzung, die Attraktivität, die Leistungsfähigkeit und das Potenzial des Wirtschaftsstandorts Schweiz und damit langfristig die Wettbewerbsfähigkeit der KMU-geprägten Volkswirtschaft zu erhalten sowie zu fördern und dadurch zur Sicherstellung der Beschäftigung beizutragen. Die Standortförderung trägt zu guten Rahmenbedingungen für die Wirtschaft bei und setzt subsidiär Anreize für wirtschaftliches Handeln und Eigeninitiative der privaten Akteure. Als Beispiele hierfür lassen sich die administrative Entlastung und das E-Government heranziehen. Die Standortförderung verstärkt zudem die positiven Standortexternalitäten und unterstützt und begleitet ­ beispielsweise im Rahmen des tourismuspolitischen Impulsprogramms ­ den Strukturwandel des Wirtschaftsstandorts Schweiz. Sie setzt weiter Anreize zur Zusammenarbeit und Koordination zwischen den verschiedenen standortrelevanten Akteuren, wobei insbesondere die Regionalpolitik und die Förderung von Innovation, Zusammenarbeit und Wissensaufbau im Tourismus (Innotour) als Beispiele zu nennen sind. Ihre Tätigkeiten erfüllt sie subsidiär zu privaten Akteuren und zu den Kantonen. Damit trägt die Standortförderung dazu bei, die Position der Schweiz im globalen Standortwettbewerb um mobile Produktionsfaktoren zu sichern. Sie schafft damit ferner die Voraussetzungen für wettbewerbsfähige Schweizer Unternehmen und ihre Arbeitsplätze sowie für Wirtschaftswachstum. Ein solches ist zur Sicherung von materiellem Wohlstand, zur Steigerung der Lebensqualität, für ein hohes Beschäftigungsniveau und für die Finanzierung der sozialen Sicherungssysteme unerlässlich.

Bleibt es aus, hat dies volkswirtschaftlich und gesellschaftlich gravierende Folgen.

Die Standortförderung trägt dazu bei, dass auch im Rahmen der Umsetzung von Artikel 121a BV Arbeitsplätze mit hoher Wertschöpfung geschaffen und die strukturschwachen Regionen gestärkt werden. Dies immer innerhalb des Rahmens, der von der Migrationspolitik gesteckt wird.

Die Standortförderung des Bundes trägt in ihrer Tätigkeit den mit dem Wachstum potenziell verbundenen Herausforderungen bezüglich Mobilität, Umwelt und Raum Rechnung. Sie beugt diesen vor, indem sie ein Wirtschaftswachstum anstrebt, das auf Innovation und höherer Produktivität basiert. Ihre Aktivitäten
sollen zu einer besseren Inwertsetzung des bereits Bestehenden beitragen und regionale Entwicklungsperspektiven schaffen. Die Standortförderung berücksichtigt die Grundsätze der nachhaltigen Entwicklung und fordert dies soweit möglich auch von ihren Partnern und Stakeholdern ein. Das Wirtschaftswachstum soll unter Schonung der natürlichen Ressourcen erreicht werden. Die Qualität und Vielfalt der Landschaften als Grundlage für den Tourismus, die Biodiversität mit ihren Ökosystemleistungen als Existenzgrundlage für den Menschen und die Wirtschaftsleistung unseres Landes sowie das Kulturland, namentlich die Fruchtfolgeflächen, sind zu schonen.

1.4

Schwerpunkte der Standortförderung 2016­2019

Die Standortförderung des Bundes lässt sich aufgrund der unterschiedlichen Fördergegenstände in die vier Bereiche «KMU-Politik», «Tourismuspolitik», «Regionalpolitik» und «Aussenwirtschaftsförderung» aufteilen. Auf der Basis der neusten Evaluationen sowie der politischen Aktualität setzt die Standortförderung 2016­2019 spezifische Schwerpunkte als Ganzes sowie in den einzelnen Instrumenten. In der KMU-Politik soll 2016­2019 E-Government als effizientes Instrument zur administ2394

rativen Entlastung, zur Verbesserung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und der Wettbewerbsfähigkeit der KMU-Wirtschaft vorangetrieben werden. Damit wird dem Nachholbedarf der Schweiz bezüglich E-Government Rechnung getragen. In der Tourismuspolitik steht 2016­2019 die Umsetzung des Impulsprogramms gemäss dem Bericht des Bundesrates vom 26. Juni 20133 über die strukturelle Situation des Schweizer Tourismus und die künftige Tourismusstrategie (Tourismusbericht) an.

Ziel des Impulsprogramms ist, den aufgrund der Zweitwohnungsinitiative und der Frankenstärke beschleunigten Strukturwandel verstärkt zu begleiten und zu unterstützen. Das Impulsprogramm ist auch ein Schwerpunkt der Regionalpolitik. Daneben stellt die Unterstützung von Innovationsprozessen in regionalen Innovationssystemen (RIS) eine Priorität dar. Kernanliegen ist die Verbesserung der horizontalen und vertikalen Abstimmung der Akteure und Angebote in der Innovationsförderung und die Ausschöpfung regionaler Innovationspotenziale. Dadurch sollen die regionale Wertschöpfung und Wettbewerbsfähigkeit erhöht, Entwicklungsperspektiven im ländlichen Raum geschaffen und Letztere besser an die urbanen Wirtschaftsmotoren gekoppelt werden. In der Aussenwirtschaftsförderung steht eine stärkere Ausrichtung des Dienstleistungsangebots von Switzerland Global Enterprise (S-GE) an branchenspezifischen Kundenbedürfnissen an.

1.5

Instrumente der Standortförderung

1.5.1

Übersicht

Zur Erreichung der übergeordneten Zielsetzung verfügt die Standortförderung über ein wirkungsvolles Instrumentarium. Die Instrumente der Standortförderung sind primär überbetrieblich ausgerichtet. Damit sollen die Zusammenarbeit und die Koordination verschiedener raumrelevanter Akteure gefördert werden. Als Beispiele können die Regionalpolitik oder Innotour genannt werden. Daneben existieren auch einzelbetrieblich ausgerichtete Instrumente wie die Förderung der Beherbergungswirtschaft oder das gewerbeorientierte Bürgschaftswesen. Um Wettbewerbsverzerrungen zwischen den Nutzniessenden der Standortförderung auszuschliessen, stehen diese Instrumente in der Regel allen Unternehmen gleichermassen zur Verfügung.

Die Instrumente der Standortförderung setzen zudem auf Anreizmechanismen. Sie setzen Anreize und lösen damit bei privaten Akteuren eigene Initiativen aus. Dabei setzen sie Eigenleistungen des Nutzniessers voraus.

Die verschiedenen Instrumente werden aufgrund ihres Fördergegenstands jeweils einem der vier Förderbereiche «KMU-Politik», «Tourismuspolitik», «Regionalpolitik» und «Aussenwirtschaftsförderung» zugeordnet. Daneben ist auch eine funktionale Einteilung der Instrumente in die drei Aufgabenbereiche «Förderung der Standortentwicklung», «Förderung der Standortnutzerinnen und -nutzer» und «Förderung der Standortnachfrage» möglich (vgl. Übersicht 1). Sowohl innerhalb der Aufgabenbereiche als auch innerhalb der Förderbereiche wird eine kohärente Umsetzung der übergeordneten Zielsetzung der Standortförderung angestrebt. Dies bedingt innerhalb und zwischen den Aufgaben- und Förderbereichen geeignete Koordinations- und Zusammenarbeitsformen.

3

www.seco.admin.ch > Themen > Standortförderung > Tourismuspolitik

2395

Bezüglich der Aufgabenbereiche «Förderung der Standortentwicklung» und «Förderung der Standortnutzerinnen und -nutzer» kann hierbei exemplarisch die Zusammenarbeit zwischen der Tourismus- und der Regionalpolitik bei der Konzipierung und Umsetzung des tourismuspolitischen Impulsprogramms 2016­2019 erwähnt werden. Im Aufgabenbereich «Förderung der Standortnachfrage» ist auf die gut etablierte projektspezifische Koordination zwischen der touristischen Landeswerbung («Schweiz Tourismus») und der Standortpromotion («Switzerland Global Enterprise SG-E») zu verweisen, z. B. im Zusammenhang mit der Fussball-WM in Brasilien im Jahr 2014.

Mit ihrem Instrumentarium ergänzt die Standortförderung des Bundes die Wirtschafts-, Finanz- und Geldpolitik, die auf bestmögliche staatliche Rahmenbedingungen abzielen (vgl. Ziff. 1.6).

Übersicht 1 Aufgabenbereiche der Standortförderung

Hinweis: Kursiv angegeben ist der Förderbereich, zu dem ein Instrument gehört.

1.5.2

Förderung der Standortentwicklung

Für die Entwicklung eines Standortes sind in erster Linie Unternehmertum und Innovation Schlüsselfaktoren. Innovative Unternehmerinnen und Unternehmer entwickeln neue Produkte und Dienstleistungen oder neue Produktionsverfahren. Sie nehmen Gelegenheiten wahr, die sich aus wirtschaftlichen Gegebenheiten ergeben, und erkennen unternehmerische Chancen für Angebote, die auf den Märkten eine 2396

entsprechende Nachfrage finden. In ihrer Tätigkeit sind sie oft in ein Innovationsnetzwerk eingebunden. Standorte brauchen deshalb eine Kultur der Innovation, des Unternehmertums und der Kooperation.

Die Standortförderung des Bundes zielt dementsprechend primär auf die Sicherstellung eines möglichst günstigen wirtschaftlichen Umfelds für Unternehmen ab. Dabei setzt die Standortförderung auf Eigeninitiative: Die Standortförderung des Bundes fördert das Unternehmertum subsidiär über die administrative Entlastung (inkl.

E-Government) (vgl. Ziff. 2.2) und die Unternehmensfinanzierung (vgl. Ziff. 2.4).

Mit der Regionalpolitik (vgl. Ziff. 4) und Innotour (vgl. Ziff. 3.2) stehen der Standortförderung des Weiteren Instrumente zur Verfügung, welche Anreize zur Zusammenarbeit und für Innovationen setzen.

1.5.3

Förderung der Standortnutzerinnen und -nutzer

Ein weiterer Bereich der Standortförderung widmet sich der Förderung der Standortnutzerinnen und -nutzer. Die Unternehmen und Leistungserbringer am Standort sollen im Sinne von Bestandespflege von gezielten staatlichen (Vor-)Leistungen profitieren, die ihre Wettbewerbsfähigkeit fördern sowie zur Schaffung und Erhaltung produktiver Arbeitsplätze beitragen. Diese Aufgabe wird insbesondere im Rahmen des gewerbeorientierten Bürgschaftswesens (vgl. Ziff. 2.5), der Förderung der Beherbergungswirtschaft (vgl. Ziff. 3.4), der Exportförderung (vgl. Ziff. 5.2) sowie der Exportrisikoversicherung (vgl. Ziff. 5.4) wahrgenommen.

1.5.4

Förderung der Standortnachfrage

Der dritte Aufgabenbereich der Standortförderung widmet sich der Förderung der Standortnachfrage. Um im weltweiten Standortwettbewerb erfolgreich bestehen zu können, muss sich die Schweiz als wertschöpfungsstarker und wissensintensiver Wirtschaftsstandort positionieren. Der Förderung der Standortnachfrage liegt letztlich die Einsicht zugrunde, dass gute wirtschaftliche Rahmenbedingungen zwar eine notwendige, aber keine hinreichende Voraussetzung für einen wettbewerbsfähigen Unternehmensstandort darstellen. Ebenso wichtig ist es, zum Beispiel potenzielle Investoren, Entrepreneurs, Knowhow-Träger und Touristinnen und Touristen über die Standortvorteile zu informieren. Die Rolle des Bundes in der Förderung der Standortnachfrage lässt sich erstens damit rechtfertigen, dass die Marke «Schweiz» im Ausland am wirkungsvollsten und vertrauenswürdigsten durch den Bund repräsentiert wird. Zudem verfügt der Bund über Möglichkeiten, die Wirkung der nationalen Standortnachfrage durch die Einbettung in seine Aussenwirtschaftspolitik (vgl.

Ziff. 1.6) zu steigern. Diese Kommunikations- und Marketingaufgabe wird durch die touristische Landeswerbung (vgl. Ziff. 3.3) sowie durch die Standortpromotion (vgl.

Ziff. 5.3) sichergestellt.

Die Förderung der Standortnachfrage stellt ­ wie die Förderung der Standortentwicklung und der Standortnutzerinnen und -nutzer ­ eine gemeinsame Aufgabe von Bund und Kantonen dar. Indem die Förderung der Standortnachfrage des Bundes eine übergeordnete nationale Perspektive verfolgt, nimmt sie eine wichtige Koordinationsaufgabe gegenüber den durch regionalen Standortwettbewerb geprägten Aktivitäten der Kantone wahr.

2397

1.6

Einbettung der Standortförderung in die Wirtschaftspolitik des Bundes

Neben Innovationskraft und Eigeninitiative hängen die Entwicklung und der Erfolg der Schweizer Unternehmen und ihrer Arbeitsplätze von den allgemeinen wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen ab (vgl. Ziff. 1.2). So sind die Schweizer Unternehmen etwa auf Preisstabilität angewiesen und profitieren von einer verlässlichen Fiskalpolitik mit moderaten Steuern, der Schaffung eines unternehmensfreundlichen Rechtsrahmens sowie vom Abbau unnötiger administrativer Hürden. Ein weiterer wichtiger Aspekt zur Verbesserung der Rahmenbedingungen ist die Marktöffnung. Die dadurch entstehende erhöhte Wettbewerbsintensität regt die Marktteilnehmer zu Innovationen an, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Ebenso erhöht sich die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe, indem die Kosten für Vorleistungen sinken. Von grosser Bedeutung für die Schweizer Unternehmen ist weiter auch, dass sie genügend gut ausgebildetes Personal finden.

Der Erfolg der Schweizer Unternehmen und ihrer Arbeitsplätze wird folglich von einer Vielzahl von Politikbereichen beeinflusst. Zu nennen ist in erster Linie die Wirtschaftspolitik des Bundes, in welche die Standortförderung eingebettet ist4.

Daneben kommt auch der Bildungs- und Innovationspolitik eine entscheidende Rolle zu, insbesondere in Bezug auf die Förderung von Innovationen und Innovationssystemen sowie die vom Bundesrat initiierte Fachkräfteinitiative. Ebenfalls grossen Einfluss auf die Rahmenbedingungen, welche die Unternehmen in der Schweiz vorfinden, haben die Finanz- und Geldpolitik sowie die Aussenwirtschaftspolitik.

Mit ihrem Instrumentarium ergänzt und unterstützt die Standortförderung des Bundes einerseits die verschiedenen Politiken, die auf bestmögliche staatliche Rahmenbedingungen abzielen. Andererseits ist es auch Aufgabe der Standortförderung, die Interessen des Unternehmensstandorts Schweiz und seiner Arbeitsplätze in den verschiedenen Politikbereichen einzubringen und mit Koordinations- und Kooperationsbestrebungen die Kohärenz zwischen den verschiedenen Politikbereichen sicherzustellen. Diesbezüglich kann die starke Einbindung der Direktion für Standortförderung (WBF/SECO) in der Umsetzung und Ausarbeitung der Gesetzgebung zur Zweitwohnungsinitiative, in der Entwicklung der Strategie des Bundes für die Berggebiete und ländlichen Räume oder in der Umwelt-, Raumplanungs- und Agglomerationspolitik genannt werden.

1.7

Erledigung parlamentarischer Vorstösse

Im Jahr 2011 nahm der Bundesrat das Postulat der Kommission für Wirtschaft und Abgaben WAK des Nationalrats vom 18. April 2011 (11.3466 «Nachhaltige Entwicklung und Standortförderung») entgegen und erklärte sich bereit, im Hinblick auf die Botschaft Standortförderung 2016­2019 die bessere Integration der Grundsätze der nachhaltigen Entwicklung in der Gesamtstrategie zur Standortförderung zu 4

Vgl. Grundlagen für die Neue Wachstumspolitik. Analyse der bisherigen und Ausblick auf die zukünftige Strategie. Bericht des Eidgenössischen Departements für Wirtschaft, Bildung und Forschung WBF in Erfüllung des Postulates 13.3907 Leutenegger Oberholzer vom 27. November 2013.

2398

prüfen. Mit ihrem Ziel, die Standortattraktivität zu erhöhen und die Wettbewerbsfähigkeit der KMU geprägten Volkswirtschaft zu steigern, richtet sich die Standortförderung des Bundes primär auf die Nachhaltigkeitsdimension «wirtschaftliche Leistungsfähigkeit» aus. Dabei muss sie Kohärenz mit der Strategie «Nachhaltige Entwicklung» anstreben und negative Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft möglichst minimieren.

In der Botschaft Standortförderung 2016­2019 nimmt der Bundesrat den infolge der Wirtschaftsentwicklung gestiegenen Raum- und Ressourcenverbrauch auf und schärft seine Ziele der Standortförderung im Hinblick auf eine nachhaltige Entwicklung (vgl. Ziff. 1.3). Vor dem Hintergrund der aktuellen Herausforderungen strebt er ein Wirtschaftswachstum an, das auf Innovation und höherer Produktivität basiert, das zu einer besseren Inwertsetzung der bestehenden Potenziale beiträgt und das regionale Entwicklungsperspektiven schafft (vgl. Ziff. 6.4 f.).

Diese bessere Integration der Grundsätze der nachhaltigen Entwicklung in die Strategie Standortförderung widerspiegelt sich in den Schwerpunkten 2016­2019.

Mit dem Ausbau des E-Government leistet die KMU-Politik einen Beitrag an eine höhere Arbeitsproduktivität. Das tourismuspolitische Impulsprogramm schafft Anreize für eine Erneuerung und besseren Inwertsetzung bestehender Angebote und Infrastrukturen und damit für Effizienzsteigerungen. Die «Neue Regionalpolitik» (NRP) definiert regionale Innovationssysteme als Förderpriorität, die zur Erhöhung der Innovationsdynamik und Produktivität in den Regionen beiträgt und durch die bessere Kopplung des ländlichen Raums an die urbanen Innovations- und Wirtschaftsmotoren die regionalen Entwicklungsperspektiven verbessert. In der Exportförderung sowie in der Standortpromotion zielen die stärkere Ausrichtung des Dienstleistungsangebots von Switzerland Global Enterprise an den individuellen Kundenbedürfnissen sowie die Markterschliessung und Ansiedlungsbemühungen mittels verstärkter Orientierung an wertschöpfungsintensiven Branchen ebenfalls auf eine höhere Produktivität ab. Über die Ziele und Schwerpunkte hinaus strebt der Bundesrat zudem in einzelnen Instrumenten der Standortförderung weitere Verbesserungen bei der Integration der Grundsätze der nachhaltigen Entwicklung an. Dabei ist darauf hinzuweisen,
dass in den rechtlichen Grundlagen verschiedener Instrumente der Standortförderung die Berücksichtigung der Grundsätze der Nachhaltigkeit bereits verankert ist. Beispielsweise verlangen die bestehenden Vereinbarungen über das politische Controlling, Reporting und Monitoring zwischen dem Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) und Schweiz Tourismus respektive der Schweizerischen Gesellschaft für Hotelkredit von den Organisationen die Berücksichtigung der Grundsätze der nachhaltigen Entwicklung. Gleiches gilt für Innotour, das gemäss Gesetz nur Vorhaben unterstützt, welche zu einer nachhaltigen Entwicklung des Tourismus beitragen. Hiermit betrachtet der Bundesrat das Anliegen des Postulats WAK als erfüllt und beantragt dessen Abschreibung.

Mit der wissenschaftlichen Evaluation des Mehrjahresprogramms 2008­2015 zur Umsetzung der NRP, der Schweizer Beteiligung an den Programmen der Europäischen territorialen Zusammenarbeit sowie der Steuererleichterungen im Rahmen der NRP (vgl. Ziff. 4.2) betrachtet der Bundesrat das Postulat von Siebenthal vom 17. Juni 2011 (11.3697 «Evaluation der Neuen Regionalpolitik») als erfüllt. Den Anliegen des Postulats Lombardi vom 28. September 2012 (12.3964 «Für eine Regionalpolitik auch im Dienst der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit») wird mit der Konzeption des Mehrjahresprogramms 2016­2023 der NRP und den Anpassungen bei der Umsetzung der europäischen territorialen Zusammenarbeit Rechnung 2399

getragen (vgl. Ziff. 4.3.1). Der Bundesrat beantragt die Abschreibung dieser beiden parlamentarischen Vorstösse.

2

KMU-Politik

2.1

Strategische Grundlagen

Der Wirtschaftsstandort Schweiz lebt von vielen flexiblen und innovativen kleinen und mittleren Unternehmen (KMU). Sie bilden mit 99,7 Prozent die grosse Mehrheit der marktwirtschaftlichen Betriebe, stellen zwei Drittel der Arbeitsplätze und sind eine wichtige Basis für die stabile und leistungsfähige Schweizer Wirtschaft. Die Anliegen der KMU geniessen beim Bundesrat einen hohen Stellenwert. Mit einer auf ihre spezifischen Bedürfnisse abgestimmten Politik sollen die Rahmenbedingungen der bestehenden Unternehmen ständig optimiert, Neugründungen erleichtert und die nachhaltige Entwicklung der Unternehmen ermöglicht werden.

Die Politik zugunsten der kleinen und mittleren Unternehmen ist eine Querschnittspolitik, die faktisch in alle Bereiche der Bundespolitik strahlt. Das SECO ist beauftragt, diese Politik zu koordinieren und einzelne ihrer Elemente umzusetzen. Der Fokus liegt dabei auf den Bereichen administrative Entlastung und Unternehmensfinanzierung.

Die administrative Entlastung ist ein strategisches Element der KMU-Politik, zu der auch das E-Government für KMU gehört. Gerade kleine und mittlere Unternehmen leiden besonders stark unter hohen Regulierungskosten und bürokratischem Ballast.

Die administrative Entlastung ist aufgrund ihrer grossen Bedeutung und im Sinne eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses Gegenstand eines eigenständigen Berichts, in dem der Bundesrat einmal pro Legislatur Bilanz zieht und neue Massnahmen beschliesst. Die Finanzierung des E-Government für KMU, das ein operatives Element der administrativen Entlastung bildet, ist jeweils für die nächste Legislaturperiode im Rahmen der Standortförderbotschaft mittels eines Finanzierungsbeschlusses zu gewährleisten.

Die Unternehmensfinanzierung wird mittels politikberatenden und operativen Aufgaben unterstützt. Die Finanzierung ist ein wichtiges Element für den Erfolg einer Unternehmung. Der Bund konzentriert seine Anstrengungen auf die ständige Verbesserung der Rahmenbedingungen. Die Arbeitsgruppe «Kreditmarkt KMU», zusammengesetzt aus Vertreterinnen und Vertretern der Wirtschaft und des Bundes, beobachtet im politikberatenden Sinne unter der Leitung des SECO laufend die Entwicklung der Kreditversorgung für KMU. Auf operativer Ebene erleichtert der Bund den KMU den Zugang zu Bankdarlehen, indem er den anerkannten gewerbeorientierten Bürgschaftsorganisationen Finanzhilfen gewährt und diese beaufsichtigt.

2.2

Administrative Entlastung

2.2.1

Ziele und Aufgaben

Eine moderne arbeitsteilige und global vernetzte Gesellschaft kommt nicht ohne eine Reihe von Regulierungen aus. Derartige Regulierungen verursachen bei Unternehmen oft Kosten. Übermässige Bürokratie wirkt sich zudem negativ auf die Wirt2400

schaftsentwicklung aus. Der Staat muss deshalb ein vitales Interesse haben, diese Kosten für die Unternehmen zu minimieren, damit diese ihre Ressourcen möglichst gut und zielgerichtet einsetzen können. Bei der administrativen Entlastung geht es in erster Linie darum, Regulierungskosten zu senken bzw. tief zu halten, ohne die Ziele einer Regulierung und damit die berechtigten Schutzbedürfnisse der Bevölkerung zu beeinträchtigen.

Die administrative Entlastung trägt zu Produktivitätsgewinnen und damit zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit und des Wohlstandes bei.

Das E-Government ist ein wirksames Mittel, um die administrative Belastung der Unternehmen zu reduzieren und die Produktivität der öffentlichen Verwaltung zu steigern. Es wird in Ziffer 2.3 separat behandelt.

2.2.2

Wirksamkeit

Auf Bundesebene wurden in den letzten Jahren Anstrengungen unternommen, um Unternehmen von administrativen Aufgaben zu entlasten oder neue Belastungen zu vermeiden. In seinem Bericht von 2011 «Die administrative Entlastung von Unternehmen: Bilanz 2007­2011 und Perspektiven 2012­2015»5 hat der Bundesrat eine positive Bilanz über das Massnahmenpaket von 2006 gezogen und 20 neue Massnahmen beschlossen. Von den 20 Massnahmen sind bis heute 15 Massnahmen umgesetzt oder verlaufen planmässig. Nicht in allen Bereichen sind die Bemühungen erfolgreich. So fanden die geplante Einführung eines Einheitssatzes und die Abschaffung der meisten Ausnahmen bei der Mehrwertsteuer im Parlament keine Mehrheit.

In seinem «Bericht über die Regulierungskosten»6 hat der Bundesrat 2013 eine detaillierte Schätzung der Kosten, welche staatliche Regulierungen in den wichtigsten Bereichen für die Wirtschaft verursachen, vorgelegt. In diesem Bericht hat der Bundesrat zudem 32 Massnahmen präsentiert, welche die Regulierungskosten verringern, ohne den Nutzen dieser Regulierungen in Frage zu stellen.

Das KMU-Forum leistet ebenfalls einen wesentlichen Beitrag zur administrativen Entlastung und hat einen spürbaren Einfluss auf den Gesetzgebungsprozess. In der grossen Mehrheit der Fälle konnten Vorlagen mit schädlichen Auswirkungen für die KMU rechtzeitig identifiziert und Vereinfachungsvorschläge eingebracht werden. In den Amtsperioden 2004­2007 und 2008­2011 lag die Erfolgsquote im Durchschnitt bei rund 68 Prozent.

2012 hat das SECO zur Beobachtung der wahrgenommenen administrativen Belastung von Unternehmen einen Bürokratiemonitor7 eingeführt. Die Unternehmen werden dabei nach ihrer subjektiven Wahrnehmung der regulierungsbedingten administrativen Belastung in verschiedenen Regulierungsbereichen befragt. Während 49,5 Prozent der befragten Unternehmen die subjektive Belastung als gering oder eher gering empfingen, beklagen sich 50,5 Prozent über eine hohe oder eher hohe Belastung.

5 6 7

www.seco.admin.ch > Themen > Standortförderung > KMU-Politik > Administrative Entlastung www.seco.admin.ch > Themen > Wirtschaftspolitik > Regulierung > Regulierungskosten GfK (2012): Bürokratiemonitor ­ 2012. www.seco.admin.ch > Themen > Standortförderung > KMU-Politik > Administrative Entlastung

2401

2.2.3

Internationaler Vergleich

Das internationale wirtschaftspolitische Umfeld ist geprägt von zunehmendem Wettbewerb unter den Staaten mit Bezug auf die Rahmenbedingungen. Bestrebungen zur administrativen Entlastung von Unternehmen geniessen deshalb in den meisten Ländern der OECD und der EU einen hohen Stellenwert.

Bei den rechtlichen Rahmenbedingungen und administrativen Belastungen im Allgemeinen steht die Schweiz im internationalen Vergleich relativ gut da. Dies sowohl aus der Perspektive der Regulierung als solcher (gemäss Indikatoren der OECD und der Weltbank) wie auch aus der Perspektive der Regulierungswirkungen (gemäss Indikatoren des WEF und des Institute for Management Development, IMD).

2.2.4

Schwerpunkte 2016­2019

Der Bundesrat versteht die administrative Entlastung als Daueraufgabe und strategisches Element für die KMU von grosser Bedeutung. Er wird deshalb 2015 in einem separaten Bericht erneut eine Bestandesaufnahme der Bemühungen des Bundes zur administrativen Entlastung vornehmen. Dabei wird er über die Umsetzung der in früheren Berichten angekündigten Massnahmen Bericht erstatten und weitere Massnahmen vorschlagen.

2.3

E-Government zugunsten der KMU

2.3.1

Ziele und Aufgaben

Das E-Government ist ein Mittel, um die administrative Belastung der Unternehmen zu reduzieren und die Produktivität der öffentlichen Verwaltungen zu steigern. Ziel ist es, die Verwaltungstätigkeit mit Hilfe der Informations- und Kommunikationstechnik so bürgernah und so wirtschaftlich wie möglich zu gestalten. Im Zentrum steht die Vereinfachung von Bewilligungs-, Antrags- und Meldeverfahren.

E-Government hilft mit, die Anzahl, Dauer und Komplexität der Behördengänge zu reduzieren. Dies ermöglicht den Unternehmen und der öffentlichen Verwaltung einen besseren und zielgerichteteren Einsatz der Ressourcen.

Die vom Bundesrat am 24. Januar 2007 verabschiedete E-Government-Strategie Schweiz8 verfolgt die nachstehenden Ziele: (1) Die Wirtschaft wickelt den Verkehr mit den Behörden elektronisch ab. (2) Die Behörden haben ihre Geschäftsprozesse modernisiert und verkehren untereinander elektronisch. (3) Die Bevölkerung kann die wichtigen ­ häufigen oder mit grossem Aufwand verbundenen ­ Geschäfte mit den Behörden elektronisch abwickeln.

Das SECO ist eine der federführenden Organisationen, die im Rahmen der E-Government-Strategie Schweiz sogenannte priorisierte Vorhaben umsetzen. Die Aktivitäten basieren entsprechend auf den bundesrätlichen Strategien «Informa8

Schweizerischer Bundesrat, KdK (2007): E-Government-Strategie Schweiz, Bern.

www.egovernment.ch > E-Government Schweiz

2402

tionsgesellschaft Schweiz» und «E-Government Schweiz». Das Aufgabenspektrum des Bereichs E-Government für KMU umfasst folgende Punkte: KMU-Portal: Die Website www.kmu.admin.ch ist eines der ersten E-GovernmentProdukte der Schweiz. Das Portal ist als zentrale Anlaufstelle für KMU konzipiert.

Die Website wird seit 2001 betrieben und laufend weiterentwickelt. Ziel dieses Portals ist, praxisrelevante Informationen und Werkzeuge für kleinere und mittlere Unternehmen zur Verfügung zu stellen ­ von der Gründung bis zur Nachfolgeregelung. Weiter wird auf Online-Behördendienstleistungen hingewiesen.

StartBiz.ch: Der Online-Schalter für Unternehmensgründung (www.StartBiz.ch) ist eine transaktionsorientierte Plattform. Deren Ziel ist es, die Neugründung von Unternehmen in der Schweiz zu unterstützen und zu vereinfachen. Ein DialogSystem führt durch den Anmeldeprozess beim Handelsregister, bei der Mehrwertsteuer, der AHV und der Unfallversicherung. Die Plattform wird seit 2004 betrieben und laufend weiterentwickelt. Seit 2014 ist beispielsweise die vollelektronische Handelsregisteranmeldung für Einzelfirmen mittels SuisseID möglich. Zudem wurde die vollelektronische Datenübermittlung in strukturierter Form an die SUVA umgesetzt.

Bewilligungsdatenbank: Die Website www.bewilligungen.admin.ch bietet eine zentrale Übersicht über alle Bewilligungen, die für die Ausübung einer beruflichen Tätigkeit in der Schweiz notwendig sind. Ziel ist es, eine zentrale Datenbank anzubieten, wo Berufstätige die Bewilligungspflicht abklären können. Der Datenbestand wurde in der letzten Legislaturperiode grundlegend überarbeitet und ergänzt.

Priorisiertes Vorhaben B2.13: Im Jahr 2012 wurde das Projekt B2.13 «Dienste zum Einsatz von Referenzdaten in den öffentlichen Verwaltungen» in den Katalog priorisierter Vorhaben der E-Government-Strategie Schweiz aufgenommen. Anstoss für dieses Projekt war die Situation, dass Informationen über Verwaltungsstellen, Behördenleistungen und -lösungen bei Bund, Kantonen und Gemeinden dezentral erfasst werden. Entsprechend aufwendig und komplex ist es, bei einem konkreten Anliegen auf Anhieb zu den richtigen Informationen zu gelangen. Ziel des Projekts B2.13 ist es, den Linked Data Service LINDAS zu entwickeln, der Informationen von und über Behörden und deren Leistungen verlinkt. Dadurch kann
beispielsweise aus zahlreichen Behördenverzeichnissen (Bund, Kantone, Gemeinden) automatisch ein schweizweites Behörden- und Behördenleistungsverzeichnis generiert werden.

Das Projekt B2.13 stellt eine Grundlage für die behördenübergreifende elektronische Zusammenarbeit dar. Es fördert die Transparenz über die verfügbaren, elektronischen Dienstleistungen der Behörden und soll so indirekt die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Wirtschaft steigern. Das Projekt wird 2015 abgeschlossen und in den Normalbetrieb überführt werden.

Elektronische Identität: Im Rahmen der konjunkturellen Stabilisierungsmassnahmen hat der Bundesrat 2009 die beschleunigte Einführung der SuisseID beschlossen. Ziel des Projekts war es, zusammen mit den in der Schweiz gesetzlich anerkannten Zertifizierungsdiensteanbietern einen Industriestandard für den elektronischen Identitätsnachweis SuisseID zu erarbeiten. Dieser Standard ermöglicht sowohl eine rechtsgültige elektronische Unterschrift wie auch eine sichere Authentifizierung.

Seit 2010 ist die SuisseID als Chipkarte oder als USB-Stick erhältlich. Der privatwirtschaftliche Verein Trägerschaft SuisseID verantwortet die Pflege und Weiterentwicklung der SuisseID. Die Schweizerische Eidgenossenschaft, vertreten durch das SECO, ist Inhaberin der Marke SuisseID.

2403

Die Erfahrungen aus dem Projekt SuisseID finden zurzeit Eingang in das Projekt «Einführung einer staatlichen elektronischen Identität (eID)». Das eID-Projekt liegt in der Verantwortung des Bundesamtes für Polizei (fedpol), welches vom Bundesrat mit der Rundum-Erneuerung der Schweizer Identitätskarte beauftragt wurde.

Zusammen mit dem geplanten eID-Gesetz werden die Grundlagen zur grösseren Verbreitung einer durchgängigen elektronischen Wirtschaft und Verwaltung gelegt.

Mit der Konzeption eines eID-Ökosystems sollen die Funktionsmechanismen aufgezeigt werden, wie Verwaltung, Wirtschaft und Bürger elektronisch sicher zusammenarbeiten können. Internetbasierte Geschäftsprozesse setzen vertrauenswürdige Akteure und damit verbundenes Wissen um den Handlungspartner voraus. Speziell bei E-Government-Lösungen über Behördengrenzen hinweg ­ ganz im Sinne der vernetzen Verwaltung ­ ist eine Identifikation der Partner notwendig. In der Fachwelt wird in diesem Zusammenhang von «Identity und Access Management» (IAM), d. h. einer Identifikations- und Berechtigungsverwaltung, gesprochen. Im Katalog priorisierter Vorhaben der E-Government-Strategie Schweiz wurde hierzu das Projekt B2.06 «Dienst für die Identifikation und Berechtigungsverwaltung» aufgenommen. Das Projekt B2.06 fördert und unterstützt die Entwicklung behördenübergreifender IAM-Dienste bei Partnern. Vision ist die Etablierung eines schweizweiten, generischen IAM-Dienstes. Die Federführung für das Projekt B2.06 liegt beim SECO.

E-Economy: Seit 2012 lässt das SECO periodisch einen Bericht zur digitalen Wirtschaft (E-Economy) in der Schweiz9 erstellen. Ziel dieses Berichts ist es, den Einsatz und die Nutzung moderner Informations- und Kommunikationstechnologien in verschiedenen Wirtschafts- und Verwaltungsbereichen der Schweiz zu beurteilen.

Zu den volkswirtschaftlich relevanten Auswirkungen der digitalen Wirtschaft werden statistische, international vergleichbare Erhebungen durchgeführt. Dabei werden auch Empfehlungen abgegeben und Zukunftsperspektiven ausgeleuchtet.

2.3.2

Wirksamkeit

Das KMU-Portal verzeichnete 2013 ca. 1,36 Mio. Besucherinnen und Besucher.

Gemäss einer Studie der Universität St. Gallen von 2009 «Evaluation von E-Government-Angeboten»10 erzeugte das KMU-Portal (ohne StartBiz) ­ durch die Einsparung von Suchaufwand für die Unternehmen ­ 2008 einen Nutzen von rund 7,7 Mio. Franken. Aufgrund deutlich höherer Besucherzahlen sowie der kontinuierlichen Erweiterung und Verbesserung des KMU-Portals dürfte der Nutzen heute weit höher sein.

Auf dem Online-Schalter für Unternehmensgründung StartBiz.ch haben sich in den letzten 10 Jahren über 38 000 Benutzerinnen und Benutzer registriert. 2013 wurden 14 Prozent von den neu im Handelsregister eingetragenen Einzelunternehmen über StartBiz gegründet. Die Geschwindigkeit von Unternehmensgründungen wird im internationalen Wettbewerb als Indiz für die Bürokratiedichte gewertet. Eine Unter9

10

IWSB (2014): eEconomy in der Schweiz: Monitoring und Report 2014.

www.seco.admin.ch > Themen > Standortförderung > KMU-Politik > E-Economy / E-Government IDT-HSG (2009): Evaluation von E-Government-Angeboten, St. Gallen. Das Dokument kann über www.egovernment.ch > Dokumentation > Studien und Artikel abgerufen werden.

2404

suchung der Zürcher Hochschule Winterthur aus dem Jahre 2005 mit dem Titel «Administrativer Aufwand KMU»11 hat bezüglich der Gründung einer Einzelunternehmung Folgendes ergeben: «Mit der sehr gut aufgebauten Internetplattform www.kmuadmin.ch (heute www.startbiz.ch) kann der behördliche Aufwand um 50 Prozent gesenkt werden.» Die Lancierung und Einführung der SuisseID war insbesondere hinsichtlich der gewonnenen Erfahrungen über den sicheren elektronischen Datenaustausch erfolgreich. Im Rahmen der vergünstigten Erstabgabe wurden 2010 rund 270 000 SuisseIDs bestellt. Die SuisseID wird heute gemäss Angaben der Anbieter vor allem zum elektronischen Unterschreiben von Dokumenten verwendet. Die EU-Benchmark-Studie 2012­2013 zeigt, dass die Schweiz im Bereich der elektronischen Identität (eID) immer noch Aufholbedarf hat.

Um die Fortschritte in der Umsetzung des Programms E-Government Schweiz zu messen, erhebt das Informatiksteuerungsorgan des Bundes ISB regelmässig den Umsetzungsstand der priorisierten Vorhaben. Im Auftrag des ISB und des SECO werden zudem regelmässig Studien durchgeführt, die das Befinden bezüglich E-Government bei den Bürgerinnen und Bürgern, in der Wirtschaft und in der Verwaltung ermitteln. Die letzte Befragung der Wirtschaft im Jahr 2013 ergab, dass 84 Prozent der befragten Unternehmen das Online-Angebot der öffentlichen Verwaltung insgesamt als eher gut bis sehr gut beurteilten.

2.3.3

Internationaler Vergleich

Wie in Europa hat sich E-Government auch in der Schweiz in den letzten Jahren gut weiterentwickelt. Es gibt in der Schweiz eine nachweislich hohe Benutzerzufriedenheit mit den derzeit bestehenden Online-Dienstleistungen, und der Ausbau schreitet kontinuierlich fort. Trotzdem liegen einzelne Indikatoren zum schweizerischen E-Government-Gesamtangebot im europäischen Vergleich nach wie vor eher unter dem Durchschnitt. So liegt die Schweiz zum Beispiel bei der Durchgängigkeit und Transparenz der Online-Prozesse gemäss dem «EU eGovernment Benchmark Report» im Hintertreffen. Länder wie Malta, Portugal, Estland und andere, welche die verschiedenen Teilindizes anführen, punkten hier vor allem mit modular aufgebauten und stark dienstleistungsorientierten Single-Point-of-Contact-Portalen. Diese Portale bieten Behördenleistungen für Bürger und Wirtschaft aus einer Hand an und ermöglichen den elektronischen Datenaustausch. Ein solch hoher E-GovernmentAusbaustandard wurde in der föderalen Schweiz bisher noch nicht erreicht. Ansätze dahin entwickeln sich vereinzelt in den Kantonen.

Die nachfolgende Grafik stammt aus dem «EU eGovernment Benchmark Report» vom Mai 2014.12 Diese Studie wurde über die Jahre 2012­2013 durchgeführt. Die Indikatoren wurden entlang von Prozessketten bei verschiedenen Lebensereignissen (LEs) wie zum Beispiel «Auto kaufen und fahren» oder «Firma gründen» gemessen.

11 12

IVM-ZHW (2005): Administrativer Aufwand KMU, Winterthur. Der Bericht kann über www.kmu.admin.ch > Publikationen > Administrative Entlastung abgerufen werden.

Delivering the European Advantage? FINAL Insight REPORT May 2014 ISBN: 978-92-79-38052-5

2405

Übersicht 2 Nutzerzentriertes E-Government-Angebot im europäischen Vergleich (%)

Final insight Report: May 2014; © European Union, 2014

2.3.4

Schwerpunkte 2016­2019

Unternehmen müssen heute in aufwendiger Weise mit zahlreichen Behörden über traditionelle, papierbasierte Formulare oder verschiedene elektronische Portale korrespondieren. Zwischen den Behörden werden die Daten nicht systematisch elektronisch ausgetauscht, und die Unternehmen müssen dieselben Informationen deshalb mehrfach (elektronisch oder auf Papier) eingeben. Dies ist komplex, unnötig, kostet Zeit und Geld.

Abhilfe schaffen E-Government-Lösungen wie StartBiz, bei dem die Unternehmen heute für die Anmeldung bei Handelsregister, Mehrwertsteuer, AHV und Unfallversicherung auf denselben Datenbestand zurückgreifen. Ziel ist deshalb ein schrittweiser Ausbau von StartBiz hin zu einem «One-Stop-Shop», der unterschiedliche Behördengänge medienbruchfrei auf eidgenössischer, kantonaler und kommunaler Stufe beinhalten kann (vgl. Postulat Schmid vom 27. Sept. 2012, 12.3842 «Unternehmensgründungen in fünf Arbeitstagen und über ein One-Stop-Shop-Verfahren»).

Ein solcher «One-Stop-Shop» soll für die Unternehmen 24 Stunden am Tag und 365 Tage im Jahr verfügbar sein und mit einer elektronischen Identität bzw. entsprechenden Zugangsberechtigungen ausgestattet sein.

Zentral ist bei diesem Ansatz, dass er auf den von einzelnen Behörden elektronisch angebotenen Dienstleistungen aufbaut und diese über einen virtuellen «One-StopShop» verbindet. Die Kompetenzen zwischen Behörden wie auch zwischen den föderalen Stufen bleiben damit unberührt. Die Kantone, Gemeinden und anderen Bundesstellen werden hinsichtlich der Integration einzelner Services einbezogen.

Das Projekt baut auf der überarbeiteten E-Government-Strategie 2016­2019 auf und soll Eingang in den Vorhabenkatalog von E-Government Schweiz finden. Mit der Beteiligung und Teilnahme an verschiedenen Arbeitsgruppen und der Einsitznahme in behördenübergreifende Experten- und Steuerungsorgane wird die Koordination und Kohärenz mit anderen priorisierten Vorhaben sichergestellt.

2406

Um mögliche administrative Vereinfachungen zu identifizieren und zu realisieren wurde ein Wertschöpfungsmodell entwickelt. Innerhalb der Wertschöpfungselemente werden konkrete strategische Initiativen lanciert, die nachfolgend kurz erläutert werden (vgl. auch Übersicht 3).

Übersicht 3 Wertschöpfungsmodell für E-Government für KMU Vorhaben

Informationen aufbereiten Um die Bedürfnisse der KMU zu erkennen, werden Informationen gesammelt und analysiert. Ein Beispiel hierfür sind die regelmässigen Studien, die das Befinden der Wirtschaft bezüglich E-Government untersuchen. Daraus werden Vorschläge und Massnahmen zur administrativen Entlastung der Wirtschaft entwickelt.

Anstossen und fördern Als Drehscheibe zwischen den verschiedenen Anspruchsgruppen wird die Rolle eines Förderers eingenommen. Dies bedeutet, dass Anliegen für die Standortförderung Schweiz aufgezeigt und konkrete Massnahmen angestossen wie auch mitfinanziert werden. So arbeitet das SECO beispielsweise mit anderen Behörden eng zusammen, um deren Prozesse neu im «One-Stop-Shop» aufzunehmen.

Realisieren Die verantwortlichen Stellen können unterstützt werden, damit diese Vorhaben zur administrativen Entlastung der Unternehmen umsetzen. Können Massnahmenpakete nicht dem Leistungsauftrag einer Behörde zugeordnet werden, so kann das Vorhaben durch das SECO realisiert werden. Während des schrittweisen Ausbaus von StartBiz hin zu einem «One-Stop-Shop» werden Leistungen von der zuständigen Behörde selber oder vom SECO realisiert.

Betreiben Wenn es mit der Strategie und dem Leistungsauftrag des SECO konform ist, werden Anwendungen selber betrieben. Heute sind dies das KMU-Portal, das StartBiz, die Bewilligungsdatenbank und in der Legislaturperiode 2016­2019 zusätzlich der 2407

Linked Data Service von B2.13. «Betreiben» umfasst in diesem Kontext den technischen Betrieb, die Weiterentwicklung, die inhaltliche Bewirtschaftung und den Kundensupport. Für Anwendungen, die projektiert, aber nicht selbst betrieben werden, wird der langfristige und nachhaltige Betrieb sichergestellt.

Informieren Die Wertschöpfung von elektronischen Lösungen wird durch eine intensive Nutzung massiv gesteigert. Damit die Initiativen einen genügend hohen Bekanntheitsgrad erreichen, werden Kommunikations- und Marketingmassnahmen eingesetzt. So wird für das KMU-Portal beispielsweise eine Suchmaschinenoptimierung betrieben, sodass potenzielle Nutzerinnen und Nutzer bei einer Suche im Internet rasch den Weg auf das Portal finden.

Reflektieren Die angestossenen und die realisierten Massnahmen werden regelmässig auf ihre Wirkung überprüft und mit den übergeordneten Strategien abgeglichen.

2.3.5

Bundesbeschluss über die Finanzierung der E-Government-Aktivitäten für kleine und mittelgrosse Unternehmen für die Jahre 2016­2019 (Vorlage 1)

Antrag des Bundesrates Der Bundesrat schlägt im Rahmen der Botschaft über die Standortförderung 2016­ 2019 einen Rahmenkredit von 17,7 Mio. Franken vor, was eine Erhöhung um 7,8 Mio. gegenüber der aktuellen Legislaturperiode bedeutet (Kredit von 9,9 Mio.

Franken13).

Übersicht 4 Finanzplan E-Government 2016­2019 in Mio. Franken

2016

2017

2018

2019 2016­2019

4,4

4,4

4,4

4,5

17,7

Begründung des Bundesrates Die für die E-Government-Projekte notwendige technische Infrastruktur ist weitgehend vorhanden und stellt im Betrieb nur einen Bruchteil der finanziellen Aufwendungen dar. Die Erhöhung begründet sich hauptsächlich durch den geplanten etappenweisen Ausbau des Gründerportals StartBiz zu einem «One-Stop-Shop» für Unternehmen. Wie unter Ziffer 2.3.4 dargelegt, sollen auch Massnahmen Dritter mitfinanziert werden können. Dies insbesondere dann, wenn eine zuständige Behörde selber nicht genügend Mittel aufbringen kann, um ihre Lösung auf dem «OneStop-Shop» integrieren zu können.

13

Der Bundesbeschluss 2012­2015 (BBl 2011 9337) beläuft sich auf 13,1 Mio. Fr. Darin enthalten war die Finanzierung von 4,5 Sachkreditstellen bzw. 3,2 Mio. Fr. Diese Stellen werden ab 2016 im Personalkredit des SECO ausgewiesen.

2408

Weiter werden die finanziellen Mittel zur Stärkung des elektronischen Geschäftsverkehrs verwendet. Wichtige Elemente sind dabei die elektronische Identität (eID), das eID-Ökosystem, die Zugriffs- und Berechtigungsverwaltung (IAM) und die dazu benötigten Umsysteme zur Gewährleistung der Sicherheit und Verhinderung von Cyberkriminalität.

Neben der Einführung neuer Lösungen für Unternehmen kommt deren Kommunikation ein hoher Stellenwert zu. Es lässt sich feststellen, dass Lösungen eingeführt wurden (zum Beispiel die elektronische Lohndatenübertragung ELM), die von den Unternehmen noch nicht genügend genutzt werden, da ihre Existenz zu wenig bekannt ist. Entsprechend sollen finanzielle Mittel auch in die Kommunikation und die Steigerung des Bekanntheitsgrads der Behördenlösungen fliessen.

Das SECO engagiert sich zudem für die Koordination verschiedener Projekte auf allen föderalen Ebenen, damit die Belastung für die KMU nicht durch unkoordiniertes Vorgehen von Amtsstellen erhöht wird. Die Förderung und Einführung von Standards und Schnittstellen zwischen den verschiedenen Projekten ist dabei zentral.

Rechtliche Aspekte Als gesetzliche Grundlage stützt sich der Bundesbeschluss über die Finanzierung der E-Government-Aktivitäten für kleine und mittelgrosse Unternehmen für die Jahre 2016­2019 auf das Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz vom 21. März 199714 (RVOG), das in Artikel 8 Absatz 2 festhält, dass der Bundesrat die Leistungs- und Innovationsfähigkeit der Bundesverwaltung fördert. Der Beschluss ist abgestimmt mit der E-Government-Strategie Schweiz und der Strategie des Bundesrates für eine Informationsgesellschaft.

2.4

Unternehmensfinanzierung

2.4.1

Ziele und Aufgaben

Der adäquate Einsatz des Produktionsfaktors Kapital ist wesentlich für die Produktivität des Wirtschaftssystems. Die Ermöglichung eines optimalen Zugangs zur Unternehmensfinanzierung und das Bereitstellen von wettbewerbsfördernden Rahmenbedingungen für den Kapitalmarkt sind wichtige Elemente der Standortförderungspolitik und der Standortpolitik im Allgemeinen. Der Bund konzentriert seine Anstrengungen vorab auf die Schaffung von günstigen Rahmenbedingungen und unterstützt subsidiär.

Das gewerbeorientierte Bürgschaftswesen ermöglicht den KMU über die vom Bund unterstützten Bürgschaftsorganisationen einen erleichterten Zugang zu Bankdarlehen. Auf dieses Instrument wird in einem separaten Kapitel näher eingegangen (s. Ziff. 2.5).

14

SR 172.010

2409

2.4.2

Wirksamkeit

Durch die Arbeitsgruppe zur Beobachtung des Kreditmarktes der KMU mit Vertretern betroffener Wirtschaftsorganisationen und Bundesstellen kann die aktuelle Lage auf Basis quantitativer Daten und qualitativer Rückmeldungen eingeschätzt werden.

Hinsichtlich des Risikokapitalmarktes, der vom üblichen Kreditmarkt für KMU zu unterscheiden ist, kommt der Bundesrat in seinem Bericht von 2012 «Risikokapital in der Schweiz»15 zum Schluss, dass der Markt grundsätzlich gut funktioniert. In den letzten Jahren konnten weder im Bereich der Innovation noch im Informationsaustausch zwischen Investoren und Jungunternehmen bedeutende Probleme festgestellt werden. Dies gilt auch für die Bereitstellung von Risikokapital. Trotzdem versteht es der Bundesrat als Daueraufgabe, die Rahmenbedingungen im Bereich der Unternehmensfinanzierung und damit die Standortattraktivität zu verbessern.

2.4.3

Internationaler Vergleich

Die Schweiz beteiligt sich seit 2010 am OECD-Projekt «Scoreboard zur KMUFinanzierung»16, in dessen Rahmen die Kreditsituation von kleinen und mittleren Unternehmen in verschiedenen Ländern miteinander verglichen wird.

Die Ergebnisse des Scoreboards zeigen, dass die Schweiz die Finanzkrise 2008/2009 besser überstanden hat als die meisten anderen OECD-Länder. Begründet wird dies vor allem mit einer unternehmensfreundlichen Politik und mit dem flexiblen Arbeitsmarkt. Die Schweiz hat zudem profitiert vom Zufluss von gut ausgebildeten Arbeitskräften und dem frühen Übergang von traditionellen Industrien zu spezialisierten Wachstumsbereichen. Diese Faktoren haben zu einer tiefen Arbeitslosigkeit und einer stabilen Inlandnachfrage beigetragen. Das Kreditvolumen ist auch während der Krise weiter gewachsen, wenn auch auf einem tieferen Niveau.

Die Schweiz beteiligt sich zudem aktiv an den Arbeiten der OECD zu rasch wachsenden jungen Unternehmen.

2.4.4

Schwerpunkte 2016­2019

Der Bundesrat wird auch in Zukunft den Fokus auf die Verbesserung der Rahmenbedingungen legen. Im Bericht zur Beantwortung des Postulats Derder vom 12. Dezember 2013 (13.4237 «Für eine bessere Entwicklung innovativer Jungunternehmen») wird der Bundesrat die Analyse von rasch wachsenden, jungen Unternehmen in der Schweiz weiter vertiefen, einschliesslich allfälliger Schwächen und möglicher Massnahmen. Der Bericht wird weitere Verbesserungen der Rahmenbedingungen prüfen.

15 16

www.seco.admin.ch > Themen > Standortförderung > KMU-Politik > Finanzierung der KMU OECD (2014): Financing SMEs and Entrepreneurs 2014: An OECD Scoreboard, Paris.

www.oecd.org > Centre for Entrepreneurship, SMEs and Local Development > SMEs and entrepreneurship

2410

Ebenfalls weitergeführt wird die Arbeitsgruppe zur Beobachtung des Kreditmarktes.

Der Austausch mit Wirtschaftsakteuren ermöglicht ein rechtzeitiges Erkennen von Problemen und allfälligem Handlungsbedarf.

2.5

Gewerbeorientiertes Bürgschaftswesen

2.5.1

Ziele und Aufgaben

Das gewerbeorientierte Bürgschaftswesen ist ein traditionsreiches Instrument, das sich ursprünglich auf einen Bundesbeschluss von 194917 stützte. Es handelt sich um eine subsidiäre Hilfe mit dem Ziel, den Zugang leistungs- und entwicklungsfähiger KMU zu Bankdarlehen zu erleichtern. Der Bund vergibt selber keine Bürgschaften, sondern beteiligt sich an den Verlusten privater Bürgschaftsorganisationen und richtet Finanzhilfen an die Verwaltungskosten dieser Organisationen aus.

Mit dem im März 2007 in Kraft getretenen Bundesgesetz vom 6. Oktober 200618 über Finanzhilfen an gewerbeorientierte Bürgschaftsorganisationen wurde das Bürgschaftswesen einer umfassenden Revision unterzogen. Die Beteiligung des Bundes an den Bürgschaftsverlusten wurde von 50 oder 60 Prozent allgemein auf 65 Prozent und die Beiträge des Bundes an die Verwaltungskosten der Bürgschaftsorganisationen wurden von 200 000 Franken auf höchstens 3 Mio. Franken pro Jahr erhöht. Die Zahl der anerkannten Bürgschaftsorganisationen wurde von zehn auf vier reduziert (BG OST-SÜD Bürgschaftsgenossenschaft für KMU, Bürgschaftsgenossenschaft Mitte, Cautionnement romand, SAFFA), und die maximale Bürgschaftslimite für die Verlustbeteiligung des Bundes wurde neu von 150 000 Franken auf 500 000 Franken erhöht.

Das gewerbeorientierte Bürgschaftswesen stellt eine sinnvolle gewerbepolitische Hilfe für KMU dar, weil die Mittel nicht nach dem Giesskannenprinzip verteilt, sondern individuell im Einzelfall nach eingehender Prüfung gesprochen werden. Das Bürgschaftswesen bleibt aber ein Nischeninstrument, zumal nur eine beschränkte Anzahl Unternehmen davon profitiert. Heute sind es etwa 1700, im Vergleich zur Gesamtzahl von rund 490 000 Mikro-Unternehmen (mit 1­9 Beschäftigten) des marktwirtschaftlichen Sektors. Es handelt sich insbesondere im aktuellen Marktumfeld primär um ein KMU-Förderinstrument mit einer starken Verankerung im ländlichen Raum.

2.5.2

Wirksamkeit

Im Jahr 2012 gab das SECO eine externe Wirkungsanalyse als Grundlage einer Gesamtschau in Auftrag. Externe Teilstudien, welche die Wirkung19, die Marktstellung20, den Vollzug21 sowie das Schweizer Bürgschaftswesen im internationalen 17 18 19 20

AS 1949 II 1657 SR 951.25 B,S,S. (2013): Wirksamkeitsanalyse Bürgschaftswesen, Teilstudie «Wirkungsanalyse».

B,S,S. Volkswirtschaftliche Beratung Basel, 28. März 2013.

KMU-HSG (2013): Wirkungsanalyse Bürgschaftswesen. Teilprojekt «Marktstellungsanalyse». Schweizerische Instituts für Klein- und Mittelunternehmen der Universität St. Gallen, 28. März 2013.

2411

Vergleich22 untersuchten, wurden durchgeführt. Diese bildeten die Grundlage für den Bericht des Bundesrates vom 20. November 201323 über die Zweckmässigkeit, die Wirksamkeit sowie die Wirtschaftlichkeit des Bundesgesetzes über Finanzhilfen an gewerbeorientierte Bürgschaftsorganisationen. Mit dieser erstmaligen Gesamtschau erfolgte auch eine Rechenschaftsablage über das 2007 reorganisierte Bürgschaftssystem.

In seinem Bericht zieht der Bundesrat insgesamt eine positive Bilanz über die Wirksamkeit des gewerbeorientierten Bürgschaftswesens. Das System des gewerbeorientierten Bürgschaftswesens ist zweckmässig, und Anpassungen sind nicht notwendig.

Ende 2012 profitierten 1660 KMU von einer Bürgschaft und damit von einem erleichterten Zugang zu Bankkrediten, was einem Bürgschaftsvolumen von 218 Mio. Franken entspricht. Unternehmen mit Bürgschaften schaffen nach dem Bürgschaftsantrag im Durchschnitt 4,47 Arbeitsplätze. In den entsprechenden KMU werden zahlreiche Arbeitsplätze angeboten, die ohne das Bürgschaftswesen in dieser Form und in diesen Regionen nicht existieren würden. In diesem Sinne ist das Bürgschaftswesen erfolgreich.

Das Bürgschaftswesen unterstützt die KMU, indem es ihnen ermöglicht, Darlehen zu erhalten, welche ihnen die Banken andernfalls nicht gewähren würden. Damit sichert das Bürgschaftswesen deren Gründung, die Nachfolgeregelung und erlaubt die Vergrösserung der Firma.

Die Mitnahmeeffekte sind bei diesem Instrument insgesamt klein. KMU nutzen Bürgschaften meist nur dann, wenn sonst keine Finanzierungen gewährt würden.

Andererseits dürften die Verdrängungseffekte recht gross sein. Langfristig würden die entsprechenden Arbeitsplätze ohne die Existenz der mit Bürgschaften unterstützten Firmen gesamtschweizerisch betrachtet trotzdem entstehen, allerdings nicht notwendigerweise bei den entsprechenden Kleinunternehmen und wohl auch nicht in den betroffenen Regionen.

Ende 2011 boten die mit Bürgschaften unterstützten Firmen insgesamt 22 179 Arbeitsplätze an und beschäftigten 1774 Lernende. Das gewerbeorientierte Bürgschaftswesen leistet somit indirekt auch einen Beitrag zur Berufsbildung. Die Konkursquote der Firmen mit Bürgschaften liegt nur wenig über der Konkursquote aller KMU der entsprechenden Grösse.

Die in den Firmen beschäftigten Mitarbeitenden zahlen via ihre Einkommenssteuern
pro Jahr ca. 13 Mio. Franken direkte Bundessteuer. Zudem erhält der Bund laut den Evaluatoren von den unterstützten Firmen rund 13 Mio. Franken an Unternehmensgewinnsteuern pro Jahr. Die generierte Wertschöpfung der unterstützten Firmen beträgt rund 1,7 Milliarden Franken. Die Firmen fragen zudem um Vorleistungen nach, was zu einer zusätzlichen, induzierten Wertschöpfung führt.

Das gewerbeorientierte Bürgschaftswesen hat sich seit der Neuorganisation im Jahre 2007 positiv entwickelt, etablierte sich und steht heute auf einer soliden Basis. Die Evaluatoren sehen keine dringende Notwendigkeit für Produktanpassungen. Inner21

22 23

Ernst & Young (2010): Evaluation des gewerblichen Bürgschaftswesens 2007­2010, Oktober 2010 und Ernst & Young (2011): Zusatzabklärung zu den Aussenstellen der gewerblichen Bürgschaftsgenossenschaften, 27. Mai 2011.

PwC (2013): Teilstudie «Das Schweizer Bürgschaftswesen im internationalen Benchmark». PricewaterhouseCoopers, 31. März 2013.

www.seco.admin.ch > Themen > Standortförderung > KMU-Politik > Bürgschaften für KMU

2412

halb von fünf Jahren (2008­2012) konnte das Bürgschaftsvolumen von 85 auf rund 218 Mio. Franken gesteigert werden. Die Steigerung des Volumens wurde einerseits durch die Neukonzeption als solche ermöglicht: Durch die neuen Strukturen und das stärkere finanzielle Engagement des Bundes konnte das Vertrauen in das Bürgschaftswesen ­ insbesondere bei den Banken ­ gestärkt werden. Anderseits haben die Bürgschaftsgenossenschaften Marketingmassnahmen initiiert, um den Bekanntheitsgrad des neu konzipierten Instruments zu erhöhen.

Der Bundesrat hat im Rahmen der Evaluationen auch die Frage einer Limitenerhöhung prüfen lassen. Die Motion Feller vom 10. September 2013 (13.3673 «Erhöhung der Interventionsgrenze der Bürgschaftsorganisationen zugunsten der KMU von 500 000 auf eine Million Franken») verlangt eine Erhöhung der Limite auf 1 Million Franken. Die Forderung nach einer Erhöhung der aktuellen Höchstlimite von 500 000 Franken entspricht einem langjährigen Wunsch einzelner Bürgschaftsorganisationen. Die Evaluatoren konnten dabei die Notwendigkeit einer Limitenerhöhung nicht einheitlich aufzeigen. Weiter haben Bürgschaftsorganisationen vereinzelt die Frage einer Rekapitalisierungsgarantie des Bundes für die Bürgschaftsorganisationen sowie eine Erhöhung des Verwaltungskostenbeitrages als Vorbedingung für eine Limitenerhöhung aufgeworfen. Dies würde jedoch einem grösseren Systemausbau gleichkommen, für den der Bundesrat zum heutigen Zeitpunkt bei einem insgesamt funktionierenden KMU-Kreditmarkt weder eine Veranlassung noch eine Notwendigkeit sieht.

2.5.3

Internationaler Vergleich

Praktisch alle OECD-Länder sowie zahlreiche Nicht-OECD-Staaten kennen entsprechende Bürgschaftsinstrumente, wenn auch in unterschiedlichen Ausprägungen.

Diese wurden intensiv eingesetzt, um auf die in manchen Ländern auftretenden Finanzierungsschwierigkeiten für KMU während der Finanz- und Wirtschaftskrise seit 2008 zu reagieren.

Die Bürgschaftslimite liegt in der Schweiz mit 500 000 Franken nur in etwa halb so hoch wie der Durchschnitt der Vergleichsländer24 mit 1 Million Euro. In Deutschland beispielsweise können Kredite bis zu einem Maximalbetrag von 1,25 Mio. Euro verbürgt werden, in Österreich bis 7,5 Mio. Euro. Auf der anderen Seite liegt der mittlere Betrag einer Einzelbürgschaft in der Schweiz mit 127 437 Franken zum Teil deutlich über jenem anderer Länder. Die Schweiz hat also eine vergleichsweise tiefe Limite, schöpft diese aber überdurchschnittlich aus. 46 Prozent aller Bürgschaften liegen bei 100 000 Franken oder weniger.

Das Bürgschaftswesen ist in der Schweiz ein Nischenprodukt. Relativ betrachtet haben Bürgschaften in anderen Ländern eine deutlich höhere Bedeutung als in der Schweiz. Während der Anteil des Bürgschaftsvolumens am Bruttoinlandprodukt in der Schweiz 0,04 Prozent beträgt, weisen beispielsweise Portugal und Italien mit etwa 2 Prozent deutlich höhere Anteile auf. In Asien spielen Bürgschaften noch eine deutlich grössere Rolle. So beträgt der Anteil der ausstehenden Bürgschaften am Bruttoinlandsprodukt beispielsweise in Taiwan 3,6 Prozent, in Korea 6,7 Prozent und in Japan sogar 7,3 Prozent.

24

Als Vergleichsländer herangezogen wurden Deutschland, Österreich, Frankreich, Italien, Spanien und Portugal.

2413

2.5.4

Schwerpunkte 2016­2019

Die Evaluatoren sehen im gewerbeorientierten Bürgschaftswesen Entwicklungspotenzial. Nur etwa ein Viertel aller KMU der Schweiz kennt das gewerbeorientierte Bürgschaftswesen,25 und bei den Unternehmen, denen ein Kredit verweigert wurde, sinkt der Bekanntheitsgrad paradoxerweise sogar auf 21 Prozent. Somit kennen fast 80 Prozent der potenziellen Kunden des Bürgschaftswesens das Instrument nicht.

Die Evaluatoren schätzen das maximale Marktpotenzial etwa im Bereich des Vierfachen des heutigen Bürgschaftsvolumens, d. h. bei rund 800­900 Mio. Franken. Die Evaluatoren empfehlen unter anderem eine Vereinfachung und gegebenenfalls Vereinheitlichung der Gesuchsgebührenmodelle und verbesserte Datengrundlagen.

Der Finanzhilfevertrag 2012­2015 mit den vier anerkannten Organisationen wird Ende 2015 ordentlich beendet. Die Anpassungen aufgrund der Empfehlungen aus der Evaluation sollen in den neuen Finanzhilfevertrag 2016­2019 einfliessen.

Mit seiner Verabschiedung des Berichts «Das gewerbeorientierte Bürgschaftswesen» vom 20. November 2013 hat der Bundesrat das WBF mit einer Verordnungsanpassung beauftragt. Dabei sollen gewisse Präzisierungen sowie Anpassungen an die heutige Realität vorgenommen werden: a.

Die heutige Übernahme des Bundes von weiteren Kosten neben dem eigentlichen Kreditausfall (Zinsen, Bankgebühren) ist in der Verordnung kostenneutral explizit zu regeln.

b.

Die Sorgfaltspflicht der Bürgschaftsorganisationen ist in Artikel 4 der Verordnung vom 28. Februar 200726 über die Finanzhilfen an gewerbeorientierte Bürgschaftsorganisationen nicht zweifelsfrei und soll klarer geregelt werden.

c.

Substanzielle Punkte der Erläuterungen zur Verordnung27 sollen in die Verordnung aufgenommen und die Erläuterungen aufgehoben werden.

Der Bundesrat beantragt dem Parlament im Rahmen des ordentlichen Budgetprozesses weiterhin jährlich die Mittel zur Finanzierung der Bürgschaftsverluste. Der Finanzplan 2016­2018 und die Schätzung für 2019 sehen zu diesem Zweck 48 Mio.

Franken für die Jahre 2016­2019 vor. Der Bundesrat ist der Ansicht, dass die Beträge in der Finanzplanung ausreichen, um das konsolidierte System zu finanzieren. Es scheint in diesem Zusammenhang nicht angemessen und notwendig, die Verwaltungskostenbeiträge über die bisherigen 3 Mio. Franken hinaus zu erhöhen.

Die Möglichkeit, nachrangige Darlehen zu gewähren, bleibt weiterhin im Gesetz enthalten. Der Bundesrat erachtet es aber gegenwärtig nicht als notwendig, einen entsprechenden neuen Rahmenkredit für nachrangige Darlehen zu beantragen.

25 26 27

M.I.S. Trend (2013): Studie zur Finanzierung der KMU in der Schweiz, durchgeführt im Auftrag des Staatssekretariats für Wirtschaft (SECO).

SR 951.251 SECO (2007): Erläuterungen vom 28. Februar 2007 zur Verordnung über die Finanzhilfen an gewerbeorientierte Bürgschaftsorganisationen

2414

3

Tourismuspolitik

3.1

Strategische Grundlagen

3.1.1

Standortbestimmung zur 2010 neu konzipierten Tourismuspolitik des Bundes

Der Tourismus trägt 2,7 Prozent zur Schweizer Wirtschaftsleistung bei. Mit 146 000 Vollzeitstellen entfallen landesweit 4,0 Prozent der Beschäftigung auf diesen Sektor.28 Der Tourismus ist insbesondere für die alpinen Regionen ein Leitsektor.

Die Schweiz verfügt als Tourismusland über ausgeprägte Stärken: die attraktive Landschaft, die zentrale Lage in Europa und die gut ausgebauten Verkehrsinfrastrukturen, die vielfältigen und attraktiven touristischen Angebote, das grosse vorhandene touristische Knowhow und weitere Faktoren wie Sicherheit, Zuverlässigkeit und das positive Landesimage. Trotz dieser Stärken und dem damit verbundenen hohen Potenzial der Schweiz als Tourismusland ist seit den 1970er-Jahren übers Ganze gesehen eine stagnierende Entwicklung des Schweizer Tourismus zu beobachten. Neben der Globalisierung sind hierfür ernst zu nehmende Schwächen des Schweizer Tourismus verantwortlich. Anzufügen sind insbesondere die zersplitterten Destinationsstrukturen, die Nachteile kleingewerblicher Betriebs- und Branchenstrukturen, ein im internationalen Vergleich hohes Kosten- und Preisniveau sowie die ungünstige Währungssituation.

Der Bundesrat hat 2010 die Tourismuspolitik neu konzipiert und eine Wachstumsstrategie für den Tourismusstandort Schweiz verabschiedet. Inhaltlich setzte der Bundesrat primär auf eine Weiterentwicklung und Optimierung der bestehenden Instrumente der Tourismuspolitik. Mit der Verstärkung der tourismuspolitischen Querschnittsaufgaben, dem Aufbau eines strategischen Issue Managements und der Totalrevision und dauerhaften gesetzlichen Verankerung der touristischen Innovationsförderung wurden daneben gewichtige Neuerungen eingeführt.

Im Bericht über die strukturelle Situation des Schweizer Tourismus und die künftige Tourismusstrategie des Bundesrates vom 26. Juni 2013 (Tourismusbericht 2013) hat der Bundesrat die aktuelle Tourismuspolitik auf einen allfälligen Anpassungsbedarf hin geprüft. Der Bundesrat ist zum Schluss gekommen, dass sich die neu konzipierte Tourismuspolitik bewährt. Diese unterstützt die Tourismusbranche gezielt beim Überwinden der bestehenden Herausforderungen und Schwächen. Sie setzt dabei primär auf eine Verbesserung der Rahmenbedingungen. Mit dem Tourismus-Forum Schweiz hat die Tourismuspolitik beispielsweise eine viel beachtete Austauschplattform zu
strategischen tourismuspolitischen Themen für den Schweizer Tourismus geschaffen. Zur Verstärkung der tourismuspolitischen Querschnittsaufgaben wurde mit mehreren Bundesämtern eine strukturierte Zusammenarbeit initiiert. Mit ihren Instrumenten fördert die Tourismuspolitik zweitens direkt den Tourismusstandort Schweiz. Verschiedene Evaluationen und Wirkungsmessungen zeigen deren hohe Wirkung. Das Instrumentarium erlaubt es, bei Bedarf rasch und gezielt konjunkturell begründete Zusatzmassnahmen zu ergreifen. Dies zeigen sowohl die als Folge der Frankenstärke im Jahr 2011 von der Schweizerischen Gesellschaft für Hotelkredit (SGH) ergriffenen Konjunkturmassnahmen als auch die von Schweiz Tourismus

28

Bundesamt für Statistik, Jährliche Indikatoren zum Satellitenkonto Tourismus der Schweiz, Werte für 2012.

2415

(ST) durchgeführten Impulsprogramme zur Stützung der touristischen Nachfrage in der Schweiz.

Weitere seit der Publikation des Tourismusberichts 2013 durchgeführte Analysen wie die Wirkungsmessung von Schweiz Tourismus oder die Vollzugsbefragung zum totalrevidierten Bundesgesetz vom 30. September 201129 über die Förderung von Innovation, Zusammenarbeit und Wissensaufbau im Tourismus bestätigen die Schlussfolgerungen der Analyse der aktuellen Tourismuspolitik im Tourismusbericht 2013. Als Standortbestimmung zur Tourismuspolitik lässt sich als Schlussfolgerung festhalten, dass sich diese bewährt. Die Förderinstrumente Innotour, Schweizerische Gesellschaft für Hotelkredit (SGH) und Schweiz Tourismus (ST) ergänzen sich und bilden unter Einbezug der Neuen Regionalpolitik (NRP) ein wirkungsvolles und flexibles Förderinstrumentarium. Zudem hat die Standortbestimmung zur Berücksichtigung der nachhaltigen Entwicklung der Tourismuspolitik gezeigt, dass der Nachhaltigkeit in der Tourismuspolitik insgesamt wie auch bei den drei Instrumenten der Tourismuspolitik Rechnung getragen wird.

Gleichwohl hat der Bundesrat im Tourismusbericht 2013 zur Optimierung des bestehenden tourismuspolitischen Instrumentariums ein tourismuspolitisches Massnahmenpaket vorgeschlagen. So hat die Prüfung der strategischen Optionen der SGH gezeigt, dass bei den Vollzugsbestimmungen der Beherbergungsförderung Modernisierungs- und Anpassungsbedarf besteht. Mit der Modernisierung der Vollzugsbestimmungen der SGH hat der Bundesrat diesbezüglich bereits entsprechende Anpassungen vorgenommen (vgl. Ziff. 3.4.4). Die Analysen haben weiter gezeigt, dass eine engere Abstimmung der SGH und der NRP deren Wirkung erhöhen könnte. Das SECO hat hierfür einen regelmässigen Austausch mit den Kantonen und der SGH initiiert. Zudem hat das SECO die Beherbergungsförderung über die NRP in einer Arbeitshilfe an die Kantone thematisiert.

Einen zeitlich befristeten Anpassungsbedarf bei den tourismuspolitischen Förderinstrumenten bringt die Annahme der Zweitwohnungsinitiative (Art. 75b BV) mit sich. Diese dürfte vorübergehend zu einem beschleunigten Strukturwandel im Tourismus führen und die bestehenden strukturellen Herausforderungen verschärfen.

Dafür spricht erstens die Unsicherheit bezüglich der finalen Ausgestaltung der neuen regulatorischen Rahmenbedingungen,
mit der die Gefahr eines Investitionsstaus verbunden ist.30 Gemäss Rückmeldungen der betroffenen Akteure ist bezüglich Investitionen in die Beherbergungswirtschaft eine gewisse Zurückhaltung festzustellen. Dem drohenden Investitionsstau soll mit der Verlängerung des im Rahmen der Frankenstärke im Jahr 2011 als Massnahme gegen eine drohende Kreditklemme gewährten Zusatzdarlehens an die SGH bis Ende 2019 begegnet werden (vgl.

Ziff. 3.4.5). Diese Massnahme ist seit der Aufhebung des Euro-Mindestkurses zum Franken umso wichtiger geworden. Der Tourismuswirtschaft steht zweitens ein herausfordernder Anpassungsprozess an die neuen regulatorischen Rahmenbedingungen bevor. Die Zweitwohnungsinitiative erschwert einerseits die Finanzierung von Beherbergungsprojekten. Durch das weitgehende Wegfallen des Zweitwohnungsneubaus fehlen den Tourismusgemeinden andererseits Steuereinnahmen zur Finanzierung der touristischen Basisinfrastruktur. Drittens erhöht die Umsetzung der Zweitwohnungsinitiative in der Tendenz den Umwandlungsdruck auf die bestehen29 30

SR 935.22 Vgl. Botschaft vom 19. Febr. 2014 zum Bundesgesetz über Zweitwohnungen (BBl 2014 2287).

2416

den Hotels als zentrale Pfeiler des touristischen Angebots einer Destination. Damit droht ein Attraktivitätsverlust in der gesamten Destination. Die Zweitwohnungsinitiative, zusammen mit der Frankenstärke, erhöht folglich die Dringlichkeit, neue Wachstumsmodelle und alternative Finanzierungskreisläufe für alpine Destinationen zu finden und umzusetzen. Es geht also darum, Wachstumsmodelle zu suchen, welche weniger auf einer Siedlungsexpansion beruhen, sondern auf Erneuerung und bessere Auslastung bestehender touristischer Infrastrukturen hinzielen und so nicht zuletzt zum Erhalt der Ortsbilder und einer besseren Raumnutzung beitragen. Vor diesem Hintergrund hat der Bundesrat im Tourismusbericht 2013 ein Impulsprogramm 2016­2019 in Aussicht gestellt. Damit soll erstens der vorübergehend beschleunigte Strukturwandel im Schweizer Tourismus unterstützt und begleitet werden. Zweitens soll das Impulsprogramm 2016­2019 dazu beitragen, dass die Chancen, welche die Zweitwohnungsinitiative langfristig bietet, genutzt werden. Um diese beiden Ziele zu erreichen, sollen 2016­2019 Projekte unterstützt werden, die die Destinationen und die Tourismusbetriebe im Übergang zu neuen, nachhaltigen Wachstumsmodellen unterstützen. Konkret hat der Bundesrat vorgeschlagen, die Mittel für Innotour für 2016­2019 um 10 auf 30 Mio. Franken zu erhöhen. Daneben soll 2016­2019 der Betrag für die Darlehensgewährung zur Förderung von Neu-, Ersatz- oder Erneuerungsinvestitionen sowie für A-fonds-perdu-Beiträge durch die NRP um 200 Mio. Franken erhöht werden.

3.1.2

Das Impulsprogramm als Schwerpunkt der Tourismuspolitik 2016­2019

Die 2010 neu konzipierte Tourismuspolitik soll 2016­2019 fortgeführt werden. Die Tourismuspolitik wird sich weiterhin für die Verbesserung der Rahmenbedingungen einsetzen. Konkret soll das strategische «Issue Management» fortgeführt werden, welches der Tourismuspolitik des Bundes ermöglicht, frühzeitig Handlungsbedarf und Lösungsansätze zur Stärkung des Tourismusstandortes Schweiz aufzuzeigen.

Dies ist die Grundlage für eine effektive und effiziente Wahrnehmung der tourismuspolitischen Querschnittsaufgaben, dank der erstens die Anliegen der Tourismuspolitik in neben- und übergeordneten Politikbereichen stärker berücksichtigt werden sollen. Zweitens ist die Tourismuspolitik dank der Wahrnehmung der tourismuspolitischen Querschnittsaufgaben auch über die Anliegen der übrigen Sektoralpolitiken informiert. Dabei sind für den Tourismus unter anderem die Wirtschafts-, Infrastruktur- und Verkehrspolitik, die Regional- und Raumordnungspolitik, die Sportpolitik oder die Umwelt- und Klimapolitik relevant. Durch frühzeitige Interessensabwägungen unter den verschiedenen Politikbereichen sollen optimale Lösungen gefunden und die Chancen der Tourismusunternehmen auf den Märkten erhöht werden. Von besonderer Bedeutung bei den Querschnittsaufgaben ist die Berücksichtigung der Grundsätze der nachhaltigen Entwicklung. Dabei geht es unter anderem auch darum, die Vielfalt und Attraktivität der Landschaft zu erhalten und gleichzeitig den Tourismusregionen wirtschaftliche Entwicklungsmöglichkeiten zu bieten.

Der eigentliche Schwerpunkt der Tourismuspolitik 2016­2019 wird die Umsetzung des Impulsprogrammes sein. Auf der Basis der Analysen im Tourismusbericht hat das SECO ein Detailkonzept zum Impulsprogramm 2016­2019 entwickelt. Vor dem Hintergrund der Zweitwohnungsinitiative und der dadurch verschärften bestehenden strukturellen Herausforderungen des Schweizer Tourismus wurden vier Stossrich-

2417

tungen identifiziert. Dabei wurden sowohl die Kantone als auch die Tourismusbranche konsultiert.

Stossrichtung I: Modernisierung der Beherbergungswirtschaft Für die Wettbewerbsfähigkeit des Schweizer Tourismus ist es von zentraler Bedeutung, dass die Substanz der Beherbergungswirtschaft erhalten und verbessert wird.

Aufgrund der mit der Umsetzung der Zweitwohnungsinitiative verbundenen Folgen besteht jedoch die Gefahr, dass die Beherbergungswirtschaft an Substanz und damit an Qualität verliert. Vor diesem Hintergrund ist es zentral, dass die Beherbergungswirtschaft modernisiert wird. Dabei sind in Zukunft verstärkt Beherbergungsprojekte anzustreben, die Synergien mit vor Ort bestehenden Tourismusinfrastrukturen (z. B.

Wellnessbäder oder Kongress-, Sport- und Freizeitinfrastrukturen) nutzen. Mit solchen Projekten können die Kosten gesenkt und die Auslastung der bestehenden Infrastrukturen erhöht werden. Bei der Modernisierung der Beherbergungswirtschaft kommt der totalrevidierten Verordnung über die Beherbergungsförderung (vgl.

Ziff. 3.4.4) eine prioritäre Rolle zu. Daneben wird auch im Impulsprogramm ein Fokus auf die Beherbergungswirtschaft gelegt, indem die Förderung der Beherbergungswirtschaft durch die NRP und durch Innotour intensiviert wird. So sollen in Zukunft verstärkt innovative Geschäftsmodelle oder Kooperationsvorhaben unterstützt werden. Zudem wird die NRP stärker als bis anhin öffentlich zugängliche Hotelinfrastrukturen unterstützen.

Stossrichtung II: Verstärkung Qualitäts- und Produktentwicklung Der Schweizer Tourismus leidet unter Preis- und Kostennachteilen, die sich mit dem starken Franken deutlich akzentuiert haben. Diese sind primär darauf zurückzuführen, dass der Schweizer Tourismus höhere Vorleistungs- und Arbeitskosten hat als die ausländische Konkurrenz. Zusätzlich sind in der Schweiz die Erstellungskosten für Hotelprojekte deutlich höher als in den umliegenden Ländern. Daneben sind die Preis- und Kostennachteile auch ein Resultat der im Schweizer Tourismus vorherrschenden kleinstrukturierten Branchenstruktur. Diese erschwert das Ausnützen von Grössenvorteilen und zieht eine vergleichsweise tiefe Auslastung der Kapazitäten nach sich. Hohe Preise können am Markt nur dann durchgesetzt werden, wenn die Qualität der touristischen Produkte entsprechend hoch oder das angebotene
Produkt möglichst einzigartig ist. Damit benötigt der Schweizer Tourismus kontinuierlich Innovationen und einen klaren Qualitätsfokus. Gleichzeitig beeinflusst die Zweitwohnungsinitiative die Finanzierungskreisläufe in den Destinationen und die Finanzierungsmodelle im Schweizer Tourismus insgesamt. Zudem bindet die Anpassung an die neue Regulierung in der Tourismusbranche beträchtliche Mittel und Kapazitäten. Aufgrund der Zweitwohnungsinitiative dürfte sich auch die Finanzierung von auf Destinationsebene prioritären Infrastrukturen erschweren. Diese werden oft von kommunaler Seite mitfinanziert. Obwohl bezüglich der Auswirkungen der Zweitwohnungsinitiative auf die Einnahmen der Gemeinden Fragen offen sind (vgl. unten Stossrichtung IV), ist zu erwarten, dass die Zweitwohnungsinitiative den Finanzierungsspielraum der Gemeinden einengt. Damit besteht die Gefahr, dass die Produktund Qualitätsentwicklung vorübergehend geschwächt wird. Vor diesem Hintergrund soll das Impulsprogramm verstärkt Anreize zur Produkt- und Qualitätsentwicklung setzen. Durch Innotour sollen nationale Vorhaben und regionale Modellvorhaben gefördert werden, wobei thematische Schwerpunkte gesetzt werden. So sollen beispielsweise Vorhaben unterstützt werden, welche den für das Tourismusland Schweiz bedeutenden Schneesport nachhaltig fördern. Ein anderer Schwerpunkt 2418

wird die Förderung von Projekten im Bereich Touring- oder Pärke-Tourismus darstellen. Mit den durch Innotour geförderten Projekten können für den Schweizer Tourismus wichtige Erfahrungen und Best Practices gesammelt werden, welche den Destinationen und Regionen zur Verfügung gestellt werden. Diese Wissensdiffusion soll dazu führen, dass in den Regionen Anschluss- oder Nachahmerprojekte initiiert werden, welche verstärkt von der NRP gefördert werden können. Bei den geförderten Projekten gilt es auch, die Nachfragebedürfnisse stärker als bis anhin bei der Produktentwicklung zu berücksichtigen.

Stossrichtung III: Optimierung Strukturen und Verstärkung Kooperationen Anzustreben ist weiter eine fortlaufende Optimierung der Destinationsstrukturen im Schweizer Tourismus. Zwar kann festgehalten werden, dass in jüngster Vergangenheit bezüglich Destinationsstrukturen Verbesserungen stattgefunden haben. So wurde beispielsweise in den Kantonen Tessin und Graubünden die Anzahl Destinationen deutlich gesenkt. Zudem rücken innovative Destinationsmanagement-Ansätze zunehmend die Nachfrageseite in den Fokus. Gleichwohl orientieren sich die Destinationsstrukturen oft noch stärker an territorialen Grenzen denn an den Gästebedürfnissen. Damit besteht die Gefahr, dass neue Gästebedürfnisse nur verzögert erkannt und in neue Produkte umgemünzt werden. Zudem sind die Destinationen in der Tendenz trotz der oben erwähnten Reformen noch zu kleinstrukturiert. Damit werden Marketingbudgets verzettelt. Diese kleinräumige Struktur kann weiter dazu führen, dass in einer Destination Elemente in der vom Gast gesuchten touristischen Dienstleistungskette fehlen, was die Attraktivität der Destination schmälert. Auch auf Betriebsebene dominieren im Schweizer Tourismus kleingewerbliche Strukturen mit negativen Effekten auf die preisliche Wettbewerbsfähigkeit. Vor diesem Hintergrund sind handlungs- und marktfähige Beherbergungsstrukturen anzustreben, welche eine bessere Auslastung der Kapazitäten erlauben. Allerdings wird die Anpassung der Beherbergungsstrukturen durch die Zweitwohnungsinitiative erschwert, was die Möglichkeit zur Senkung der Kosten einschränkt. Als sinnvolle Alternative bieten sich Kooperationen zwischen einzelnen Betrieben an. Kooperationen können zu Grössenvorteilen, einem effizienteren Mitteleinsatz, tieferen Kosten
und damit auch zu einer höheren Auslastung führen. Daneben erleichtern sie den Austausch von Wissen. Mittels Innotour- und NRP-Unterstützung sollen Anreize für die Destinationsentwicklung und Kooperationen auf Betriebsebene geschaffen werden.

Stossrichtung IV: Verstärkung Wissensaufbau und -diffusion Bezüglich der genauen Auswirkungen der Zweitwohnungsinitiative auf die Tourismuswirtschaft bestehen nach wie vor offene Fragen. So ist unklar, wie die Finanzierungskreisläufe in den Destinationen aussehen werden, wenn das bisherige Finanzierungsmodell via Zweitwohnungen eingeschränkt wird. Unklar sind weiter die Auswirkungen der Zweitwohnungsinitiative auf die Finanzierung von auf Destinationsebene prioritären Infrastrukturen. Diese Wissenslücken sollen geschlossen werden, damit geeignete Massnahmen respektive neue Geschäfts- und Finanzierungsmodelle gefunden oder bestehende optimiert werden können. Dieses Wissen soll den Kantonen und der Tourismusbranche zur Verfügung gestellt werden, damit diese bei Bedarf erfolgversprechende Initiativen initiieren respektive entsprechende Massnahmen ergreifen können.

2419

3.1.3

Finanzieller Gesamtrahmen der Tourismuspolitik

Im Zusammenhang mit dem Impulsprogramm werden für den Innotour-Vollzug zusätzlich zu den bisherigen 20 Mio. Franken 10 Mio. Franken beantragt (vgl.

Ziff. 3.2.5). Ebenfalls eine Erhöhung des Bundesbeitrags ist bei Schweiz Tourismus vorgesehen. Damit Schweiz Tourismus trotz der 2016­2019 anfallenden Teuerung die Dualstrategie im gleichem Umfang wie 2012­2015 weiterführen kann, ist eine Erhöhung des ordentlichen Bundesbeitrags von 210 auf 220,5 Mio. Franken nötig (vgl. Ziff. 3.3.5).

3.2

Innotour

3.2.1

Ziele und Aufgaben

Innotour fördert die Innovation, die Zusammenarbeit und den Wissensaufbau im Tourismus. Die Förderung von Innovation und Zusammenarbeit (Innotour) wurde 1998 als befristete Massnahme eingeführt, um den Strukturwandel im Tourismus voranzutreiben. Seitdem wurde Innotour mehrmals vom Parlament verlängert und 2012 als integraler Bestandteil der Tourismuspolitik des Bundes im Bundesgesetz vom 30. September 201131 über die Förderung von Innovation, Zusammenarbeit und Wissensaufbau im Tourismus verankert. Wie der Tourismusbericht 2013 gezeigt hat, stellen die Strukturaspekte immer noch eine zentrale Herausforderung des Tourismusstandortes Schweiz dar. Mit Innotour steht der Tourismusbranche ein modernes Förderinstrument zur Verfügung, um den Schweizer Tourismus beim Bewältigen des Strukturwandels zu unterstützen.

Der Tourismus ist ein fragmentierter Wirtschaftssektor, weshalb bei der Bündelung von kompletten Tourismusangeboten hohe Transaktionskosten entstehen. Innovative integrierte Angebote sind nicht einfach zu realisieren, da die Innovationskosten und Renditen schwer teilbar und internalisierbar sind. Diese Aspekte führen zu Unsicherheit und zu mangelnder Kooperation. Hohe Bedeutung hat bei Innotour die Entwicklung von überbetrieblichen Tourismusangeboten, die einen starken Bezug zu öffentlichen oder quasi-öffentlichen Gütern (beispielsweise Bike- und Wanderwege oder Erlebnisinszenierungen) haben, beispielsweise die Bestrebungen der Interessengemeinschaft (IG) Schweiz Mobil (siehe Kasten Praxisbeispiel 1). Öffentliche Güter können durch kooperative Ansätze effizienter und effektiver inwertgesetzt werden.

Mit dem 2012 eingeführten dritten Schwerpunkt von Innotour, dem Wissensaufbau und dessen Diffusion, leistet Innotour einen wichtigen Beitrag für die Weiterentwicklung des Tourismusstandortes Schweiz. Grundsätzlich setzt Innotour keine thematischen oder sektoriellen Schwerpunkte. Alle touristischen Akteure können von Innotour profitieren. Vorrang haben Projekte, die die strukturelle Anpassung des Schweizer Tourismus an die Weltmarktbedingungen beschleunigen. Innotour ist mit diesen Voraussetzungen gut geeignet, einen Beitrag zur Bewältigung der Folgen der herrschenden Rechtsunsicherheit und zur Klärung von offenen Fragen im Zusammenhang mit der Zweitwohnungsinitiative zu leisten, wie das Praxisbeispiel 2 zeigt.

31

SR 935.22

2420

3.2.2

Wirksamkeit

Die 2012 in Kraft getretenen totalrevidierten Innotour-Regulierungen (Gesetz und Verordnung) haben sich bewährt. Die angestrebte nationale Ausrichtung und die neudefinierte Auslegung der Überbetrieblichkeit bei der Planung und Umsetzung der Projekte konnten umgesetzt werden.

Zwischen Februar 2012 und Juni 2014 erhielt das SECO rund 140 Gesuche und Anfragen für die Unterstützung von Projekten, 48 davon konnten unterstützt werden.

Die Finanzierungsaufteilung zwischen Innotour und den Projektträgern von 1:2 belegt die grosse Hebelwirkung von Innotour. Rund 75 Prozent der Mittel entfielen auf nationale Projekte, was zeigt, dass die angestrebte Konzentration der Förderung auf die nationale Ebene umgesetzt werden konnte. Dank dem Instrument der Modellvorhaben konnten gleichwohl über zehn regionale und lokale Projekte unterstützt werden. Alle Geltungsbereiche von Innotour ­ die Entwicklung und Einführung neuer Produkte, Ausrüstungen und Vertriebskanäle; die Verbesserung der bestehenden Dienstleistungen; die Schaffung wettbewerbsfähiger Strukturen und die Verbesserung der Aus- und Weiterbildung ­ kamen regelmässig zum Tragen, wobei verhältnismässig am meisten Projekte eine Verbesserung der bestehenden Dienstleistungen anstreben. Gegenüber der Periode 2008­2011 ist eine Zunahme von Projekten im Aus- und Weiterbildungsbereich festzustellen.

Mit dem neu eingeführten dritten Förderschwerpunkt Wissensaufbau und Wissensdiffusion fördert Innotour Projekte in den Bereichen Aus- und Weiterbildung sowie Wissensgrundlagen wie Statistiken, Benchmarkingprogramme aber auch praxisorientierte Grundlagen. Innotour beteiligt sich beispielsweise bei den Konzeptionierungs-, Entwicklungs-, und Implementierungsarbeiten des Bundesamtes für Statistik für die Einführung einer Parahotelleriestatistik. Andererseits werden dank Innotour die Tourismusprognosen für die Schweiz erstellt.

Das im Rahmen von Innotour-Projekten generierte Wissen wird mittels gezielter Kommunikationsmassnahmen wie Newslettern oder Best-Practice-Fichen breiten Kreisen vermittelt. Eine 2012 durchgeführte Befragung bei den Lesern des InnotourNewsletters Insight hat eine hohe Zufriedenheit mit dem Newsletter gezeigt.

Abstimmung Förderinstrumente Bei der Angebotsförderung im Tourismus kommen verschiedene Förderinstrumente zum Einsatz. Innerhalb der
Standortförderung des SECO sind dies neben Innotour die NRP und die SGH. Letztere ist einzelbetrieblich, auf Beherbergungs-Infrastrukturinvestitionen ausgerichtet und unterscheidet sich somit klar vom InnotourGeltungsbereich.

Die Abstimmung zwischen Innotour und der NRP ergibt sich in erster Linie aus dem räumlichen Perimeter. Während Innotour primär nationale Vorhaben unterstützt, setzt die NRP auf der regionalen Ebene an. Zudem kann Innotour auch lokale und regionale Projekte ausserhalb des Förderperimeters der NRP unterstützen, beispielsweise Projekte zur Entwicklung überbetrieblicher Tourismusangebote in Städten. Lokale und regionale Projekte können auch durch Innotour unterstützt werden, falls sie Modellcharakter haben. Da Innotour und die NRP komplementäre Instrumente sind, erfolgt vor einer allfälligen Innotour-Unterstützung auf lokaler Ebene eine Konsultation des betroffenen Kantons.

2421

Beim Vollzug von Innotour findet zudem eine systematische Absprache mit anderen Bundesämtern wie dem Bundesamt für Landwirtschaft, dem Bundesamt für Raumentwicklung oder dem Bundesamt für Umwelt statt.

Vollzug Der Vollzug von Innotour ist weiterentwickelt worden. Die früher über zwanzig Seiten umfassenden «Anleitungen zur Erarbeitung und Einreichung von Gesuchen für die Gewährung einer Innotour-Finanzhilfe» wurden abgeschafft und die wesentlichen Informationen ins Finanzhilfegesuch integriert, ergänzt um Merkblätter. 2014 wurde eine Online-Befragung der bisherigen Gesuchstellenden durchgeführt. Die Rückmeldungen waren bezüglich Gesuchseinreichung, Gesuchsprüfung und Follow-up positiv. Optimierungspotential wurde beim Gesuchsformular bezüglich der Kostenaufstellung und den dazugehörigen Musterbeispielen identifiziert. Das SECO wird den Vollzug entsprechend anpassen.

Praxisbeispiele zu Innotour 1. IG Schweiz Mobil Die IG SchweizMobil, ihre Partner und der Netzbetreiber Swisstrails sind mit Unterstützung von Innotour daran, das bestehende Netzwerk zur Schaffung und Vermarktung von buchbaren touristischen Mehrtagesangeboten zu vervollständigen, zu optimieren, zu innovieren und zu sichern. Die Massnahmen gliedern sich in ein «Service-Haus» bestehend aus den Modulen «Gepäcktransport inkl.

Velovermietung, andere Transfers» (Modul 1), «Dispositions-, Logistik-, Reservations-System & Helpline» (Modul 2) und «Unterkunfts-Netzwerk, AnbieterIG» (Modul 3).

2. Impulsprogramm Parahotellerie Toggenburg Um die Vermietungsquote zu erhöhen, kontaktiert Toggenburg Tourismus im Rahmen des Impulsprogramms Parahotellerie Toggenburg die Eigentümer von Ferienwohnungen und ermutigt sie, ihre Wohnung für zahlende Gäste zu öffnen.

Damit die Vermietung einfacher wird, entwickelt Toggenburg Tourismus zudem Dienstleistungen für die Schlüsselaufbewahrung, die Reinigung und die Gästebetreuung. Toggenburg Tourismus will die Wohnungen einheitlich klassifizieren und auf einer Webplattform gemeinsam vermarkten.

3.2.3

Internationaler Vergleich

Gemäss Innotour-Schlussevaluation der Universität St. Gallen zur Periode 1998­ 2010 kann die staatliche Innovationsförderung auch durch den Vergleich mit ausländischen Förderprogrammen gerechtfertigt werden. In allen alpinen und übrigen Ländern, in denen Tourismus ein Flächenphänomen ist, existieren Förderinstrumente im Innovationsbereich. Generell ist die Tendenz auszumachen, dass sich der Förderfokus weg von der einzelbetrieblichen Ebene hin zu Kooperationen von Projektträgern und Destinationen verlagert. Wie auch bei Innotour ist es üblich, dass einmalige Anschubfinanzierungen vorgenommen werden.

2422

3.2.4

Schwerpunkte 2016­2019

Im Tourismusbericht 2013 hat der Bundesrat im Zusammenhang mit den Folgen der Zweitwohnungsinitiative ein Impulsprogramm 2016­2019 vorgeschlagen (vgl. Ziff.

3.1.1). Mit den zusätzlichen Mitteln für Innotour in der Höhe von 10 Mio. sollen Projekte zur Begleitung und Abfederung der Folgen der Zweitwohnungsinitiative unterstützt werden. Die Mittel werden nach den im Impulsprogramm festgelegten Stossrichtungen eingesetzt.

3.2.5

Bundesbeschluss über die Finanzierung der Förderung von Innovation, Zusammenarbeit und Wissensaufbau im Tourismus für die Jahre 2016­2019 (Vorlage 2)

Der Bundesrat beantragt, für die Förderung von Innovation, Zusammenarbeit und Wissensaufbau im Tourismus in den Jahren 2016­2019 insgesamt 30 Mio. Franken zur Verfügung zu stellen. Damit verfügt Innotour 2016­2019 über die gleichen Mittel wie für die Periode 2012­2015 und zusätzlich 10 Mio. Franken im Zusammenhang mit dem Impulsprogramm 2016­2019.32 Der Vollzug des Impulsprogrammes führt in der Periode 2016­2019 einerseits aufgrund des um 50 Prozent erhöhten Fördervolumens zu einem deutlichen Mehraufwand bei der Beurteilung der Finanzhilfegesuche. Gleichzeitig führt das Impulsprogramm sowohl innerhalb der Bundesverwaltung als auch in der Abstimmung mit bundesexternen Stellen wie Kantonen und Regionen zu einem erhöhten Koordinationsaufwand. Die nötigen Mittel im Umfang von rund einer Stelle werden departementsintern kompensiert.

3.3

Touristische Landeswerbung

3.3.1

Ziele und Aufgaben

Schweiz Tourismus (ST) ist eine öffentlich-rechtliche Körperschaft sui generis, die auf der Basis des Bundesgesetzes vom 21. Dezember 195533 über Schweiz Tourismus im Auftrag des Bundes die Nachfrage für die Schweiz als Reise- und Tourismusland fördert. ST soll sowohl inländische als auch ausländische Gäste anziehen.

Dabei hat der Schwerpunkt der Tätigkeiten auf der Bearbeitung der ausländischen Märkte zu liegen, mit einem besonderen Fokus auf die neuen und entfernteren Märkte. Bei den Aktivitäten von ST auf dem Heimmarkt Schweiz erfolgt eine Koordination mit den Partnern.

Die gesetzliche Aufgabe von ST umfasst zum einen das Basismarketing für das Tourismusland Schweiz wie etwa die Pflege der Marke, die Bearbeitung der Märkte 32

33

Die bisherige befristete und über den Sachkredit finanzierte Vollzugsstelle für Innotour im Umfang von 1,0 FTE bzw. 0,72 Mio. Fr. wird ab 2016 unbefristet in den Personalkredit des SECO überführt. Damit stehen Innotour 2016­2019 unter Ausschluss der zusätzlichen Mittel für das Impulsprogramm 0,7 Mio. Fr. mehr zur Verfügung als in der Periode 2012­2015.

SR 935.21

2423

und die Kundeninformation. Zum anderen hat ST einen Koordinations- und Beratungsauftrag. Im Rahmen des Koordinationsauftrags führt ST beispielsweise themenspezifische Kampagnen im Sinne offener Marketingplattformen durch («ST zum Mitmachen»). Diese Gemeinschaftsaktionen stehen allen Mitgliedern offen.

Den Beratungsauftrag nimmt ST unter anderem wahr, indem im Rahmen von «Enjoy Switzerland» Destinationen bei der Produktgestaltung beraten werden. Die Leistungen von ST ergänzen grundsätzlich subsidiär die private Initiative. ST konzentriert sich auf Leistungen, die im Interesse des Schweizer Tourismus bereitgestellt werden und die nicht von privaten Anbieterinnen und Anbietern mit kommerziellen Interessen in vergleichbarer Weise angeboten werden. Im Rahmen des gesetzlichen Auftrags kann ST Leistungen mit kommerziellem Charakter erbringen.

Diese müssen einen engen Bezug zu den Hauptaufgaben von ST haben und dürfen diese weder finanziell noch materiell beeinträchtigen. Weiter darf die Leistungserbringung nicht wettbewerbsverzerrend sein.

Die Finanzierung von ST wird zu einem bedeutenden Anteil durch den Bund getragen. Daneben finanziert sich ST über Mitgliederbeiträge und stellt den Mitgliedern direkt anrechenbare Dienstleistungen in Rechnung. Weiter erwartet der Bund von ST, Drittmittel für das Landesmarketing zu generieren. Um diesem Auftrag nachzukommen, geht ST unter anderem Partnerschaften ein. Diese festigen zudem die Verankerung von ST in der Tourismusbranche und der Wirtschaft. Bei gewissen Partnerschaften ist seitens der Partner eine zeitlich und inhaltlich beschränkte Branchenexklusivität gewünscht, um ein Trittbrettfahren anderer Akteuren aus derselben Branche zu verhindern. Wie in seiner Stellungnahme zur Motion Wasserfallen vom 19. Juni 2013 (13.3486 «Wirtschaftspartnerschaften von Schweiz Tourismus ohne Exklusivitätscharakter») in Aussicht gestellt, hat das WBF beziehungsweise das SECO die Thematik der exklusiven Partnerschaften von ST geprüft. Es zieht die Schlussfolgerung, dass das Instrument von zeitlich befristeten, exklusiven Partnerschaften begründet sein kann, wenn ansonsten das finanzielle Engagement der Partner massiv verringert oder die Zusammenarbeit ganz in Frage gestellt würde.

Eine vollständige Branchenexklusivität ist jedoch nur bei Wirtschaftspartnern möglich. Bei
Partnerschaften mit Tourismuspartnern ist auf eine Exklusivität zu verzichten. Bei Wirtschaftspartnern, die Produkte anbieten, deren Konsum bei ausbleibendem Tourismus deutlich zurückgehen würde, sind ebenfalls keine vollständigen Branchenexklusivitäten möglich. ST hat die den Partnerschaften zugrundeliegenden Prozesse angepasst. Diese sind transparent und nachvollziehbar.

3.3.2

Wirksamkeit

ST hat die touristische Marke «Schweiz» mit Erfolg auf den internationalen Märkten positioniert. Dank der frühzeitigen und zielgerichteten Vermarktung der Schweiz auf den strategischen Wachstumsmärkten Brasilien, Russland, Indien, China, den Golfstaaten und Südostasien ist die Schweiz auf diesen Märkten im internationalen Vergleich gut aufgestellt. Damit hat ST dazu beigetragen, die Abhängigkeit des Schweizer Tourismus von den währungssensitiven Nahmärkten abzuschwächen.

ST gewinnt die zahlreichen tourismusabhängigen Unternehmungen und Branchen für einen gemeinsamen Marktauftritt und koordiniert diesen. Dadurch tritt die Schweiz auf den internationalen Märkten geschlossen und wirksam auf. Die damit einhergehende Konzentration der Marketingmittel nimmt angesichts des Auftretens 2424

immer neuer Konkurrenzländer an Bedeutung zu. ST nimmt diesen Kooperationsauftrag sehr erfolgreich wahr und hat heute rund 700 Mitglieder. Diese können auch davon profitieren, dass ST bezüglich Nutzung neuer Technologien eine Vorreiterrolle im Schweizer Tourismus übernimmt und ihre Erfahrungen den Mitgliedern weitergibt. Angesichts der Herausforderungen, die der technologische Fortschritt für den Schweizer Tourismus mit sich bringt, ist dies von grosser Bedeutung. Die Webpräsenz von ST, verfügbar in 15 Sprachen, wird heute weltweit wahrgenommen und hat in den letzten Jahren mehrere Auszeichnungen erhalten.

ST verfügt über ein umfassendes Modell zur Wirkungsmessung. Dieses zeichnet den Zusammenhang zwischen den Marketingtätigkeiten von ST und den dadurch beeinflussten Logiernächten und Umsätzen repräsentativ nach. Die Wissenschaftlichkeit des in Abstimmung mit dem SECO entwickelten Modells wurde in unabhängigen Gutachten bestätigt. Die Wirkungsmessung für das Tourismusjahr 2013 zeigt, dass ST bei 16 Prozent der Übernachtungen in der Schweizer Hotellerie und Parahotellerie die Reiseziel- und Übernachtungsentscheide beeinflusste. Dies entspricht jährlich 11,1 Mio. Übernachtungen, beziehungsweise einem beeinflussten Umsatz von jährlich 2 Milliarden Franken. Die Wirkungsmessung belegt, dass die Beeinflussungswirkung von ST mit zunehmender Distanz zum Herkunftsmarkt zunimmt.

In Märkten wie China, Indien, Südostasien und Japan beläuft sich die Beeinflussungsquote von ST auf über 30 Prozent. Besonders hoch ist der Einfluss von ST bei Erstbesuchern, knapp jede vierte Übernachtung bei dieser Gästegruppe wird von ST beeinflusst.

Nachdem ST aufgrund des konjunkturell bedingten Nachfrageeinbruchs im Schweizer Tourismus bereits 2009/10 eine Marketingoffensive auf dem Heimmarkt Schweiz sowie in den drei umliegenden wichtigen Quellmärkten Deutschland, Frankreich und Italien durchgeführt hatte, folgten 2011/12 und 2012/13 zwei weitere Impulsprogramme. Diese hatten das Ziel, die durch die Frankenstärke ausgelöste Nachfrageschwäche im Schweizer Tourismus abzudämpfen. Die Gesamtevaluation der drei Impulsprogramme bestätigt, dass diese die negativen Effekte der Finanzund Wirtschaftskrise und der Frankenstärke abschwächen konnten. Insgesamt beeinflussten die verschiedenen Massnahmen von ST 4,1 Mio. zusätzliche
Logiernächte in der Schweizer Hotellerie und der Parahotellerie, womit ein Umsatz von 925 Mio.

Franken verbunden war. Obwohl die Impulsprogramme den Rückgang der Logiernächte in der Schweiz nicht stoppen konnten, wäre dieser ohne Impulsprogramme deutlich stärker ausgefallen. Die Impulsprogramme erlaubten es ST insbesondere, in strategisch wichtigen Fernmärkten mit einem hohen Nachfragepotenzial neue Kooperationen mit Reiseveranstaltern einzugehen und zusätzliche Destinationen und Produkte zu lancieren. Damit konnten die relativen Marktanteile der Schweiz auf den Wachstumsmärkten weiter gesteigert werden.

3.3.3

Internationaler Vergleich

Ein Vergleich von Schweiz Tourismus mit den touristischen LandesmarketingOrganisationen der umliegenden Länder belegt, dass die finanzielle Unterstützung der touristischen Landeswerbung in allen Vergleichsländern ein Eckpfeiler der nationalen Tourismuspolitik darstellt. ST verfügte in den letzten Jahren über ein vergleichbares Budget wie die Landesmarketingorganisation Frankreichs (Atout France). Tiefer als das Budget von ST liegen jene der nationalen Tourismusorgani2425

sationen Deutschlands (Deutsche Zentrale für Tourismus e.V.) und Österreichs (Österreich Werbung). Beim Budgetvergleich ist zu berücksichtigen, dass sich die Aufgaben der nationalen Tourismusorganisationen unterscheiden. Zudem erfordern die infolge des starken Frankens und der hohen Vorleistungskosten schwierigen Rahmenbedingungen für den Schweizer Tourismus ein gezieltes, auf spezielle Kundenwünsche eingehendes Marketing, welches mit vergleichsweise hohen Kosten verbunden ist.

3.3.4

Schwerpunkte 2016­2019

ST will 2016­2019 die bewährte Dualstrategie, welche einerseits eine Rückgewinnung der europäischen Gäste und andererseits das Abschöpfen des in den Wachstumsmärkten vorhandenen touristischen Potenzials umfasst, verstärken. Für diese Verstärkung sprechen gemäss ST zwei Punkte. Erstens ist seit der frankenbedingten Verteuerung von Ferien in der Schweiz das Neukundengeschäft in Europa stark zurückgegangen. Dies ist problematisch, weil das Europageschäft auf einem hohen Stammkundenanteil basiert, welcher einer zunehmenden Alterung ausgesetzt ist. Der Einbruch im Neukundengeschäft bedeutet, dass wegfallende Stammkunden nicht kompensiert werden können. Damit fehlen dem Schweizer Tourismus künftig wichtige Stammgäste. Konkret will ST 2016­2019 das Programm «Europa. Next Generation» umsetzen und damit neue Stammkunden anwerben. Dabei setzt ST primär auf Familien und urbane Gäste aus Deutschland, Frankreich, Italien und Grossbritannien. Weil insbesondere der saisonale Ferientourismus unter der Erosion der Stammgäste leidet, wird die Neukundenakquisition vornehmlich auf den saisonalen Tourismus ausgerichtet. Aufgrund der besonderen Abhängigkeit von europäischen Gästen soll das Neukundengeschäft besonders im Wintertourismus forciert werden.

Zweitens bildet sich in den Wachstumsmärkten wie China zunehmend ein Segment von Individualreisenden heraus. Individualreisende haben durchschnittlich eine höhere Aufenthaltsdauer als die bisher dominierenden Gruppenreisenden, reisen nicht primär in der Sommersaison und besuchen neue Landesteile ausserhalb der touristischen Hotspots. Damit bergen sie für den Schweizer Tourismus ein grosses Potenzial. Wird dieses genutzt, kann der Marketingvorsprung, welcher die Schweiz auf diesen Märkten hat, trotz des zunehmenden Marketings weiterer Länder gehalten werden. Dazu schlägt ST das Programm «Fernmärkte ­ Vorsprung halten» vor, mit dem die Schweiz als Destination für Individualreisende positioniert werden soll. In enger Koordination mit den im Markt führenden Schweizer Anbietern und aufbauend auf dem bestehenden Marketing sollen in den Fermärkten gezielte Kooperationen eingegangen und Marketingaktivitäten umgesetzt werden.

Die Eidgenössische Finanzkontrolle hat 2014 die Konformität, die Sparsamkeit sowie die Nachvollziehbarkeit der Nutzung der ST durch den Bund zur Verfügung
gestellten finanziellen Ressourcen geprüft. Im Rahmen dieser Prüfung hat die Interne Revision des SECO die Aufsicht des SECO über ST analysiert. Es zeigt sich, dass die für 2012­2015 bestehende Vereinbarung über das politische Controlling, Reporting und Monitoring zwischen dem SECO und ST eine wirksame Aufsicht über ST erlaubt. Die Vereinbarung konkretisiert die im Gesetz aufgezählten Aufgaben und die von ST zu erbringenden Leistungen, wobei gleichzeitig die Grundsätze für die Finanzierung dieser Leistungen durch Bund und Dritte festgehalten werden.

Zudem werden darin die Ziele für das touristische Landesmarketing vereinbart. Im 2426

Hinblick auf die Finanzierungsperiode 2016­2019 wird die Vereinbarung im Jahr 2015 erneuert. Weitere Empfehlungen der EFK-Prüfung werden in der bereits laufenden Modernisierung der Vollzugsbestimmungen von ST umgesetzt.

3.3.5

Bundesbeschluss über die Finanzhilfe an Schweiz Tourismus für die Jahre 2016­2019 (Vorlage 3)

Gesuch um Finanzhilfe von Schweiz Tourismus Der Bund unterstützt die Tätigkeiten von ST auf der Grundlage von Artikel 6 des Bundesgesetztes über Schweiz Tourismus mit einer Finanzhilfe. Der vierjährige Zahlungsrahmen wird mit einfachem Bundesbeschluss festgelegt.

ST beantragt für die Periode 2016­2019 eine Finanzhilfe des Bundes von insgesamt 240 Mio. Franken. Dies ist gegenüber der für den Zeitraum 2012­2015 beschlossenen ordentlichen Finanzhilfe von 210 Mio. Franken eine Erhöhung um 30 Mio.

Franken. Gegenüber den in der Vergleichsperiode insgesamt beschlossenen Bundesmitteln von 222 Mio. Franken entspricht dies einer Erhöhung um 18 Mio. Franken, was einer jährlichen Erhöhung um 4,5 Mio. Franken gleichkommt. Diese Erhöhung wird folgendermassen begründet: Damit ST 2016­2019 die Dualstrategie gleichermassen fortsetzen kann, ist ein Ausgleich der 2016­2019 infolge der weltweiten Teuerung erwarteten höheren Kosten nötig. Konkret beziffert ST die inflationsbedingt zusätzlichen Kosten auf 18 Mio. Franken. Gleichzeitig erwartet ST einen Produktivitätsgewinn von 4 Mio. Franken. Damit ST 2016­2019 ein Marketing betreiben kann, welches einen identischen Umfang hat wie 2012­2015, sind folglich ordentliche Mittel von 224 Mio. Franken nötig. Die Kosten für das Programm «Europa. Next Generation» beziffert ST auf 20 Mio. Franken, wobei die Branche 7 Mio. und der Bund 13 Mio. beitragen sollen. Die verstärkte Bearbeitung der Wachstumsmärkte durch das Programm «Fernmärkte ­ Vorsprung halten» kostet 4 Mio. Franken, wovon der Bund 3 Mio. und die Branche den Rest beitragen sollen.

ST geht in der Finanzplanung 2016­2019 davon aus, dass der Bundesanteil an den Einnahmen von ST trotz der höheren Bundesmittel 2016­2019 konstant bei knapp 60 Prozent verbleiben wird (vgl. Übersicht 5). Auf der Ausgabenseite erleben die Marketingaufwände 2016­2019 gegenüber 2012­2015 eine deutliche Steigerung.

Der Marketingaufwand wächst dabei stärker als der Personalaufwand.

Übersicht 5 Finanzplan von Schweiz Tourismus 2016­2019 in Mio. Franken

2016

2017

2018

2019 2016­2019

Einnahmen Schweizerische Eidgenossenschaft Übrige Mitgliederbeiträge Tourismuspartner Wirtschaftspartner Betriebsfremder Ertrag

57,6 2,5 28,8 9,1 1,5

59,2 2,5 30 9,3 1,5

60,8 2,6 29,8 9,5 1,5

62,4 2,6 30,8 9,7 1,6

240,0 10,2 119,4 37,6 6,1

Total

99,5

102,5

104,2

107,1

413,3

2427

in Mio. Franken

2016

2017

2018

2019 2016­2019

Ausgaben Marketingaufwand Personalaufwand Übriger Aufwand Finanzaufwand Abschreibungen Betriebsfremder Aufwand

65,8 27,2 5,0 0,1 0,5 1,0

68 27,8 5,1 0,1 0,5 1,0

68,9 28,5 5,2 0,1 0,5 1,0

71,1 29,2 5,3 0,1 0,5 1,0

273,8 112,6 20,5 0,4 2,0 4,0

Total

99,5

102,5

104,2

107,1

413,3

Stellungnahme des Bundesrates Der Bundesrat ist der Ansicht, dass ST 2016­2019 die Dualstrategie im gleichen Ausmass wie 2012­2015 fortführen soll. Diese hat sich in einer für den Schweizer Tourismus schwierigen Zeit bewährt. Eine über die Teuerung hinausgehende Erhöhung der Finanzhilfe des Bundes zur verstärkten Dualstrategie ist angesichts der Bundesfinanzen nicht möglich. Zudem hat der Bund seinen Beitrag zu einem stärkeren Tourismusmarketing bereits geleistet: Die Finanzhilfe des Bundes an ST wurde in der Vergangenheit kontinuierlich erhöht. Im Jahr 2000 belief sie sich noch auf 35 Mio. Franken, bis ins Jahr 2013 wurde sie kontinuierlich auf 52,2 Mio. Franken erhöht. Damit haben die jährlichen Bundesbeiträge seit 2000 um 17,2 Mio. Franken (+49 %) zugenommen, was einer durchschnittlichen jährlichen Erhöhung um 3 Prozent entspricht. Aufgrund der durchschnittlichen Teuerung in der Schweiz, welche im gleichen Zeitraum kumuliert 8,3 Prozent betrug, wäre eine Erhöhung von rund 2,9 Mio. Franken gerechtfertigt gewesen. Auch wenn man berücksichtigt, dass die Teuerung in wichtigen ausländischen Herkunftsmärkten höher lag als in der Schweiz, konnte ST 2000­2013 von einer beachtlichen realen Erhöhung des Bundesbeitrags profitieren. ST verfügt heute im internationalen Vergleich über eine ausreichende Mittelausstattung. Der Bundesrat ist der Ansicht, dass die Verstärkung der Dualstrategie durch weitere Produktivitätsfortschritte, ein höheres Engagement der nutzniessenden Kreise sowie eine gezielte Prioritätensetzung zu finanzieren ist.

Darüber hinaus hat die Kaufkraft des Frankens für Leistungen im Ausland jüngst zugenommen.

Antrag des Bundesrates Der Bundesrat beantragt für ST einen Zahlungsrahmen des Bundes für die Periode 2016­2019 von insgesamt 220,5 Mio. Franken. Dies entspricht einem durchschnittlichen jährlichen Beitrag von 55,1 Mio. Franken. Damit stehen ST 2016­2019 real gleich hohe Mittel zur Verfügung wie 2012­2015. ST geht davon aus, dass die Produktivität pro Mitarbeiterin und Mitarbeiter sowohl am Hauptsitz wie auch in den einzelnen Vertretungen 2016­2019 gegenüber 2012­2015 steigen wird. Dank den von ST in Aussicht gestellten Produktivitätsgewinnen kann die Schlagkraft von ST trotz der auf den internationalen Märkten höheren Teuerung gehalten werden.

Die Vereinbarung über das politische Controlling, Reporting und Monitoring zwischen dem SECO und ST soll gegen Ende der Legislaturperiode 2016­2019 unter der Federführung des SECO evaluiert werden.

2428

Rechtliche Aspekte Die verfassungsmässige Grundlage für den Beitrag des Bundes zur touristischen Landeswerbung ergibt sich aus der Kompetenz von Artikel 103BV. Danach kann der Bund Wirtschaftszweige fördern, wenn zumutbare Selbsthilfemassnahmen zur Sicherung ihrer Existenz nicht ausreichen.

Der Bundesbeschluss über die Finanzhilfe an Schweiz Tourismus für die Jahre 2016­2019 stützt sich auf das Bundesgesetz vom 21. Dezember 195534 über Schweiz Tourismus. Artikel 6 des Bundesgesetzes hält fest, dass die Bundesversammlung alle vier Jahre den Zahlungsrahmen für ST mit einfachem Bundesbeschluss bestimmt.

3.4

Beherbergungsförderung

3.4.1

Ziele und Aufgaben

Die Schweizerische Gesellschaft für Hotelkredit (SGH) ist für den Vollzug des Bundesgesetzes vom 23. Juni 200335 über die Förderung der Beherbergungswirtschaft zuständig. Sie ist eine öffentlich-rechtliche Genossenschaft, die über ein zinsfreies Darlehen des Bundes im Umfang von rund 136 Mio. Franken verfügt.36 Zusätzlich stehen der SGH ein Genossenschaftskapital von rund 26,5 Mio. Franken sowie Reserven (inklusive Gewinnvortrag) von rund 16 Mio. Franken zur Verfügung.37 Genossenschafter sind neben dem Bund Banken, Kantone, Hotellerie, Wirtschaft und Verbände.

Die SGH ist in zwei Geschäftsfeldern tätig. Sie gewährt zum einen subsidiär zu privaten Kapitalgebern Darlehen an Beherbergungsbetriebe in Fremdenverkehrsgebieten und Badekurorten für die Erneuerung und den Kauf von Beherbergungsbetrieben, Neubauten und Ablösungen. Damit trägt die SGH dazu bei, das vorhandene Potenzial in der Beherbergungswirtschaft auszunützen. Per Ende 2013 betrug der Darlehensbestand 145,9 Mio. Franken, aufgeteilt auf 267 Darlehen.

Zum anderen bietet die SGH in der ganzen Schweiz Beratungsdienstleistungen an.

Hier stehen Unternehmensbewertungen, Machbarkeitsstudien sowie Impulsprogramme, in deren Rahmen die Beherbergungsstruktur einzelner Regionen vertieft analysiert und bewertet werden, im Vordergrund. Damit die Beratung durch die SGH keine Marktverzerrung im Beratungsmarkt hervorruft, müssen die Einnahmen aus der Beratung deren Kosten decken.

34 35 36 37

SR 935.21 SR 935.12 Hinzu kommt das vorsorgliche und bis 2015 befristete Zusatzdarlehen (Bundesbeschluss über den Nachtrag IIa zum Voranschlag 2011, vgl. Ziff. 3.4.5).

Stand per 31. Dez. 2013.

2429

3.4.2

Wirksamkeit

Zur Weiterentwicklung der Beherbergungsförderung des Bundes wurden 2011­2013 die strategischen Optionen der SGH vertieft überprüft. Im Vordergrund stand dabei die 2013 durchgeführte Evaluation der Fördertätigkeit der SGH.38 Diese hat gezeigt, dass es der SGH gelungen ist, zwischen 2007 und 2012 ihre Fördertätigkeit kontinuierlich auszubauen. So konnte der Bestand an gewährten Darlehen in der Evaluationsperiode von 90 auf 135 Mio. Franken erhöht werden (+50 %). Dieser Ausbau erfolgte eigenwirtschaftlich, das heisst, dass die SGH die Betriebs- und Risikokosten selbständig tragen konnte. Die Evaluation hat weiter gezeigt, dass sich die Fördertätigkeit der SGH positiv auf die Wettbewerbsfähigkeit der Beherbergungsbetriebe auswirkt. Die von der SGH mitfinanzierten Investitionen haben dazu geführt, dass sich die Anzahl der Betten und der Mitarbeitenden in den betreffenden Betrieben um rund einen Viertel erhöht haben.

Die volkswirtschaftliche Bedeutung der SGH zeigt sich einerseits im durch die SGH mitfinanzierten Gesamtinvestitionsvolumen in der Schweizer Hotellerie. Zwischen 2007 und 2012 lagen die durchschnittlichen jährlichen Investitionen in die Beherbergungswirtschaft im Schweizer Alpenraum bei schätzungsweise 500 Mio. Franken. Das hiermit zu vergleichende, von der SGH mitfinanzierte Investitionsvolumen belief sich auf 139 Mio. Franken pro Jahr. Damit betrug der Anteil der von der SGH im Alpenraum mitfinanzierten Investitionen rund 28 Prozent. Andererseits wurden erhebliche Investitionsvolumen von der SGH begutachtet und anschliessend aufbauend auf dem SGH-Gutachten von den Banken allein finanziert.

Sowohl die einzelbetrieblichen Auswirkungen als auch die volkswirtschaftliche Relevanz belegen den positiven Effekt der SGH auf die Wettbewerbsfähigkeit der Beherbergungswirtschaft im Förderperimeter der SGH. Die Beratungsdienstleistungen der SGH ergänzen die Darlehensgewährung und tragen ebenfalls zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der Beherbergungswirtschaft bei. Die positiven Evaluationsergebnisse werden durch Befragungen von Kunden der SGH, Banken und kantonalen Wirtschaftsförderern sowie durch die Ergebnisse durchgeführter Workshops und Expertengespräche bestätigt.

Des Weiteren wurden in Erfüllung des Postulats Baumann vom 13. Juni 2012 (12.3495 «Einrichten einer Tourismusbank») die
Möglichkeiten zum Aufbau einer Tourismusbank in der Schweiz nach österreichischem Vorbild geprüft. In seiner Beurteilung kommt der Bundesrat zum Schluss, dass der Aufbau einer Tourismusbank in der Schweiz nicht zweckmässig ist. Die staatlichen Tourismusförderungen in der Schweiz und in Österreich sind im historischen Kontext zu betrachten und nur bedingt miteinander vergleichbar. Die historische und institutionelle Pfadabhängigkeit hat zur Folge, dass der Aufbau einer Tourismusbank in der Schweiz nach österreichischem Vorbild weitreichende und kaum vorhersehbare Auswirkungen auf das gesamte nationale Standortförderungssystem hätte.

38

Helbling Business Advisors AG (2013), Evaluation SGH 2013, Zürich.

2430

3.4.3

Internationaler Vergleich

Im Rahmen der erwähnten Überprüfung der strategischen Optionen der SGH hat das SECO einen internationalen Vergleich der einzelbetrieblichen Hotelförderung in den Alpen durchgeführt.39 Dabei wurde die staatliche Hotelförderung der Schweiz mit derjenigen in den an die Schweiz grenzenden Regionen Tirol, Südtirol, Bayern und Haute Savoie verglichen.

Allgemein sind zinsgünstige Darlehen das wichtigste finanzielle Instrument der staatlichen Hotelförderung. Zusätzlich werden in den ausländischen Alpenregionen A-fonds-perdu Beiträge und Bürgschaften gewährt. Auch die Beratung der Hotellerie ist eine verbreitete Fördermassnahme, wobei die Beratungsdienstleistungen teilweise durch die Förderorganisation selber und teilweise durch mandatierte externe Berater erbracht werden. In Bayern besteht im Rahmen der Jungunternehmerförderung zudem die Möglichkeit, Eigenkapital zur Verfügung zu stellen. Groben Schätzungen zufolge werden von der öffentlichen Hand für die Förderung der Beherbergungswirtschaft im grenznahen Alpenraum in der Tendenz mehr finanzielle Mittel eingesetzt als in der Schweiz.

3.4.4

Schwerpunkte 2016­2019

Basierend auf den Ergebnissen der Wirkungsanalysen zur Zweitwohnungsinitiative und den Ergebnissen der Überprüfung der strategischen Optionen der SGH ist der Bundesrat im Tourismusbericht 2013 zum Schluss gekommen, dass bei den Vollzugsbestimmungen der SGH Modernisierungsbedarf besteht. Der Bundesrat hat deshalb eine Totalrevision der Verordnung vom 26. November 200340 über die Förderung der Beherbergungswirtschaft (nachfolgend «SGH-Verordnung») sowie eine Anpassung der Statuten der SGH und die Ausarbeitung eines neuen Geschäftsreglements der SGH in Aussicht gestellt. Der Bundesrat sieht vor, die Modernisierung der Vollzugsbestimmungen der SGH bis im Sommer 2015 in Kraft zu setzen.

Bei der Modernisierung der Vollzugsbestimmungen der SGH steht die Totalrevision der SGH-Verordnung im Vordergrund. Der Bundesrat hat zur totalrevidierten SGHVerordnung vom 26. Juni bis am 16. Oktober 2014 eine Vernehmlassung durchgeführt.41 Die Totalrevision der SGH-Verordnung sieht zwei Hauptstossrichtungen vor. Die Fördertätigkeit der SGH wird erstens flexibilisiert und erweitert sowie zweitens präzisiert. Zusätzlich werden Anpassungen an übergeordnetes Bundesrecht vorgenommen. Die Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK) hat Ende 2013/Anfang 2014 eine Prüfung der ordnungs- und rechtmässigen Mittelverwendung bei der SGH durchgeführt. Mit der Totalrevision der SGH-Verordnung werden die Empfehlungen der EFK umgesetzt.

Damit die Fördertätigkeit der SGH flexibilisiert und erweitert werden kann, wird unter anderem der Beherbergungsbegriff modernisiert und an die Terminologie des 39

40 41

BHP ­ Hanser und Partner AG (2012), Einzelbetriebliche Hotelförderung in den Alpen, Vergleich der einzelbetrieblichen Hotelförderung der Schweiz mit den Regionen Tirol, Südtirol, Bayern und Haute-Savoie, Bericht zuhanden des Staatssekretariats für Wirtschaft SECO, Zürich.

SR 935.121 Unterlagen unter www. admin.ch > Bundesrecht > Vernehmlassungen > Abgeschlossene Vernehmlassungen > 2014 > WBF

2431

Ausführungsgesetzes zur Zweitwohnungsinitiative angepasst. Die SGH soll in Zukunft Hotels und «strukturierte Beherbergungsbetriebe» wie z. B. Mischformen zwischen der klassischen Hotellerie und der Parahotellerie sowie dazugehörende Grundstücke, Bauten, Räumlichkeiten, Installationen und Einrichtungen unterstützen. Damit kann den sich laufend weiterentwickelnden Beherbergungskonzepten besser Rechnung getragen werden. Zum anderen wird der Förderperimeter in Anlehnung an den örtlichen Wirkungsbereich der NRP ausgedehnt. Dies ermöglicht es, die veränderten touristischen Realitäten in einzelnen Kantonen besser zu berücksichtigen. Ferner wird die Begrenzung des Darlehensbetrags pro Investitionsprojekt erhöht. In Zukunft kann die SGH Darlehen bis zu 6 Mio. Franken und bis zu 40 Prozent des Ertragswerts gewähren, wobei in Ausnahmefällen auch höhere Darlehensbeträge und -anteile möglich sind. Damit kann die SGH insbesondere verstärkt zur Realisierung von herausragenden Betrieben und weiterhin wirkungsvoll zur Schliessung der Finanzierungslücke zwischen den Anlagekosten und dem Ertragswert in der Beherbergungswirtschaft beitragen.

Bei den Präzisierungen der Fördertätigkeit der SGH wird beispielsweise hinsichtlich der Beratungstätigkeit der SGH festgehalten, dass auch Dritte wie Banken oder die öffentliche Hand von der Beratung der SGH profitieren können und die SGH auch Beratungen zu Strategiefragen mit einem direkten Bezug zu Investitions- und Finanzierungsfragen anbietet.

Die revidierten Vollzugsbestimmungen ermöglichen es der SGH ­ bei vorhandener Marktnachfrage ­ ihre Fördertätigkeit in den kommenden Jahren weiter auszubauen.

Unter der Voraussetzung, dass diese Wachstumsphase mit dem Zusatzdarlehen finanziert werden kann (vgl. Ziff. 3.4.5), ist davon auszugehen, dass die Fördertätigkeit der SGH ab dem Jahr 2019 auch ohne zusätzliche Erhöhung des Bundesdarlehens auf einem angemessenen Niveau fortgesetzt werden kann. Der Grund dafür ist, dass das Potenzial für Darlehensgewährungen mit dem Ausbau des Darlehensbestands und dem damit verbundenen über die Zeit ansteigenden Amortisationsvolumen zunimmt. Bei der Umsetzung des gesetzlichen Förderauftrags hat die SGH die Eigenwirtschaftlichkeit zu wahren.

Im Hinblick auf die Legislatur 2016­2019 wird zudem die bestehende Vereinbarung über das politische Controlling, Reporting und Monitoring zwischen dem SECO und der SGH für die Jahre 2012­2015 aktualisiert.

3.4.5

Beschluss über die Verlängerung des Zusatzdarlehens an die Schweizerische Gesellschaft für Hotelkredit bis 2019 (Bundesbeschluss über den Nachtrag IIa zum Voranschlag 2011) (Vorlage 4)

Mit dem Bundesbeschluss vom 21. September 201142 über den Nachtrag IIa zum Voranschlag 2011 wurde das Bundesdarlehen an die SGH vorsorglich und bis Ende 2015 befristet um 100 Mio. Franken aufgestockt (Zusatzdarlehen). Die SGH wurde mit dieser Massnahme in die Lage versetzt, im Rahmen der geltenden gesetzlichen Bestimmungen bei ausgeweiteter Kreditnachfrage oder ausserordentlich beschränktem Kreditangebot rasch und umfassend reagieren zu können. Es ist vorgesehen, dass die bis Ende 2015 eingesetzten Mittel als dauerhafte Erhöhung des im Jahr 42

BBl 2011 7511

2432

2011 bestehenden Bundesdarlehens von 136 Mio. Franken bei der SGH belassen werden. Per Mitte 2014 hat die SGH rund 23 Mio. Franken aus dem Zusatzdarlehen verwendet. Das Zusatzdarlehen hat eine expansivere Förderung der Beherbergungswirtschaft durch die SGH ermöglicht. Damit konnte die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Beherbergungswirtschaft in einer konjunkturell schwierigen Zeit gestützt werden.

Antrag des Bundesrates Damit die SGH die Beherbergungswirtschaft wirkungsvoll bei der Überwindung der Herausforderungen der Zweitwohnungsinitiative unterstützen kann, beantragt der Bundesrat, das bis Ende 2015 befristete Zusatzdarlehen an die SGH bis Ende 2019 zu verlängern. Obwohl das Zusatzdarlehen vom Parlament ursprünglich aus konjunkturellen Gründen beziehungsweise wegen der Frankenstärke im Jahr 2011 gewährt wurde, rechtfertigen die ernst zu nehmenden Auswirkungen der Zweitwohnungsinitiative auf die Beherbergungswirtschaft eine befristete Verlängerung des Darlehens aus strukturellen Gründen.

Zurzeit ist gemäss Schätzungen der SGH davon auszugehen, dass Ende 2015 rund 70 Mio. Franken des Zusatzdarlehens übrigbleiben werden. Die Details der Verwendung des Zusatzdarlehens sollen in einer Subventionsvereinbarung zwischen dem WBF und der SGH geregelt werden. Es ist vorgesehen, dass der Ausbau des Darlehensbestands (Auszahlungen minus Amortisationen) in den Jahren 2016­2019 vollständig aus dem Zusatzdarlehen finanziert wird. Damit wird der finanzielle Spielraum der SGH vergrössert und sichergestellt, dass die Fördertätigkeit der SGH gemäss gegenwärtiger Beurteilung auch über das Jahr 2019 hinaus ohne zusätzliche Erhöhung des Bundesdarlehens auf einem angemessen erhöhten Niveau fortgesetzt werden kann. Der bis Ende 2019 nicht beanspruchte Teil des Zusatzdarlehens soll an den Bund zurückfliessen.

4

Regionalpolitik

4.1

Strategische Grundlagen

4.1.1

Ziele und Aufgaben

Die Neue Regionalpolitik (NRP) verfolgt das Ziel, die Wettbewerbsfähigkeit des Berggebiets, der weiteren ländlichen Räume und der Grenzregionen zu stärken, um damit einen Beitrag zur Schaffung und Erhaltung von Arbeitsplätzen in diesen Räumen zu leisten. Dies geschieht auf dem Wege der Förderung des Unternehmertums, der Innovationsfähigkeit und der Wertschöpfung.

Die NRP umfasst drei Ausrichtungen. Ausrichtung 1, die Hauptausrichtung, beinhaltet die direkte Förderung von Initiativen, Projekten und Programmen sowie Infrastrukturvorhaben in den Zielgebieten. Die Ausrichtung 2 strebt als flankierende Massnahme die Stärkung der Kooperation sowie die Nutzung von Synergien zwischen der Regionalpolitik und den anderen raumrelevanten Politiken des Bundes an.

Ausrichtung 3 hat ebenfalls begleitenden Charakter und bezweckt mit ihrem Kernelement, der Netzwerkstelle regiosuisse43, ein integrales Wissensmanagement und die Qualifizierung der kantonalen und regionalen Akteure.

43

www.regiosuisse.ch

2433

Unter Regionen sind überkommunale, überkantonale oder die Landesgrenze überschreitende Gebiete zu verstehen.

Die rechtliche Basis der NRP bildet das Bundesgesetz vom 6. Oktober 200644 über Regionalpolitik (BRP), das seit dem 1. Januar 2008 in Kraft ist. Zu den Grundzügen der Politik sei im Weiteren auf die Verordnung vom 28. November 200745 über Regionalpolitik (VRP) und auf die Botschaft vom 16. November 200546 über die Neue Regionalpolitik verwiesen.

Mit der vorliegenden Botschaft unterbreitet der Bundesrat der Bundesversammlung den Entwurf des regionalpolitischen Mehrjahresprogramms für die Programmperiode 2016­2023 (MJP2; Vorlage 5). Das Mehrjahresprogramm definiert die Förderinhalte und Förderschwerpunkte, innerhalb derer Kantone, Regionen und weitere Akteure die NRP umsetzen können. Das MJP2 bewegt sich im bestehenden Gesetzesrahmen, eine grundlegende Umstrukturierung der NRP soll nicht stattfinden.

Das NRP-Mehrjahresprogramm wird erstmals in eine Sammelbotschaft der Standortförderung integriert. Es hat eine Geltungsdauer von acht Jahren, da es zusammen mit den Kantonen, die für den Vollzug zuständig sind, erarbeitet werden muss, ein Abstimmungsprozess, der zeitlich sehr aufwendig ist. Die Regionalpolitik ist zudem eine eher langfristig ausgerichtete Strukturpolitik. Diese Argumente rechtfertigen eine vergleichsweise vertiefte Behandlung im Rahmen dieser Botschaft.

Das MJP2 stützt sich primär auf einen Grundlagenbericht47 ab, dessen Erstellung begleitet wurde durch eine gemeinsame Arbeitsgruppe des SECO und der Konferenz Kantonaler Volkswirtschaftsdirektoren (VDK). Zudem beruht es auf verschiedenen Evaluations- und Prüfberichten (vgl. Ziff. 4.2). In den vergangenen Jahren entwickelten sich aber auch die Rahmenbedingungen der NRP weiter. Es sind wichtige strategische Grundlagen neu dazugekommen, die im MJP2 zu berücksichtigen sind.

4.1.2

Raumkonzept Schweiz

Eine bedeutende strategische Basis für das MJP2 stellt das Raumkonzept Schweiz48 dar. Es dient als Orientierungsrahmen und Entscheidungshilfe für die nachhaltige Raumentwicklung auf allen drei Staatsebenen. Der Bundesrat erarbeitete das Raumkonzept gemeinsam mit den Dachorganisationen der Kantone, Städte und Gemeinden und verabschiedete es im Oktober 2012. Zugleich wies er die Bundesverwaltung an, ihre raumwirksamen Tätigkeiten an diesem Konzept auszurichten. Das Raumkonzept hat zum Ziel, die Siedlungsqualität und die regionale Vielfalt zu fördern, die natürlichen Ressourcen zu sichern, die Mobilität zu steuern, die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken und die Solidarität zu leben. Zentrales Element ist die Definition von zwölf funktionalen Handlungsräumen, die Kantonsgrenzen und teils die Landesgrenze überschreiten. Damit wurden im Raumkonzept die funktionalräumlichen Verflechtungen verankert, die auch ein prägendes Element der NRP darstellen.

44 45 46 47 48

SR 901.0 SR 901.021 BBl 2006 258 Arbeitsgruppe SECO-VDK NRP 2016+ (2013): Grundlagenbericht zum Mehrjahresprogramm NRP 2016­2023. Zürich/Neuchâtel, August 2013 (nicht publiziert) Schweizerischer Bundesrat, KdK, BPUK, SSV, SGV (2012): Raumkonzept Schweiz.

Überarbeitete Fassung, Bern. www.are.admin.ch > Themen > Raumordnung und Raumplanung > Raumkonzept Schweiz

2434

4.1.3

Politik für die ländlichen Räume und Berggebiete

Veranlasst durch die Motion Maissen vom 29. September 2011 (11.3927 «Strategie des Bundes für die Berggebiete und ländlichen Räume») erarbeitete das SECO einen Grundlagenbericht zu einer Strategie des Bundes für die Berggebiete und ländlichen Räume.49 Vision und Ziele dieser Strategie beschreiben die betreffenden Gebiete als wirtschaftlich wettbewerbsfähige, gesellschaftlich vielfältige und ökologisch wichtige Teilräume einer polyzentral gegliederten und funktional integrierten Schweiz.

Damit die Strategie langfristig Erfolg haben kann, muss die Steuerung des staatlichen Handelns vermehrt auf die festgelegten Ziele ausgerichtet werden. Der Bund strebt u.a. ein Governancemodell zur Stärkung der horizontalen und vertikalen Koordination an.

Das UVEK nahm im gleichen Zeitraum die Arbeiten für eine «umfassende Politik des ländlichen Raumes» auf (Massnahme 69 der Legislaturplanung 2011­1550) und koordinierte sie eng mit den Arbeiten zur Motion Maissen. Die beiden Berichte wurden anschliessend departementsübergreifend zu einer Politik für die ländlichen Räume und Berggebiete weiterentwickelt. Die Handlungsansätze und Massnahmen werden schrittweise in die verschiedenen raumwirksamen Sektoralpolitiken aufgenommen. Mit dem NRP-MJP2 bietet sich dafür ein erstes politisches Zeitfenster an.

4.1.4

Agglomerationspolitik

Mit Ausnahme der fünf Grossagglomerationen befinden sich die urbanen Räume im Wirkungsperimeter der NRP und stellen deren Entwicklungsmotoren dar. Die Schnittstelle zwischen NRP und Agglomerationspolitik ist deshalb bedeutsam. Mit letzterer gelang es in den vergangenen Jahren, zur Bewältigung von urbanen Herausforderungen einen lösungsorientierten Mix von Instrumenten aufzubauen. Es besteht aber weiterhin Handlungsbedarf. Sollen die Lebensqualität und die Wettbewerbsfähigkeit in der Schweiz erhalten und die angestrebte Siedlungsentwicklung nach innen erreicht werden, kommt den urbanen Räumen als Bevölkerungsschwerpunkte und Wirtschaftsmotoren eine entscheidende Rolle zu. Sie stehen immer noch vor grossen Herausforderungen (Abstimmung Siedlung und Verkehr, nachhaltiger Städtebau, Wohnungsmarkt, Wettbewerbsfähigkeit, Finanzierung Zentrumslasten usw.). Dies macht eine enge Zusammenarbeit, vertikal über die Staatsebenen und horizontal über Sachbereiche hinweg, unentbehrlich. Deshalb zielen die tripartite Strategie zur Schweizerischen Agglomerationspolitik und die Agglomerationspolitik 2016+ des Bundes darauf ab, die bestehenden Instrumente zu konsolidieren und zu optimieren.

49

50

www.seco.admin > Themen > Regional- und Raumordnungspolitik > Aktuell > Expertenbericht für eine Strategie des Bundes für die Berggebiete und ländlichen Räume der Schweiz Vgl. den Bundesbeschluss vom 15. Juni 2012 über die Legislaturplanung 2011­2015 (BBl 2012 7155).

2435

4.1.5

Innovationspolitik

Seit der Inkraftsetzung des BRP sind im nationalen Innovationssystem insbesondere für die NRP entscheidende Veränderungen erfolgt: Zum einen beschloss die Kommission für Technologie und Innovation (KTI) unter Berücksichtigung der Dynamik auf regionaler Ebene im Bereich der Innovationsförderung am 22. Juni 2011 ein neues Konzept für den Support des Wissens- und Technologietransfers (WTT) zwischen Forschung und Wirtschaft. Dies im Sinne ihres übergeordneten Ziels, die Innovationskraft der Schweizer Wirtschaft durch die öffentliche Forschung zu stärken. Der WTT-Support umfasst dabei Innovationsberater, Plattformen und Nationale thematische Netzwerke. Die Förderung durch die KTI richtet sich an jene 5­10 Prozent der schweizerischen KMU, die in der Lage sind, wissenschafts- und forschungsbasierte Innovationsprojekte zu generieren.

Zum andern sprach sich der Bundesrat am 15. Oktober 2008 für die Annahme der Motion der Freisinnig-demokratischen Fraktion vom 19. September 2007 (07.3582 «Einrichtung eines Parc d'innovation suisse») aus. Mit dem Bundesgesetz vom 14. Dezember 201251 über die Förderung der Forschung und Innovation (FIFG) wurde in der Folge die gesetzliche Grundlage für die Einrichtung eines nationalen Innovationsparks geschaffen. Das Projekt dient einem übergeordneten nationalen Interesse, wird aber zur Wahrung des Gleichgewichts zwischen den Regionen von Beginn weg an mehreren regionalen Standorten umgesetzt. Zudem soll es einen wirkungsvollen Beitrag zur Vernetzung der Innovationstätigkeiten in der Schweiz auf den Ebenen der Institutionen und Regionen leisten.

Schliesslich beteiligt sich die Schweiz seit 2006 als Drittland am Enterprise Europe Network (EEN), einer Initiative der Europäischen Union, mit dem Ziel, KMU bei ihrer grenzüberschreitenden Geschäftstätigkeit und ihren internationalen Innovationskooperationen professionell zu unterstützen. Im Rahmen der neuen Programmperiode (EEN2, 2015­2020) sollen die KMU beim Aufgleisen von Innovationsprojekten mit ausländischen Partnern noch direkter durch die Regionen unterstützt werden. Das Staatssekretariat für Bildung und Forschung (SBFI) und das SECO, welche die Schweizer Beteiligung an EEN2 sicherstellen, unterstützen diese Ausrichtung des EEN auf regional erbrachte Leistungen für KMU im Innovationsbereich (Coaching etc.).

Dieser veränderten Ausgangslage wird im neuen MJP Rechnung getragen, um Kohärenz und Effizienz sicherzustellen und sowie Synergien zu nutzen.

4.1.6

Europäische Kohäsionspolitik 2014­2020

Die Kohäsionspolitik der EU ist die in Europa massgebende Regionalpolitik und somit auch für die Schweiz ein wichtiger Referenzwert. Direkt betroffen ist unser Land aufgrund seiner Teilnahme an der grenzübergreifenden Zusammenarbeit (Art. 6 BRP), im Rahmen von Interreg, ESPON und URBACT. Die Kohäsionspolitik hat auf die neue Programmperiode 2014­2020 einen Paradigmenwechsel vollzogen. Sie ist neu als Investitionspolitik ausgestaltet, die die Schaffung von Arbeitsplätzen, die Wettbewerbsfähigkeit und das Wirtschaftswachstum fördert, die 51

SR 420.1

2436

Lebensqualität verbessert und eine nachhaltige Entwicklung unterstützt. Mit diesen Investitionen wird ein Beitrag zur Umsetzung von «Europa 2020», der Strategie für ein intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum, geleistet.52 Die Ressourcen sollen gezielt in strategischen Wachstumssektoren, insbesondere Innovation und Forschung, digitale Agenda, KMU-Förderung und CO2-arme Wirtschaft eingesetzt werden.53 Damit nähert sich die Kohäsionspolitik der EU stark der NRP an.

4.2

Wirksamkeit der Neuen Regionalpolitik

Im Hinblick auf die Erarbeitung des MJP2 wurden Vollzug und Wirkungen des MJP1 gemäss Artikel 18 BRP im Jahr 2012 evaluiert.54 Die Evaluationsergebnisse55 der nach Artikel 12 des Bundesgesetzes gewährten Steuererleichterungen und die daraus folgenden Empfehlungen werden in Ziffer 4.3.6 erläutert. Weiter wurde gemäss Artikel 14 BRP zusammen mit den Kantonen der bereits erwähnte Grundlagenbericht erarbeitet, in dem die Kantone ­ unter Berücksichtigung der Bedürfnisse der Regionen ­ ihre strategischen Überlegungen einbrachten. Auch die Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK) überprüfte die Umsetzung der NRP.56 Schliesslich führte die OECD bereits 2011 ein Territorialexamen Schweiz durch, bei dem sie einen speziellen Fokus auf die Innovationsförderung der KTI und der NRP richtete.57 Zur Umsetzung der NRP schloss der Bund in der Periode 2008­2015 mit den Kantonen auf der Grundlage kantonaler Umsetzungsprogramme (UP) jeweils vierjährige Programmvereinbarungen (PV) ab. In den ersten sechs Jahren des MJP 2008­2015 wurden den Kantonen für die Förderung von Initiativen, Projekten und Programmen jährlich Mittel für Darlehen von rund 40 Mio. Franken sowie für à-fonds-perdu Zahlungen von rund 27 Mio. Franken überwiesen. Für die flankierenden Massnahmen wurden durchschnittlich 4,5 Mio. Franken pro Jahr aufgewendet. Die Finanzie52 53

54

55

56

57

Das Dokument kann bei der EU unter www.ec.europa.eu > regional policy abgerufen werden ­ COM (2010) 2020 final, Brussels, 3.3.2010.

Europäische Kommission ­ MEMO/13/1011: Neuausrichtung der EU-Kohäsionspolitik, um maximale Wirkung in den Bereichen Wachstum und Beschäftigung zu erzielen: Die Reform in 10 Punkten, 19. November 2013 Büro Vatter AG / KPM Universität Bern (2013): Evaluation des Mehrjahresprogramms 2008­2015 zur Umsetzung der Neuen Regionalpolitik (NRP). Bern, 7. Mai 2013; Institut für Systemisches Management und Public Governance Universität St. Gallen / Ecopo (2013): Evaluation der Schweizer Beteiligung an den ETZ-Programmen im Rahmen der NRP. St. Gallen / Neuchâtel, 31. Jan. 2013 B, S, S. Volkswirtschaftliche Beratung AG in Zusammenarbeit mit IRENE (2013): Evaluation der Steuererleichterungen im Rahmen der Regionalpolitik. Basel, Oktober 2013; KPMG (2013): Steuererleichterungen im internationalen Vergleich.

Zürich, Okt. 2013; Credit Suisse Economic Research (2014): Überprüfung der Anwendungsgebiete für Steuererleichterungen im Rahmen der NRP. Zürich, Juli 2014.

EFK (2011): Analyse de l'environnement et des activités de contrôle des programmes européens Interreg, ESPON, URBACT et INTERACT. Berne, Octobre 2011; EFK (2012): Umsetzung der Neuen Regionalpolitik in den Kantonen Bern, Jura und Wallis.

Bern, Februar 2012; EFK (2013): Prüfung des Fonds für die Regionalentwicklung sowie der Umsetzung der Neuen Regionalpolitik in drei Kantonen. Bern, 31. Oktober 2013; EFK (2014): Programmvereinbarungen ­ Risiken und Herausforderungen. Synthesebericht. Bern, 2. April 2014.

OECD (2011): OECD Territorialexamen: Schweiz 2011. OECD Publishing, S. 21 f.; Das Dokument kann bei der OECD unter www.dx.doi.org/10.1787/9789264096868-de abgerufen werden.

2437

rung erfolgte aus dem Fonds für Regionalentwicklung. Gestützt auf die PV förderten die Kantone zwischen 2008 und Ende 2013 insgesamt über 1700 Projekte, welche sich erwartungsgemäss auf die thematischen Schwerpunkte Wissenstransfer und Innovation in industriellen Wertschöpfungssystemen einerseits und Tourismus andererseits konzentrieren (vgl. Übersicht 6).

Übersicht 6 Finanzierung nach Instrument und Förderschwerpunkt A-fonds-perdu-Bundesmittel

Bundesdarlehen Industriell-gewerbliche Wertschöpfungssysteme

4% 6% 2%

2% 5%

54%

Tourismuswirtschaft

4% 1%

4% 19%

Agrarwirtschaft Bildungs- und Gesundheitswirtschaft Energiewirtschaft

27%

Natürliche Ressourcen Übrige

72%

Gemäss den Evaluationen und Prüfberichten hat sich die Konzeption der NRP insgesamt bewährt, namentlich die drei Ausrichtungen der Regionalpolitik (vgl.

Ziff. 4.1.1), der Exportbasis-Ansatz, die Förderinstrumente und Förderschwerpunkte sowie die Aufgabenteilung und Zusammenarbeit mit den Kantonen. Anpassungen an der Konzeption sind nicht angezeigt.

Aufgrund der Ergebnisse der Evaluationen kann davon ausgegangen werden, dass die NRP positive Wirkungen auf Arbeitsplätze, Innovation und Wertschöpfung in den Unternehmen bzw. Regionen hat. Die Wirkungen sind jedoch auf dieser Ebene quantitativ nicht messbar (Kausalität).58 Betreffend Innovationspolitik kommt die OECD in ihrem Bericht zum Schluss, dass es in der Schweiz keine explizite derartige Politik gebe, sondern eine grosse Anzahl unkoordinierter und sehr unterschiedlicher Initiativen zur Innovationsförderung. Sie empfiehlt, die KTI-Förderung auf die Akteure im nationalen Innovationssystem auszurichten, während sich die NRP auf die KMU in regionalen, aber kantonsübergreifenden Innovationssystemen (RIS) konzentrieren und dabei der grenzüberschreitenden Dimension mehr Beachtung schenken soll. Im Weiteren bestünden in den traditionellen Sektoren sowie den intermediären und ländlichen Gebieten Potenziale, die noch nicht ausgeschöpft seien. Durch eine verstärkte Innovationsförderung auf

58

Um die Messbarkeit künftig zu verbessern, wurden verschiedene Massnahmen eingeleitet (u.a. Einführung von Wirkungsmodellen, Fokus auf Outcome-Ebene usw.)

2438

regionaler Ebene mit einem Fokus auf «Innovation ohne F+E» könnte gemäss OECD die gesamtwirtschaftliche Leistung verbessert werden.59 Das Regionenmonitoring 2013 von regiosuisse bestätigt, dass zusätzliche Anstrengungen bei diesem komplementären NRP-Ansatz notwendig sein werden. Demnach ist seit einigen Jahren der Anteil innovierender Unternehmen im periurbanen und im peripheren ländlichen Raum unterdurchschnittlich und abnehmend.60 Auch die Evaluation des MJP1 empfiehlt, in der kommenden Programmperiode die Förderung von Initiativen, Projekten und Programmen im Rahmen solcher RIS zu intensivieren.61 In Bezug auf den Förderschwerpunkt Tourismus kam letztere Evaluation zum Schluss, dass ein Übergewicht an touristischen Vorhaben bestehe und das Ziel, den Anteil an Vorhaben ausserhalb des Tourismus zu erhöhen, beibehalten werden sollte. Mit Blick auf die Übersicht 6 stimmt diese Aussage nur bedingt. Zudem stellt der Tourismus in vielen Regionen das zentrale exportorientierte Wertschöpfungssystem dar. Mit der Annahme der Zweitwohnungsinitiative und dem vom Bundesrat beschlossenen Impulsprogramm wird der Tourismus in der NRP daher mindestens gleichbedeutend bleiben.

Betreffend Mitwirkung an den grenzübergreifenden Interreg-Programmen der EU, seit 2008 Teil der NRP, kommt die grosse Mehrzahl der Kantone sowie das Bundesamt für Raumentwicklung (ARE) zu einem positiven Urteil, auch wenn der Beitrag der Interreg-Projekte ­ in der Periode 2007­2013 nahmen Schweizer Partner an gut 450 Projekten teil62 ­ zur Erreichung der kantonalen NRP-Ziele zum Teil noch als bescheiden eingeschätzt wird.63 Aufgrund der Unterschiede zwischen der Kohäsionspolitik und der NRP, etwa in Bezug auf Themenpalette und Programmperioden, blieben die Synergien zwischen der grenzübergreifenden und binnenorientierten Regionalpolitik bisher ungenügend. Mit dem Abschluss separater PV, der Beurteilung von Projekten nach ihrer Wirkung und weiteren Massnahmen wird für die neue Periode angestrebt, die Prozesse zugunsten einer besseren Koordination zu vereinfachen und das Instrument zur Erreichung der NRP-Zielsetzungen zu nutzen.

Als grosse Herausforderungen erwiesen sich die zielorientierte Steuerung ­ ein Kernanliegen im Zusammenhang mit der Steuerung mittels PV ­ und ein leistungsund wirkungsorientiertes Controlling. Für eine vermehrte
zielorientierte Steuerung sind gemäss EFK Wirkungsmodelle unabdingbar. Das SECO hat die Einführung des Instruments bereits eingeleitet, wobei ein besonderes Augenmerk auf die erwünschten Einwirkungen bei den Zielgruppen (Outcome) gerichtet wird.

Im Zusammenhang mit Ausrichtung 2 ortete die Evaluation des MJP1 Schwierigkeiten u. a. bei der Abgrenzung der NRP gegenüber Sektoralpolitiken, etwa dem Bereich Energie, aber auch gegenüber der Grundversorgung. Ein Beitrag zur Verbesserung soll mit einer verstärkten Priorisierung beim NRP-Vollzug sowie mittels Wirkungsmodellen geleistet werden. Eine wesentliche Mitverantwortung bei der Koordination tragen aber auch die Kantone.

59 60 61 62 63

OECD (2011): OECD Territorialexamen: Schweiz 2011, OECD Publishing, S. 21 f.

regiosuisse (2014): Monitoringbericht 2013, Bern, S. 12 und 36 Büro Vatter, KPM Universität Bern (2013): Evaluation des Mehrjahresprogramms 2008­2015 zur Umsetzung der Neuen Regionalpolitik (NRP), Bern, 7. Mai 2013 Projektdatenbank CHMOS, Datenstand 28.02.2014 NRP-Jahresberichterstattung 2013

2439

Die Evaluation von regiosuisse 201464 (Ausrichtung 3) kommt zu einem positiven Gesamturteil. Die Netzwerkstelle habe es geschafft, sich als gewichtiger Akteur im Wissenssystem Regionalentwicklung zu etablieren. Verbesserungspotenziale betreffen z. B. die Zielgruppendifferenzierung, die Bedürfnisorientierung, die strukturierte Integration der Nachfragesicht und die Einbettung in das Umfeld.

Verbesserungspotenzial besteht gemäss verschiedenen Analysen auch bezüglich der Nachhaltigkeitsbeurteilungen65.

4.3

Mehrjahresprogramm des Bundes 2016­2023 zur Umsetzung der Neuen Regionalpolitik (MJP2)

4.3.1

Inhaltliche Konzeption des MJP2

Die inhaltliche Konzeption des MJP2 berücksichtigt erstens Vollzugserfahrungen aus der Periode 2008­2015 und Entwicklungen im politischen Umfeld der vergangenen Jahre. Zweitens wird dem Umstand Rechnung getragen, dass sich die Zielregionen der NRP in ihrer Entwicklung auch künftig anspruchsvollen Herausforderungen gegenübersehen werden. Neben wirtschaftlichen Fragen wie der geeigneten Wachstumsstrategie, Strukturanpassungen oder einem zunehmend internationalisierten Standortwettbewerb, sehen sich die Akteure in den Regionen weiterhin vor grosse gesellschaftliche und ökologische Herausforderungen gestellt.

Im Folgenden werden die wichtigsten Neuerungen, Akzentsetzungen und Kontinuitäten im Vergleich zum MJP1 aufgezeigt.

Stossrichtungen Fokus auf Exportbasis wird beibehalten und ein auf Innovation und Produktivität beruhendes Wachstum angestrebt Für die NRP als regionaler Strukturpolitik liegt der Schlüssel in der Erschliessung und Verteidigung von Marktanteilen auf expandierenden Märkten ausserhalb der Regionen. Die rein auf den regionalen Binnenmarkt orientierten Wirtschaftszweige hängen von den exportorientierten Entwicklungsmotoren ab. Die Fokussierung der Fördertätigkeit auf die Wirtschaftsbereiche, welche die regionale Entwicklung treiben (Exportbasis), bleibt somit grundsätzlich auch in der nächsten Umsetzungsperiode gültig. Von der Förderung von Innovation werden die gewünschten Produktivitätsfortschritte erwartet, die essenziell sind, um den negativen Effekten eines starken Franken wirkungsvoll entgegnen zu können.

Mit der NRP geht es darum, die Standortentwicklung zu unterstützen, d. h. die Standortfaktoren und Rahmenbedingungen in den Regionen zu verbessern. Dies kann in klar definiertem, engem Rahmen auch die Unterstützung von KMU beinhalten (vgl. Ziff. 4.3.3, Wissenstransfer und Innovationsunterstützung für KMU fördern). Themenfelder wie das Standortmarketing und die Exportförderung sind

64

65

Institut für Systemisches Management und Public Governance Universität St. Gallen / Eco'Diagnostic (2014): Evaluation der Netzwerkstelle Regionalentwicklung regiosuisse 2014. St. Gallen / Genf, Juli 2014 (nicht publiziert).

ARE (2012): Wirtschaftsförderung und Nachhaltige Entwicklung in den Kantonen. Bern; Ecoplan (2013) Finanzielle Anreize bezüglich Biodiversität optimieren. Bern, Juni 2013.

2440

indessen durch andere Bereiche der Standortförderung des Bundes abgedeckt, so z.B. durch Schweiz Tourismus oder Switzerland Global Enterprise.

Wertschöpfungssysteme Industrie und Tourismus stellen finanzielle Förderprioritäten dar Der Industriebereich ist nach wie vor ein zentraler Wirtschaftsmotor in den Zielgebieten der NRP. Deshalb wird er auch im MJP2 ein prioritärer Förderbereich bleiben. Zudem geniessen der Wissenstransfer und die Innovationsförderung ­ subsidiär zur Eigeninitiative der KMU ­ für den Bund einen hohen Stellenwert. Die NRP setzt einen verstärkten Fokus auf die Förderung von Innovation in sogenannten regionalen Innovationssystemen (RIS). Regionen spielen eine zunehmend wichtige Rolle in der Innovationsförderung. Dies einerseits aufgrund der Bedeutung der Vernetzung für das Entstehen von Innovation, welche sich nicht an administrative Grenzen hält. Andererseits weil die Wirkung der Innovationspolitik erhöht werden kann, wenn sie auf die spezifischen Bedürfnisse und Herausforderungen der Regionen und deren KMU abgestimmt ist.66 Schliesslich können durch eine bessere Koordination Doppelspurigkeiten in der Innovationsförderung vermieden werden.

Die Priorisierung des Tourismus rechtfertigt sich wegen seiner wirtschaftlichen Bedeutung und da die Branche vor wachsenden Herausforderungen steht. Auf der Angebotsseite erschweren kleinräumige Strukturen und fehlende Kooperationen auf Betriebs- und Destinationsebene effizientere Prozesse. Überdies droht bei der teilweise veralteten touristischen Infrastruktur ein Investitionsstau. Auf der Nachfrageseite ist vorab die zunehmende globale Konkurrenz zu nennen. Daneben hat sich gezeigt, dass ungünstige Wechselkursverhältnisse zu einem, starken Nachfragerückgang aus den traditionellen europäischen Märkten führen können.

Erste Massnahmen der Politik für die ländlichen Räume und Berggebiete werden umgesetzt Um die Ziele der Politik für die ländlichen Räume und Berggebiete zu erreichen, postulieren die Stossrichtungen des departementsübergreifenden Berichts67 eine verstärkte Steuerung staatlichen Handelns mittels verschiedener Massnahmen.

Einige davon können bereits im Rahmen des MJP 2016­2023 unterstützt werden.

Als erstes sollen die horizontale Koordination von relevanten Sektoralpolitiken durch eine gesteigerte Zusammenarbeit im Bundesnetzwerk
ländlicher Raum (BNLR) (vgl. Ziff. 4.3.4) weiter ausgebaut und das Bundesnetzwerk als Ganzes gestärkt werden. Die Unterstützung dieser intensivierten horizontalen Governance erfolgt mit Mitteln der Ausrichtung 2 der NRP. Als weitere Massnahme gilt es auch in den ländlichen Räumen und im Berggebiet sicherzustellen, dass die verantwortlichen Akteure auf Stufe Bund, Kantone und Gemeinden/Regionen in die Entwicklung und Umsetzung der raumwirksamen Konzepte, Programme und Instrumente einbezogen werden. Diese vertikale Abstimmung soll durch den Einbezug der ländlichen Räume in ein tripartites Gremium, idealerweise eine erweiterte tripartite Konferenz für alle Teilräume des Landes, vorangetrieben werden.

66

67

OECD (2011): Regions and Innovation Policy. OECD Reviews of Regional Innovation, OECD Publishing. Das Dokument kann bei der OECD unter http://dx.doi.org/10.1787/9789264097803-en abgerufen werden.

Schweizerischer Bundesrat (2015): Politik des Bundes für die ländlichen Räume und Berggebiete. Bericht zur Erfüllung der Motion Maissen und der Massnahme 69, Legislaturplanung 2011­2015. Bern.

2441

Mit der Schaffung neuer bzw. Stärkung bestehender regionaler Akteursgruppen sollen regionale Initiativen gefördert und die Vernetzung der Akteure vor Ort verbessert werden, damit die regionalen Entwicklungsträger die Politik von Bund und Kantonen zielgerichtet umsetzen können. Mit regiosuisse kann die NRP die dazu erforderlichen Massnahmen vielfältig unterstützen und umsetzen. Die Bootom-upAktivitäten sollen inskünftig stärker auf längerfristigen regionalen Entwicklungsstrategien basieren, die vorhandene Potenziale wie touristische Attraktivität, regionsspezifische Branchenstruktur, Qualität der Landschaft oder Ausstattung mit natürlichen Ressourcen berücksichtigen. Deren Erarbeitung sowie der Einbezug aller für die Regionalentwicklung relevanter Akteure in einen verstärkten Bottom-up-Prozess fördert die NRP gestützt auf Artikel 5 BRP.

Räumliche Ausrichtung Ausrichtung auf regionale Zentren und funktionale Räume wird weiterverfolgt In den Zielgebieten der NRP bilden die regionalen Zentren die Entwicklungsmotoren. Um wirtschaftlich lebensfähig zu sein und dauerhaft wirtschaftliche Impulse geben zu können, muss ein Regionalzentrum über die nötige Grösse und Dynamik verfügen. Zudem hat es die funktionalräumlichen Realitäten abzubilden und gut vernetzt zu sein. Die Förderanstrengungen sollen weiterhin nach Möglichkeit auf die Klein- und Mittelzentren sowie auf funktionale Räume konzentriert und partnerschaftliche Kooperationen zwischen den regionalen Zentren und dem ländlichen Raum angeregt werden. Die Förderung muss zudem im Einklang stehen mit dem kantonalen Richtplan und der kantonalen Raumentwicklungsstrategie (Art. 8 Abs. 1 Bst. a RPG). In der Raumentwicklungsstrategie ist eine räumliche Gesamtsicht der geplanten kantonalen Entwicklung abzubilden, um Kohärenz der Handlungen der beteiligten Akteure zu erreichen.

Kantonsüberschreitende Zusammenarbeit wird intensiviert Wertschöpfungssysteme machen nicht an kantonalen Grenzen halt, sondern entwickeln sich in funktionalräumlichen Zusammenhängen. Deshalb fördert die NRP Bestrebungen zur kantonsübergreifenden Zusammenarbeit, so z. B. auch bei der regionalen Innovationsförderung (vgl. Ziff. 4.3.3). Derartige Projekte ermöglichen es, die nötige kritische Masse zu erreichen. Sie stellen den überregionalen Wissensund Erfahrungsaustausch sicher oder erlauben
den Einbezug urbaner Zentren. Die NRP will in der nächsten Programmperiode die interkantonale Zusammenarbeit in Ergänzung zu den kantonalen Umsetzungen weiter stärken. Ziel soll es sein, die Qualität der Projekte zu steigern und zugleich zu verhindern, dass gute Projektideen aufgrund von hemmenden Einflussfaktoren nicht realisiert werden.

Europäische territoriale Zusammenarbeit (ETZ) wird fortgesetzt Die grenzübergreifende Zusammenarbeit ist für den Bund von grosser Bedeutung, wie er in seinem Bericht 201268 zur aussenpolitischen Strategie 2012­2015 und im Bericht zur Aussenwirtschaftspolitik 201269 betont. In Umsetzung dieser Strategien und im Nachgang zur Annahme der Masseneinwanderungsinitiative erhält die Pflege der guten partnerschaftlichen Zusammenarbeit mit den Nachbarregionen eine neue Priorität. Unterstützt durch die positive Beurteilung der bisherigen Interreg68 69

BBl 2013 977 BBl 2013 1257

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Teilnahme durch die Kantone erlaubt dies dem Bund, die Schweizer Teilnahme an den ETZ-Programmen auch im Programmzeitraum 2014­2020 (Interreg V) zu unterstützen. Der Paradigmenwechsel der Kohäsionspolitik (vgl. Ziff. 4.1.6) und der damit einhergehende Fokus auf Wettbewerbsfähigkeit sollten die Schweizer Teilnahme erleichtern. Ausserdem werden neu separate siebenjährige PV zwischen Bund und Kantonen abgeschlossen, welche die schweizerische Programmperiode mit dem EU-Zeitplan in Übereinstimmung bringen. Indem Projekte künftig noch stärker nach ihrer Wirkung und weniger nach ihrer thematischen Zugehörigkeit beurteilt werden, kann den Bedürfnissen der grenzübergreifenden Zusammenarbeit Rechnung getragen werden, ohne das NRP-Förderziel der Steigerung der regionalen Wettbewerbsfähigkeit infrage zu stellen. Im Rahmen der transnationalen Programme, die über die Ausrichtung 2 laufen, können NRP-Mittel auch an Projekte gewährt werden, die von nationaler strategischer Bedeutung sind.

Umsetzungsprozesse Anforderungen an die ziel- und wirkungsorientierte Steuerung werden erhöht Die ziel- und wirkungsorientierte Steuerung ist ein Kernanliegen der NRP und des Instruments der Programmvereinbarung. Wirkungsmodelle helfen dabei und stellen eine Grundlage dar für die Überprüfung der Zielerreichung, indem sie die Annahmen über die erwarteten Zusammenhänge zwischen den Zielen, den Massnahmen zur Umsetzung (Input), den Leistungen (Output), den Wirkungen bei den Zielgruppen (Outcome) und den Wirkungen bei den Betroffenen (Impact) sowie die relevanten Indikatoren sichtbar machen. Dies mit dem Ziel, Klarheit bezüglich des Auftrags und der Erwartungen zu erlangen70. Wirkungsmodelle sollen daher grundsätzlich auf allen Ebenen des NRP-Vollzugs als Steuerungs- und Controllinginstrument eingeführt werden.

Nachhaltige Entwicklung wird höher gewichtet Die aktuellen politischen Herausforderungen (vgl. Ziff. 1.1) verlangen danach, dass die NRP die Grundsätze der nachhaltigen Entwicklung besser berücksichtigt. Das Potenzial dazu ist vorhanden. Dabei ist der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen Rechnung zu tragen. Ansatzpunkt auf strategischer Ebene bieten die vierjährigen UP der Kantone, die einer vollständigen und glaubwürdigen Nachhaltigkeitsbeurteilung unterzogen werden müssen (vgl. Ziff. 4.3.7) und die aufzuzeigen haben,
welchen Beitrag die NRP an eine nachhaltige Entwicklung leistet. Zentral hierbei ist ein Verständnis der Nachhaltigkeitsbeurteilung als Verbesserungs-kultur und nicht als administrative Hürde. Besonderes Gewicht soll auf eine nachhaltige Raumentwicklung gelegt werden.

4.3.2

Definitionen

Im MJP2 werden unter Förderinhalten die Tätigkeiten und Prozesse verstanden, die im Rahmen von NRP-Projekten unterstützt werden. Sie sind das zentrale Instrument zur Programmgestaltung und Projektselektion. Die entsprechenden Aktivitäten 70

regiosuisse (2013): Ergebnisblatt #01 zur Wissensgemeinschaft «Wirkungsorientierte NRP». regiosuisse unter www.regiosuisse.ch > Download > Wissensgemeinschaft «Wirkungsorientierte NRP»

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müssen auf die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und die Erhöhung der Wertschöpfung der Regionen ausgerichtet sein. Die Förderinhalte werden abschliessend durch den Bund festgelegt. Die Kantone wählen für ihre Umsetzungsprogramme jene Förderinhalte aus, die am besten zur kantonalen Entwicklungsstrategie passen.

Die thematischen Förderschwerpunkte Industrie und Tourismus benennen die exportorientierten Wertschöpfungssysteme, die für eine Förderung in Betracht kommen. Dabei handelt es sich um die aus regionalpolitischer Bundessicht prioritären Wertschöpfungssysteme im Berggebiet und weiteren ländlichen Raum. Das MJP ermöglicht auch die Förderung weiterer Wertschöpfungssysteme, für die die wirtschaftliche Vielfalt in den Kantonen und Regionen bestimmend ist.

Bei der Wahl der Förderschwerpunkte gewährt der Bund den Kantonen Spielraum.

Im Sinne der Profilbildung und eines fokussierten Mitteleinsatzes sollen sich die Kantone auf wenige thematische Bereiche beschränken.

RIS beziehen sich im Verständnis der NRP auf funktionale, in der Regel überkantonale und teilweise Landesgrenzen überschreitende Wirtschaftsräume, welche über die für Innovationsprozesse wesentliche Triple Helix (Unternehmen, Hochschulen und öffentliche Hand) verfügen sowie über die kritische Grösse für ein effektives und effizientes Leistungsangebot. Zur horizontalen und vertikalen Koordination der Akteure und Aktivitäten sowie zur gemeinsamen strategischen Entwicklung des Systems bedarf es einer Governance. Konkrete Unterstützungsangebote sind in diesen strategischen und organisatorischen Rahmen einzuordnen. Zudem sind sie auf die regionalen Besonderheiten zuzuschneiden und systematisch an den Bedürfnissen der Zielgruppen in den Zielgebieten der NRP auszurichten.

Die Selektionsregeln helfen dabei, die Grundsätze der NRP greifbar zu machen und gewünschte Projekte besser erkennen und kommunizieren sowie unerwünschte Projekte herausfiltern zu können (vgl. Ziff. 4.3.3).

In der Übersicht 7 sind die Förderinhalte und Förderschwerpunkte überblicksmässig dargestellt.

2444

Übersicht 7 Förderinhalte und Förderschwerpunkte Förderschwerpunkte Förderinhalte

Wissenstransfer und Innovationsunterstützung für KMU fördern

Wertschöpfungssystem Industrie

Wertschöpfungssystem Tourismus

weitere Wertschöpfungssysteme

RIS

Qualifizierung der regionalen Arbeitskräfte und Akteure fördern Unternehmerische Vernetzung und Kooperationen voranbringen Wertschöpfungsketten verlängern und Lücken schliessen Wertschöpfungsorientierte Infrastrukturen und Angebote sichern und realisieren (dunkel = 1. Priorität, hell = 2. Priorität)

Für die beiden prioritären Wertschöpfungssysteme «Industrie» und «Tourismus» sind ca. 80 Prozent der für die Projektförderung verfügbaren A-fonds-perdu-Bundesmittel der NRP vorgesehen, wobei in ersterem die Mittel grossmehrheitlich für die Innovationsunterstützung im Rahmen von RIS eingesetzt werden sollen.

4.3.3

Ausrichtung 1: Projektförderung

Förderinhalte Wissenstransfer und Innovationsunterstützung für KMU fördern Innovation wird zunehmend zu einem zentralen Wettbewerbsfaktor. Deshalb stellen Wissenstransfer und Innovationsförderung in der Regionalpolitik eine Priorität dar.

Während KMU in Ballungsräumen bei ihren Innovationsaktivitäten von Agglomerationsvorteilen profitieren (grosse Dichte an potenziellen Zulieferbetrieben und Produzentendiensten, qualitativ hochstehender Arbeits- und Absatzmarkt, verfügbares hochwertiges Wissen und Knowhow), fallen Letztere im ländlichen Raum geringer aus. KMU in ländlichen Räumen haben deshalb andere Unterstützungsbedürfnisse als zentrumsnahe KMU. Die Konzeption der NRP mit ihrem integralen Verständnis von Innovation ­ das über das wissenschafts- und technologiebasierte Verständnis hinausgeht und etwa auch Innovationen organisatorischer Art umfasst, die zu Wertschöpfung in Regionen und Unternehmen führen ­ erlaubt es, für Regionen massgeschneiderte Unterstützungsangebote bereitzustellen. Adressat ist in erster Linie die Privatwirtschaft, jedoch kann Innovation aufseiten der öffentlichen Hand ebenfalls einen Beitrag zur regionalen Wettbewerbsfähigkeit leisten.

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Vor diesem Hintergrund umfasst dieser Förderinhalt folgende Leistungsangebote und denkbaren Projektinhalte, schwergewichtig im Rahmen von RIS (vgl. Ziff.

4.3.3): 1.

Unterstützung von Produkt- und Prozessinnovationen Projektinhalte umfassen z. B. den Einsatz von Coaches, die den KMU Innovationspotenziale aufzeigen, Kontakte vermitteln (z. B. zu Umsetzungs- oder Finanzierungspartnern) oder die Realisierung von Innovationsprojekten begleiten (Vorbereitung, Validierung, Begleitung), die Unterstützung von Start-ups/Unternehmensgründungen im nicht wissenschaftsbasierten Bereich oder die Unterstützung von bestehenden Unternehmen bei Nachfolgeregelungen.

2.

Überbetrieblich orientierte Leistungsangebote Als Projekte kommen z.B. die Verbesserung der Rahmenbedingungen, Fachkräfteinitiativen oder die Förderung der Kooperation und Vernetzung (z. B. Cluster) infrage. Dabei sind Synergien mit bestehenden regionalen und nationalen Netzwerken zu nutzen und Doppelspurigkeiten zu vermeiden (z.B. mit den thematischen Netzwerken der KTI oder auch Förderinitiativen des Bundesamts für Energie).

Die Unterstützung von KMU erfolgt nicht als direkte Finanzhilfe an die Unternehmen, sondern als sogenannte Realtransfers wie Informations-, Beratungs-, Vermittlungs- sowie Netzwerkleistungen. Sofern diese Angebote nicht überbetrieblich bereitgestellt werden, sondern an einzelne Unternehmen gerichtet sind, müssen bei einer NRP-Förderung explizite Bedingungen erfüllt sein. So muss die Förderung prinzipiell allen Interessenten zugänglich, d.h. nicht-diskriminierend ausgestaltet sein. Zudem sind die geldwerten öffentlichen Leistungen an ein KMU-Projekt zu begrenzen.

Qualifizierung der regionalen Arbeitskräfte und Akteure fördern Der sich intensivierende Standortwettbewerb zwingt die Unternehmen zu laufenden Produktivitätsfortschritten und zu einer verstärkten Innovationstätigkeit. Dieser Druck ist auch auf Arbeitsmärkten im ländlichen Raum und Berggebiet spürbar. Der Bedarf an solide ausgebildeten Fachkräften und die Bedeutung von regelmässiger Weiterbildung nehmen auch hier laufend zu. Abwanderung und demografische Entwicklungen entziehen den betreffenden Arbeitsmärkten gleichzeitig wertvolle Fachkräfte. Ebenso droht ein Mangel an qualifizierten Entscheidungsträgern in Behörden und regionalen Institutionen. Unternehmen und Regionen müssen sich deshalb aktiv um die Qualifizierung des regionalen Humankapitals bemühen, um damit die Voraussetzung für dessen effizientere Nutzung zu verbessern.

Aus NRP-Sicht denkbare Projektinhalte sind beispielsweise arbeitsmarktliche Potenzialanalysen, der Aufbau von Netzwerken, die Konzipierung oder Implementierung von für die regionale Wirtschaft massgeschneiderten Weiterbildungsangeboten und Fachkräfteinitiativen oder Programme zur Förderung des innovativen und unternehmerischen Denkens und Handelns im Bildungsbereich. Dabei sind in erster Linie Synergien mit bewährten Programmen (z. B. Trainingsmodule in Entrepreneu-

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rship der KTI oder Young Enterprise Switzerland YES71) und mit Hochschulen zu nutzen.

Direkte Stellenvermittlung sowie Aus- und Weiterbildungsangebote fallen nicht in den Geltungsbereich der NRP.

Unternehmensübergreifende Vernetzung und Kooperationen voranbringen Trotz gegebener Wettbewerbsfähigkeit sind Unternehmen in den NRP-Zielgebieten nicht immer in der Lage, ihre Güter und Dienstleistungen erfolgreich in der weiteren Region (In- und Ausland) abzusetzen. Häufige Ursachen sind eine nicht erreichte kritische Masse für stabile Angebote wie auch fehlende unternehmerische Kompetenzen im Umgang mit externen Vertriebsorganisationen oder allfälligen Exportrisiken. Die unternehmerische Zusammenarbeit und die Nutzung von gemeinsamen Ressourcen sowie temporärer Ressourcentausch schaffen bessere Voraussetzungen auf dem Markt und ermöglichen Skalenerträge. Die Vernetzung zwischen Unternehmen erhöht überdies die Wahrscheinlichkeit von Innovationen. Sie kann auch als Schritt hin zur Clusterbildung mit positiven Effekten auf Wettbewerbsfähigkeit, Arbeitsmärkte, regionales Profil und Image dienen.

Als Projektinhalte kommen die Begleitung von Zusammenarbeitsprojekten, die Zusammenführung von KMU (Personal, Maschinen, Produktionsflächen) sowie der Aufbau von Koordinationsplattformen oder Erfahrungsaustauschgruppen in Betracht.

Wertschöpfungsketten schliessen und verlängern Der Strukturwandel wie auch historische Entwicklungen führten in strukturschwachen und peripheren Regionen häufig zu lückenhaften Wertschöpfungsketten, was Unternehmen in diesen Räumen bislang vor besondere Herausforderungen stellte.

Inzwischen erlauben es jedoch veränderte Erreichbarkeiten und Errungenschaften der Informationstechnologie solchen Unternehmen vermehrt, Wertschöpfungsketten zu schliessen. Hierbei müssen nicht zwingend anderen regionalen Akteuren Marktanteile streitig gemacht werden. Als Massnahme bietet sich z.B. an, die Wertschöpfungskette vertikal oder horizontal zu erweitern. Bei der vertikalen Erweiterung werden Wertschöpfungsanteile der vor- und/oder nachgelagerten Stufe in die eigenen Tätigkeiten integriert. Mittels horizontaler Erweiterung wird angestrebt, sogenannte Koppelprodukte zu schaffen, welche gebunden an die herkömmlichen Produkte und Dienstleistungen nachgefragt werden.

Projektinhalte umfassen die Unterstützung von Abklärungen zu Wertschöpfungsprozessen und Marktpotenzialen oder von Anstrengungen zur Ergänzung von Wertschöpfungsketten.

71

YES ist national wie auch von der Europäischen Kommission als «Best Practice in Entrepreneurship Education» anerkannt (Bundesamt für Berufsbildung und Technologie BBT 2009: Schlussbericht zur Auslegeordnung von Fördermassnahmen zum Unternehmertum im Bildungsbereich (Sekundarstufe II) in der Schweiz und ausgewählten EU Staaten, S. 45­46).

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Wertschöpfungsorientierte Infrastrukturen bzw. Angebote sichern und realisieren Die NRP konzentriert sich im Infrastrukturbereich auf Vorhaben, die die Standortgunst von Regionen und Unternehmen steigern. Derartige Infrastrukturen können Defizite in Bezug auf Erreichbarkeit und Topographie kompensieren helfen sowie als räumliche Ankerpunkte für Netzwerke und Kooperationen dienen. Teilweise werden Infrastrukturen auch gezielt erstellt und betrieben, um natürliche Wertschöpfungspotenziale zu nutzen. Darunter kann auch touristische Infrastruktur fallen, die als Voraussetzung zur Inwertsetzung von landschaftlicher Attraktivität dient. Dabei ist der Natur- und Landschaftsverträglichkeit der Infrastruktur entsprechendes Gewicht beizumessen. Um Zielkonflikte zu minimieren, ist die Nachhaltigkeitsbeurteilung von Programmen und Projekten von Bedeutung. Zudem kommt bei Infrastrukturprojekten das ordentliche planungs- und umweltrechtliche Instrumentarium zur Anwendung (vgl. Ziff. 6.6).

Infrastrukturen weisen häufig Eigenschaften von öffentlichen und/oder meritorischen Gütern auf. Das heisst, mangels privatwirtschaftlicher Investitionsbereitschaft erweist es sich oftmals als schwierig, die Infrastruktur zu realisieren und langfristig zu betreiben. Hier kann die öffentliche Hand ein Marktversagen beheben.

Als Projektinhalte kommen bspw. die Gewährung von Darlehen gemäss Artikel 7 BRP, Markt- und Machbarkeitsabklärungen oder Standortevaluationen infrage.

Förderschwerpunkte Wertschöpfungssystem Industrie Im wirtschaftlichen Gefüge der ländlichen Räume in der Schweiz kommt produzierenden Betrieben kleiner und mittlerer Grösse eine hohe Bedeutung zu. Viele dieser Unternehmen sind spezialisierte Nischenanbieter, welche zunehmenden nationalen und internationalen Wettbewerbsdruck erfahren und strukturellen Veränderungen auf Absatz-, Bezugs- und Arbeitsmärkten begegnen müssen. Die Veränderungen bergen für die Unternehmen strukturelle Risiken; sie können aber auch Wachstumsund Markteintrittschancen bieten, welche die Regionen langfristig stärken.

Als Förderschwerpunkt sind exportorientierte industrielle Wertschöpfungssysteme inklusive der wissensintensiven und produktionsnahen Dienstleistungen im Umgang mit den genannten Risiken und Chancen zu unterstützen. Hierzu kann das gesamte Spektrum der Förderinhalte beigezogen
werden. Das Hauptaugenmerk gilt indessen der Projektförderung im Rahmen von RIS, an der Schnittstelle zum Förderinhalt «Wissenstransfer und Innovationsunterstützung für KMU fördern» (vgl. Ziff. 4.3.3).

Im MJP1 wurde in den Regionen eine grosse Anzahl zumeist (sub-)kantonal orientierter Angebote für Wissenstransfer und Innovationsförderung mit NRP-Bundesmitteln unterstützt (vgl. Ziff. 4.2). Der Bundesrat will die entsprechenden Förderaktivitäten zur Innovationsunterstützung in Zukunft stärker bündeln und strategisch abstützen. Derartige Tätigkeiten sollen vom Bund nur noch mitfinanziert werden, wenn sie sich in ein RIS einordnen. Für RIS gelten die nachfolgenden Rahmenbedingungen, basierend auf dem Konzeptpapier von 2012 zur Förderung von WTT und Innovation in den Regionen72.

72

www.seco.admin > Regional- und Raumordnungspolitik > Koordination Sektoralpolitiken > Innovation und Wissens- und Technologietransfer

2448

Die Aktivitäten zur Unterstützung von Innovation im Rahmen der NRP sind mit anderen Förderinstrumenten des Bundes, insb. KTI-WTT, KTI-Start-up und dem Innovationspark sowie horizontal innerhalb funktionaler Räume abzustimmen.

Verstärkt sollen auch Synergien mit internationalen Förderprogrammen genutzt werden, insb. mit Interreg Europe sowie dem Enterprise Europe Network (EEN).

RIS müssen die nötige kritische Grösse für ein effektives und effizientes Leistungsangebot aufweisen sowie gleichzeitig eine gewisse Nähe zu den KMU garantieren.

Demzufolge besteht in der Schweiz aus Sicht des Bundesrates das Potenzial für sechs bis sieben RIS, welche in der Regel Kantons- und teilweise Landesgrenzen überschreiten und an ihren Schnittstellen auch untereinander abgestimmt sind.

Die Innovationsförderung kann über die NRP unterstützt werden, wenn sie strategisch abgestützt, systematisch auf die Bedürfnisse der Zielgruppen ausgerichtet sowie horizontal und vertikal abgestimmt ist. Dies trifft auch für eine allfällige Unterstützung von Infrastrukturprojekten mittels Darlehen zu, wie z.B. für regionale Standorte des Innovationsparks (Akkreditierung als solche vorausgesetzt). Ein RIS ist Voraussetzung für Innovationsförderangebote im Förderschwerpunkt Industrie (vgl. Ziff. 4.3.2). RIS sind aber thematisch nicht auf diesen Förderschwerpunkt beschränkt.

Kantonale Aktivitäten wie auch Aktivitäten von Kantonen verschiedener RIS sind damit nicht von einer Förderung ausgeschlossen, wenn sie sich in die RIS-Strategie einordnen und entsprechende Nachweise durch die jeweiligen RIS-Trägerschaften erbracht werden.

Die NRP ist grundsätzlich als Impulsfinanzierung konzipiert. Lediglich regionale Entwicklungsträger resp. Regionalmanagements konnten bisher längerfristig unterstützt werden (Art. 5 BRP). Die Unterstützung von Innovationsprozessen in RIS bedingt ein Steuerungs- und Regelsystem auf RIS-Ebene (Governance). Deshalb sollen zukünftig Aufbau, Führung und Weiterentwicklung von Organisationen, die im Auftrag der Kantone derartige Funktionen wahrnehmen, basierend auf Artikel 5 BRP mitfinanziert werden können (vgl. Projektbeispiel im Kasten unten). Dies ermöglicht eine längerfristige Aufrechterhaltung entsprechender Organisationen und Kontinuität ihrer Koordinations- und Entwicklungstätigkeiten. Voraussetzung sind
entsprechende Vereinbarungen zwischen den Kantonen sowie ein positives Ergebnis periodischer Audits zur Überprüfung und Optimierung der Leistungsfähigkeit und Wirksamkeit der Organisation und deren Tätigkeit. Auf dieser Basis strebt der Bund mit den Trägerschaften (z. B. regionale Konferenzen der Volkswirtschaftsdirektoren) auch separate RIS-Programmvereinbarungen an.

Projektbeispiel: RIS-Programm «Innovation und Unternehmertum» der Westschweiz Seit 2008 koordinieren die Westschweizer Kantone ihre Initiativen im Bereich Innovation und Unternehmertum. Das von der NRP unterstützte Programm der CDEP-SO fördert Coaching-Dienstleistungen für Start-ups und KMU durch die Plattformen Platinn, Alliance und Genilem. Platinn unterstützt Geschäftsinnovationen durch persönliche Beratung und weitere vorwettbewerbliche Unterstützungsformen. Die WTT-Plattform Alliance vermittelt und fördert gemeinsame Projekte mit Hochschulen. Genilem zielt darauf, ausgewählte innovative Unter-

2449

nehmen bei der Gründung und in den ersten Geschäftsjahren zu unterstützen.

KMU und Start-ups haben dadurch Zugang zu weiteren Netzwerken, wodurch optimale Rahmenbedingungen für die Gründung und Entwicklung von Unternehmen geschaffen werden. Als zweiten Schwerpunkt betreibt das Programm Branchenförderung durch die Plattformen BioAlps (Life Sciences), Micronarc (Nanotechnologie), Alp ICT (Informations- und Kommunikationstechnologien) sowie CleantechAlps (Cleantech).

Wertschöpfungssystem Tourismus Der Tourismus spielt als zentrale exportorientierte Branche in den Zielgebieten der NRP eine wichtige Rolle. Er bildet deshalb auch im MJP2 einen thematischen Förderschwerpunkt. Der Bund unterstützt damit den Strukturwandel, mit dem Ziel, die einzelnen Destinationen wettbewerbsfähiger und das Tourismusland Schweiz insgesamt gegenüber dem internationalen Umfeld konkurrenzfähiger zu machen. Mit NRP-Mitteln gefördert werden strategisch positionierte Leistungsträger und Destinationen mit marktgerechtem Profil, welche innovative und wertschöpfungsorientierte Angebote schaffen und diese systematisch auf Bedürfnisse der Kunden ausrichten.

Dabei gilt es, in allen Bereichen des Tourismus Kooperationen zu suchen und Kräfte zu prioritären Themen mit Handlungsbedarf zu bündeln.73 Mit dem durch den Bundesrat in Aussicht gestellten Impulsprogramm 2016­2019 soll während vier Jahren auch mit der NRP ein zusätzlicher Akzent im Tourismus gesetzt werden (vgl. Ziff. 3.1.2). Das Impulsprogramm ist an der Schnittstelle von Tourismus- und Regionalpolitik angesiedelt und wird zu einem bedeutenden Teil mit zusätzlichen Fördermitteln aus dem Fonds für Regionalentwicklung umgesetzt.

Mit den für den Förderschwerpunkt Tourismus insgesamt zur Verfügung stehenden NRP-Mitteln können Projekte aus drei der vier Stossrichtungen des Impulsprogramms unterstützt werden: Modernisierung der Beherbergungswirtschaft (Stossrichtung 1): Mit der Annahme der Zweitwohnungsinitiative und einem starken Franken kommen der Tourismus insgesamt und insbesondere die Hotellerie weiter unter Druck. Mit einer intensivierten Förderung von Infrastrukturprojekten der Beherbergungswirtschaft mittels Darlehen soll hier reagiert werden. In den Geltungsbereich der NRP fallen öffentlich zugängliche Seminar-, Wellness- und Sportinfrastrukturen von Beherbergungsbetrieben,
nicht aber die Bereiche Gastronomie und Beherbergung.

Daneben können auch Kooperationsprojekte mehrerer Hotelbetriebe, beispielsweise ein koordinierter Marktauftritt, innovative Produkte oder gemeinsam genutzte Einrichtungen gefördert werden74.

Verstärkung Qualitäts- und Produkteentwicklung (Stossrichtung 2): Um den Herausforderungen in Bezug auf Preis- und Kostennachteile des Schweizer Tourismus zu begegnen, werden die Anstrengungen zum Strukturwandel auf regionaler und überregionaler Ebene durch die NRP, auf nationaler Ebene durch Innotour 73 74

Das zugrunde liegende Wirkungsmodell «Strukturwandel im Tourismus» wird in der Arbeitshilfe für die Kantone zur Erarbeitung ihrer Umsetzungsprogramme präsentiert.

Weitere Ausführungen zur Beherbergungsförderung werden in der Arbeitshilfe für die Kantone gemacht.

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weiter gefördert. Der Fokus liegt dabei auf verstärkter Qualitäts- und Produkteentwicklung. Unterstützt wird die Entwicklung marktfähiger Tourismusprodukte und Dienstleistungen wie Erlebnis-Packages, Touring-Angebote oder Markenentwicklungsprozesse. Förderfähig sind aber auch Produktinnovationen im Zusammenhang mit touristischen Entwicklungsinfrastrukturen (Thermalbäder, Skigebietszusammenschlüsse, Indooranlagen etc.). Die Auswahl von förderbaren Entwicklungsinfrastrukturen im Tourismus soll noch verstärkt aufgrund strategischer Überlegungen auf Destinationsebene erfolgen. Die einzelnen Vorhaben müssen innovativ, wertschöpfungsorientiert und mit den Vorgaben für eine nachhaltige Raumentwicklung abgestimmt sein. Dazu gehört unter anderem, dass der Natur- und Landschaftsverträglichkeit ein entsprechendes Gewicht beigemessen wird. Im Bereich der Bergbahnen ist eine auf Projekte mit Rückgratfunktion auf Destinationsebene ausgerichtete Selektion besonders relevant. Als strategische Grundlage zur Bestimmung der förderwürdigen Bergbahnprojekte dient ein aktuelles kantonales Seilbahnkonzept.

Mit dem Impulsprogramm werden in erster Linie auf Destinationsebene prioritäre Vorhaben gefördert.

Optimierung Strukturen und Verstärkung Kooperationen (Stossrichtung 3): Kooperationen zwischen verschiedenen Leistungserbringern und Beherbergungsbetrieben auf Destinationsebene sollen die Nachteile der oft kleinstrukturierten Tourismuswirtschaft abbauen helfen. Im Vordergrund stehen Stossrichtungen und Projektansätze wie branchenübergreifende Kooperationen, Projekte zur gemeinsamen Nutzung von strategischen Ressourcen oder Marketingplattformen sowie Reformen von Tourismusorganisationen.

Projektbeispiel: Textilland Ostschweiz In Kooperation mit den Tourismusdestinationen, dem Textilverband, dem Textilmuseum und weiteren Partnern wie der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa) entwickelt und vermarktet der Verein «Textilland Ostschweiz» touristische Angebote. Das branchen- und kantonsübergreifende Projekt stärkt die Positionierung der Marke «Textilland Ostschweiz». Dies geschieht zum Beispiel durch die Ausstattung von Ostschweizer Hotelzimmern mit St. Galler Textilien, durch die Aufarbeitung der Textilindustriegeschichte für Stadtführungen, touristische Webplattformen oder schulische Zwecke,
sowie durch die Sichtbarmachung textiler Innovationen an Ausstellungen. Das von der NRP unterstützte Projekt fördert und nutzt so die Kooperation verschiedenster Akteure der Textil- und Tourismusbranche in der Ostschweiz.

Weitere Wertschöpfungssysteme Für eine NRP-Förderung kommen auch Projekte aus weiteren Wertschöpfungssystemen in Betracht, so namentlich der Agrar- und Waldwirtschaft, der Energiewirtschaft oder der Bildungs- und Gesundheitswirtschaft. Auch «neuen», standortunabhängigen exportorientierten Dienstleistungen kann die Möglichkeit einer Förderung eröffnet werden (z. B. Kreativwirtschaft). Die NRP kann mit ihrer Wertschöpfungsund Innovationsorientierung wichtigen Zusatznutzen für derartige Wertschöpfungssysteme in Berggebieten, den ländlichen Räumen und den Grenzregionen schaffen.

Da jeder Kanton und jede Region über unterschiedliche Potenziale verfügt, stehen 2451

aus der regionalen Perspektive jeweils andere exportorientierte Wertschöpfungssysteme im Förderfokus. Mögliche Wertschöpfungssysteme und Ansatzpunkte werden im Grundlagenbericht75 sowie in einer Arbeitshilfe für die Kantone aufgezeigt.

Selektionsregeln Die Projektselektion liegt in der Verantwortung der Kantone. Die vom Bund formulierten Selektionsregeln stellen generelle Leitplanken für die Kantone dar. Sie sind von den Kantonen zu konkretisieren.

Die Projektanforderungen und Ausschlussprinzipien basieren auf den Zielsetzungen und Kriterien gemäss den Artikeln 4­7 BRP.

Der Bund unterstützt die Kantone mit einer Arbeitshilfe, in welcher die detaillierten Anforderungen und Prinzipien aufgeführt sind. Dabei stützt sich der Bund auf den Grundlagenbericht (vgl. Ziff. 4.1.1).

4.3.4

Ausrichtung 2: Koordination Sektoralpolitiken

Ausgangslage Verschiedene Politiken prägen die Entwicklung des ländlichen Raums wesentlich und weisen überdies klare Schnittstellen zur NRP auf. Dies betrifft die Tourismusund KMU-Politik, die Raumentwicklungspolitik, die Agglomerationspolitik, die Innovationspolitik, aber auch die Politikbereiche Landwirtschaft, Umwelt und Energie, um nur einige der Politiken zu erwähnen. Die Evaluation des MJP1 machte deutlich, dass die entsprechenden Synergiepotenziale noch nicht ausgeschöpft sind.

Mit stärkeren Koordinationsbemühungen wird der Befürchtung eines ausufernden Raum- und Ressourcenbedarfs Rechnung getragen.

Die sektorübergreifende Zusammenarbeit auf Bundesebene ist heute in der Verordnung vom 22. Oktober 199776 über die raumordnungspolitische Koordination der Bundesaufgaben geregelt. Sie umfasst verschiedene Instrumente und Organe. Zum einen ist die Raumordnungskonferenz des Bundes (ROK) zu nennen, eine verwaltungsinterne Koordinationsplattform für raumordnungspolitisch relevante Aufgaben.

Das daraus hervorgegangene Bundesnetzwerk ländlicher Raum (BNLR) wird durch das SECO, das ARE, das BLW und das BAFU gebildet, welche ihre spezifisch auf den ländlichen Raum ausgerichteten Tätigkeiten auf strategischer und operativer Ebene abstimmen. Zum andern trägt der vom Bundesrat eingesetzte Rat für Raumordnung (ROR) zur Früherkennung raumwirksamer Entwicklungen bei und schlägt neue Handlungsoptionen und raumordnungspolitische Massnahmen vor.

Von zentraler Bedeutung für die Koordination der raumwirksamen Bundespolitiken sind auch tripartite Gremien wie die Tripartite Agglomerationskonferenz (TAK) oder ad hoc eingesetzte Arbeitsgruppen.

75 76

Arbeitsgruppe SECO-VDK NRP 2016+ (2013): Grundlagenbericht zum Mehrjahresprogramm NRP 2016­2023. Zürich/Neuenburg, August 2013 (nicht publiziert) SR 709.17

2452

Stossrichtungen für eine Stärkung der Kooperation zwischen Regionalpolitik und Sektoralpolitiken Im MJP2 ist ein zusätzlicher Schritt zur Stärkung der Ausrichtung 2 notwendig.

Dazu lassen sich fünf Stossrichtungen formulieren: Suche nach Initiativen verstärken und deren Umsetzung mitsteuern In der kommenden Programmperiode sind die Bemühungen zur Zusammenarbeit zwischen der NRP und den anderen relevanten Sektoralpolitiken weiter zu verstärken. Der Bund kann dabei als Impulsgeber für die Kantone wirken, indem er geeignete Initiativen anstösst bzw. die Themenführerschaft übernimmt und bei der Umsetzung seine Interessen einbringt. Im Bedarfsfall ist auch eine Vorfinanzierung durch den Bund denkbar, wie in der Vergangenheit bei der Konkretisierung der RIS Westschweiz und Zentralschweiz oder bei den Initiativen «Agire» und «Agrocleantech» praktiziert.

Projekte zur Bestimmung von Synergiepotenzialen an den sektoralpolitischen Schnittstellen realisieren Auf der Ebene der strategischen Ziele befindet sich die Abstimmung der Sektoralpolitiken bereits auf einem guten Stand. Als entscheidend für eine weitere Verbesserung der Koordination wird die Umsetzungsebene ausgemacht. Dabei ist es zweckmässig, sich an den von acht Bundesämtern gemeinsam getragenen «Modellvorhaben Nachhaltige Raumentwicklung»77 zu orientieren. Mit den Modellvorhaben unterstützt der Bund Projekte von lokalen, regionalen und kantonalen Akteuren, die innovative, sektorübergreifende Ansätze für die Umsetzung einer nachhaltigen Raumentwicklung erproben. Die Verbesserung der Abstimmung der bestehenden Instrumente bzw. Finanzmittel der verschiedenen Sektoralpolitiken ist eine wichtige Aufgabe der Bundespolitiken.

Kohärente Raumentwicklungspolitik pflegen Im Zuge der Verabschiedung des Raumkonzepts Schweiz beauftragte der Bundesrat die Bundesstellen, ihre raumrelevanten Tätigkeiten an den Zielen und Strategien dieses Konzepts auszurichten und das Planen und Handeln in Handlungsräumen anzugehen. Die Verflechtungen und wechselseitigen Abhängigkeiten zwischen Stadt und Land, aber auch die politische Sensibilität für räumliche Prozesse nehmen laufend zu. Die Weiterentwicklung der Agglomerationspolitik des Bundes und die Entwicklung einer Politik für die ländlichen Räume und Berggebiete laufen deshalb parallel und enthalten gemeinsame Stossrichtungen
und Instrumente. Ausdruck des Bemühens um eine kohärente Raumentwicklungspolitik ist auch das Impulsprogramm Tourismus 2016­2019 im Rahmen des MJP2 (vgl. Ziff. 4.3.3). Der Auftrag aus dem tourismuspolitischen Massnahmenpaket zur engeren Abstimmung der Beherbergungsförderung durch die NRP und die SGH wird ebenfalls im Rahmen der Ausrichtung 2 umgesetzt.

77

ARE, BLW, BAFU, BWO, ASTRA, BAG, BASPO und SECO: vgl. www.modellvorhaben.ch

2453

Kohärente Innovationspolitik pflegen Zwischen SECO und KTI erfolgt eine enge strategische und operative Zusammenarbeit. Vor diesem Hintergrund ist auch die Neukonzeption des WTT-Supports zu sehen, mit dem sich die KTI aus der Förderung der früheren regionalen WTTKonsortien zurückgezogen hat. SECO und KTI verfolgen seither einen komplementären Ansatz in der Innovationsförderung, welcher im Konzeptpapier zur Förderung von WTT und Innovation in den Regionen78 sowie einer Kooperationsvereinbarung formalisiert wurde. Demnach fokussiert die KTI auf einen nationalen, wissenschaftsbasierten WTT- und Start-up-Support, während die NRP mit einem integralen Innovationsverständnis auf regionaler Ebene ansetzt.

Weiter wurde die Zusammenarbeit mit dem SBFI aufgrund des Innovationsparks sowie im Hinblick auf die neue Programmperiode des europäischen Enterprise Europe Network (EEN) intensiviert, mit dem Ziel, die Rolle der Regionen durch eine direktere Einbindung bestehender regionaler Unterstützungsstrukturen («RIS») zu stärken.

Die horizontale Zusammenarbeit in der Innovationsförderung auf Bundesebene sowie auch mit den Kantonen soll im Sinne einer kohärenten Innovationspolitik weiter gestärkt und ausgebaut sowie Synergien genutzt werden.

Der Bundesrat wird im Rahmen der BFI-Botschaft 2017­2020 seine Innovationspolitik und diesbezüglichen Instrumente darstellen.

Verstärkte Nutzung von Synergien auf kantonaler Ebene Die Evaluation des Mehrjahresprogramms 2008­2015 hebt hervor, dass bezüglich der Koordination und Kooperation der NRP mit Sektoralpolitiken auf kantonaler Ebene noch grosser Handlungsbedarf besteht.79 Aus Sicht des Bundes ist die sektoralpolitische Koordination in den kantonalen UP zu verankern. Damit kann eine Grundlage geschaffen werden, um Synergien zwischen NRP und Sektoralpolitiken zu nutzen und Konflikte möglichst zu vermeiden.

4.3.5

Ausrichtung 3: Wissenssystem

Zentrale Massnahme der Ausrichtung 3 bildet die nationale Netzwerkstelle Regionalentwicklung regiosuisse80. regiosuisse übernimmt Funktionen als Wissensmanagement-Stelle, die praxisrelevantes Wissen zur NRP und zur Regionalentwicklung generiert, es in Zusammenarbeit mit den im Bereich tätigen Personen weiterentwickelt und es einem breiteren Publikum zugänglich macht. Die Netzwerkstelle fördert auch die Befähigung, Vernetzung und Zusammenarbeit aller Akteure im Bereich der Regionalentwicklung.

Diese Dienstleistung wurde 2007 international ausgeschrieben und für die Periode 2008­2011 an einen Generalunternehmer, die PLANVAL AG in Brig, vergeben.

Auftraggeberin ist das WBF. Die Ausschreibung enthielt eine Option einer noch78 79 80

www.seco.admin > Regional- und Raumordnungspolitik > Koordination Sektoralpolitiken > Innovation und Wissens- und Technologietransfer Büro Vatter AG / KPM Universität Bern (2013): Evaluation des Mehrjahresprogramms 2008­2015 zur Umsetzung der Neuen Regionalpolitik (NRP). Bern, 7. Mai 2013 vgl. www.regiosuisse.ch

2454

maligen direkten Vergabe an den gleichen Mandatsträger für eine weitere Vierjahresperiode. Anfangs 2008 nahm die Netzwerkstelle ihren Betrieb auf. Für die Periode 2012­2015 wurde das Mandat verlängert. Per Periode 2016­2023 ist im Jahr 2015 eine erneute internationale Ausschreibung (WTO-Ausschreibung) notwendig.

Angesichts der weitgehend erfolgreichen bisherigen Umsetzung81 werden bei regiosuisse lediglich einige Optimierungen vorgenommen. Es erfolgt eine Schärfung der Zielgruppen, indem die kantonalen Fachstellen und die Regionen mit NRPVerantwortung wieder vermehrt in den Mittelpunkt der Dienstleistungen gestellt werden. Weitere Akteure (Projektträger, Verbände, Forschende usw.) werden ergänzend angesprochen. Die Bedürfnisse der Zielgruppen werden noch systematischer erfasst und die Nutzerperspektive in Form eines Reflexionsgremiums, das die Angebotsgestaltung unterstützt, stärker berücksichtigt. Diese Anstrengungen sollen dazu beitragen, dass die Netzwerkstelle regiosuisse für die kommende Umsetzungsperiode noch vermehrt zielgruppen- und bedürfnisorientiert agiert und von einer grösseren Zahl an NRP-Akteuren aktiv mitgetragen wird.

Mit der Ausrichtung 3 werden auch Grundlagenarbeiten und Pilotprojekte zur Weiterentwicklung der NRP unterstützt. Als Beispiel sei hier das Projekt «Agenda 2030» des Kantons Graubünden genannt. Das Pilotprojekt entwickelt zusammen mit den regionalen Akteuren in sämtlichen Teilgebieten des Kantons langfristig ausgerichtete Entwicklungsstrategien, die als Grundlage für das kantonale UP dienen werden.

4.3.6

Steuererleichterungen

Die Evaluation der nach Artikel 12 BRP gewährten Steuererleichterungen kommt zum Schluss, dass das Instrument zwischen 2002 und 2011 dazu beigetragen hat, in strukturschwachen Regionen zahlreiche Arbeitsplätze zu schaffen und für die Regionen wichtige Wertschöpfung zu erzielen. Die im Jahr 2010 laufenden Projekte hatten zu diesem Zeitpunkt über ihre bisherige Laufzeit rund 12'260 neue Arbeitsplätze im strukturschwachen ländlichen Raum geschaffen. Zudem hatten die im Jahr 2011 aktiven 231 Projekte über deren bisherige Laufzeit eine Wertschöpfung von insgesamt 6,5 Mrd. Fr. und eine zusätzliche Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen in den entsprechenden Regionen von 2 Mrd. Franken generiert.

Die Evaluatoren können aus wissenschaftlich-ökonomischer Sicht weder die Beibehaltung noch die Abschaffung eindeutig empfehlen. Sie empfehlen jedoch, eine betragsmässige Obergrenze einzuführen, um sicherzustellen, dass in Zukunft die entgangenen Steuereinnahmen stets in einem angemessenen Verhältnis zu den geschaffenen Arbeitsplätzen stehen. Weiter sollen die Anwendungsgebiete neben der Strukturschwäche auch die Raumordnungspolitik berücksichtigen und sich entsprechend an den regionalen Zentren orientieren. Die VDK hat sich in ihrer Stellungnahme vom Sommer 2013 für die Reform des Instruments mit Einführung einer Obergrenze und Neudefinition des Perimeters ausgesprochen.

81

Institut für Systemisches Management und Public Governance Universität St. Gallen / Eco'Diagnostic (2014): Evaluation der Netzwerkstelle Regionalentwicklung regiosuisse 2014. St. Gallen / Genf, Juli 2014 (nicht publiziert).

2455

Der Bundesrat hat im Rahmen der Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative auch das Instrument der Steuererleichterungen überdacht. Gestützt auf die Evaluationsergebnisse, die Haltung der VDK, unter Berücksichtigung der europapolitischen Dimension und in Kenntnis des globalen Standortwettbewerbs, hat der Bundesrat eine Reform der Steuererleichterungen eingeleitet. Auf diese Weise sollen die Vorteile des Instruments für die strukturschwachen Regionen gewahrt werden.

4.3.7

Umsetzung auf Ebene Kantone

MJP des Bundes und kantonale bzw. überkantonale Umsetzungsprogramme Gestützt auf die Vorgaben des MJP des Bundes erarbeiten die Kantone zusammen mit ihren Entwicklungsträgern, regionalen Geschäftsstellen oder anderen regionalen Akteuren gemäss Artikel 15 BRP mehrjährige kantonale oder überkantonale Umsetzungsprogramme und aktualisieren diese periodisch. Darauf schliesst der Bund gestützt auf diese Programme mit den Kantonen mehrjährige Programmvereinbarungen ab (Art. 16 BRP). Die UP und PV weisen in der Regel eine Laufzeit von vier Jahren auf. Die PV bilden die Grundlage für einen pauschal bemessenen Beitrag des Bundes. Mit der Zwischenbilanz nach vier Jahren und der Schlussevaluation der Wirksamkeit der Massnahmen nach acht Jahren schliessen sich die Zyklen. Für die Teilnahme an Interreg-Programmen der EU werden die jeweiligen «Operationellen Programme» als UP anerkannt. Die Programmvereinbarungen sind in diesem Fall abgestimmt auf die EU-Förderperioden und erstrecken sich über sieben Jahre (vgl.

Ziff. 4.1.6 und 4.3.1).

Wirkungsmodelle Wirkungsmodelle sollen auf allen Ebenen als Steuerungs- und Controllinginstrument eingeführt werden. Der Bund präzisiert mit den Wirkungsmodellen für die Förderprioritäten des MJP seine Ziele, die förderbaren Leistungen, die bei den Zielgruppen und in den verschiedenen Regionen erwarteten Wirkungen und die Zielindikatoren. Die Kantone haben für die Ziele ihres UP ebenfalls Wirkungsmodelle zu erstellen und sich dabei an denjenigen des Bundes zu orientieren. Damit der Kurswechsel von der kosten- zur wirkungsorientierten Steuerung in der NRP erfolgen kann, sind Wirkungsmodelle grundsätzlich auch auf Projektebene einzusetzen.

Nachhaltige Entwicklung Die UP der Kantone stellen ein zentrales Element der NRP dar. Als Bindeglied zwischen den generellen Rahmenbedingungen des Bundesgesetzes bzw. des MJP und den konkreten Projekten können sie eine starke Wirkung auf die drei Dimensionen der nachhaltigen Entwicklung entfalten. Um diese Wirkungen frühzeitig identifizieren und allfällige Defizite verbessern zu können, ist eine vollständige und glaubwürdige Nachhaltigkeitsbeurteilung (NHB) der UP notwendig. Diese Beurteilung erfolgt idealerweise in den einzelnen Kantonen nach allgemein bewährten und anerkannten Grundsätzen. Die NHB ist eine zwingende Voraussetzung für die
Zuteilung der Bundesmittel an die Kantone.

In der Nachhaltigkeitsbeurteilung ist aufzuzeigen, in welchen Bereichen sich wesentliche Zielkonflikte ergeben (können) und wie diesen im Rahmen der Umsetzung begegnet wird (z.B. mit alternativen, flankierenden Massnahmen). Zentral hierbei ist ein Verständnis der Nachhaltigkeitsbeurteilung als Verbesserungskultur 2456

und nicht als administrative Hürde. Die NHB strebt kein absolutes Nachhaltigkeitsurteil an, sondern hilft Zielkonflikte offen zu legen, womit frühzeitig nach Optimierungsmöglichkeiten gesucht werden kann.

Abstimmung mit der Richtplanung Die Kohärenz der UP und der durch Bundesmittel im Rahmen der Regionalpolitik unterstützten Vorhaben mit dem kantonalen Richtplan und den räumlichen Entwicklungsstrategien ist sicherzustellen. Die Verantwortung für die frühzeitige und sachgerechte Abstimmung von Programmen, Initiativen und Projekten sowie Infrastrukturvorhaben liegt bei den Kantonen. Die Koordination mit dem kantonalen Richtplan erfolgt idealerweise in einem abgestuften Prozess: ­

Auf der Stufe der kantonalen, respektive überkantonalen Ziele und Förderstrategien erfolgt der Nachweis der Richtplanverträglichkeit im entsprechenden Umsetzungsprogramm.

­

Die richtplanrelevanten wertschöpfungsorientierten Infrastrukturen, welche Teil einer übergeordneten Initiative sind (sog. Schlüsselprojekte), sind im kantonalen Richtplan festzusetzen.

­

Bei Massnahmen, die direkt oder indirekt mit Einzonungen verbunden sind, müssen die Bestimmungen der Änderung vom 15. Juni 201282 des Raumplanungsgesetzes vom 22. Juni 197983, in Kraft seit dem 1. Mai 2014, bezüglich der Bauzonendimensionierung beachtet werden.

Die Kantone legen im UP dar, wie ihre regionalwirtschaftlichen Strategien mit der geplanten räumlichen Entwicklung gemäss kantonalem Richtplan bzw. Raumkonzept in Einklang stehen und wie der gesamte Abstimmungsprozess mit der Richtplanung ausgestaltet werden soll. Die Vollzugsstellen des Bundes überprüfen die Erfüllung dieses Koordinationsauftrages anlässlich der Beurteilung der kantonalen NRP-Umsetzungsprogramme sowie bei der Genehmigung der kantonalen Richtpläne.

Kantons- und grenzübergreifende Zusammenarbeit Die interkantonale und die grenzübergreifende Kooperation sind bedarfsgerecht weiter zu stärken. Dabei sind gemeinsame Anstrengungen von Bund und Kantonen notwendig.

Die Grundlage für die Verstärkung der interkantonalen Zusammenarbeit bildet ein intensiverer Austausch zwischen den Kantonen bzw. Regionen. Die UP sind vermehrt zwischen den Kantonen abzustimmen. regiosuisse bietet sich als Plattform zur Unterstützung der interkantonalen Projektentwicklung an. Überkantonale Umsetzungsprogramme sind aus Bundessicht weiterhin zulässig und werden unterstützt.

Für die Umsetzung überkantonaler Programme sind intermediäre Akteure von zentraler Bedeutung. Art. 5 BRP sieht vor, dass Finanzhilfen an die Koordination von Initiativen und Programmen «anderer regionaler Akteure» gewährt werden können. Um die institutionelle Kontinuität von strategisch bedeutsamen überkantonalen Programmen zu sichern und einen nachhaltigen Betrieb zu erlauben, wird der Bund diesen Artikel künftig auch für die Mitfinanzierung der intermediären Akteure nutzen (vgl. Ziff. 4.3.3).

82 83

AS 2014 899 SR 700

2457

Analog zur kantonsübergreifenden Zusammenarbeit sollen für die grenzübergreifende Zusammenarbeit weiterhin die inhaltlichen und thematischen Ziele der NRP gelten. Eine Abstimmung zwischen den NRP- und den Interreg-Fachstellen ist sowohl im Rahmen der Erstellung des kantonalen UP wie auch bei der operativen Tätigkeit sicherzustellen.

4.3.8

Controlling und Evaluation

Da es sich bei der NRP um eine Gemeinschaftsaufgabe von Bund und Kantonen handelt, müssen die verschiedenen Ebenen bei der Überprüfung der Zielerreichung optimal zusammenwirken.

Mit der Einführung der Wirkungsmodelle als Steuerungs- und Controllinginstrument auf allen Ebenen wird die Grundlage für Controlling und Evaluation ex ante definiert und transparent aufgezeigt, welche Indikatoren durch die Umsetzung der NRP auf Bundes-, Kantons- oder Projektebene beeinflusst werden sollen. Dabei haben sich die Wirkungsmodelle jeweils von der übergeordneten Ebene abzuleiten. Da die angestrebte Entwicklung (Impact) in den Zielgebieten der NRP von zahlreichen externen Effekten beeinflusst wird, soll der Fokus beim Controlling auf die Wirkungsebenen Output und Outcome gerichtet werden. Die Impact-Ebene hingegen soll als Orientierungsgrösse dienen und primär Gegenstand der Evaluationen sein.

Damit sich die Evaluation des MJP auf die Informationen aus Projekten und Programmen abstützen kann, sind die relevanten Zielindikatoren und Termine für Controlling und Reporting in den Programm- resp. Projektvereinbarungen zu koordinieren. Die Evaluation des MJP ihrerseits ist so zu terminieren, dass deren Erkenntnisse und Empfehlungen bei der Erarbeitung des Grundlagenberichts für das Mehrjahresprogramm 2024+ berücksichtigt werden können.

4.4

Bundesbeschluss zur Festlegung des Mehrjahresprogramms des Bundes 2016­2023 zur Umsetzung der Neuen Regionalpolitik (Vorlage 5)

Der Bundesbeschluss zur Festlegung des NRP-Mehrjahresprogramms des Bundes 2016­2023 regelt die Förderinhalte und die Förderschwerpunkte, die im Rahmen von Ausrichtung 1 der NRP (sowie Interreg, URBACT und ESPON) für eine Förderung in Betracht kommen. Zudem definiert er die flankierenden Massnahmen gemäss Artikel 13 BRP (Ausrichtungen 2 und 3 der NRP). Strategische Richtschnur der NRP-Umsetzung bildet auch in der kommenden Achtjahresperiode der Exportbasisansatz.

Der Bundesrat beantragt der Bundesversammlung die Genehmigung des Beschlusses.

2458

4.5

Bundesbeschluss über weitere Einlagen in den Fonds für Regionalentwicklung (Vorlage 6)

Die NRP wird gemäss Artikel 21 BRP aus dem Fonds für Regionalentwicklung finanziert. Dessen Finanzierungsmechanismus ist in der Botschaft vom 16. November 2005 über die Neue Regionalpolitik erläutert.84 Das nominale Fondsvermögen dürfte Ende 2015 etwas unter 1,2 Milliarden Franken betragen. Damit wird der Fondswert gegenüber 2007 um geschätzte 50 bis 60 Mio. Franken gesunken sein, d. h. um einen geringeren Betrag als aufgrund der Planzahlen zu Beginn des MJP1 zu erwarten war.

Die finanziellen Leistungen sollen im Vergleich zum auslaufenden Mehrjahresprogramm unverändert bleiben. Als Richtgrössen sind deshalb weiterhin vorgesehen: Übersicht 8 Finanzielle Leistungsvorgaben für das MJP2 Darlehen an Infrastrukturvorhaben zur Stärkung von Wertschöpfungssystemen

400 Mio. Franken (50 Mio./Jahr)

Finanzhilfen à-fonds-perdu (Maximalwert für die 3 Ausrichtungen)

320 Mio. Franken (40 Mio./Jahr)

Zusätzlich zu diesen Mitteln sollen im Fonds zugunsten des Impulsprogramms Tourismus 2016­2019 (vgl. Ziff. 4.3.3) für die kommenden vier Jahre weitere 200 Mio. Franken für Tourismusinitiativen bereitgestellt werden, die grossmehrheitlich (mind. 150 Mio. Franken) in rückzahlbare Darlehen fliessen sollen (vgl. Ziff.

3.1.2).

Gemäss Artikel 22 BRP bewilligt die Bundesversammlung mit einfachem Bundesbeschluss einen auf acht Jahre befristeten Zahlungsrahmen für weitere Einlagen in den Fonds. Der Bundesrat schlägt Neueinlagen in Höhe von 230 Mio. Franken vor (unverändert gegenüber der vergangenen Achtjahresperiode), d. h. budgetwirksame Jahresbeiträge von durchschnittlich 28­29 Mio. Franken.

Diese Neueinlagen tragen dazu bei, den Mittelabfluss aus dem Fonds aufgrund der A-fonds-perdu-Zahlungen und der Verluste auf Darlehen mindestens teilweise zu kompensieren und somit die gesetzliche Vorgabe einer möglichst weit gehenden Werterhaltung des Fonds zu erfüllen. Darlehensverluste sind in Artikel 8 des Bundesgesetzes über Regionalpolitik geregelt: Der Bundesanteil des Verlusts wird aus dem Fonds für Regionalentwicklung finanziert. 50 % des bundesseitigen Verlusts werden vom betroffenen Kanton an den Bund rückvergütet (d. h. der Kanton trägt den Verlust auf seinem eigenen Darlehen plus 50 % auf jenem des Bundes). Aufgrund von Simulationsrechnungen kann davon ausgegangen werden, dass das Nominalvermögen des Fonds per Ende des MJP2 (2023) trotz der vorgeschlagenen Zusatzausgaben zugunsten des Tourismus immer noch über 1 Milliarde Franken betragen wird.

84

BBl 2006 231, hier 269 ff.

2459

Mit dem Finanzierungsbeschluss vom 26. September 200785 über weitere Einlagen in den Fonds für Regionalentwicklung und der Änderung vom 19. September 201186 wurde die NRP-Vollzugsstelle ermächtigt, während je vier Jahren maximal zwei Stellen zulasten der Fondseinlage zu finanzieren. Um das MJP 2016­2023 wie geplant umzusetzen, ist eine Weiterführung dieser Stellen unabdingbar87, denn die neue Schwerpunktsetzung im MJP bedeutet für die Vollzugsstelle zusätzlichen personellen Aufwand. Dieser fällt durch die intensivierte Zusammenarbeit mit anderen Sektoralpolitiken des Bundes an, insbesondere mit der KTI, dem SBFI sowie mit der Tourismuspolitik. Um die Investitions- und Fördertätigkeit im Rahmen des Tourismus-Impulsprogramms auf eine längere Frist intensivieren zu können, sind die genannten personellen Kapazitäten notwendig.

Die Umsetzung der vom Parlament geforderten Strategie für die Berggebiete und die ländlichen Räume im Rahmen einer integrierten Raumentwicklungspolitik sieht zudem neue Massnahmen und insbesondere eine verstärkte horizontale sowie vertikale Governance vor. Die notwendige bessere Abstimmung zwischen Raumplanung und Regionalpolitik bedeutet erhöhten Prüfaufwand für die Vollzugsstelle bei der Genehmigung der kantonalen Richtpläne und NRP-Umsetzungsprogramme.

Schliesslich geht das MJP 2016­2023 einher mit einer höheren Anzahl Programmvereinbarungen: Zu den bisherigen 24 PV kommen vier separate Interreg-PV (Konzession des WBF an die Interreg-Gebiete) und bis zu sechs überkantonale PV für die Regionalen Innovationssysteme hinzu, die entsprechenden Aufwand für Programmprüfung, Programmverhandlungen, Controlling und Monitoring bedingen.

5

Aussenwirtschaftsförderung

5.1

Strategische Grundlagen

Zur Aussenwirtschaftsförderung gehören die Exportförderung, die Information über den Unternehmensstandort Schweiz (Standortpromotion) sowie die Exportrisikoversicherung SERV. Diese Instrumente zielen primär darauf ab, die wirtschaftliche Tätigkeit von Unternehmen im Ausland zu erleichtern, Arbeitsplätze in der Schweiz zu sichern respektive die Grundlage für eine koordinierte Vermarktung des Wirtschaftsstandorts Schweiz zu schaffen. Neben einer generellen Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit von Standortnutzerinnen und -nutzern (vgl. Ziff. 1.3) ergeben sich insbesondere Entwicklungsperspektiven für exportorientierte Unternehmen. Nicht zuletzt resultieren aber auch beispielsweise wichtige Impulse für Innovationen. In konzeptueller Hinsicht besteht eine enge Verbindung zur Aussenwirtschaftsstrategie, etwa in Bezug auf die konkrete Nutzung von Freihandelsabkommen (FHA) durch die Schweizer Wirtschaft. Ebenfalls besteht eine enge Verbindung zur Innovationsund Wachstumspolitik des Bundesrats.

Die Notwendigkeit und die Chancen der wirtschaftlichen Verflechtung mit dem Ausland sind für die Schweiz mit ihrem kleinen Binnenmarkt evident. Gleichzeitig bestehen für exportorientierte Firmen, insbesondere für KMU, aber auch Exporthemmnisse und Risiken. Dazu gehören Informationsdefizite sowie unzureichende 85 86 87

BBl 2007 7497 BBl 2011 9339 Die 2,0 FTE Sachkreditstellen werden ab 2016 unbefristet in den SECO-Personalkredit überführt. Vgl. Ziff. 6.1.2.

2460

Beziehungsnetze in den Zielmärkten, kulturelle und rechtliche Unwägbarkeiten sowie Risiken in Bezug auf die ausländische Konjunktur oder den Zahlungseingang.

Viele exportorientierte Unternehmen sahen sich in den letzten Jahren zudem einem anhaltendem Preis- und Margendruck ausgesetzt, welcher sich seit der Aufhebung des Euro-Mindestkurses zum Franken zusätzlich stark erhöht hat. Auch änderten sich die (wirtschafts-) politischen Rahmenbedingungen in einzelnen Absatzmärkten teilweise sehr kurzfristig. Wie weiter vorne ausgeführt wurde (vgl. Ziff. 1.1), führten einzelne wirtschaftspolitische Vorlagen in der Schweiz darüber hinaus zu einer Verunsicherung von Exportfirmen beziehungsweise von ausländischen Investoren.

Dies zum Beispiel in Bezug auf den weiterhin ungehinderten Zugang zum europäischen Binnenmarkt oder betreffend die Rekrutierung von Fachkräften aus dem Ausland.

Neben der Vermittlung von konkreten Geschäftsmöglichkeiten dient ein flexibler Einsatz der oben genannten Instrumente insbesondere auch dazu, die Risiken der Auslandsverflechtung von Schweizer Firmen zu verringern und spezifische Unsicherheiten abzubauen: Dies erfolgt primär über die Exportberatung beziehungsweise durch die Förderung der geografischen Diversifikation von Absatzmärkten für KMU, durch die Bereitstellung eines Angebots zur subsidiären Versicherung gegen Exportrisiken sowie durch die gezielte Information von ausländischen Investoren und Entscheidungsträgern.

Basis für ein erfolgreiches Exportgeschäft oder auch für eine nachhaltige Direktinvestition in der Schweiz bleibt die Initiative, Innovationskraft und die Leistung der Unternehmen. Die staatliche Aussenwirtschaftsförderung erfolgt lediglich subsidiär zu den Anstrengungen der Privatwirtschaft und der Kantone. Der Bund subventioniert nicht an und für sich marktfähige Leistungen, sondern nur auf die spezifischen Bedürfnisse der KMU ­ respektive der Kantone im Rahmen der Standortpromotion ­ ausgerichtete Dienstleistungen mit gemeinwirtschaftlichem Charakter, Grundlagenarbeiten und Koordinationsaufgaben. Die öffentlich-rechtliche Exportrisikoversicherung SERV hat die Auflage, eigenwirtschaftlich zu arbeiten. Vergleichbare Instrumente zur Förderung der Aussenwirtschaft sind in OECD-Ländern ebenfalls ein etablierter Bestandteil der Wirtschaftspolitik.

5.2

Exportförderung

5.2.1

Ziele und Aufgaben

Der Exportanteil am Bruttoinlandprodukt (BIP) ist zwischen 2004 und 2013 von 45 auf rund 52 Prozent angewachsen. Die Warenexporte betrugen im 2013 knapp über 200 Mrd. Franken, dazu kamen Dienstleistungsexporte im Wert von rund 85 Mrd.

Franken. Der Aufwand für Internationalisierung, Markterschliessung und -bearbeitung sowie Bewerbung ihrer Produkte übersteigt allerdings vielfach die Möglichkeiten von kleineren und mittleren Exportfirmen. Um im internationalen Wettbewerb bestehen zu können, ist es für sie gleichzeitig unabdingbar, die Risiken in den jeweiligen Exportmärkten genau zu kennen und damit umgehen zu können.

Zur Unterstützung von exportorientierten Schweizer KMU hat der Bund den privaten Verein Switzerland Global Enterprise (S-GE) beauftragt. Auf Grundlage des

2461

Exportförderungsgesetzes vom 6. Oktober 200088 und eines jeweils für vier Jahre festgelegten Leistungsauftrags des SECO bietet die vormalige Osec den Unternehmen Unterstützung bei der Identifikation und Wahrnehmung von Absatzmöglichkeiten im Ausland und bei ihrer internationalen Positionierung als wettbewerbsfähige (Nischen-)Anbieter an. Konkretisiert und umgesetzt werden die Vorgaben des Bundes durch den aus Unternehmerpersönlichkeiten zusammengesetzten Verwaltungsrat von S-GE. Er stellt bedürfnisorientierte und praxisnahe Dienstleistungen sicher, die unter Einbezug geeigneter privater Angebote erbracht werden.

Zum Aufgabenportfolio von S-GE gehören Informations- und Kontaktvermittlung, Marktberatung, die Durchführung von Schweizer Gemeinschaftsauftritten an ausländischen Fachmessen sowie die Koordination mit Dritten. Darüber hinaus vermittelt S-GE in enger Zusammenarbeit mit privaten Fachleuten und Partnern kommerzielle Dienstleistungen. Zu diesem Zweck hat S-GE eine Plattformstrategie entwickelt, die eine enge Abstimmung und Zusammenarbeit mit privaten Drittanbietern beinhaltet. Dabei werden bei der Mandatsabwicklung die geeigneten Handelskammern, privaten Berater und Fachleute einbezogen und Synergien genutzt. Von den über 700 Beratungsmandaten im 2013 wurden zwei Drittel mit externen privaten Fachleuten gemeinsam realisiert.

Bis Ende 2013 erhöhte S-GE seinen Mitgliederbestand auf 2157 Mitgliedfirmen und -organisationen. Der Verein beschäftigte an seinen Standorten in Zürich, Lausanne und Lugano 115 Personen, was rund 102,5 Vollzeitstellen entspricht. Für seine Tätigkeiten stützt sich S-GE insbesondere auch auf ein Netz von 21 Swiss Business Hubs (SBH). Sie ermöglichen es, den Unternehmen in der Schweiz und in den wichtigsten Absatzmärkten direkte Unterstützung «aus einer Hand» zu bieten. Die Kosten für die SBH, die bis auf eine Ausnahme (Wien) alle dem Vertretungsnetz des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA) angeschlossen sind, werden vom EDA jährlich mit derzeit 10,7 Mio. Franken finanziert. Über das Hubnetz hinaus bieten die EDA-Vertretungen weltweit ein Grundangebot an Information und Beratung an. Dabei wird auch auf Informationsmaterial und Ausbildungen von S-GE abgestellt. Landeskommunikationsaktivitäten von Präsenz Schweiz (zum Beispiel an den Olympischen
Sommerspielen 2016 in Brasilien) können auch interessante Plattformen zur Nutzung von Synergien mit der Aussenwirtschaftsförderung bieten.

«Trade4Free»: Mehr Support für KMU in der Nutzung von FHA Für kleine und mittlere Unternehmen mit limitierten personellen Ressourcen ist die Nutzung von FHA zwar wichtig, aber oft mit Unsicherheiten und Vorurteilen verbunden. Damit aber auch KMU die Vorteile dieser Abkommen nutzen können, entwickelt S-GE kontinuierlich neue Instrumente und Tools, die KMU helfen sollen, Kosteneinsparungen zu realisieren. Mit einem Online-Assessment des eigenen Zolleinsparpotentials, aber auch mit FHA-bezogenen Foren, Factsheets, Videos, Booklets sowie wissenschaftlichen Potenzialeinschätzungen bietet S-GE den Unternehmen konkrete Unterstützung an. Das Beispiel eines KMU im Bereich der metallverarbeitenden Industrie ist typisch: als kleine Firma mit nur 10 Mitarbeitenden hat sie sich an den Beratungsgesprächen von S-GE aufzeigen

88

SR 946.14

2462

lassen, dass das neue FHA mit China in den nächsten Jahren Chancen für den Export ihrer Produkte bietet. Der Berater hat ihr dabei erklärt, welche Zolleinsparungen zu erwarten sind und was die Firma konkret unternehmen muss, um sie zu erhalten. Das hat sie letztlich in ihrem Entscheid bestärkt, den Markteintritt nach China zurealisieren.

5.2.2

Wirksamkeit

Die Zahl der von S-GE erbrachten Dienstleistungen ist in den letzten 10 Jahren kontinuierlich gewachsen. Der Exportförderer unterstützte 2013 gut 5000 Schweizer Unternehmen und erbrachte insgesamt über 9000 Informations-, Beratungs- und Messe-Dienstleistungen. S-GE zählt rund 13 000 KMU zu seinen Kunden.

Die Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK) hat 2012 eine Prüfung der ordnungsgemässen und wirtschaftlichen Mittelverwendung durchgeführt. Dabei wurde festgehalten, dass die vom SECO mit S-GE vereinbarten Leistungen professionell und wirtschaftlich erbracht werden. Die empirische Wirkungsmessung ist in der Exportförderung generell schwierig ­ dies weil beispielsweise die Details von Vertragsabschlüssen von den beteiligten Unternehmen aus Konkurrenzgründen nicht bekannt gegeben werden. Um die Wirkung der erbrachten Dienstleistungen für die Exportförderung dennoch so gut wie möglich zu quantifizieren, wurde ein Wirkungsmodell mit der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) Chur erarbeitet. Es soll die Basis für eine systematischere Erhebung bilden. S-GE befragt alle seine Kunden sechs Monate nach Bezug einer Informations-, Beratungs- oder Messe-Dienstleistung. Gemäss ersten internen Auswertungen im Sommer 2014 geben 85 Prozent aller Kunden an, dass die bezogene Dienstleistung Wirkung hatte. Wirkungen dokumentieren darüber hinaus auch die zahlreichen von S-GE veröffentlichten «Success Stories» von KMU.

Gemäss Studien89 sind die generellen Kosteneinsparungen von FHA für die Schweizer Wirtschaft beachtlich, so zum Beispiel mit über einer Milliarde Franken jährlich für das Abkommen vom 22. Juli 197290 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft. Die beiden FHA mit China und den Golfstaaten bergen ein Einsparungspotenzial von mehr als 750 Mio.

Franken pro Jahr, wenn stufenweise alle Regelungen in Kraft getreten sind.91 Auf die konkrete Nutzung von FHA durch KMU ausgerichtete Fördermassnahmen dürften damit per se volkswirtschaftlichen Nutzen stiften, selbst wenn dieser nicht quantifiziert bzw. direkt S-GE zugeordnet werden kann.

89 90 91

Studie S-GE (2014): Effektivität der Schweizer Freihandelsabkommen ­ Evaluierung der FHA-Nutzung durch Schweizer Exporteure 2012­2013. Zürich.

SR 0.632.401 Studien S-GE (2014): Einschätzung des Potenzials des Freihandelsabkommens mit GCC für Schweizer Exporte, Mai 2014; Einschätzung des Potenzials des Freihandelsabkommens mit der Volksrepublik China für Schweizer Exporte, Juni 2014. Zürich.

2463

5.2.3

Internationaler Vergleich

In diversen Ländern hat sich der Trend fortgesetzt, Exportförderung und Standortpromotion unter einem Dach anzusiedeln, wie dies in der Schweiz seit 2008 der Fall ist. In der gemeinsamen Führung, beim Internet-Auftritt und indem beispielsweise bei Mitarbeitenden der SBH die Ausbildung im Bereich der jeweils komplementären Aufgabe gefördert wurde, konnten die Synergien zwischen der Exportförderung und der Standortpromotion gegenüber der Vorperiode weiter verstärkt werden.

Im Bereich der Exportförderung vergleicht sich S-GE regelmässig mit anderen führenden Trade Promotion Organisations (TPO), um seine Prozesse zu optimieren und aktives Benchmarking zu betreiben. 2012 und 2014 wurde S-GE jeweils an der Trade Promotion Organisations` World Conference ausgezeichnet; dies einerseits für das mehrstufige Programm zur Promotion von FHA, andererseits für das private Experten-Netzwerk. Das schweizerische Konzept mit auf Botschaften und Konsulaten angesiedelten SBH in den wichtigsten Zielmärkten, verbunden mit der Kooperation mit privaten Anbietern, erlaubt einen gezielten Ressourceneinsatz. Dieses Konzept wird vor allem von den kleineren Ländern als Best Practice angesehen, weil die Handelsdiplomatie so mit praxisorientierter Wirtschaftskompetenz gestärkt werden kann. Auf der anderen Seite können die vielseitigen Dienste der Botschaften von der Privatwirtschaft optimal genutzt werden.

5.2.4

Schwerpunkte 2016­2019

Die geografische Diversifikation von Absatzmärkten wird für auslandorientierte KMU weiterhin eine wichtige Massnahme darstellen, mit welcher sie sich besser gegen die Auswirkungen von Konjunkturschwankungen in bisherigen Absatzmärkten wappnen und das Wechselkursrisiko senken können. Auch wird die Schweiz zusätzliche FHA abschliessen, zu deren Nutzung die Exporteure erfahrungsgemäss auch auf Beratung von S-GE zurückgreifen. Daher dürfte die Nachfrage nach Dienstleistungen des Exportförderers (vgl. Ziff. 5.2.2) 2016­2019 weiter zunehmen.

Gleiches gilt für die Komplexität der Anfragen: So entspricht es einem ausgewiesenen Bedürfnis der Exportfirmen, inskünftig branchenspezifischere Angebote von S-GE zu erhalten. Dazu wird S-GE ­ in Ergänzung zu bestehenden Angeboten von Branchenverbänden ­ in ausgewählten Bereichen auch seine eigene Branchenkompetenz erhöhen und vertiefen müssen. Neben dem Bereich Nahrungsmittel richtet S-GE den Fokus seit 2013 verstärkt auch auf den Bereich Informations- und Kommunikationstechnologie (ICT) sowie seit 2014 auf «Life Sciences». In Ergänzung zu Branchenschwerpunkten sollen auch im branchenübergreifenden Bereich «Cleantech» bedarfsgerechte Fördermassnahmen sichergestellt werden. Dies soll ebenfalls in Zusammenarbeit mit privaten Anbietern respektive unter Nutzung zweckmässiger Dienstleistungen wie sie die Exportplattform Cleantech Switzerland anbietet erfolgen. Gleichzeitig will der Verein S-GE sein Angebot weiter digitalisieren, womit der Zugang zu den Leistungen für Unternehmer orts- und zeitunabhängig erfolgen kann. Generell bleibt es wichtig, dass S-GE im Rahmen seines Mandats rasch und flexibel auf sich verändernde Bedürfnisse der Exportwirtschaft eingehen kann und neue, innovative Dienstleistungen entwickelt.

2464

Informationsvermittlung / Veranstaltungen Angesichts der heutigen Informationsfülle erwarten die Kunden gemäss S-GE, dass sie verlässliche Informationen in qualifizierter und verdichteter Form erhalten. Diese Informationen müssen stärker auf die Besonderheiten der jeweiligen Branche eingehen. Im Informationsbereich will S-GE in der kommenden Periode die Selektionsprozesse für Informationsdienstleistungen weiter entwickeln. Der Verein wird Wachstumsmärkte und neue FHA noch mehr in den Fokus stellen und Wirtschaftsbranchen proaktiver angehen, welche die Vorteile der FHA noch nicht ausschöpfen.

In Zusammenarbeit mit Partnern sollen die Veranstaltungen von S-GE künftig noch stärker auf Wirtschaftsbranchen mit grossem Internationalisierungspotenzial und mit hohem Kundennutzen ausgerichtet werden (z. B. Nahrungsmittel, ICT, Life Sciences oder MEM).

Beratung Ähnlich wie im Rahmen der Informationsvermittlung sieht S-GE vor, das Beratungsangebot entsprechend der ansteigenden Nachfrage sowie dem Wunsch nach mehr branchenspezifischer und individueller Betreuung auszubauen. Die Beratung von S-GE hat demnach aufwändiger und kundennäher zu erfolgen. Gleichzeitig tragen diesem Bedürfnis etwa kostenfreie digitale Instrumente zur Selbsteinschätzung Rechnung. Einzelbetrieblich beziehungsweise individuell auf die konkreten Bedürfnisse der einzelnen Firmen zugeschnittene Dienstleistungen erfolgen nach der ersten Basisberatung kostenpflichtig. Hier wirkt S-GE im Rahmen der Plattformstrategie (vgl. Ziff. 5.2.1) insbesondere auch als Vermittler zu privaten Anbietern.

Messen Mit den Gemeinschaftsauftritten SWISS Pavilion und Mini SWISS Pavilion wird Schweizer Firmen ein effizienter und wirkungsvoller Auftritt an internationalen Leitmessen unter der Marke «Schweiz» ermöglicht. Weil Messe- und Beratungsdienstleistungen zunehmend enger ineinander greifen, sollen in Zukunft die Synergien weiter verstärkt werden. Um den thematischen und geografischen Trends im internationalen Messegeschäft zu folgen und den Schweizer KMU neue Kontakte und Absatzmöglichkeiten zu ermöglichen, soll das Angebot der Mini SWISS Pavilions erweitert werden. Die Dienstleistungen zur Generierung von qualifizierten Kontakten an solchen Messen werden ausgebaut.

Koordination im Innen- und Aussennetz S-GE koordiniert seine Aktivitäten in der Schweiz
mit Organisationen, welche sich mit ihren Leistungsangeboten ebenfalls an international ausgerichtete Schweizer KMU richten, wie zum Beispiel Branchenverbände, Aussenhandelskammern und kantonale Industrie- und Handelskammern. KMU erhalten dadurch ein abgestimmtes, qualitativ hochstehendes Leistungsangebot, welches über verschiedene Kanäle gesamtschweizerisch verfügbar und branchenspezifisch ausgestaltet ist. Die strukturierte und abgestimmte Zusammenarbeit mit einer Vielzahl involvierter Akteure soll weiter ausgebaut werden. Dazu sollen weiterhin gemeinsame Projekte mit privaten Partnern durchgeführt werden. Gleichzeitig sollen Wissen und Kompetenzen von Partnerorganisationen und von S-GE gegenseitig für die Entwicklung neuer Leistungen und Produkte in der Exportförderung verwendet werden.Die Zusammenarbeit zwischen dem EDA, dem SECO und S-GE betreffend den Einsatz der Schweizer Auslandvertretungen für die Aussenwirtschaftsförderung ist im August 2014 auf 2465

eine neue vertragliche Basis gestellt worden. Aufgrund auch einer Empfehlung der Eidgenössischen Finanzkontrolle (EFK) wurde 2014 eine tripartite Vereinbarung abgeschlossen. Sie ersetzt die bisherigen, bilateralen Verträge und Absprachen. Die gemeinsame Vereinbarung regelt die Zuständigkeiten und die operationelle Zusammenarbeit unter den drei Partnern. Es wurde ein gemeinsames Koordinations- und Entscheidungsgremium geschaffen. In ausgewählten Schwerpunktmärkten werden weiterhin SBH betrieben. Sie sind in das Vertretungsnetz integriert, S-GE trägt jedoch die Fachverantwortung. Der weitere Ausbau des Netzes für die Aussenwirtschaftsförderung soll in relevanten Wachstumsmärkten nach Möglichkeit fortgeführt werden. Dabei sind unter anderem auch Kosten/Nutzen-Überlegungen zu beachten.

Der Ausbau soll deshalb nicht nur durch die Eröffnung von neuen SBH geschehen: Die tripartite Vereinbarung eröffnet in ausgewählten Märkten die Möglichkeit einer Verstärkung der Zusammenarbeit von S-GE mit bestehenden Handelsdiensten von Schweizer Botschaften. Damit die Schweizer Unternehmen im Ausland auf eine einheitliche Qualität der Dienstleistungen zählen können, schult S-GE neben den Mitarbeitenden solcher Handelsdienste weiterhin das Personal der SBH. Darüber hinaus schult S-GE das Personal der Schweizer Botschaften und der Handelskammern auch in denjenigen Ländern, wo S-GE nicht direkt vertreten ist.

Zusatzmassnahmen Im Rahmen seines Finanzierungsantrags beabsichtigt S-GE, Mittel in Höhe von 5,6 Mio. Franken für Massnahmen zur geografischen Risikodiversifikation, zur Erschliessung neuer zukunftsträchtiger Absatzmärkte, zur Stärkung der Flexibilität bei den Beratungs- und Informationsdienstleistungen sowie zur Erweiterung des Messeangebots einzusetzen.

S-GE erwartet in der nächsten Leistungsperiode eine weitere Zunahme der Verunsicherung unter den international tätigen Schweizer Unternehmen. Dies beispielsweise im Zusammenhang mit der Annahme der Masseneinwanderungsinitiative und deren mögliche Folgen für die bilateralen Verträge mit der EU sowie mit dem möglichen Abschluss eines transatlantischen FHA zwischen der EU und den USA (TTIP).

Dadurch könnten sich neue Hindernisse bzw. Wettbewerbsnachteile für Schweizer Exporteure ergeben. S-GE beabsichtigt, den Zugang zu alternativen Märkten mit einer besseren
Margensituation zu fördern. Dazu gehören Länder, in welchen aufgrund des Preisniveaus oder einer wachsenden Nachfrage schweizerische Produkte vermehrt erfolgreich abgesetzt werden können.

Auch wichtig sind Massnahmen zur Öffnung von neuen Absatzmärkten. In jüngster Zeit konnte die Schweiz eine zunehmende Zahl von FHA abschliessen. Aufgrund neuer Analysen und Modellrechnungen ist S-GE bereits heute in der Lage, vor Abschluss eines FHA genauere Angaben zum Zolleinsparungspotenzial für Schweizer Firmen zu machen. Diese Information wird gezielt den Schweizer Exporteuren zur Verfügung gestellt. Die digitale Kommunikation gewinnt eine immer grössere Bedeutung. Die Digitalisierung und der Einsatz neuer Medien hat auch bei den KMU Einzug gehalten. Um auf seine Kunden schneller und zielgenauer eingehen zu können, möchte S-GE den Dialog mit diesen über alle sozialen Medien und digitalen Präsenzen hinweg optimal gestalten und dabei auch neue Kundensegmente ansprechen. Traditionelle Messeauftritte werden heutzutage oft mit einem digitalen Auftritt auf einer Plattform des Messeveranstalters kombiniert. Vor allem KMU haben Mühe, solche digitalen Messeauftritte aus eigener Kraft zu realisieren. Oft bestehen diese digitalen Plattformen zeitlich über die eigentliche Messedauer hinaus. S-GE 2466

wird daher den KMU inskünftig Unterstützung bei der Nutzung dieser digitalen Messeplattformen bieten, um damit gezielter auf potenzielle Einkäufer zu treffen.

5.2.5

Bundesbeschluss über die Finanzierung der Exportförderung für die Jahre 2016­2019 (Vorlage 7)

Für die Exportförderung sind 2012­2015 pro Jahr 21,5 Mio. Franken zur Verfügung gestellt worden.

Gesuch um Finanzhilfe von Switzerland Global Enterprise S-GE geht für die Jahre 2016­2019 von einem jährlichen Mittelbedarf in der Höhe von 22,4 Mio. Franken aus. Dieser Betrag setzt sich wie folgt zusammen: Übersicht 9 Finanzierungsantrag S-GE In Mio. Franken pro Jahr

Finanzierungsbasis zur Weiterführung des bisherigen Leistungsangebotes Informationsmanagement Beratung Messen Netzwerk Kooperation / Koordination mit Dritten Unternehmensleitung (nicht zuweisbare Kosten) MWSt

2012­2015

2016­2019

21,500

21,500 3,781 7,443 3,145 2,318 1,984 1,236 1,593

Realisierung von Zusatzmassnahmen Erschliessung neuer zukunftsträchtiger Absatzmärkte (Risikodiversifikation) Stärkung der Agilität / Flexibilität Erweiterung des Messeangebots auf neue Technologien und Medien

­

Aussennetz: Wegfall der Verrechnung durch das EDA

­

­0,500

21,5

22,492

Total beantragte Mittel pro Jahr

1,400 0,750 0,350 0,300

Im Sinne auch einer administrativen Vereinfachung verzichtet das EDA im Rahmen der tripartiten Vereinbarung EDA/SECO/S-GE (vgl. Ziff. 5.2.4) inskünftig darauf, 92

Inklusive Kosten für Evaluationen und Audits, generelle Aufsichtskosten sowie wirtschaftsdiplomatische Begleitmassnahmen. Dafür waren bisher 0,5 Mio. Franken pro Jahr reserviert ­ neu sollen jährlich maximal 0,4 Mio. Franken dafür eingesetzt werden. Der Betrag wird aus Governance Gründen direkt beim SECO eingestellt.

2467

bei der Exportförderung Kosten für die SBH von jährlich 0,5 Mio. Franken weiter zu verrechnen. Dieser Betrag soll S-GE künftig für konkrete Exportförder-Massnahmen sowie zur Schulung von EDA-Personal in Ländern ohne SBH zur Verfügung stehen.

Stellungnahme des Bundesrates Das konjunkturelle Umfeld dürfte für viele Exportbranchen und -betriebe auf absehbare Zeit schwierig bleiben. Neben dem nach wie vor hoch bewerteten Schweizer Franken wird die Exportwirtschaft mit Unwägbarkeiten konfrontiert bleiben, beispielsweise auch aufgrund der Verschuldungssituation in vielen wichtigen Abnahmeländern. Der Bundesrat ist deshalb überzeugt, dass es weiterhin eine auf die konkreten Bedürfnisse von KMU ausgerichtete Exportförderung braucht. Sie hat weiterhin subsidiär zu erfolgen, private Dienstleistungserbringer im Sinne einer Vermittlungsplattform einzubeziehen, Unsicherheiten zu reduzieren und die diversen Akteure zu koordinieren.

Der Bundesrat anerkennt die wichtige Arbeit von S-GE, welche in der Exportwirtschaft breit abgestützt ist. Er teilt die Ansicht, wonach die Anforderungen an eine wirkungsvolle Exportberatung weiter steigen und Kunden vermehrt Fördermassnahmen nachfragen werden, die branchenspezifisches Knowhow des Exportförderers voraussetzen. Entsprechend sollen für Exportfördermassnahmen 22,4 Mio.

Franken pro Jahr bereitgestellt werden. Damit kann das Dienstleistungsangebot in der Exportförderung auf dem jetzigen sehr guten Stand gehalten, aber zusätzlich zum Zwecke der geografischen Risikodiversifikation soweit nötig ausgeweitet, branchenspezifischer ausgestaltet und weiter digitalisiert werden. Die branchenspezifischere Ausrichtung hat in enger Zusammenarbeit mit entsprechenden Verbänden etc. zu erfolgen und private Dienstleister nicht zu konkurrenzieren.

Mittelfristig erwartet der Bundesrat von S-GE eine generelle Konsolidierung, in Bezug auf das Leistungsangebot wie auch beispielsweise in Bezug auf das Netz von SBH bzw. die geografische Präsenz vor Ort in Schwerpunktmärkten. Im Sinne auch der Subsidiarität ist die Zusammenarbeit mit den Aussenhandelskammern und anderen Partnern in der kommenden Periode nach Möglichkeit weiter zu stärken.

Zudem ist von S-GE aufzuzeigen, wo allenfalls Möglichkeiten bestehen, Dritte auf längere Frist vermehrt zu befähigen, bisher mit staatlicher Förderung
erbrachte Leistungen auf eigenständiger Basis zu erbringen. Eine unabhängige Evaluation soll in der nächsten Periode aufzeigen, wie die zukünftige Exportförderung im übergeordneten Interesse ausgerichtet werden muss und welcher Umfang angezeigt erscheint, damit sie weiterhin die wesentlichsten Bedürfnisse der KMU abdeckt, hohe Wirkung erzielt und ein angemessenes Kosten/Nutzen-Verhältnis aufweist.

Antrag des Bundesrates Mit dieser Botschaft beantragt der Bundesrat dem Parlament, dem SECO für die Exportförderung in den Jahren 2016­2019 einen Zahlungsrahmen von insgesamt 89,6 Mio. Franken zu gewähren.

Rechtliche Aspekte Der Bundesbeschluss über die Finanzierung der Exportförderung für die Jahre 2016­2019 stützt sich auf das Exportförderungsgesetz vom 6. Oktober 2000. Artikel 7 dieses Gesetzes hält fest, dass die Bundesversammlung jeweils für vier Jahre mit einfachem Bundesbeschluss den Höchstbetrag für die Exportförderung nach diesem Gesetz bewilligt.

2468

Gemäss Artikel 3 Absatz 1 des Exportförderungsgesetzes schliesst das zuständige Bundesamt (SECO) einen Leistungsauftrag ab. In diesem werden die Förderleistungen und weitere sachliche Verpflichtungen der beauftragten Organisation sowie die Abgeltung festgelegt. Gleichzeitig wird das heutige, bewährte Steuerungskonzept des Bundes auf die neue Leistungsperiode mit strategischen Zielvorgaben ergänzt.

Diese werden sich auf die Punkte Angebot und Dienstleistungen, Kooperationen, Wirksamkeit und Mitteleinsatz, Governance und Reporting sowie Kommunikation fokussieren.

5.3

Standortpromotion

5.3.1

Ziele und Aufgaben

Der Erfolg eines Wirtschaftsstandortes hängt zunehmend auch von dessen komparativen Standortvorteilen und Struktur ab, also von der räumlichen und sektoralen Konzentration von Produktions- und Dienstleistungsbetrieben sowie innovativen Forschungs- und Entwicklungszentren. In Ergänzung zu den Massnahmen zugunsten der eingesessenen Unternehmen führen die kantonalen und regionalen Wirtschaftsförderungen auf die eigenen Begebenheiten und Bedürfnisse abgestimmte Massnahmen zur Promotion ihres Wirtschaftsstandorts durch. Dies, weil gezielte Ansiedlungen von innovativen und wertschöpfungsintensiven Firmen ­ auch vor dem Hintergrund des permanenten wirtschaftlichen Strukturwandels ­ wichtige Impulse für die regionale Wirtschaftsstruktur liefern und langfristig lohnenswerte Investitionen zur Erhaltung der Innovationskraft und Standortattraktivität sind.

Eine zentrale Organisation kann effizienter, einheitlicher und kohärenter über den Unternehmensstandort Schweiz informieren als wenn jeder Kanton selbständig unterschiedliche Grundlagendokumente sowie Informationen über nationale Standortfaktoren erstellt. Die Marke «Schweiz» und ein offizieller Schweizer Auftritt wirken zudem im Ausland grundsätzlich stärker als Auftritte einzelner Kantone oder Kantonsgruppen. Nicht zuletzt ergibt sich auch aufgrund der Vielzahl von Akteuren ­ und wegen des willkommenen Wettbewerbs zwischen Kantonen und Regionen mit ihren unterschiedlichen Strategien und Bedürfnissen ­ ein bedeutender Koordinations- und Abstimmungsbedarf.

Auf der Basis des Bundesgesetzes vom 5. Oktober 200793 zur Förderung der Information über den Unternehmensstandort Schweiz übernimmt der private Verein S-GE deshalb im Auftrag des Bundes und der Kantone zentrale Grundlagen- und Koordinationsaufgaben. S-GE analysiert die Marktentwicklung und bereitet Informationen über den Wirtschaftsstandort Schweiz auf. Diese werden nebst den Investoren auch den kantonalen und regionalen Wirtschaftsförderern in acht Sprachen zur Verfügung gestellt. Zudem führt S-GE Informationsveranstaltungen durch oder stellt der ausländischen Presse Informationen über den Wirtschaftsstandort Schweiz zur Verfügung. Der Koordination sowie der Steigerung der Kohärenz des Auftritts der Schweiz im Ausland dienen neben der Formulierung einer Marktbearbeitungsstrategie unter anderem auch Aus- und Weiterbildungen. Diese werden für die Standortförderer der Kantone und Regionen sowie für das Personal auf den SBH durch-

93

SR 194.2

2469

geführt und fördern nicht zuletzt auch die gegenseitige Information sowie die Koordination unter den verschiedenen Akteuren.

In Abstimmung mit den Kantonen und dem Bund informiert S-GE in ausgewählten Ländern94 über den Wirtschaftsstandort Schweiz und ergreift gezielte Promotionsmassnahmen. Unter Nutzung der Offizialität des schweizerischen Aussennetzes, welche insbesondere in fernen Märkten zentral ist, werden potentielle Investoren identifiziert. Dies erfolgt mit einem besonderen Fokus auf innovative und wertschöpfungsintensive Unternehmen bzw. auf Unternehmen, mit deren Ansiedlung gezielt Lücken in regionalen Wertschöpfungsketten geschlossen werden können.

S-GE leitet geeignete Vorhaben anschliessend an die Kantone weiter, welche letztlich für die konkrete Ansiedlung verantwortlich zeichnen. Neben S-GE sind einzelne Kantone und Regionen im Ausland auch selber aktiv, zum Teil mit eigenen Repräsentanten vor Ort.

Wie jährliche Umfragen des SECO zeigen, stossen die Leistungen von S-GE bei den Kantonen mehrheitlich auf Anklang. Die grösseren Regionen möchten einen Ausbau der generellen Informationsaktivitäten. Diesem Anspruch, sowie dem generellen Wunsch nach einem stärkeren Fokus auf die Qualität der vermittelten Projekte wurde bereits in der auslaufenden Periode verstärkt Rechnung getragen. Beides bleibt auch künftig eine zentrale Anforderung an S-GE. In der Tendenz dürfte dies zu weniger, aber qualitativ hochwertigeren, durch die nationale Standortpromotion vermittelte Ansiedlungen führen. Erste Hinweise dazu liefern die jährlich durch die Volkswirtschaftsdirektorenkonferenz VDK95 erhobenen Ansiedlungszahlen, deren jüngster Rückgang aber auch von exogenen Faktoren wie beispielsweise dem Wechselkurs beeinflusst sein dürfte.

Die insgesamt positive Einschätzung der nationalen Standortpromotion durch die Kantone und durch Investoren wurde 2014 in einer unabhängigen Evaluation96 bestätigt. Diese ergab, dass der eingeschlagene Weg von einer grossen Mehrheit der Akteure getragen und begrüsst wird. Als positiv wird gemäss den Evaluatoren die gestärkte Rolle des Bundes wahrgenommen, die zu einer verbesserten Abstimmung unter den Kantonen und Regionen sowie zu einem offizielleren und wirksameren Auftritt der Schweizer Standortpromotion im Ausland geführt habe.

Die von der Evaluation geforderte noch
bessere Koordination und Abstimmung zwischen der kantonalen, regionalen und nationalen Standortpromotion wird durch die folgenden Massnahmen unterstützt: Die Steuerungsgruppe Landesmarketing, in welcher die relevanten Akteure Einsitz nehmen, nimmt eine zentrale Koordinationsfunktion wahr und entwickelt Instrumente und Massnahmen zur flexiblen und zugleich effizienten Zusammenarbeit im Gesamtsystem der nationalen Standortpromotion.

94

95

96

Brasilien, China, Deutschland, Frankreich, Grossbritannien, Indien, Italien, Japan, Russland, USA. Das sogenannte Lead Management, bei welchem S-GE den Investor im Ansiedlungsprozess länger begleitet, wird ausschliesslich im Markt Japan betrieben.

Erhebung der Volkswirtschaftsdirektorenkonferenz VDK. Erfasst werden die Ansiedlungen mit wesentlichem Beitrag der öffentlichen Standortpromotion (Bund, Regionen und Kantone).

Infras/IMP-HSG/Eco'Diagnostic (2014): Evaluation Nationale Standortpromotion Schweiz: Schlussbericht. Studie im Auftrag des Staatssekretariats für Wirtschaft SECO.

Bern.

2470

5.3.2

Wirksamkeit

Wie weiter oben gezeigt wurde, erbringt S-GE im Rahmen der nationalen Standortpromotion wichtige Koordinationsleistungen und Grundlagenarbeiten. Dies führt auf Ebene der Kantone und Regionen zu Effizienzgewinnen und Einsparungen. Effizienzgewinne entstehen weiter beispielsweise auch durch die Koordination im Auslandauftritt unter der Marke «Switzerland».

Bei einer Firmenansiedlung entsteht Wertschöpfung durch die direkte Unternehmensleistung. Diese fliesst in Form von Löhnen, Steuern, Zinsen und Dividenden an Mitarbeitende, den Staat und die Kapitalgeber. Im Normalfall verbleibt zudem ein Teil der direkt erzeugten Wertschöpfung als nicht ausgeschütteter Gewinn im Unternehmen und wird beispielsweise benutzt, um Investitionen zu finanzieren. Eine Ansiedlung führt zusätzlich zu indirekter Wertschöpfung über den Bezug von Vorleistungen und Investitionsgütern sowie zu induzierter Wertschöpfung aufgrund der Konsumnachfrage, welche mit dem ausbezahlten Einkommen finanziert wird.

Wie eine Studie97 gezeigt hat, ist der gesamte Wertschöpfungseffekt höher als der unmittelbare wirtschaftliche Impuls durch die Ansiedlung, welcher in der Regel lediglich an der Anzahl neu geschaffener Arbeitsplätze gemessen wird. Potenzielle Zusatzkosten im Infrastrukturbereich sowie mögliche negative Externalitäten (zum Beispiel wegen Lärmemissionen oder zusätzlichem Verkehr) können die positiven Effekte schmälern. Indem sie selektiv vorgehen und auf ihre spezifischen Gegebenheiten abgestimmte Strategien für wertschöpfungsintensive Ansiedlungen verfolgen, stellen die Standortkantone sicher, dass der volkswirtschaftliche Nutzen einer Ansiedlung überwiegt. Eine vom SECO in Auftrag gegebene Studie hat gezeigt, dass die Auswirkungen der Standortpromotion auf die Zuwanderung gering sind98: Die entsprechenden auf Neuansiedlungen von Unternehmen ausgerichteten Aktivitäten von Bund und Kantonen beeinflussen rund 1,9 % der gesamten jährlichen Nettozuwanderung, inkl. Familiennachzug. Ausserdem unterscheidet sich das Rekrutierungsverhalten (Anteile ausländisches vs. inländisches Personal) der neu angesiedelten Unternehmen kaum von demjenigen der bereits ansässigen Firmen. Da die neu angesiedelten Unternehmen meist kleine Unternehmen sind, tragen sie nur zu einem sehr begrenzten Ausmass zur Zuwanderung bei.

Aus Sicht der Standortförderung
ist weiter von Belang, dass Wertschöpfungseffekte einer Ansiedlung in der Regel auch über den Standortkanton hinaus bedeutend sind.

Firmenansiedlungen können die Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit einer Region verbessern: In der Literatur wird darauf hingewiesen, dass Ansiedlungen von international tätigen Firmen die ökonomische Entwicklung einer Region via Knowledge Spillovers ­ d.h. positive externe Effekte im Wissens- bzw. Technologiebereich ­ positiv beeinflussen. Voraussetzung dafür sind eine hohe Produktivität und Innovationskraft der sich ansiedelnden Firmen.

97

98

Hochschule Luzern (2012): Studie zu den kantonalen und ausserkantonalen Auswirkungen von Firmenansiedlungen: Schlussbericht. Studie im Auftrag des Staatssekretariats für Wirtschaft SECO. Bern.

Ecoplan AG, Standortförderung und Zuwanderung: Hintergrundbericht 2013, Studie im Auftrag des SECO, 2013, Bern.

2471

5.3.3

Internationaler Vergleich

Die unabhängige externe Evaluation99 hat die Schweiz mit wichtigen Konkurrenzländern verglichen, die zum Teil ebenfalls föderalistische Strukturen aufweisen. Sie ist zum Schluss gekommen, dass auch diese Länder gewichtige Aktivitäten auf nationaler Ebene ansetzen. Die nationale Organisation wird in den Vergleichsländern zudem oft mit weitergehenden Aufgaben wie beispielsweise der Nachbetreuung der angesiedelten Unternehmen betraut. Dem Einbezug der offiziellen Auslandvertretungen kommt in anderen Ländern ebenfalls grosse Bedeutung zu, insbesondere als erste offizielle Anlaufstellen für Investoren vor Ort in den Herkunftsländern. Des Weiteren ist parallel zur Bearbeitung spezifischer Märkte eine verstärkte Ausrichtung der Aktivitäten auf ausgewählte Branchen festzustellen. Im Sinne einer Konzentration der Kräfte und aus Effizienzüberlegungen wird jeweils gleichzeitig eine länderspezifische Marktfokussierung beibehalten.

Gemäss der erwähnten Evaluation ergeben sich auch Hinweise, wonach potentielle Investoren die schweizerische Standortpromotion als professioneller als die anderer Länder wahrnehmen. Sie wird als kundenorientiert, schnell, flexibel und unbürokratisch beschrieben, wenngleich es bei einzelnen Massnahmen Optimierungspotenzial gibt wie beispielsweise beim Know-How zu branchenspezifischen Unternehmensbedingungen.

5.3.4

Schwerpunkte 2016­2019

Eine Vielzahl von Unternehmen ist weitgehend frei in ihrer Standortwahl. Eine Folge davon ist ein intensiver internationaler Wettbewerb unter den Wirtschaftsstandorten, welcher in den letzten Jahren zugenommen hat. Diese Entwicklung wird durch Veränderungen in einzelnen Standortfaktoren der Schweiz akzentuiert. Tatsächlich mehren sich die Anzeichen, dass Volksabstimmungen mit einem wirtschaftspolitischen Bezug oder Reformprojekte wie die Unternehmenssteuerreform III bei potentiellen Investoren Unsicherheiten wecken. Insgesamt verliert der Standort Schweiz dadurch an Attraktivität für ausländische Firmen. So war bei privaten Beratern das Geschäft mit Neuansiedlungen im Herbst 2014 rückläufig.

Solche Entwicklungen stellen inskünftig noch höhere Anforderungen an die Promotion des Wirtschaftsstandortes und verlangen teilweise neue Massnahmen beziehungsweise mehr Flexibilität in der Leistungserbringung. Entsprechend soll das Leistungsangebot der nationalen Standortpromotion wo nötig ergänzt werden, insbesondere durch den Ausbau gezielter Informationsvermittlung über die Vorteile und Stärken des Wirtschaftsstandortes und die Rahmenbedingungen für unternehmerische Tätigkeiten. Insgesamt legen Bund und Kantone ihren Fokus künftig noch stärker auf die Positionierung der Schweiz als erstklassigen Standort für ausgesuchte, international kompetitive Unternehmen. Die künftige Marktbearbeitung wird noch stärker auf wertschöpfungsintensive und innovative Wirtschaftszweige ausgerichtet. Damit wird noch deutlicher auf Qualität und Nachhaltigkeit anstelle von Quantität gesetzt. Dies soll insbesondere auch mit der intensivierten Ausrichtung der 99

Infras/IMP-HSG/Eco'Diagnostic (2014): Evaluation Nationale Standortpromotion Schweiz: Schlussbericht. Studie im Auftrag des Staatssekretariats für Wirtschaft SECO.

Bern. Verglichen wurden 4 Länder (Deutschland, Frankreich, Grossbritannien, Österreich).

2472

Aktivitäten von S-GE auf Projekte mit starkem Technologiefokus respektive mit einem Schwerpunkt auf Forschungs- und Entwicklungsfunktionen sowie über die Nutzung von Industriebrachen erreicht werden. Ansiedlungsprojekte werden von S-GE noch umfassender auf deren volkswirtschaftliches Potential geprüft, um Rückschlüsse auf die Innovationskraft, die Arbeitsplatzentwicklung und andere zentrale Faktoren zu ermöglichen. Das wird den Aufwand für S-GE für die gezielte Identifikation potentieller Investoren sowie die Bearbeitung der Projekte tendenziell erhöhen, den Kantonen aber aufgrund des höheren Konkretisierungsgrades der entsprechenden Projekte eine effizientere Weiterbearbeitung ermöglichen.

Konkret soll in der Leistungsperiode 2016­2019 im Bereich Informationsvermittlung eine stärkere Einbindung von Vermarktungsinhalten von Kantonen und Regionen (den sogenannten Areas) realisiert werden. Mit einem insgesamt noch investorenfreundlicheren, einheitlicheren Aussenauftritt soll die digitale Reputation des Wirtschaftsstandortes Schweiz gestärkt und dessen positive Wahrnehmung langfristig erhalten und weiter verbessert werden. Die Massnahmen sollen auch dazu beitragen, auf spezifische Fragen einzugehen, welche bei den potentiellen Investoren für Verunsicherung sorgen. Gleichzeitig sollen die nach wie vor ausgezeichneten Standortfaktoren der Schweiz unter den Entscheidungsträgern ausländischer Firmen besser bekannt gemacht werden. Nebst der bisherigen Ausrichtung auf die definierten Zielmärkte wird eine verstärkte Branchenausrichtung angestrebt. Damit sollen fallweise weitere Gelegenheiten aus wertschöpfungsintensiven Wirtschaftszweigen in Ländern mit bereits bestehenden SBH ergriffen werden. Mit der Ausrichtung auf ausgewählte Branchen mit hohem Innovationspotential (primär Life Sciences, ICT, MEM,) einher geht die Erschliessung von neuen Kooperationen mit Branchenverbänden und weiteren massgebenden Akteuren und Instrumenten zum Aufbau von relevantem Knowhow und zur Erschliessung von internationalen Experten-Netzwerken.

Die nationale Standortpromotion nutzt zudem weiterhin Synergien mit der Exportförderung und weiteren Organisationen des Bundes. Soweit von der Trägerschaft gewünscht, kann beispielsweise auch die Vermarktung des nationalen Innovationsparks auf Vorleistungen der nationalen Standortpromotion
aufbauen.

Institutionell soll ­ auch gemäss der Evaluation (vgl. Ziff. 5.3.1) ­ für die Periode 2016­2019 grundsätzlich auf dem bisher Erreichten aufgebaut werden. Die Steuerungsgruppe Landesmarketing mit Vertretern der Kantone/Regionen und des SECO (sowie S-GE, jedoch ohne Stimmrecht) legt weiterhin die wesentlichen Eckpfeiler der Standortpromotion fest und dient als Koordinationsorgan. Gleichzeitig sollen weitere Optimierungen in der Kooperation unter den Akteuren realisiert werden, beispielsweise mit der Ausarbeitung von spezifischen Richtlinien für die Zusammenarbeit der verschiedenen Akteure in den Zielmärkten. Daneben soll eine den wirtschaftlichen und wirtschaftspolitischen Entwicklungen angepasste Weiterentwicklung des Angebotes gemäss den Bedürfnissen der Investoren umgesetzt werden (vgl. Ziff. 5.3.3).

2473

5.3.5

Bundesbeschluss über die Finanzierung der Förderung der Information über den Unternehmensstandort Schweiz für die Jahre 2016­2019 (Vorlage 8)

2012­2015 stellte der Bund jährlich 5,1 Mio. Franken zur Verfügung. Dieser Betrag wurde jährlich mit insgesamt 1,3 Mio. Franken seitens der Kantone ergänzt. Damit standen pro Jahr insgesamt 6,4 Mio. Franken für die nationale Standortpromotion zur Verfügung.

Gesuch um Finanzhilfe von Switzerland Global Enterprise Gleich wie in der Vorperiode beantragt S-GE für die Jahre 2016­2019 für die Standortpromotion jährliche Mittel des Bundes in der Höhe von 5,1 Mio. Franken wie folgt: Übersicht 10 Finanzierungsantrag S-GE In Mio. Franken pro Jahr

Finanzierungsbasis zur Weiterführung des bisherigen Leistungsangebotes Marktbearbeitung Publikationen, Internet Kooperationen / Koordination mit anderen Stellen Unternehmensleitung (nicht zuweisbare Kosten) MWSt

2012­2015

2016­2019

5,100

5,100 3,080 0,459 0,927 0,256 0,378

Antrag für weitere Finanzmittel zur Auslösung von Zusatzmassnahmen Aufbau Branchenfokussierung Ausbau Content Marketing

­

Aussennetz: Wegfall der Verrechnung durch das EDA

­

­1,500

5,100

5,100100

Total beantragte Mittel pro Jahr

1,500 1,250 0,250

Darüber hinaus wird für die kommende Periode von gleichbleibenden Beiträgen der Kantone ausgegangen. Gemäss VDK-Entscheid vom 1. September 2014 scheint dies realistisch, auch wenn die Verhandlungen noch nicht abgeschlossen sind. Wie in der Exportförderung (vgl. Ziff. 5.2.4) verzichtet das EDA inskünftig auch bei der Standortpromotion darauf, Kosten für die SBH weiter zu verrechnen. S-GE beantragt, den entsprechenden Betrag von 1,5 Mio. Franken für Koordinationsaufgaben

100

Inklusive Kosten für Evaluationen und Audits, generelle Aufsichtskosten sowie wirtschaftsdiplomatische Begleitmassnahmen. Dafür werden wie bisher jährlich maximal 0,1 Millionen Franken eingesetzt werden. Der Betrag wird aus Governance Gründen direkt beim SECO eingestellt.

2474

sowie für konkrete Informations- und Promotionsaktivitäten im Rahmen der Standortpromotion zu verwenden.

Stellungnahme des Bundesrates Der Bundesrat anerkennt die Wichtigkeit einer nationalen Standortpromotion. Relative Standortvorteile können in einer schnelllebigen Zeit rasch ändern. Zudem sind nachhaltige Ansiedlungen in der Regel Vorhaben, welche über einen längeren Zeitraum realisiert werden. Angesichts eines starken internationalen Standortwettbewerbs müssen die ­ nach wie vor guten und bedeutsamen ­ Standortvorteile der Schweiz potentiellen Investoren kontinuierlich, glaubwürdig und wirkungsvoll dargelegt werden. Dazu sind unter anderem einheitliche Grundlageninformationen und ein koordinierter Auftritt der Schweiz im Ausland notwendig. Die Klammerbzw. Koordinationsfunktion der nationalen Standortpromotion bleibt daher unverzichtbar. Gleiches gilt für offizielle Anlaufstellen direkt in den wichtigsten Zielmärkten sowie für die übrigen Tätigkeiten, welche im Rahmen der nationalen Standortpromotion bisher ausgeführt wurden. Zur Reduktion von Unsicherheiten bei potentiellen Investoren und zur besseren Ergänzung der eigenen Anstrengungen insbesondere der grossen Metropolitanregionen sind verstärkte zielgruppenspezifische Informationsmassnahmen notwendig. Die gezielte Ansprache von ausgewählten Investoren soll von S-GE inskünftig vermehrt auf besonders vielversprechende Branchen fokussiert werden, um die Qualität der einzelnen Projekte weiter zu steigern. Geografisch ist aus Kosten-/Nutzen-Überlegungen eine angemessene Fokussierung beizubehalten. Der gezielten Verbesserung der Koordination und Zusammenarbeit aller beteiligten Akteure ist weiterhin Aufmerksamkeit zu schenken. Dies gilt auch für die Ausschöpfung des Synergiepotentials mit Organisationen wie Präsenz Schweiz oder Schweiz Tourismus, aber auch beispielsweise mit der Trägerschaft eines nationalen Innovationsparks. Letztere soll für Massnahmen im übergeordneten nationalen Interesse und zwecks einheitlichem Auftritt im Ausland grundsätzlich im Rahmen des neuen Standortpromotions-Mandats Grundleistungen von S-GE beziehen können.

Neben der Schaffung von zusätzlicher Wertschöpfung will der Bund den Kantonen insbesondere ermöglichen, den Strukturwandel gemäss ihren Entwicklungsstrategien und im Rahmen von Art. 121a BV weiterhin auch mittels
wertschöpfungsintensiven Ansiedlungen vorteilhaft zu gestalten. Erfolgreiche Ansiedlungen wirken auch als positives Signal in Bezug auf die Standortperspektiven von bereits ansässigen Firmen. Grundsätzlich ist die nationale Standortpromotion in enger Abstimmung mit den Kantonen in die Richtung weiter zu entwickeln, wie unter anderem auch in der externen Evaluation aufgezeigt worden ist.

Vom jährlichen Beitrag vom 5,1 Mio. Franken, welchen der Bund im Rahmen der Botschaft «Standortförderung 2012­2015» zugunsten der nationalen Standortpromotion beigesteuert hat, standen S-GE rund 3,6 Mio. Franken für konkrete Massnahmen und Projekte zur Verfügung. 1,5 Mio. Franken wurden für die Kosten der SBH in den Zielmärkten aufgewendet. Wie oben ausgeführt, werden diese Kosten vom EDA nun nicht mehr weiter verrechnet (vgl. Ziff. 5.2.4 und 5.2.5). Gemäss Antrag des Vereins S-GE sollen ihm diese Mittel in der nächsten Periode vollständig für zusätzliche Massnahmen zur Verfügung stehen.

Der Bundesrat anerkennt die Notwendigkeit von zusätzlichen Massnahmen zur Information über den Wirtschaftsstandort Schweiz bzw. für dessen Bewerbung. Er ist aber gleichzeitig der Meinung, dass die reale Mittelerhöhung, welche sich durch 2475

den Verrechnungsverzicht des EDA ergibt, nicht im beantragten Ausmass erfolgen soll. Eine Steigerung von jährlich 0,5 Mio. Franken erscheint angemessen. Dies nicht zuletzt, da bereits in der auslaufenden Periode wesentliche Schritte zur Verstärkung der Informationsmassnahmen und zur Qualitätsverbesserung der Projekte eingeleitet wurden. Zudem gilt es, auf die Kapazitäten der Kantone für Anschlussmassnahmen angemessen Rücksicht zu nehmen.

Entsprechend sollen in den Jahren 2016­2019 für die nationale Standortpromotion Mittel von 4,1 Mio. Franken pro Jahr vorgesehen werden. Der Bundesrat geht dabei davon aus, dass die Kantone weiterhin im bisherigen Umfang zu dieser gemeinsamen Aufgabe beitragen, das heisst ihrerseits insgesamt rund 1,3 Mio. Franken pro Jahr aufbringen.

Antrag des Bundesrates Mit dieser Botschaft beantragt der Bundesrat dem Parlament, dem WBF/SECO für die Förderung der Information über den Unternehmensstandort Schweiz (Standortpromotion) in den Jahren 2016­2019 einen Zahlungsrahmen von insgesamt 16,4 Mio. Franken zu gewähren.

Rechtliche Aspekte Der Bundesbeschluss über die Finanzierung der Förderung der Information über den Unternehmensstandort Schweiz für die Jahre 2016­2019 stützt sich auf das Bundesgesetz vom 5. Oktober 2007101 zur Förderung der Information über den Unternehmensstandort Schweiz. Artikel 7 des Bundesgesetzes hält fest, dass die Bundesversammlung jeweils für vier Jahre mit einfachem Bundesbeschluss den Höchstbetrag für die Förderung der Information über den Unternehmensstandort Schweiz nach diesem Gesetz bewilligt.

Gemäss Artikel 3 Absatz 1 des Bundesgesetzes zur Förderung der Information über den Unternehmensstandort Schweiz schliesst das WBF/SECO einen Leistungsauftrag ab, in welchem die Dienstleistungen im Bereich der Standortpromotion und weitere sachliche Verpflichtungen sowie die Abgeltung der Beauftragten festgelegt werden. Dieser Leistungsauftrag wird vom SECO mit den Kantonen abgestimmt, welche ihrerseits eine jeweils identische Vereinbarung mit S-GE unterzeichnen.

5.4

Exportrisikoversicherung

5.4.1

Ziele und Aufgaben

Die Schweizerische Exportrisikoversicherung (SERV), eine öffentlich-rechtliche Anstalt des Bundes, bildet seit 2007 die Nachfolgeorganisation der Exportrisikogarantie (ERG). Die Ziele der SERV sind die Erhaltung und Schaffung von Arbeitsplätzen sowie die Förderung des Wirtschaftsstandortes Schweiz durch die Erleichterung der Teilnahme der Schweizer Exportwirtschaft am internationalen Wettbewerb.

Die SERV bietet Versicherungslösungen für Exporteure und Finanzierungsinstitute an und erleichtert damit den Schweizer Exporteuren die Übernahme von Auslandaufträgen, bei denen der Zahlungseingang aufgrund politisch und wirtschaftlich unsicherer Verhältnisse gefährdet ist. Sie ergänzt damit insbesondere die Bestrebun101

SR 194.2

2476

gen im Rahmen der Exportförderung (vgl. Ziff. 5.2.1), die ebenfalls auf die Wahrnehmung von Absatzmöglichkeiten im Ausland ausgerichtet sind.

Die SERV hat die Auflage, für ihre Leistungen angemessene Prämien zu erheben und eigenwirtschaftlich zu arbeiten. Sie erfüllt dies seit ihrer Ausgestaltung als öffentlich-rechtliche Anstalt des Bundes im Jahr 2007 vollumfänglich. In der vorliegenden Botschaft geht es daher nicht um einen Finanzierungsantrag. Die Erwähnung der SERV dient hier lediglich der vollständigen Übersicht über die Förderungsinstrumente des Bundes.

Damit sichergestellt werden kann, dass die SERV die Exportanstrengungen der schweizerischen Unternehmen auch in Zukunft wirkungsvoll unterstützen kann, hat der Bundesrat dem Parlament am 21. Mai 2014102 eine Botschaft zur Änderung des Bundesgesetzes über die Schweizerische Exportrisikoversicherung (Exportriskoversicherungsgesetz) überwiesen. Der Nationalrat genehmigte das Geschäft in der Herbst-, der Ständerat in der Wintersession 2014. Damit wird das Deckungsangebot der SERV dauerhaft mit drei Produkten ergänzt, sodass die SERV Leistungen erbringen kann, die mit denjenigen der staatlichen Exportkreditagenturen von Konkurrenzländern weiterhin wettbewerbsfähig sind. Schweizer Unternehmen sollen ihre Exportgeschäfte zu vergleichbaren Bedingungen wie ausländische Mitbewerber finanzieren und absichern können. Die Massnahmen werden vor allem kleinen und mittleren Unternehmen zugutekommen. Um rechtzeitig Planungssicherheit für die Exporteure zu schaffen und dem Parlament eine eingehende Diskussion zu ermöglichen, hatte der Bundesrat entschieden, diese Gesetzesrevision bereits vor der Sammelbotschaft Standortförderung vorzulegen.

6

Auswirkungen der beantragten Bundesbeschlüsse

Mit dieser Botschaft werden dem Parlament sechs Finanzierungsbeschlüsse für verschiedene Instrumente der Standortförderung des Bundes für die Jahre 2016­ 2019 und ein Bundesbeschluss über weitere Einlagen in den Fonds für Regionalentwicklung für die Jahre 2016­2023 unterbreitet. Zudem wird ein Beschluss zur Festlegung des Mehrjahresprogramms des Bundes 2016­2023 zur Umsetzung der Neuen Regionalpolitik beantragt. Diese Bundesbeschlüsse wirken sich nicht regulierend und normsetzend aus. Sie stützen sich auf bestehende Gesetze.

6.1

Auswirkungen auf den Bund

6.1.1

Finanzielle Auswirkungen

Im Rahmen dieser Botschaft beantragt der Bundesrat dem Parlament für 2016­2019 einen Zahlungsrahmen von insgesamt 374,2 Mio. Franken. Zudem beantragt er für 2016­2023 Einlagen in den Fonds für Regionalentwicklung in der Höhe von 230 Mio. Franken.

102

BBl 2014 4057

2477

Übersicht 11 2016­2019 Antrag

2012­2015 Bundesbeschlüsse

2016­2019 Finanzplan 20.08.2014

Differenz Antrag/ Bundesbeschlüsse

Differenz Antrag/ Finanzplan

E-Government1 Innotour2 Schweiz Tourismus3 Exportförderung4 Standortpromotion5

17,7 30,0 220,5 89,6 16,4

9,9 19,3 210,0 82,0 14,4

10,4 20,9 220,5 88,3 21,5

7,8 10,7 10,5 7,6 2,0

7,3 9,1 0,0 1,3 ­5,1

Total

374,2

335,6

361,6

38,6

12,6

2016­2023 Antrag

2008­2015 Bundesbeschluss

2016­2023 Finanzplan 20.08.2014

Differenz Antrag/ Bundesbeschluss

Differenz Antrag/ Finanzplan

230,0

227,1

227,1

2,9

2,9

In Mio. Fr.

In Mio. Fr.

Neue Regionalpolitik6 1 2 3 4 5 6

BB 2012­2015 ohne Mittel im Umfang von 4,5 FTE bzw. 3,24 Mio. Fr. (ab 2016 im Personalkredit des SECO ausgewiesen. 1 FTE entspricht Fr. 180'000 p. a.).

BB 2012­2015 ohne Mittel im Umfang von 1.0 FTE bzw. 0,72 Mio. Fr. (ab 2016 im Personalkredit des SECO ausgewiesen. 1 FTE entspricht Fr. 180 000 p. a.).

BB 2012­2015 ohne 12 Mio. Fr. für das Impulsprogramm für den Schweizer Tourismus 2012/13.

Ab 2016 verzichtet das EDA auf die Weiterverrechnung der Hub-Kosten im Umfang von 2 Mio. Fr.; diese sind im BB 2012­2015 herausgerechnet.

Ab 2016 verzichtet das EDA auf die Weiterverrechnung der Hub-Kosten im Unfang von 6 Mio. Fr.; diese sind im BB 2012­2015 herausgerechnet.

BB 2008­2015 ohne Mittel im Umfang von 2,0 FTE bzw. 2,88 Mio. Fr. (ab 2016 im Personalkredit des SECO ausgewiesen. 1 FTE entspricht Fr. 180 000 p. a.).

Zu Übersicht 11 sind die folgenden Bemerkungen zu berücksichtigen: ­

In den 2016­2019 beantragten Mitteln für das E-Government, für Innotour sowie für die Neue Regionalpolitik sind keine Sachkreditstellen mehr enthalten. Diese werden ab 2016 auf den Personalkredit des SECO überführt (vgl.

Ziff. 6.1.2). Um den Vergleich mit dem Zahlungsrahmen 2012­2015 verzerrungsfrei darzustellen, wurden die entsprechenden Personalkosten aus den Bundesbeschlüssen 2012­2015 herausgerechnet.

­

Die für die Exportförderung und die Standortpromotion 2016­2019 beantragten Mittel enthalten keine Hubkosten, da diese durch das EDA nicht mehr weiterverrechnet werden (vgl. die Ziff. 5.2.5 und 5.3.5). Um den Vergleich mit dem Zahlungsrahmen 2012­2015 verzerrungsfrei darzustellen, wurden die Hubkosten aus den Bundesbeschlüssen 2012­2015 für die Exportförderung (2 Mio. Fr.) und für die Standortpromotion (6 Mio. Fr.)

herausgerechnet.

2478

6.1.2

Personelle Auswirkungen

Mit den Bundesbeschlüssen im Rahmen der Botschaft über die Standortförderung 2012­2015 bewilligte das Parlament die befristete Finanzierung von insgesamt 750 Stellenprozenten über die folgenden Sachkredite: Übersicht 12 Aufgabenbereich

Bewilligte Sachkreditstellen 2012­2015

Vergleich: Sachkreditstellen 2008­2011

Bundesbeschluss über die Finanzierung der E-Government-Aktivitäten für kleine und mittelgrosse Unternehmen 2012­2015

450 %

450 %

Bundesbeschluss über die Finanzierung der Förderung von Innovation, Zusammenarbeit und Wissensaufbau im Tourismus 2012­2015

100 %

100 %

Bundesbeschluss über weitere Einlagen in den Fonds für Regionalentwicklung

200 %

200 %

Total Direktion für Standortförderung SECO

750 %

750 %

Die vergangenen Perioden haben gezeigt, dass die Standortförderung ihre Aufgaben auch künftig nur erfüllen kann, wenn diese Personalkapazitäten weiterhin zur Verfügung stehen. Daher sollen die dafür nötigen Mittel dauerhaft gesprochen und in den Personalkredit überführt werden. Dadurch stehen künftig leicht höhere Mittel im Subventionskredit zur Verfügung. Die Überführung der 7,5 Stellen in den Personalkredit steht auch im Einklang mit der geplanten Einführung des neuen Führungsmodells für die Bundesverwaltung.

Die für die Initiierung, Umsetzung und Evaluation des Tourismus-Impulsprogramms 2016­2019 nötigen personellen Ressourcen (vgl. Ziff. 3.2.5) werden WBF-intern aufgefangen.

6.2

Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden sowie auf urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete

Gemäss Artikel 16 des Bundesgesetzes über Regionalpolitik haben sich die Kantone an der Realisierung ihrer Umsetzungsprogramme mindestens im gleichen Ausmass finanziell zu beteiligen wie der Bund. Die mit dieser Botschaft beantragten finanziellen Leistungsvorgaben aus dem Fonds für Regionalentwicklung bleiben für das Mehrjahresprogramm 2016­2023 unverändert gegenüber 2008­2015. Hingegen stehen mit dem Tourismus-Impulsprogramm 2016­2019 insgesamt zusätzlich 200 Mio. Franken aus dem Fonds für Regionalentwicklung für Tourismusinitiativen zur Verfügung, die grossmehrheitlich (mind. 150 Mio. Franken) in rückzahlbare Darlehen fliessen sollen.

2479

In personeller Hinsicht stellt die Umsetzung der NRP 2016­2023 an die Vollzugsorgane der Kantone keine anderen Anforderungen als bisher. Die finanziellen und personellen Auswirkungen auf die Gemeinden hängen von kantonalen Bestimmungen ab.

Die übrigen Beschlüsse, die im Rahmen dieser Botschaft vorgelegt werden, haben für Kantone und Gemeinden keine direkten finanziellen und personellen Auswirkungen. Auf die besondere Situation der urbanen Zentren und Agglomerationen einerseits sowie der Berggebiete andererseits haben sie keine über die primären Zielsetzungen der Vorlagen hinausgehenden Konsequenzen.

6.3

Zusammenarbeit zwischen Bund und Kantonen

Die Massnahmen und Instrumente dieser Botschaft verlangen Abstimmungen zwischen Bund und Kantonen. Die Standortförderung ist eine Verbundaufgabe aller föderalen Stufen. Eine erfolgreiche Standortförderung kann nicht durch den Bund verordnet werden, sondern setzt eine enge Abstimmung mit der Wirtschafts- und Standortförderung der Kantone voraus.

Ein Teil der Instrumente der Standortförderung des Bundes ­ Exportförderung, Exportrisikoversicherung, gewerbeorientiertes Bürgschaftswesen, E-Government ­ sind gewissermassen raumneutral und damit gesamtschweizerisch angelegt. Alle Kantone profitieren im gleichen Ausmass von den Anstrengungen des Bundes in diesen Bereichen. Ein spezieller Abstimmungsbedarf zwischen Bund und Kantonen hat sich bisher nicht ergeben und wird sich bei diesen Instrumenten auch in Zukunft nicht aufdrängen. In den Bereichen E-Government oder administrative Entlastung erfolgt wo notwendig eine bedarfsgerechte Zusammenarbeit.

Ein hoher Abstimmungsbedarf zwischen Bund und Kantonen besteht demgegenüber im Bereich der Standortpromotion, der Tourismuspolitik und der Regionalpolitik.

Die Standortpromotion wird von der «Steuerungsgruppe Landesmarketing» koordiniert, die durch ein Mitglied der VDK präsidiert wird. Bei Innotour werden die betroffenen Kantone vor dem Entscheid über Finanzhilfen angehört. Schweiz Tourismus arbeitet eng mit den kantonalen, regionalen und örtlichen Tourismusorganisationen zusammen. Im Bereich der Regionalpolitik erfolgt die Zusammenarbeit und Abstimmung mit den Kantonen bilateral über das Instrument der Programmvereinbarung und multilateral mit der Konferenz der kantonalen Fachstellen für Regionalpolitik. Diese Konferenz wurde von der VDK mandatiert, die Umsetzung und Weiterentwicklung der NRP mit dem Bund abzustimmen.

Wichtige Bereiche der Standortförderung des Bundes werden über marktnahe Drittorganisationen umgesetzt, die über Vereinbarungen geführt werden (zum Beispiel S-GE für die Exportförderung und die Standortpromotion oder Schweiz Tourismus für das touristische Landesmarketing). Diese Organisationen werden über die Vereinbarungen angehalten, die Koordination mit leistungsfähigen und kooperationswilligen Partnern auf (halb-) staatlicher und/oder auf privater Ebene sicherzustellen.

Die Koordination zwischen Bund und Kantonen ist in der Standortförderung
insgesamt gut, wenn auch selbstverständlich verbesserungsfähig. In diesem Zusammenhang prüfen beispielsweise das SECO und die VDK die Etablierung einer Standortförderkonferenz, die Akteure aus verschiedenen Handlungsfeldern der Standortförderung zusammenbringen würde. Diesbezüglich gut etabliert ist die 2480

Kooperation in der Tourismuspolitik und in der NRP. Obwohl die Kantone bei den Ansiedlungen letztlich Konkurrenten sind und dies auch hohen Koordinationsbedarf für S-GE mit sich bringt, hat sich die Zusammenarbeit im Gesamtsystem der nationalen Standortpromotion in den letzten Jahren positiv entwickelt, wie dies auch von unabhängiger Seite bestätigt wird.103

6.4

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

Die Standortförderung des Bundes hat zum Ziel, die Wettbewerbsfähigkeit der KMU-geprägten Volkswirtschaft langfristig zu erhalten und zu steigern. Ihre Instrumente tragen zu einem nachhaltigen Wirtschaftswachstum bei, das auf Innovation und höherer Produktivität beruht sowie bestehende Potenziale besser nutzt (Infrastrukturen, Arbeitskräfte, Netzwerke, usw.). Die Standortförderung unterstützt Unternehmen in der Schweiz, insbesondere im Bereich der Exportwirtschaft und des Tourismus, zudem bei der Anpassung an die durch die Aufhebung des EuroMindestkurses veränderten Rahmenbedingungen. Die nachfolgenden Beispiele sollen darlegen, wie die Instrumente der Standortförderung zu den angestrebten Zielen beitragen. Die administrative Entlastung und das E-Government tragen zu einem zielgerichteten Einsatz der Ressourcen und damit zu einer höheren Arbeitsproduktivität in KMU bei. Das tourismuspolitische Impulsprogramm schafft Anreize für eine Erneuerung und bessere Inwertsetzung bestehender Angebote, Infrastrukturen und Netzwerke und erzeugt damit Effizienzsteigerungen. Innotour stärkt die Innovation im Schweizer Tourismus und trägt über das Fördern von Kooperationen und Wissen ebenfalls zu einer höheren Produktivität bei. Schweiz Tourismus steigert die touristische Nachfrage und führt damit zu einer besseren Auslastung des touristischen Angebots. Mit ihrer Finanzierungs- und Beratungstätigkeit zielt die SGH darauf ab, bestehende Hotels zu erneuern und damit besser in Wert zu setzen sowie Kooperationen in der Beherbergungswirtschaft zu stärken. Die NRP fördert innovative Projekte und strebt eine erhöhte Wertschöpfung in den Regionen an. Die priorisiert zu fördernden Innovationssysteme in den Regionen verstärken die Dynamik der wirtschaftlichen Erneuerung und intensivieren bestehende Kooperationen und Netzwerke. Dank arbeitsmarktlichen Potenzialanalysen, Veranstaltungen, dem Aufbau von Netzwerken respektive der Konzipierung oder Implementierung von praxisnahen Ausbildungsangeboten kann die NRP weiter Voraussetzungen für eine effizientere Nutzung des einheimischen Arbeitskräftepotenzials schaffen. Die Exportförderung stärkt die Exportkapazitäten und die internationale Wettbewerbsfähigkeit der KMU. Durch die spezielle Förderung des Exports von Produkten und Dienstleistungen aus den Bereichen, Medtech, Health,
ICT und Architektur/Design trägt sie zu hochproduktiven Arbeitsplätzen mit starker Wertschöpfung bei. Dank der Integration der KMU in internationale Wertschöpfungsketten und die frühzeitige Sicherung ihrer Präsenz in neuen, wichtigen Wachstumsmärkten unterstützt die Exportförderung das qualitative Wachstum der Volkswirtschaft. Die Standortpromotion trägt mit ihrer qualitäts- und branchenorientierten Ausrichtung zur Ansiedlung wertschöpfungsstarker Unternehmen bei.

103

Infras/IMP-HSG/Eco'Diagnostic (2014): Evaluation nationale Standortpromotion Schweiz. Studie im Auftrag des Staatssekretariats für Wirtschaft SECO. Bern.

2481

6.5

Auswirkungen auf die Gesellschaft

Die Standortförderung leistet einen Beitrag zur Erhaltung und Schaffung von Arbeitsplätzen. Einzelne Instrumente sind explizit auf die ländlichen Räume ausgerichtet und tragen so dazu bei, regionale Entwicklungsperspektiven zu verbessern und Disparitäten zu verringern. So hat die NRP zum Ziel, die Wettbewerbsfähigkeit und Wertschöpfung speziell in ländlichen Räumen, im Berggebiet sowie in den Grenzregionen zu steigern. Sie trachtet zudem danach, dass die ländlichen Räume die von den urbanen Zentren, den Motoren der Volkswirtschaft ausgehenden Entwicklungsimpulse besser absorbieren können. Mit den Steuererleichterungen im Rahmen der NRP, deren Einsatzgebiet sich auf strukturschwache Räume konzentriert, sowie dem Bürgschaftswesen, das im ländlichen Raum speziell verankert ist, wird die Wettbewerbsfähigkeit strukturschwacher Räume gezielt gestärkt und damit ein Beitrag gegen die Abwanderung geleistet. Die Tourismusförderung setzt genau bei demjenigen Wirtschaftszweig an, dem im ländlichen Raum und im Berggebiet häufig eine Rückgratfunktion zukommt. Mit ihren Instrumenten Innotour, SGH und touristische Landeswerbung trägt sie dazu bei, die vorhandenen Potenziale besser zu nutzen und verhilft den Regionen dadurch zu vielversprechenderen Entwicklungsperspektiven.

6.6

Auswirkungen auf die Umwelt

Die Instrumente der Standortförderung sind auf die Nachhaltigkeitsdimension «Wirtschaftliche Leistungsfähigkeit» ausgerichtet. Negative Auswirkungen auf die Dimension Umwelt sind soweit wie möglich zu vermeiden. Die Standortförderung leistet nach Einschätzung des Bundesrats einerseits einen positiven Beitrag an die Umwelt, indem sie ein Wirtschaftswachstum anstrebt, welches auf Innovation und höherer Produktivität sowie auf dem Nutzen vorhandener Potenziale basiert und mittels innovativer Projekte zur verbesserten Ressourceneffizienz beiträgt.

Anderseits birgt die Standortförderung Risiken für die Umwelt und hier vorab für Natur- und Landschaftswerte, insbesondere im Bereich wertschöpfungsorientierter Infrastrukturen, die mit der NRP gefördert werden. Um Zielkonflikte zu minimieren, ist die Beurteilung der Nachhaltigkeit von Programmen und Projekten von Bedeutung. In der Regionalpolitik und der Tourismuspolitik sind die Grundsätze der nachhaltigen Entwicklung als Querschnittthema von Grund auf integriert. Sie dienen als wertvolle Leitlinien und Orientierungshilfe für den Einsatz der Fördermassnahmen. Bei den Infrastrukturprojekten kommt das ordentliche planungs- und umweltrechtliche Instrumentarium zum Einsatz, das in Interessenabwägungsprozessen unter öffentlicher Mitwirkung die Umwelt- und Sozialverträglichkeit von Projekten überprüft (Richt- und Nutzungsplanungen, Plangenehmigungs- und Konzessionsverfahren, Umweltverträglichkeitsprüfungen, Baubewilligungen).

6.7

Auswirkungen auf die Zuwanderung

Der Bundesrat hatte das Staatssekretariat für Wirtschaft SECO im Oktober 2011 beauftragt, die Auswirkungen der Standortförderung auf die Zuwanderung zu untersuchen. Eine im Dezember 2013 veröffentlichte Studie von unabhängigen Expertin-

2482

nen und Experten104 analysierte die Wirkungszusammenhänge zwischen der Standortpromotion, den Steuererleichterungen im Rahmen der Regionalpolitik und der Förderung der Beherbergungswirtschaft auf der einen Seite sowie der Zuwanderung auf der andern Seite. Es handelt sich hierbei um die drei Massnahmen, bei denen am ehesten eine Wirkung auf die Zuwanderung vermutet wird. Zu berücksichtigen ist, dass die Standortförderung lediglich ein Element der Standortpolitik des Bundes darstellt. Die Standortpolitik umfasst sämtliche Massnahmen von Bund und Kantonen, die auf die Unternehmen wirken. Nebst der Standortförderung betreiben Bund und Kantone Standortpolitik über Steuern, Infrastruktur, Bildung, Forschung, Arbeitsmarkt und weitere Rahmenbedingungen (vgl. Ziff. 1.6). Die Standortattraktivität der Schweiz als möglicher Treiber der Zuwanderung ergibt sich als Wirkung einerseits aus der Gesamtheit dieser Politikbereiche, anderseits aus exogenen Einflüssen wie Weltwirtschaft oder Konjunktur.

Die Ecoplan-Studie kommt zum Schluss, dass die Standortförderung des Bundes zwar zur Zuwanderung beiträgt, indem sie neue und bestehende Unternehmen stärkt.

Der Beitrag zur Zuwanderung ist aber vorwiegend darauf ausgerichtet, strukturschwache oder ländliche Regionen zu stärken. Über die drei untersuchten Instrumente ­ einschliesslich der damit zusammenhängenden Anstrengungen der Kantone, Regionen und Gemeinden ­ wurden in den letzten fünf Jahren durchschnittlich rund 600 Unternehmen pro Jahr gefördert, die rund 3600 Arbeitsplätze pro Jahr schufen.

Der Zuwanderungseffekt lässt sich auf jährlich rund 2000 Beschäftigte beziffern, mit Familiennachzug auf rund 3200 Personen. Gemessen an der Nettozuwanderung in die Schweiz macht dies rund vier Prozent aus.

Von besonderer Bedeutung ist die räumliche Verteilung der Zuwanderung. Vom Zuwanderungseffekt entfallen rund drei Viertel auf ländliche oder strukturschwache Gebiete abseits der Ballungszentren. Dies ergibt sich aus der gezielten räumlichen Lenkung der Regionalpolitik und der Förderung der Beherbergungswirtschaft, die auf diese Gebiete beschränkt sind. Die Standortpromotion wirkt zwar gesamtschweizerisch, aber auch hier liegt ein substanzieller Teil der beeinflussten Arbeitsplätze ausserhalb der Ballungszentren. Weiter kommt die Studie zum Schluss, dass geförderte
Unternehmen ihr Personal nicht wesentlich stärker im Ausland rekrutieren als nicht geförderte oder bereits ansässige Unternehmen.

In seinem Umsetzungskonzept vom Juni 2014105 zur Steuerung der Zuwanderung im Nachgang zur Annahme der Masseneinwanderungsinitiative hatte der Bundesrat in Aussicht gestellt, seine bisherige Wirtschafts- und Standortförderung zu überdenken.

Mit den in dieser Botschaft beschriebenen Schwerpunkten 2016­2019 trägt er der Umsetzung der neuen Verfassungsbestimmungen zur Zuwanderung Rechnung.

Insgesamt strebt die Standortförderung ein auf Innovation und höherer Produktivität basierendes Wachstum an, das vorhandene Potenziale (Infrastruktur, Arbeitskräfte, Netzwerke etc.) besser nutzt sowie regionale Entwicklungsperspektiven schafft.

Dabei berücksichtigt sie die Grundsätze der nachhaltigen Entwicklung.

In der Standortpromotion erfolgt die Suche nach potenziellen Investoren in Zukunft noch selektiver mit einem besonderen Fokus auf innovative und wertschöpfungsintensive Unternehmen bzw. auf Unternehmen, mit deren Ansiedlung gezielt Lücken in regionalen Wertschöpfungsketten geschlossen werden können. Damit wird ver104

Ecoplan (2013), Standortförderung und Zuwanderung, Studie im Auftrag des Staatssekretariats für Wirtschaft, Bern.

105 Bundesrat (2014), Art. 121a BV, Steuerung der Zuwanderung, Umsetzungskonzept, Bern.

2483

mehrt auf Qualität und Nachhaltigkeit anstelle von Quantität gesetzt. Die via Bund geförderten Ansiedlungen dürften dadurch in der Qualität weiter zunehmen, in der Zahl aber weiter zurückgehen. Erste Hinweise liefern die jährlich durch die Volkswirtschaftsdirektorenkonferenz (VDK) erhobenen Ansiedlungszahlen, deren jüngster Rückgang auch auf die entsprechende Qualitätsstrategie zurückgeführt werden kann. Die nationale Standortpromotion nimmt zudem eine wichtige Koordinationsaufgabe für die Kantone und die interkantonalen Promotionsorganisationen wahr, was zu Effizienzgewinnen und Einsparungen bei Kantonen und Regionen führt.

Der Bundesrat hat im Rahmen der Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative auch das Instrument der Steuererleichterungen überdacht. Gestützt auf die Evaluationsergebnisse, die Haltung der VDK, unter Berücksichtigung der europapolitischen Dimension und in Kenntnis des globalen Standortwettbewerbs hat er eine Reform der Steuererleichterungen eingeleitet. Auf diese Weise sollen die Vorteile des Instruments für die strukturschwachen Regionen gewahrt und die Zuwanderungseffekte eingedämmt werden. In der Neuen Regionalpolitik ist die Unterstützung von Projekten zur Umsetzung der Fachkräfteinitiative möglich.

Der internationale Standortwettbewerb verstärkt sich weiterhin, und die Internationalisierung ist ein wichtiger Faktor für die Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit der Schweizer Wirtschaft. Aufgrund der zunehmenden Unsicherheiten betreffend die Qualität des Wirtschaftsstandorts Schweiz rechnet der Bundesrat in Zukunft mit einem Rückgang der Neuansiedlungen von Unternehmen und damit der Schaffung von neuen Arbeitsplätzen. Als umso wichtiger erachtet er es, die Instrumente der Standortförderung zu optimieren und damit Einfluss auf Art und Lenkung der Zuwanderung zu wahren. In seiner Abwägung zwischen den positiven Auswirkungen der Standortförderung auf die Wettbewerbsfähigkeit der Volkswirtschaft und ihren Effekten auf die Zuwanderung kommt der Bundesrat deshalb zum Schluss, dass die bewährten, für den Wirtschaftsstandort bedeutenden und gemeinsam von Bund und Kantonen getragenen Instrumente nicht zur Disposition zu stellen sind.

Hingegen soll die Standortförderung verstärkt die angestrebte Qualitätsstrategie umsetzen. Zur Beobachtung der Zuwanderungseffekte, die durch die Instrumente der Standortförderung des Bundes ausgelöst werden, richtet das SECO ein geeignetes Monitoring ein.

7

Verhältnis zu Legislaturplanung und zu nationalen Strategien des Bundesrates

7.1

Verhältnis zur Legislaturplanung

Die Vorlage zur Standortförderung 2016­2019 inklusive Zahlungsrahmen und Verpflichtungskredite wurde in der Botschaft vom 25. Januar 2012106 über die Legislaturplanung 2011­2015 als Richtliniengeschäft angekündigt. Dies wurde im Bundesbeschluss vom 15. Juni 2012107 über die Legislaturplanung 2011­2015 bestätigt.

106 107

BBl 2012 481 BBl 2012 7155

2484

7.2

Verhältnis zu nationalen Strategien des Bundesrates

Die stärkere Berücksichtigung der Grundsätze der Nachhaltigkeit ist kohärent mit der Strategie «Nachhaltige Entwicklung» des Bundesrates. Die Instrumente der Standortförderung zur Förderung der Standortnachfrage sind in die Aussenwirtschaftsstrategie des Bundesrates eingebettet.

Die im Bereich E-Government für KMU durch die Standortförderung des Bundes verfolgten Massnahmen und Projekte sind Teil der umfassenden E-GovernmentStrategie des Bundes sowie der Strategie des Bundesrates für eine Informationsgesellschaft in der Schweiz.

Das Mehrjahresprogramm des Bundes zur Umsetzung der Neuen Regionalpolitik 2016­2013 ist kohärent mit der Politik des Bundes für die ländlichen Räume und die Berggebiete (Motion Maissen vom 29. September 2011, 11.3927 «Strategie des Bundes für die Berggebiete und ländlichen Räume», sowie Massnahme 69 der Legislaturplanung 2011­2015) und mit der Agglomerationspolitik des Bundes ab 2016.

8

Rechtliche Aspekte

8.1

Verfassungs- und Gesetzmässigkeit

Die verfassungsmässigen und gesetzlichen Grundlagen sind unter den jeweiligen Instrumenten aufgeführt.

8.2

Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz

Mit der Vorlage werden die internationalen Verpflichtungen der Schweiz nicht tangiert.

8.3

Unterstellung unter die Ausgabenbremse

Nach Artikel 159 Absatz 3 Buchstabe b BV müssen Subventionsbestimmungen sowie Verpflichtungskredite und Zahlungsrahmen, die neue einmalige Ausgaben von mehr als 20 Mio. Franken oder neue wiederkehrende Ausgaben von mehr als 2 Mio. Franken nach sich ziehen, von der Mehrheit der Mitglieder jedes der beiden Räte gutgeheissen werden. Diese Bestimmung gilt für alle Finanzierungsbeschlüsse dieser Botschaft.

8.4

Einhaltung der Grundsätze des Subventionsgesetzes

In Anlehnung an die Grundsätze des New Public Management wird die Gewährung der Subventionen für die Exportförderung, die Standortpromotion und die touristische Landeswerbung in Vereinbarungen festgelegt. Diese werden für die Vierjah2485

resperiode 2016­2019 zwischen dem Bund und der S-GE für die Exportförderung und die Standortpromotion sowie zwischen dem Bund und Schweiz Tourismus für die touristische Landeswerbung vereinbart. Wie in den Ausführungen zur Wirksamkeit der Instrumente dargelegt, haben sich die Präzisierung des Auftrags und die Wahrnehmung der Aufsichtsfunktion des Bundes mittels Vereinbarungen bewährt.

In der Regionalpolitik erfolgt die Gewährung von Subventionen konsequent über das Instrument der Programmvereinbarung.

Die Bundesbeschlüsse haben keine Auswirkungen auf die Ausgestaltung der jeweils betroffenen Subventionsbestimmungen.

2486