15.008 Bericht zur Aussenwirtschaftspolitik 2014 und Botschaften zu Wirtschaftsvereinbarungen sowie Bericht über zolltarifarische Massnahmen im Jahr 2014 vom 14. Januar 2015

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Gestützt auf Artikel 10 des Bundesgesetzes vom 25. Juni 1982 über aussenwirtschaftliche Massnahmen («Aussenwirtschaftsgesetz», SR 946.201) erstatten wir Ihnen Bericht über die Aussenwirtschaftspolitik 2014. Wir beantragen Ihnen, von diesem Bericht und seinen Beilagen (Ziff. 10.1.1­10.1.3) Kenntnis zu nehmen (Art. 10 Abs. 1 des Aussenwirtschaftsgesetzes).

Gleichzeitig unterbreiten wir Ihnen gestützt auf Artikel 10 Absatz 3 des Aussenwirtschaftsgesetzes zwei Botschaften mit den Entwürfen der Bundesbeschlüsse über die Genehmigung von internationalen Wirtschaftsvereinbarungen. Wir beantragen Ihnen, die folgenden zwei Vereinbarungen zu genehmigen: ­

das WTO-Abkommen vom 27. November 2014 über Handelserleichterungen (Ziff. 10.2.1);

­

das Abkommen vom 3. Juni 2014 zwischen der Schweiz und Georgien über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen (Ziff. 10.2.2).

Zudem unterbreiten wir Ihnen den Bericht über die Genehmigung zolltarifarischer Massnahmen im Jahr 2014 mit dem Entwurf des Bundesschlusses über die Genehmigung zolltarifarischer Massnahmen (Ziff. 10.3), in Anwendung von Artikel 10 Absatz 4 des Aussenwirtschaftsgesetzes sowie gestützt auf Artikel 13 Absätze 1 und 2 des Zolltarifgesetzes vom 9. Oktober 1986 (SR 632.10), auf Artikel 6a des Bundesgesetzes vom 13. Dezember 1974 über die Ein- und Ausfuhr von Erzeugnissen aus Landwirtschaftsprodukten (SR 632.111.72) und auf Artikel 4 Absatz 2 des Zollpräferenzengesetzes vom 9. Oktober 1981 (SR 632.91). Wir beantragen Ihnen, die zolltarifarischen Massnahmen zu genehmigen.

2014-3084

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Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

14. Januar 2015

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Simonetta Sommaruga Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

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Gesamtübersicht Zielsetzung des Bundesrates für das Jahr 2014 Der Bundesrat hat sich bei seinen Zielen für das Berichtsjahr insbesondere auf eine Stärkung der Schweizer Wirtschaft durch bestmögliche Rahmenbedingungen und eine anhaltende Wachstumspolitik konzentriert (vgl. Ziele des Bundesrates 20141, Ziel 2). Dazu hat er auf innenpolitischer Ebene namentlich die Botschaften zur Revision des Bundesgesetzes über die wirtschaftliche Landesversorgung und zur Teilrevision des Exportrisikoversicherungsgesetzes verabschiedet. Zudem wurde die Botschaft zur Standortförderung 2016­2019 erarbeitet.

Im Berichtsjahr wurden die auf die Marktöffnung ausgerichteten aussenwirtschaftlichen Aktivitäten im Hinblick auf wichtige ausländische Märkte mit grossem Wachstumspotenzial weiter vorangetrieben. So traten das bilaterale Freihandelsabkommen mit China und im Rahmen der EFTA das Freihandelsabkommen mit den Staaten des Golfkooperationsrats sowie jenes mit Costa Rica und Panama in Kraft.

Die Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen mit Guatemala wurden abgeschlossen, jene mit Indonesien und Vietnam fortgesetzt. Neu aufgenommen wurden Verhandlungen mit Malaysia. Im Rahmen der WTO wurde das Abkommen über Handelserleichterungen verabschiedet, sodass die Umsetzung der Bali-Beschlüsse in die Wege geleitet werden kann. Mit dem Ziel der Konsolidierung der Beziehungen zur EU und zur Sicherung und Weiterentwicklung des bilateralen Wegs nahm der Bundesrat im Mai Verhandlungen über ein institutionelles Abkommen auf. Dies ermöglichte auch die Weiterführung der Verhandlungen in anderen Bereichen (insbes. Elektrizität, europäisches Emissionsrechtehandelssystem, Lebensmittelsicherheit und öffentliche Gesundheit).

Über diese und weitere für die schweizerische Aussenwirtschaftspolitik bedeutende Geschäfte gibt der vorliegende Bericht detailliert Auskunft.

Der Bundesrat wird im Geschäftsbericht 2014 ausführlich über den Stand der Arbeiten in Bezug auf seine Ziele für das Berichtsjahr berichten. Eine vorläufige Beurteilung der Ergebnisse der Aussenwirtschaftspolitik des Jahres 2014 deutet darauf hin, dass die Ziele erreicht wurden.

Das wirtschaftliche Umfeld Auch sechs Jahre nach Ausbruch der globalen Finanzkrise 2008 ist die weltwirtschaftliche Entwicklung noch immer wenig gefestigt und verschiedenen Risiken ausgesetzt. Die Erholung verlief auch im Berichtsjahr insgesamt weiterhin zögerlich und schwächer als erwartet, wobei die Situation in den grossen Wirtschaftsräumen uneinheitlich war. Die verschärften geopolitischen Spannungen ­ insbesondere 1

www.bk.admin.ch > Dokumentation > Publikationen > Politische Planung > Jahresziele > Archiv ­ Jahresziele des Bundesrates, Band I bzw. II

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zwischen Russland und der Ukraine, aber auch im Nahen Osten ­ trugen in vielen Ländern zu einer erhöhten wirtschaftlichen Verunsicherung bei.

Die wirtschaftliche Entwicklung in der EU ­ dem wichtigsten Handelspartner der Schweiz ­ beschleunigte sich im Berichtsjahr nicht im erhofften Ausmass. In vielen Mitgliedstaaten geriet die konjunkturelle Expansion nach einer ansprechenden Entwicklung zu Jahresbeginn zusehends ins Stocken. Sogar die relativ solide deutsche Wirtschaft zeigte infolge eingetrübter Exportperspektiven Schwächen. Verschiedene Länder des Euroraums litten weiterhin unter den Nachwirkungen der Schuldenkrise und insbesondere unter den strikten Massnahmen zur fiskalpolitischen Sanierung. Angesichts wachsender Deflationsrisiken im Euroraum lockerte die Europäische Zentralbank im Berichtsjahr ihre Geldpolitik erneut.

In den anderen Weltregionen fiel die Wirtschaftsentwicklung im Berichtsjahr unterschiedlich aus. In den USA kam die konjunkturelle Erholung gut voran, und die Arbeitslosigkeit bildete sich zurück. Dagegen war in Japan der Aufschwung trotz einer stark expansiven Geldpolitik weniger robust als erhofft. In den grossen Schwellenländern Argentinien, Brasilien und Russland zeigten sich ausgeprägte wirtschaftliche Schwächetendenzen. Demgegenüber war die Konjunktur in China relativ robust, und in Indien belebte sich das Wirtschaftswachstum.

Die Schweizer Wirtschaft erreichte im Berichtsjahr erneut ein solides Wachstum (von voraussichtlich knapp 2 %), obwohl die Konjunkturumfragen bei den Unternehmen und den privaten Haushalten eine gewisse Stimmungseintrübung zeigten, was auf wachsende Unsicherheiten hindeutet. Die Exporte verzeichneten im Berichtsjahr eine sich leicht verstärkende Wachstumstendenz, die jedoch angesichts des schleppenden Wirtschaftsgangs auf verschiedenen europäischen Absatzmärkten wenig gefestigt erscheint. Die Schweizerische Nationalbank behielt die Wechselkursuntergrenze von 1.20 gegenüber dem Euro bei. Die Arbeitslosenquote veränderte sich im Jahresverlauf nur wenig und lag knapp über 3 Prozent. Die Risiken für den weiteren Aufschwung in den kommenden Jahren scheinen erhöht. Diese Beurteilung stützt sich auf die anhaltenden wirtschaftlichen Probleme im Euroraum und auf die gestiegene Unsicherheit über die künftige Ausgestaltung der Beziehungen der Schweiz mit der EU, was das Investitionsverhalten der Unternehmen und somit die mittelfristigen Wachstumsperspektiven beeinträchtigen könnte.

Bericht zur Aussenwirtschaftspolitik 2014 Schwerpunktkapitel (Ziff. 1) Das Schwerpunktkapitel betrachtet die Positionierung der Schweiz in den globalen Wertschöpfungsketten. Eine Wertschöpfungskette umfasst alle Produktionsschritte, die eine Ware oder eine Dienstleistung von der Entwicklung bis zum Verkauf an die Endnutzerinnen und -nutzer während der Produktion im In- oder Ausland durchläuft. Aus Sicht einer effizienzorientierten Volkswirtschaft besteht das Ziel darin, dass sich ihr Standort auf jene Teile der Wertschöpfungsketten konzentriert, für die sie komparative Vorteile hat, während weitere Verarbeitungsschritte in anderen Ländern stattfinden. Die Aufteilung der Waren- und Dienstleistungsproduktion

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entlang länderübergreifender Wertschöpfungsketten beschleunigte sich seit den 1990er-Jahren mit der zunehmenden wirtschaftlichen Öffnung neuer asiatischer und südamerikanischer Schwellenmärkte ­ insbesondere Chinas, Indiens und Brasiliens ­ und infolge der technologischen Entwicklung. Die globalen Wertschöpfungsketten wirken sich erheblich auf die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit sowie die Handels- und Investitionsflüsse der Industrieländer aus. Die stark in den Welthandel eingebundene Schweiz muss auf diese neuen Gegebenheiten mit gezielten Massnahmen der Aussenwirtschafts- und der Binnenmarktpolitik reagieren, damit sie ihre Wettbewerbsfähigkeit erhalten und dadurch Arbeitsplätze sichern kann.

Multilaterale Wirtschaftszusammenarbeit (Ziff. 2) Die Umsetzung des an der WTO-Ministerkonferenz im Dezember 2013 verabschiedeten «Bali-Pakets» wurde während des Berichtsjahres verzögert (Ziff. 2.1). Betroffen davon war unter anderem das Abkommen über Handelserleichterungen (Ziff.

10.2.1). Nach intensiven Konsultationen namentlich zwischen den USA und Indien, welche eine einvernehmliche Lösung im Bereich der Ernährungssicherheit ermöglichten, wurde das Protokoll zum Abkommen über Handelserleichterungen vom Generalrat am 27. November formell verabschiedet und den WTO-Mitgliedern zur Ratifikation unterbreitet. Der Prozess der Genehmigung des Abkommens wurde in der Schweiz noch vor Ablauf des Berichtsjahrs eingeleitet. Die Deblockierung im WTO-Generalrat ebnet den Weg für die Umsetzung sämtlicher Bali-Beschlüsse (neben den Handelserleichterungen einzelne Agrar- und Entwicklungsthemen). Für die verbleibenden Doha-Themen, welche umstrittene Dossiers wie Marktzugang in den Bereichen Industriegüter, Dienstleistungen und Landwirtschaft enthalten, war es infolge der Verzögerung nicht mehr möglich, vor Jahresende ein Arbeitsprogramm zu erarbeiten. Dies soll 2015 geschehen. Auf plurilateraler Ebene finden Verhandlungen über ein Dienstleistungsabkommen, über IT-Produkte sowie über Umweltgüter statt.

Die Organisation für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit (OECD) verfolgt weiterhin eine Strategie der Öffnung, um die Relevanz ihrer Tätigkeiten zu erhöhen (Ziff. 2.2). Sie fördert den Austausch bewährter Praktiken zwischen Behörden. Dies tut sie einerseits über ihre Annährungspolitik mit den fünf wichtigsten
aufstrebenden Volkswirtschaften ­ Brasilien, China, Indien, Indonesien und Südafrika ­, denen sie den privilegierten Status von Schlüsselpartnern verliehen hat, andererseits über ihr regionales Programm für die Länder Südostasiens. Das Beitrittsverfahren mit Russland wurde angesichts der Lage in der Ukraine vorläufig ausgesetzt. Im Steuerbereich genehmigte der OECD-Rat den neuen globalen Standard für den automatischen Informationsaustausch in Steuersachen. Die G20 beauftragte das Global Forum über Transparenz und Informationsaustausch in Steuerfragen, die Umsetzung des neuen Standards zu überwachen. Die Schweiz war an der Entwicklung dieses Standards aktiv beteiligt und setzte sich dafür ein, dass die Anforderungen an die Vertraulichkeit der ausgetauschten Informationen, die Gegenseitigkeit, die zuverlässige Identifikation der wirtschaftlich Berechtigten und das Spezialitätsprinzip gewährleistet sind.

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Im Rahmen des Amtsantritts des neuen Generalsekretärs der Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung (UNCTAD) wurde dieser zu einem Besuch nach Bern eingeladen (Ziff. 2.3). Die UNCTAD, die im Berichtsjahr ihr 50-jähriges Bestehen feierte, hat für die Schweiz als Sitzstaat sowie als wichtige Geberin und Partnerin der Organisation eine hohe Bedeutung. Im Berichtsjahr besuchte auch der neue Generaldirektor der Organisation der Vereinten Nationen für industrielle Entwicklung (UNIDO) die Schweiz (Ziff. 2.4). Die Schweiz ist eine langjährige Partnerin dieser Organisation und fokussiert ihr Engagement auf die Förderung nachhaltiger und klimaverträglicher Industrie- und Produktionsformen. Eine zentrale Herausforderung für die UNIDO liegt darin, den in den letzten Jahren zu verzeichnenden Mitgliederschwund aufzuhalten und neue Finanzierungsquellen zu erschliessen.

Die Schweiz führte auch ihr Engagement in der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) sowie die Umsetzung der Zusammenarbeitsprojekte mit dieser Organisation weiter (Ziff. 2.5). Im Zentrum standen die Ratifikation des Übereinkommens über den Mutterschutz (Nr. 183) und des Übereinkommens über menschenwürdige Arbeit für Hausangestellte (Nr. 189). Zudem unterstützte die Schweiz die Bemühungen zur Überwindung der Blockade des Normenkontrollsystems der IAO.

Die australische Präsidentschaft der G20 zeichnete sich durch eine Reduktion der Prioritäten auf Wachstumsstrategien für den privaten Sektor aus (Ziff. 2.6). Gleichzeitig bleibt auch das Steuerdossier weiter ein zentrales Thema der G20. Am Gipfeltreffen in Brisbane Ende November unterstützten die Staats- und Regierungschefinnen und -chefs den neuen Standard über den automatischen Informationsaustausch in Steuersachen und begrüssten die erzielten Fortschritte bei der Umsetzung des Aktionsplans gegen die Aushöhlung der Steuerbasis und die Gewinnverlagerung.

Beide Projekte wurden von der OECD ausgearbeitet. Die Schweiz engagierte sich in der G20 und nahm auf Einladung der australischen Präsidentschaft an Seminaren und technischen Ateliers teil, insbesondere zum Thema Investitionsförderung.

Europäische Wirtschaftsintegration (Ziff. 3) Aufgrund der Annahme des neuen Artikels 121a der Bundesverfassung über die Zuwanderung nahmen die Unsicherheiten über den Fortbestand und die
Weiterentwicklung der für die Schweizer Wirtschaft und ihre Arbeitsplätze entscheidenden sektoriellen bilateralen Verträge zwischen der Schweiz und der EU zu. Dies führt, zusammen mit der schleppenden Wirtschaftsentwicklung in der EU, zu erhöhten Risiken für die weitere Fortsetzung des Aufschwungs in der Schweiz. Um die Rechtssicherheit für Schweizer Unternehmen zu erhöhen, den Abschluss neuer sowie die Weiterentwicklung der bestehenden Marktzugangsabkommen zu ermöglichen und eine Erosion des bestehenden Marktzugangs zu vermeiden, wurden im Mai Verhandlungen über ein institutionelles Abkommen aufgenommen. Dies ermöglichte die Weiterführung der Verhandlungen insbesondere über Elektrizität, das europäische Emissionshandelsrechtesystem, Lebensmittelsicherheit und öffentliche Gesundheit.

Eine Unterzeichnung neuer Abkommen wird allerdings erst möglich sein, wenn eine Lösung für das Abkommen über die Personenfreizügigkeit (FZA) gefunden ist. Der Bundesrat verabschiedete im Oktober den Entwurf für ein Mandat für Verhandlun-

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gen über das FZA. Im Steuerbereich genehmigte der Bundesrat ein Verhandlungsmandat zur Einführung des automatischen Informationsaustauschs mit der EU und unterzeichnete mit den EU-Mitgliedstaaten eine gemeinsame Verständigung über die Unternehmensbesteuerung.

Freihandelsabkommen mit Staaten ausserhalb der EU und der EFTA (Ziff. 4) Im Rahmen der langfristig ausgerichteten Wirtschaftspolitik des Bundesrates sowie vor dem Hintergrund der weiterhin unsicheren Aussichten für den EU-Raum und die Weltwirtschaft bleibt für die Schweiz die Ausdehnung des Netzes von Freihandelsabkommen insbesondere auf wachstumsstarke Schwellenländer prioritär. Im Berichtsjahr traten das bilaterale Freihandelsabkommen mit China und im Rahmen der EFTA das Freihandelsabkommen mit den Staaten des Golfkooperationsrats sowie jenes mit Costa Rica und Panama in Kraft. Die Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen mit Guatemala wurden abgeschlossen, jene mit Indonesien und Vietnam wurden fortgesetzt. Neu aufgenommen wurden Verhandlungen mit Malaysia. Die Aktualisierung und Vertiefung bestehender Freihandelsabkommen gewinnt an Bedeutung. So wurden mit der Türkei entsprechende Verhandlungen aufgenommen. Mit den Philippinen wurde eine EFTA-Zusammenarbeitserklärung als Basis für vertiefte Kontakte unterzeichnet. Vor dem Hintergrund der Wahlen in Indien konnten die Verhandlungen mit diesem Partner nicht abgeschlossen werden.

Die Verhandlungen mit der Zollunion Russland­Belarus­Kasachstan wurden wegen der Ereignisse in der Ukraine bis auf Weiteres aufgeschoben.

Sektorielle Politiken (Ziff. 5) Erwähnenswerte Entwicklungen in den sektoriellen Politiken betreffen im Berichtsjahr unter anderem folgende Bereiche: Im Rahmen der sukzessiven Umsetzung des regionalen Übereinkommens über Paneuropa­Mittelmeer-Präferenzursprungsregeln wird die Grundlage zur Ermöglichung der diagonalen Kumulation auch mit den Westbalkan-Staaten gelegt (Ziff. 5.1), der Abbau technischer Handelshemmnisse im Rahmen des Abkommens mit der EU über die gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen wurde insbesondere betreffend Bau- und Biozidprodukten fortgesetzt (Ziff. 5.2), die Verhandlungen über ein plurilaterales Abkommen zur weiteren Liberalisierung des Handels mit Dienstleistungen wurden weitergeführt (Ziff. 5.3), und das neue UNO-Übereinkommen über die
Transparenz in Investor­ Staat-Schiedsverfahren sowie ein bilaterales Investitionsschutzabkommen Schweiz­ Georgien wurden abgeschlossen (Ziff. 5.4 und 10.2.2). Zur Überwachung und Umsetzung der in ihre Freihandels- und Investitionsschutzabkommen eingefügten Bestimmungen zur Kohärenz mit den Nachhaltigkeitszielen setzt die Schweiz bilaterale und multilaterale Instrumente ein und unterstützt die Partnerländer im Hinblick auf eine nachhaltige Entwicklung unter anderem im Rahmen der wirtschaftlichen Entwicklungszusammenarbeit (Ziff. 5.5.1). Die Berichterstattung zum Stand der Umsetzung der im Grundlagenbericht Rohstoffe 2013 enthaltenen Empfehlungen zeigt das Engagement des Bundesrats auf nationaler sowie internationaler Ebene auf, insbesondere im Zusammenhang mit der Förderung der Transparenz unter anderem über Zahlungen von Unternehmen an staatliche Stellen (Ziff. 5.5.2). An der 20. Konferenz der Vertragsparteien der Klimarahmenkonvention stand die Vorbe-

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reitung eines neuen, weltweiten Klimaabkommens für die Zeit nach 2020 im Zentrum (Ziff. 5.5.3). Im Bereich der Wettbewerbspolitik trat das bilaterale Abkommen über die Zusammenarbeit im Bereich Wettbewerb mit der EU in Kraft (Ziff. 5.6).

Infolge des revidierten plurilateralen WTO-Übereinkommens über das öffentliche Beschaffungswesen wurde die Revision der entsprechenden Gesetzgebung auf Stufe Bund und Kantone weitergeführt (Ziff. 5.7). In der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) engagierte sich die Schweiz für die Überarbeitung des Madrider Systems über die internationale Registrierung von Marken und für einen verbesserten Schutz von Herkunftsangaben. Mit China diskutierte die Schweiz wichtige Anliegen zur Um- und Durchsetzung des Immaterialgüterrechts in der Praxis (Ziff. 5.8).

Wirtschaftliche Entwicklungszusammenarbeit (Ziff. 6) Die Zwischenbilanz zur Umsetzung der wirtschafts- und handelspolitischen Massnahmen des Staatssekretariats für Wirtschaft (SECO) im Rahmen der Botschaft über die internationale Zusammenarbeit 2013­2016 zeigt, dass die Resultate positiv sind und der eingeschlagene Weg konsequent weiterzugehen ist. Im Hinblick auf die Formulierung der globalen Ziele für eine nachhaltige Entwicklung («post-2015»Agenda) legte die Schweiz das Verhandlungsmandat fest und brachte sich in die internationale Diskussion ein. Auf multilateraler Ebene stand die Umsetzung der 2013 beschlossenen institutionellen Reformen der Weltbankgruppe und der Asiatischen Entwicklungsbank im Vordergrund. Weiter wurde der Prozess zur Mobilisierung von Finanzmitteln für den neu errichteten Grünen Klimafonds eingeleitet. Die wirtschaftliche Entwicklungszusammenarbeit fokussierte ihre Tätigkeit im Berichtsjahr besonders auf die Mobilisierung eigener Finanzmittel und deren verantwortungsvolle Verwaltung durch die Entwicklungsländer. Des Weiteren standen die Zusammenarbeit der staatlichen Entwicklungsakteure mit dem Privatsektor und die Verstärkung der Managementkapazitäten öffentlicher Versorgungsunternehmen in Entwicklungsländern im Vordergrund.

Bilaterale Wirtschaftsbeziehungen (Ziff. 7) Die bilateralen Aussenwirtschaftsbeziehungen der Schweiz standen im Zeichen der Unsicherheiten, die nach der Abstimmung vom 9. Februar entstanden sind, sowie der Ukraine-Krise. Gleichzeitig sind weltweit eine Verschiebung
der wirtschaftlichen Kräfteverhältnisse zugunsten von Schwellen- und Entwicklungsländern sowie die Entstehung neuer wirtschaftlicher Integrationsräume wie der Pazifikallianz und der Wirtschaftsgemeinschaft des Verbands Südostasiatischer Nationen (ASEAN) zu beobachten. Die Schweiz verfolgt diese Entwicklungen aufmerksam, mit dem Ziel, allfällige künftige Diskriminierungen möglichst zu vermeiden. Nebst den Wirtschaftsbeziehungen mit der EU und anderen traditionellen Handelspartnern gewinnt für die Schweizer Wirtschaft der Zugang zu weiteren Märkten zunehmend an Bedeutung, darunter solche in Subsahara-Afrika.

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Exportkontroll- und Embargomassnahmen (Ziff. 8) Im Berichtsjahr genehmigte das Parlament das Kooperationsabkommen zur Teilnahme der Schweiz an den europäischen Satellitennavigationsprogrammen sowie den im Rahmen der UNO ausgehandelten Vertrag über den Waffenhandel. Die erfolgte Revision der Kriegsmaterialverordnung soll die Benachteiligung der Schweizer Sicherheits- und Rüstungsindustrie gegenüber dem europäischen Ausland verringern und dadurch einen Beitrag zur Aufrechterhaltung der im Kriegsmaterialgesetz verankerten industriellen Kapazität zugunsten der Landesverteidigung leisten. Bei den Embargomassnahmen standen die Entwicklungen in der Ukraine und die Massnahmen der Schweiz zur Vermeidung der Umgehung diesbezüglicher internationaler Sanktionen im Vordergrund. Die Sanktionen gegenüber dem Iran wurden im Zusammenhang mit den internationalen Verhandlungen um das iranische Nuklearprogramm punktuell suspendiert.

Standortförderung (Ziff. 9) Die Angebote von Switzerland Global Enterprise in der Exportförderung und jene der Schweizerischen Exportrisikoversicherung wurden auch im Berichtsjahr rege genutzt. Sie ermöglichen die geografische Diversifikation von Absatzmärkten beziehungsweise die Absicherung von politischen und wirtschaftlichen Risiken beim Export von Waren und Dienstleistungen, insbesondere für KMU. Im Rahmen der OECD setzte sich die Schweiz weiter dafür ein, dass im Bereich der Exportrisikoversicherung gemeinsame Regeln weiterentwickelt werden, um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden.

Angesichts des verstärkten weltweiten Wettbewerbs zwischen Unternehmensstandorten und der Verunsicherung von potenziellen Investoren führte Switzerland Global Enterprise zielgerichtete Massnahmen zur Information und Bewerbung des Wirtschaftsstandortes durch. Dabei steht die Positionierung der Schweiz als erstklassiger Standort für innovative und wertschöpfungsintensive Unternehmen im Vordergrund.

Die konjunkturellen Rahmenbedingungen für den Schweizer Tourismus waren im Berichtsjahr schwierig: Dieser steht vor strukturellen und internationalen Herausforderungen wie ungünstigen Betriebs- und Destinationsstrukturen sowie der teilweise mit der Verschiebung der Herkunftsmärkte einhergehenden Problematik zur Visaerteilung.

Ausblick auf das kommende Jahr Der Bundesrat beabsichtigt, im Rahmen seiner Aussenwirtschaftspolitik den durch bilaterale, plurilaterale und multilaterale Abkommen gesicherten Marktzugang auch 2015 zu erhalten und weiter auszubauen.

Nach der Annahme der neuen Verfassungsbestimmungen über die Zuwanderung wird der Bundesrat seine Bemühungen fortsetzen, diese Bestimmungen umzusetzen und gleichzeitig die für die Schweizer Wirtschaft und ihre Arbeitsplätze entscheidenden bilateralen Verträge mit der EU, unserem mit Abstand wichtigsten Wirt-

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schaftspartner, weiterzuführen und auszubauen. Zu diesem Zweck sollen die Diskussionen mit der EU über ein institutionelles Abkommen weitergeführt und Gespräche über die künftige Ausgestaltung des Freizügigkeitsabkommens aufgenommen werden. Die Aktualisierung des Abkommens über die gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen mit der EU wird 2015 insbesondere betreffend elektrische Erzeugnisse, Messgeräte und Aufzüge fortgesetzt, um das gute Funktionieren des Abkommens weiterhin sicherzustellen. Eine weitere Herausforderung der Schweiz besteht darin, die wirtschaftlichen Interessen gegenüber Russland und der Ukraine zu wahren, ohne die Beziehungen mit der EU zu gefährden.

Im Bereich der Freihandelsabkommen sind 2015 die Wiederaufnahme und der Abschluss der Verhandlungen der EFTA mit Indien vorgesehen. Mit Indonesien, Malaysia und Vietnam wird die EFTA die Verhandlungen weiterführen und soweit möglich substanzielle Fortschritte erzielen. Mit den Philippinen sollen Verhandlungen eröffnet werden. Die Entwicklungen in Thailand sowie in Russland und der Ukraine werden weiterverfolgt, mit dem Ziel die Verhandlungen mit Thailand und der Zollunion Russland­Belarus­Kasachstan wieder aufzunehmen, sobald es die Umstände erlauben. Im Hinblick auf die Wiederaufnahme der Verhandlungen mit Algerien verfolgt die EFTA ihre Kontakte weiter. In Bezug auf die bestehenden Freihandelsabkommen wird die vollständige Implementierung des EFTA-Freihandelsabkommens mit dem Golfkooperationsrat prioritär sein. Die Verhandlungen über die Weiterentwicklung des EFTA-Freihandelsabkommens mit der Türkei sollen abgeschlossen sowie jene mit Kanada und Mexiko wenn möglich aufgenommen werden. Die Arbeiten im Hinblick auf die Aktualisierung von weiteren Freihandelsabkommen wie jene mit Chile, Singapur und Südkorea werden weitergeführt. Im Ursprungsbereich wird das Augenmerk auf der sukzessiven Umsetzung des regionalen Übereinkommens über Paneuropa­Mittelmeer-Präferenzursprungsregeln (PEM-Übereinkommen) und dem Abschluss der Verhandlungen über die Revision der PEM-Ursprungsregeln liegen. Daneben gilt es, der zunehmenden Internationalisierung der Wertschöpfungsketten Rechnung zu tragen und mit den Partnern von Freihandelsabkommen entsprechende Konzepte zu prüfen.

Bei den bilateralen Investitionsschutzabkommen (ISA) sollen die
laufenden Verhandlungen mit Indonesien, Russland und Angola fortgesetzt werden. Geplant ist zudem die Aufnahme von Verhandlungen über neue ISA mit Malaysia und nach Möglichkeit mit Südafrika. Im Anschluss an die Arbeiten zu den neuen Transparenzregeln für Investor­Staat-Schiedsverfahren wird geprüft, ob bei den ISA in weiteren Bereichen (z. B. Verhaltenskodex für Schiedsrichter) ein Anpassungsbedarf besteht.

Auch der Überwachung und Umsetzung der Bestimmungen in den Freihandels- und den Investitionsschutzabkommen zur Kohärenz mit den Nachhaltigkeitszielen wird der Bundesrat die nötige Beachtung schenken. Zudem werden die grossen regionalen Freihandelsprojekte im asiatisch-pazifischen sowie im transatlantischen Raum Aufmerksamkeit erfordern.

In der WTO wird die Umsetzung der Bali-Beschlüsse prioritär sein sowie die Gewährleistung der Verhandlungsfähigkeit der WTO durch die Erarbeitung eines Arbeitsprogramms für den Abschluss der weiteren Doha-Themen. Zudem werden die plurilateralen Verhandlungen zur Liberalisierung von Dienstleistungen, IT-Pro-

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dukten und Umweltgütern weitergeführt. Innerhalb der Schweiz wird die Umsetzung des revidierten WTO-Übereinkommens über das öffentliche Beschaffungswesen in die nationale Gesetzgebung im Hinblick auf die Ratifikation durch die Schweiz vor Ende 2015 fortgesetzt.

Die OECD wird an ihrer Öffnungspolitik festhalten, um die Relevanz ihrer Tätigkeiten zu steigern. Dazu will sie insbesondere ihr regionales Programm für die Länder Südostasiens weiterführen. Im Steuerbereich wird die OECD mithilfe des Global Forum über Transparenz und Informationsaustausch in Steuerfragen die Umsetzung des neuen globalen Standards für den automatischen Informationsaustausch in Steuersachen überwachen. Die G20 wird sich 2015 unter der türkischen Präsidentschaft ebenfalls für eine schnelle Umsetzung des neuen Standards sowie für weitere Fortschritte bei der Umsetzung des Aktionsplans der OECD gegen die Aushöhlung der Steuerbasis und die Gewinnverlagerung einsetzen.

In der IAO werden 2015 weitere intensive Verhandlungen zur Lösung der Blockade des Normenkontrollsystems der Organisation erforderlich sein. Die Erhaltung des internationalen sozialen Dialogs ist eine wichtige Priorität für die Schweiz, auch im Hinblick auf das 100-jährige Jubiläum der Organisation im Jahr 2019.

Im Hinblick auf die Verabschiedung im Dezember 2015 eines ambitionierten und alle Staaten umfassenden Klimaabkommens für die Zeit nach 2020 wird die Schweiz ihre Klimareduktionsziele im Frühjahr 2015 bekannt geben.

Der Fokus der internationalen Entwicklungszusammenarbeit bleibt 2015 auf der Erarbeitung einer Agenda für nachhaltige Entwicklung «post-2015» einschliesslich der Frage nach der Finanzierung der neuen Entwicklungsagenda. Hohe Priorität geniesst auch die Wahrung der Schweizer Interessen und Repräsentation in den multilateralen und regionalen Entwicklungsbanken. Bei der Asiatischen Entwicklungsbank steht 2015 die Überführung der Mittel des Entwicklungsfonds ins Eigenkapital der Bank an. Der Grüne Klimafonds, an dessen Startkapitalisierung auch die Schweiz beteiligt ist, wird 2015 seine operationelle Tätigkeit aufnehmen. Auf nationaler Ebene bleiben die Erarbeitung der Botschaft über die internationale Zusammenarbeit 2017­2020 und die Umsetzung der Empfehlungen aus der «peer review» durch den Ausschuss für Entwicklungshilfe der OECD zentral. Schliesslich
wird die Zusammenarbeit mit dem Privatsektor beispielsweise über die neu geschaffene Plattform «Swiss Sustainable Finance» vertieft angegangen.

2015 wird in Mexiko die erste Vertragsstaatenkonferenz des Waffenhandelsvertrags stattfinden. Hierzu wird es in der Schweiz eine Vorbereitungskonferenz geben. Die Schweiz bewirbt sich um den Sitz des Vertragssekretariates. Im Bereich der Embargomassnahmen dürften auch 2015 die Situation in der Ukraine und in Syrien sowie die Entwicklung der Verhandlungen um das iranische Nuklearprogramm im Vordergrund stehen. Mit der EU werden im Zusammenhang mit dem Kooperationsabkommen über die Satellitennavigationsprogramme Fragen zur Umsetzung der Exportkontrolle zu klären sein.

Bei der Standortpromotion stehen die weitere Zusammenführung von digitalen Vermarktungsinhalten der Kantone und Regionen sowie die Verstärkung von Informationsmassnahmen im Vordergrund. Im OECD-Tourismuskomitee wird sich die

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Schweiz an der Umsetzung des Arbeitsprogramms 2015­2016 insbesondere zu den Themen betreffend die innovativen Finanzierungsansätze zur Unterstützung von kleineren und mittleren Tourismusunternehmen sowie die Überprüfung der Politiken für die touristische Werbung beteiligen. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse sollen für die Weiterentwicklung der tourismuspolitischen Förderinstrumente Schweiz Tourismus und Schweizerische Gesellschaft für Hotelkredit genutzt werden.

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Inhaltsverzeichnis Gesamtübersicht

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Abkürzungsverzeichnis

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Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz in den globalen Wertschöpfungsketten 1.1 Die globalen Wertschöpfungsketten: Herausforderungen eines Wirtschaftsphänomens 1.1.1 Entwicklung der internationalen Wirtschaftsbeziehungen in jüngster Zeit 1.1.2 Wirtschaftliche Auswirkungen der globalen Wertschöpfungsketten 1.1.3 Neue Messgrösse für den Welthandel 1.1.4 Die eminente Rolle der Dienstleistungen bei der Herstellung von Waren 1.1.5 Neue Herausforderungen im internationalen Wettbewerb: die Jagd nach der maximalen Wertschöpfung 1.2 Die Schweiz im Zentrum der Wertschöpfungsketten und die neue Wachstumspolitik 1.2.1 Auswirkungen auf die Aussenwirtschaftspolitik 1.2.2 Auswirkungen auf die Binnenmarktpolitik 1.3 Schlussfolgerung WTO und weitere multilaterale Wirtschaftszusammenarbeit 2.1 Welthandelsorganisation (WTO) 2.1.1 Umsetzung des Bali-Pakets 2.1.2 Plurilaterale Verhandlungen zur weiteren Handelsliberalisierung 2.2 Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) 2.2.1 Vertiefung der Öffnungspolitik der OECD 2.2.2 Steuerfragen 2.2.3 Peer Review und hochrangige Treffen 2.3 Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung (UNCTAD) 2.4 Organisation der Vereinten Nationen für industrielle Entwicklung (UNIDO) 2.5 Internationale Arbeitsorganisation (IAO) 2.6 Die Gruppe der 20 (G20) 2.6.1 Die G20 unter australischer Präsidentschaft 2.6.2 Die Bilanz der Positionierung der Schweiz gegenüber der G20 Europäische Wirtschaftsintegration 3.1 Wirtschaftliche Herausforderungen in der EU und deren Auswirkungen auf die Schweiz 3.2 Bestehende Wirtschaftsbeziehungen

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3.3 3.4 3.5 4

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Ausbau und Konsolidierung der bilateralen Beziehungen Steuerfragen Erweiterungsbeitrag

Freihandelsabkommen mit Drittstaaten ausserhalb der EU und der EFTA 4.1 Weiter zunehmende weltweite Tendenz zum Abschluss präferenzieller Handelsabkommen 4.2 Aktivitäten der Schweiz 4.2.1 Laufende Verhandlungen 4.2.2 Explorationen und andere Kontakte 4.2.3 Bestehende Freihandelsabkommen 4.3 Herausforderungen für die Schweizer Freihandelspolitik Sektorielle Politiken 5.1 Warenverkehr Industrie/Landwirtschaft 5.1.1 Entwicklung des Aussenhandels 5.1.2 Zoll- und Ursprungspolitik 5.1.3 Landwirtschaftliche Verarbeitungsprodukte 5.2 Technische Handelshemmnisse 5.2.1 Abbau technischer Handelshemmnisse zwischen der Schweiz und der EU 5.2.2 Beziehungen zu China 5.3 Dienstleistungen 5.4 Investitionen und multinationale Unternehmen 5.4.1 Investitionen 5.4.2 Korruptionsbekämpfung 5.4.3 Verantwortungsvolle Unternehmensführung 5.5 Nachhaltigkeit, Rohstoffe und Klimapolitik 5.5.1 Umsetzung und Zusammenarbeit in Nachhaltigkeitsfragen mit Partnerstaaten 5.5.2 Rohstoffe 5.5.3 Klimapolitik 5.6 Wettbewerbsrecht 5.7 Öffentliches Beschaffungswesen 5.8 Schutz des geistigen Eigentums 5.8.1 Schutz des geistigen Eigentums in internationalen Organisationen 5.8.2 Schutz des geistigen Eigentums auf bilateraler Ebene 5.8.3 Andere Plattformen: Bekämpfung von Fälschung und Piraterie Wirtschaftliche Entwicklungszusammenarbeit 6.1 Erreichtes und künftige Herausforderungen 6.1.1 Resultate zur Halbzeit der Botschaft 2013­16 6.1.2 Internationale Diskussionen 6.2 Multilaterale Zusammenarbeit

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6.4

6.5

6.2.1 Weltbankgruppe 6.2.2 Regionale Entwicklungsbanken 6.2.3 Grüner Klimafonds Die Mobilisierung interner Ressourcen in Entwicklungsländern 6.3.1 Bedeutung und Potenzial 6.3.2 Stärkung des gesetzlichen Rahmens und der Steuerbehörden 6.3.3 Die internationale Zusammenarbeit im Steuerbereich Zusammenarbeit mit dem Privatsektor 6.4.1 Bedeutung und Ziele 6.4.2 Swiss Sustainable Finance ­ eine neue Plattform 6.4.3 Katastrophenrisikoversicherung gegen den Klimawandel Stärkung der öffentlichen Versorgungsunternehmen 6.5.1 Bedeutung und Strategie 6.5.2 Organisationsentwicklung in der Praxis 6.5.3 Effektivität öffentlicher Versorgungsbetriebe: Erste Bilanz und Aktivitäten im Berichtsjahr

1546 1546 1547 1548 1548 1548 1549 1549 1549 1549 1550 1550 1550 1551 1551

7

Bilaterale Wirtschaftsbeziehungen 7.1 Partnerschaft mit Europa 7.2 Die Pazifikallianz 7.3 Die ASEAN-Wirtschaftsgemeinschaft 7.4 Subsahara-Afrika 7.5 Wichtigste Wirtschaftsmissionen und weitere bilaterale Arbeitstreffen

1552 1552 1554 1555 1556

8

Exportkontroll- und Embargomassnahmen 8.1 Exportkontrollpolitik 8.1.1 Umsetzung multilateraler und bilateraler Verträge 8.1.2 Wahrnehmung sicherheits- und industriepolitischer Interessen 8.2 Embargomassnahmen 8.2.1 Weiterentwicklung der schweizerischen Sanktionspolitik 8.2.2 Embargomassnahmen der UNO und der wichtigsten Handelspartner 8.2.3 Massnahmen gegen Konfliktdiamanten

1560 1560 1560

Standortförderung 9.1 Exportförderung und Exportrisikoversicherung 9.1.1 Exportförderung 9.1.2 Schweizerische Exportrisikoversicherung 9.1.3 Internationale Entwicklungen 9.2 Standortpromotion 9.3 Tourismus 9.3.1 Aktuelle Lage im Schweizer Tourismus 9.3.2 Aktive Mitarbeit im Tourismuskomitee der OECD 9.3.3 Verstärkte Diffusion der Erkenntnisse aus der multilateralen tourismuspolitischen Zusammenarbeit

1566 1566 1566 1567 1568 1569 1570 1570 1571

9

1558

1561 1562 1562 1563 1565

1571 1471

10 Beilagen 10.1 Beilagen 10.1.1­10.1.3 10.1.1 Finanzielles Engagement der Schweiz 2014 gegenüber den multilateralen Entwicklungsbanken 10.1.2 Bewilligungen für Versandkontrollen im Auftrag ausländischer Staaten 10.1.3 Eckdaten zu Ausfuhren im Rahmen des Güterkontrollgesetzes 10.2 Beilagen 10.2.1­10.2.2 10.2.1 Botschaft zur Genehmigung des WTO-Abkommens über Handelserleichterungen Bundesbeschluss zur Genehmigung des WTO-Abkommens über Handelserleichterungen (Entwurf) Abkommen über Handelserleichterungen 10.2.2 Botschaft zur Genehmigung des Abkommens zwischen der Schweiz und Georgien über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen Bundesbeschluss über die Genehmigung des Abkommens zwischen der Schweiz und Georgien über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen (Entwurf) Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und Georgien über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen 10.3 Beilage 10.3 Bericht über die zolltarifarischen Massnahmen im Jahr 2014 Bundesbeschluss über die Genehmigung zolltarifarischer Massnahmen (Entwurf)

1472

1573 1573 1574 1576 1578 1580 1581 1603 1605

1645 1657 1659 1669 1671 1679

Abkürzungsverzeichnis ASEAN

Verband Südostasiatischer Nationen (Association of Southeast Asian Nations)

EFTA

Europäische Freihandelsassoziation (European Free Trade Association)

FHA

Freihandelsabkommen

KMU

Kleine und mittlere Unternehmen

G20

Gruppe der 20 Argentinien, Australien, Brasilien, China, Deutschland, EU, Frankreich, Grossbritannien, Indien, Indonesien, Italien, Japan, Kanada, Mexiko, Russland, Saudi-Arabien, Südafrika, Südkorea, Türkei, USA

IAO

Internationale Arbeitsorganisation (International Labour Organization)

OECD

Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (Organisation for Economic Cooperation and Development)

SECO

Staatssekretariat für Wirtschaft

UNCTAD

Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung (United Nations Conference on Trade and Development)

UNIDO

Organisation der Vereinten Nationen für industrielle Entwicklung (United Nations Industrial Development Organization)

UNO

Organisation der Vereinten Nationen (United Nations Organization)

WBF

Eidgenössisches Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung

WIPO

Weltorganisation für geistiges Eigentum (World Intellectual Property Organization)

WTO

Welthandelsorganisation (World Trade Organization)

1473

Bericht 1

Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz in den globalen Wertschöpfungsketten Für die wirtschaftliche Stärke und das Beschäftigungsniveau eines Landes ist es heute weniger entscheidend, was diese Volkswirtschaft verkauft (das Endprodukt), sondern vielmehr, was sie produziert (die Produktionstätigkeit eines Unternehmens oder Landes). Denn dank der globalen Wertschöpfungsketten beteiligen sich die Unternehmen bei der Produktion einer Ware oder Dienstleistung entweder am gesamten Prozess oder nur an einem Teilprozess. Das Ziel besteht aus Sicht eines Unternehmens darin, sich auf den Teil der Wertschöpfungskette zu konzentrieren, den es am besten beherrscht, und Vorprodukte beziehungsweise Vorleistungen von anderen Anbietern zu beziehen.

Die globalen Wertschöpfungsketten umfassen alle Tätigkeiten ­ von der Entwicklung bis zur Endnutzung ­, die Unternehmen im In- oder im Ausland zur Produktion einer Ware oder Dienstleistung verrichten. Die Aufteilung der Waren- und Dienstleistungsproduktion entlang einer Wertschöpfungskette entwickelte sich nach 1950 stark. Dieser Prozess beschleunigte sich in den 1990erJahren noch und wurde mit der wirtschaftlichen Öffnung neuer asiatischer und südamerikanischer Schwellenmärkte ­ insbesondere Chinas, Indiens und Brasiliens ­ quasi Teil des Systems. Der technologische Fortschritt begünstigte diesen Prozess ebenfalls, und heute handelt es sich um ein weltweites wirtschaftliches Phänomen. Durch die Wirtschafts- und Finanzkrise von 2009 verlor diese Aufteilung hingegen an Dynamik.

Die globalen Wertschöpfungsketten wirken sich erheblich auf die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit sowie die Handels- und Investitionsflüsse der Industrieländer aus. Sie haben neue Formen der Teilhabe an der internationalen Produktion hervorgebracht, ohne dass hierfür eine Kapitalbeteiligung erforderlich wäre. Gleichzeitig bieten die Wertschöpfungsketten den Entwicklungsländern neue Möglichkeiten. Die zunehmende Vernetzung zwischen den Volkswirtschaften stellt eine grosse Herausforderung für Regierungen auf nationaler Ebene dar.

Die stark in den Welthandel eingebundene Schweiz muss auf diese neuen Gegebenheiten mit gezielten Massnahmen der Aussenwirtschafts- und der Binnenmarktpolitik reagieren. Beide Aspekte sind gleichermassen wichtig, damit die Schweiz ihre Wettbewerbsfähigkeit erhalten und dadurch Arbeitsplätze sichern kann.

1474

1.1

Die globalen Wertschöpfungsketten: Herausforderungen eines Wirtschaftsphänomens

1.1.1

Entwicklung der internationalen Wirtschaftsbeziehungen in jüngster Zeit

Seit 1980 wuchs der Welthandel stark. Die globalen Warenexporte stiegen von 2 030 Milliarden US-Dollar im Jahr 1980 auf 18 800 Milliarden US-Dollar im Jahr 2013. Dies entspricht einem durchschnittlichen jährlichen Wachstum von fast 7 Prozent und in realen Zahlen einer Vervierfachung des internationalen Handelsvolumens. Der Handel mit Dienstleistungen legte im selben Zeitraum mit einem Jahreswachstum von knapp 8 % noch stärker zu.2 Seit 1980 ist der weltweite Handel im Durchschnitt doppelt so stark gewachsen wie die Produktion.3 Weiter stiegen parallel zur Ausweitung des Handels die ausländischen Direktinvestitionen stark an und erhöhten sich zwischen 1990 und 2013 um den Faktor sieben.4 Das zeigt, wie eng Investitionen und Handel in Bezug auf die wirtschaftliche Entwicklung miteinander verknüpft sind. Seit der Rezession von 2008 schwächte sich das Wachstum des Welthandels und der Investitionen jedoch ab. Seither hält sich die Zunahme des Handelsvolumens grundsätzlich im Rahmen des Wachstums des Bruttoinlandprodukts (BIP). Ausserdem wurden mit internationalen Produktionsprozessen ohne Kapitalbeteiligung (z. B. Vergabe von Unteraufträgen im herstellenden Gewerbe, Auslagerung von Dienstleistungen, Vertragslandwirtschaft, Franchising, Lizenzvergabe und Verwaltungsverträge) 2009 fast 2 000 Milliarden US-Dollar erwirtschaftet.5 Solche Vertragsbeziehungen erlauben es den multinationalen Unternehmen, die Tätigkeiten von Unternehmen im Empfängerland zu koordinieren, ohne an deren Kapital beteiligt zu sein. Diese Veränderungen läuteten eine neue Phase der Globalisierung ein, die sich in den nationalen Wirtschaftspolitiken niederschlägt.

Dass der Handel so stark gewachsen ist, lässt sich auf zahlreiche Faktoren zurückführen. Der Hauptgrund besteht in den Wirtschaftsreformen, die zahlreiche Entwicklungsländer um 1990 im Rahmen ihrer Handels-, Investitions- und Innovationspolitik durchführten. Die schrittweise Öffnung grosser Märkte ­ wie Indien und China ­ sowie die Liberalisierung verschiedener Volkswirtschaften Südostasiens und Lateinamerikas legten die Grundlage für eine neue weltwirtschaftliche Konstellation.

Diese oft autonomen Öffnungen wurden durch Regeln und Verpflichtungen der WTO und des internationalen Finanzsystems (Internationaler Währungsfonds, IWF, und OECD) sowie der Freihandelsabkommen (FHA)
unterstützt. Seitdem sanken die durchschnittlichen Warenzölle kontinuierlich.

Gleichzeitig kam es zu einer technologischen Revolution: Die Entwicklung des Internets und der digitalen Wirtschaft veränderte die Weltwirtschaft grundlegend.

Dank Glasfaser- und Digitaltechnik wurde es möglich, von einem beliebigen Ort der Welt zu Niedrigstpreisen und quasi in Echtzeit auf Informationen zuzugreifen. Der rasche Fortschritt der Informations- und Kommunikationstechnologien erleichterte den Waren- und Dienstleistungsverkehr erheblich. Ausserdem sanken die Transaktionskosten durch neue Transporttechniken (Container, Automatisierung) deutlich, was dem internationalen Handel zusätzlichen Schub gab.

2 3 4 5

WTO, World Trade Report 2014, S. 25.

WTO, World Trade Report 2013, S. 56.

UNCTAD, World Investment Report 2014, S. 18.

UNCTAD, World Investment Report 2011 (Overview), S. 10.

1475

Der technische Fortschritt und die auf eine Marktöffnung ausgerichteten Wirtschaftspolitiken führten durch die Integration neuer Staaten zu einer grundlegenden Neuorientierung des Globalisierungsprozesses. Insbesondere änderte sich auch die Art der Globalisierung. Abgesehen vom rein quantitativen Aspekt wandelte sich der Waren- und Dienstleistungsverkehr in den letzten Jahrzehnten auch inhaltlich.

Traditionell beruht der Aussenhandel auf dem zwischenstaatlichen Austausch von Waren und Dienstleistungen: Die Waren und Dienstleistungen werden nicht nur auf dem Binnenmarkt abgesetzt, sondern zum Teil mit anderen Ländern getauscht.

Diese erste Welle der Globalisierung ist durch den Export von im Inland hergestellten Waren geprägt («made here, sold there»).6 Seit 1945 werden beim Handel Endprodukte und zunehmend Vorprodukte ausgetauscht. Gleichzeitig verringert sich der relative Anteil der Landwirtschaft am Welthandel.7 Durch den technologischen Fortschritt und die Liberalisierung der Volkswirtschaften entsteht eine neue Form von Globalisierung. Diese zeichnet sich durch eine grosse Mobilität der Produktionsfaktoren (Arbeit, Kapital, Technologie) und eine starke Aufteilung der Fabrikationsprozesse zwischen den Staaten aus («made everywhere, sold there»). Diese zweite Welle der Globalisierung unterscheidet sich gegenüber der ersten auch durch die zentrale Rolle der multinationalen Unternehmen, die durch Direktinvestitionen im Ausland Niederlassungsnetze aufgebaut haben.

Zurzeit werden mehr als zwei Drittel des Welthandels innerhalb von multinationalen Konzernen oder von deren Zulieferbetrieben abgewickelt.8 Dies erklärt auch den in den letzten Jahren verschärften Standortwettbewerb um multinationale Unternehmen.

Diese strukturelle Veränderung des Handels vollzog sich in den letzten dreissig Jahren. Der Handel stützt sich zunehmend auf den Austausch von Zwischenprodukten ab. Die Länder spezialisieren sich zunehmend auf bestimmte Produktionstätigkeiten und -segmente und nicht mehr auf Industriezweige. Der Welthandel beruht auf einer breiten Palette von Tätigkeiten, die an verschiedenen Orten auf der Welt ausgeführt werden. Diese Tätigkeiten bilden internationale Produktionsnetze, sogenannte globale Wertschöpfungsketten. Um die gegenwärtigen und künftigen kommerziellen Herausforderungen besser begreifen und Leitlinien für staatliches Handeln definieren zu können, braucht es ein besseres Verständnis dieses Phänomens.

1.1.2

Wirtschaftliche Auswirkungen der globalen Wertschöpfungsketten

Gemäss OECD umfasst eine globale Wertschöpfungskette alle Tätigkeiten ­ von der Entwicklung bis zur Endnutzung ­, die Unternehmen im In- oder im Ausland verrichten, um ein Produkt auf den Markt zu bringen.9 Bis eine Ware produziert wird, müssen verschiedene Aufgaben erfüllt sein. Diese beinhalten den Entwurf eines neuen Musters, die Herstellung, das Marketing, die Logistik, den Vertrieb und den Dienst an der Kundin und am Kunden. Diese Aufgaben können von einem einzelnen 6 7 8 9

Baldwin, Multilateralising 21st Century Regionalism, 2014, S. 5.

WTO, World Trade Report 2013, S. 54.

WTO, World Trade Report 2013, S. 54.

OECD, Interconnected Economies: Benefiting from Global Value Chains, Synthesis Report, 2013, S. 8.

1476

Unternehmen oder von verschiedenen Unternehmenseinheiten in einem oder mehreren Ländern übernommen werden. Durch die Auswahl der Akteure innerhalb einer Wertschöpfungskette lässt sich eine unter Kostengesichtspunkten optimale Kombination für die Erledigung der verschiedenen Aufgaben finden. So kann ein Unternehmen seine hochentwickelte Technologie in einem Land mit tieferen Arbeits- und Lebenshaltungskosten herstellen lassen, indem es seine Produktion (z. B. die Montage) ganz oder teilweise dorthin auslagert. Dadurch entstehen neue kommerzielle Möglichkeiten, die der klassische Handel mit Endprodukten nicht bietet.

Das Diagramm von Stan Shih (vgl. Grafik 1), dem Gründer des taiwanesischen ITUnternehmens Acer, veranschaulicht den Zyklus eines Produkts entlang einer globalen Wertschöpfungskette. Es verdeutlicht die unterschiedlichen Wertschöpfungsmöglichkeiten, die vor und nach der rein industriell geprägten Produktions- und Montagephase bestehen. Stan Shih entwarf seine Kurve ­ die sogenannte «Smiling Curve» ­ ursprünglich zur Beschreibung der Situation in der Elektronikindustrie. Sie zeigt auf, wie ungleich die Wertschöpfung der verschiedenen Produktionstätigkeiten beziehungsweise der beteiligten Industrie ist.

Grafik 1 Diagramm von Stan Shih

Quelle: Angepasste Grafik nach Shih, Business Week Online extra, 1992 und OECD, Interconnected Economies: Benefiting from Global Value Chains, 2014, S. 214.

Die Kurve stellt von links nach rechts die verschiedenen Tätigkeiten innerhalb einer globalen Wertschöpfungskette dar: Forschung und Entwicklung (F&E), Entwurf, Logistik, Industrieproduktion, Vertrieb, Marketing und Verkauf. Die Positionierung der einzelnen Tätigkeiten nach ihrer jeweiligen Wertschöpfung (y-Achse) verdeutlicht, dass an den beiden Enden der Kette die grösste Wertschöpfung generiert wird.

So wird durch die Planung, die F&E, den Vertrieb und den Verkauf wesentlich mehr Wert geschaffen als durch die verarbeitenden Tätigkeiten (Produktion, Montage).

Das Diagramm widerspiegelt insbesondere die Situation in der Elektronik-, Textilund Konfektions- sowie der Schuh- und Spielzeugindustrie. Durch die Aufschlüsselung des Preises eines Herrenanzugs nach der Wertschöpfung, welche die einzelnen 1477

Tätigkeiten im Produktionsprozess generieren, wird Folgendes deutlich: Bei einem Verkaufspreis von 400 USD entfallen auf die verarbeitenden Tätigkeiten nur 9 Prozent des Gesamtpreises, der Rest entfällt auf Dienstleistungen.10 In der Schwermaschinenindustrie (Automobil-, Flugzeug- und Werkzeugmaschinensektor) ist der durch die Montage des Endprodukts geschaffene Wert höher als in der Textiloder Konfektionsbranche. Die neuen auf den globalen Wertschöpfungsketten beruhenden Produktionsmuster führen auf Unternehmens- und auf Länderebene zu einem tiefgreifenden strukturellen Wirtschaftswandel: ­

Die stärkere Spezialisierung von Unternehmen und Staaten auf bestimmte Aufgaben und Funktionen verschärft den internationalen Wettbewerb und fördert die Produktivität. Die meisten Waren und zahlreiche Dienstleistungen werden an verschiedenen Orten der Welt («made in the world») von den Unternehmen produziert, die sich auf die jeweiligen Einzelaufgaben spezialisiert haben. Dadurch, dass sich die Unternehmen vor Ort oder weltweit bei jenen Lieferanten mit Vorprodukten eindecken, die ihre Waren und Dienstleistungen besonders preisgünstig anbieten und überdurchschnittlich effizient arbeiten, profitieren sie von niedrigeren Kosten. Diese internationale Arbeitsteilung wird immer stärker ausgereizt und ermöglicht den Unternehmen, durch Effizienzgewinne und Skaleneffekte ihre Produktivität zu erhöhen. Die globalen Wertschöpfungsketten betreffen vor allem multinationale Unternehmen und ihre Niederlassungen. In bestimmten Produktionssegmenten beauftragen diese aber auch unabhängige Lieferanten, unter anderem kleine und mittlere Unternehmen (KMU). Durch die Verteilung der Aufgaben bilden sich neue Nischen für Anbieter von Waren und Dienstleistungen, die KMU dank ihrer Reaktions- und Innovationsfähigkeit besetzen können.

Untersuchungen zeigen, dass multinationale US-Konzerne im Jahr 2010 im Durchschnitt 25 Prozent ihrer Vorprodukte bei KMU einkauften.11 Die Struktur der Industriezweige unterscheidet sich je nach Art der Produkte. Grosse internationale Konzerne, die relativ einfache und billige Artikel (Konfektionskleidung, Spielzeug) produzieren, übernehmen in der globalen Wertschöpfungskette die Führungsrolle. Sie konzentrieren sich auf Marketing- und Vertriebstätigkeiten und vergeben die übrigen Aufgaben an Subunternehmen. Dagegen werden Unternehmen in technologisch anspruchsvolleren, forschungsintensiven Bereichen (Elektronik, Chemie) versuchen, vom Entwicklungs- bis zum Verkaufsstadium die Kontrolle über ihre Lieferkette zu behalten, um eine Aneignung der Technologie durch die Konkurrenz zu vermeiden.

­

10 11 12

Die globalen Wertschöpfungsketten scheinen sich nicht auf das Gesamtbeschäftigungsniveau auszuwirken. Sie verändern aber die Zusammensetzung des Arbeitsmarkts. Über das Verhältnis zwischen Handel und Beschäftigung wurden zahlreiche Studien verfasst.12 Diese zeigen, dass sich die wirtschaftliche Globalisierung in der Regel kaum oder gar nicht auf das globale Gesamtniveau der Beschäftigung auswirkt. Das Beschäftigungsniveau hängt nicht allein von der wirtschaftlichen Öffnung eines Staates ab. Es wird stärPatrick Low, The Role of Services in Global Value Chains, 2013, S. 8 OECD, Interconnected Economies, Synthesis Report, 2013, S. 23­24.

OECD, Interconnected Economies, 2013, S. 29 und ICITE, Policy Priorities for International Trade and Jobs, 2012, S. 47.

1478

ker durch das Wachstum der Erwerbsbevölkerung und durch arbeitsmarktrelevante wirtschaftspolitische Massnahmen bestimmt.

In den letzten Jahrzehnten bis zur Wirtschaftskrise 2008 schwankten die Arbeitslosenquoten in den OECD-Ländern entsprechend der jeweiligen Konjunkturentwicklung, während der Handel und die ausländischen Direktinvestitionen zunahmen. Die globalen Wertschöpfungsketten begünstigen die Auslagerung bestimmter, insbesondere sehr arbeitsintensiver Produktionsschritte. Alle leicht automatisierbaren Aufgaben (z. B. Buchführung, Überwachungstätigkeiten) laufen Gefahr, ausgelagert zu werden. Dadurch wirken sich die globalen Wertschöpfungsketten auf die Zusammensetzung des Arbeitsmarkts aus. Diese Marktanpassungen haben für verschiedene Kategorien von Beschäftigten unterschiedliche Folgen. Vor diesem Hintergrund ist der Anteil niedrig qualifizierter Angestellter in den Industriestaaten gesunken. Die Schrumpfung des verarbeitenden Gewerbes wurde durch das starke Wachstum des Dienstleistungssektors kompensiert. Dort sind bessere Qualifikationen erforderlich, weshalb Bildung und persönliche Kompetenzen für eine erfolgreiche berufliche Wiedereingliederung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer besonders wichtig sind.

Die globalen Wertschöpfungsketten tragen dazu bei, dass sich die Nachfrage nach bestimmten Arbeitnehmerqualifikationen geografisch verlagert. Es lässt sich aber nur schwer sagen, welche Veränderungen auf den Handel und welche auf die technologische Entwicklung zurückzuführen sind. Gemäss einer aktuellen Studie der OECD verringert die Herausbildung der globalen Wertschöpfungsketten jedoch tendenziell die weltweite Lohnungleichheit.13 Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die Integration eines Landes in die globalen Wertschöpfungsketten eine erforderliche, aber keine ausreichende Bedingung zum Erhalt oder zum Ausbau von Arbeitsplätzen ist.

1.1.3

Neue Messgrösse für den Welthandel

Heutzutage macht der Austausch von Vorleistungen ­ das heisst von Produkten, die für die Herstellung anderer Erzeugnisse verwendet werden ­ den Grossteil des Welthandels aus (60 % des Warenhandels und 75 % des Handels mit Dienstleistungen). In den meisten Industriestaaten wird rund ein Drittel der importierten Vorleistungsgüter in inländische Erzeugnisse integriert, die in den Export gehen. Die klassischen Handelsstatistiken widerspiegeln dies nicht. Sie rechnen den Gesamtwert der gehandelten Produkte unpräzis dem letzten Land zu, das am Produktionsprozess beteiligt war ­ selbst wenn dessen Beitrag minimal ist. Dies verfälscht die Grundlagen für politische Entscheide und beeinträchtigt die Wahrnehmung der Öffentlichkeit. Es ist absurd, dass die gesamten Produktionskosten eines in China montierten und in den USA verkauften iPhone als US-Import erfasst werden, was das amerikanische Handelsbilanzdefizit gegenüber China weiter erhöht. Dabei belaufen sich die in China anfallenden Herstellungskosten auf weniger als 4 Prozent der Gesamtfabri-

13

OECD, Trade, Global Value Chains and Wage-Income Inequalities, 2015.

1479

kationskosten. Die meisten Vorleistungsprodukte für die Fertigung des iPhone stammen aus Japan, Deutschland, Südkorea und den USA14.

Aufgrund der starken Expansion der globalen Wertschöpfungsketten braucht es eine neue Messgrösse zur Abbildung der internationalen Handelsströme, um das Gewicht der einzelnen Länder im internationalen Wettbewerb relativ präzise bestimmen zu können. Anfang 2013 hat die OECD in Zusammenarbeit mit der WTO eine neue Methode entwickelt. Damit lässt sich die durch den Handel entstehende Wertschöpfung für 95 Prozent der weltweit produzierten Waren und Dienstleistungen ermitteln15.

Grafik 2 Messung von Wertschöpfungsexporten und -importen

Quelle: OECD, Interconnected Economies: Benefiting from Global Value Chains, Synthesis Report, 2013.

Beispiel (vgl. Grafik 2): Staat A exportiert im Inland hergestellte Produkte für 100 US-Dollar an Land B, das die Erzeugnisse weiterverarbeitet und schliesslich in Land C ausführt, wo sich die Endverbraucherinnen und -verbraucher befinden. B generiert durch die Weiterverarbeitung eine Wertschöpfung von 10 US-Dollar und exportiert die Produkte zum Preis von 110 US-Dollar nach C. Gemäss den klassischen Statistiken beläuft sich der Gesamtexportwert auf 210 US-Dollar, obwohl bei der Produktion nur eine Wertschöpfung von 110 US-Dollar erzielt wurde.

Nach der klassischen Berechnungsmethode weist C ein Handelsbilanzdefizit von 110 US-Dollar gegenüber B aus. Ein Exportgeschäft zwischen C und A wird nicht erfasst, obwohl A grösster Nutzniesser des Konsums von C ist.

Durch die Messung der im Herstellungsprozess generierten Wertschöpfung lässt sich dank der neuen Berechnungsmethode ein realistischeres Bild der aktuellen ökonomischen Herausforderungen ­ insbesondere bezüglich des Anteils an importierten Vorleistungen in den exportierten Endprodukten ­ beziehungsweise des Gewichts der Dienstleistungen in den globalen Wertschöpfungsketten vermitteln. Werden Handelsbilanzen auf Grundlage dieser Methode erstellt, geben sie präziser Auskunft darüber, welche Rolle die Hauptakteure der Globalisierung spielen. Durch eine Ermittlung gestützt auf die Wertschöpfung anstatt auf klassische Statistikmethoden würde sich der 2009 erzielte Handelsbilanzüberschuss Chinas gegenüber den USA um ein Drittel verringern. Dies lässt sich vor allem damit erklären, dass die in China 14 15

Asian Development Bank Institute, How the iPhone Widens the United States Trade Deficit with the People's Republic of China, Nr. 257 2010.

OECD, Global Value Chains: OECD Work on Measuring Trade in Value-Added and Beyond, 2012.

1480

montierten Endprodukte häufig Vorprodukte aus den USA enthalten. Auch würde das Handelsbilanzdefizit der Schweiz gegenüber Deutschland weniger als die Hälfte betragen, weil die Schweizer Exporte nach Deutschland eine höhere Wertschöpfung beinhalten als Deutschlands Ausfuhren in die Schweiz.

Weiter entwickelte die OECD einen Indikator, der die Beteiligung eines Landes an den globalen Wertschöpfungsketten aufzeigt. Er misst den wertmässigen Anteil der importierten Vorleistungsgüter am Wert der Exporte eines Landes und damit die Bedeutung ausländischer Lieferanten für die inländische Produktion (vorgelagerte Beteiligung). Ergänzt wird der Indikator durch eine zweite Messgrösse, welche die Rolle des Landes als Lieferant für Drittländer bewertet. Das heisst, sie misst den Anteil der Waren und Dienstleistungen, die als Vorleistungsgüter für die Herstellung der Exporterzeugnisse von Drittländern dienen (nachgelagerte Beteiligung). Die Kombination dieser beiden Beteiligungsarten ergibt ein präzises Bild der Beteiligung eines Landes an den globalen Wertschöpfungsketten16.

Grafik 3 Beteiligung der Schweiz an den globalen Wertschöpfungsketten Ausländische Vorprodukte (vorgelagerte Beteiligung) und bei der Herstellung der Exporterzeugnisse von Drittländern verwendete Schweizer Vorprodukte (nachgelagerte Beteiligung) in Prozent der Bruttoexporte, Werte von 2009.

Quelle: OECD, Mapping Global Value Chains: Switzerland, 2013.

Grafik 3 veranschaulicht die Beteiligung der Schweiz und ihrer wichtigsten Partner an den globalen Wertschöpfungsketten. Mittelgrosse Volkswirtschaften wie die Schweiz, Belgien oder die Niederlande verwenden mehr ausländische Vorprodukte zur Herstellung ihrer Waren als grosse Länder wie die USA oder Kanada, die stärker 16

OECD, Mapping Global Value Chains, 2013, S. 11.

1481

auf im Inland erzeugte Vorprodukte zurückgreifen. Allerdings entscheidet nicht die Grösse einer Volkswirtschaft über den Grad ihrer Beteiligung an der Weltwirtschaft.

Massgeblich ist, wie hoch der Anteil der in ihre Exportprodukte integrierten Vorleistungsgüter ist und inwieweit Drittländer diese Exporterzeugnisse selbst als Vorprodukte einsetzen. So wird der Beteiligungsindex der USA (40 %) im Wesentlichen dadurch beeinflusst, welche Rolle die US-Exporte als Vorprodukte für Drittländer spielen (rund 25 %).

Der Beteiligungsindex der Schweiz (52 %) verdeutlicht, dass sie stark in die globalen Wertschöpfungsketten integriert ist17. So bestehen Schweizer Exporterzeugnisse zu einem beachtlichen Teil aus importierten Vorleistungen: Fast 50 Prozent des Wertes der Schweizer Textil- und Chemieexporte wird im Ausland generiert und der Durchschnittswert für den gesamten Exportsektor liegt bei etwa 30 Prozent. Der im Ausland generierte Wertanteil ist seit 1995 gestiegen, was die zunehmende Integration der Schweiz in die Weltwirtschaft aufzeigt. Dieser Trend lässt sich unter anderem durch die besondere Bedeutung der Direktinvestitionen für die Schweiz erklären, ist das Verhältnis zwischen Hauptsitz und Filialen von Unternehmen für die globalen Wertschöpfungsketten doch von zentraler Bedeutung. Nach Schätzungen der OECD werden 40 Prozent der Arbeitsplätze im Schweizer Privatsektor durch die ausländische Endnachfrage gestützt18.

Die Schweiz verfügt über ausreichende statistische Daten, um die durch den Handel entstehende Wertschöpfung zu messen. Für eine genauere Analyse müsste die Regelmässigkeit der Datenveröffentlichung verbessert sowie die Sammlung von Daten zu bestimmten Auswirkungen der globalen Wertschöpfungsketten auf die Beschäftigung und die Investitionserträge gefördert werden.

1.1.4

Die eminente Rolle der Dienstleistungen bei der Herstellung von Waren

Die Herstellung einer Ware beruht nicht mehr nur auf einem einfachen Produktionsprozess. Vielmehr muss eine Reihe von Dienstleistungen entlang der globalen Wertschöpfungskette erbracht werden, bis das Produkt fertiggestellt ist. Wie die «Smiling Curve» von Stan Shih zeigt, verschwimmt die Grenze zwischen Ware und Dienstleistung zunehmend. Vor diesem Hintergrund wird es immer schwieriger, den Dienstleistungsanteil innerhalb des Produktionsprozesses einer Ware zu ermitteln.

Da bei der Produktion und beim Vertrieb von Waren immer verschiedenartigere Dienstleistungen (u.a. aus den Bereichen Finanzen, Recht, IT, F&E, Logistik und Werbung) in Anspruch genommen werden, spricht man bereits von einer Tertiarisierung der Wirtschaft19. Dieser Begriff trifft auf viele Umstände zu, etwa wenn in der Landwirtschaft zur Unterstützung bei der Feldarbeit ein GPS-System benutzt wird oder Fernsteuerungen zum Einsatz kommen, die von Flugzeugherstellern produziert wurden.

17 18 19

OECD/WTO, Trade in Value-Added (TiVA) Database, Januar 2013 (Zahlen von 2009) und Global Value Chains: Switzerland, S. 1­4, Mai 2013.

OECD, Trade and jobs, in OECD Science, Technology and Industry Scoreboard, 2013.

Patrick Low, The Role of Services in Global Value Chains, 2013, S. 7­9.

1482

Grafik 4 Durch Dienstleistungen generierter Wertschöpfungsanteil am Brutto-Warenexport, 2009

Quelle: WTO/OECD, Trade in Value-Added (TiVA) Indicators: Switzerland, 2014.

Die neuen Daten über Wertschöpfungsexporte und -importe zeigen, dass der Anteil der Dienstleistungen am Welthandel höher ist als bisher angenommen (vgl. Grafik 4). Rund die Hälfte der Wertschöpfung der Exporte aus den OECD-Ländern wird durch Dienstleistungen generiert. Klassische Statistiken beziffern diesen Anteil lediglich auf 25 Prozent. Dies lässt sich vor allem dadurch erklären, dass Exportgüter einen erheblichen Wertschöpfungsanteil (rund ein Drittel) beinhalten, der durch den Dienstleistungssektor generiert wird.

Was die Beteiligung an den globalen Wertschöpfungsketten betrifft, rangiert die Schweiz gemäss dieser Analyse unter den OECD-Ländern im Mittelfeld. Ein Grossteil der Wertschöpfung wird dabei durch den Schweizer Dienstleistungssektor generiert, was dessen gute Wettbewerbsfähigkeit verdeutlicht. Unternehmensbezogene Dienstleistungen spielen bei der Wertschöpfung die grösste Rolle, gefolgt von Vertriebs-, Finanz- und Versicherungs- sowie Transport- und Telekommunikationsdienstleistungen20. Die Wertschöpfung pro Arbeitsplatz ­ und damit der wichtigste Bestimmungsgrund der Löhne ­ ist in diesen Branchen sehr hoch21. Die Analyse unterstreicht aber auch eine neue Erkenntnis: Die Schweiz besitzt bei bestimmten, in Industrieerzeugnisse einfliessenden Dienstleistungen auch einen realen komparativen Vorteil.

20 21

OECD/WTO, Global Value Chains: Switzerland, S. 4, Mai 2013.

Christian Busch & Isabelle Schluep Campo, Die Volkswirtschaft, Juni 2013.

1483

1.1.5

Neue Herausforderungen im internationalen Wettbewerb: die Jagd nach der maximalen Wertschöpfung

Die Wettbewerbsfähigkeit eines Landes lässt sich nicht mehr rein anhand der exportierten Güter beurteilen. Sie hängt vielmehr von der Fähigkeit der betreffenden Volkswirtschaft ab, sich innerhalb der Produktionsketten auf Tätigkeiten mit hoher Wertschöpfung zu spezialisieren. Im Zentrum des internationalen Wettbewerbs steht nun nicht mehr ein Endprodukt, sondern eine bestimmte Aufgabe innerhalb der Wertschöpfungskette. Die Industrieländer haben sich auf den Dienstleistungssektor spezialisiert und verfügen somit in diesem Bereich über einen komparativen Vorteil.

Aber auch die Schwellenländer profitieren von der neuen Situation, ist es ihnen doch gelungen, komplette Segmente der globalen Wertschöpfungskette zu übernehmen.

In einer ersten Phase konzentrierten sie sich im Allgemeinen auf Aktivitäten mit geringer Wertschöpfung. Dabei handelte es sich vor allem um Routinetätigkeiten wie die Gerätemontage (z. B. iPhone). Sie haben sich aber sehr schnell die erforderlichen Kompetenzen angeeignet, um ihre Wertschöpfung innerhalb der globalen Produktionsketten zu erhöhen. In dem immer anspruchsvolleren globalen Wettbewerbsumfeld muss sich die Schweiz auf hochqualifizierte Tätigkeiten konzentrieren, die in der Wertschöpfungskette der eigentlichen Fertigung vorgelagert und nachgelagert sind, und versuchen, diese Position zu halten.

1.2

Die Schweiz im Zentrum der Wertschöpfungsketten und die neue Wachstumspolitik

Aus der Entwicklung der globalen Wertschöpfungsketten lassen sich sechs Hauptlehren ziehen: ­

Ein Land, das seine Waren- und Dienstleistungsimporte beschränkt, schadet seinem Exportsektor. In einer interdependenten Welt steigern jene Unternehmen, die qualitativ hochwertige Vorleistungsgüter zu bestmöglichen Bedingungen importieren können, ihre Produktivität und internationale Wettbewerbsfähigkeit. Die Liberalisierung des Handels kommt sowohl Exporteuren als auch Importeuren zugute, wobei ein Unternehmen oft beide Rollen einnimmt.

­

Handelshemmnisse wirken sich umso gravierender aus, als Vorleistungsgüter häufig die Grenzen passieren, bevor sie in ein Endprodukt integriert werden.

Entlang der globalen Wertschöpfungskette summieren sich die ­ je nach Land mehr oder weniger hohen ­ Zollabgaben und administrativen Kosten für die vorgeschriebenen Zollabfertigungsverfahren, was die Produktionskosten erhöht. Denselben Effekt zeitigen die von einigen Ländern eingeführten Antidumping-Zölle, die vielfältigen und komplexen Ursprungsregeln sowie andere nichttarifäre Handelshemmnisse. Vor diesem Hintergrund stellen der Abbau von Zollschranken und eine stärkere Vereinfachung von Zollverfahren wichtige Prioritäten der Schweizer Aussenwirtschaftspolitik dar ­ genauso wie die Rationalisierung technischer Vorschriften durch deren Harmonisierung sowie die Anerkennung von Normen und von Zertifizierungsmethoden.

1484

­

Dienstleistungen, Investitionen und internationale Produktionsmethoden ohne Kapitalbeteiligung spielen in der Weltwirtschaft eine äusserst wichtige Rolle. Aufgrund des hohen Gehalts von Dienstleistungen in den schweizerischen Exporten muss sich die Schweiz um Exzellenz im Dienstleistungssektor bemühen, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten. Besondere Aufmerksamkeit ist dabei einem möglichst reibungslosen internationalen Dienstleistungsverkehr zu schenken. Rahmenbedingungen, die den Schweizer Unternehmen im Ausland Schutz und den Zugang zu den Märkten garantieren, erlauben diesen des Weiteren die bestmögliche Nutzung der globalen Wertschöpfungsketten.

­

Die Respektierung von Nachhaltigkeitsaspekten (Umwelt- und Sozialstandards) entlang des Produktionsprozesses kann den Schweizer Unternehmen eine neue Gelegenheit eröffnen, um sich vorteilhaft zu positionieren und sich von Anbietern aus anderen Ländern insbesondere durch die Übernahme sozialer Verantwortung (Corporate Social Responsability) abzuheben.

­

Die globalen Wertschöpfungsketten reagieren sehr sensibel auf jegliche Störungen. So forderte das Erdbeben, das am 11. März 2011 Japan erschütterte, einen verheerenden Tsunami auslöste und die Atomkatastrophe von Fukushima verursachte, nicht nur mehrere Tausend Todesopfer, sondern brachte auch den japanischen Produktionsapparat ins Stocken. Diese Katastrophen führten indirekt zu Produktionsunterbrüchen in der amerikanischen und der europäischen Automobilindustrie. Auf dem Markt für Speicherkarten kam es zudem zu Preiserhöhungen und Lieferschwierigkeiten. Zusammen mit den Überschwemmungen in Thailand im gleichen Jahr, führte dies zu erheblichen Engpässen im Festplattensektor.

­

Auf die Finanzkrise wurde weltweit mit protektionistischer Politik und interventionistischen Massnahmen im internationalen Handel, im Investitionsbereich, im Steuerwesen und auch in der Einwanderung reagiert. Es muss nun sichergestellt werden, dass sich diese für den Wohlstand und insbesondere für den Arbeitsmarkt der Schweiz schädlichen Tendenzen nicht negativ auf die weltweit stark verflochtenen Wertschöpfungsketten auswirken. In diesem Zusammenhang kommt auch der Kommunikation eine grosse Bedeutung zu. So ist es wichtig, auf nationaler Ebene die Vorteile offener Märkte aufzuzeigen und im Bereich der Aussenwirtschaftspolitik den Nutzen einer aktiven Beteiligung in internationalen Organisationen und Foren hervorzuheben.

1.2.1

Auswirkungen auf die Aussenwirtschaftspolitik

Da die dynamische Entwicklung der globalen Wertschöpfungsketten ein globales Phänomen darstellt, erfordert sie auch eine globale Vorgehensweise. Im Rahmen ihrer Aussenwirtschaftspolitik verfügt die Schweiz bereits über die wichtigsten Instrumente zur Steuerung dieses Wirtschaftsphänomens (vgl. Berichte zur Aussenwirtschaftspolitik 2004 und 201122). Damit sie diese Instrumente zielgerichtet einsetzen kann, muss die Schweiz mit Partnerländern zusammenarbeiten, die zur Ausarbeitung innovativer Lösungen auf bi-, pluri- und multilateraler Ebene bereit sind.

22

BBl 2005 1089, 2012 827

1485

Innerhalb der globalen Wertschöpfungsketten besteht eine enge Verbindung zwischen industriellen Aktivitäten, Dienstleistungen und Investitionen. Es ist deshalb unerlässlich, diese drei untrennbaren Komponenten in den internationalen Rechtsrahmen einzubinden und diesen Rahmen auf möglichst viele Länder auszuweiten.

Dieser internationale Rechtsrahmen muss auch das geistige Eigentum wirksam schützen. Nur so lässt sich ein Klima des Vertrauens schaffen, das die Voraussetzung für einen Technologietransfer bildet. Es reicht nicht aus, nur den Warenverkehr zwischen zwei Ländern zu erleichtern, wenn den durch eine Wertschöpfungskette miteinander verbundenen Unternehmen durch einschneidende Beschränkungen der Zugang zu den hochwertigsten Dienstleistungen erschwert wird oder wenn die von ihnen mit grossem finanziellen Aufwand entwickelten Innovationen gefälscht oder illegal kopiert werden. Zudem müssen die reellen Möglichkeiten der wirtschaftlichen Globalisierung der nachhaltigen Entwicklung im Umwelt- und sozialen Bereich zugutekommen.

Der multilaterale Ansatz der WTO trägt den Bedürfnissen der Wirtschaft im 21. Jahrhundert ohne Zweifel am besten Rechnung. Die WTO deckt praktisch die gesamte Welt ab und bezieht den Waren- und Dienstleistungsverkehr sowie den Schutz des geistigen Eigentums bereits in ihre Regelungen ein. Es wäre ideal, wenn die WTO ihre Zuständigkeit auch auf die Investitionen oder den Wettbewerb ausweiten könnte. Wichtig wäre zudem eine wirksame Zusammenarbeit zwischen der WTO und den zwischenstaatlichen Organen, die dafür zuständig sind, die global einheitliche Umsetzung von Umwelt- und Sozialstandards zu fördern und sicherzustellen. Ein solches internationales System wäre auf die Bedürfnisse der globalen Wertschöpfungsketten zugeschnitten. Die Schweiz wird sich hierfür einsetzen. Sie ist sich aber bewusst, dass dieses Vorhaben derzeit auf grossen Widerstand stösst und einen langen Atem erfordert.

Kurz- bis mittelfristig setzt sich die Schweiz entschieden gegen jegliche Form von Protektionismus ein, die seit der Krise von 2009 zu beobachten ist. Sie macht sich für eine Belebung der WTO-Verhandlungen stark und engagiert sich weiterhin für den Abschluss multilateraler Abkommen über die Liberalisierung des Waren- und Dienstleistungsverkehrs. Sie unternimmt alle erforderlichen Anstrengungen,
um die vollständige Umsetzung des 2013 bei der Ministerkonferenz in Bali abgeschlossenen Abkommens über Handelserleichterungen (vgl. Ziff. 2.1) sicherzustellen. Weltweite Reformen zur Erleichterung des Handels könnten die Transaktionskosten erheblich senken. Die Schweiz wird sich zudem an den plurilateralen Initiativen beteiligen, die am Rande der WTO von mehreren Ländergruppen lanciert wurden. Damit soll ein Rechtsrahmen geschaffen werden, der den Bedürfnissen der globalen Wertschöpfungsketten stärker Rechnung trägt. Ein Beispiel hierfür bilden die Verhandlungen zu einem plurilateralen Dienstleistungsabkommen, die derzeit in Genf stattfinden (vgl. Ziff. 5.3).

Eine weitere wichtige Aufgabe besteht darin, das Netz von FHA, das die Schweiz seit mehr als zwanzig Jahren mit Nicht-Mitgliedstaaten der EU geknüpft hat, weiter zu stärken und auszuweiten (vgl. Ziff. 4). Angesichts der dynamischen Entwicklung der globalen Wertschöpfungsketten müssen ältere Teilabkommen oder Abkommen, die ausschliesslich den Warenverkehr abdecken, erweitert und aktualisiert werden.

Dabei wird der Fokus primär auf jenen Abkommen liegen, welche die Schweiz mit den wichtigsten Handelspartnern abgeschlossen hat. Viele Unternehmen nutzen die Vorteile der bereits geltenden Abkommen ferner nicht, weil die sehr komplexen Ursprungsregeln und die hohen mit der Umsetzung der Abkommen verbundenen 1486

Verwaltungskosten sie abschrecken. In diesem Zusammenhang wird sich die Schweiz im Rahmen der bilateralen Verhandlungen mit der EU aktiv dafür einsetzen, die Präferenzursprungsregeln zu vereinfachen und zu harmonisieren, um den Bedürfnissen der Industrie besser zu entsprechen (vgl. Ziff. 5.1).

Die Verhandlungen der USA im Rahmen der Transatlantischen Handels- und Investitionspartnerschaft (Transatlantic Trade and Investment Partnership, TTIP) und der Transpazifischen Partnerschaft (Trans-Pacific Partnership, TPP)23 stehen in unmittelbarem Zusammenhang mit der Entwicklung der globalen Wertschöpfungsketten.

Sollten beide Abkommen zustande kommen, würden sie fast 60 Prozent der USHandelsbeziehungen abdecken (vgl. Ziff. 4.1). Ein möglicher Abschluss des TTIPAbkommens könnte die Schweiz benachteiligen, wäre sie doch von den Vorzugsbedingungen ausgeschlossen, die sich den USA und der EU, ihre beiden wichtigsten Handelspartner in diesem Fall gegenseitig einräumen würden. Der Bundesrat wird die Entwicklungen in diesem Bereich weiterhin aufmerksam beobachten und rechtzeitig die für die Schweiz bestehenden Handlungsoptionen prüfen: i) Beitritt zum TTIP-Abkommen, sofern dies Drittstaaten möglich ist; ii) Verhandlung eines FHA mit den USA; oder iii) Fortsetzung der bisherigen Politik ohne grössere Neuausrichtung. Dabei wird das Ziel des Bundesrats darin bestehen, die Wettbewerbsfähigkeit und Attraktivität des Wirtschaftsstandorts Schweiz zu erhalten und gleichzeitig die Auswirkungen der verschiedenen Handlungsoptionen auf die betroffenen Wirtschaftssektoren und ihre Arbeitsplätze sowie auf den Konsumenten- und Umweltschutz zu berücksichtigen.

Die Schweiz setzt sich dafür ein, den Marktzugang für Direktinvestitionen durch Freihandels- und Investitionsschutzabkommen zu verbessern (vgl. Ziff. 5.4). Die Bestimmungen für die Bekämpfung der Bestechung ausländischer Amtsträger24 und die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen bilden einen wirksamen Rechtsrahmen für die internationale Investitionstätigkeit. Die Schweiz setzt sich auch künftig aktiv für die Festlegung solcher Regelungen ein, insbesondere jener zur Förderung einer verantwortungsvollen Unternehmensführung (Corporate Social Responsibility).

Die bilateralen Handelsverträge mit der EU (vgl. Ziff. 3) sind besonders wichtig, damit die Schweizer
Unternehmen innerhalb der europäischen Wertschöpfungsketten erfolgreich agieren können. Es handelt sich um die wichtigsten Wirtschaftsabkommen der Schweiz, hängen doch der Wohlstand und ein beträchtlicher Teil von Arbeitsplätzen unseres Landes stark davon ab. Dies beweist auch ein Blick auf die Entwicklung des Gesamtwertes des Handels zwischen der Schweiz und der EU in den vergangenen zehn Jahren (55 Prozent der Schweizer Warenexporte gingen 2013 in den EU-Raum und 73 Prozent der Warenimporte kamen aus der EU). Durch die flächendeckende Umsetzung der bilateralen Verträge profitiert die Schweizer Wirtschaft von Rahmenbedingungen, welche die solide Stellung unserer Unternehmen 23

24

Bei diesen US-Handelsinitiativen handelt es sich um die 2013 lancierte TTIP, die in ein Abkommen zwischen den Vereinigten Staaten und der EU münden soll, sowie die 2010 initiierte TPP. Letztere zielt auf ein Abkommen zwischen den Vereinigten Staaten und einem Dutzend Länder aus dem Raum der asiatisch-pazifischen Wirtschaftskooperation APEC (Asia-Pacific Economic Cooperation) ab. Im Falle eines Abschlusses beider Abkommen würde die dadurch entstehende Freihandelszone zwei Drittel der Weltwirtschaft abdecken.

Übereinkommen vom 17. Dezember 1997 über die Bekämpfung der Bestechung ausländischer Amtsträger im internationalen Geschäftsverkehr (SR 0.311.21).

1487

innerhalb der europäischen Wertschöpfungsketten untermauern. Allerdings ist nicht garantiert, dass sich diese privilegierte Stellung bewahren und ausbauen lässt, denn der Rechtsrahmen der EU entwickelt sich kontinuierlich weiter. Der Schweizer Wirtschaft sollen dieselben Beteiligungsmöglichkeiten am europäischen Binnenmarkt garantiert werden, die auch der Konkurrenz aus der EU zustehen. Dies erfordert eine dynamische Anpassung durch die Konsolidierung und Erneuerung des bilateralen Wegs, was ein prioritäres Ziel des Bundesrats darstellt.

Weiter sind auch die Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen für die Entwicklung des Handels wichtig und tragen zum Erfolg der Schweizer Unternehmen in den weltweiten Wertschöpfungsketten bei. Bisher verfügt die Schweiz über ein Netz von rund neunzig dieser Abkommen ­ eine Zahl, die weiter steigen muss.

Die Entwicklung der globalen Wertschöpfungsketten wirkt sich auch auf die Integration der Entwicklungsländer aus (vgl. Ziff. 6). Dabei kann die Schweizer Entwicklungszusammenarbeit eine Rolle spielen, indem sie über ihre verschiedenen Fachstellen dazu beiträgt, die Fähigkeiten der Partnerländer zur Ausarbeitung und Umsetzung von kohärenten und auf nachhaltige Entwicklung ausgerichteten Wirtschaftspolitiken zu stärken. Zudem engagiert sich die Schweizer Entwicklungszusammenarbeit für eine Integration der Entwicklungsländer in den Welthandel, die den Bedürfnissen dieser Länder und ihrer Bevölkerungen entspricht. Besonderes Augenmerk richtet sich in diesem Zusammenhang auf die Einführung von technischen Qualitätsvorschriften und neuen Verpackungen sowie die Umsetzung von Umwelt- und Sozialstandards. Dadurch sollen die Handelsbestimmungen, die grundlegenden Arbeitsstandards und die Umweltschutzvorschriften miteinander in Einklang gebracht werden, um eine nachhaltige Entwicklung zu fördern. Im Rahmen dieser Bemühungen zur Integration der Entwicklungsländer in die globalen Wertschöpfungsketten unterstützt die Schweiz aktiv das Programm «Aid for Trade» der WTO.

Die jüngsten weltweiten Veränderungen im Steuerbereich stellen ebenfalls eine grundlegende Entwicklung für die Schweiz dar (vgl. Ziff. 2.2.2 und 2.6.1). Am 15. Juli 2014 verabschiedete der OECD-Rat förmlich den neuen Standard über den automatischen
Informationsaustausch in Steuersachen, der von den Finanzministern der G20 im September 2014 anerkannt wurde. Die Schweiz informierte das Global Forum über Transparenz und Informationsaustausch in Steuerfragen über ihre Absicht, den neuen Standard vorbehaltlich der parlamentarischen Zustimmung 2017/2018 umzusetzen. Weiter stiess der OECD-Aktionsplan gegen die Aushöhlung der Steuerbasis und die Gewinnverlagerung (Base Erosion Profit Shifting) in der internationalen Staatengemeinschaft und insbesondere in der G20 auf grosse Zustimmung. Die im Aktionsplan vorgesehenen Arbeiten dürften bis Ende 2015 abgeschlossen sein.

Die fortschreitende Internationalisierung führt auch dazu, dass der mit der Exportförderung betraute privatrechtliche Verein Switzerland Global Enterprise (S-GE) seit einigen Jahren seine Dienstleistungspalette für exportorientierte KMU und sein Expertennetzwerk ausweitet (vgl. Ziff. 9.1.1).

1488

1.2.2

Auswirkungen auf die Binnenmarktpolitik

Die grosse internationale Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz ist zwar allgemein anerkannt. Dennoch belastet das hohe Preisniveau auf dem inländischen Markt die Konkurrenzfähigkeit Schweizer Exporte25. Diese hohen Preise sind auf den mangelnden Wettbewerb im Inland sowie auf kostspielige nationale Regelungen zurückzuführen (Reglementierung der Netzwerkindustrien, Handelsbarrieren, Protektionismus in der Landwirtschaft, öffentlicher Dienst und kantonal unterschiedlicher Vollzug der Bundesgesetze). Diese Faktoren schlagen sich im Preisniveau der Schweiz stärker nieder als im Lohnniveau. Im Zuge der Entwicklung der globalen Wertschöpfungsketten schwächt der mangelnde Wettbewerb auf dem inländischen Markt auch die internationale Konkurrenzfähigkeit der Schweizer Wirtschaft. Vor diesem Hintergrund sind die Reformen zur Ankurbelung des Binnenmarkts von entscheidender Bedeutung, um die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Exportwirtschaft zu bewahren und zu stärken.

Die jüngsten Finanzkrisen haben gezeigt, wie wichtig die Widerstandsfähigkeit der Wirtschaft ist. Hierunter wird die Fähigkeit eines Landes verstanden, externe wirtschaftliche Schocks zu verhindern beziehungsweise abzufedern und gleichzeitig auf lange Sicht nachhaltig zu wachsen. So hatte der Einbruch im Finanzdienstleistungssektor während der Rezession des Jahres 2009 erhebliche Auswirkungen auf den Handel26. Um auch künftig von den Vorteilen der wirtschaftlichen Öffnung zu profitieren und protektionistische, für die Schweizer Wirtschaft schädliche Reflexe zu vermeiden, muss unser Land die Risiken einer von aussen erfolgenden wirtschaftlichen Ansteckung steuern können. Die verschiedenen internen Institutionen und Instrumente27, die entscheidend dafür sind, wie belastbar eine Wirtschaft ist, können somit indirekt dabei helfen, von der wirtschaftlichen Öffnung zu profitieren und die Risiken besser zu kontrollieren.

Somit wirken sich unterschiedliche nationale Politikansätze direkt oder indirekt auf die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz und ihre Arbeitsplätze aus.

Ohne einen Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben, verdeutlichen die folgenden neun Themenbereiche, wie eng die Binnenmarktpolitik und die Aussenwirtschaftspolitik miteinander interagieren.

Wirtschaftliche Freiheit, Rechtssicherheit und geringe Korruption Die nationalen
Institutionen spielen eine entscheidende Rolle für den wirtschaftlichen Erfolg eines Landes. Die auf die Achtung der Eigentumsrechte, auf geschäftliche Entscheidungsfreiheit, persönliche Sicherheit, Rechtssicherheit und funktionierende staatliche Dienstleistungen angewiesene unternehmerische Freiheit stellt die wichtigste Voraussetzung dar, um leistungsfähige Märkte aufbauen und Wettbewerbsfähigkeit sicherstellen zu können. Die Öffnung gegenüber dem Ausland alleine reicht nicht aus. Die Schweizer Institutionen sind unter diesem Aspekt ähnlich wirkungsvoll wie die Institutionen der weltweit leistungsfähigsten Nationen. Diese institutionelle Qualität gilt es auch in Zukunft weiterzuentwickeln ­ etwa durch die 25 26 27

IMD, Datenbank World Competitiveness Online, 2014.

CEPR, The Great Trade Collapse: Causes, Consequences and Prospects, E-Book, VoxEU, edited by R. Baldwin, 2009.

Auf nationaler Ebene sind dies die SNB, die FINMA, die Schuldenbremse, die automatischen Stabilisatoren, die Arbeitslosenversicherung, der flexible Arbeitsmarkt sowie die weitgehend ungehinderte Möglichkeit zur Gründung neuer Unternehmen.

1489

Stärkung der internationalen Amtshilfe im Wettbewerbsrecht (vgl. Ziff. 5.6) oder im Bereich der geistigen Eigentumsrechte. Sie ist ein Grund, weshalb die Schweiz für internationale Unternehmen und hochqualifizierte Personen besonders attraktiv ist.

Flexibilität des Arbeitsmarkts und Personenfreizügigkeit Ein flexibler Arbeitsmarkt ist für ein offenes Land wie die Schweiz unerlässlich.

Dank ihm können die Unternehmen wirtschaftliche Chancen kurz- und langfristig nutzen und sich zu niedrigen Anpassungskosten neu orientieren. Den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern kommt die Flexibilität des Arbeitsmarkts in Form von produktivitätsbedingt höheren Löhnen und von kürzeren Perioden der Arbeitslosigkeit zugute28. Das unter anderem durch die Arbeitslosenversicherung gebildete soziale Netz fördert die Anpassungsfähigkeit auf dem Arbeitsmarkt. Von den flexiblen lokalen Arbeitsmarktbehörden profitieren vor allem jene Unternehmen, die sich mit Nachfrageschwankungen konfrontiert sehen, wie dies im Exportsektor häufig der Fall ist. Diese Flexibilität der Arbeit wird mit Blick auf die globalen Wertschöpfungsketten immer wichtiger. Sie erlaubt es den Schweizer Beschäftigten, sich auf Tätigkeiten mit hoher Wertschöpfung zu konzentrieren, und fördert die Verbreitung von Innovationen29.

Da es eine gewisse Flexibilität braucht, stellt die Personenfreizügigkeit zwischen der Schweiz und der EU (vgl. Ziff. 3.2) eine unverzichtbare Rahmenbedingung für jene Schweizer Unternehmen dar, die nach qualifiziertem Personal suchen. Die Personenfreizügigkeit trug dazu bei, den Mangel an Fachkräften insbesondere in Hochkonjunkturphasen zu verringern30. Das Observatorium zum Freizügigkeitsabkommen bestätigt diese insgesamt positive Einschätzung31. Dass sich die Kompetenzen der Schweizer und der ausländischen Beschäftigten gegenseitig ergänzen, ist der Hauptgrund für diesen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Erfolg. Im Rahmen der globalen Wertschöpfungsketten ist es dank der Freizügigkeit zum Beispiel möglich, Unternehmen qualitativ hochwertige Dienstleistungen anzubieten, die besonders hohes Wertschöpfungspotenzial bergen.

Durch die im neuen Artikel 121a der Bundesverfassung ab 2017 vorgesehene Wiedereinführung von Kontingenten besteht die Gefahr, dass der Produktionsstandort Schweiz an Attraktivität, Wachstumspotenzial und
Widerstandsfähigkeit einbüsst ­ insbesondere wenn die Unternehmen ihre Planungssicherheit verlieren oder neue Verwaltungsverfahren eingeführt werden. Längerfristig könnten auch die Innovationsfähigkeit, der Unternehmergeist, der Wettbewerb und die wirtschaftliche Offenheit der Schweiz unter einer Abschwächung der Migrationsströme leiden32. Dieser Richtungswechsel in der Zuwanderungspolitik der Schweiz wird sich auch auf die 28 29 30

31

32

Romain Bouis & Romain Duval, Raising Potential Growth After the Crisis, OECD Economics Department Working Papers Nr. 835, 2001.

Gavin Murphy, Julia Siedschlag & John McQuinn, Employment Protection and Innovation Intensity, WP Nr. D 64, 2012.

Arvanitis Spyros, Marius Ley, Florian Seliger, Tobias Stucki & Martin Wörter, Innovationsaktivitäten in der Schweizer Wirtschaft, 2013, und Stalder Peter, Free Migration between the EU and Switzerland, Swiss National Bank Research, 2011.

Berichte des Observatoriums zum Freizügigkeitsabkommen Schweiz­EU, www.seco.admin.ch > Dokumentation > Publikationen und Formulare > Studien und Berichte > Arbeit > Observatoriumsberichte ­ Auswirkungen der Personenfreizügigkeit auf den Schweizer Arbeitsmarkt.

Schlussfolgerungen des im Rahmen der «Konjunkturtendenzen» behandelten Spezialthemas (SECO, Herbst 2014).

1490

Massnahmen zur besseren Nutzung des einheimischen Arbeitskräftepotenzials auswirken.

Qualitativ hochwertiges Humankapital Dank ihres qualitativ hochwertigen Humankapitals kann sich die Schweiz auf dem globalisierten Arbeitsmarkt abheben und damit hohe Einkommen erwirtschaften.

Das durch das Schweizer Bildungssystem vermittelte Bildungsniveau ist vergleichsweise hoch, auch wenn kleinere Verbesserungen nötig sind, um unter anderem den Fachkräftemangel zu bekämpfen33. Es ist allgemein anerkannt, dass die Berufsausbildungen sehr gut auf die Bedürfnisse der Unternehmen abgestimmt sind.

Dies ist einer der Trümpfe der Schweiz. Die Situation muss aber ständig überprüft werden, um dieses Niveau aufrechterhalten und weiter anheben zu können. Der Sprachenunterricht, die Fähigkeit zur Integration von Schülerinnen und Schülern mit ausländischen Wurzeln, das duale System im Hochschulbereich, die hohe Qualität der Berufsausbildung und die Attraktivität der Schweizer Universitäten für ausländische Studierende und Dozierende sind wichtige Voraussetzungen für den Aussenhandel der Schweiz. Dies gilt auch für die Fähigkeit, aus dem Ausland stammende neue Technologien in die Wissenschaften zu integrieren. Die Beteiligung der Schweiz am Bildungsprogramm der EU stellt ein konkretes Beispiel dar, wie die Ausbildung des Humankapitals die internationale Wettbewerbsfähigkeit verbessert.

Innovationsfähigkeit Hervorragende Ausbildungsqualität und vielseitiges Wissen stellen nur den ersten Schritt auf dem Weg zu einem leistungsfähigen innovativen System dar, das der Schweiz eine vorteilhafte Position innerhalb der globalen Wertschöpfungsketten sichert. Neben der Bildungspolitik hat auch die Schweizer Forschungspolitik bewiesen, wie wertvoll sie für die Wirtschaft des Landes ist. Sie zeichnet sich dadurch aus, dass die Grundlagenforschung durch den Staat und die anwendungsorientierte Forschung mehrheitlich durch die Unternehmen finanziert wird. Dank ihr ist es der Schweizer Exportwirtschaft auch gelungen, selbst in Zeiten ausgeprägter Frankenstärke konkurrenzfähig zu bleiben. Diese Innovationsfähigkeit wäre ohne eine Öffnung gegenüber dem Ausland (z. B. durch Abkommen über die Teilnahme an den EU-Forschungsrahmenprogrammen; vgl. Ziff. 3.2) kaum denkbar gewesen.

Gesamtes Steuersystem Das Steuersystem bietet innovativen
Unternehmen erhebliche Vorteile und stärkt die Attraktivität des Produktionsstandorts Schweiz. Dabei stellt die Unternehmenssteuerreform III eine grosse Herausforderung dar. Diese verfolgt drei Ziele: Gewährleistung einer konkurrenzfähigen Steuerbelastung für die Unternehmen, Wiederherstellung der internationalen Akzeptanz und Sicherung der Einnahmen aus der Gewinnsteuer für Bund, Kantone und Gemeinden. Insgesamt sollen die geplanten Reformmassnahmen die steuerliche Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz stärken. So fördern beispielsweise Lizenzboxen oder die Abschaffung der Emissionsabgabe auf Eigenkapital direkt die Investitionstätigkeit in der Schweiz. Durch die Änderungen beim Beteiligungsabzug und die zeitlich unbeschränkte Verlustverrechnung ist es möglich, eine Mehrfachbelastung von Konzernen vollumfänglich zu beseitigen und die Verluste der Unternehmen ebenfalls in vollem Umfang geltend zu machen. Die 33

www.wbf.admin.ch > Themen > Bildung, Forschung, Innovation > Fachkräfteinitiative

1491

Reform sieht den Abzug einer Minimalrendite auf dem Eigenkapital vor. Sie erleichtert zudem den Erwerb von Beteiligungen und die Reallokation von Kapital. Diese Punkte kommen innovativen Kleinunternehmen besonders zugute, die mehr Eigenkapital zur Finanzierung benötigen. Da die Reform darauf abzielt, den internationalen Standards entsprechende Regulierungen zu verabschieden, erhöht sie die Rechtssicherheit der Unternehmen.

Zudem wird die Attraktivität der Schweiz für ausländische Erfinderinnen und Erfinder sowie Unternehmerinnen und Unternehmer durch die moderate Besteuerung natürlicher Personen (etwa im Bereich der Optionsbesteuerung) zusätzlich erhöht.

Was die indirekten Steuern anbelangt, spielen der administrative Aufwand und die Rechtssicherheit eine entscheidende Rolle. In einzelnen Punkten (z. B. aufgrund unterschiedlicher Mehrwertsteuersätze oder des administrativen Aufwands) besteht noch Verbesserungspotenzial.

Administrative Entlastung, E-Government und KMU-Politik Die administrative Belastung macht insbesondere den KMU und neuen StartupUnternehmen zu schaffen. Obwohl das Verhältnis zwischen den Unternehmen und der Verwaltung in der Schweiz grundsätzlich gut ist, besteht Verbesserungsbedarf.

Dieser betrifft insbesondere die Schnelligkeit der Verfahren zur Gründung beziehungsweise Abwicklung von Unternehmen und die damit verbundenen administrativen Kosten. Die meisten Startup-Unternehmen betätigen sich nach ihrer Gründung zwar nicht sofort im Export, dennoch tragen sie zur Regeneration der Wirtschaftsstruktur in der Schweiz bei und beleben den Wettbewerb. Sie integrieren sich immer schneller in die globalen Wertschöpfungsketten, indem sie als Subunternehmen für multinationale Konzerne tätig werden. Eine administrative Entlastung kann ­ etwa durch die kohärente Beseitigung technischer Handelshemmnisse ­ auch zu Handelserleichterungen führen (z. B. durch die Umsetzung von Vorschlägen im Zusammenhang mit der elektronischen Erledigung von Zollformalitäten, vgl. Ziff. 5.1.2).

Agrarpolitik und Raumplanung Die national geprägte Agrarpolitik stellt ebenfalls eine Herausforderung für die Aussenwirtschaftspolitik dar. Denn auch in diesem Bereich ist eine internationale Öffnung möglich ­ insbesondere im Hinblick auf Lebensmittelexporte. Den Schweizer Landwirtinnen und Landwirten bieten sich in
der EU beispielsweise nachhaltige Absatzmöglichkeiten für Käseexporte. Längerfristig müssen indes neue Wege gefunden werden, um die internationale Öffnung der Märkte und das Einkommensniveau der Landwirtinnen und Landwirte miteinander in Einklang zu bringen. So könnten diese unter anderem durch eine stärkere Öffnung gegenüber dem Ausland von einem wettbewerbsfähigeren Beschaffungssystem profitieren34.

Ganz allgemein besteht auch ein Zusammenhang zwischen der internationalen Öffnung und der Raumplanung. So hatte die Personenfreizügigkeit grössere Auswirkungen als ursprünglich gedacht. Damit die Schweiz die Migrationsströme bewältigen kann, sind eine flexible Raumplanung, ein zweckmässiges Baurecht und eine entsprechende Infrastrukturplanung unerlässlich. Diese Faktoren, deren Ausgestaltung in den Aufgabenbereich von Bund, Kantonen und Gemeinden fällt, bilden

34

BAKBASEL (Mai 2014), Landwirtschaft ­ Beschaffungsseite, Vorleistungen und Kosten der Vorleistungen, Studie im Auftrag des Bundesamtes für Landwirtschaft.

1492

im Übrigen auch eine wichtige Voraussetzung dafür, dass ausländische Unternehmen in der Schweiz investieren können.

Regulierung der Netzwerkindustrien und der Infrastruktur Die Qualität der nationalen Infrastruktur (Strom-, Strassen- und Schienennetz) ist eine unabdingbare Voraussetzung für die Ausweitung des Handels. Die hohen Investitionen, die in der Schweiz in diesen Sektor fliessen, unterstützen indirekt die Schweizer Aussenwirtschaftspolitik und sind letztlich nur im Zuge einer Intensivierung des Handels rentabel.

Einige der Schweizer Netzwerkindustrien (Elektrizität, Gas, Schienen) sind im OECD-Vergleich allerdings besonders wenig liberalisiert35. Die Reglementierung in der Schweiz beeinträchtigt die Produktivität und Effizienz dieser Sektoren. Und indirekt leidet die Wettbewerbsfähigkeit der Gesamtwirtschaft unter dem höheren Preis der durch diese Sektoren erbrachten Vorleistungen36. Laut OECD haben die Liberalisierungen in den Netzwerkindustrien zu Produktivitätsgewinnen geführt, von denen die gesamte Wirtschaft profitiert und welche die Wertschöpfungsketten beleben. Zudem würden die Liberalisierungen den in den Netzsektoren tätigen Unternehmen zugutekommen, da sie schneller Wissen aufbauen könnten. Die meisten Netze sind grenzüberschreitend und werden zunehmend durch internationale Abkommen geregelt, die für alle Parteien interessant sind (z. B. das sich zurzeit in Verhandlung befindende bilaterale Stromabkommen mit der EU).

Öffnung des Dienstleistungsmarkts Die OECD entwickelte kürzlich auf Grundlage der jeweiligen nationalen Vorschriften Indikatoren, mit denen sich die Handelsbeschränkungen in rund vierzig Ländern beurteilen lassen37. Gemäss dieser Studie gehört die Schweiz nicht zu den Staaten, die im Hinblick auf die Öffnung der Dienstleistungsmärkte eine Vorbildfunktion einnehmen. Vielmehr ist das Ausmass der Beschränkungen in vielen Sektoren (Rechtsberatung, Buchführung, IT, Postdienstleistungen) grösser als im Länderdurchschnitt (vgl. Grafik 5). Die Indizes wurden auf Basis der nationalen Vorschriften ermittelt (z. B. zu Transparenz, Wettbewerb und Personenfreizügigkeit). Der Indexwert variiert zwischen null und eins, wobei eins für den höchsten Beschränkungsgrad und null für die grösste Offenheit steht.

Die Regulierungen zum grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehr schränken
den Öffnungsgrad des Schweizer Dienstleistungsmarkts ein. Das Ergebnis der Schweiz leidet auch darunter, dass in bestimmten Marktsegmenten ­ wie etwa im Bereich der Postdienstleistungen ­ nach wie vor Staatsmonopole bestehen. Denn die am wenigsten durch restriktive Vorschriften reglementierten Dienstleistungen (d.h.

Bankdienstleistungen) generieren die grösste Wertschöpfung.

35 36

37

OECD, Regulatory Reform and Competition Policy: Indicators of Product Market Regulation.

Waren und Dienstleistungen (mit Ausnahme von Anlageinvestitionen in den Produktionsapparat eines Unternehmens), die von anderen Schweizer Unternehmen produziert oder aus dem Ausland importiert werden. Vorleistungen werden im Produktionsprozess des erwerbenden Unternehmens umgewandelt oder verwendet.

OECD, Services Trade Restrictiveness Index, 2014. Die Studie deckt die OECD-Staaten sowie grosse Schwellenländer ab.

1493

Da der Anteil der Dienstleistungen am Handelsvolumen stetig steigt, könnte die Schweiz durch Gesetzesreformen zur Stärkung des Wettbewerbs auf diesem Markt die Leistungsfähigkeit ihrer Wirtschaft erhöhen.

Die Personenfreizügigkeit trägt erheblich zur Verbesserung des OECD-Index der Handelsbeschränkungen im Dienstleistungsbereich (Services Trade Restrictiveness Index) bei. Dagegen stellen die flankierenden Massnahmen zum freien Personenverkehr ein potenzielles Hemmnis für den Dienstleistungsverkehr dar, auch wenn sie mit der Verfolgung sozioökonomischer Ziele begründet werden können.

Grafik 5 Indizes der Schweizer Handelsbeschränkungen im Dienstleistungsbereich (internationaler Vergleich) Je höher ein Indexwert ist, desto restriktiver ist der Sektor reglementiert.

Quelle: OECD, Services Trade Restrictiveness Index, 2014

1.3

Schlussfolgerung

Die internationale Aufteilung der Waren- und Dienstleistungsproduktion ist kein neues Phänomen, sondern entwickelte sich im Zuge der Öffnung der Märkte fortlaufend. Allerdings verstärkte sie sich in den letzten Jahrzehnten erheblich und erhielt dadurch eine völlig neue Dimension. Heute sind nur noch wenige Waren und einige reglementierte Dienstleistungen dem internationalen Wettbewerb nicht ausgesetzt.

Die meisten Unternehmen sind mit ihrer Produktion inzwischen in die globalen Wertschöpfungsketten integriert. Angesichts dieser umfassenden Globalisierung ist die Wahl der geeigneten wirtschaftspolitischen Massnahmen entscheidend, um die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Wirtschaft zu wahren und zu stärken.

1494

Angesichts der globalen Wertschöpfungsketten besteht Handlungsbedarf auf zwei Ebenen: ­

Auf internationaler Ebene: Die aktuelle Aussenwirtschaftspolitik der Schweiz bleibt grösstenteils angemessen. Sie muss allerdings die Entwicklungen in der EU, unserem grossen Wirtschaftspartner, sowie die weitreichenden weltwirtschaftlichen Verschiebungen (TTIP, TPP) berücksichtigen und gleichzeitig gegen protektionistische Tendenzen vorgehen, die in jüngster Zeit in verschiedenen Bereichen zu beobachten sind. Da die WTO praktisch den gesamten weltweiten Waren- und Dienstleistungshandel abdeckt und sich auch für den Schutz der geistigen Eigentumsrechte engagiert, bleibt sie der geeignete Partner, um die Entwicklung der globalen Wertschöpfungsketten weiter voranzutreiben. Die Schweiz wird sich künftig für die integrale Umsetzung des Abkommens über Handelserleichterungen einsetzen. Auf bilateraler Ebene ist es wichtig, das Schweizer Netz von FHA zu konsolidieren und auszuweiten. Die Vereinfachung und Harmonisierung der Präferenzursprungsregeln spielen für den Schweizer Exportsektor ebenfalls eine entscheidende Rolle. Was das TTIP und TPP betrifft, muss der Bundesrat rechtzeitig zwischen den verschiedenen Handlungsoptionen auswählen, um die Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz zu wahren. Zur Sicherung der starken Verankerung der Schweiz in den europäischen Wertschöpfungsketten sowie des privilegierten Zugangs zum EU-Markt, ist die Konsolidierung und Erneuerung des bilateralen Wegs mit der EU entscheidend.

­

Auf nationaler Ebene: die zahlreichen binnenwirtschaftlichen Massnahmen der Politik wirken sich konkret auf die Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz aus. Somit geht es nun darum, die bestehenden Trümpfe der Schweizer Wirtschaft wie den Arbeitsmarkt, das Humankapital und die Innovationsfähigkeit zu schützen. In diesem Zusammenhang ist es für die Schweiz wichtig, auf Ebene der Institutionen und Wirtschaftssektoren auch künftig gezielte politische Massnahmen zu ergreifen. Folgende Themen verdienen dabei im Rahmen der aktuellen Globalisierungsphase besondere Aufmerksamkeit: die Flexibilität des Arbeitsmarkts, die Förderung von Innovation und Unternehmergeist, das Bildungsniveau und die Abstimmung der Bildung auf die Marktbedürfnisse, die administrative Entlastung, die Nutzung von Skaleneffekten insbesondere in den Netzwerkindustrien und die Öffnung des Dienstleistungsmarkts.

1495

2

WTO und weitere multilaterale Wirtschaftszusammenarbeit

2.1

Welthandelsorganisation (WTO)

Die Umsetzung des an der WTO-Ministerkonferenz im Dezember 2013 verabschiedeten «Bali-Pakets» wurde während des Berichtsjahres verzögert. Betroffen davon war unter anderem das Abkommen über Handelserleichterungen. Die Situation wurde vor Ende Jahr deblockiert, so dass die Arbeiten für die Umsetzung der Beschlüsse wieder aufgenommen werden konnten. Auf plurilateraler Ebene finden Verhandlungen zur Liberalisierung von Dienstleistungen, IT-Produkten und Umweltgütern statt.

2.1.1

Umsetzung des Bali-Pakets

An der neunten ordentlichen WTO-Ministerkonferenz im Dezember 2013 in Bali wurde das sogenannte «Bali-Paket» verabschiedet.38 Dieses besteht aus einzelnen Themen der Doha-Verhandlungsrunde, die vorzeitig abgeschlossen werden sollen, namentlich ein Abkommen über Handelserleichterungen, vier Beschlüsse im Bereich Landwirtschaft, ein Überwachungsmechanismus für die Entwicklungsländer und vier Entscheidungen zugunsten der am wenigsten entwickelten Länder. Zudem wurde entschieden, dass bis Ende 2014 ein Arbeitsprogramm für die Weiterführung der Doha-Runde erarbeitet wird. Nach diesem positiven Ergebnis herrschte mehrheitlich Zuversicht, dass die WTO als Verhandlungsforum wieder an Glaubwürdigkeit gewonnen hat. Die rasche Umsetzung der Bali-Beschlüsse und die Ausarbeitung des Doha-Arbeitsprogrammes standen auch im Vordergrund des informellen WTOMinistertreffens, zu dem die Schweiz im Januar am Rande des WEF in Davos eingeladen hatte. Die Minister waren sich einig, dass ein solches Arbeitsprogramm auch die schwierigeren Fragen wie Marktzugang in den Bereichen Industriegüter, Dienstleistungen und Landwirtschaft sowie Aspekte von Interesse für die am wenigsten entwickelten Länder beinhalten muss.

Die Arbeiten zur Umsetzung der Beschlüsse und der Weiterführung der DohaVerhandlungen wurden im Juli gebremst, als die formelle Verabschiedung des Abkommens über Handelserleichterungen im WTO-Generalrat mangels Konsens blockiert wurde. Dabei machte namentlich Indien39 die Zustimmung zum Abkommen von einer endgültigen Lösung im Bereich der öffentlichen Lagerhaltung aus Gründen der Ernährungssicherheit abhängig. In der zweiten Jahreshälfte konzentrierten sich die Aktivitäten der WTO darauf die Situation zu deblockieren, um das Abkommen über Handelserleichterungen und die weiteren Bali-Beschlüsse umzusetzen. Intensive Konsultationen namentlich zwischen den USA und Indien ermöglichten vor Jahresende eine Deblockierung der Situation. Nach der Erzielung eines einvernehmlichen Verständnisses über eine dauerhafte Lösung im Bereich der Ernährungssicherheit wurde das Protokoll zum Abkommen über Handelserleichte38

39

Die WTO-Ministerkonferenz und das «Bali-Paket» wurden im Bericht zur Aussenwirtschaftspolitik 2013 (BBl 2013 1185 1226) eingehend behandelt. Vorgängig zur Konferenz wurden die APK-S und die APK-N zum Mandatsentwurf konsultiert.

Indien wurde von Bolivien, Kuba und Venezuela unterstützt.

1496

rungen vom Generalrat am 27. November formell verabschiedet und den WTOMitgliedern zur Ratifikation unterbreitet. Der Genehmigungsprozess des Abkommens in der Schweiz wurde im Berichtsjahr lanciert. Das Abkommen über Handelserleichterungen wird dem Parlament im Rahmen des vorliegenden Berichts zur Genehmigung unterbreitet (vgl. Ziff. 10.2.1). Die Umsetzung der rechtsverbindlichen Agrarbeschlüsse erfordert keine Anpassungen im Landesrecht. Sie werden als Verträge von beschränkter Tragweite vom Bundesrat dem Parlament im Rahmen des Berichts über die im Jahr 2014 abgeschlossenen völkerrechtlichen Verträge zur Kenntnis gebracht. Trotz der Verzögerung aufgrund der Blockade im WTOGeneralrat, konnte die Umsetzung sämtlicher Bali-Beschlüsse gesichert werden. Für die verbleibenden Doha-Themen, welche auch umstrittene Themen wie Marktzugang in den Bereichen Industriegüter, Dienstleistungen und Landwirtschaft beinhalten, war es infolge der Verzögerung jedoch nicht mehr möglich bis Ende des Berichtsjahres ein Arbeitsprogramm zu erarbeiten. Diese Arbeiten werden im Folgejahr weitergeführt.

Die Entwicklungen im Berichtsjahr zeigen, dass es zunehmend schwierig wird, im multilateralen Rahmen Abkommen zur weiteren Handelsliberalisierung abzuschliessen und umzusetzen. Dies dürfte mit ein Grund sein, weshalb viele Staaten Verhandlungen für die weitere Handelsliberalisierung auch auf plurilateraler (vgl. Ziff. 2.1.2) beziehungsweise bilateraler und regionaler Ebene (vgl. Ziff. 4) führen. Selbst wenn die wirtschaftliche Integration durch Präferenzabkommen zunimmt, bleibt das multilaterale Regelwerk von grosser Bedeutung. Die bestehenden multilateralen Regeln und Organe der WTO leisten einen massgeblichen Beitrag dazu, dass die Mitgliedsstaaten protektionistischen Begehren zu einem wesentlichen Teil widerstehen.

Vereinzelt muss dennoch festgestellt werden, dass neue Hindernisse für den Zugang von Waren und Dienstleistungen zu den internationalen Märkten eingeführt werden.

Ein wichtiges Mittel gegen den Protektionismus ist der Streitschlichtungsmechanismus der WTO, mit dem das bestehende WTO-Regelwerk rechtsverbindlich ausgelegt und durchgesetzt werden kann. Seit einigen Jahren wird der Mechanismus zunehmend auch von kleinen und mittelgrossen WTO-Mitgliedern genutzt. Dieser Trend könnte sich durch die stockenden
Verhandlungen zur Weiterentwicklung des multilateralen Handelssystems noch verstärken und dazu führen, dass das Streitschlichtungssystem hinsichtlich Ressourcen an seine Grenzen stösst. Ferner ist nicht auszuschliessen, dass auch Länder wie die Schweiz vermehrt in den Fokus handelspolitischer Interessen anderer WTO-Mitglieder geraten. Die Schweiz muss daher weiterhin bemüht sein, ihre Gesetzgebung WTO-konform auszugestalten, da sie sonst selbst Gefahr läuft, Gegenstand eines ressourcenintensiven WTO-Streitschlichtungsverfahrens zu werden.

2.1.2

Plurilaterale Verhandlungen zur weiteren Handelsliberalisierung

Einige WTO-Mitglieder, darunter die Schweiz, verhandeln auch im Rahmen von plurilateralen Initiativen über eine weiterführende Handelsliberalisierung. Im Güterbereich handelt es sich dabei um die Erweiterung des Abkommens von 1996 über die Liberalisierung von Informationstechnologien und ein Umweltgüterabkommen.

Im Dienstleistungsbereich wird über ein Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen verhandelt (vgl. Ziff. 5.3).

1497

Im Rahmen des Abkommens über die Liberalisierung von Informationstechnologien40 streben 27 Mitglieder41 eine Erweiterung der Liste der zollfreien IT-Produkte und des Mitgliederkreises an. Während des Berichtsjahres waren die Verhandlungen aufgrund von Unstimmigkeiten über die Tragweite der Erweiterung der Warenliste blockiert. Insbesondere China beharrte dabei auf weitreichenden Ausnahmen. Bis Ende des Berichtsjahres wurden Konsultationen für eine Einigung auf eine gemeinsame Liste durchgeführt.

Seit Juli verhandeln 14 Staaten42 über die Liberalisierung des Handels mit umweltfreundlichen Produkten im Hinblick auf ein Umweltgüterabkommen. Zuerst sollen die Zölle auf Umweltgütern beseitigt und anschliessend nichttarifäre Handelshemmnisse verringert sowie Umweltdienstleistungen liberalisiert werden.

2.2

Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD)

Die OECD verfolgt weiterhin eine Strategie der Öffnung der Organisation, um die Relevanz ihrer Tätigkeiten zu steigern. Im Berichtsjahr wurden deutliche Fortschritte verzeichnet, insbesondere durch die Umsetzung des regionalen OECDProgramms für Südostasien. Das Beitrittsverfahren von Russland wurde hingegen ausgesetzt. Die Schweiz unterstützt die Öffnungspolitik der OECD und beteiligt sich aktiv an den Arbeiten.

Am 15. Juli genehmigte der OECD-Rat den neuen globalen Standard für den automatischen Informationsaustausch in Steuersachen. Die Schweiz trug zur Lösung wichtiger Fragen aktiv bei und verteidigte ihre Interessen. Im Rahmen des OECD-Projekts gegen die Aushöhlung der Steuerbasis und die Gewinnverlagerung wurde mit der Umsetzung der im Aktionsplan vorgeschlagenen prioritären Massnahmen begonnen.

2.2.1

Vertiefung der Öffnungspolitik der OECD

Als Nachfolgeorganisation der Organisation für europäische wirtschaftliche Zusammenarbeit, die als Verwaltungsbehörde des Marshallplans fungierte, ist die OECD stets bestrebt, effiziente politische Modelle für ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum zu finden und zu fördern. Sie sieht sich als Diskussionsplattform, Ideenlabor und Think Tank zur Erschliessung neuer Wege für ein nachhaltigeres, ausgeglicheneres und inklusiveres Wachstum.

Angesichts der Kräfteverschiebungen in der Weltwirtschaft strebt die OECD eine Ausdehnung ihres Beziehungsnetzes mit aufstrebenden Volkswirtschaften und 40 41

42

Dem Abkommen gehören 52 WTO-Mitglieder an.

Albanien, Australien, China, Chinesisches Taipei, Costa Rica, Dominikanische Republik, El Salvador, EU, Guatemala, Hongkong China, Island, Israel, Japan, Kanada, Kolumbien, Malaysia, Mauritius, Montenegro, Neuseeland, Norwegen, Philippinen, Singapur, Schweiz, Südkorea, Thailand, Türkei und die Vereinigte Staaten.

Australien, China, Chinesisches Taipei, Costa Rica, EU, Hongkong China, Japan, Kanada, Neuseeland, Norwegen, Singapur, Schweiz, Südkorea und die USA.

1498

anderen strategisch wichtigen Partnern an. Zur Förderung einer stärkeren Angleichung der Politiken, insbesondere in Bezug auf die internationalen Wirtschaftsbeziehungen, die Investitionen, die Besteuerung und den Handel, treibt die OECD ihre Annährungspolitik mit den fünf wichtigsten aufstrebenden Volkswirtschaften ­ Brasilien, China, Indien, Indonesien und Südafrika ­ voran. Sie hat diesen Staaten einen privilegierten Status als Schlüsselpartner verliehen. Damit sind an einem Tisch Wirtschaftspartner vereint, die 80 Prozent des weltweiten Handels und der internationalen Investitionen bestreiten. Durch eine Annäherung dieser Länder an die OECD-Standards kann die Organisation ihren Einfluss und die Bedeutung ihrer Arbeiten somit weltweit stärken.

Angesichts der Lage in der Ukraine entschied der OECD-Rat am 12. März, das Beitrittsverfahren von Russland bis auf weiteres auszusetzen. Die Beitrittsgespräche mit Kolumbien und Lettland wurden planmässig weitergeführt. Verschiedene technische Ausschüsse evaluieren zurzeit die Politik dieser beiden Länder, insbesondere ihre Wirtschaftsleistung und ihren institutionellen Rahmen. 2015 wird voraussichtlich über den Beginn der Beitrittsverfahren mit Costa Rica und Litauen entschieden.

Weiter führt die OECD ein regionales Programm für die Länder Südostasiens, das den Austausch von best practices zwischen politischen Entscheidungsträgern fördern soll. Schliesslich hat der OECD-Rat der Teilnahme Kasachstans, Marokkos, Perus und Thailands an den Länderprogrammen zugestimmt. Mit Unterstützung der OECD sollen diese Länder umfassende Reformen durchführen und Verpflichtungen hinsichtlich der Einhaltung der Standards, Instrumente und best practices der Organisation eingehen. Das Programm für Thailand wurde aus politischen Gründen suspendiert, doch besteht grundsätzlich ein grosses Interesse an der Weiterentwicklung dieser Beziehung.

2.2.2

Steuerfragen

Das Berichtsjahr war geprägt durch intensive Diskussionen über Steuerfragen. Am 6. Mai verabschiedeten die Ministerinnen und Minister der OECD-Länder die Erklärung über den automatischen Informationsaustausch in Steuersachen. Der OECDRat genehmigte diesen neuen globalen Standard für den automatischen Informationsaustausch in Steuersachen am 15. Juli. Dieser Standard legt nebst den auszutauschenden Informationen die betroffenen Finanzinstitute und deren Sorgfaltspflichten sowie die betroffenen Kontoarten und Steuerzahlerinnen und -zahler fest. Das Global Forum über Transparenz und Informationsaustausch in Steuerfragen wurde von der G20 beauftragt, die Umsetzung des neuen Standards zu überwachen. Es verlangt von seinen Mitgliedern, dass sie sich dazu verpflichten, den neuen Standard wenn möglich 2016/2017, spätestens aber 2017/2018 umzusetzen. Die Schweiz teilte dem Global Forum mit, dass sie die Umsetzung vorbehältlich der Genehmigung durch das Parlament für 2017/2018 plant. Am 19. November unterzeichnete die Schweiz die multilaterale Vereinbarung der zuständigen Behörden über den automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten43. Diese bildet eine der Grundlagen für die künftige Einführung des automatischen grenzüberschreitenden Informationsaus43

Vgl. Medienmitteilung «Schweiz unternimmt weiteren Schritt zur Einführung des automatischen Informationsaustauschs» vom 19. November 2014 (www.news.admin.ch > Dokumentation).

1499

tauschs in Steuersachen. Die Vereinbarung wird dem Parlament zur Genehmigung unterbreitet.

Die Schweiz war an der Entwicklung dieses Standards aktiv beteiligt und setzte ihre Forderungen hinsichtlich der Vertraulichkeit der ausgetauschten Informationen, der Gegenseitigkeit und der zuverlässigen Identifikation der wirtschaftlich Berechtigten durch. Der Standard entspricht zudem dem Spezialitätsprinzip, wonach die ausgetauschten Informationen nur zu Steuerzwecken verwendet werden dürfen. Die Schweiz setzt sich dafür ein, dass diese Grundsätze bei der Umsetzung des Standards durch die verschiedenen Länder eingehalten werden. Am 8. Oktober genehmigte der Bundesrat das Verhandlungsmandat über die Einführung des automatischen Informationsaustauschs mit der EU, den USA und anderen Ländern.

Die im Fiskalkomitee der OECD behandelte Unternehmensbesteuerung bleibt ein wichtiges Thema. Im Kampf gegen die Aushöhlung der Steuerbasis und die Gewinnverlagerung (Base Erosion and Profit Shifting) werden zurzeit fünfzehn Massnahmen erarbeitet, die bis Ende 2015 zu lancieren sind. Die Neutralisierung der Effekte hybrider Gestaltungen, die einheitliche Besteuerung wirtschaftlicher Substanz sowie die Herausforderungen der digitalen Wirtschaft werden in drei der sieben im Berichtsjahr veröffentlichten Berichte44 behandelt. Die Schweiz beteiligt sich aktiv an diesen Arbeiten und prüft die für sie daraus entstehenden praktischen Folgen genau.

2.2.3

Peer Review und hochrangige Treffen

Im Jahr 2013 wurde die Schweizer Entwicklungshilfe einer peer review unterzogen.

Der entsprechende Bericht45 wurde im Februar 2014 vorgelegt. Er unterstreicht die hohe Qualität der Entwicklungspolitik der Schweiz und insbesondere die Fortschritte bei der Umsetzung eines globalen und kohärenten Ansatzes der Entwicklungshilfe.

Der Bericht empfiehlt, die Zusammenarbeit geografisch noch stärker zu konzentrieren, damit in den Schwerpunktländern Skaleneffekte erzeugt werden können.

Gleichzeitig soll die Schweiz ihre Hilfe vermehrt auf Bereiche ausrichten, in denen sie über komparative Vorteile verfügt. Die Schweiz formulierte zu den dreizehn sich aus der peer review ergebenden Empfehlungen der OECD Massnahmen und begann mit deren Umsetzung. Schliesslich nahm die Schweiz am informellen Ministertreffen über verantwortungsvolle Unternehmensführung am 25. und 26. Juni (vgl. Ziff. 5.4.3) sowie am hochrangigen Politikforum über Migration am 1. und 2. Dezember in Paris teil.

44 45

www.oecd.org/tax/beps-2014-deliverables.htm www.oecd.org/dac/peer-reviews/switzerland.htm

1500

2.3

Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung (UNCTAD)

Im Rahmen des Antritts seiner vierjährigen Amtszeit wurde UNCTAD-Generalsekretär Mukhisa Kituyi zu einem Besuch nach Bern eingeladen. Der Besuch unterstrich die Bedeutung der UNCTAD für die Schweiz als Sitzstaat sowie als wichtige Geberin und Partnerin der Organisation, die im Berichtsjahr ihr 50-jähriges Bestehen feierte. Die UNCTAD verfolgt das Ziel, Entwicklungsländer über die Stärkung des Aussenhandels in die Weltwirtschaft zu integrieren.

Gemeinsam mit der WTO, dem International Trade Center sowie weiteren internationalen Spezialorganisationen, die sich mit internationalen Wirtschafts- und Handelsfragen befassen (z. B. die Weltorganisation für geistiges Eigentum und die Internationale Arbeitsorganisation; vgl. Ziff. 5.8.1 und 2.5), stellt die UNCTAD insbesondere für den Bereich Handel und Entwicklung ein wichtiges Element zur Stärkung von Genf als Kompetenzzentrum für den internationalen Handel dar.

Vor diesem Hintergrund und im Rahmen seines Amtsantritts wurde Generalsekretär Mukhisa Kituyi im Mai von Bundesrat Johann N. Schneider-Ammann in Bern empfangen. Der Besuch unterstrich die Bedeutung der UNCTAD für die Schweiz als Sitzstaat, als wichtige Geberin und Partnerin bei der Umsetzung bedeutender entwicklungspolitischer Projekte im Bereich des internationalen Handels. Besonders erwähnt wurden die gute Zusammenarbeit bei der Stärkung der Wettbewerbsaufsichtsbehörden und der Konkurrenzfähigkeit von Unternehmen in Lateinamerika sowie die gemeinsame Lancierung eines Projekts zu Handel und Tourismus in Tansania.

Die UNCTAD feierte im Berichtsjahr ihr 50-jähriges Bestehen. Feierlichkeiten wurden im Rahmen der ausserordentlichen Sitzung des 28. Handels- und Entwicklungsrats vom 17. Juni begangen. In ihrer Rede betonte Vizebundespräsidentin Simonetta Sommaruga, dass eine starke und aktive UNCTAD zur Förderung eines fairen Handels auch fünfzig Jahre nach ihrer Gründung notwendig bleibt.

Die 61. Sitzung des Handels- und Entwicklungsrats der UNCTAD zeigte auf, dass die institutionellen Reformen der Organisation voranschreiten: Das resultatorientierte Projektmanagement wurde gestärkt und die interne Kommunikation und Koordination verbessert. Weitere Anstrengungen bleiben jedoch erforderlich, insbesondere im Bereich Personalführung und interne Koordination.

Das Weltinvestitionsforum der UNCTAD vom
13. bis 16. Oktober war Investitionen zur Förderung der nachhaltigen Entwicklung gewidmet und wies einen starken Bezug zur post-2015-Agenda für nachhaltige Entwicklung auf. Das Forum ermöglichte den Hauptakteuren im Investitionsbereich (Regierungen, Privatwirtschaft, internationale Organisationen und Zivilgesellschaft) einen Dialog über die Herausforderungen und Chancen, die mit Investitionen zu Gunsten von Entwicklungs- und Nachhaltigkeitszielen sowie mit der Mobilisierung des Privatsektors einhergehen. In seiner Eröffnungsrede betonte der Bundespräsident die Bedeutung der internationalen Zusammenarbeit und der innovativen Finanzierung nachhaltiger Entwicklungsvorhaben, unter anderem indem er auf die grosse Expertise der Schweiz und die Positionierung ihrer Hauptakteure im Bereich der nachhaltigen Finanzierung hin-

1501

wies. Die Schweiz unterstützte das Forum finanziell und durch die Mobilisierung von Schweizer Experten und weiteren Akteuren.

2.4

Organisation der Vereinten Nationen für industrielle Entwicklung (UNIDO)

Im Berichtsjahr besuchte Li Yong, der neue Generaldirektor der UNIDO, die Schweiz. Die Schweiz ist eine langjährige Partnerin der UN-Organisation und fokussiert ihr Engagement auf die Förderung nachhaltiger und klimaverträglicher Industrie- und Produktionsformen. Eine zentrale Herausforderung für die UNIDO liegt darin, den in den letzten Jahren zu verzeichnenden Mitgliederschwund zu beenden und neue Finanzierungsquellen zu erschliessen.

Seit den Neunzigerjahren baut die Schweiz mit der UNIDO in zahlreichen Entwicklungs- und Schwellenländern Cleaner Production Centers auf und leistet damit einen wichtigen Beitrag zur Verbreitung von effizienten und umweltverträglichen Produktionsmethoden. Die Schweiz ist zurzeit die grösste Geldgeberin des Resource Efficient and Cleaner Production Programms der UNIDO (vgl. Ziff. 5.5.1). Dieses Programm baut ein internationales Netzwerk von Cleaner Production Centers auf und zielt auf die Verbesserung der Ressourceneffizienz in der Industrieproduktion und der Ökobilanz der Unternehmen. Von diesem Engagement profitiert nicht nur die Umwelt, sondern auch die Industrie in den Entwicklungsländern, deren Wettbewerbsfähigkeit durch einen reduzierten Energie- und Rohstoffverbrauch und damit einhergehenden tieferen Produktionskosten verbessert wird.

Im Berichtsjahr besuchte Li Yong in seiner Funktion als neuer UNIDO-Generaldirektor die Schweiz. Dabei präsentierte er die neue Vision der Organisation, in deren Zentrum die Lima Declaration: Towards inclusive and sustainable industrial development steht. Diese Vision basiert auf der Überzeugung, dass es ohne Industrie keine wirtschaftlichen und sozialen Fortschritte geben kann. Zudem informierte Li Yong über den Stand der Umsetzung der in den letzten Jahren unter der Leitung der Schweiz und Costa Ricas revidierten Strategie der UNIDO, die auf den Schwerpunkten Trade Capacity Building, Productive Capacity Building und Sustainable Production and Industrial Resource Efficiency fusst. Während das Programm Trade Capacity Building Entwicklungsländern dabei hilft, internationale Qualitätsstandards anzuwenden sowie die Nachverfolgbarkeit von Produkten sicherzustellen, unterstützen die beiden anderen Programme die Innovationsförderung und den Technologieund Wissenstransfer zu den KMU. Weitere Schwerpunkte der Gespräche waren die
Bemühungen der UNIDO, die Mitgliederbasis der Organisation zu erhalten und möglichst zu verbreitern. Nach dem Austritt der USA (1996) und Grossbritanniens (2011) kündigten auch Frankreich und Portugal (aus finanziellen Gründen) ihren Austritt auf das Ende des Berichtsjahres an. Ein weiteres Anliegen Li Yongs war die Berücksichtigung der prioritären UNIDO-Themen, wie beispielsweise die nachhaltige Industrieentwicklung oder der effiziente Ressourcenverbrauch, in der post2015-Agenda.

1502

2.5

Internationale Arbeitsorganisation (IAO)

Im Berichtsjahr verfolgte die Schweiz ihr Engagement in der IAO weiter. Sie unterstützte insbesondere die Bemühungen zur Überwindung der Blockade des Normenkontrollsystems der IAO und ratifizierte das Übereinkommen (Nr. 183) über den Mutterschutz sowie das Übereinkommen (Nr. 189) über menschenwürdige Arbeit für Hausangestellte.

Trotz intensiver tripartiter Diskussionen und der durch die Schweiz lancierten Vermittlung zwischen den internationalen Sozialpartnern zur Wiederherstellung des Vertrauens gelang es dem IAO-Verwaltungsrat nicht, die Blockade des Normenkontrollsystems der IAO zu überwinden. Während die Schweizer Vermittlungen der letztjährigen Konferenz erlaubten, ihre Kernaufgabe zu erfüllen und die schwerwiegendsten Fälle von Verletzungen der Kernübereinkommen der IAO zu prüfen, bestätigten die Diskussionen im Normenkontrollausschuss an der diesjährigen Konferenz die zunehmende Entzweiung und den offenen Konflikt zwischen den Arbeitgeber- und den Arbeitnehmervertretungen. Die Schweiz setzte sich weiter für eine Lösung der Krise des Normenkontrollsystems ein, welche auf dem sozialen Dialog und Verhandlungen zwischen den tripartiten Akteuren der IAO beruht. Der IAO-Verwaltungsrat nahm sich des Dossiers im November an und entschied, den sozialen Dialog zu diesem Thema weiterzuführen. Ziel ist es, die Grundwerte der IAO und die Glaubwürdigkeit der internationalen Arbeitsnormen zu wahren, und somit die zentrale Rolle der Organisation für die Sicherung der sozialen Dimension der Globalisierung auf internationaler Ebene sicherzustellen.

Die Schweiz verfolgte die Umsetzung der Strategie «Für soziale Gerechtigkeit: Das Engagement der Schweiz in der Internationalen Arbeitsorganisation» weiter. So übergab sie an der IAO-Generalkonferenz die Urkunde zur Ratifikation des Übereinkommens (Nr. 183) vom 15. Juni 200046 über den Mutterschutz. Der Bundesrat hatte am 30. April eine Revision der Verordnung 1 vom 10. Mai 200047 zum Arbeitsgesetz verabschiedet, welche das Prinzip der Entlohnung der Stillpausen festlegt. Die Änderung trat am 1. Juni in Kraft.

Auf Grundlage der Botschaft des Bundesrates vom 28. August 2013 ermächtigte das Parlament den Bundesrat, das Übereinkommen (Nr. 189) vom 16. Juni 201148 über menschenwürdige Arbeit für Hausangestellte zu ratifizieren. Nach Ablauf der Referendumsfrist wurde
die Urkunde zur Ratifizierung am 12. November 2014 beim Generaldirektor der IAO hinterlegt. Das Übereinkommen schafft Rahmenbedingungen zur Förderung der Beschäftigung von Hausangestellten bei gleichzeitiger Sicherung der grundlegenden Rechte bei der Arbeit und eines Mindestmasses an sozialem Schutz. Nach der Ratifikation dieses Übereinkommens, für dessen Umsetzung die Sozialpartnerschaft ein zentrales Element ist, wird die Schweiz ihre diesbezügliche Erfahrung noch stärker in die IAO einbringen können.

46 47 48

BBl 2012 1815 SR 822.111 BBl 2013 6927

1503

Die IAO-Generalkonferenz vom Juni nahm ein Protokoll zum Übereinkommen (Nr. 29) über Zwangsarbeit vom 28. Juni 193049 an, um die Lücken bei dessen Umsetzung in den Mitgliedstaaten der IAO zu schliessen. Das Protokoll hat zum Ziel, im Hinblick auf die Beseitigung jeder Form von Zwangsarbeit die Massnahmen zur Prävention sowie zum Schutz und zur Entschädigung der Opfer zu verstärken. Der Bundesrat wird dem Parlament dieses neue Instrument möglichst bald unterbreiten. Zudem nahm die Konferenz Änderungen zum Kodex des Seearbeitsübereinkommens vom 23. Februar 200650 an, welche Anfang 2017 für die Schweiz in Kraft treten werden. Diese Änderungen betreffen die Frage der Zurücklassung von Seeleuten sowie der Verpflichtung der Reeder, die Seeleute bei Tod oder Erwerbsunfähigkeit aufgrund von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten oder anderen berufsbedingten Gefährdungen zu entschädigen. Die Änderungen konkretisieren Verpflichtungen, die bereits im Übereinkommen vorgesehen sind.

2.6

Die Gruppe der 20 (G20)51

Mit Ausnahme der Fortschritte bei der Steuerevasion und der Investitionsförderung gelang es der G20 im Berichtsjahr unter der australischen Präsidentschaft kaum, globale Lösungen zu finden. Die Kohäsionsprobleme der G20 lassen sich durch die unterschiedliche wirtschaftliche Lage der Mitgliedsstaaten erklären sowie durch mehrere einschneidende politische Ereignisse, insbesondere die Krisen in der Ukraine und im Mittleren Osten. Dennoch beeinflusste die G20 die Arbeiten internationaler Organisationen. Dank der jährlich wechselnden Präsidentschaft erhält die Agenda der G20 stets neue Impulse.

Die Schweiz beteiligte sich weiterhin an den Arbeiten, insbesondere durch ihre Teilnahme an mehreren Seminaren und technischen Ateliers der G20. Sie hat jedoch einen geringeren Einfluss als letztes Jahr, als sie von der russischen Präsidentschaft zur Teilnahme am Finanzsegment eingeladen war. Daher ist es wichtig, dass sich die Schweiz auch bei den künftigen Präsidentschaften der G20 engagiert.

2.6.1

Die G20 unter australischer Präsidentschaft

Seit dem 1. Dezember 2013 präsidiert Australien die G20 und bildet mit Russland (Präsidentschaft 2013) und der Türkei (Präsidentschaft 2015) die Führungs-Troika.

Obwohl die Themen der bisherigen G20-Gipfel übernommen wurden, reduziert die australische Agenda die Prioritäten auf Wachstumsstrategien für den Privatsektor (Investitionsförderung, Einbindung der Schwellen- und Entwicklungsländer in die Weltwirtschaft) sowie auf die Widerstandsfähigkeit der Weltwirtschaft (Finanz- und Bankenregulierung, Steuerfragen, Reformen der internationalen Finanzinstitutionen und der G20-Gouvernanz). Der Fokus liegt auf dem Privatsektor, der beim Ausbau 49 50 51

SR 0.822.713.9 SR 0.822.81 Argentinien, Australien, Brasilien, China, Deutschland, EU, Frankreich, Grossbritannien, Indien, Indonesien, Italien, Japan, Kanada, Mexiko, Russland, Saudi- Arabien, Südafrika, Südkorea, Türkei, Vereinigte Staaten.

1504

der Investitionen in Infrastrukturen ­ einem bevorzugten Thema der australischen Präsidentschaft ­ stark miteinbezogen wurde. Diese Konzentration auf wenige Themen zeigte sich auch bei den Ministertreffen, an die vorwiegend Finanzministerinnen und -minister eingeladen wurden. Am 15./16. November trafen sich die Staats- und Regierungschefinnen und -chefs in Brisbane zum G20-Gipfel.

Australien entschied sich für eine enge Zusammenarbeit mit den Ländern und Verbänden primär des asiatisch­pazifischen Raumes. Daher waren nebst Spanien (ständiger Gast), auch Myanmar (ASEAN-Präsidentschaft), Mauretanien (Präsidentschaft der Afrikanischen Union), Senegal (Vertreter der Neuen Partnerschaft für Afrikas Entwicklung), Neuseeland und Singapur (als «Schlüsselmitglied des Weltwirtschaftssystems») eingeladen. Zudem zeigte sich Australien im Rahmen der Eröffnungsaktivitäten des G20-Gipfels offen für den Dialog mit anderen Nichtmitgliedsstaaten sowie mit internationalen Organisationen.

Auf Anregung der australischen Präsidentschaft setzte sich die G20 zum Ziel, das globale BIP über fünf Jahre jährlich um zusätzliche 2 Prozent und somit 2000 Milliarden US-Dollar zu steigern. Dieses Engagement wurde mehrfach bekräftigt. Die entwickelten Länder sollen weiterhin eine lockere Geldpolitik betreiben, auch wenn diese je nach Inflationsperspektiven und Auswirkungen auf die Finanzmärkte und die Schwellenländer zu gegebener Zeit schrittweise normalisiert werden soll.

Das Steuerdossier bleibt ein zentrales Thema der G20. Der Informationsaustausch in Steuersachen und der Kampf gegen die Aushöhlung der Steuerbasis und die Gewinnverlagerung sind die zwei Hauptthemen in diesem Bereich (vgl. Ziff. 2.2.2).

Am Gipfeltreffen in Brisbane genehmigte die G20 die Lancierung der Globalen Infrastrukturinitiative, mit der die Infrastruktureinrichtungen in den G20-Staaten und weiteren Ländern qualitativ und quantitativ verbessert werden sollen. Zudem wies die G20 auf die Bedeutung des Handels hin. In diesem Zusammenhang sollen insbesondere die globalen Wertschöpfungsketten optimal genutzt werden. Gleichzeitig wurde erneut betont, dass die WTO als zentrale Organisation für die Entwicklung des weltweiten Handels die Unterstützung der G20 auch weiterhin geniesst. Russland erntete für seine Verwicklung in die Ukraine-Krise heftige Kritik
seitens der angelsächsischen Länder. Die Regierungschefinnen und -chefs der G20 setzten sich schliesslich für starke und wirksame Massnahmen im Kampf gegen den Klimawandel ein und verwiesen dabei auf den Grünen Klimafonds der UNO, der die Entwicklungsländer in diesem Kampf unterstützt (vgl. Ziff. 6.2.3).

2015 wird die Türkei die G20 präsidieren und das Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefinnen und -chefs am 15. und 16. November in Antalya organisieren.

Die Türkei will das 2014 von der australischen Präsidentschaft entwickelte Programm fortsetzen. Dabei wird sie sich insbesondere an drei Handlungsachsen orientieren: Die Erholung der Weltwirtschaft soll gestärkt, die wirtschaftliche Resilienz verbessert und die Nachhaltigkeit gefördert werden. Bezüglich der Präsidentschaft hat sich die G20 am Gipfel in Cannes 2011 auf ein Rotationssystem nach Weltregionen ab 2016 geeinigt. Gemäss diesem System wird 2016 China die Präsidentschaft der G20 übernehmen.

1505

2.6.2

Die Bilanz der Positionierung der Schweiz gegenüber der G20

Im Berichtsjahr wurde die Schweiz von der australischen Präsidentschaft, anders als 2013 durch Russland, nicht zum Finanzsegment der G20 eingeladen. Dafür nahm die Schweiz an mehreren Seminaren und technischen Ateliers der G20 teil, insbesondere zum Thema Investitionsförderung.

Zudem trat die Schweiz der G20 Global Partnership for Financial Inclusion (GPFI) bei, die 2010 am G20-Gipfel in Seoul gegründet worden war. Sie ist für die Umsetzung des Aktionsplans der G20 im Bereich der Finanzmarktintegration zuständig und steht Nichtmitgliedern der G20 offen. Die GPFI arbeitet eng mit der G20Arbeitsgruppe für Entwicklung zusammen, die sich mit Steuerfragen auseinandersetzt. Die Teilnahme an der GPFI ermöglicht der Schweiz, die G20-Agenda zu beeinflussen und ihre Anliegen einzubringen. Das Thema der Finanzmarktintegration hat seit der Finanzkrise 2008 an Bedeutung gewonnen und wird zu den Prioritäten der türkischen Präsidentschaft im Jahr 2015 gehören.

Die Schweiz setzt sich weiterhin für eine Vertretung der Nicht-G20-Länder nach dem Prinzip der «variablen Geometrie» ein, das heisst der Miteinbeziehung dieser Länder in Arbeitsgruppen je nach ihren spezifischen Interessen und Kompetenzen.

Zudem nahm die Schweiz wie in den vergangenen Jahren im Rahmen ihrer proaktiven G20-Strategie Stellung zu den prioritären Themen der australischen Präsidentschaft und liess der Präsidentschaft sowie den anderen G20-Ländern über ihr diplomatisches Netzwerk die entsprechenden Dokumente zukommen.

3

Europäische Wirtschaftsintegration Die wirtschaftliche Entwicklung in der EU ­ dem mit Abstand wichtigsten Handelspartner der Schweiz ­ beschleunigte sich im Berichtsjahr nicht im erhofften Ausmass. Zur Verunsicherung trugen die geopolitischen Spannungen bei. Darüber hinaus leiden verschiedene EU-Mitgliedstaaten weiter unter den Nachwirkungen der Schuldenkrise und den strikten Massnahmen zur fiskalpolitischen Sanierung. Dieses anhaltend schwierige Umfeld bremste das Wachstum der schweizerischen Exporte in den EU-Raum weiterhin, wobei sie sich im Berichtsjahr leicht positiv entwickelten.

Der Bundesrat legte seinen Schwerpunkt in der Europapolitik im Berichtsjahr weiterhin auf die Erhaltung und Weiterentwicklung des bilateralen Wegs. Aufgrund der Annahme des neuen Artikels 121a der Bundesverfassung über die Zuwanderung nahmen die Unsicherheiten über den Fortbestand und die Weiterentwicklung der für die Schweizer Wirtschaft entscheidenden bilateralen Verträge zwischen der Schweiz und der EU zu. Dies führt zusammen mit der schleppenden Wirtschaftsentwicklung in der EU zu einem fragilen Konjunkturaufschwung in der Schweiz.

1506

3.1

Wirtschaftliche Herausforderungen in der EU und deren Auswirkungen auf die Schweiz

Die Wirtschaftserholung in der EU kam im Berichtsjahr schleppender als erhofft voran und war weiterhin fragil. In vielen Mitgliedstaaten geriet die konjunkturelle Expansion nach einem ansprechenden Jahresbeginn zusehends ins Stocken. Sogar die gut aufgestellte deutsche Wirtschaft konnte sich den Schwächetendenzen nicht entziehen. Gravierender sind die wirtschaftlichen Schwierigkeiten in jenen Ländern, die nach wie vor unter den langwierigen Nachwirkungen der Krise leiden. Zwar scheint die Schuldenkrise an den Finanzmärkten weiterhin unter Kontrolle. Die am stärksten betroffenen Staaten der südlichen Peripherie, zunehmend auch Frankreich, stecken jedoch in einer Negativ-Spirale aus Wachstumsschwäche, hoher Arbeitslosigkeit, geschwächten Banken und weitgehend ausbleibender fiskalpolitischer Sanierung. Nur vereinzelt sind positive Tendenzen auszumachen, am ehesten für Spanien, dessen Wirtschaft dank wiedergewonnener Wettbewerbsfähigkeit Exporterfolge und eine Wachstumserholung verzeichnet. Insgesamt wird für den Euroraum 2015 nur mit einer graduellen Wachstumserholung gerechnet, die kaum ausreichen dürfte, die Arbeitslosigkeit spürbar zu senken. Ausserdem bleiben die Risiken für deflationäre Tendenzen mit Auswirkungen auf die Konjunkturerholung und die Schuldenprobleme erheblich. Um diesen Risiken entgegenzuwirken, hat die Europäische Zentralbank ihre Geldpolitik im Sommer des Berichtsjahres weiter gelockert.

Das Risiko für Konjunkturrückschläge im grössten Schweizer Exportmarkt bleibt somit erheblich. Zwar erzielte die Schweizer Wirtschaft auch im Berichtsjahr ein solides Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von knapp 2 Prozent (ähnlich wie 2013). Die Impulse kamen aber weiterhin vorwiegend aus dem Inland (Konsum, Bauinvestitionen). In den ersten drei Quartalen des Berichtsjahres stiegen die schweizerischen Warenexporte um 2,4 Prozent, was indes im langjährigen Vergleich eine eher bescheidene Zunahme darstellt. In einigen wichtigen Exportbranchen, namentlich der Maschinenindustrie, sind ansatzweise positive Tendenzen auszumachen. Ohne durchgreifende Belebung in Europa bleibt der Schweizer Konjunkturaufschwung aber verwundbar. Ausserdem bestünde ohne die Untergrenze des Euro­Franken-Kurses die Gefahr eines neuerlichen Aufwertungsdrucks auf den Schweizerfranken. Entsprechend erachtet die Schweizer
Nationalbank die Beibehaltung der Untergrenze weiterhin als notwendig. Darüber hinaus bildet die künftige Ausgestaltung der Beziehungen mit der EU nach der Annahme der Volksinitiative «Gegen Masseneinwanderung» vom 9. Februar einen Unsicherheitsfaktor, der das Investitionsverhalten der Unternehmen und somit die mittelfristigen Wachstumsperspektiven der Schweiz beeinträchtigen könnte.

3.2

Bestehende Wirtschaftsbeziehungen

Die EU ist der wichtigste Wirtschaftspartner der Schweiz; 55 Prozent der Schweizer Warenexporte gingen 2013 in den EU-Raum und 73 Prozent der Warenimporte kamen aus der EU. Auch bei den Investitionen und im Austausch von Dienstleistungen ist die EU der wichtigste Partner der Schweiz. So stammte 2012 knapp 80 Prozent des ausländischen Kapitals in der Schweiz aus der EU und etwa 75 Prozent des Schweizer Dienstleistungsverkehrs mit dem Ausland entfiel auf die EU. Die engen Beziehungen zwischen der Schweizer Wirtschaft und dem Binnenmarkt der EU werden durch zahlreiche bilaterale Abkommen vertraglich abge1507

sichert. Diesbezüglich sind insbesondere das Freihandelsabkommen von 197252 (FHA 72) und die sieben bilateralen Abkommen zwischen der Schweiz und der EU vom 21. Juni 1999 (Bilaterale I)53 bedeutend. Das FHA 72 hat die Zölle im bilateralen Handel mit Industrieprodukten beseitigt und regelt den Handel mit verarbeiteten Landwirtschaftsprodukten. Die Bilateralen I ermöglichen darüber hinaus eine Verbesserung des Marktzugangs namentlich durch eine Annäherung oder Angleichung der Vorschriften und deren vertragliche gegenseitige Anerkennung sowie den Einbezug der Schweiz in den europäischen Forschungs- und Innovationsraum. Die Abkommen der Bilateralen I sind rechtlich miteinander verknüpft (sog. GuillotineKlausel). Wird eines der Abkommen gekündigt, werden auch die anderen Verträge innerhalb von sechs Monaten hinfällig. Die Abkommen zwischen der Schweiz und der EU vom 26. Oktober 2004 (Bilateralen II)54 ermöglichen die Zusammenarbeit mit der EU in wichtigen politischen Bereichen wie Schengen/Dublin, Zinsbesteuerung, Betrugsbekämpfung, Statistik oder Umwelt. Die Abkommen wurden gleichzeitig unterzeichnet, sind aber mit Ausnahme der miteinander verbundenen Schengen- und Dublin-Assoziierungsabkommen nicht miteinander oder den Bilateralen I verknüpft. Auch diese Abkommen sind für die Schweizer Volkswirtschaft bedeutsam.

Mit der Annahme von Artikel 121a und Artikel 197 Ziffer 9 der Bundesverfassung (BV)55 sprachen sich die Schweizer Stimmbevölkerung und die Kantone für eine eigenständige Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung aus.56 Die neuen Verfassungsbestimmungen verpflichten Bundesrat und Parlament, innert drei Jahren ein neues Zulassungssystem einzuführen, das die Zuwanderung mittels Höchstzahlen und Kontingente steuert und den Schweizerinnen und Schweizern auf dem Arbeitsmarkt einen Vorrang einräumt. Innerhalb derselben Frist müssen völkerrechtliche Verträge neu verhandelt und angepasst werden, die mit 121a BV nicht vereinbar sind57. Erste Leitlinien zur Umsetzung des Artikels 121a BV präsentierte der Bundesrat am 20. Juni im Rahmen eines Umsetzungskonzepts.58 Dieses Konzept bildet die Basis für die Gesetzesvorlage, zu der der Bundesrat voraussichtlich im Januar 2015 eine Vernehmlassung eröffnen wird. Allerdings sind Kontingente und ein 52 53

54

55 56

57

58

Abkommen vom 22. Juli 1972 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (SR 0.632.401).

Abkommen über die Personenfreizügigkeit (SR 0.142.112.681), Abkommen über das öffentliche Beschaffungswesen (SR 0.172.052.68), Abkommen über die gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen (SR 0.946.526.81), Agrarabkommen (SR 0.916.026.81), Luftverkehrsabkommen (SR 0.748.127.192.68), Landverkehrsabkommen (SR 0.740.72), Forschungsabkommen (SR 0.420.513.1).

Abkommen über die Assoziierung an Schengen/Dublin (SR 0.362.31), Zinsbesteuerungsabkommen (SR 0.641.926.81), Betrugsbekämpfungsabkommen (SR 0.351.926.81), Abkommen über landwirtschaftliche Verarbeitungserzeugnisse (SR 0.632.401.23), Umweltabkommen (SR 0.814.092.681), Statistikabkommen (SR 0.431.026.81), Abkommen über die Beteiligung am Programm MEDIA 2007 (SR 0.784.405.226.8), Bildungsabkommen (SR 0.402.268.1), Ruhegehälter (SR 0.672.926.81).

SR 101 Vgl. Medienmitteilung «Systemwechsel bei der Zuwanderung: Ja zur Volksinitiative «Gegen Masseneinwanderung» vom 9. Februar 2014 (www.news.admin.ch > Dokumentation).

Vgl. Bericht vom 26. Mai 2014 der Direktion für Völkerrecht des Eidgenössischen Departements für Auswärtige Angelegenheiten «Auswirkungen der neuen Verfassungsbestimmungen Art. 121a und Art. 197 Ziff. 9 BV auf die völkerrechtlichen Verpflichtungen der Schweiz».

Vgl. Medienmitteilung «Bundesrat präsentiert das Konzept zur Umsetzung des Zuwanderungsartikels» vom 20. Juni 2014 (www.news.admin.ch > Dokumentation).

1508

Inländervorrang nicht mit dem bestehenden Abkommen Schweiz­EU über die Personenfreizügigkeit (FZA) vereinbar, weshalb der Bundesrat auch im Januar 2015 nach Konsultation der zuständigen parlamentarischen Kommissionen und der Kantone und der Sozialpartner ein Verhandlungsmandat zur Anpassung des FZA verabschieden wird. Die Aufnahme von Verhandlungen setzt die Bereitschaft der EU voraus. Die EU äusserte sich dahingehend, dass sie nicht bereit sei, über die Einführung von Kontingenten und den Inländervorrang zu verhandeln, zu Gesprächen über praktische Probleme bei der Anwendung des Abkommens sei sie aber bereit.

Die Diskussionen über die Implikationen der neuen Verfassungsbestimmung für das FZA in Zusammenhang mit der Guillotine-Klausel, führte zu einem erhöhten Interesse an der volkswirtschaftlichen Bedeutung der Bilateralen I. Die Abkommen der Bilateralen I waren bekanntlich Teil der Reformmassnahmen zur Überwindung der Wachstumsschwäche der 1990er Jahre und trugen in der Folge wesentlich zum guten wirtschaftlichen Abschneiden der Schweiz in den letzten Jahren bei. Während die Schweiz im OECD-Vergleich in den zwanzig Jahren vor Inkrafttreten der Bilateralen I ein unterdurchschnittliches Wachstum verzeichnete, war ihr Wachstum in den Jahren danach und insbesondere während den Krisenjahren ab 2007 und der anschliessenden Erholungsphase überdurchschnittlich, wie in der nachfolgenden Tabelle mit den durchschnittlichen jährlichen Wachstumsraten des BIP ausgewählter OECD-Länder ersichtlich wird.59 1981­2001

2002­2006

2007­2011

USA

3,3 %

UK

3,0 %

Schweiz

1,3 %

UK

2,8 %

USA

2,9 %

Deutschland

0,7 %

Japan

2,7 %

Schweiz

2,2 %

USA

0,2 %

Eurozone60

2,4 %

Eurozone

2,0 %

Frankreich

0,0 %

Frankreich

2,2 %

Frankreich

1,9 %

Eurozone

­0,2 %

Deutschland

2,2 %

Japan

1,8 %

UK

­0,6 %

Schweiz

1,6 %

Deutschland 1,3 %

Japan

­0,8 %

Über die wirtschaftliche Bedeutung der Bilateralen I gibt es eine Reihe von Studien.61 Insgesamt zeigen diese durchwegs positive Auswirkungen der Bilateralen I auf das Wirtschaftswachstum der Schweiz. Die durch die Abkommen ermöglichte Verbesserung des Zugangs zum Binnenmarkt der EU ist für die Exportwirtschaft sowie deren Zulieferer von grosser Bedeutung und die einzelnen sektorspezifischen Abkommen führten in verschiedenen Exportbranchen zu einer Ausweitung der

59 60 61

Vgl. OECD, National Accounts at a Glance ­ 2013 edition, eigene Berechnungen. Betrachtet man das BIP pro Kopf, so zeigt sich ein ähnliches Bild.

Belgien, Deutschland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Irland, Italien, Luxemburg, Niederlande, Österreich, Portugal, Spanien.

Links zu den entsprechenden Studien finden sich unter www.seco.admin.ch > Themen > Aussenwirtschaft > Wirtschaftsbeziehungen mit der EU.

1509

Nachfrage nach Schweizer Produkten. Die Verfügbarkeit von Fachkräften im Rahmen des FZA erlaubte es, die zusätzliche Exportnachfrage zu nutzen.

Eine eindeutige Quantifizierung der wirtschaftlichen Bedeutung der bilateralen Abkommen in ihrer Gesamtheit kann nicht vorgenommen werden, weil neben den direkten Auswirkungen einzelner Abkommen auch indirekte Auswirkungen und Wechselwirkungen zwischen den verschiedenen Abkommen von potenziell grosser Bedeutung sind. So kann beispielsweise die im Rahmen des Luftverkehrs- oder des Landverkehrsabkommens verbesserte Verkehrsanbindung der Schweiz ein wichtiger Standortfaktor für die Ansiedlung von Unternehmen sein und dadurch indirekte Wachstumswirkungen generieren. Nicht quantifizierbar ist auch die Bedeutung der bilateralen Abkommen als institutionelle Grundlage, welche die Beziehungen der Schweiz mit der EU regelt. Die bilateralen Abkommen gewährleisten in ihren Anwendungsbereichen Rechtssicherheit und Stabilität der Beziehungen der Schweiz mit der EU. Dies war in den vergangenen Jahren ein wichtiger Standortfaktor der Schweiz. So konnten dank der regelmässigen Kontakte beispielsweise im Rahmen der Gemischten Ausschüsse zu den einzelnen Abkommen eine Vielzahl von Marktzugangsproblemen von Schweizer Unternehmen effizient geregelt werden.

Immerhin liegen verschiedene Studien vor, welche die spezifischen Auswirkungen einzelner Abkommen der Bilateralen I auf betroffene Sektoren beleuchten. Dabei wurde allein die Auswirkung der Personenfreizügigkeit auf das BIP auf 1,04 bis 3,2 Prozent geschätzt (für 200762 bzw. 200863). Ohne das FZA wäre somit im Jahr 2008 das BIP zwischen 5,5 und 17 Milliarden Schweizerfranken tiefer ausgefallen.

Positive Auswirkungen hatte die höhere Verfügbarkeit von Arbeitskräften zudem auf die Investitionen in der Schweiz (+1 %64 bis +3,4 %65).

Auch dem Abkommen über die gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen (MRA; vgl. Ziff. 5.2.1) kommt eine hohe Bedeutung zu: 2011 betrugen die Exporte der vom MRA abgedeckten Industriesektoren rund 32 Milliarden Schweizerfranken; das heisst Industrieexporte in die EU waren in diesem Umfang dank diesem Abkommen von einer wiederholten Konformitätsprüfung befreit und konnten ohne Anpassung der Produktspezifikation in die EU exportiert werden. Es wird geschätzt, dass das Abkommen zu direkten
Kosteneinsparungen von 0,5 bis 1 Prozent der gesamten Produktwerte führte, was im Jahr 2011 rund 160 bis 320 Millionen Schweizerfranken entsprach.

Ein weiteres bedeutendes Abkommen ist das bilaterale Abkommen Schweiz­EU über das öffentliche Beschaffungswesen. Es deckt einen wesentlichen Teil der öffentlichen Beschaffungen in der EU ab. So geniessen Schweizer Unternehmen die Gleichbehandlung mit der Konkurrenz aus der EU. Im Jahr 2007 gewannen Schwei-

62

63

64

65

Aeppli und Gassebner (2008), «Auswirkungen des Personenfreizügigkeitsabkommens mit der EU auf den schweizerischen Arbeitsmarkt», in Aeppli et al. (Hersg.): «Auswirkungen der bilateralen Abkommen auf die Schweizer Wirtschaft», KOF Economic Institute, ETH Zürich, S. 45­67.

Stalder (2010), Free Migration between the EU and Switzerland: Impacts on the Swiss Economy and Implications for Monetary Policy, Schweizerische Zeitschrift für Volkswirtschaft und Statistik 146 (4).

Aeppli et al. (2008), «Makroökonomische Auswirkungen des FZA auf die schweizerische Wirtschaft.» in Aeppli et al. (Hersg.): «Auswirkungen der bilateralen Abkommen auf die Schweizer Wirtschaft. KOF Economic Institute, ETH Zürich, S. 29­44.

Vgl. Stalder (2008), «Personenfreizügigkeit: Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt und das Wirtschaftswachstum.» Die Volkswirtschaft, Das Magazin für Wirtschaftspolitik 11-2008

1510

zer Anbieter in der EU öffentliche Aufträge im Gesamtwert von ungefähr 900 Millionen bis 1,1 Milliarden Euro.66 Mit dem Landwirtschaftsabkommen wurde einerseits ein Abbau von nicht-tarifären Handelshemmnissen und anderseits ein Zollabbau für ausgewählte Produkte erreicht (insbesondere Käsefreihandel). Die Abkommen über den Luft- und den Landverkehr führen zu einer verbesserten Verkehrsanbindung und damit neuen Möglichkeiten für Schweizer Anbieter, eine erhöhte Effizienz im Gütertransport und einen vereinfachten Zugang für Schweizer Entwicklungs- und Herstellerbetriebe.

Das Forschungsrahmenprogramm der EU ist das weltweit grösste Forschungsförderprogramm betreffend Finanzvolumen und thematischer Abdeckung. Es wird von Forschenden als das attraktivste Grossforschungsprogramm weltweit anerkannt. Das Forschungsabkommen legt die Grundlage für die Teilnahme der Schweiz an diesen Forschungsrahmenprogrammen. Im Bereich Forschung und Innovation nahm die Internationalisierung in den vergangenen Jahren stark zu. Ihren derzeitigen Spitzenplatz als Forschungsstandort dürfte die Schweiz ohne eine starke internationale Vernetzung nicht halten können. Im Fall eines Ausschlusses der Schweiz von den Forschungsrahmenprogrammen der EU würden öffentliche und private Institutionen in der Schweiz bei der Rekrutierung und Bindung von Talenten deutlich an Attraktivität verlieren. Die fehlende Möglichkeit, sich in Ausschreibungen auf europäischer Ebene direkt international zu messen, und der daraus resultierende Verlust an Prestige würden dazu führen, dass die besten Wissenschafter ­ vor allem auch Nachwuchskräfte ­ andere europäische Standorte bevorzugen.

Die Annahme der neuen Verfassungsbestimmungen über die Zuwanderung verunmöglichte es der Schweiz, das bereits ausgehandelte Protokoll III über die Ausdehnung des FZA auf Kroatien zu unterzeichnen. Dies wiederum blockierte die Verhandlungen über eine Vollassoziierung der Schweiz beim Forschungsrahmenprogramm der EU für 2014­2020 (Horizon 2020). Am 5. Dezember konnte ein Abkommen über eine zeitlich befristete Teilassoziierung unterzeichnet werden.

Schweizer Forschende können sich seit dem 15. September 2014 wieder an einigen Ausschreibungen beteiligen. Voraussetzung für eine Vollassoziierung und eine Weiterführung der Teilnahme an Horizon 2020 über das Jahr 2016 hinaus
ist eine grundsätzliche Lösung im Bereich des FZA (inkl. dessen Ausdehnung auf Kroatien).

Im Rahmen des Bildungsprogramms 2014­2020 (Erasmus+) verlor die Schweiz den Status eines Programmlands für die Projektausschreibungen 2014, weshalb der Bundesrat im April eine Schweizer Übergangslösung für Erasmus+ verabschiedete, die grösstmögliche Kontinuität anstrebt, jedoch nicht dieselben Beteiligungsmöglichkeiten bietet wie eine Vollassoziierung. Eine grundsätzliche Lösung im Bereich des FZA ist auch beim Bildungsprogramm Voraussetzung für eine Vollassoziierung.

Im September kündigte der Bundesrat deshalb an, die Übergangslösung bei Bedarf in den kommenden zwei Jahren weiterzuführen. Auch eine Teilnahme am aktuellen Filmförderungsprogramm der EU ist zurzeit nicht möglich, weshalb der Bundesrat im Juli diesbezüglich ebenfalls Ersatzmassnahmen verabschiedete. Die Teilnahme an den Bildungs- und Filmförderungsprogrammen der EU wurde nicht im Rahmen der Bilateralen I verhandelt. Dies zeigt, dass im Fall einer Kündigung des FZA bilaterale Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU über die Abkommen der

66

WTO, Committee on Government Procurement (2010) Statistics for 2007 reported under Article XXI:5 of the Agreement: Report by the European Union.

1511

Bilateralen I hinaus gefährdet wären. Es bestehen beispielsweise auch Querbezüge zwischen dem FZA und den Schengen- und Dublin Assoziierungsabkommen.

3.3

Ausbau und Konsolidierung der bilateralen Beziehungen

Nachdem der Bundesrat am 18. Dezember 2013 und der Rat der EU am 6. Mai 2014 je ein Verhandlungsmandat über institutionelle Fragen verabschiedet hatten, wurden die Verhandlungen über ein institutionelles Abkommen im Mai aufgenommen. Dies ermöglichte auch die Weiterführung der Verhandlungen in anderen Bereichen (insbes. Elektrizität, europäisches Emissionshandelsrechtesystem, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit). Der Abschluss dieser Verhandlungen und die Unterzeichnung neuer Abkommen wird aus Sicht der EU allerdings erst möglich sein, wenn eine Lösung für das FZA gefunden ist.

Ein institutionelles Abkommen wäre auf bestehende und künftige Marktzugangsabkommen anwendbar, die auf der Rechtsharmonisierung mit dem EU-Acquis basieren. Verhandelt wird über einen verbindlichen Mechanismus für die dynamische Anpassung der Abkommen an den relevanten Rechtsbestand der EU, die einheitliche Rechtsauslegung und die Überwachung der korrekten Anwendung des Abkommens sowie über einen Streitbeilegungsmechanismus. Ein institutionelles Abkommen würde die Rechtssicherheit für Schweizer Unternehmen erhöhen und den Abschluss neuer sowie die Weiterentwicklung der bestehenden Marktzugangsabkommen erleichtern; beispielsweise die Aufnahme zusätzlicher Produktekapitel ins MRA.

Bestehende Abkommen müssen an aktuelle Entwicklungen angepasst werden, um eine Erosion des Marktzugangs zu vermeiden. Für Schweizer Exporteure und deren Zulieferer kommt somit dem Abschluss eines institutionellen Abkommens eine hohe Bedeutung zu.

3.4

Steuerfragen

Gestützt auf das vom Bundesrat am 18. Dezember 2013 verabschiedete Mandat wurden im Januar Verhandlungen über eine technische Revision des Zinsbesteuerungsabkommens Schweiz­EU aufgenommen. Bestehende Schlupflöcher dieses Abkommens sollten gestützt auf das bestehende Koexistenzmodell geschlossen werden, das entweder einen Steuerrückbehalt auf Zinserträgen oder eine freiwillige Deklaration derselben vorsieht. Angesichts der internationalen Entwicklungen sind die Schweiz und die EU jedoch übereingekommen, dass eine technische Revision des Abkommens nicht zweckmässig ist. Infolge der Verabschiedung eines globalen Standards für den automatischen Informationsaustausch in Steuersachen durch den Rat der OECD am 15. Juli (vgl. Ziff. 2.2.2) genehmigte der Bundesrat nach Konsultationen mit den zuständigen Parlamentskommissionen und den Kantonen am 8. Oktober ein Verhandlungsmandat zur Einführung des automatischen Informationsaustauschs mit der EU. Damit gibt er den laufenden Verhandlungen eine neue Richtung. Der Bundesrat betonte, dass im Rahmen dieser Verhandlungen auch Verbesserungen beim Marktzugang im Finanzsektor anzustreben sind.

Im Rahmen des Unternehmenssteuerdialogs unterzeichneten die Schweiz und Vertreter der 28 EU-Mitgliedstaaten am 14. Oktober eine gemeinsame Verständigung 1512

über die Unternehmensbesteuerung.67 Damit kommt eine Kontroverse zum Abschluss, die fast zehn Jahre auf den Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU lastete. Der Bundesrat bekräftigte dabei seine Absicht, im Rahmen der Unternehmenssteuerreform III die Abschaffung bestimmter Steuerregimes vorzuschlagen, insbesondere solche, die eine unterschiedliche Behandlung in- und ausländischer Erträge vorsehen (sog. «ring-fencing»). Neue steuerliche Massnahmen sollen auf internationale Standards der OECD ausgerichtet sein. Im Gegenzug bestätigen die EU-Mitgliedstaaten, dass gegen diese Regimes ergriffene Massnahmen aufgehoben werden, sobald diese abgeschafft sind. Parallel dazu wird sich die Schweiz weiterhin innerhalb der OECD aktiv an den Arbeiten zur Entwicklung internationaler Standards für die Unternehmensbesteuerung beteiligen.

3.5

Erweiterungsbeitrag

Die im Rahmen des Erweiterungsbeitrags der Schweiz unterstützten rund 300 Projekte68 tragen zur Verringerung der wirtschaftlichen und sozialen Ungleichheiten in der erweiterten EU bei. Damit werden die bilateralen Beziehungen zur EU und den verschiedenen Partnerstaaten vertieft und Partnerschaften zwischen Institutionen und Organisationen ­ beispielsweise im Bereich der Forschungszusammenarbeit ­ gefördert.

Der Schweizer Beitrag im Umfang von einer Milliarde Schweizerfranken für die zehn Mitgliedstaaten, die der EU 2004 beigetreten sind, ist seit Juni 2012 vollständig verpflichtet. Die Umsetzung der Projekte, die bis im Juni 2017 abgeschlossen sein muss, verlief im Berichtsjahr planmässig. Die Auswahl der Projekte für den Beitrag von 257 Millionen Schweizerfranken an Bulgarien und Rumänien, die der EU 2007 beigetreten sind, wurde im Dezember abgeschlossen. Das SECO und die DEZA haben sämtliche Mittel im vorgesehenen Zeitrahmen verpflichtet. In den kommenden fünf Jahren liegt die Priorität auf der Umsetzung der Projekte. Weiter wurde der Beitrag für Kroatien ­ seit dem 1. Juli 2013 das jüngste Mitglied der EU ­ von 45 Millionen Schweizerfranken in der Wintersession vom Parlament genehmigt.

Gestützt auf den Rahmenkredit wird die Schweiz mit Kroatien zur Vereinbarung der Themenschwerpunkte und Modalitäten der Zusammenarbeit Verhandlungen über ein bilaterales Rahmenabkommen aufnehmen.

Über die Frage einer allfälligen Erneuerung des Erweiterungsbeitrags wird der Bundesrat im Lichte der weiteren Entwicklung der Gesamtbeziehungen zur EU entscheiden. Die aktuelle gesetzliche Grundlage69 für den Erweiterungsbeitrag läuft am 31. Mai 2017 aus. Ein allfälliger Beitrag über 2017 hinaus bedingt eine neue Gesetzesgrundlage.

67

68 69

Vgl. Medienmitteilung «Schweiz und EU-Mitgliedstaaten unterzeichnen Verständigung zur Unternehmensbesteuerung» vom 14. Oktober 2014 (www.news.admin.ch > Dokumentation).

Eine Liste der Projekte findet sich unter www.erweiterungsbeitrag.admin.ch.

Bundesgesetz vom 24. März 2006 über die Zusammenarbeit mit den Staaten Osteuropas (SR 974.1).

1513

4

Freihandelsabkommen mit Drittstaaten ausserhalb der EU und der EFTA Im Berichtsjahr traten das bilaterale FHA mit China und die EFTA-Freihandelsabkommen (FHA) mit den Staaten des Golfkooperationsrates sowie mit Costa Rica und Panama in Kraft. Mit diesen neuen Abkommen verfügt die Schweiz über ein Netz von 28 FHA mit 38 Partnern ausserhalb der EU und der EFTA.

Die EFTA-Verhandlungen über ein FHA mit Guatemala wurden abgeschlossen.

Die EFTA-Verhandlungen mit Indonesien und Vietnam wurden fortgesetzt, jene mit Indien soweit möglich weiterverfolgt und der Verhandlungsprozess mit der Zollunion Russland­Belarus­Kasachstan ist vorläufig aufgeschoben. Neu aufgenommen wurden Verhandlungen mit Malaysia, Ziel ist der Abschluss eines umfassenden FHA. Mit der Türkei verhandelt die EFTA über die Weiterentwicklung des FHA von 1992. Mit Kanada und Mexiko wird dieser Schritt geprüft.

Mit den Philippinen wurde eine EFTA-Zusammenarbeitserklärung als Basis für vertiefte Kontakte unterzeichnet. 2015 sollen Verhandlungen aufgenommen werden. Mit den USA setzte die EFTA ihren handelspolitischen Dialog fort.

4.1

Weiter zunehmende weltweite Tendenz zum Abschluss präferenzieller Handelsabkommen

Die weitere multilaterale Marktöffnung im Rahmen der WTO bleibt ungewiss (vgl. Ziff. 2.1). Daher ist der weltweite Trend zum Abschluss regionaler und regionenübergreifender FHA ungebrochen. Bis Mitte 2014 waren bei der WTO 585 regionale Präferenzabkommen notifiziert, wovon 379 in Kraft sind.70 Nebst den regionalen Präferenzabkommen (z. B. ASEAN71, EU, NAFTA72) werden seit vielen Jahren ebenfalls überregionale Abkommen ausgehandelt, auch durch wirtschaftlich bedeutende WTO-Mitglieder wie Japan, die USA und die EU.

Im Fokus des Interesses stehen zurzeit insbesondere die Verhandlungen zwischen der EU und den USA über eine transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (Transatlantic Trade and Investment Partnership, TTIP). Bisher fanden sieben Verhandlungsrunden statt. Ziel ist die umfassende Liberalisierung des Handels mit Industrie- und Agrarprodukten, die Beseitigung von nicht-tarifarischen Handelshemmnissen sowie die weitere Liberalisierung des Dienstleistungshandels, des öffentlichen Beschaffungswesens und der Investitionstätigkeit. Zudem sollen die Regelungen in verschiedenen Bereichen wie dem geistigen Eigentum und dem Wettbewerb verstärkt werden. Die EU strebt zudem ein separates Energiekapitel an, damit die EU Gas und Öl möglichst hindernisfrei aus den USA importieren kann.

Von beiden Seiten wird ein Abschluss der Verhandlungen bis Ende 2015 angestrebt.

Das TTIP würde zu gewissen Benachteiligungen der Schweizer Wirtschaft insbe70 71 72

www.wto.org > trade topics > regional trade agreements Association of Southeast Asian Nations: Brunei Darussalam, Indonesien, Kambodscha, Laos, Malaysia, Myanmar, Philippinen, Singapur, Thailand, Vietnam.

North American Free Trade Agreement: Kanada, Mexiko, Vereinigte Staaten.

1514

sondere auf dem amerikanischen Markt und ­ namentlich für die Landwirtschaft ­ auf dem EU-Markt führen. Generell besteht für die Schweiz in Bezug auf den Marktzugang ein Diskriminierungspotenzial. Dieses könnte sich je nach Verhandlungsergebnis nebst den Zöllen auch im regulatorischen Bereich, bei den Dienstleistungen oder beim öffentlichen Beschaffungswesen zeigen (vgl. Ziff. 1.2.1). Im Rahmen des 2013 aufgenommenen handelspolitischen Dialogs zwischen der EFTA und den USA fand im Juni ein zweites Treffen statt. Der Dialog soll 2015 fortgesetzt werden.

Ein weiteres Beispiel für ein umfassendes überregionales Abkommen sind die Verhandlungen zum Trans-Pacific-Partnership-Abkommen (TPP). Dem ursprünglich zwischen Brunei Darussalam, Chile, Singapur und Neuseeland begonnenen Verhandlungsprozess sind sukzessive Australien, Kanada, Malaysia, Mexiko, Peru, die USA, Vietnam und Japan beigetreten. Die beteiligten Parteien streben an, die Verhandlungen möglichst rasch abzuschliessen. Die Auswirkungen des TPP auf die Schweizer Wirtschaft hängen vom Ausgang der Verhandlungen ab und können zurzeit kaum beurteilt werden. Die Schweiz verfügt bereits über FHA mit einigen Teilnehmern an den TPP-Verhandlungen73, beziehungsweise steht in Verhandlung mit weiteren74. Dadurch können die Auswirkungen auf die Schweizer Wirtschaft in Bezug auf diese Länder voraussichtlich abgefedert werden.

4.2

Aktivitäten der Schweiz

Die Schweiz verfügt Ende des Berichtsjahres neben dem Übereinkommen vom 4. Januar 196075 zur Errichtung der Europäischen Freihandelsassoziation und dem FHA mit der EU von 197276 über 28 FHA77 mit 38 Partnern. 25 dieser Abkommen wurden im Rahmen der EFTA abgeschlossen, die FHA mit China, Japan und den Färöer-Inseln schloss die Schweiz bilateral ab.

73 74 75 76 77

Chile, Kanada, Japan, Mexiko, Peru, Singapur Malaysia, Vietnam SR 0.632.31 SR 0.632.401 EFTA-FHA: Türkei (in Kraft getreten am 1.4.1992; SR 0.632.317.631), Israel (1.7.1993; SR 0.632.314.491), Palästinensische Behörde (1.7.1999; SR 0.632.316.251), Marokko (1.12.1999; SR 0.632.315.491), Mexiko (1.7.2001; SR 0.632.315.631.1), Mazedonien (1.5.2002; SR 0.632.315.201.1), Jordanien (1.9.2002;SR 0.632.314.671), Singapur (1.1.2003; SR 0.632.316.891.1), Chile (1.12.2004; SR 0.632.312.451), Tunesien (1.6.2006; provisorische Anwendung seit 1.6.2005; SR 0.632.317.581), Südkorea (1.9.2006; SR 0.632.312.811), Libanon (1.1.2007; SR 0.632.314.891), SACU (Südafrikanische Zollunion: Botswana, Lesotho, Namibia, Südafrika, Swasiland; 1.5.2008; SR 0.632.311.181), Ägypten (1.9.2008; provisorische Anwendung seit 1.8.2007; SR 0.632.313.211), Kanada (1.7.2009; SR 0.632.312.32), Serbien (1.10.2010; SR 0.632.316.821), Albanien (1.11.2010; SR 0.632.311.231), Kolumbien (1.7.2011; SR 0.632.312.631), Peru (1.7.2011; SR 0.632.316.411), Ukraine (1.6.2012; SR 0.632.317.671), Montenegro (1.9.2012; SR 0.632.315.731), Hong Kong (1.10.2012; SR 0.632.314.161), GCC (Golfkooperationsrat: Bahrein, Katar, Kuweit, Oman, Saudi-Arabien, Vereinigte Arabische Emirate; 1.7.2014) SR 0.632.311.491), Zentralamerikanische Staaten (Costa Rica und Panama; 29.8.2014), SR 0.632.312.851), Bosnien und Herzegowina (unterzeichnet am 24.6.2013; BBl 2014 1309), bilaterale FHA der Schweiz: Färöer-Inseln (1.3.1995; SR 0.632.313.141; Japan (1.9.2009; SR 0.946.294.632), China (1.7.2014; SR 0.632.314.161)

1515

Im Rahmen der langfristig ausgerichteten Wachstumspolitik des Bundesrates sowie vor dem Hintergrund unsicherer Aussichten für die Weltwirtschaft und für den EURaum sind für die Schweiz Massnahmen zur weiteren Öffnung und Absicherung der Exportmärkte von zentraler Bedeutung. Dabei bleibt die Ausdehnung des Netzes von FHA insbesondere auf wachstumsstarke Schwellenländer prioritär. Zudem gewinnt die Aktualisierung und Vertiefung bestehender FHA an Bedeutung.

Die Interessen vieler Verhandlungspartner, häufig grössere dynamische Volkswirtschaften, unterscheiden sich zum Teil deutlich von jenen der Schweiz. Diese Partner fordern beispielsweise Zugeständnisse in Bezug auf den Marktzugang für Landwirtschaftsprodukte oder die Erbringung von Dienstleistungen durch natürliche Personen, welche die Schweiz bisher mit keinem Freihandelspartner eingegangen ist.

Gegenüber den offensiven schweizerischen Interessen ­ etwa bezüglich des Marktzugangs für Industrieprodukte, verschiedene Dienstleistungssektoren (u. a. Finanzund Logistikdienstleistungen), geistiges Eigentum oder Handel und nachhaltige Entwicklung ­ zeigen sich diese Partner hingegen zurückhaltend. Entsprechend gestalten sich die verschiedenen Verhandlungsprozesse deutlich schwieriger als in der Vergangenheit und erfordern mehr Zeit und Aufwand.

4.2.1

Laufende Verhandlungen

Die EFTA-Staaten schlossen die Verhandlungen über ein FHA mit Guatemala ab.

Das Abkommen soll in der ersten Hälfte 2015 unterzeichnet werden. Guatemala wird dem Abkommen zwischen den EFTA-Staaten und den zentralamerikanischen Staaten (Costa Rica und Panama) als weitere Vertragspartei beitreten. Mit Malaysia wurden im Berichtsjahr Verhandlungen über ein umfassendes FHA aufgenommen und drei Verhandlungsrunden durchgeführt. Die Verhandlungen werden 2015 weitergeführt. In diesen wie in allen anderen laufenden Verhandlungen setzen sich die Schweiz und die anderen EFTA-Staaten neben dem Warenverkehr, dem Handel mit Dienstleistungen, dem Schutz des geistigen Eigentums, usw. auch für die Aufnahme von Bestimmungen über Handel und nachhaltige Entwicklung in die Abkommen ein (vgl. Ziff. 5.5.1).

Andere Verhandlungsprozesse standen unter dem Einfluss von Krisen und innenpolitischen Ereignissen seitens der Verhandlungspartner. So hat die EFTA die Verhandlungen mit der Zollunion Russland­Belarus­Kasachstan aufgrund der Ereignisse in der Ukraine bis auf weiteres aufgeschoben. Die Verhandlungen mit Indien konnten vor den indischen Parlamentswahlen im Mai nicht abgeschlossen werden.

Die EFTA steht hinsichtlich einer Fortsetzung der Verhandlungen in Kontakt mit der indischen Seite. Mit Indonesien konnten vor dem Hintergrund der Parlaments- und Präsidentschaftswahlen im Sommer seit Mai keine Verhandlungsrunden mehr abgehalten werden. Die Wiederaufnahme der Verhandlungen kann frühestens 2015 erfolgen und hängt auch von der Politik der neuen Regierung ab. Aufgrund der politischen Lage in Thailand konnten die Gespräche über eine Wiederaufnahme der 2006 unterbrochenen Verhandlungen erneut nicht wieder aufgenommen werden. Die EFTA verfolgt die Entwicklungen in Thailand und wird zu gegebener Zeit eine Wiederaufnahme der Gespräche prüfen. In Bezug auf Algerien ist die EFTA bereit, die 2007 eröffneten und 2009 von Algerien suspendierten Verhandlungen über ein FHA weiterzuführen, sobald Algerien dazu bereit ist.

1516

4.2.2

Explorationen und andere Kontakte

Anlässlich der EFTA-Ministerkonferenz im Juni wurde eine Zusammenarbeitserklärung mit den Philippinen unterzeichnet und damit ein institutionalisierter Dialog über Möglichkeiten zur Vertiefung der wirtschaftlichen Beziehungen etabliert. Die Aufnahme von Verhandlungen über ein umfassendes FHA ist für 2015 vorgesehen.

Mit Georgien fand ein erstes Treffen des unter der Zusammenarbeitserklärung EFTA­Georgien eingesetzten Gemischten Ausschusses statt. Die EFTA ist bereit, mit Georgien zu einem noch festzulegenden Zeitpunkt Verhandlungen über ein FHA aufzunehmen. Weiter ist vorgesehen, mit Ecuador eine Zusammenarbeitserklärung zu unterzeichnen.

Mit den Mercosur-Staaten78 wurde im Hinblick auf die Prüfung weiterer Schritte zum Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen der Kontakt bilateral und auch im Rahmen der EFTA gepflegt. Ein nächstes Treffen des Gemischten Ausschusses EFTA­ Mercosur soll Anfang 2015 stattfinden. Weitere Kontakte werden unter anderem mit afrikanischen Staaten südlich der Sahara sowie mit weiteren asiatischen Staaten gepflegt.

4.2.3

Bestehende Freihandelsabkommen

Am 1. Juli trat das bilaterale FHA zwischen der Schweiz und China in Kraft. Das gleichzeitig abgeschlossene Abkommen zu Arbeits- und Beschäftigungsfragen trat am 9. Juni in Kraft. Mit dem FHA Schweiz­China erweitert die Schweiz ihr FHANetz um ein Abkommen mit ihrem drittwichtigsten und dynamischsten Handelspartner. Das Abkommen wird durch Schweizer Exporteure und Importeure bereits rege genutzt. Die EFTA-FHA mit den Mitgliedstaaten des Golfkooperationsrates79 (GCC) sowie jenes mit den zentralamerikanischen Staaten Costa Rica und Panama traten am 1. Juli beziehungsweise am 29. August in Kraft. Da die zuständigen Stellen der GCC-Staaten die internen Umsetzungsarbeiten nicht rechtzeitig vorgenommen haben, funktioniert die Präferenzverzollung im Abkommen EFTA­GCC noch nicht. Die EFTA arbeitet mit dem GCC daran, das vollständige Funktionieren des Abkommens möglichst bald sicherzustellen. Das am 24. Juni 2013 unterzeichnete EFTA-FHA mit Bosnien und Herzegowina wird am 1. Januar 2015 in Kraft treten.

Im Berichtsjahr fanden Treffen der Gemischten Ausschüsse unter den EFTAAbkommen mit Chile, Kanada, Kolumbien, Montenegro und der Türkei statt. Das Treffen mit Montenegro war das erste Treffen eines Gemischten Ausschusses unter einem FHA der EFTA, welches Bestimmungen über Handel- und nachhaltige Entwicklung enthält (vgl. Ziff. 5.5.1).

Mit der Türkei nahm die EFTA Verhandlungen über die Weiterentwicklung des FHA aus dem Jahr 1992 auf, welches sich auf den Warenverkehr und den Schutz des geistigen Eigentums beschränkt. Bisher fand eine Verhandlungsrunde statt. Diskutiert wird die Weiterentwicklung beziehungsweise Modernisierung des Abkommens in Bezug auf den Handel mit Dienstleistungen, geistiges Eigentum, technische Handelshemmnisse, sanitäre und phytosanitäre Massnahmen, Handelserleichterun78 79

Argentinien, Brasilien, Paraguay, Uruguay Bahrain, Katar, Kuwait, Oman, Saudi-Arabien, Vereinigte Arabische Emirate

1517

gen und -disziplinen, Wettbewerb, Handel und nachhaltige Entwicklung sowie rechtliche und institutionelle Bestimmungen. Mit Mexiko sind die Arbeiten zur Festlegung der Leitlinien und Eckwerte für die Weiterentwicklung des FHA in Gang. Die Verhandlungen sollen 2015 aufgenommen werden. Auch mit Kanada wird vor dem Hintergrund der abgeschlossenen Verhandlungen über ein FHA zwischen der EU und Kanada eine Weiterentwicklung des FHA EFTA­Kanada geprüft.

Erste exploratorische Kontakte fanden statt.

4.3

Herausforderungen für die Schweizer Freihandelspolitik

Um die aussenwirtschaftspolitischen Ziele zu erreichen, müssen ältere FHA neuen handelspolitischen Entwicklungen angepasst werden. Ziel ist eine erhöhte Wirksamkeit dieser Abkommen, insbesondere im Hinblick auf eine fortgesetzte Vermeidung von Diskriminierungen der Schweizer Unternehmen. In diesem Zusammenhang sind für die Schweiz die in den letzten Jahren intensivierten Freihandelsbestrebungen der EU und der USA von besonderer Bedeutung, da deren Wirtschaftsakteure die Hauptkonkurrenten für Schweizer Anbieter sind. Verschiedene durch diese beiden Wirtschaftsmächte in jüngster Zeit abgeschlossene oder vor dem Abschluss stehende Abkommen gehen bezüglich thematischer Abdeckung und gewisser Marktzugangsaspekte über die bestehenden FHA der EFTA und der Schweiz hinaus. Beispiele sind das umfassende FHA zwischen der EU und Kanada oder die FHA, welche die EU und die USA je mit Südkorea und mit Singapur abgeschlossen haben.

Angesichts dieser Entwicklungen werden Verhandlungen über die Weiterentwicklung bestehender FHA im Arbeitsprogramm der EFTA künftig eine zunehmend wichtige Rolle spielen. Die Anpassung bestehender FHA kann einen wichtigen Beitrag zur Stärkung des Standorts Schweiz und zur Schaffung und Erhaltung von Arbeitsplätzen leisten. Die Schweiz prüft den Anpassungsbedarf bei ihren bestehenden Abkommen. Neben der Vermeidung von Diskriminierungen werden beim Entscheid über den Anpassungsbedarf eines bestehenden FHA ähnliche Kriterien angewendet wie bei der Priorisierung neuer Verhandlungen, insbesondere die aktuelle und potenzielle wirtschaftliche Bedeutung der Vertragspartner. Wichtig sind auch die Verhandlungsbereitschaft der Partner und die Erfolgsaussichten für ein günstiges Verhandlungsergebnis.

Während sich Kanada, Mexiko und die Türkei für eine umfassende Weiterentwicklung der bestehenden FHA mit der EFTA interessieren, sind andere Partner zurückhaltender. Dies ist unter anderem auf fehlende Personalressourcen wegen anderen Verhandlungsprojekten, mangelnde Offensivinteressen gegenüber der EFTA oder die beschränkten Konzessionsmöglichkeiten der EFTA-Staaten im Landwirtschaftsbereich zurückzuführen. Die eingeschränkten Möglichkeiten zur Gewährung von Zollkonzessionen für Agrarprodukte stellen nicht nur bei der Aktualisierung bestehender FHA eine Herausforderung dar, sondern zunehmend auch
bei laufenden und geplanten Verhandlungen mit neuen Partnern. Hier werden die Schweiz und die anderen EFTA-Staaten vermehrt zwischen ihren Exportinteressen ­ die neben dem Industrie- und dem Dienstleistungssektor durchaus auch im Landwirtschaftsbereich relevant sind ­ und dem Agrargrenzschutz abwägen müssen.

Die angestrebte Weiterentwicklung bestehender FHA bezieht sich häufig auf eine Mehrzahl von Themen, indem der Geltungsbereich eines Abkommens gleichzeitig 1518

auf bisher nicht abgedeckte Bereiche wie Dienstleistungen, Investitionen, öffentliches Beschaffungswesen, Handel und nachhaltige Entwicklung ausgeweitet sowie bestehende Bestimmungen aktualisiert werden sollen (z. B. Marktzugangsverbesserungen im Warenverkehr). In anderen Fällen, wenn ein FHA ansonsten aktuell ist, sind partielle Anpassungen vorgesehen, beispielsweise der Einschluss von Bestimmungen über Handel und nachhaltige Entwicklung oder über Handelserleichterungen.

5

Sektorielle Politiken

5.1

Warenverkehr Industrie/Landwirtschaft

Der Aussenhandel der Schweiz nahm in den ersten zehn Monaten des Berichtsjahres gegenüber der gleichen Periode des Vorjahres ein- wie ausfuhrseitig zu.

Diese Zunahme ist primär auf den Chemie- und Pharmasektor zurückzuführen.

Der Handelsbilanzüberschuss erreichte zugleich einen neuen Höchststand.

Die globalen Wertschöpfungsketten bilden im Bereich der Zoll- und Ursprungspolitik eine Herausforderung, welcher unter anderem mit einem auf die KMU zugeschnittenen internetbasierten Verzollungsportal und neuen Kumulationsmöglichkeiten im Ursprungsbereich begegnet werden soll. Die sukzessive Umsetzung des Regionalen Übereinkommens über Paneuropa­MittelmeerPräferenzursprungsregeln bildet die Grundlage für die Ermöglichung der diagonalen Kumulation auch mit den Staaten des Westbalkans ab 2015. Auch bei der Modernisierung der Ursprungsregeln im Rahmen dieses Übereinkommens wurden Fortschritte erzielt.

Die Ausfuhren von landwirtschaftlichen Verarbeitungsprodukten entwickelten sich im Jahr 2013 abermals erfreulich. Die für verarbeitete Agrarprodukte beantragten Ausfuhrbeiträge überstiegen im Berichtsjahr erneut die verfügbaren Mittel des «Schoggigesetz»-Budgets, so dass die Preisunterschiede der Agrarrohstoffe ausfuhrseitig nicht vollständig durch Bundesmittel ausgeglichen wurden.

5.1.1

Entwicklung des Aussenhandels

Der Vergleich der ersten zehn Monate des Berichtjahres mit der entsprechenden Vorjahresperiode zeigt, dass die Ausfuhren um 3,6 Prozent und die Einfuhren um 1,5 Prozent gestiegen sind (Ein- und Ausfuhren ohne Edelmetalle, Schmucksteine, Kunstgegenstände und Antiquitäten). Die Handelsbilanz für Januar bis Oktober weist einen Überschuss von 24,9 Milliarden Schweizerfranken auf. Ausfuhrseitig trugen insbesondere die chemisch­pharmazeutische Industrie, die Uhren- und Schmuckindustrie sowie die Fahrzeugindustrie zum Wachstum bei. Grund für den Anstieg der Einfuhren sind hauptsächlich die Arzneimittel, gefolgt von den Textilien. Bei der regionalen Verteilung der Exporte ergeben sich gegenüber 2013 Verschiebungen zugunsten Amerikas (+5,9 %) und Asiens (+3,7 %), während dem sich die Exporte nach europäischen Ländern unterdurchschnittlich entwickelt haben 1519

(+3,1 %): Europa dominiert weiterhin mit einem Anteil von 58,3 Prozent, gefolgt von Asien (21,6 %), Amerika (17,1 %), Afrika (1,8 %) und Ozeanien (1,2 %). Einfuhrseitig hat der Anteil der Bezüge aus Asien (+5,8 %) und Amerika (+4,0 %) überdurchschnittlich zugenommen, während der Anteil aus Afrika (­17,1 %) und Ozeanien (­23,7 %) zurückgegangen ist; auch hier dominiert Europa mit einem Anteil von 75 Prozent, gefolgt von Asien (15,2 %), Amerika (8,0 %), Afrika (1,7 %) und Ozeanien (0,2 %).

Nachstehende Tabelle stellt die Struktur des Schweizer Aussenhandels aufgeschlüsselt auf die wichtigsten Warenarten dar (Januar­Oktober 2014): Warenart

Landwirtschaft Energieträger Textilien Chemie / Pharma Metalle Maschinen Fahrzeuge Präzisionsinstrumente, Uhren und Bijouterie andere Erzeugnisse Total

Ausfuhren (Mio. CHF)

Vorjahr

Einfuhren (Mio. CHF)

Vorjahr

7,854 2,736 2,654 72,154 10,545 27,697 4,704 38,775

2,4 % ­1,4 % 1,4 % 5,2 % 3,3 % 0,7 % 6,3 % 4,0 %

11,717 10,131 7,914 36,407 12,253 25,184 13,483 16,202

0,0 % ­14,8 % 3,7 % 7,1 % 1,8 % 1,2 % 2,9 % 1,1 %

7,361

­0,8 %

16,316

1,3 %

174,480

3,6 %

149,607

1.5 %

Quelle: Eidg. Zollverwaltung

5.1.2

Zoll- und Ursprungspolitik

Die Tatsache, dass Herstellungsbetriebe, darunter viele KMU, heute in globale Wertschöpfungsketten integriert sind (vgl. Ziff. 1), macht auch zoll- und ursprungspolitische Massnahmen erforderlich.

Zollpolitik Die bestehende Struktur und Organisation der Zollverfahren sind primär auf die Bedürfnisse grosser Unternehmen und des Speditionsgewerbes ausgerichtet. KMU, welche nicht über die spezifischen Systeme für die elektronische Zollanmeldung verfügen, sehen sich oft ausserstande, ihre Zollabfertigungsformalitäten ohne die Inanspruchnahme der Dienste eines Intermediärs zu erledigen. In seiner Antwort auf die Motion vom 24. Februar 2014 der WAK-N (14.3011 «Kostenreduktion dank elektronischen Zollverfahrens») hat der Bundesrat in Aussicht gestellt, dass die Realisierung des Internetportals, mit welchem interessierte Unternehmen selber auf elektronischem Weg ihre Zollanmeldungen vornehmen können, für 2016 und 2017 geplant ist.

1520

Ursprungspolitik Das Regionale Übereinkommen über Paneuropa­Mittelmeer-Präferenzursprungsregeln80 (PEM-Übereinkommen), welches die Ursprungsregeln aller Freihandelsabkommen (FHA), die zwischen den Partnerstaaten der PEM-Zone abgeschlossen wurden, in einem einzigen Ursprungsprotokoll vereint, wurde bisher von 17 Vertragsparteien ratifiziert81. Im Berichtsjahr hinterlegten Bosnien und Herzegowina, Ägypten, Israel, die Palästinensische Behörde, Tunesien und die Türkei ihre Ratifikationsinstrumente.

Zusätzlich zur Harmonisierung der Ursprungsregeln für die ganze Zone, schafft das PEM-Übereinkommen eine diagonale Kumulationszone82. Damit die diagonale Kumulation in der gesamten PEM-Zone ­ einschliesslich der Westbalkanstaaten ­ angewendet werden kann, müssen die Ursprungsprotokolle der zwischen Parteien des PEM-Übereinkommens bestehenden FHA durch eine Referenz zum PEMÜbereinkommen ersetzt werden. Es ist vorgesehen, im Verlauf des ersten Halbjahres 2015 entsprechende Beschlüsse mit der EU und möglichst vielen PEM-Partnerstaaten ­ insbesondere mit den Westbalkanstaaten ­ zu fassen.

Zudem verpflichteten sich die Vertragsparteien des PEM-Übereinkommens, dessen Regeln insbesondere betreffend Warenursprung (sog. Listenregeln) rasch zu modernisieren und an die aktuellen Fertigungsmethoden anzupassen. Bei diesen Arbeiten wurden im Berichtsjahr Fortschritte erzielt, der Abschluss der Arbeiten wird für das Jahr 2015 angestrebt. Um die Ursprungsregeln des PEM-Übereinkommens mit den Anforderungen der globalen Wertschöpfungsketten noch besser in Einklang zu bringen, unterstützt die Schweiz auch die Umsetzung der Vollkumulation83.

Wegen der in Ziffer 1 beschriebenen Aufteilung der Produktion von Waren würde die Schaffung einer Verbindung zwischen mehreren bilateralen FHA den Bedürfnissen von Unternehmen, die in globale Wertschöpfungsketten integriert sind, entgegenkommen. Mittels des Mechanismus der Kreuzkumulation, deren Umsetzung aber praktische Schwierigkeiten bereitet, könnten mehrere Parteien, die untereinander je bilaterale FHA abgeschlossen haben, die verschiedenen, im jeweiligen Gebiet getätigten Herstellungsschritte einer Ware für die Ursprungsbegründung zusammenfassen, selbst wenn die Ursprungsregeln der verschiedenen FHA nicht identisch sind84.

Gespräche in den letzten zwei Jahren mit verschiedenen
Freihandelspartnern (u. a.

EU, Kanada, Singapur, verschiedene zentral- und südamerikanische Staaten) zeigten ein grundsätzliches Interesse am Konzept der Kreuzkumulation. Einige erklärten 80 81

82

83

84

SR 0.946.31 Ägypten, Albanien, Bosnien und Herzegowina, EU, Färöer, Island, Israel, Jordanien, Liechtenstein, Mazedonien, Montenegro, Norwegen, Palästinensische Behörde, Schweiz, Serbien, Tunesien und Türkei; noch nicht ratifiziert haben Algerien, Libanon und Marokko. Kroatien, für welches das Übereinkommen am 1. März 2012 in Kraft trat, ist am 1. Juli 2013 EU-Mitglied geworden. Kosovo und Syrien haben das Übereinkommen bisher nicht unterzeichnet.

Die diagonale Kumulation ermöglicht es, Vormaterialien aus verschiedenen Partnerstaaten zusammenzuzählen, um den Ursprungscharakter zu verleihen oder diesen beizubehalten, damit eine Ware bei der Einfuhr zum Präferenzzoll abgefertigt werden kann.

Die Vollkumulation ermöglicht die Zusammenfassung verschiedener ursprungsverleihender Fabrikationsschritte, die in verschiedenen Ländern einer Freihandelszone vorgenommen werden.

Vgl. Bericht vom 8. März 2013 betreffend «Freihandelsabkommen: Chancen, Möglichkeiten und Herausforderungen der Kreuzkumulation von Ursprungsregeln» zur Beantwortung des Postulats 10.3971 «Mehr Nutzen aus Freihandelsabkommen durch Kreuzkumulation»

1521

sich bereit, diese Kumulationsmöglichkeit zu prüfen, andere machten geltend, dass vor einer Konkretisierung die praktischen Probleme bei der Umsetzung gelöst werden müssen. Der Dialog mit unseren FHA-Partnern soll fortgesetzt werden.

5.1.3

Landwirtschaftliche Verarbeitungsprodukte

Im Jahr 2013 exportierte die Schweiz landwirtschaftliche Verarbeitungsprodukte im Wert von 6,7 Milliarden Schweizerfranken (2012: 6,1 Milliarden CHF). Die Importe beliefen sich im Vergleich zu 2012 unverändert auf 3,5 Milliarden Schweizerfranken. Mit einem Anteil von 63 Prozent an den Exporten und 75 Prozent an den Importen ist die EU auch bei den landwirtschaftlichen Verarbeitungsprodukten der mit Abstand wichtigste Handelspartner der Schweiz.

Das sogenannte Schoggigesetz85 hat zum Ziel, agrarpolitisch bedingte Preisunterschiede zwischen dem in- und ausländischen Preisniveau der in Verarbeitungsprodukten enthaltenen Agrargrundstoffe beim Import und Export auszugleichen. Entsprechend den Preisunterschieden der in Verarbeitungsprodukten enthaltenen Grundstoffe werden bei der Einfuhr derselben Importzölle erhoben und beim Export Ausfuhrbeiträge ausgerichtet. Das Protokoll Nr. 2 des FHA Schweiz­EU von 197286 regelt den Handel mit landwirtschaftlichen Verarbeitungserzeugnissen zwischen der Schweiz und der EU. Die für die Preisausgleichsmassnahmen mit der EU massgebenden Referenzpreise wurden letztmals per 1. März an die aktuellen Rohstoffpreisdifferenzen angepasst87.

Im Beitragsjahr 2014 standen wiederum 70 Millionen Schweizerfranken für Ausfuhrbeiträge im Rahmen des Schoggigesetzes zur Verfügung. Die beantragten Ausfuhrbeträge überstiegen erneut die verfügbaren Mittel, so dass die Rohstoffpreisunterschiede beim Export nicht vollständig durch Bundesmittel ausgeglichen wurden.

Wie in den Vorjahren wurden die Ausfuhrbeitragsansätze entsprechend gekürzt. Die Aufteilung der verfügbaren Mittel auf die Grundstoffkategorien «Milchgrundstoffe» und «Getreidegrundstoffe» ermöglichte die Anwendung differenzierter Kürzungsfaktoren, welche im Verlauf des Beitragsjahres regelmässig überprüft und bei Bedarf angepasst wurden.

Mit dem WTO-Ministerentscheid vom 7. Dezember 2013 in Bali (vgl. Ziff. 2.1.1) verpflichteten sich die Mitglieder zur Weiterführung ihrer Anstrengungen zum weiteren Abbau und die dereinstige Abschaffung der Exportsubventionen sowie weiterer ähnlich wirkender Massnahmen. Für die Schweiz bedeutet dieser Entscheid, der keine völkerrechtlich bindende, aber eine politische Verpflichtung darstellt, dass ein schrittweiser weiterer Abbau der im Rahmen des Schoggigesetzes gewährten Ausfuhrbeiträge
anzustreben ist mit dem Ziel, auf dieses Instrument mittel- bis längerfristig zu verzichten. Erhöhungen des Schoggigesetz-Budgets würden diesem Ministerbeschluss zuwiderlaufen.

85 86 87

SR 632.111.72 SR 0.632.401.2 AS 2014 591

1522

5.2

Technische Handelshemmnisse

Im Berichtsjahr wurden insbesondere gegenüber der EU (Aktualisierung des Abkommens Schweiz­EU über die gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen, MRA88) und mit China (im Rahmen des neuen FHA Schweiz­ China) Fortschritte beim Abbau technischer Handelshemmnisse erzielt. Das MRA, welches Bestandteil der Bilateralen I ist, erleichtert den Zugang für Schweizer Exportprodukte zum EU-Binnenmarkt. Das FHA mit China fördert unter anderem die bilaterale Behördenzusammenarbeit und erleichtert pragmatische Lösungen beim Auftreten technischer Handelshemmnisse.

Zur Vorlage zur parlamentarischen Initiative «Bundesgesetz über die technischen Handelshemmnisse. Lebensmittel vom Cassis-de-Dijon-Prinzip ausnehmen» (10.538 vom 17. Dezember 2010) wurde im Sommer eine Vernehmlassung durchgeführt. Nach dem Beschluss der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrates (WAK-N), dem Nationalrat die Vorlage zur Annahme zu empfehlen, wird der Bundesrat zuhanden der WAK-N Anfang 2015 eine Stellungnahme abgeben.

5.2.1

Abbau technischer Handelshemmnisse zwischen der Schweiz und der EU

Aktualisierung des Abkommens über die gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen Gestützt auf die Gleichwertigkeit der technischen Produktvorschriften der Parteien sieht das Abkommen über die gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen89, das im Rahmen der Bilateralen I abgeschlossen wurde und seit 2002 in Kraft ist, die gegenseitige Anerkennung von Konformitätszertifikaten zwischen der Schweiz und der EU in zwanzig Produktsektoren90 vor (vgl. Ziff. 3.3). Das Abkommen garantiert Schweizer Produzenten einen erleichterten Zugang zum EU-Binnenmarkt, vergleichbar mit jenem von EU-Konkurrenzprodukten. So müssen Schweizer Produkte für den EU-Markt nicht eigens angepasst und nicht zweifach zertifiziert werden.

Am 1. April 2014 wurde der Anwendungsbereich des Abkommens auf den Sektor der mobilen Druckbehälter ausgeweitet. Im Bereich der Bauprodukte ist seit Juli 2013 eine neue EU-Verordnung91 vollumfänglich anwendbar. Die entsprechende Gesetzesrevision92 in der Schweiz trat per Oktober 2014 in Kraft. Da in diesem Zeitraum die Gleichwertigkeit der Rechtsgrundlagen der EU und der Schweiz nicht gegeben war, war die Anerkennung von fünfzehn in diesem Bereich 88 89 90 91

92

Mutual Recognition Agreement SR 0.946.526.81 Zum Beispiel: Maschinen, Spielzeug, Medizinprodukte, Aufzüge.

Verordnung (EU) Nr. 305/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2011 zur Festlegung harmonisierter Bedingungen für die Vermarktung von Bauprodukten und zur Aufhebung der Richtlinie 89/106/EWG des Rates, ABl L 88 vom 4.4.2011, S. 5 Bundesgesetz vom 21. März 2014 über Bauprodukte (SR 933.0) und Verordnung vom 27. August 2014 über Bauprodukte (SR 933.01)

1523

tätigen Schweizer Konformitätsbewertungsstellen durch die EU nicht mehr garantiert. Diese Rechtsunsicherheit beeinträchtigte vorübergehend die Tätigkeit der betroffenen Schweizer Konformitätsbewertungsstellen, bis es gelang, ihre Anerkennung provisorisch zu vereinbaren. Eine definitive Lösung, welche die wiederhergestellte Gleichwertigkeit der Rechtsgrundlagen für Bauprodukte formalisiert, wurde Ende 2014 gefunden und soll 2015 verankert werden. In Bezug auf die BiozidProdukte trat die revidierte Schweizer Rechtsgrundlage93 im Juli 2014 in Kraft, beinahe ein Jahr später als jene der EU94. Der Fortbestand des MRA-Kapitels war daher vorübergehend ungewiss. Mangels Gleichwertigkeit ist die Anerkennung der von der Schweiz gewährten Zulassungen aktuell nicht garantiert. Das revidierte MRA-Kapitel soll 2015 in Kraft treten.

Die beiden Beispiele verdeutlichen, dass die im MRA gewährten Marktzugangsvorteile gefährdet sind, wenn die Gleichwertigkeit der Rechtsgrundlagen zwischen der Schweiz und der EU nicht mehr gegeben ist. Flexible Mechanismen zur dynamischen Rechtsübernahme für künftige und bestehende Marktzugangsabkommen wie sie mit dem institutionellen Abkommen (vgl. Ziff. 3.2) angestrebt werden, würden das gute Funktionieren und die Weiterentwicklung des MRA vereinfachen und dadurch die Rechtssicherheit der betroffenen Schweizer Wirtschaftsakteure erhöhen.

Handel mit Holz und Holzprodukten Über 90 Prozent (2,56 Mrd. CHF im Jahr 2011) der von der Schweiz exportierten Holzprodukte gehen in die EU. Die Holzhandelsverordnung der EU95, anwendbar seit 2013, könnte zu technischen Handelshemmnissen für Schweizer Exporteure führen. So müssen Marktteilnehmer, die Holz und Holzprodukte in der EU erstmalig in Verkehr bringen, die Rechtmässigkeit dieser Produkte (Einhaltung der Holzgewinnungsvorschriften im Herkunftsland) gewährleisten. Im Einvernehmen mit den interessierten Kreisen wies die Schweiz die EU-Behörden darauf hin, dass die Schweizer Rechtsordnung die Rechtmässigkeit von in der Schweiz geschlagenem Holz sicherstellt. Folglich erfüllt Schweizer Holz die EU-Anforderungen. Dieses Vorgehen ermöglicht in der Praxis, dass Schweizer Holz weiterhin ohne zusätzliche Hindernisse in die EU exportiert werden kann. Dies dürfte in der Praxis auch für verarbeitete Holzprodukte gelten, die aus Rohstoffen aus der EU
zusammengesetzt sind (ungefähr 95 % des in die Schweiz importierten Holzes kommt aus der EU).

Der Bundesrat schlägt im Rahmen der Botschaft zur Revision des Umweltschutzgesetzes vom 7. Oktober 198396 eine Schweizer Gesetzgebung vor, die mit derjenigen der EU vergleichbar ist. Dies würde sicherstellen, dass in der Schweiz und in der EU die gleichen Anforderungen gelten, wodurch langfristig Unsicherheiten im Holzhandel mit unserem wichtigsten Handelspartner vermieden würden.

93 94

95

96

Verordnung vom 18. Mai 2005 über das Inverkehrbringen von und den Umgang mit Biozidprodukten (SR 813.12) Verordnung (EU) Nr. 528/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2012 über die Bereitstellung auf dem Markt und die Verwendung von Biozidprodukten, ABl L 167 vom 27.6.2012, S. 1 Verordnung (EU) Nr. 995/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Oktober 2011 über die Verpflichtungen von Marktteilnehmern, die Holz und Holzerzeugnisse in Verkehr bringen, ABl L 295 vom 12.11.2010, S. 23.

SR 814.01

1524

«Cassis-de-Dijon»-Prinzip 2010 führte die Schweiz autonom das «Cassis-de-Dijon»-Prinzip (CdD) für bestimmte Importe aus der EU und dem Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) ein.

Dadurch können die betroffenen Produkte, welche in einem Mitgliedstaat der EU oder des EWR rechtmässig in Verkehr sind, ohne zusätzliche Auflagen auch auf den Schweizer Markt gebracht werden. Das CdD ergänzt das bestehende Instrumentarium zum Abbau technischer Handelshemmnisse. Es ist eine Massnahme gegen die «Hochpreisinsel» Schweiz im Rahmen der Bestrebungen des Bundesrats, den Wettbewerb auf dem Binnenmarkt Schweiz zu stärken.

Lebensmittel, die gemäss CdD auf den Schweizer Markt gebracht werden sollen, unterstehen einer Bewilligungspflicht. Eine parlamentarische Initiative vom 17. Dezember 2010 (10.538 «Lebensmittel vom Cassis-de-Dijon-Prinzip ausnehmen») verlangt, dass Lebensmittel vom Geltungsbereich des CdD gänzlich ausgenommen werden. Nach Annahme der Initiative hat die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrates (WAK-N) eine entsprechende Vorlage in die Vernehmlassung geschickt. Die Mehrheit der politischen Parteien und wirtschaftlichen Dachverbände sprach sich gegen die Vorlage aus (d.h. gegen die Ausnahme der Lebensmittel vom CdD), während sich die Mehrheit der Kantone für die Vorlage aussprach. Nach dem Beschluss der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrates, die Vorlage dem Nationalrat zur Annahme zu empfehlen, wird der Bundesrat zuhanden der WAK-N Anfang 2015 eine Stellungnahme abgeben.

5.2.2

Beziehungen zu China

Lebensmittelexporte Für Schweizer Lebensmittelproduzenten ist China bereits heute ein wichtiger Absatzmarkt mit grossem Entwicklungspotenzial. Nach einer chinesischen Gesetzesänderung im ersten Semester des Berichtsjahres bemühte sich die Schweiz erfolgreich um die Aufrechterhaltung des Marktzugangs für verschiedene Milchprodukte, unter anderem Säuglingsnahrung. Dank der durch das FHA Schweiz­China etablierten Kontakte zwischen den zuständigen Behörden gelang es, die zunächst nur provisorisch anerkannten Schweizer Produzenten erneut permanent für den Export nach China zu registrieren. Analoge Bemühungen sind im Hinblick auf den Export von Erzeugnissen aus Schweinefleisch in Gang.

Behördenzusammenarbeit Noch vor dem Inkrafttreten des FHA Schweiz­China fand im Juni das erste Treffen des Unterausschusses über technische Handelshemmnisse des Gemischten Ausschusses des Abkommens statt. Dabei wurden als Schwerpunkte für die künftige sektorspezifische Behördenzusammenarbeit die Bereiche Metrologie sowie Akkreditierung und Zertifizierung festgelegt. Ziel der Behördenzusammenarbeit im Rahmen des Unterausschusses ist, das Verständnis länderspezifischer Produktvorschriften zu erhöhen und auftretende Handelshemmnisse pragmatisch zu lösen.

1525

5.3

Dienstleistungen

Bei den Verhandlungen eines plurilateralen Abkommens über den Handel mit Dienstleistungen wurden Fortschritte erzielt. Die Verhandlungen des Haupttextes kamen voran und die Teilnehmer tauschten ihre Anfangsofferten betreffend Marktzugang aus.

Im Rahmen der Verhandlungen über neue Freihandelsabkommen (FHA) mit Malaysia und Vietnam sowie über die Aktualisierung des FHA mit der Türkei werden auch Bestimmungen über den Handel mit Dienstleistungen ausgehandelt. Die Arbeiten im Rahmen der FHA-Verhandlungen mit Guatemala wurden abgeschlossen.

Die seit Februar 2012 laufenden plurilateralen Verhandlungen eines Abkommens über den Handel mit Dienstleistungen mit zurzeit rund zwanzig Teilnehmern97 wurden weitergeführt. Ziel dieses Prozesses ist, gestützt auf das Allgemeine Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen (GATS) der WTO98 ein Abkommen abzuschliessen, das die Rechtssicherheit und die Rahmenbedingungen für den internationalen Dienstleistungshandel durch Regeln auf plurilateraler Ebene verstärkt.

Für die Schweiz bieten diese Verhandlungen neben dem weiteren Ausbau des Netzes von FHA (vgl. Ziff. 4.2) und ihrem Engagement im Rahmen der WTO (vgl. Ziff. 2.1) die Möglichkeit, die internationale Wettbewerbsfähigkeit des Schweizer Dienstleistungssektors auch auf plurilateraler Ebene zu stärken.

Unter Vorbehalt der weiteren Entwicklung zeichnet sich folgende Struktur des geplanten Abkommens ab: ein horizontaler Text, thematische beziehungsweise sektorspezifische Anhänge sowie Verpflichtungslisten der einzelnen Parteien bezüglich Marktzugang und Inländerbehandlung. Der horizontale Text übernimmt die grundlegenden Bestimmungen des GATS, welche teilweise ergänzt und weiterentwickelt werden. Zurzeit liegen Verhandlungsvorschläge, deren Diskussion noch nicht weit fortgeschritten ist, für Anhänge insbesondere zu folgenden Themen vor: innerstaatliche Regelungen, Transparenz, öffentliches Beschaffungswesen, Exportsubventionen, Grenzüberschreitung natürlicher Personen, elektronischer Handel, Finanz-, Telekommunikations-, Transport-, Logistik-, Kurier/Post- sowie Energiedienstleistungen und freiberufliche Dienstleistungen.

Die Teilnehmer tauschten Anfangsofferten betreffend Marktzugang und Inländerbehandlung aus. Die Schweiz unterbreitete ihre Anfangsofferte am 30. Januar und veröffentlichte diese gleichentags
im Internet. Für die nationalen Verpflichtungslisten einigten sich die Teilnehmer auf einen «hybriden» Ansatz, in welchem die Verpflichtungen bezüglich Marktzugang gemäss dem Positivlistenansatz und jene bezüglich Inländerbehandlung gemäss dem Negativlistenansatz offeriert werden.

Gemäss dem Positivlistenansatz gelten die Marktzugangsverpflichtungen (Verzicht auf mengenmässige Beschränkungen und Beschränkungen der Rechtsform von Unternehmen) für jene Sektoren und Subsektoren, die in der nationalen Liste eines 97

98

Australien, Chile, Costa Rica, EU, Hongkong China, Island, Israel, Japan, Kanada, Kolumbien, Liechtenstein, Mexiko, Neuseeland, Norwegen, Pakistan, Panama, Paraguay, Peru, Schweiz, Südkorea, Taiwan, Türkei und Vereinigte Staaten.

SR 0.632.20, Anhang 1.B

1526

Verhandlungsteilnehmers aufgeführt sind. Gemäss dem Negativlistenansatz gelten die Inländerbehandlungsverpflichtungen (Verzicht auf Benachteiligung ausländischer gegenüber inländischen Anbietern) grundsätzlich für alle Dienstleistungssektoren der Produktklassifikation der UNO99, ausser für jene, bei denen in der nationalen Liste eines Teilnehmers spezifische Vorbehalte angebracht sind. Für die Inländerbehandlung gelten zudem ­ ebenfalls vorbehältlich spezifischer nationaler Vorbehalte ­ das Stillhalte- und das Sperrklinkenprinzip («Standstill» bzw.

«Ratchet»100).

Im Rahmen der im Berichtsjahr abgeschlossenen FHA-Verhandlungen der EFTA mit Guatemala (vgl. Ziff. 4.2.1) wurden im Dienstleistungsbereich Verpflichtungen betreffend Marktzugang und Inländerbehandlung verhandelt, die über jene im GATS hinausgehen. Das Abkommen verbessert die Rechtssicherheit und Berechenbarkeit in mehreren Bereichen, die für die Schweizer Dienstleistungserbringer von Interesse sind (z.B. Kadertransfer innerhalb einer Unternehmensgruppe, Installations- und Instandhaltungsdienstleistungen für Maschinen und Anlagen, Finanz-, Logistik- oder Unternehmensdienstleistungen wie Ingenieurwesen und Architektur). Der Umfang der Verpflichtungen entspricht ungefähr jenem, den Guatemala in anderen mit Hauptkonkurrenten der Schweiz abgeschlossenen FHA eingegangen ist.

Die laufenden EFTA-Verhandlungen über ein FHA mit Malaysia und Vietnam (vgl. Ziff. 4.2.1) entwickeln sich in Bezug auf ihre Dynamik und realisierbare Ziele unterschiedlich. Mit Malaysia scheint die Aushandlung von Regeln und Verpflichtungen möglich zu sein, die über das GATS hinausgehen (u. a. Regeln für Finanzdienstleistungen und generell Zugeständnisse bezüglich Marktzugang und Inländerbehandlung). Mit Vietnam dürften voraussichtlich eher punktuelle Verbesserungen hinsichtlich Marktzugang und Inländerbehandlung erzielbar sein.

Bei der Vertiefung und Erweiterung des FHA mit der Türkei (vgl. Ziff. 4.2.3) sind für die Parteien wichtige Handelsinteressen beim Handel mit Dienstleistungen im Spiel. Sie streben ein entsprechendes Kapitel mit mehreren im Vergleich zum GATS zusätzlichen thematischen und sektoriellen Regeln sowie sektorspezifischen Verpflichtungen in Bereichen von gegenseitigem Interesse an, die den Marktzugang erleichtern sollen. Dabei handelt es sich beispielsweise
um Regeln für bestimmte Sektoren wie die Finanz-, Transport- oder Tourismusdienstleistungen oder um Regeln und Verfahren für die Einreise und den vorübergehenden Aufenthalt von natürlichen Personen zur Erbringung von Dienstleistungen.

99

Statistical Papers, Series M, n° 77, Provisional Central Product Classification, Department of International Economics and Social Affairs, Statistical Office of the United Nations, New York, 1991.

100 «Standstill» bedeutet die Bindung des aktuellen Liberalisierungsniveaus gemäss der nationalen Gesetzgebung zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Abkommens. «Ratchet» bedeutet das Beibehalten künftiger Verringerungen von Diskriminierungen in der nationalen Gesetzgebung.

1527

5.4

Investitionen und multinationale Unternehmen

Im Juli wurden die Verhandlungen über das UNO-Transparenzübereinkommen abgeschlossen, welches die Anwendung der neuen UNCITRAL-Transparenzregeln auf Investor­Staat-Schiedsverfahren gemäss bereits bestehenden Investitionsschutzabkommen (ISA) vorsieht. Das im Juni unterzeichnete ISA mit Georgien ist das erste ISA der Schweiz mit neuen Nachhaltigkeitsbestimmungen und einem Verweis auf die UNCITRAL-Transparenzregeln. Angesichts der zunehmenden Bedeutung der verantwortungsvollen Unternehmensführung (Corporate Social Responsibility) wird in einem interdepartementalen Prozess ein CSRPositionspapier erarbeitet.

5.4.1

Investitionen

Am 1. April traten die neuen Transparenzregeln für Investitionsschiedsverfahren der UNO-Kommission für internationales Handelsrecht (UNCITRAL) in Kraft. Sie finden per se nur Anwendung auf Investor­Staat-Schiedsverfahren, welche auf einem nach dem 1. April abgeschlossenen Investitionsschutzabkommen (ISA) basieren und nach der UNCITRAL-Schiedsordnung geführt werden. Bei Schiedsverfahren, die auf der Grundlage eines vorher abgeschlossenen ISA oder nach anderen Schiedsregeln eingeleitet werden, gelten die Transparenzregeln nur, wenn die ISAVertragsparteien (oder fallweise die Parteien des Schiedsverfahrens) deren Anwendung vereinbaren. Um eine solche nachträgliche Vereinbarung zwischen den Vertragsstaaten bestehender ISA zu erleichtern, wurde im Juli das multilaterale UNOÜbereinkommen über die Transparenz in Investor­Staat-Schiedsverfahren abgeschlossen, an dessen Verhandlungen sich die Schweiz aktiv beteiligte. Durch das Übereinkommen wird die Anwendung der Transparenzregeln auf Schiedsverfahren ausgedehnt, welche sich auf vor dem 1. April abgeschlossene ISA stützen oder nach anderen Schiedsregeln als der UNCITRAL-Schiedsordnung geführt werden, wie zum Beispiel den Regeln des Internationalen Zentrums zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten101. Die Schweiz beabsichtigt, das Übereinkommen zu unterzeichnen. Dadurch wird sichergestellt, dass alle wesentlichen Informationen zu Schiedsverfahren, namentlich die Eingaben der Parteien, die einzelnen Verfahrensschritte sowie Anordnungen und Urteile der Schiedsgerichte der Öffentlichkeit zugänglich sind.

Im Juni wurde das ISA mit Georgien unterzeichnet. Dabei handelt es sich um das erste ISA, welches die neuen Nachhaltigkeitsbestimmungen enthält, die von der Schweiz seit 2012 in alle laufenden und neuen Verhandlungen eingebracht werden.

Damit wird dem Aspekt der Nachhaltigkeit und der Kohärenz mit anderen Politikbereichen (u. a. Umwelt-, Gesundheitspolitik) verstärkt Rechnung getragen. Zudem wird im Abkommen festgehalten, dass bei allen gestützt darauf geführten Investor­ Staat-Schiedsverfahren die neuen UNCITRAL-Transparenzregeln anzuwenden sind.

Die Botschaft mit Antrag zur Genehmigung des neu unterzeichneten Abkommens findet sich in der Beilage (vgl. Ziff. 10.2.2). Die Schweiz steht weiterhin mit Indo101

ICSID, Errichtet durch das Washingtoner Übereinkommen vom 18. März 1965 (SR 0.975.2).

1528

nesien, Russland und Angola in Verhandlungen über die Revision beziehungsweise den Abschluss eines neuen ISA. Da diese drei Staaten zurzeit ihre Verhandlungsansätze überprüfen, konnten die Verhandlungen bisher nicht abgeschlossen werden. Im September fand ein erstes informelles Treffen im Hinblick auf die Aufnahme von ISA-Verhandlungen mit Malaysia statt.

5.4.2

Korruptionsbekämpfung

Die Schweiz unterbreitete der OECD im März, zwei Jahre nach ihrem Länderexamen102 über die Bekämpfung der Bestechung ausländischer Amtsträger im internationalen Geschäftsverkehr, den Bericht zur Umsetzung der Empfehlungen. Die zuständige OECD-Arbeitsgruppe befand, dass von den zwanzig an die Schweiz gerichteten Empfehlungen zehn vollständig, sieben teilweise und drei noch nicht erfüllt sind. Bei den drei nicht erfüllten Empfehlungen sind zurzeit Gesetzgebungsprozesse auf Bundesebene im Gang, welche diesen Rechnung tragen (Teilrevision des Obligationenrechts bezüglich Whistleblowing und Kündigungsschutz sowie Revision des Bundesgesetzes über das öffentliche Beschaffungswesen).

Das nächste Länderexamen der Schweiz wird frühestens 2016 stattfinden. Bei dieser Gelegenheit muss die Schweiz über die Umsetzung der nicht oder nur teilweise erfüllten Empfehlungen der letzten Überprüfung berichten. Ein weiterer Schwerpunkt wird die nationale Strafverfolgung bilden.

5.4.3

Verantwortungsvolle Unternehmensführung

Der vom Bundesrat 2013 eingesetzte Beirat des Nationalen Kontaktpunkts (NKP), welchem vierzehn Mitglieder aus Wirtschaftsdachverbänden, Gewerkschaften, Nichtregierungsorganisationen, der Wissenschaft und der Bundesverwaltung angehören, berät den NKP bei seiner strategischen Ausrichtung und der Anwendung der OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen. An zwei Sitzungen im April und August befasste sich der Beirat schwerpunktmässig mit den Verfahren zur Bearbeitung von Eingaben an den NKP und der Zusammenarbeit des NKP mit externen Mediatoren. Gestützt auf die Empfehlungen des Beirats wurde die Verfahrensanleitung des NKP überarbeitet. Der Beirat veröffentlichte im Juli seinen ersten Jahresbericht103.

Die OECD-Arbeitsgruppe zur verantwortungsvollen Unternehmensführung führte verschiedene Arbeiten weiter, um die Unternehmen bei der Anwendung der OECDLeitsätze für multinationale Unternehmen zu unterstützen. Durch die Ausarbeitung sektorspezifischer Richtlinien wird konkretisiert, welche Massnahmen durch die Unternehmen einer bestimmten Branche zu treffen sind, um der Sorgfaltspflicht der OECD-Leitsätze gerecht zu werden. Eine besonders grosse Beachtung findet der von der Schweiz mitfinanzierte OECD-Leitfaden zur Umsetzung der Sorgfaltspflicht in 102

Vgl. Medienmitteilung vom 12. Januar 2012 «OECD anerkennt Bemühungen der Schweiz bei der Bekämpfung der Bestechung fremder Amtsträger» (www.news.admin.ch > Dokumentation).

103 www.seco.admin.ch > Themen > Aussenwirtschaft > OECD > Nationaler Kontaktpunkt der Schweiz > Abschlusserklärungen und Jahresberichte des Nationalen Kontaktpunktes der Schweiz

1529

Lieferketten mit Edelmetallen aus Konfliktgebieten. An zwei Treffen des Mehrparteienforums, welche im Mai in Paris und im November in Kinshasa stattfanden, diskutierten Vertreter der beteiligten internationalen Organisationen, Regierungen, Industrieverbände, Unternehmen und Nichtregierungsorganisationen die erreichten Resultate und künftigen Herausforderungen bei der praktischen Anwendung des Leitfadens. Zurzeit werden weitere Richtlinien für verantwortungsvolle Investitionen im Agrarbereich, die Sorgfaltspflicht im Finanzsektor sowie die Zusammenarbeit von Rohstoffunternehmen mit den lokalen Anspruchsgruppen erarbeitet. Am Rande des jährlichen OECD-Forums zur verantwortungsvollen Unternehmensführung fand im Juni ein informelles OECD-Ministertreffen statt, an welchem unter anderem der politische Stellenwert der Unternehmensverantwortung für die nachhaltige Wirtschaftsentwicklung und die Handelsabkommen erörtert wurde.

In den letzten Jahren hat die verantwortungsvolle Unternehmensführung (Corporate Social Responsibility, CSR) international wie national an Bedeutung gewonnen und teilweise konzeptuelle Veränderungen erfahren. Neue Instrumente wurden entwickelt und bestehende aktualisiert oder erweitert. Vor diesem Hintergrund wird in einem interdepartementalen Prozess unter der Federführung des SECO ein CSRPositionspapier erarbeitet. Dieses verfolgt das Ziel, die Prioritäten des Bundes zu erläutern, dessen Ziele und Erwartungen in Bezug auf CSR darzustellen und in einem Aktionsplan einen Überblick über die vielfältigen, laufenden und absehbaren CSR-Aktivitäten des Bundes zu vermitteln. Dabei wird die Koordination mit anderen relevanten Politiken und Strategien des Bundes sichergestellt.

5.5

Nachhaltigkeit, Rohstoffe und Klimapolitik

5.5.1

Umsetzung und Zusammenarbeit in Nachhaltigkeitsfragen mit Partnerstaaten

Das Konzept der Nachhaltigkeit erfordert eine kohärente Berücksichtigung der drei Dimensionen «Wirtschaftliche Leistungsfähigkeit», «Ökologische Verantwortung» und «Gesellschaftliche Solidarität». Die Aussenwirtschaftspolitik als Teilbereich der Wirtschaftspolitik zielt primär darauf ab, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu erhöhen. Zu diesem Zweck soll die Attraktivität des Wirtschaftsstandorts Schweiz durch günstige Rahmenbedingungen für den internationalen Wirtschaftsaustausch erhalten und gestärkt werden. Um eine kohärente Umsetzung der Politik des Bundesrats auf den verschiedenen Handlungsebenen zu gewährleisten, werden die ökologischen und sozialen Dimensionen der Nachhaltigkeit auch im Rahmen der Aussenwirtschaftspolitik gebührend berücksichtigt.

Zur Überwachung und Umsetzung der seit mehreren Jahren in ihre Freihandelsund Investitionsschutzabkommen eingefügten Nachhaltigkeitsbestimmungen setzt die Schweiz bilaterale und multilaterale Instrumente ein und unterstützt die Partnerländer ­ unter anderem im Rahmen der wirtschaftlichen Entwicklungszusammenarbeit ­ bei deren Bemühungen, das Ziel einer nachhaltigen Entwicklung zu erreichen.

1530

Die Liberalisierung des Handels ­ durch den Abschluss von multilateralen Handelsund Wirtschaftsabkommen (WTO; vgl. Ziff. 2.1) und durch bilaterale Freihandelsabkommen (FHA; vgl. Ziff. 4) sowie Abkommen über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen (ISA; vgl. Ziff. 5.4.1) ­ trägt zum Wirtschaftswachstum bei. Dieses wiederum wirkt sich positiv auf die Arbeitsbedingungen, die Beschäftigungslage und allgemein auf den Lebensstandard in den beteiligten Ländern aus. Um sicherzustellen, dass die wirtschaftliche Dimension nicht isoliert, sondern in Einklang mit den anderen (ökologischen und sozialen) Dimensionen der Nachhaltigkeit verfolgt werden, sehen die FHA und die ISA der Schweiz spezifische Kohärenzbestimmungen vor.

So enthalten die von der Schweiz bilateral und im Rahmen der EFTA abgeschlossenen FHA seit dem Jahr 2010 handelsrelevante Bestimmungen zu Umwelt- und zu Arbeitsstandards, darunter auch Grundsätze zum Schutz der Menschenrechte. Diese Bestimmungen bekräftigen unter anderem die Verpflichtung der Parteien, die anwendbaren multilateralen Umweltabkommen und Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO; vgl. Ziff. 2.5) einzuhalten und wirksam umzusetzen, und verweisen auf internationale Instrumente zum Schutz der Menschenrechte sowie auf die Grundsätze einer verantwortungsvollen Unternehmensführung (Corporate Social Responsibility, vgl. Ziff. 5.4.3). So beinhalten alle seit 2010 abgeschlossenen FHA (die FHA der EFTA mit Hongkong China, Montenegro, Bosnien und Herzegowina, mit den zentralamerikanischen Staaten sowie das bilaterale FHA mit China) entsprechende Bestimmungen. Mit derselben Absicht, eine kohärente Politik zu fördern, erarbeitete die Schweiz 2012 zusätzliche Bestimmungen, um den Nachhaltigkeitsaspekten in ISA explizit Rechnung zu tragen. Diese Bestimmungen bezwecken eine kohärente Umsetzung der Abkommen mit den anderen internationalen Verpflichtungen der Parteien (z. B. Menschenrechte, Umweltschutz, Arbeitsstandards). Seit 2012 bringt die Schweiz diese neuen Bestimmungen in die laufenden und künftigen ISA-Verhandlungen ein. Das am 3. Juni unterzeichnete ISA mit Georgien ist das erste ISA der Schweiz, das die neuen Nachhaltigkeitsbestimmungen enthält (vgl. Ziff. 5.4.1).

Zur Überwachung der Umsetzung der Nachhaltigkeitsbestimmungen setzt die Schweiz
verschiedene Instrumente ein. Als Hauptorgane für die Überwachung dient bei den FHA der durch das jeweilige Abkommen eingesetzte Gemischte Ausschuss.

Die Gemischten Ausschüsse stellen institutionalisierte zwischenstaatliche Plattformen dar, die sich regelmässig treffen, um die Umsetzung der FHA ­ auch die Bestimmungen über Handel und nachhaltige Entwicklung ­ zu erleichtern und allfällige Probleme zu lösen. Nachhaltigkeitsfragen können parallel dazu auch auf diplomatischem Weg behandelt werden, insbesondere im Rahmen der bilateralen Gemischten Wirtschaftskommissionen, welche die Schweiz mit verschiedenen Partnerländern eingerichtet hat. Diese Kommissionen kommen regelmässig zusammen, um sich über Belange der bilateralen Wirtschaftsbeziehungen auszutauschen, beispielsweise auch in Bezug auf die Umsetzung der ISA. Die Zusammensetzung der Delegationen in den Gemischten Ausschüssen und den Gemischten Wirtschaftskommissionen richtet sich nach den zu behandelnden Themen. Unter der Federführung des SECO sind in der Schweizer Delegation die jeweils betroffenen Bundesämter vertreten. Zur Vorbereitung der Sitzungen erhält das SECO Informationen von den zuständigen Stellen der Bundesverwaltung (einschliesslich der Schweizer Botschaften im Ausland), von Unternehmen, Dachverbänden und anderen interessierten Organisationen.

Die von der SECO-Direktorin präsidierte Kommission für Wirtschaftspolitik und die 1531

regelmässig vom SECO einberufene Verbindungsgruppe WTO/FHA sind zwei weitere Foren, um Nachhaltigkeitsfragen im Zusammenhang mit der Aussenwirtschaftspolitik und den entsprechenden Abkommen zu erörtern. Die Mitglieder der Kommission für Wirtschaftspolitik werden vom Bundesrat ernannt. Die Verbindungsgruppe WTO/FHA ist ein offenes Forum, an dem Vertreterinnen und Vertreter aller interessierten Organisationen, Verbände und politischen Parteien teilnehmen können. Zudem wird die tripartite eidgenössische Kommission für Angelegenheiten der IAO regelmässig über die operationelle Umsetzung der arbeitsrelevanten Bestimmungen von Wirtschaftsabkommen und über die Zusammenarbeit mit Partnerstaaten in den Bereichen Arbeit und Beschäftigung informiert.

Auch ausserhalb der bilateralen Beziehungen gibt es Möglichkeiten, um auf eine nachhaltige Entwicklung hinzuwirken. So nutzt die Schweiz die tripartiten Institutionen der IAO, den UNO-Menschenrechtsrat sowie die Organe der multilateralen Umweltabkommen, um die nachhaltige Entwicklung zu fördern und den Dialog mit ihren Partnern zu führen. Bei der WTO engagiert sich die Schweiz im Rahmen einer Sektorinitiative für die Förderung des Handels mit umweltfreundlichen Produkten (vgl. Ziff. 2.1.2).

Das erste Treffen eines Gemischten Ausschusses eines FHA, das die neuen Nachhaltigkeitsbestimmungen beinhaltet, war jenes mit Montenegro im April. Die oben erwähnten Konsultationen der betroffenen Bundesämter und der in Montenegro akkreditierten Schweizer Vertretung haben keine besonderen Probleme bei der Umsetzung des Kapitels «Handel und nachhaltige Entwicklung» des FHA ergeben.

Dagegen wurden allgemeinere Fragen bezüglich der Umwelt- und Arbeitspolitik Montenegros angesprochen, die am Treffen des Ausschusses erörtert wurden. Dabei ging es um die jeweiligen nationalen Strategien auf dem Weg zu einer grünen Wirtschaft. Die Delegation Montenegros war sich bewusst, dass bezüglich Umweltfragen noch grosse Anstrengungen unternommen werden müssen. Sie gab aber ihrer Überzeugung Ausdruck, im Umweltbereich möglichst bald eine Angleichung an den Besitzstand der EU erreichen und die bei den laufenden EU-Beitrittsverhandlungen von Montenegro eingegangenen Verpflichtungen erfüllen zu können. Die beidseitigen nationalen Massnahmen zur Umsetzung der UNO-Leitprinzipien für Wirtschaft
und Menschenrechte waren ebenfalls Gegenstand der Gespräche. Die montenegrinischen Behörden zeigten sich fest entschlossen, ihre Verpflichtungen im Bereich der Menschenrechte zu erfüllen und die Unternehmen unter anderem durch finanzielle Anreize bei der Wahrnehmung ihrer gesellschaftlichen Verantwortung zu unterstützen. Andere wirtschaftsrelevante Themen wie jenes der Temporär- beziehungsweise Wanderarbeiter wurden ebenfalls angesprochen ­ ebenso wie allgemeinere Fragen etwa zur Chancengleichheit insbesondere in der Bildung. Zum Abschluss benannten die Parteien entsprechend den Bestimmungen des Kapitels «Handel und nachhaltige Entwicklung» des FHA die Kontaktstellen für Fragen der Umsetzung und Auslegung der entsprechenden Bestimmungen.

Das Ziel einer nachhaltigen Entwicklung ist wichtiger Bestandteil der bi- und multilateralen Wirtschaftsbeziehungen der Schweiz. Es gibt allerdings Grenzen dessen, was diesbezüglich im Rahmen der FHA, ISA oder der WTO erreicht werden kann. In Hinblick auf die Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele ist es deshalb wichtig, die Gesamtheit der Beziehungen der Schweiz mit einem Partnerstaat zu betrachten.

Der Bundesrat setzt auf eine Kombination von Instrumenten, um im Dialog mit den Partnern die Akzeptanz von Nachhaltigkeitsthemen und die Umsetzung von international anerkannten Standards zu fördern. So nutzt die Schweiz nebst den 1532

Wirtschaftsabkommen unter anderem Menschenrechtsdialoge sowie die wirtschaftliche Entwicklungszusammenarbeit (vgl. Ziff. 6) zur Förderung der Nachhaltigkeitsziele im Umwelt- und Arbeitsbereich.

Im vorliegenden Zusammenhang engagiert sich die Schweiz in Entwicklungs- und Schwellenländern im Rahmen des UNIDO-Programms Resource Efficient and Cleaner Production (vgl. Ziff. 2.4) für eine Verbesserung der Ressourceneffizienz und der Arbeitsbedingungen, sowie im Rahmen des von der IAO mit der Schweiz und Norwegen initiierten und unter Mitarbeit der UNIDO durchgeführten Programms Sustaining Competitive and Responsible Enterprises für die Förderung umweltfreundlicher Produktionsmethoden und guter Arbeitsbedingungen in KMU.

Ziel dieser Programme ist es, sowohl die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen zu fördern als auch einen Beitrag zu einem klimafreundlichen und sozialverträglichen Wachstum zu leisten. Mit diesem Ziel unterstützt die Schweiz auch verschiedene freiwillige Nachhaltigkeitsstandards für die Produktion und den Handel mit Agrarrohrstoffen wie Kaffee, Kakao, Soja, Palmöl und Biotreibstoffen. Diese gemeinsam durch Produzenten, Händler, Konsumentinnen und Konsumenten sowie Nichtregierungsorganisationen erarbeiteten Nachhaltigkeitsstandards können eine wichtige Rolle spielen, um Regierungen und Unternehmen eine Wirtschaftstätigkeit näher zu bringen, die sich auf international anerkannten Nachhaltigkeitsstandards stützt. Als einer der wichtigsten Geberinnen im Bereich der freiwilligen Nachhaltigkeitsstandards leistet die Schweiz einen bedeutenden Beitrag zur Entwicklung solcher freiwilliger Standards sowie zur Verbesserung der Information (u.a. durch Wirkungsmessung, Datenbanken, Schulung von Produzenten und praktische Anwenderhilfen für Einkäufer).

Im Rahmen des Zehnjahres-Rahmenprogramms für nachhaltiges Konsum- und Produktionsverhalten, das an der Rio+20-Konferenz 2012 als Aktionsrahmen zur Förderung von nachhaltigen Konsum- und Produktionsmustern verabschiedet worden war, wurde im April ein Programm für nachhaltige öffentliche Beschaffung lanciert. Die Schweiz war an der Ausarbeitung dieses Programms massgeblich beteiligt und ist im Steuerungsausschuss vertreten. Die Schweiz unterstützt zudem die Partnership for Action on Green Economy. Diese wurde vom United Nations Environment Programme,
von der IAO, vom United Nations Institute for Training and Research und von der UNIDO im Anschluss an die Rio+20-Konferenz gegründet. Im Berichtsjahr ist noch das United Nations Development Programme beigetreten. Diese Partnerschaft stellt eine Eingangspforte für Anfragen von Regierungen im Bereich grüne Wirtschaft dar; sie unterstützt mit koordinierter Expertise der Partnerinstitutionen in verschiedenen Ländern die Planung und Umsetzung von Politikmassnahmen für eine grüne Wirtschaft.

Im Bereich der Arbeitsbedingungen unterstützt die Schweiz seit 2009 das von der IAO und der International Finance Corporation (IFC) lancierte Arbeitsschutzprogramm Better Work, das auf eine grössere Nachhaltigkeit in der Textilindustrie abzielt. Im Rahmen von Better Work arbeiten Regierungen, Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften sowie internationale Einkäufer zusammen. Dabei soll unter anderem eine bessere Einhaltung der Arbeitsstandards bewirkt sowie die Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit der globalen Lieferketten gestärkt werden. Indem in Entwicklungs- und Schwellenländern tätige Unternehmen auf die Einhaltung von Arbeitsstandards und Nachhaltigkeitskriterien achten, können sie ihre Wettbewerbsfähigkeit und den Zugang zu den internationalen Märkten verbessern. Seit 2011 vereinbart die Schweiz mit ausgewählten Partnerländern eine Zusammenarbeit in 1533

Arbeits- und Beschäftigungsfragen im Rahmen der IAO-Projekte SCORE (Sustaining Competitive and Responsible Enterprises) und Better Work. Zu diesem Zweck unterzeichnete das WBF je ein Memorandum of Understanding mit dem chinesischen Ministerium für Humanressourcen und Soziale Sicherheit sowie mit dem vietnamesischen Ministerium für Arbeit, Invalide und Soziale Angelegenheiten. Mit China konzentrierte sich die Zusammenarbeit bisher auf den Austausch zwischen Expertinnen und Experten zum Thema Arbeitsinspektion. Als weitere potenzielle Themen der Zusammenarbeit wurden Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitiken, die Berufs- und Weiterbildung sowie die Sozialpartnerschaft identifiziert. Die Schweiz schlug auch vor, die Kontakte auf Expertenebene künftig durch regelmässige politische Kontakte zu Arbeits- und Beschäftigungsfragen zu ergänzen. Mit Vietnam wird zurzeit die Operationalisierung der Zusammenarbeit diskutiert.

Vor dem Hintergrund der jüngsten Finanz- und Wirtschaftskrise sowie der anerkannten Rolle des Privatsektors bei der Armutsreduktion hat die Schweiz die Zusammenarbeit mit der IFC im Bereich Unternehmensführung weiter vertieft. Gute Unternehmungsführung (Corporate Governance) ist eng mit wirtschaftlicher, ökologischer und sozialer Nachhaltigkeit verknüpft. Das Programm zielt darauf ab, den regulatorischen Rahmen so zu verbessern, dass Firmen in der Umsetzung der guten Unternehmensführung unterstützt werden. Weiter sollen Corporate Governance-Schulungen gefördert werden. Im Rahmen der OECD unterstützt die Schweiz die Ausarbeitung einer Anleitung zur Sorgfaltspflicht im Finanzsektor (vgl. Ziff.

5.4.3. Damit soll die konkrete Umsetzung der Corporate Social Responsibility in der Finanzbranche gefördert und negativen Auswirkungen von Geschäftstätigkeiten auf Umwelt und Gesellschaft weltweit, insbesondere jedoch in Entwicklungsländern, vorgebeugt werden.

5.5.2

Rohstoffe

Im Berichtsjahr führte die Schweiz ihr Engagement weiter, um den Herausforderungen gerecht zu werden, die im Zusammenhang mit der hohen Präsenz von international tätigen Unternehmen im Rohstoffsektor in der Schweiz entstehen.

Dabei wurde besonderen Wert auf die Zusammenarbeit mit den interessierten Anspruchsgruppen sowie den internationalen Partnern und Organisationen gelegt. Die Berichterstattung zum Stand der Umsetzung der im Grundlagenbericht Rohstoffe 2013 enthaltenen Empfehlungen zeigt das Engagement des Bundesrats auf nationaler sowie internationaler Ebene insbesondere im Zusammenhang mit der Förderung der Transparenz der unternehmerischen Tätigkeit und der damit verbundenen Zahlungen an staatliche Stellen. Weiter setzt sich der Bundesrat für die Korruptionsbekämpfung, die Einhaltung von Sozial- und Umweltkriterien im Bereich des Rohstoffabbaus und für die Stärkung der Steuerverwaltungen in Entwicklungsländern ein. Damit sollen die Staatseinnahmen wirksamer für Staatsaufgaben und zugunsten der lokalen Bevölkerung eingesetzt werden.

Der Rohstoffsektor und insbesondere der Rohstoffhandel hat in der Schweiz seit der Jahrtausendwende wesentlich an Bedeutung gewonnen. Er ist heute ein wichtiger Bestandteil der Schweizer Wirtschaft. Entsprechend stieg auch das öffentliche 1534

Interesse an der Tätigkeit der Rohstoffunternehmen. In diesem Kontext veröffentlichte der Bundesrat den Grundlagenbericht Rohstoffe vom 27. März 2013104 mit siebzehn Handlungsempfehlungen. Seither fanden insbesondere in den Bereichen der Transparenz, der verantwortungsvollen Unternehmensführung sowie der nachhaltigen Politik der Regierungen relevante Entwicklungen statt. Am 26. März 2014 publizierte der Bundesrat einen Bericht zum Stand der Umsetzung dieser Empfehlungen. Er nahm die erzielten Fortschritte zur Kenntnis und mass der weiteren zielgerichteten Umsetzung der Empfehlungen grosse Bedeutung bei.105 Betreffend Transparenz von Zahlungen von Rohstoffunternehmen an Regierungen legte der Bundesrat zur Erfüllung der Empfehlung 8 des Grundlagenberichts Rohstoffe und des Postulats der Aussenpolitischen Kommission des Nationalrats vom 29. April 2013 (13.3365 «Mehr Transparenz im Schweizer Rohstoffsektor») am 25. Juni 2014 einen Bericht vor.106 Gestützt darauf erarbeitete der Bundesrat einen Entwurf für Bestimmungen, die sich an den Transparenzvorgaben der EU107 orientieren. Er gab diese im Rahmen der Vorlage zur Aktienrechtsrevision am 28. November in die Vernehmlassung. Es ist vorgesehen, dass börsenkotierte wie auch grosse, nicht kotierte Rohstoffunternehmen Zahlungen an staatliche Stellen im Zusammenhang mit der Förderung von Mineralien, Öl, Gas und Holz aus Primärwäldern jährlich offenlegen müssen.

Weiter unterstützt die Schweiz im Rahmen der wirtschaftlichen Entwicklungszusammenarbeit seit 2009 die Extractive Industries Transparency Initiative (EITI), welche die Offenlegung der Zahlungsströme fördert, die von rohstofffördernden Unternehmen als Abgaben an den Staat fliessen (z. B. Steuern, Lizenzen). Die Schweiz hatte von Mitte 2012 bis Mitte 2014 den Vorsitz einer Stimmrechtsgruppe im Steuerungsausschuss der EITI, weshalb sie sich bei der Erarbeitung von neuen Regeln besonders aktiv einbringen konnte. Im Mai 2015 soll ein Treffen des Steuerungsausschusses in der Schweiz stattfinden.

Zudem legte der Bundesrat am 28. Mai dem Parlament einen Bericht108 zur Erfüllung des Postulats der Aussenpolitischen Kommission des Nationalrats vom 30. Oktober 2012 (12.3980 «Rechtsvergleichender Bericht. Sorgfaltsprüfung bezüglich Menschenrechten und Umwelt im Zusammenhang mit den Auslandaktivitäten von Schweizer Konzernen») sowie der Empfehlung 12 des Grundlagenberichts 104 105 106 107

108

Vgl. Medienmitteilung «Der Bundesrat veröffentlicht den » vom 27. März 2013 (www.news.admin.ch > Dokumentation).

Vgl. Medienmitteilung «Grundlagenbericht Rohstoffe: Umsetzung der Empfehlungen auf Kurs» vom 26. März 2014 (www.news.admin.ch > Dokumentation).

Vgl. Medienmitteilung «Mehr Transparenz im Rohstoffsektor geplant» vom 25. Juni 2014 (www.news.admin.ch > Dokumentation).

Richtlinie 2013/34/EU vom 26. Juni 2013 über den Jahresabschluss, den konsolidierten Abschluss und damit verbundene Berichte von Unternehmen bestimmter Rechtsformen und zur Änderung der Richtlinie 2006/43/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinien 78/660/EWG und 83/349/EWG des Rates und Richtlinie 2013/50/EU vom 22. Oktober 2013 zur Änderung der Richtlinie 2004/109/EG des Europäischen Parlaments und des Rates zur Harmonisierung der Transparenzanforderungen in Bezug auf Informationen über Emittenten, deren Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind, der Richtlinie 2003/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates betreffend den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel zu veröffentlichen ist, sowie der Richtlinie 2007/14/EG der Kommission mit Durchführungsbestimmungen zu bestimmten Vorschriften der Richtlinie 2004/109/EG.

Vgl. Medienmitteilung «Mögliche Modelle für Sorgfaltsprüfung durch Unternehmen» vom 28. Mai 2014 (www.news.admin.ch > Dokumentation).

1535

Rohstoffe vor, der verschiedene Möglichkeiten darstellt, wie international tätige Unternehmen zu einer Sorgfaltsprüfung und zur öffentlichen Berichterstattung über die Auswirkungen ihrer Tätigkeit auf Menschenrechte und Umwelt verpflichtet werden können.

Im Rahmen der Empfehlung 11 des Grundlagenberichts Rohstoffe führten das SECO und das EDA gemeinsam verschiedene Treffen mit Vertreterinnen und Vertretern der Wirtschaft und der Nichtregierungsorganisationen durch, um Vorschläge für Standards im Bereich der verantwortungsvollen Unternehmensführung (einschl.

Umsetzungsmechanismen) für den Rohstoffhandel zu erarbeiten. Aufgrund dieser Aussprachen verständigten sich die Parteien, die Ausarbeitung einer Anleitung für Handelsunternehmen zur Umsetzung der UNO-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte anzugehen. Erste Schritte wurden an einem Workshop unter der Leitung des SECO und des EDA im November mit Expertinnen und Experten, sowie Vertretern von Nichtregierungsorganisationen und Unternehmen diskutiert.

Die 2013 mit der Swiss Better Gold Association lancierte Better Gold Initiative ist ein Erfolg. So traten im Berichtsjahr weitere bedeutende Uhren- und Juwelierunternehmen sowie Banken der Vereinigung bei. Erste Lieferketten von verantwortlich produziertem Gold aus Peru wurden konsolidiert, wodurch die in die Schweiz importierte Menge an Gold aus international zertifizierten Kleinminen deutlich gesteigert wurde. Erste Schritte für eine mögliche Ausweitung der Initiative auf weitere Länder ­ wie zum Beispiel Bolivien und Kolumbien ­ wurden unternommen. Um die Transparenz der Schweiz im Edelmetallhandel zu erhöhen, veröffentlichte die Eidgenössische Zollverwaltung im Frühjahr erstmals seit 1980 aktuelle nach Bestimmungs- und Ursprungsländern aufgeschlüsselte Statistiken des Aussenhandels mit Gold, Silber und Münzen.109 Seit der Veröffentlichung des Grundlagenberichts Rohstoffe setzt sich der Bundesrat gezielt für neue globale, regionale und bilaterale Initiativen ein. Thematische Schwerpunkte wurden bei der Stärkung der Rechenschaftsablegung, der Korruptionsbekämpfung sowie der Einziehung und Verwaltung von Steuern in Entwicklungsländern gelegt. Beispielsweise weitete die Schweiz ihr Engagement im Bereich der Rohstoffgouvernanz in Ghana aus. Ein neues Projekt unterstützt Weiterbildungen und
Schulungen für Parlamentarier und Parlamentarierinnen sowie für Medienschaffende, mit dem Ziel die Qualität der parlamentarischen Debatten und der Berichterstattung zur Rohstoffgouvernanz zu verbessern. Weiter finanziert die Schweiz eine Initiative des Internationalen Währungsfonds mit, welche die technische Unterstützung zur Verbesserung der Verwaltung von Einnahmen aus dem Rohstoffsektor anbietet. Der Topical Trust Fund Managing Natural Resource Wealth nimmt sich dabei dem gesamten Zyklus an, beginnend mit der Generierung von Steuereinnahmen hin zur Verwaltung und Verwendung der Einnahmen. Dafür stützt sich das Programm auf die Module fiskalisches Regime, Lizenzierung und Verträge, Steuerverwaltung, Finanz- und makroökonomische Planung wie auch Ausgabenpolitik, Asset und Liability Management sowie Statistik. Das Programm bezweckt, dass die Bevölkerung rohstoffreicher Entwicklungsländer möglichst von den Erträgen aus dem Rohstoffabbau profitiert.

109

Vgl. Medienmitteilung «Aussenhandel mit Gold: Erste Publikation mit Länderaufschlüsselung seit 1980» vom 20. Februar 2014 (www.news.admin.ch > Dokumentation).

1536

5.5.3

Klimapolitik

Die 20. Konferenz der Vertragsparteien der Klimarahmenkonvention fand im Dezember in Lima statt. Im Zentrum der Verhandlungen standen die Vorbereitungen für ein neues, weltweites Klimaabkommen für die Zeit nach 2020, das Ende 2015 in Paris verabschiedet werden soll.

Die internationale Staatengemeinschaft hat sich zum Ziel gesetzt, die globale Mitteltemperatur gegenüber dem vorindustriellen Wert auf eine Erwärmung um maximal 2 Grad zu begrenzen. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen die globalen Treibhausgasemissionen gemäss Weltklimarat bis 2050 weltweit um 40 bis 70 Prozent gegenüber 2010 verringert werden. Das stellt eine grosse Herausforderung dar. Eine Reduktion in diesem Ausmass ist nur möglich, wenn nebst allen Industrieländern auch die Schwellen- und Entwicklungsländer bereit sind, verstärkte Anstrengungen zur Verringerung ihrer Treibhausgasemissionen zu unternehmen.

An der 20. Vertragsparteienkonferenz im Dezember in Lima machte die internationale Gemeinschaft einen weiteren Schritt hin zu einem neuen, umfassenden Klimaabkommen für die Zeit nach 2020, das erstmals alle Staaten einbinden soll. Zwar wurden noch keine Texte für ein neues Klimaabkommen verabschiedet, die Erwartungen und Vorstellungen der verschiedenen Vertragsparteien diesbezüglich wurden aber klarer. Zudem konkretisierten die Vertragsparteien, welche Informationen sie zusammen mit ihren Reduktionszielen für die Zeit nach 2020 international einreichen müssen. Diese Informationen sollen die nationalen Engagements im Klimabereich künftig transparenter und vergleichbarer machen. Positiv zu werten ist die frühe Ankündigung zahlreicher Vertragsparteien, darunter China, die EU und die USA, ihre Reduktionsziele für die Zeit nach 2020 bis im Frühjahr 2015 formell einzureichen. Auch die Schweiz wird ihre Reduktionsziele, wie international vereinbart, im ersten Quartal 2015 einreichen.

Bis zur Ablösung des Kyoto-Protokolls durch ein neues globales Klimaabkommen sprach sich die Schweiz mit weiteren Industrieländern für eine befristete Weiterführung des Kyoto-Protokolls für den Zeitraum 2013 bis 2020 aus. Zudem verpflichtete sie sich, ihre Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2020 gegenüber 1990 um 20 Prozent zu verringern. Im April verabschiedete der Bundesrat die Botschaft zur Genehmigung und zur Umsetzung dieser Verpflichtung zuhanden des Parlaments.

5.6

Wettbewerbsrecht

Die internationale Zusammenarbeit im Bereich Wettbewerb nimmt laufend zu.

Sie stützt sich auf ein Netz von bilateralen Abkommen zur Zusammenarbeit der nationalen Wettbewerbsbehörden. Am 1. Dezember des Berichtsjahres ist ein entsprechendes Abkommen zwischen der Schweiz und der EU in Kraft getreten.

1537

Die internationale Zusammenarbeit im Bereich Wettbewerb wird immer wichtiger, da die Zahl der Länder, die über ein spezielles Wettbewerbsrecht und entsprechende Behörden verfügen, weltweit stark zunimmt. Waren es 1990 erst rund 20, sind es heute etwa 120 Länder. Diese Zunahme lässt sich insbesondere dadurch erklären, dass der Nutzen des Wettbewerbs für das Wachstum zunehmend anerkannt wird.

Hinzu kommt, dass durch die Globalisierung häufiger grenzübergreifende wettbewerbswidrige Verhaltensweisen auftreten. Bilaterale Abkommen ­ seien es spezifische Abkommen zur Zusammenarbeit der Wettbewerbsbehörden oder entsprechende Bestimmungen in Freihandelsabkommen ­ geben der Zusammenarbeit zwischen den nationalen Wettbewerbsbehörden einen formellen Rahmen. Mit solchen Vereinbarungen wird bezweckt, mittels internationaler Zusammenarbeit die Anwendung des nationalen Wettbewerbsrechts effizienter zu gestalten und insbesondere Paralleluntersuchungen zu koordinieren sowie überlappende Informationsanfragen bei grenzüberschreitenden Fällen zu vermeiden.

Das Thema der internationalen Zusammenarbeit steht auch auf der Agenda der OECD, der UNCTAD und des International Competition Network (ICN), die als Plattformen für den Austausch über die Wettbewerbspolitik und deren Umsetzung fungieren und Empfehlungen sowie best practices ausarbeiten. Die Arbeiten der OECD legen den Akzent seit einigen Jahren vor allem auf die internationale Zusammenarbeit110. Die UNCTAD fokussiert auf die Ausbildung der neu entstehenden Wettbewerbsbehörden in Entwicklungsländern. Das ICN seinerseits ermöglicht den Wettbewerbsbehörden den Austausch ihrer Erfahrungen bei der Umsetzung der nationalen Gesetzgebungen. In die Diskussionen dieser Gremien können sich auch Verbände und Unternehmen einbringen, indem sie beispielsweise zu den Modalitäten des Informationsaustauschs Stellung nehmen111.

Am 1. Dezember trat ein Abkommen über die Zusammenarbeit zwischen der Schweiz und der EU im Bereich Wettbewerb112 in Kraft, welches von 2011 bis 2012 ausgehandelt worden war. Das Parlament nahm gleichzeitig mit der Genehmigung des Abkommens eine neue Bestimmung ins Kartellgesetz vom 6. Oktober 1995113 auf, welche das Verfahren der Wettbewerbskommission beim Austausch von vertraulichen Informationen mit einer ausländischen Behörde regelt, unter anderem die Pflicht, betroffene Unternehmen vor der Weitergabe von Informationen zu konsultieren114.

110

111

112 113 114

Im September verabschiedete die OECD eine neue Empfehlung über die internationale Zusammenarbeit bei Wettbewerbsuntersuchungen und -verfahren, welche die Empfehlung von 1995 über die Zusammenarbeit bei wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen, die den internationalen Handel beeinträchtigen, ersetzt (vgl. www.oecd.org > Topics > Competition > Recommendations and Best Practices on Competition Law and Policy > 2014 Recommendation concerning International Coperation on Competition Investigations and Proceedings).

Die Unternehmen äusserten sich bei der OECD über ihr beratendes Gremium, dem Business and Industry Advisory Committee, zur neuen Empfehlung über die internationale Zusammenarbeit bei Wettbewerbsuntersuchungen und -verfahren.

SR 0.251.268.1. Das Abkommen betrifft die Zusammenarbeit mit der Kommission der EU, nicht mit den Mitgliedsländern der EU.

SR 251 AS 2014 3711

1538

5.7

Öffentliches Beschaffungswesen

Das revidierte WTO-Übereinkommen über das öffentliche Beschaffungswesen vom 30. März 2012 (GPA) trat am 6. April für 40 der 43 Parteien des GPA vom 15. April 1994115 in Kraft. Armenien, Südkorea und die Schweiz haben ihre Ratifikationsinstrumente bei der WTO noch nicht hinterlegt. Für diese Staaten gilt bis auf weiteres das GPA von 1994. Die Schweiz wird dem revidierten GPA beitreten, sobald sie ihre Beschaffungsgesetzgebungen auf den Stufen Bund und Kantone angepasst hat. Neuseeland, und Montenegro traten dem revidierten GPA im Berichtsjahr als Neumitglieder bei.

Am 6. April trat das revidierte GPA in Kraft, nachdem zwei Drittel der GPAMitgliedstaaten ihre Instrumente zur Annahme des revidierten GPA beim Generaldirektor der WTO hinterlegt hatten. Ausser Armenien, Südkorea und der Schweiz haben mittlerweile alle Mitglieder des GPA von 1994 das revidierte GPA ratifiziert.

Für diese drei Staaten gelten weiterhin die Verpflichtungen des GPA von 1994, das heisst deren Anbieter haben keinen rechtlich garantierten Zugang zu den im revidierten GPA neu unterstellten Beschaffungen.

Die von Beschaffungsexperten des Bundes und der Kantone zusammengesetzte Arbeitsgruppe AURORA hat die Umsetzung des revidierten GPA (Anpassung der Beschaffungsgesetzgebungen des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 1994 über das öffentliche Beschaffungswesen (BöB)116 und der Beschaffungsgesetzgebungen der Kantone) weitgehend abgeschlossen. Der Bundesrat beabsichtigt, die Vernehmlassung des revidierten BöB in der ersten Hälfte 2015 einzuleiten. Danach werden die Botschaften zur Genehmigung des revidierten GPA und zur Gesetzesrevision zuhanden des Parlaments erarbeitet. Die Schweiz wird dem revidierten GPA somit frühestens 2016 beitreten können.

Als Neumitglieder traten im Berichtsjahr Montenegro und Neuseeland dem revidierten GPA bei. Die laufenden Beitrittsverfahren Chinas, Moldawiens, der Ukraine und Jordaniens werden 2015 fortgesetzt. Namentlich in Bezug auf den wichtigen Partner China fokussieren die Beitrittsverhandlungen auf die Frage der Unterstellung von Vergabestellen in den Provinzen und von Sektorunternehmen.

115 116

SR 0.632.231.422 SR 172.056.1

1539

5.8

Schutz des geistigen Eigentums

In den multilateralen Organisationen engagierte sich die Schweiz im Bereich des geistigen Eigentums unter anderem für die Überarbeitung und Weiterentwicklung bestehender Staatsverträge sowie bei der Sensibilisierung für die Rolle der Immaterialgüterrechte im Innovationsprozess (Grundlagenforschung, Produkteentwicklung und -vermarktung).

Die Arbeiten auf bilateraler Ebene konzentrierten sich insbesondere auf den Dialog zwischen der Schweiz und China. Mehrere Treffen zwischen Vertreter der Behörden und der schweizerischen und chinesischen Wirtschaft ermöglichten einen regen Austausch zu wichtigen Fragen und Anliegen zur Umsetzung des Immaterialgüterrechts in der Praxis.

Das Freihandelsabkommen mit China und das Abkommen über den gegenseitigen Schutz von geografischen Angaben mit Jamaika traten im Berichtsjahr in Kraft. Damit verfügt die Schweiz über zwei neue bilaterale Staatsverträge, die den Schutz des geistigen Eigentums sowie die Rechtssicherheit für die Schweiz und die Schweizer Exportwirtschaft in wichtigen Bereichen verbessern.

5.8.1

Schutz des geistigen Eigentums in internationalen Organisationen

Die Arbeiten in der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) standen im Berichtsjahr im Zeichen der Konsolidierung bestehender Regelwerke und des materiellen Schutzes geistiger Eigentumsrechte. Die Schweiz engagierte sich namentlich in der Überarbeitung des Madrider Systems117 über die internationale Registrierung von Marken, für einen verbesserten Schutz von Ländernamen gegen missbräuchliche Verwendung und als Beobachterin in der Überarbeitung des Lissabonner Abkommens über den Schutz der Ursprungsbezeichnungen118. Die Überarbeitung dieses Abkommens soll anlässlich einer diplomatischen Konferenz 2015 abgeschlossen werden. In den Verhandlungen über ein Abkommen zum Schutz genetischer Ressourcen und traditionellen Wissens setzte sich die Schweiz insbesondere für Lösungen ein, welche den Nord­Süd-Gegensatz überbrücken. An der WIPOGeneralversammlung vom September wurde keine Einigung erzielt, weshalb die Arbeiten voraussichtlich bis zur Generalversammlung 2015 ruhen werden. Die Schweiz prüft zurzeit, wie diese Blockade in Zusammenarbeit mit gleichgesinnten Staaten überwunden werden könnte.

Der WTO/TRIPS119-Rat diskutierte unter anderem das Thema «Innovation und Schutz des geistigen Eigentums». Vertieft behandelt wurden die Themen der Technologiepartnerschaften mit Universitäten, der Förderungszentren für Innovation und 117

Für detaillierte Informationen zum Madrider System über die internationale Registrierung von Marken: www.wipo.int > Reference > WIPO Administered Treaties > Madrid Protocol > Madrid System for the International Registration of Marks.

118 Das Abkommen kann auf der Webseite der WIPO abgerufen werden: www.wipo.int > Reference > WIPO Administered Treaties > Lisbon Agreement > Full text of the Lisbon Agreement.

119 Trade-related aspects of intellectual property rights

1540

die Förderung von Sensibilisierungsmassnahmen. Im Rahmen der Herbstsitzung des Rats führte die Schweiz mit anderen WTO-Mitgliedern zum Thema «Innovation und Schutz des geistigen Eigentums» einen Informations- und Messe-Anlass durch.

Private Unternehmen und öffentliche Institutionen zeigten anhand innovativer Produkte, wie Innovation und unternehmerisches Handeln mit Unterstützung von öffentlich­privaten Partnerschaften bei geeigneten Rahmenbedingungen zu wirtschaftlichem Erfolg führen können. Am Schweizer Stand waren nebst dem Eidgenössischen Institut für Geistiges Eigentum (IGE) auch ein in der Wasseraufbereitung tätiges Schweizer Unternehmen und die Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt vertreten. Den Messebesuchern wurden anhand innovativer Produkte die zentralen Aspekte und Zusammenhänge des Innovationszyklus von der Grundlagenforschung zur Produktevermarktung erklärt und die Bedeutung des Schutzes von geistigem Eigentum aufgezeigt. An einer Panelveranstaltung erklärte ein Vertreter der Kommission für Technologie und Innovation die Funktionsweise der Schweizer Innovationslandschaft.

Anlässlich der 67. Weltgesundheitsversammlung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) wurde das WHO-Sekretariat beauftragt, nebst dem Patentsystem alternative Finanzierungsmechanismen für die Forschung und Entwicklung von medizinischen Produkten gegen Krankheiten zu erarbeiten, die primär arme Bevölkerungsschichten in Ländern mittleren und niedrigen Einkommens betreffen. Die Schweiz sprach zum Aufbau einer spezialisierten Beobachtungsstelle im WHO-Sekretariat sowie zur Einrichtung eines Koordinations- und Finanzierungsmechanismus im WHO-Spezialprogramm für Tropenkrankheitsforschung bereits über zwei Millionen Schweizerfranken. Ein Beitrag von zusätzlich sechs Millionen Schweizerfranken zur Unterstützung und Umsetzung von drei ausgewählten Demonstrationsprojekten in diesem Bereich120 wurde ebenfalls bewilligt.

5.8.2

Schutz des geistigen Eigentums auf bilateraler Ebene

China stellte im Berichtsjahr einen Schwerpunkt der internationalen Arbeiten der Schweiz im Bereich des geistigen Eigentums dar. Am 1. Juli trat das Freihandelsabkommen (FHA) mit China in Kraft. Der Vertrag mit der Schweiz ist für China das erste Abkommen dieser Art, das ein substanzielles Kapitel zum Schutz des geistigen Eigentums enthält. Die Abkommensbestimmungen regeln unter anderem den Schutz für Patente auf biotechnologischen Erfindungen, den Schutz von Pflanzensorten, vertraulichen Informationen (einschliesslich Zulassungsdaten für Biopharmazeutika) und Herkunftsangaben (und damit auch des Ländernamens «Schweiz»)121.

Im Rahmen des Dialogs zwischen der Schweiz und China fand im März das siebte Arbeitsgruppentreffen statt. Ein Pilotversuch wurde vereinbart, welcher es Schweizer Unternehmen ermöglicht, den zuständigen chinesischen Behörden Probleme mit dem Verkauf von Fälschungen über das Internet zu melden. Somit verfügt die Schweiz bei den chinesischen Behörden nun über einen zentralen Ansprechpartner für solche Fälle. Die Testphase läuft bis 2015, danach wird Bilanz gezogen und über 120

Weitere Informationen unter: www.who.int > Programmes > Public Health, Innovation, Intellectual Property and Trade > Latest activities > Health R&D Demonstration Projects.

121 Ausführlichere Informationen finden sich im Jahresbericht 2013/2014 des Eidgenössischen Instituts für Geistiges Eigentums, vgl. www.ige.ch > Über uns > Institut > Jahresbericht > Geschäftsjahr 2013/14

1541

eine Weiterführung entschieden. Weitere Fragen im Hinblick auf die Verstärkung des Schweizer Engagements im Bereich Rechtsdurchsetzung und Zusammenarbeit mit den chinesischen Behörden wurden im Rahmen des Dialogs zum Patent- und Markenrecht, zur Innovationsförderung sowie zur missbräuchlichen Verwendung der Bezeichnung «Schweiz» und der Schweizer Hoheitszeichen behandelt.

Am Rande der Arbeitsgruppensitzung fanden zwei Treffen mit Teilnahme von Vertretern der Schweizer Wirtschaft statt, welche ihre Anliegen dort direkt mit den zuständigen chinesischen Behörden aufnahmen. Zum ersten Mal wurde im Berichtsjahr separat ein Rundtisch ausschliesslich zu Patent- und Designfragen durchgeführt.

An diesem Anlass nahmen Vertreter der chinesischen Wirtschaft sowie von Staatsbetrieben teil, was ebenfalls eine Premiere im schweizerisch­chinesischen Dialog zum geistigen Eigentum darstellt. Die rege Teilnahme und die Rückmeldungen von Schweizer Unternehmen zu diesen Anlässen zeugen vom grossen Interesse der Schweizer Wirtschaft am bilateralen Dialog über das geistige Eigentum.

China verfolgt eine Politik weg von der rein produzierenden hin zur forschenden und entwickelnden Industrie. Der Schutz des geistigen Eigentums gewinnt damit in China weiter an Bedeutung, und das allgemeine Bewusstsein über den Nutzen eines angemessenen und durchsetzbaren Schutzes des geistigen Eigentums nimmt entsprechend zu. Der langfristig angelegte Dialog der Schweiz mit China leistet hierzu einen Beitrag.

In FHA mit Drittstaaten (vgl. Ziff. 4) sind Regeln für einen effektiven Schutz der Rechte an geistigem Eigentum für die innovative Schweizer Exportwirtschaft ein Grundpfeiler zur Sicherung eines nachhaltigen Marktzugangs. Dies gilt ganz besonders für die Wirtschaftsbeziehungen mit Schwellenländern und Ländern mit mittlerem Einkommensniveau.

Der Einschluss des Schutzes der geografischen Angaben in FHA sowie bilateralen Handels- und Wirtschaftsverträgen entspricht dem Auftrag, den das Parlament 2013 dem Bundesrat erteilt hat122. Am 1. September trat das bilaterale Abkommen über den Schutz von geografischen Angaben mit Jamaika in Kraft123. Auch führt die Schweiz Kontakte mit anderen gleichgesinnten Ländern weiter, um den Schutz geografischer Angaben zu verbessern und weitere solche Abkommen auszuhandeln, wo ein substanzieller Mehrwert
gegenüber den multilateralen Standards erzielt werden kann.

Die Bemühungen um einen besseren Schutz geografischer Angaben auf internationaler Ebene bilden das Gegenstück zur «Swissness»-Gesetzgebung124, die im Juni 2013 vom Parlament verabschiedet wurde. Diese enthält zum einen im Markenschutzgesetz vom 28. August 1992 (MSchG)125 präzisere Regeln zu den Voraussetzungen, unter denen ein Produkt oder eine Dienstleistung als «schweizerisch» 122

Motion der Kommission für Rechtsfragen des Ständerats vom 19. Juni 2012 (12.3642 «Regelung der Verwendung geografischer Herkunftsbezeichnungen in internationalen Verträgen»).

123 Abkommen vom 23. September 2013 zwischen dem Bundesrat der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Regierung Jamaikas über die gegenseitige Anerkennung und den Schutz geografischer Angaben (SR 0.232.111.194.58).

124 Hinweise und Dokumente zur Swissness-Vorlage sind unter folgendem Link abrufbar: www.ige.ch > Herkunftsangaben > Swissness.

125 SR 232.11; die Änderung vom 21. Juni 2013 im MSchG findet sich unter folgendem Link: www.admin.ch/opc/de/federal-gazette/2013/4795.pdf; www.ige.ch >Herkunftsangaben > Swissness > Dokumente.

1542

bezeichnet und mit dem Schweizerkreuz beworben werden darf. Zum anderen wird die geografische Marke eingeführt und ein neues Register für nichtlandwirtschaftliche Erzeugnisse geschaffen. Die neuen gesetzlichen Instrumente beziehungsweise Schutztitel ermöglichen dem Rechtsinhaber, künftig seine Rechte auch im Ausland besser geltend zu machen und erleichtern so deren Durchsetzung.

5.8.3

Andere Plattformen: Bekämpfung von Fälschung und Piraterie

Die Fälschung und Piraterie von Waren, die mit einer Marke, einem Design oder Urheberrecht geschützt sind, hat globale Ausmasse angenommen. Zahlreiche Schweizer Hersteller von innovativen Produkten sehen sich mit dieser Herausforderung konfrontiert. Das IGE führt die Geschäftsstelle des gemeinnützigen Vereins STOP PIRACY, welcher sich der Bekämpfung der Fälschung und Piraterie widmet.

An Publikumsmessen und Flughäfen leistet STOP PIRACY umfangreiche Aufklärungsarbeit bei den Konsumentinnen und Konsumenten und setzt sich für die enge Zusammenarbeit zwischen den Behörden und der Wirtschaft ein.

Der als Public­Private-Partnership ausgestaltete Verein gilt in Europa als Vorreiter zur Sensibilisierung im Bereich von Fälschung und Piraterie. Mehrere Länder haben nach dem Vorbild der Schweiz ähnliche Initiativen ergriffen. Das IGE bringt sich ausserdem in der EU-Beobachtungsstelle für Verletzungen von Rechten des Geistigen Eigentums (EU Observatory) ein. STOP PIRACY trägt die von der Beobachtungsstelle geplanten Sensibilisierungskampagnen mit.

6

Wirtschaftliche Entwicklungszusammenarbeit Eine erste Zwischenbilanz zur Umsetzung der wirtschafts- und handelspolitischen Massnahmen des SECO im Rahmen der Botschaft zur Internationalen Zusammenarbeit 2013­2016 zeigt, dass die Resultate positiv sind und dass der eingeschlagene Weg konsequent weiterzugehen ist. Im Bereich der klimarelevanten Entwicklungsprojekte wurde im Berichtsjahr eine unabhängige Evaluation vorgelegt.

Die Schweiz legte im Hinblick auf die Formulierung der globalen Ziele für eine nachhaltige Entwicklung (post-2015 Agenda) ihr Verhandlungsmandat fest und brachte sich in die internationale Diskussion ein. Im multilateralen Bereich stand im Berichtsjahr die Umsetzung der 2013 beschlossenen institutionellen Reformen bei der Weltbankgruppe und bei der Asiatischen Entwicklungsbank im Vordergrund. Weiter wurde der Prozess zur Mobilisierung der Finanzmittel für den neu errichteten Grünen Klimafonds eingeleitet.

Im Berichtsjahr erhielten drei horizontale Themen der wirtschaftlichen Entwicklungszusammenarbeit besonders grosse Aufmerksamkeit: die Mobilisierung und verantwortungsvolle Verwaltung eigener Finanzmittel durch Entwicklungsländer, die Zusammenarbeit der staatlichen Entwicklungsakteure mit dem Privatsektor und die Verstärkung der Managementkapazitäten öffentlicher Versorgungsbetriebe in Entwicklungsländern.

1543

6.1

Erreichtes und künftige Herausforderungen

6.1.1

Resultate zur Halbzeit der Botschaft 2013­16

Die Umsetzung der Botschaft vom 15. Februar 2012 über die internationale Entwicklungszusammenarbeit126 2013­2016 befindet sich in der Halbzeit. SECO und DEZA, die sich thematisch ergänzen, arbeiten gemeinsam an der Erreichung der in der Botschaft festgelegten strategischen Ziele der Schweizer Entwicklungszusammenarbeit.

Für den Rahmenkredit «Wirtschafts- und handelspolitische Massnahmen im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit» definiert die Botschaft fünf Themenschwerpunkte127, mit zugeordneten Zielen sowie Beobachtungsfeldern und Indikatoren, über die am Ende der Botschaftsperiode Rechenschaft abgelegt wird. Für die erste Hälfte der Botschaftsperiode kann ein positives Fazit gezogen werden.

Die Themenschwerpunkte der wirtschafts- und handelspolitischen Massnahmen haben sich als relevant und die Instrumente zur Zielerreichung als wirksam erwiesen. Günstige Rahmenbedingungen für die Entwicklung des Privatsektors und die Schaffung von Arbeitsplätzen sind wichtige Elemente zur Verbesserung der Lebensbedingungen ärmerer Bevölkerungsschichten. Ein Grossteil der Armen lebt in wachsenden Städten und Vorstädten von Schwellenländern, die zu den Prioritätsländern des SECO gehören. Der neue Fokus der Botschaft 2013­2016 auf funktionierenden städtischen Infrastrukturen entspricht diesen Ländern einem dringenden Bedürfnis.

Die Stärkung staatlicher Institutionen, die unter anderem von einer Erhöhung der Staatseinnahmen und einer Verbesserung der Haushaltsführung begleitet sein muss, hat die nachhaltige Erbringung von Dienstleistungen durch die öffentliche Hand sowie eine Verringerung der Abhängigkeit von Entwicklungsgeldern zum Ziel.

Die konkrete Zielerreichung wird für jeden der fünf Themenschwerpunkte im Verlauf der Botschaftsperiode von unabhängigen Experten evaluiert. Während im Bericht zur Aussenwirtschaftspolitik 2013 vom 15. Januar 2014128 über die Förderung des nachhaltigen Handels berichtet wurde, finden sich nachfolgend Resultate zum Themenschwerpunkt «Klimafreundliches Wachstum». Ergebnisse aus der Evaluation «Stärkung öffentlicher Versorgungsbetriebe» im Themenschwerpunkt «Städtische Infrastruktur und Versorgung ausbauen» finden sich in Ziffer 6.5.2. Eine Evaluation der Projekte im Bereich Steuern und Entwicklung des Themenschwerpunkts «Wirtschafts- und Finanzpolitik stärken» befindet sich
zurzeit in Vorbereitung.

In Bezug auf die Förderung eines klimafreundlichen Wachstums kommt die externe Evaluation129 zum Schluss, dass die Projekte, welche die Schweiz zwischen 2000 und 2012 im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit finanzierte, bei der Erreichung klimarelevanter Entwicklungsziele eine moderate bis starke Wirksamkeit aufweisen. Die Wirksamkeit der Klimaprojekte des SECO ist für rund 90 Prozent 126 127

BBl 2012 2485 Die fünf Themenschwerpunkte beinhalten die Stärkung der Wirtschafts- und Finanzpolitik, den Ausbau der städtischen Infrastruktur und Versorgung, die Unterstützung von Privatsektor und Unternehmertum, die Förderung des nachhaltigen Handels sowie die Ermöglichung eines klimafreundlichen Wachstums.

128 BBl 2014 1271 129 www.seco-cooperation.admin.ch > Themen > Evaluation > Evaluationsberichte > Wirkungsberichte SECO/DEZA

1544

der Projekte zufriedenstellend bis sehr gut, während 10 Prozent keine oder eine geringe Wirkung aufweisen. Das spezifisch schweizerische Wissen bewährt sich und wird von den Partnerländern aktiv nachgefragt und geschätzt. Aus Sicht der wirtschaftlichen Zusammenarbeit sind insbesondere die positiven Resultate im Energiebereich sowie die gezielte Förderung von umweltverträglichen Produktionsweisen zu erwähnen (insbesondere das Programm der National Cleaner Production Centers; vgl. Ziff. 2.4). Wie der Bericht zeigt, führten diese Aktivitäten zu substanziellen Verringerungen der CO2-Emissionen etwa in Peru und Südafrika.

Es werden aber auch Herausforderungen ersichtlich: Einige Partnerländer erleben trotz Wirtschaftswachstum keine signifikante Abnahme der internen Ungleichheit, und auch die Arbeitslosigkeit insbesondere der Jugendlichen bleibt ein bedeutendes Problem. Zur Förderung eines inklusiven Wachstums, das breiten Bevölkerungsschichten zugute kommt, braucht es länderspezifische Strategien unter Einbezug staatlicher und privater Akteure. Die Verminderung globaler Risiken wie zum Beispiel die Eindämmung der Auswirkungen des Klimawandels sind für eine nachhaltige Entwicklung unabdingbar. Der Umgang mit diesen Herausforderungen verlangt von der internationalen Gemeinschaft in kurzer Zeit innovative Lösungen und wird auch in der nächsten Botschaft für Internationale Zusammenarbeit 2017­2020 eine bedeutende Rolle spielen.

Zudem zeigt die Erfahrung der letzten Jahre, dass Staaten und Regionen aus einer vergleichsweise stabilen Situation rasch in eine Krisensituation geraten können (Naher Osten, Nordafrika, Ukraine). Das SECO reagiert mit einem verbesserten Risikomanagement, das die rasche Erfassung von Veränderungen sowie Anpassung und Neuausrichtung der Strategien und Projekte ermöglicht.

6.1.2

Internationale Diskussionen

Auf internationaler Ebene stand im Berichtsjahr der Prozess zur Erarbeitung neuer globaler Entwicklungs- und Nachhaltigkeitsziele im Zentrum. Während die 2015 auslaufenden Millenniumsziele auf die Bekämpfung extremer Armut ausgerichtet sind, fokussiert die post-2015 Agenda auf eine nachhaltige Entwicklung. Die sogenannten Sustainable Development Goals (SDG) sollen wirtschaftliche, soziale und umweltbezogene Aspekte umfassen und für die gesamte Staatengemeinschaft gelten.

Eine Arbeitsgruppe von UNO-Mitgliedstaaten hat im Berichtsjahr einen möglichen Vorschlag bestehend aus 17 Oberzielen und rund 170 Unterzielen erarbeitet. Diese bilden eine wichtige Grundlage für die Verhandlungen in der UNO-Generalversammlung, die bis September 2015 abgeschlossen sein sollen. Im Hinblick auf die Umsetzung der SDG stellt sich auch die Frage nach deren Finanzierung. Dazu wird im Juli 2015 eine Konferenz in Addis Abeba stattfinden, die an frühere Zusammenkünfte zur Entwicklungsfinanzierung in Monterrey (2002) und Doha (2008) anknüpfen soll.

Während die «offizielle Entwicklungshilfe» (Official Development Aid) für die Gruppe der am wenigsten entwickelten Länder weiterhin eine zentrale Rolle spielt, macht sie insgesamt nur noch unter 20 Prozent der gesamten Finanzflüsse in die Entwicklungsländer aus. Umso wichtiger wird es, andere ­ private und öffentliche ­ Finanzierungsquellen für die nachhaltige Entwicklung zu erschliessen. Darunter fällt auch die Mobilisierung interner Ressourcen der Empfängerländer selbst, namentlich durch Steuereinnahmen. Bessere Steuergesetze und effizientere Institutionen stärken 1545

die Eigenverantwortung eines Staates und verringern die Abhängigkeit von der Entwicklungshilfe. Auch die effiziente Verwaltung staatlicher Mittel auf der Ausgabenseite trägt dazu bei. Für die wirtschaftliche Entwicklungszusammenarbeit der Schweiz stellt daher die Förderung der Kapazität zur Mobilisierung und Verwaltung interner Ressourcen seit Jahren eine Priorität dar (vgl. Ziff. 6.3).

Von zunehmender Bedeutung für Entwicklungsländer sind auch ausländische Direktinvestitionen. Die Schweiz setzt sich diesbezüglich unter anderem für nachhaltige Investitionen und Finanzanlagen ein. Dazu geht sie strategische Partnerschaften mit Akteuren des Privatsektors ein, etwa mit Unternehmen der Finanzindustrie (z. B.

Swiss Sustainable Finance, vgl. Ziff. 6.4). Auf internationaler Ebene unterstützt die Schweiz im Bereich nachhaltige Finanzanlagen Initiativen wie jene im Rahmen der UNO-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte oder wie die Inquiry into the Design of a Sustainable Financial System des UNO-Umweltprogramms.

6.2

Multilaterale Zusammenarbeit

6.2.1

Weltbankgruppe

Für die Weltbankgruppe stand im Berichtsjahr die Umsetzung der 2013 beschlossenen Reformen im Zentrum. Kernelemente der neuen Strategie sind die Überwindung extremer Armut bis zum Jahr 2030 und ein gesellschaftlich ausgeglichener Wohlstand. Ziele sind, dass bis 2030 nur noch 3 Prozent der Weltbevölkerung von weniger als 1,25 US-Dollar pro Tag leben müssen und dass das Einkommen der einkommensschwächsten 40 Prozent der Bevölkerung wesentlich ansteigt.

Die Schweiz, die in der Weltbank eine Stimmrechtsgruppe leitet, unterstützt die neuen Ziele und Prioritäten der Weltbankgruppe. Dabei ist die wirtschaftliche, soziale und ökologische Nachhaltigkeit der Massnahmen für die Schweiz prioritär, ebenso makroökonomische und strukturelle Massnahmen zur Stimulierung eines inklusiven und nachhaltigen Wachstums (z. B. Entwicklung und Umsetzung von Instrumenten zur Stabilisierung der öffentlichen Finanzen, Förderung des Privatsektors, Massnahmen zur Schaffung von Arbeitsplätzen). Die Schweiz unterstützt auch das horizontale Thema der Geschlechtergleichstellung bei den Aktivitäten der Bank, mit dem Ziel, die wirtschaftliche und politische Rolle der Frauen zu stärken. Besonderes Gewicht kam im Rahmen der laufenden Reform der Überarbeitung der Standards im Umwelt- und Sozialbereich zu, die bei der Kreditvergabe eingehalten werden müssen. Zudem befürwortet die Schweiz die besondere Gewichtung des Privatsektors, der bei der Schaffung menschenwürdiger und produktiver Arbeitsplätze eine tragende Rolle einnimmt. Hierbei sollen fragile Kontexte (z. B. politische, soziale oder institutionelle Instabilität) besonders berücksichtigt werden. Die Schweiz forderte anlässlich der Gouverneurstreffen der Weltbankgruppe konkrete Empfehlungen und klare Richtlinien zur Schaffung von Arbeitsplätzen.

6.2.2

Regionale Entwicklungsbanken

Die ökologische und soziale Politik der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD), wo die Schweiz ebenfalls eine Stimmrechtsgruppe leitet, wurde überarbeitet. Zypern erhielt vorübergehend den Status eines Empfängerlan1546

des, um die Umstrukturierung seiner Privatwirtschaft angesichts der aktuellen Krise zu unterstützen. Allerdings hatten die von der EU beschlossenen Sanktionen gegen Russland zur Folge, dass die Bank auf unbestimmte Zeit in Russland keine neuen Projekte lancieren kann. Weiter wurden Möglichkeiten geprüft, die Vertretung der Empfängerländer im Exekutivrat zu verstärken. Eine entsprechende Entscheidung soll im Mai 2015 von den Gouverneuren der Bank getroffen werden. Ziel der Schweiz ist es, ihren Sitz zu verteidigen. Der Schweizer Gouverneur, Bundesrat Johann N. Schneider-Ammann, erläuterte anlässlich des Besuches des EBRDPräsidenten in Bern im November die Schweizer Interessen.

Nach rund zehn Jahren kehrte die Afrikanische Entwicklungsbank von Tunis an ihren Hauptsitz in Abidjan zurück. Die Bank führte ihre Anstrengungen fort, um der grossen regionalen Nachfrage nach Investitionen im Infrastrukturbereich nachzukommen. So hat sie im August mit Africa50 einen neuen Fonds lanciert, der grosse Infrastrukturprojekte in den Bereichen Energie, Wasser und Transport mitfinanzieren wird. Zudem wurde im ersten Halbjahr eine neue Art der Kreditvergabe beschlossen, die Entwicklungsländern mit tiefem Einkommen Zugang zu nichtkonzessionellen Krediten der Bank ermöglicht. Mit der neuen Kreditvergabe reagierte die Bank auf die insgesamt positiven makroökonomischen Entwicklungen von Mitgliedstaaten wie Ghana, Tansania und Ruanda. Die Ebola-Krise in Westafrika stellte die Institution vor grosse Herausforderungen. Hilfsprogramme wurden in enger Zusammenarbeit mit der Weltgesundheitsorganisation lanciert.

Die Asiatische Entwicklungsbank leitete im Berichtsjahr eine ihrer wichtigsten Reformen ein, nämlich die Fusion ihres Entwicklungsfonds mit dem Eigenkapital der Bank. Das primäre Ziel ist, die vorhandenen Ressourcen dank einer gestärkten Kapitalbasis künftig noch wirksamer für die ärmsten Mitglieder einzusetzen. Das Engagement der Schweiz für diese Reform ist prioritär auf die Wahrung der finanziellen Nachhaltigkeit der Institution und des Schweizer Einflusses in der Bank ausgerichtet.

Die Interamerikanische Entwicklungsbank konzentrierte sich auf drei grössere Reformvorhaben, die aufgrund ihrer Bedeutung von der Schweiz mit besonderer Aufmerksamkeit begleitet wurden. So führte die Bank die Arbeiten an der Reform
ihres Engagements zugunsten des Privatsektors weiter, passte das Regelwerk für die Wahl ihres Präsidenten internationalen Standards an und revidierte als Reaktion auf die Entwicklungen der Finanzmärkte (z. B. veränderte Methodik der RatingAgenturen) die Verfahren der finanziellen Risiko-Absicherung.

6.2.3

Grüner Klimafonds

Der im Aufbau stehende Grüne Klimafonds zielt darauf ab, die Entwicklungsländer beim Umgang mit dem Klimawandel und dessen Folgen zu unterstützen sowie Voraussetzungen für eine klimaverträgliche Entwicklung zu schaffen. Der Exekutivrat des Fonds hat Anfang des Berichtjahres die notwendigen Entscheidungen gefällt, damit Mitte Jahr der Prozess zur Ressourcenmobilisierung beginnen konnte. Dieser mündete im November in eine internationale Geberkonferenz, an der verschiedene Länder Zusagen zur finanziellen Erstausstattung des Fonds machten. Die Schweiz kündigte einen Beitrag von 100 Millionen US-Dollar über drei Jahre (2015­17) an.

Dadurch ist die Grundlage für die Aufnahme des operativen Geschäfts des Fonds ab

1547

2015 gelegt. Die Schweiz setzt sich weiter für eine Erweiterung des Geberkreises auf Nicht-Industrieländer und für eine starke Rolle des Privatsektors im Fonds ein.

6.3

Die Mobilisierung interner Ressourcen in Entwicklungsländern

6.3.1

Bedeutung und Potenzial

Das Interesse an Steuerreformen in Entwicklungsländern hat in den letzten Jahren weiter zugenommen. Aufgrund zunehmender Budgeteinschränkungen der Geberländer nimmt die Mobilisierung interner Mittel einen wichtigen Platz auf der Agenda der Entwicklungsagenturen ein. Die Schweiz ist auf diesem Gebiet ein Pionier, da technische Unterstützung im Steuerbereich seit rund zwanzig Jahren einen Pfeiler des Schweizer Zusammenarbeitsprogramms bildet.

Zurzeit hat das Steuereinkommen von Ländern im südlichen Afrika im Durchschnitt einen Anteil von weniger als 17 Prozent des Bruttoinlandprodukts (rund 34 Prozent in den OECD-Staaten). Diese Zahlen zeigen, dass ein bedeutendes Potenzial besteht, um die Steuereinnahmen in Ländern mit niedrigem Einkommen zu vergrössern und dadurch Massnahmen im Kampf gegen die Armut nachhaltig zu finanzieren und autonomer zu gestalten.

6.3.2

Stärkung des gesetzlichen Rahmens und der Steuerbehörden

Um ihre internen Einnahmen zu vergrössern, müssen die Entwicklungsländer über eine kohärente Gesetzgebung verfügen, die die direkten und indirekten Steuern transparent regelt. Bei Ländern mit Rohstoffvorkommen stellt die Besteuerung der Förderunternehmen eine zusätzliche Herausforderung dar. Die Anstrengungen müssen dahin gehen, die Steuerverwaltungen so zu stärken, dass sie die Regelungen auch umsetzen können. Oftmals weisen sie Schwächen in ihrer Organisation auf, es fehlt ausgebildetes Personal sowie eine leistungsfähige technische Infrastruktur.

Die Schweiz leistet vermehrt technische Unterstützung für Finanzministerien und Steuerverwaltungen. Diese Unterstützung wird über bilaterale Projekte in den Schwerpunktländern der wirtschaftlichen Zusammenarbeit erbracht, über regionale Institutionen wie dem African Tax Administration Forum oder über internationale Organisationen, besonders über den Internationalen Währungsfonds und die Weltbankgruppe.

Die von der Schweiz unterstützten Reformen beruhen auf Studien und Analysen, mit welchen die Hauptschwächen des Steuersystems identifiziert wurden. Besondere Aufmerksamkeit gilt der Beseitigung von Schlupflöchern, die es bestimmten Steuerzahlern ermöglichen, sich der Besteuerung zu entziehen. Die Steuerpolitik hat aber nicht nur die Mobilisierung zusätzlicher Mittel zum Ziel, sondern sie soll auch zu einer gerechteren Einkommensverteilung beitragen, dabei aber die Anreize zu Wirtschaftstätigkeit und Investitionen möglichst wenig schwächen.

1548

6.3.3

Die internationale Zusammenarbeit im Steuerbereich

Während sich die Unterstützung der Schweiz traditionell auf interne Aspekte der Steuersysteme konzentrierte, bietet die Schweiz ihre technische Unterstützung vermehrt auch Entwicklungsländern an, welche die Standards und bewährten Praktiken der OECD übernehmen wollen, insbesondere betreffend Verrechnungspreise oder Standards für den Informationsaustausch zu Steuerzwecken. Dieser Paradigmenwechsel ergibt sich aus der zunehmenden globalen Mobilität des Kapitals, welche die Aufgaben der Steuerbehörden wesentlich erschwert. Auch Entwicklungsländer sollen die Doppelbesteuerung, welche potenzielle Investoren abschrecken könnte, möglichst vermeiden und gleichzeitig darauf achten, dass eine aggressive Steueroptimierung nicht zu einer doppelten Steuerbefreiung führt.

6.4

Zusammenarbeit mit dem Privatsektor

6.4.1

Bedeutung und Ziele

Aufgrund der relativen Abnahme der öffentlichen Entwicklungsgelder im Vergleich zu anderen Finanzflüssen wie zum Beispiel ausländischen Direktinvestitionen, gewinnt die Zusammenarbeit öffentlicher Entwicklungsagenturen mit dem Privatsektor laufend an Bedeutung. Es gehört zur Aufgabe der staatlichen Entwicklungszusammenarbeit, innovative Formen der Zusammenarbeit zu testen, darunter beispielsweise strukturierte Fonds zur Mobilisierung von kommerziellem Kapital für die nachhaltige Entwicklung.

Das wichtigste Ziel der Zusammenarbeit mit dem Privatsektor ist es, gemeinsam entwicklungsrelevante Lösungen für globale, regionale und sektorielle Herausforderungen zu finden, beispielsweise im Bereich Klimafinanzierung, Katastrophenrisiken oder Infrastruktur. In der bilateralen Zusammenarbeit fördert die Schweiz funktionierende Marktsysteme, insbesondere in den ärmsten Ländern, als Weg aus der Armut und zur Unterstützung einer nachhaltigen Entwicklung. Weitere Ziele sind, zusätzliche Finanzmittel und Wissen zu mobilisieren, Firmen miteinander zu vernetzen um neue Möglichkeiten zu schaffen, das Bewusstsein des Privatsektors für die verantwortungsvolle Unternehmensführung zu stärken und Investitionen in armen Länder zu fördern.

6.4.2

Swiss Sustainable Finance ­ eine neue Plattform

Ein Beispiel für eine Zusammenarbeit mit dem Privatsektor ist der Verein Swiss Sustainable Finance, eine Schirmorganisation, welche die Schweizer Akteure im Bereich nachhaltige Finanzinvestitionen und Entwicklungsinvestitionen zusammenbringt. Sie wurde im Berichtsjahr gegründet und hat bereits über sechzig Mitglieder und Netzwerkpartner. Sie will die Berücksichtigung sozialer und umweltbezogener Anliegen im Anlage- und Finanzierungsgeschäft fördern. Dabei werden vorhandene Stärken des Finanzplatzes genutzt und die Schweiz als Erbringerin nachhaltiger Finanzdienstleistungen international profiliert. Beispielsweise betreut der Schweizer Finanzplatz bereits einen Drittel des weltweiten Volumens an Mikrofinanzinvestitionen. Das SECO beabsichtigt, als Netzwerkpartner die Plattform auch zur Mobi1549

lisierung von Schweizer Wissen und von privaten Mitteln für die Finanzierung der post-2015 Agenda zu nutzen.

6.4.3

Katastrophenrisikoversicherung gegen den Klimawandel

Entwicklungs- und Schwellenländer sind besonders stark vom Klimawandel betroffen, als dessen Folge Naturkatastrophen immer stärker spürbar werden. Innovativen Katastrophenrisikoversicherungen kommt deshalb eine zunehmende Bedeutung zu.

Entsprechend unterstützt die Schweiz seit 2009 das Weltbank-Projekt South East Europe and Caucasus Catastrophe Risk Insurance Facility. Das Projekt will moderne Katastrophenrisikoversicherungen gegen Hitze, Dürre, Überschwemmungen und Erdbeben einführen. Die verheerende Flutkatastrophe im Frühsommer, die in Bosnien und Serbien Schäden in der Höhe von rund 2 Milliarden Schweizerfranken verursacht hat, unterstreicht die Notwendigkeit entsprechender Versicherungslösungen im Westbalkan.

Als Versicherungsgesellschaft wurde die EuropaRe mit Sitz in der Schweiz aufgebaut, mit einem Weltbankdarlehen kapitalisiert und auf den 1. Januar von der Schweizer Finanzmarktaufsicht lizenziert. Die Schweiz finanzierte die Entwicklung der Versicherungsprodukte sowie deren Vertriebsplattform mit. Die Versicherungsprodukte basieren auf dem aktuellen Stand der Risikomodellierungstechnik und werden über eine Onlineplattform kostengünstig vertrieben. Lokale Versicherungsfirmen bieten Direktversicherungen an, während die Rückversicherung von EuropaRe übernommen wird. Die Bevölkerung wird nun für das Thema sensibilisiert und die neuen Produkte bekannt gemacht.

6.5

Stärkung der öffentlichen Versorgungsunternehmen

6.5.1

Bedeutung und Strategie

Öffentliche Versorgungsbetriebe spielen eine Schlüsselrolle für die städtische Entwicklung. Es ist Aufgabe dieser Unternehmen, spezifische Bedürfnisse in den Bereichen Energie, Wasser, Abwasser, Abfall und Verkehr abzudecken. Sie müssen eine zuverlässige Basisinfrastruktur sicherstellen, um eine Verbesserung der Lebensbedingungen der Bevölkerung zu erreichen und das Wirtschaftswachstum zu begünstigen.

Seit 2010 verfolgt das SECO eine Strategie, welche die Verbesserung der Geschäftsführung öffentlicher Versorgungsbetriebe in den Partnerländern durch Organisationsentwicklung zum Ziel hat. Die Unternehmen sollen anerkannte Standards im finanziellen, organisatorischen, operationellen und strategischen Bereich übernehmen. Durch die Verbesserung der operativen Führung und der Qualität der Dienstleistungen steigt die Bereitschaft der Kunden, die Rechnungen zu bezahlen, was für die Unternehmen höhere Einnahmen bedeutet, was es ihnen erlaubt, mehr Mittel für Wartungsarbeiten und neue Investitionen einzusetzen.

1550

6.5.2

Organisationsentwicklung in der Praxis

Um den Effekt der Organisationsentwicklung auf die Bereitstellung verlässlicher und für alle zugänglicher Dienstleistungen zu verstärken, fördert die Schweiz gezielt den Wissens- und Erfahrungsaustausch. Der Austausch unter Fachleuten, zum Beispiel zwischen Gemeinden, wird unterstützt. Detaillierte Geschäftspläne mit finanziellen, operativen und organisatorischen Analysen werden ausgearbeitet. Die gewonnenen Erfahrungen werden systematisiert und der Austausch zwischen den Institutionen sowie zwischen Fachberatern und der Akademie wird gefördert.

Seit der Einführung dieses Ansatzes wurden mehrere Projekte lanciert, so etwa in Indonesien (Abfallmanagement), in der Ukraine (Energieeffizienz) oder in Peru (Wasserversorgung, Abwasser- und Abfallentsorgung).

6.5.3

Effektivität öffentlicher Versorgungsbetriebe: Erste Bilanz und Aktivitäten im Berichtsjahr

Die Schweiz versucht verstärkt Infrastrukturprojekte mit wesentlichen institutionellen Entwicklungskomponenten zu identifizieren und umzusetzen. Im Berichtsjahr wurden Projekte in Albanien und in Tadschikistan lanciert, die auf eine Verbesserung der Wasserversorgungsdienste zielen. Parallel dazu pflegt die Schweiz den Dialog mit den Empfängern und mit anderen Geldgebern, um ihr Vorgehen zu vervollständigen und zu optimieren. Strategische Zusammenarbeitsmöglichkeiten zeichnen sich namentlich mit der Weltbank ab.

Um die Ergebnisse dieses Ansatzes besser bewerten zu können, hat das SECO im Berichtsjahr eine externe Evaluation in Auftrag gegeben. Ein internationales Team untersuchte nicht nur den operativen, sondern auch den mittelfristigen strategischen Rahmen. Selbst wenn es zu diesem Zeitpunkt noch zu früh ist, um definitive Schlussfolgerungen zu ziehen, bestätigt der Bericht von Ende Oktober dennoch bereits, dass die Ausrichtung grundsätzlich richtig ist. Er wird als Grundlage dienen, um die Strategie der Organisationsentwicklung öffentlicher Versorgungsbetriebe weiter zu verbessern.

1551

7

Bilaterale Wirtschaftsbeziehungen Die bilateralen Aussenwirtschaftsbeziehungen der Schweiz standen im Berichtsjahr im Zeichen der Unsicherheiten, die nach der Abstimmung vom 9. Februar entstanden sind, sowie der Ukraine-Krise. Gleichzeitig kann weltweit eine Verschiebung der wirtschaftlichen Kräfteverhältnisse zugunsten von Entwicklungsund Schwellenländer sowie die Entstehung neuer wirtschaftlicher Integrationsräume wie der Pazifikallianz und der ASEAN-Wirtschaftsgemeinschaft beobachtet werden. Die dynamische wirtschaftliche Entwicklung in verschiedenen Staaten Subsahara-Afrikas eröffnet zudem die Perspektive, neue Märkte in dieser Region zu erschliessen. Die Aussenwirtschaftspolitik der Schweiz zielt darauf ab, sich einerseits durch die Stärkung der institutionellen Rahmenbedingungen gegenüber diesen neuen Akteuren günstig zu positionieren und andererseits die Beziehungen zu ihren bestehenden Partnern durch die Zusammenarbeit in ausgewählten Bereichen weiter zu intensivieren.

7.1

Partnerschaft mit Europa

Die EU bleibt der wichtigste Handelspartner der Schweiz: Im Jahr 2013 beliefen sich die Exporte in die EU auf 116 Milliarden Schweizerfranken (55 % der Exporte der Schweiz), während die Importe aus der EU 135 Milliarden Schweizerfranken betrugen (73 % der Importe der Schweiz). Neben der Konjunkturschwäche in der Eurozone stellte vor allem die Annahme der Eidgenössischen Volksinitiative «Gegen Masseneinwanderung» eine grosse Herausforderung dar. Insbesondere die Schweizer Wirtschaft ist von der Umsetzung des neuen Artikels 121a der Bundesverfassung über die Zuwanderung und der entstehenden Unsicherheit der Rahmenbedingungen stark betroffen (vgl. Ziff. 3.1 und 3.2). Eine zusätzliche Schwierigkeit stellen der Konflikt in der Ostukraine und die in diesem Zusammenhang von den USA und der EU verhängten Sanktionen gegen Russland dar. In diesem schwierigen Umfeld gewinnen die Stärkung unserer Beziehungen mit und die Entwicklung neuer Geschäftsmöglichkeiten in den bestehenden Partnern an Bedeutung. Zwar verfügt die Schweiz im Vergleich zur EU über zahlreiche Stärken, dennoch muss sie sich als Nichtmitglied der EU laufend um gute Beziehungen bemühen und ihre Stellung als attraktiven Wirtschaftsstandort verteidigen.

Mit einem Handelsvolumen von über 90 Milliarden Schweizerfranken (2013) bleibt Deutschland mit Abstand der wichtigste Wirtschaftspartner der Schweiz. Beide Länder arbeiten in zahlreichen Bereichen eng zusammen. So beschlossen zum Beispiel beide den schrittweisen Ausstieg aus der Kernenergie. Diese Entscheidung birgt für Wirtschaft, Wissenschaft und Politik verschiedene Unsicherheiten, bietet aber auch erhebliche Chancen für beide Länder, welche in Forschung und Innovation seit Jahren zur Weltspitze gehören. Dies gilt auch für die Energieeffizienz. Die Erschliessung von Chancen der Zusammenarbeit und die Schaffung von Synergien auf diesem Gebiet war beispielsweise das Ziel einer hochkarätigen Wirtschafts-, Wissenschafts- und Technologiemission des SECO, des Staatssekretariats für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) und des Bundesamts für Energie (BFE) im März nach Deutschland. Diese Mission zeigte, dass die Zusammenarbeit mit einem

1552

wichtigen und langjährigen Wirtschaftspartner weiter intensiviert und die Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit beider Länder erhöht werden kann.

Abgesehen von den Nachbarländern richtete die Schweiz ihre Aufmerksamkeit auch auf andere EU-Mitgliedstaaten: Nachdem Polen bereits anlässlich der Mission der Staatssekretärin für Wirtschaft nach Polen im Jahr 2013 sein Interesse an den Themen Innovation und Berufsbildung bekundet hatte, verabschiedeten der Schweizer Bundespräsident Didier Burkhalter und der polnische Präsident Bronislaw Komorowski im Januar eine gemeinsame Erklärung zur Verstärkung der bilateralen Zusammenarbeit. Die Erklärung sieht einen regelmässigen Meinungsaustausch zu verschiedenen politischen Themen sowie eine vertiefte Zusammenarbeit in den Bereichen Wirtschaft, Energie, Transport, Umwelt, Finanzen, Tourismus und regionale Entwicklung vor.

Mit Blick auf die europäischen Länder ausserhalb der EU ist die sich im Umsetzung befindende aussenwirtschaftspolitische Strategie gegenüber der Türkei zu erwähnen: Sie zielt auf einen verbesserten Marktzugang für Schweizer Unternehmen in der Türkei. Der türkische Markt weist aufgrund seiner geographischen Nähe und seiner schnellen Entwicklung ein grosses Potenzial für die Schweizer Wirtschaft auf. Die im Berichtsjahr begonnenen Verhandlungen über die Weiterentwicklung des Freihandelsabkommens (FHA) zwischen der EFTA und der Türkei von 1992 werden das Abkommen unter anderem auf den Dienstleistungsbereich ausweiten, welcher zunehmend an Bedeutung gewinnt (vgl. Ziff. 4.2.3).

Die politische Krise in der Ukraine, die Annexion der Krim durch Russland und der bewaffnete Konflikt im ukrainisch­russischen Grenzgebiet veränderten die politischen und aussenwirtschaftlichen Voraussetzungen im Berichtsjahr unerwartet und grundsätzlich. Der Bundesrat verurteilte die Annexion der Krim als völkerrechtswidrig und ergriff die notwendigen Massnahmen zur Verhinderung von Umgehungsgeschäften bezüglich der EU-Sanktionen gegen Russland (vgl. Ziff. 8.2.2). Gleichzeitig setzte sich die Schweiz für Deeskalation und den Dialog ein, unter anderem im Rahmen ihres diesjährigen Vorsitzes in der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa. Die mittel- und langfristigen Auswirkungen der Krise auf unsere Handelsbeziehungen zu Russland und zur Ukraine lassen sich
kaum abschätzen. Allerdings sanken unsere Importe aus Russland und aus der Ukraine in den ersten zehn Monaten des Berichtsjahres um knapp 20 Prozent beziehungsweise 32 Prozent (auf 670 Mio. CHF bzw. 75 Mio. CHF). Auch die Schweizer Exporte in die Ukraine verringerten sich um 25 Prozent (auf 305 Mio. CHF), die Exporte nach Russland blieben mit ­0,3 Prozent praktisch konstant (2,4 Mrd. CHF). Die Schweiz will den Dialog mit Russland auch zu Wirtschaftsfragen fortsetzen. Im Fall einer Entspannung der politischen Situation stellt sich für die EFTA zudem die Frage einer Fortführung der vorläufig aufgeschobenen Verhandlungen über ein FHA mit der Zollunion Russland­Belarus­Kasachstan, welche ebenfalls einen wichtigen Markt mit grossem Wachstumspotenzial darstellt (vgl. Ziff. 4.2.1).

1553

7.2

Die Pazifikallianz

Nord- und Lateinamerika sind, wie andere Regionen, um eine stärkere intra- und interregionale Integration bemüht (vgl. Ziff. 4.1). Während die USA und der Mercosur ihre Verhandlungen über weitreichende Partnerschaftsabkommen mit der EU fortsetzen, versucht die Pazifikallianz130 (PA) die Beziehungen zwischen ihren Mitgliedern weiter zu intensivieren. Zu den Zielen der PA gehören die Schaffung eines Binnenmarktes, die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit, die Wachstumsförderung, eine bessere wirtschaftliche und soziale Entwicklung sowie die Ausdehnung der Wirtschaftsbeziehungen auf das pazifische Asien.

In Lateinamerika zeichnet sich die PA durch die strenge makroökonomische Politik ihrer Mitglieder, ihre liberalen und auf den Freihandel ausgerichteten Wirtschaftssysteme und ­ für die Mehrheit der Mitgliedsländer ­ durch ein starkes Wachstum in den letzten zehn Jahren aus. Die vier Länder der PA fallen in Lateinamerika stark ins Gewicht. Sie machen mit einer Bevölkerung von 215 Millionen 35 Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP) und über 50 Prozent des Aussenhandels aus. Die PA ist die weltweit achtgrösste Volkswirtschaft und Exportregion. Sie hat einen Anteil von über 70 Prozent an den lateinamerikanischen Exporten von mittel- und hochtechnologischen Gütern. Die PA macht 35,5 Prozent der Schweizer Exporte nach sowie 52 Prozent der Importe aus Lateinamerika aus. Das Gesamtvolumen an schweizerischen Direktinvestitionen beträgt 13,7 Milliarden Schweizerfranken. Damit ist die PA für die Schweiz ein bedeutender Wirtschaftspartner. Die Schweiz hat mit den einzelnen Mitgliedsländern der PA Abkommen über den Freihandel, zur Förderung und zum gegenseitigen Schutz von Investitionen sowie zur Vermeidung der Doppelbesteuerung abgeschlossen. Zudem arbeitet sie in den internationalen Organisationen, insbesondere in der WTO und der OECD (Chile, Mexiko), eng mit ihnen zusammen.

Obwohl die Mehrheit der Mitgliedsländer der PA bereits seit mehreren Jahren Freihandelsbeziehungen untereinander pflegen, wollen sie diese durch eine Erweiterung des freien Güterverkehrs und die schrittweise Einführung des freien Dienstleistungs-, Personen- und Kapitalverkehrs weiter ausbauen. Im Februar unternahmen die Länder der PA mit der Unterzeichnung eines Zusatzprotokolls zum bestehenden Abkommen einen wichtigen Schritt in diese
Richtung. Die Mitglieder verpflichteten sich damit zur Schaffung einer gemeinsamen Freihandelszone. Zusätzlich verabschiedeten sie Verfahren zur Handelserleichterung und für die Zusammenarbeit in Zollangelegenheiten, im Bereich der gesundheitspolizeilichen und pflanzenschutzrechtlichen Massnahmen, für den Abbau von technischen Handelshemmnissen und für die Liberalisierung des öffentlichen Beschaffungswesens. Bei den Dienstleistungen deckt das Zusatzprotokoll grenzüberschreitende Transaktionen sowie Finanz-, Seeverkehrs-, Telekommunikations- und E-Commerce-Dienstleistungen ab.

Zu den wichtigsten bisher erzielten Fortschritten zählen die Vereinheitlichung der Börsenplätze, die Abschaffung der Visumspflicht für Touristen und Geschäftsleute, die gemeinsame Nutzung von Botschaften in verschiedenen Ländern, eine Stipendienplattform zur Förderung der Mobilität von Studierenden und Dozierenden sowie die gemeinsame Teilnahme an Handelsmessen. Laufende Arbeiten betreffen Verbesserungsmöglichkeiten beim Handel mit Agrarprodukten, die Harmonisierung der Gesetzgebung für Kosmetikprodukte, die gegenseitige Anerkennung von Diplomen 130

Seit 2011 bestehend aus Chile, Kolumbien, Mexiko, Peru.

1554

und Berufsabschlüssen, die Luftfracht sowie ein System für den automatischen Informationsaustausch in Steuersachen.

In Zukunft könnte die PA auf Costa Rica und Panama ausgedehnt werden. Eine Zusammenarbeit mit über dreissig Beobachtern, darunter auch der Schweiz, soll ermöglicht werden. Die Schweiz würde voraussichtlich auf drei Arten von der PA profitieren: Erstens ist mit einer erhöhten Nachfrage nach Schweizer Exportprodukten zu rechnen, sollte es der PA gelingen, das Wachstum in den Mitgliedsländern anzukurbeln. Zweitens würde eine Vereinheitlichung des Marktes dazu beitragen, dass in einem Land der PA produzierende Schweizer Unternehmen leichter in die restlichen Länder der Allianz exportieren können. Drittens würde die Schweiz durch ihren Beobachterstatus ihre Beziehungen zur PA weiter stärken und die Länder dabei unterstützen, ihre wichtigsten Entwicklungsziele umzusetzen, um den Status von Industrieländern zu erlangen. Die Schweiz verfügt über weitreichende Zusammenarbeitsprogramme mit Kolumbien und Peru, um ein integratives und nachhaltiges Wachstum sowie die Einbindung dieser Länder in die Weltwirtschaft zu fördern, mit dem Ziel einer Verringerung der Armut und der sozialen Ungleichheit.

7.3

Die ASEAN-Wirtschaftsgemeinschaft

Am 15. Dezember 1997 verabschiedeten die Staats- und Regierungschefs der Association of Southeast Asian Nations131 (ASEAN) ihre Vision der Realisierung einer politischen, wirtschaftlichen und sozialen Gemeinschaft bis im Jahr 2020. Das Herzstück der angestrebten Gemeinschaft, die Schaffung einer wettbewerbsfähigen und global integrierten Wirtschaftsgemeinschaft (ASEAN Economic Community, AEC) wurde 2007 mit der Cebu-Deklaration132 auf 2015 vorverschoben. Gleichzeitig wurden die Ziele und die dazu nötigen Massnahmen sowie Institutionen festgelegt. Die AEC soll bis Ende 2015 vier Schlüsselmerkmale aufweisen: (1) einen einheitlichen Markt und eine einheitliche Produktionsbasis, (2) eine hohe Wettbewerbsfähigkeit, (3) eine gerechte wirtschaftliche Entwicklung und (4) eine Region, die vollständig in die Weltwirtschaft integriert ist.

Die Gründung eines gemeinsamen Marktes ermöglicht den ASEAN-Staaten die Ausschöpfung von Skalen- und Verbundeffekten, eine optimale Ressourcenallokation innerhalb der Region sowie mehr Wettbewerb, welcher zu Effizienzsteigerungen und Innovation führt. Eine Studie der Internationalen Arbeitsorganisation in Zusammenarbeit mit der Asiatischen Entwicklungsbank zeigt, dass die Umsetzung der AEC das Wirtschaftswachstum und den Strukturwandel der Region beschleunigen sowie 14 Millionen neue Arbeitsplätze schaffen werden.133 Zwischen 2008 und März 2013 wurden 77,5 Prozent der Massnahmen umgesetzt.134 Der Rückstand bei der Umsetzung betrifft insbesondere die Handelserleichterungen, den Dienstleistungssektor und den Bereich Investitionen sowie das Transportwesen.

131

Brunei Darussalam, Indonesien, Kambodscha, Laos, Malaysia, Myanmar, Philippinen, Singapur, Thailand, Vietnam.

132 Cebu Declaration on the Blueprint of the ASEAN Charter, 2007.

133 ASEAN Community 2015: Managing integration for better jobs and shared prosperity, International Labour Organization and Asian Development Bank, 2014.

134 Wempi Saputra, Ari Cahyo Trilaksana, Toward ASEAN Economic Community: Revitalising Indonesia's Position in Financial and Customs Cooperation, Center for Policy Analysis and Harmonization, Ministry of Finance, Republic of Indonesia, 2014.

1555

Zudem hat sich die Umsetzungsgeschwindigkeit über die Jahre verlangsamt. Die ASEAN-Mitgliedsstaaten sind sich bewusst, dass die vollständige Umsetzung aller Massnahmen bis Ende 2015 schwierig sein dürfte. Zur vertieften Integration Südostasiens in die Weltwirtschaft hat die ASEAN mit ihren Freihandelspartnern Australien, China, Indien, Japan, Neuseeland und Südkorea Verhandlungen über ein regionales Wirtschaftsabkommen (Regional Comprehensive Economic Partnership, RCEP) aufgenommen. Damit entstünde ein Markt mit drei Milliarden Menschen und einer Wirtschaftsleistung von 21 000 Milliarden US-Dollar.135 Im Hinblick auf das Inkrafttreten der AEC haben die ASEAN-Länder begonnen, sich auf ihre wettbewerbsfähigsten Branchen zu fokussieren. Thailand beispielsweise stärkt seine Automobilindustrie, während sich die Philippinen auf Informationstechnologie spezialisieren. Diese Diversifikationsstrategie bietet Schweizer Unternehmen insofern einen Vorteil, als sie ihre Direktinvestitionen je Unternehmen auf ein spezifisches Land konzentrieren können. Lässt sich ein ausländisches Unternehmen in einem ASEAN-Mitgliedsstaat nieder, profitiert es vom vereinfachten Zugang zu den anderen südostasiatischen Märkten. Längerfristig birgt die ASEANWirtschaftsintegration beziehungsweise die Verhandlungen über die RCEP ein gewisses Diskriminierungsrisiko für Schweizer Exporteure. Es ist die Aufgabe der Schweizer Aussenwirtschaftspolitik, ein spezielles Augenmerk auf diese Region zu legen und die institutionellen Bindungen zwischen der ASEAN und der Schweiz fortlaufend zu stärken. Die Schweiz akkreditierte bereits 2009 einen Botschafter bei der ASEAN. Im Rahmen der EFTA bemüht sich die Schweiz, bald einen Dialog zwischen dem EFTA- und dem ASEAN-Sekretariat aufzunehmen. Ausserdem werden zurzeit die Möglichkeiten geprüft, durch den Status eines Development Partners die Beziehungen zur ASEAN zu institutionalisieren. Für die DEZA ist die ASEAN-Wirtschaftsgemeinschaft zudem ein wichtiger Pfeiler ihrer Kooperationsstrategie Mekong, deren Ziel es ist, die unterschiedlichen Entwicklungsniveaus der einzelnen Länder anzugleichen.

7.4

Subsahara-Afrika

Während sich die westlichen Staaten langsam von der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise erholen, schreitet die wirtschaftliche Entwicklung Subsahara-Afrikas seit längerer Zeit mit beachtlicher Geschwindigkeit voran. So verzeichnete die Region innerhalb der letzten zehn Jahre ein durchschnittliches Wirtschaftswachstum von 6,1 Prozent und eine annähernde Verdoppelung des BIP pro Kopf auf 3 510 USDollar.136 Unter Vorbehalt der angespannten Sicherheitssituation in verschiedenen Gebieten und allenfalls möglicher Auswirkungen von Ebola auf die Wirtschaftsentwicklung, sagt der Internationale Währungsfonds für das Berichtsjahr ein robustes durchschnittliches Wirtschaftswachstum von 5,1 Prozent voraus. Dieses Wachstum geht auf die hohe heimische Nachfrage ­ angekurbelt durch zahlreiche Infrastrukturprojekte und einen starken Privatkonsum ­ sowie eine solides Exportwachstum zurück. Eine Herausforderung ist, diese Entwicklung nachhaltig für eine Verringerung der Armut zu nutzen. Dazu bedarf es unter anderem einer erhöhten wirtschaftlichen Produktivität, der Schaffung von stabilen makroökonomischen Rahmen-

135 136

International Monetary Fund Statistics, 2013.

In Kaufkraftparität. IWF, World Economic Outlook Database, Oktober 2014.

1556

bedingungen, einer Verbesserung der Infrastruktur, einer Diversifizierung der Wirtschaft sowie der Förderung des Finanzsystems.137 In der Folge dieser dynamischen Entwicklung und der stabileren wirtschaftlichen Lage in einzelnen Staaten setzt sich zunehmend das Bild Subsahara-Afrikas als Wachstumsmotor und künftiger Wirtschaftspartner durch. So widerspiegelt sich das steigende Interesse am Markt Subsahara-Afrika und dessen wachsende Integration in den Weltmarkt in einer beachtlichen Zunahme der ausländischen Direktinvestitionen und in einer verstärkten internationalen Handelsverflechtung. In den letzten zehn Jahren verdreifachte sich der Kapitalbestand der ausländischen Direktinvestitionen in Subsahara-Afrika auf rund 475 Milliarden US-Dollar. Als wichtigster Hub für Investitionen gilt nach wie vor Südafrika, wobei andere Staaten wie beispielsweise Nigeria, Ghana, Kenia und Mosambik für ausländische Investoren an Attraktivität gewinnen. Nach Jahren der Konzentration von ausländischen Direktinvestitionen im Öl-, Gas- und Minensektor stehen in Afrika heute vermehrt auch andere Sektoren im Fokus, wobei auch intra-afrikanische Direktinvestitionen an Bedeutung gewinnen.

Die zunehmende Integration in internationale Handelsstrukturen äussert sich in einem starken Anstieg der Exporte, welche sich mit einem Wert von rund 420 Milliarden US-Dollar im Jahr 2013 in den letzten zehn Jahre mehr als verdreifachten.138 Die Bedeutung von Schwellenländern wie Brasilien, China und Indien nimmt dabei neben den traditionellen Partnern Subsahara-Afrikas wie der EU und den USA als Exportdestinationen zu. Die Exporte setzen sich jedoch weiterhin zu fast 90 Prozent aus Rohstoffen (fast 50 % Erdöl) zusammen. Dies zeigt die Herausforderung der Region, ihre Exportwirtschaft weiter zu diversifizieren, die Industrialisierung voranzutreiben und damit die Abhängigkeit von volatilen internationalen Preisen und Schwankungen der Rohstoffnachfrage zu reduzieren. Im Rahmen der wirtschaftlichen Entwicklungszusammenarbeit des SECO (vgl. Ziff. 6) setzt sich die Schweiz unter anderem für die Stärkung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit und die wirtschaftliche Diversifizierung in ausgewählten Partnerländern SubsaharaAfrikas139 ein. Zudem ist es aus Sicht der Schweiz wichtig, Nachhaltigkeitsaspekte in die wirtschaftliche
Entwicklungszusammenarbeit einzubeziehen.

Obwohl die Staaten Subsahara-Afrikas grosse Unterschiede in der wirtschaftlichen Entwicklung aufweisen, besteht für die Schweizer Wirtschaft viel Raum, neue Absatzmärkte in der Region zu erschliessen und das weiterhin bescheidene Handelsvolumen von 3,7 Milliarden Schweizerfranken140 im Jahr 2013 (1,6 Mrd. CHF Schweizer Exporte, 2,1 Mrd. CHF Importe) auszubauen. Der weitaus grösste Anteil (47 %) des Handels mit Subsahara-Afrika entfällt dabei nach wie vor auf Südafrika.141. Die Schweiz verfügt im Rahmen der EFTA über ein FHA mit der Südafrikanischen Zollunion142, dessen Vertiefung vor allem im Bereich des Warenverkehrs geprüft wird. Im Berichtsjahr haben die EFTA-Staaten zudem ihre Bereitschaft zur Unterzeichnung einer Zusammenarbeitserklärung mit Nigeria bekräftigt.

Zur Stärkung der bilateralen Wirtschaftsbeziehungen und zur Unterstützung der Schweizer Wirtschaft fand im Berichtsjahr zudem eine Wirtschaftsmission der 137 138 139

IWF, Regional Economic Outlook Sub-Saharan Africa, April 2014.

UNCTAD, Data Center, www.unctad.org > Statistics (7.10.2014) Schwerpunktländer der Wirtschaftlichen Entwicklung und Zusammenarbeit in SubsaharaAfrika sind Ghana und Südafrika.

140 Dies entspricht lediglich 0,94 Prozent des Gesamthandels der Schweiz.

141 Es folgen Nigeria, Kenia, Ghana, Mauritius, Côte d'Ivoire, Äthiopien und Sudan.

142 Botswana, Lesotho, Namibia, Südafrika und Swasiland.

1557

Staatssekretärin für Wirtschaft, Marie-Gabrielle Ineichen-Fleisch, mit Beteiligung des Privatsektors nach Nigeria und Ghana statt.

7.5

Wichtigste Wirtschaftsmissionen und weitere bilaterale Arbeitstreffen

Land

Europa Deutschland

Arbeitsbesuch des WBF-Vorstehers Johann N.

Schneider-Ammann beim Vizekanzler Sigmar Gabriel (16. Januar).

Ungarn

Arbeitsbesuch des Vize-Staatssekretärs für Aussenwirtschaft Antal Nikoletti bei der SECOStaatssekretärin Marie-Gabrielle Ineichen-Fleisch (30. Januar).

Frankreich

Arbeitsbesuch des Wirtschafts- und Finanzministers Pierre Moscovici beim WBF-Vorsteher (6. März).

Deutschland

Kombinierte Wirtschafts-, Wissenschafts- und Technologiemission der SECO-Staatssekretärin, des SBFI-Staatssekretärs Mauro Dell'Ambrogio und des BFE-Direktors Walter Steinmann mit Beteiligung aus Privatsektor und Wissenschaft (18.­20. März).

Deutschland

Arbeitsbesuch des WBF-Vorstehers beim baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann (24. März).

Polen

Arbeitsbesuch der Unterstaatssekretärin des Wirtschaftsministeriums Ilona Antoniszyn-Klik bei der SECO-Staatssekretärin (17. September).

Deutschland, Österreich, Liechtenstein

Jährliches Vierertreffen der Wirtschaftsminister in Liechtenstein (17. Oktober).

Spanien

Arbeitsbesuch der SECO-Staatssekretärin (30.­31. Oktober).

1558

Land

Weltweit Mexiko, Kolumbien, Peru

Arbeitsbesuch der SECO-Staatssekretärin (23.­30. März).

China

Arbeitsbesuch des Ministers für Qualitätskontrolle, Inspektion und Quarantäne Zhi Shuping beim WBF-Vorsteher (28. März).

Brasilien

Kombinierte Wirtschafts-, Wissenschafts- und Technologiemission des WBF-Vorstehers mit Beteiligung aus Privatsektor und Wissenschaft (2.­5. April).

Nigeria, Ghana

Wirtschaftsmission der SECO-Staatssekretärin mit Beteiligung des Privatsektors (19.­23. Mai)

Aserbaidschan

Arbeitsbesuch des Wirtschafts- und Industrieministers Shahin Mustafaev beim WBF-Vorsteher (27. Mai).

China

Arbeitsbesuch der SECO-Staatssekretärin (30. Juni­4. Juli).

Japan

Wirtschaftsmission des WBF-Vorstehers mit Beteiligung des Privatsektors (7.­11. Juli).

Jamaika

Arbeitsbesuch des Ministers für Industrie, Investitionen und Handel Anthony Hylton bei der SECO-Staatssekretärin (24. September).

Ecuador

Arbeitsbesuch des Aussenhandelsministers Francisco Rivadeneira beim WBF-Vorsteher (28. Oktober).

USA

Arbeitsbesuch der SECO-Staatssekretärin (13.­14. November).

Neuseeland, Australien

Kombinierte Wirtschafts- und Wissenschaftsmission der SECO-Staatssekretärin mit Beteiligung aus Privatsektor und Wissenschaft (24.­28. November).

1559

8

Exportkontroll- und Embargomassnahmen

8.1

Exportkontrollpolitik

Mit Annahme des Kooperationsabkommens zur Teilnahme der Schweiz an den europäischen Satellitennavigationsprogrammen beschloss das Parlament gleichzeitig eine Änderung des Güterkontrollgesetzes vom 13. Dezember 1996 (GKG)143. Neu sind Güter mit strategischem Wert für diese Programme der Exportkontrolle unterstellt. Nach der Genehmigung des Vertrags über den Waffenhandel durch das Parlament, wird die Schweiz die Ratifikationsurkunde nach Ablauf der Referendumsfrist im Januar 2015 hinterlegen. Mit der Revision der Kriegsmaterialverordnung vom 25. Februar 1998 (KMV)144 wird die Benachteiligung der Schweizer Sicherheitsindustrie gegenüber dem europäischen Ausland verringert und die Kernanliegen der gleichlautenden Motion der Sicherheitspolitischen Kommission des Ständerates werden umgesetzt.

8.1.1

Umsetzung multilateraler und bilateraler Verträge

Am 13. Dezember 2013 beschloss der Bundesrat, das Kooperationsabkommen vom 18. Dezember 2013145 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die europäischen Satellitennavigationsprogramme (Galileo und EGNOS) ab dem 1. Januar 2014 vorläufig anzuwenden. Das Parlament genehmigte das Abkommen sowie eine damit verbundene Änderung146 des GKG am 26. September. Die Referendumsfrist läuft am 15. Januar 2015 ab. Ein Anschluss an die Satellitenprogramme ist für die Schweiz aus forschungs-, industrie- und sicherheitspolitischer Sicht wichtig. Beispielsweise können Schweizer Unternehmen wie Firmen aus dem EU-Raum vom gleichberechtigten Zugang zu Beschaffungen und Dienstleistungen profitieren. Eine einheitliche Umsetzung der Exportkontrollen in allen Vertragsstaaten ist eine Voraussetzung für die Teilnahme der Schweiz an den Satellitenprogrammen, und es liegt auch im Interesse der Schweiz, kritische Infrastrukturen zu schützen, an welche sie international angeschlossen ist. Da sich die Ablehnungskriterien im GKG auf die Proliferation von Massenvernichtungswaffen, die destabilisierende Aufrüstung mit konventionellen Waffen und den Terrorismus beschränken, musste als neues Kriterium der «Schutz von kritischer Infrastruktur» hinzugefügt werden. Weiter wurden doppelt verwendbare und besondere militärische Güter um die Kategorie «strategische Güter» ergänzt. Da innerhalb der EU bisher keine Einigung über eine Güterliste erzielt werden konnte, ist die Umsetzung in der Güterkontrollverordnung vom 25. Juni 1997147 (GKV) noch nicht erfolgt.

Mit der Annahme des Vertrags über den Waffenhandel (Arms Trade Treaty, ATT)148 im April 2013 durch die UNO-Generalversammlung, einigte sich die inter143 144 145 146 147 148

SR 946.202 SR 514.511 SR 0.741.826.8 BBI 2014 7387 SR 946.202.1 BBI 2014 1583

1560

nationale Staatengemeinschaft erstmals völkerrechtlich verbindlich auf die Regelung und Kontrolle des grenzüberschreitenden Handels mit konventionellen Waffen. Der ATT leistet einen Beitrag zur Bekämpfung des illegalen Waffenhandels und zur Minderung des durch bewaffnete Gewalt verursachten menschlichen Leids. Nachdem am 25. September 2014 die erforderliche Mindestzahl von fünfzig Staaten den Vertrag ratifiziert hatte, trat der ATT am 24. Dezember für diese Staaten in Kraft.

Die Schweiz hatte den Vertrag im April 2013 als eine der ersten Parteien unterzeichnet. Nachdem das Parlament dem Vertrag im Berichtsjahr zugestimmt hat, wird die Schweiz die Ratifikationsurkunde nach Ablauf der Referendumsfrist im Januar 2015 hinterlegen. Das Abkommen wird für die Schweiz neunzig Tage nach der Hinterlegung in Kraft treten. Die Umsetzung erfordert keine Anpassung schweizerischen Rechts. Die Unterzeichnerstaaten trafen sich im Hinblick auf die erste Staatenkonferenz im September in Mexico City und im November in Berlin. Die letzte Vorbereitungssitzung für diese Konferenz soll 2015 in Genf stattfinden. Da Genf mit den dort ansässigen diplomatischen Vertretungen und internationalen Organisationen sowie einschlägigen Think Tanks und Nichtregierungsorganisationen die besten Voraussetzungen bietet, kandidiert die Schweiz für den Sitz des internationalen ATT-Sekretariats.

8.1.2

Wahrnehmung sicherheits- und industriepolitischer Interessen

Aufgrund der Tatsache, dass sie zur Herstellung von doppelt verwendbaren oder von militärischen Gütern verwendet werden können, unterliegen Werkzeugmaschinen zwei Exportkontrollregimes, dem Wassenaar Arrangement (WA)149 und der Gruppe der Nuklearlieferländer (NSG)150. Im Berichtsjahr legte die Schweiz im Rahmen des WA erneut einen Vorschlag zur Änderung des Kontrollparameters vor. Die technischen Verhandlungen wurden im November mit Erfolg abgeschlossen und im Dezember von der Plenarversammlung des WA bestätigt. Der Wechsel vom Parameter der «Positioniergenauigkeit» zu jenem der «Einseitigen Wiederholbarkeit» in Anhang 2 der GKV wird nach Abschluss der Verhandlungen zu dieser Thematik in der NSG, voraussichtlich im Jahr 2016, vollzogen. Da die Messverfahren für beide Parameter dieselben sind, ist bei der Umsetzung für die Schweizer Industrie keine substanzielle Änderung zu erwarten.

Am 19. September beschloss der Bundesrat eine Änderung151 von Artikel 5 KMV, der die Bewilligungskriterien für Auslandgeschäfte mit Kriegsmaterial regelt. Die Änderung trat am 1. November in Kraft. Ziel der Änderung ist es, die regulatorische Benachteiligung der Schweizer Sicherheitsindustrie gegenüber Konkurrenzunternehmen in den europäischen Staaten Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, Niederlanden, Österreich und Schweden, welche ähnliche völkerrechtliche und aussenpolitische Rahmenbedingungen wie die Schweiz aufweisen, zu verringern.

Neu müssen Geschäfte mit Staaten, welche die Menschenrechte systematisch und schwerwiegend verletzen, darauf überprüft werden, ob ein geringes Risiko besteht, dass das auszuführende Kriegsmaterial für schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen verwendet wird. Weiter können neu Gesuche für Ausfuhren an die am 149 150 151

www.wassenaar.org www.nuclearsuppliersgroup.org AS 2014 3045

1561

wenigsten entwickelten Länder152 bewilligt werden, sofern das zu liefernde Kriegsmaterial legitimen Sicherheitsinteressen dient und insbesondere dann, wenn es für UNO-Friedensmissionen Verwendung findet. Anlass zur Revision gab die Motion der Sicherheitspolitischen Kommission des Ständerates vom 25. Juni 2013 (13.3662 «Benachteiligung der Schweizer Sicherheitsindustrie beseitigen»), die eine Anpassung der Bewilligungskriterien in der KMV forderte und am 26. September 2013 vom Ständerat und am 6. März vom Nationalrat überwiesen wurde. Die vom Bundesrat verabschiedete Anpassung der KMV ermöglicht eine mit der schweizerischen Aussen- und Menschenrechtspolitik sowie mit der humanitären Tradition der Schweiz kohärente Umsetzung der Kernanliegen der Motion.

Grosses Interesse bestand seitens der Industrie an der Exportkontrolltagung des SECO vom 12. November in Bern, welche Fragen zur Bewilligungspraxis sowie nationale und internationale Entwicklungen im Bereich der Exportkontrollen behandelte. Im Fokus stand unter anderem das am 1. Oktober eingeführte elektronische Bewilligungssystem Elic153 für Ausfuhrbewilligungen im Rahmen des GKG und des Kriegsmaterialgesetzes vom 13. Dezember 1996154. Die wichtigsten Zahlen zu den von Oktober 2013 bis September 2014 erfolgten Ausfuhren für doppelt verwendbare und besondere militärische Güter im Rahmen des GKG sind der Beilage 10.1.3 zu entnehmen.

8.2

Embargomassnahmen

Im Berichtsjahr standen die Entwicklungen in der Ukraine und die diesbezüglichen Schweizer Massnahmen zur Vermeidung der Umgehung internationaler Sanktionen im Vordergrund. Die Sanktionen gegenüber Iran wurden im Zusammenhang mit den internationalen Verhandlungen um das iranische Nuklearprogramm punktuell suspendiert. Darüber hinaus befasste sich der Bundesrat mit grundsätzlichen Fragen zur schweizerischen Sanktionspolitik.

8.2.1

Weiterentwicklung der schweizerischen Sanktionspolitik

Der Bundesrat hatte das WBF Ende 2013 beauftragt, in Zusammenarbeit mit den interessierten Departementen eine vertiefte Analyse der bisherigen Sanktionspolitik durchzuführen. Unter Leitung des SECO erarbeitete eine ad-hoc-Arbeitsgruppe drei Grundsatzpapiere zur Sanktionspolitik, über welche der Bundesrat am 2. Juli eine Aussprache führte. Nebst einer Bestandsaufnahme zeigen diese Papiere auch Möglichkeiten für die künftige Gestaltung ausgewählter Aspekte der schweizerischen Sanktionspolitik auf.

152

Gemäss OECD-DAC-Liste (vgl. www.oecd.org > Topic > Development > Aid Statistics > DAC List of ODA Recipients) 153 www.elic.admin.ch 154 SR 514.51

1562

Das erste Grundsatzpapier befasst sich mit den Kriterien zur Übernahme beziehungsweise Nichtübernahme von EU-Sanktionen durch die Schweiz. Die Schweiz kann gemäss Embargogesetz vom 22. März 2002155 (EmbG) die Sanktionen ihrer wichtigsten Handelspartner (insbesondere der EU) übernehmen, es besteht aber keine rechtliche oder politische Verpflichtung dazu. Der Entscheid des Bundesrates, sich solchen Sanktionen vollumfänglich, teilweise oder nicht anzuschliessen, erfolgt jeweils aufgrund einer umfassenden Interessensabwägung im Einzelfall. Das Papier beinhaltet eine detaillierte Diskussion der dabei zu berücksichtigenden aussenpolitischen, aussenwirtschaftspolitischen und rechtlichen Kriterien. Im zweiten Grundsatzpapier standen die Herausforderungen im Vordergrund, die sich stellen können, wenn die Schweiz EU-Sanktionen teilweise oder nicht übernimmt. Dabei geht es insbesondere um die Problematik von Umgehungsgeschäften und um die zur Verfügung stehenden Instrumente zu deren Verhinderung oder Eindämmung. Das dritte Grundsatzpapier befasst sich mit dem Verfahren zur Erstellung und Nachführung von Sanktionslisten. Die ad-hoc-Arbeitsgruppe wird sich auch künftig treffen, um weitere Themen im Zusammenhang mit der Umsetzung internationaler Sanktionsmassnahmen vertieft zu analysieren.

8.2.2

Embargomassnahmen der UNO und der wichtigsten Handelspartner

Massnahmen bezüglich Ukraine und Russland Vor dem Hintergrund der politischen Unruhen in der Ukraine, der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim durch Russland und des Abschusses eines Linienflugzeugs der Malaysia Airlines am 17. Juli erliess die EU verschiedene Sanktionsmassnahmen. Bereits am 17. März hatte die EU Reise- und Finanzsanktionen gegenüber Personen erlassen, welche die territoriale Integrität, die Souveränität und die Unabhängigkeit der Ukraine bedrohen oder untergraben. Am 31. Juli folgten sektorielle Sanktionen (Rüstungsgüterembargo, Restriktionen für den Handel mit doppelt verwendbaren Gütern, bestimmten Gütern zur Förderung von Erdöl sowie weitergehende Finanzsanktionen). Im Rahmen der Nicht-Anerkennungspolitik der EU wurden auch bestimmte Handels- und Finanzierungsverbote hinsichtlich der Krim und Sewastopols beschlossen. Die EU-Massnahmen wurden im September ausgeweitet.

Der Bundesrat beschloss aufgrund einer umfassenden Interessensabwägung, dass die Schweiz die Sanktionen der EU nicht übernimmt, aber alle notwendigen Massnahmen trifft, um Umgehungsgeschäfte über die Schweiz zu vermeiden. Zu diesem Zweck wurde am 2. April die Verordnung über Massnahmen zur Vermeidung der Umgehung internationaler Sanktionen im Zusammenhang mit der Situation in der Ukraine156 erlassen. Im Hinblick auf die weiteren Massnahmen der EU wurde die Verordnung auf den 27. August total revidiert. Die Verordnung verbietet Schweizer Finanzintermediären, neue Geschäftsbeziehungen mit durch die EU sanktionierten Personen und Unternehmen aufzunehmen. Bestehende Geschäftsbeziehungen mit diesen Personen und Unternehmen wurden einer Meldepflicht unterstellt. Weitere Massnahmen umfassen eine Bewilligungspflicht für die Begebung von langfristigen Finanzinstrumenten im Auftrag von fünf russischen Banken und eine Meldepflicht 155 156

SR 946.231 SR 946.231.176.72

1563

für den diesbezüglichen Sekundärhandel. Betreffend Kriegsmaterial hatten die zuständigen Bewilligungsbehörden bereits Mitte Dezember 2013 für die Ukraine und Ende März 2014 für Russland beschlossen, keine neuen Ausfuhrbewilligungen mehr zu erteilen. Ausfuhrbewilligungen für doppelt verwendbare und besondere militärische Güter werden in der Regel ebenfalls nicht erteilt, wenn die Güter ganz oder teilweise für militärische Zwecke oder für einen militärischen Endverwender bestimmt sind. Analog zur EU erliess der Bundesrat bezüglich der Krim und Sewastopol Restriktionen bezüglich der Einfuhr von Gütern, ein Ausfuhrverbot für Güter, welche für die Förderung von Erdöl und Gas verwendet werden, sowie gewisse Investitionsbeschränkungen. Am 12. November157 beschloss der Bundesrat zusätzliche Massnahmen im Finanzsektor und im Bereich der doppelt verwendbaren und besonderen militärischen Güter, um eine Umgehung der im September verschärften EU-Sanktionen zu verhindern.

Sanktionen gegenüber dem Iran Im Nachgang zum Abschluss des Interimsabkommens zwischen dem Iran und den E3+3 (Deutschland, Frankreich, Grossbritannien, China, Russland und USA) haben die EU und die USA am 20. Januar bestimmte Sanktionen gegenüber dem Iran punktuell suspendiert. Diese Suspendierung wurde von den Verhandlungsparteien zweimal verlängert und gilt bis zum 30. Juni 2015. Analog zur EU wurden auch die entsprechenden Schweizer Sanktionen suspendiert.158 Davon betroffen sind insbesondere das Verbot des Handels mit Edelmetallen und die Meldepflicht für den Handel mit petrochemischen Produkten aus dem Iran. Zudem wurden die Schwellenwerte für die Melde- beziehungsweise Bewilligungspflichten für Geldtransfers von und an iranische Personen verzehnfacht. Auf Anfrage der Verhandlungsparteien unterstützte die Schweiz auch die Umsetzung des Interimsabkommens, des sogenannten Joint Plan of Action. Dabei standen die Repatriierung von iranischen Geldern und insbesondere die Unterstützung von Geldtransfers für humanitäre Zwecke im Zentrum. Durch die Bestrebungen der Schweiz wurde ermöglicht, dass insbesondere Schweizer Exporteure von pharmazeutischen und medizinischen Produkten sowie von Nahrungsmitteln ihre Exporte in den Iran einfacher finanzieren konnten.

Dies hatte sich zuvor zwischenzeitlich als grosses Problem erwiesen.

Übrige Sanktionsmassnahmen
Am 14. März erliess der Bundesrat erstmals Sanktionen gegenüber der Zentralafrikanischen Republik159 und setzte damit die rechtlich verbindlichen Bestimmungen der UNO-Resolutionen 2127 (2013) und 2134 (2014)160 um. Die Massnahmen umfassen ein Rüstungsgüterembargo sowie Finanz- und Reisesanktionen. Auch gegenüber Jemen beschloss der Bundesrat am 5. Dezember eine neue Sanktionsverordnung, welche sich auf Resolution 2140 (2014)161 des UNO-Sicherheitsrates stützt und Finanz- und Reisesanktionen gegenüber bestimmten Personen vorsieht.162 Gegenüber Guinea wurde das Rüstungsgüterembargo aufgrund der sich verbessernden Lage im Einklang mit der EU aufgehoben.163 Die Verordnung vom 8. Juni 2012 157 158 159 160 161 162 163

AS 2014 4059 AS 2014 433 2609 SR 946.231.123.6 www.un.org/sc/committees/2127/resolutions.shtml www.un.org/en/sc/documents/resolutions/2014.shtml AS 2014 4555 AS 2014 3709

1564

über Massnahmen gegenüber Syrien164 wurde am 17. Dezember in Anlehnung an die EU um ein umfassendes Handelsverbot mit gestohlenen syrischen Kulturgütern sowie mit einer Reihe von humanitären Ausnahmebestimmungen ergänzt.165 Die übrigen Sanktionsverordnungen wurden weitergeführt und wo nötig angepasst.

Zurzeit sind 24 auf das EmbG gestützte Verordnungen in Kraft.

Im Zusammenhang mit der Einziehung von irakischen Geldern und Vermögenswerten zog die Schweiz ein Verfahren an die Grosse Kammer des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte weiter, nachdem eine Kammer des Gerichtshofs am 26. November 2013 zum Schluss gekommen war, dass die Schweiz die Europäische Menschenrechtskonvention verletzt habe. Bezüglich fünf weiterer Einziehungsverfahren wurden Rekurse vor dem Bundesverwaltungsgericht angestrengt.

Verschiedene Gerichtsverfahren laufen auch im Zusammenhang mit den Sanktionen gegenüber Syrien. Diese Rekurse betreffen Personen und Unternehmen, deren Begehren um eine Streichung von der Sanktionsliste abgewiesen worden waren.

8.2.3

Massnahmen gegen Konfliktdiamanten

Seit über zehn Jahren nimmt die Schweiz am internationalen Zertifizierungssystem für Rohdiamanten des Kimberley Prozesses (KP) teil. Mit dem KP soll verhindert werden, dass Rohdiamanten aus Konfliktgebieten in den legalen Handel gelangen.

Der Rohdiamantenhandel mit der Zentralafrikanischen Republik bleibt aufgrund der politisch instabilen Lage verboten. Anlässlich des Intersessional Meetings des KP, welches im Juni in Shanghai stattfand, wurden zusätzliche Massnahmen beschlossen, um die Integrität des KP zu bewahren. Obwohl die Zentralafrikanischen Republik seit Mai 2013 vom KP suspendiert ist, gab es Hinweise auf internationale Diamantensendungen, welche Diamanten mit Ursprung in diesem Land enthielten.

Bezüglich Côte d'Ivoire wurde in der KP-Plenarversammlung vom November 2013 in Johannesburg festgestellt, dass die Mindestanforderungen des Zertifizierungssystems erfüllt sind. Daraufhin hob der UNO-Sicherheitsrat mit Resolution 2153 (2014)166 am 29. April das Diamanten-Embargo aus dem Jahr 2005 auf. Die Schweiz stellte zwischen dem 1. Oktober 2013 und dem 30. September 2014 insgesamt 903 Zertifikate für Rohdiamanten aus. In dieser Zeitperiode wurden Rohdiamanten im Wert von 2,4 Milliarden US-Dollar (9,2 Mio. Karat) importiert, beziehungsweise eingelagert und Rohdiamanten im Wert von 2,6 Milliarden US-Dollar (9,0 Mio. Karat) exportiert, beziehungsweise ausgelagert.

164 165 166

SR 946.231.172.7 AS 2014 4699 www.securitycouncilreport.org/un-documents/cote-divoire

1565

9

Standortförderung

9.1

Exportförderung und Exportrisikoversicherung

Die geografische Diversifikation von Absatzmärkten sowie die Absicherung gegenüber spezifischen Risiken bei der Bearbeitung ausländischer Märkte werden für KMU weiterhin wichtige Massnahmen darstellen. Damit können sie sich besser gegen die Auswirkungen von Konjunkturschwankungen oder wirtschaftspolitischen Entwicklungen in bisherigen Absatzmärkten wappnen sowie das Wechselkursrisiko und andere Risiken senken. Entsprechend wichtig bleiben die Angebote von Switzerland Global Enterprise in der Exportförderung und der Schweizerischen Exportrisikoversicherung (SERV). Beide Organisationen setzten im Berichtsjahr bedarfsgerechte Massnahmen zur gezielten Unterstützung exportorientierter Unternehmen um und trugen damit zur Stärkung des Wirtschaftsstandortes Schweiz bei. Das Angebot der SERV war vom Parlament um drei Produkte ergänzt worden, die von den Kunden auch im Berichtsjahr rege nachgefragt wurden. Im Rahmen der OECD setzte sich die Schweiz weiter dafür ein, dass im Bereich der Exportrisikoversicherung gemeinsame Regeln weiterentwickelt werden, um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden.

9.1.1

Exportförderung

Zur Unterstützung von exportorientierten Schweizer KMU beauftragte der Bund den privaten Verein Switzerland Global Enterprise (S-GE), Schweizer Unternehmen Dienstleistungen für die Ermittlung und Wahrnehmung von Absatzmöglichkeiten im Ausland und für die internationale Positionierung als wettbewerbsfähige (Nischen-)Anbieter anzubieten. Bis Ende 2013 erhöhte S-GE den Mitgliederbestand auf 2157 Mitgliedfirmen und -organisationen. Auch das Volumen der von S-GE erbrachten Dienstleistungen wuchs in den letzten Jahren kontinuierlich. So unterstützte S-GE 2013 Schweizer Firmen mit insgesamt über 9000 Informations-, Beratungs- und Messedienstleistungen. Um die Wirkung seiner Angebote zu ermitteln, befragt S-GE alle Kunden sechs Monate nach Bezug einer Dienstleistung. Gemäss ersten internen Auswertungen vom Sommer 2014 geben 85 Prozent der Kunden an, dass die bezogenen Dienstleistungen Wirkung zeigten. Die Nachfrage von Schweizer Unternehmen nach den Dienstleistungen zur Exportförderung von S-GE dürfte künftig weiter zunehmen, insbesondere zur Unterstützung bei der Erschliessung neuer Absatzmärkte. Auch deshalb bleibt es wichtig, dass S-GE im Rahmen ihres Mandats rasch und flexibel auf geänderte Bedürfnisse der Exportwirtschaft eingehen kann und neue, innovative Dienstleistungen entwickelt. So hat der Exportförderer im Berichtsjahr sein Angebot beispielsweise weiter digitalisiert, um den Zugang zu den Leistungen für die Kunden zeit- und ortsunabhängiger zu gestalten und zu vereinfachen.

Für ihre Tätigkeiten stützt sich S-GE auf ein Netz von 21 Swiss Business Hubs im Ausland. Sie ermöglichen es, den Unternehmen in den wichtigsten Absatzmärkten direkte Unterstützung vor Ort zu bieten. Die Zusammenarbeit zwischen dem EDA, dem SECO und S-GE betreffend den Einsatz der Schweizer Auslandvertretungen für die Aussenwirtschaftsförderung wurde im Berichtsjahr auf eine neue vertragliche 1566

Basis gestellt. Eine tripartite Vereinbarung ersetzt die bisherigen bilateralen Verträge und Absprachen zwischen den Partnern. Die Vereinbarung regelt die Zuständigkeiten und die operationelle Zusammenarbeit und erleichtert damit die Koordination unter den drei Partnern. Zudem wird dadurch ­ im Sinne der Nutzung von Synergien ­ die Grundlage für eine Verstärkung der Zusammenarbeit von S-GE mit bestehenden Handelsdiensten von Schweizer Botschaften in ausgewählten Märkten gelegt.

Die von S-GE betreuten Exportplattformen Ingenious Switzerland und Medtech Switzerland sind Anfang des Berichtsjahres in die Verbandsorganisationen Schweizerischer Ingenieur- und Architektenverein beziehungsweise Medical Cluster überführt worden. Auch für die Exportplattform Cleantech Switzerland wird eine Lösung gesucht.

9.1.2

Schweizerische Exportrisikoversicherung

Der Bundesrat konnte im Mai ein insgesamt erfolgreiches Geschäftsjahr 2013 der Schweizerischen Exportrisikoversicherung (SERV) zur Kenntnis nehmen. Mit einem Reingewinn von 0,2 Millionen Schweizerfranken schloss die SERV das Geschäftsjahr mit einem knapp positiven Jahresergebnis ab. Insgesamt wurden Versicherungspolicen und grundsätzliche Versicherungszusagen im Umfang von 6,36 Milliarden Schweizerfranken neu ausgestellt. Die Anzahl neuer Geschäfte nahm von 838 auf 854 zu. Vor allem bei den KMU stieg die Nachfrage nach einer Absicherung durch die SERV.

Die im Rahmen der Stabilisierungsmassnahmen von 2009 bis 2015 befristet eingeführten Produkte (Fabrikationskreditversicherung, der Bondgarantie und der Refinanzierungsgarantie) entsprechen einem grossen Kundenbedürfnis. Die Schweizer Exporteure, inklusive die KMU, sind auf konkurrenzfähige Finanzierungen angewiesen. Eine solide Kapitalunterlegung ermöglicht es der SERV, auch in wirtschaftlich schwierigem Umfeld die Schweizer Exporteure zielgerichtet zu unterstützen. Um die Exportrisikoversicherung als integralen Bestandteil der schweizerischen Standortfaktoren längerfristig zu sichern, verabschiedete der Bundesrat am 21. Mai die Botschaft zur Teilrevision des Exportrisikoversicherungsgesetzes (SERVG)167. Der Nationalrat genehmigte das Geschäft in der Herbst-, der Ständerat in der Wintersession. Das Angebot der SERV wird damit dauerhaft um die drei erwähnten Produkte ergänzt. Diese tragen zur Liquiditätsverbesserung der Exporteure bei. Dadurch wird der schweizerischen Exportwirtschaft ermöglicht, im Wettbewerb mit der ausländischen Konkurrenz bestehende Benachteiligungen zu verringern. Gleichzeitig wurden aufgrund der über siebenjährigen Erfahrung der SERV und ihrer Versicherungsnehmer weitere Verbesserungen vorgenommen. Dazu gehören die Verbesserung der Rahmenbedingungen für den Abschluss von privatrechtlichen Rückversicherungsverträgen und der Abschluss von Versicherungen in der Regel durch Verfügungen statt wie bisher durch öffentlich-rechtliche Verträge. Die SERV misst der Nachhaltigkeit inkl. Menschenrechte grosse Bedeutung zu, was in einem separaten Kapitel zur Nachhaltigkeit in der Botschaft im Detail erläutert wurde168. Die Nachhaltigkeit umfasst die Bereiche Entwicklung, Umwelt, Soziales (einschliesslich Arbeitnehmerschutz) und Menschenrechte, Transparenz und Kor167 168

BBl 2014 4057 Ziff 1.1.3.

1567

ruptionsbekämpfung. Bei Geschäften in einkommensschwachen Ländern prüft die SERV zudem die international anerkannten Kriterien einer nachhaltigen Schuldenentwicklung. Die SERV trägt entscheidend dazu bei, dass der schweizerische Industriesektor auch in schwierigeren Märkten und bei komplexen Produkten mit hohem Finanzierungsbedarf erfolgreiche Angebote ausarbeiten kann.

9.1.3

Internationale Entwicklungen

Die Schweiz hat grundsätzlich ein Interesse daran, dass im Bereich der Exportfinanzierung international vergleichbare Wettbewerbsbedingungen gelten und das 1978 in der OECD vereinbarte Arrangement on Officially Supported Export Credits weiterentwickelt wird. Diese Vereinbarung legt unter anderem minimale Zinssätze und Versicherungsprämien sowie maximale Kreditlaufzeiten für Kredite und Versicherungen von staatlichen Anbietern fest. In diesem Rahmen wurde im Berichtsjahr ein neues Sektorabkommen ausgehandelt, welches die offiziellen Rahmenbedingungen für Finanzierungen von Exporten im Schienenverkehr verbessert. Dies kommt auch schweizerischen Produzenten zugute, indem die SERV beispielsweise längere Absicherungen anbieten kann. Verschiedene wichtige Exportnationen sind nicht Mitglieder des Arrangements, was zu Wettbewerbsverzerrungen führt. Deshalb engagiert sich die Schweiz in der Internationalen Arbeitsgruppe für Exportkredite. Sie wurde 2012 geschaffen und soll grosse Schwellenländer wie Brasilien, China und Indien mittelfristig in ein Nachfolge-Arrangement einbeziehen.

Argentinien bediente seit 2001 seine Schulden gegenüber seinen staatlichen Gläubigern nicht mehr. Am 29. Mai unterzeichneten die Mitgliedländer des Paris Club, darunter die Schweiz, mit Argentinien eine multilaterale Vereinbarung über eine vollständige Tilgung der Zahlungsrückstände innerhalb von fünf Jahren. Die Forderungen der Gläubiger beliefen sich am 30. April auf insgesamt 9,7 Milliarden US-Dollar. Gemäss dieser Vereinbarung soll die Schweiz beziehungsweise die SERV innerhalb von fünf Jahren, das heisst vom 1. Mai 2014 bis am 30. Mai 2019, insgesamt 454 Millionen Schweizerfranken von Argentinien zurück erhalten. Dafür schloss die Schweiz am 11. November mit Argentinien ein bilaterales Schuldenrückzahlungsabkommen auf Grundlage der Paris Club-Vereinbarung ab. Bereits vor Unterzeichnung leistete Argentinien am 25. Juli eine erste Zahlung von 30,5 Millionen Schweizerfranken. Zudem führte der Paris Club seine 2013 gestarteten Outreach-Aktivitäten weiter. So wurde Israel am 24. Juni 2014 als 20. Mitglied aufgenommen und China nahm an zahlreichen Sitzungen des Paris Club als Beobachter teil. Am 20. November fand das zweite Paris Forum mit den wichtigsten aussenstehenden Gläubigerländern statt, welches in Zusammenarbeit mit der australischen G20-Präsidentschaft organisiert wurde.

1568

9.2

Standortpromotion

Damit die Schweiz auch künftig ein attraktiver Standort für innovative und wertschöpfungsintensive Unternehmen bleibt, sind vor dem Hintergrund der jüngsten wirtschaftspolitischen Entwicklungen in der Schweiz, dem kontinuierlichen Strukturwandel in der Schweizer Wirtschaft und dem internationalen Wettbewerb verstärkte Massnahmen bei der Bewerbung des Wirtschaftsstandortes notwendig. Im Berichtsjahr wurden entsprechende Massnahmen eingeleitet, um die Information von potenziellen Investoren weiter zu verbessern und den Kantonen gezielter qualitativ hochwertige Projekte zu vermitteln.

Gezielte Ansiedlungen von ausländischen Firmen vermitteln Impulse für die ganze Schweizer Wirtschaft, nebst direkter Wertschöpfung beispielweise auch durch Wissensübertragung. Da Unternehmen in ihrer Standortwahl grundsätzlich frei sind, werben nationale Standorte um die Gunst internationaler Firmen. Dieser Wettbewerb hat sich in den letzten Jahren verschärft und wird durch Veränderungen einzelner Standortfaktoren der Schweiz akzentuiert, die sich beispielsweise aus Volksabstimmungen mit einem wirtschaftspolitischen Bezug oder Reformprojekten wie der Unternehmenssteuerreform III ergeben. Diesen nationalen und internationalen Entwicklungen hat die Schweizer Standortpromotion mit einer Verstärkung der Promotionsmassnahmen im Berichtsjahr Rechnung getragen. Um den erhöhten Informationsbedarf interessierter Investoren zu einzelnen Themen befriedigen zu können, hat der von Bund und Kantonen mit der nationalen Standortpromotion mandatierte Verein S-GE seine Informationsaktivitäten entsprechend angepasst und gleichzeitig die gezielte Einbindung von digitalen Vermarktungsinhalten der Kantone und Regionen vorangetrieben. Dies hat dazu beigetragen, den Auftritt der Schweiz im Ausland einheitlicher zu gestalten. Zudem hat S-GE Massnahmen ergriffen, um dem Wunsch der Kantone nach einem verstärkten Fokus auf die Qualität der vermittelten Projekte nachzukommen. So wurde beispielsweise ein Rating-System eingeführt, um Investitionsvorhaben noch besser auf deren volkswirtschaftliche Relevanz zu prüfen. Die bereits 2013 eingeleitete verstärkte Positionierung der Schweiz als erstklassiger Standort für ausgewählte, wertschöpfungsintensive Unternehmen wurde damit weiter konsolidiert. Dies dürfte tendenziell zu weniger, aber qualitativ
hochwertigeren Direktinvestitionen führen. Erste Hinweise dazu liefern die jährlich durch die Volkswirtschaftsdirektorenkonferenz erhobenen Ansiedlungszahlen, deren Rückgang 2013 um rund 5 Prozent gegenüber dem Vorjahr auch von äusseren Faktoren wie beispielsweise dem hohen Frankenkurs beeinflusst sein dürfte.

Zudem wurde im Berichtsjahr eine Evaluation169 der nationalen Standortpromotion durch einen unabhängigen Dritten durchgeführt, welche der Bilanzierung der bisherigen Massnahmen und der Ausarbeitung von Empfehlungen zur Weiterentwicklung des Systems und des Leistungsangebots dient. Die Evaluation zeigt, dass die Konzeption und das Angebot der nationalen Standortpromotion von einer Mehrheit der Akteure getragen werden und die wesentlichen Massnahmen zur Zielerreichung ergriffen und umgesetzt wurden. Dennoch besteht Bedarf an punktuellen Optimie169

Infras/IMP-HSG/Eco'Diagnostic (2014): Evaluation Nationale Standortpromotion Schweiz: Schlussbericht. Studie im Auftrag des Staatssekretariats für Wirtschaft SECO.

Bern.

1569

rungen, wie zum Beispiel die Vertiefung von Branchen-Wissen oder der weitere Ausbau von Basisinformationen. Diese Empfehlungen werden in die Verhandlungen der Neuauflage der Leistungsvereinbarungen der Kantone beziehungsweise des SECO mit S-GE einfliessen, deren konkrete Ausgestaltung im 2015 mit Wirkung ab 2016 erfolgen wird.

9.3

Tourismus

Der Schweizer Tourismus sieht sich weiterhin schwierigen Rahmenbedingungen gegenüber. So verringert der hoch bewertete Schweizerfranken die preisliche Wettbewerbsfähigkeit des Schweizer Tourismus im internationalen Vergleich.

Zudem haben wichtige Herkunftsmärkte wie Frankreich oder Italien mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu kämpfen. Daneben trug auch der nasskalte Sommer dazu bei, dass im Berichtsjahr die Zahl der Hotellogiernächte in der Schweiz nur leicht zunahm.

Wichtige Herausforderungen, welche den Schweizer Tourismus betreffen, haben eine internationale Dimension, wie zum Beispiel die Visa-Vergabe oder der Klimawandel. Im Hinblick auf die Suche nach Lösungsansätzen auf internationaler Ebene engagiert sich die Schweiz im Tourismuskomitee der OECD und in der Welttourismusorganisation. Im Berichtsjahr wurde die Schweizer Tourismusbranche erstmals mit einem Newsletter über die Erkenntnisse aus der multilateralen tourismuspolitischen Zusammenarbeit informiert.

9.3.1

Aktuelle Lage im Schweizer Tourismus

Die Zahl der Logiernächte in der Hotellerie lag zwischen Januar und Oktober leicht über dem Niveau der entsprechenden Vorjahresperiode (+0,5 %). Diese leichte Zunahme ist sowohl auf eine gestiegene inländische (+0,4 %) als auch eine höhere ausländische Nachfrage (+0,6 %) zurückzuführen. Eine besonders starke Zunahme der Hotellogiernächte war bei Gästen aus Südkorea (+42,7 %), den Golf-Staaten (+23,1 %) und China (+14,1 %) auszumachen. Dieser Zunahme steht jedoch eine andauernde Abnahme der Hotellogiernächte von Gästen aus wichtigen europäischen Ländern wie Deutschland (­4,3 %) oder der Niederlande (­4,3 %) gegenüber.

Der Schweizer Tourismus sieht sich zurzeit schwierigen konjunkturellen Rahmenbedingungen gegenüber. Gleichzeitig steht er vor grossen strukturellen Herausforderungen wie ungünstigen Branchen- und Destinationsstrukturen. So sind die touristischen Betriebe und die Destinationen eher klein-strukturiert, was beispielsweise das Ausnützen von Grössenvorteilen erschwert. Weitere bedeutende Herausforderungen betreffen den Schweizer und den internationalen Tourismus gleichermassen. Zu nennen sind beispielsweise der technologische Fortschritt, ein sich änderndes Gästeverhalten, das sich beispielsweise in zunehmend kürzeren Aufenthalten zeigt, die teilweise mit der Verschiebung der Herkunftsmärkte einhergehende Visaproblematik, der Klimawandel oder der zunehmende Ressourcenverbrauch des Tourismus.

1570

9.3.2

Aktive Mitarbeit im Tourismuskomitee der OECD

Vor dem Hintergrund der internationalen Herausforderungen der Tourismuswirtschaft sind entsprechende Lösungsansätze auf internationaler Ebene zu suchen.

Daher engagiert sich die Schweiz sowohl im Tourismuskomitee der OECD als auch in der Welttourismusorganisation der UNO. Im Berichtsjahr ist diesbezüglich die aktive Mitarbeit im Tourismuskomitee der OECD hervorzuheben. Im Rahmen des aktuellen Schwerpunktthemas «Effective Policies for Tourism Growth» analysiert die OECD, wie die politischen Rahmenbedingungen zur Stärkung des Tourismus optimiert werden können, unter anderem durch eine Verbesserung der Abstimmung der Tourismuspolitik mit anderen Politikbereichen.

Die Verstärkung der Querschnittsaufgaben mit dem Ziel, die Chancen der Tourismusunternehmen auf den Märkten zu erhöhen, ist eine von vier Elementen der Wachstumsstrategie für den Tourismusstandort Schweiz des Bundesrates aus dem Jahr 2010. Aus Sicht der Schweizer Tourismuspolitik besteht somit ein strategisches Interesse am Schwerpunktthema der OECD. Aufgrund dessen führte die Schweiz in Zusammenarbeit mit dem Sekretariat des Tourismuskomitees am 3. Juli in Bern einen themenspezifischen Experten-Workshop durch. Daran nahmen Experten aus der Schweiz und sieben weiteren OECD-Ländern teil. Gestützt auf Inputreferate und die Präsentation von ausgewählten Fallstudien (z. B. «Schweiz Mobil» und «Titlis Bergbahnen») wurden die Themen «Tourism Mobility» und «Tourism SME and Global Value Chains» diskutiert. Der Workshop führte zur Erkenntnis, dass Transportsysteme, welche in Bezug auf Transportmittel, Fahrpläne und Preise integriert sind, für den Tourismus von grossem Nutzen sind und es deshalb für die Tourismuspolitik sinnvoll ist, sich für integrierte Transportsysteme einzusetzen. Zudem zeigte der Workshop auf, dass es sinnvoll ist, wenn die Tourismuspolitik ­ zum Beispiel mittels der Vermittlung von Wissens ­ aktiv dazu beiträgt, dass sich kleine und mittlere Tourismusunternehmen besser in die globalen Wertschöpfungsketten einbinden können. Die Erkenntnisse des Berner Workshops wurden am Treffen des Tourismuskomitees am 1. und 2. Oktober in Warschau gewürdigt und dienen als wichtige Grundlage für den Ende 2014 veröffentlichten Schlussbericht.

Die Schweiz war im Berichtsjahr im Büro des Tourismuskomitees der OECD vertreten und arbeitete auf
strategischer Ebene aktiv an zahlreichen Projekten wie der Vorbereitung des Arbeitsprogramms 2015­2016 oder der Umsetzung der Empfehlungen der im Berichtsjahr durchgeführten Evaluation des Tourismuskomitees mit.

Die Schweiz wird auch 2015 im Büro des Tourismuskomitees vertreten sein.

9.3.3

Verstärkte Diffusion der Erkenntnisse aus der multilateralen tourismuspolitischen Zusammenarbeit

Ein weiteres zentrales Element der Tourismuspolitik des Bundes ist die Aufbereitung und Verbreitung von Wissen. Aufgrund der Mitarbeit in multilateralen Gremien generiert das SECO als die für den Vollzug der Tourismuspolitik zuständige Stelle Wissen, welches für die Schweizer Tourismusbranche von Nutzen ist. Als Beispiel können die oben erwähnten, aus der Mitarbeit im OECD-Tourismuskomitee gewonnenen Erkenntnisse genannt werden. Dieses Wissen stellt der Bund der Tourismusbranche zur Verfügung, indem er für eine angemessene Verbreitung von Wissen 1571

sorgt. Eine Plattform, welche das SECO dafür aufgebaut hat, ist das seit 2012 jährlich stattfindende Tourismus Forum Schweiz. Hier referieren regelmässig internationale Experten zu wichtigen tourismuspolitischen Fragestellungen. Das Format des Forums erlaubt das Gespräch mit den Referenten, was der Verbreitung von Wissen dient. Zur Verstärkung der Wissensdiffusion wurden im Berichtsjahr die ersten beiden Newsletter zur Schweizer Tourismuspolitik versendet. Damit werden die Abonnenten aktuell über tourismuspolitische Herausforderungen und Tendenzen informiert. Der Newsletter soll künftig dreimal jährlich erscheinen.

1572

10

Beilagen

10.1

Beilagen 10.1.1­10.1.3 Teil I:

Beilagen nach Artikel 10 Absatz 1 des Bundesgesetzes vom 25. Juni 1982 über aussenwirtschaftliche Massnahmen (zur Kenntnisnahme)

1573

10.1.1

Finanzielles Engagement der Schweiz 2014 gegenüber den multilateralen Entwicklungsbanken

Zahlungen der Schweiz an die Weltbank (in Mio. Fr.)

Institutionelle Verpflichtungen IBRD-Kapitalanteil IFC-Kapitalanteil MIGA-Kapitalanteil IDA-Beiträge IDA-MDRI170 Spezielle Initiativen Global Environment Facility1 Konsulentenfonds und Secondments1 Gesamtzahlungen der Schweiz 1

2011

2012

2013

2014

256,0 0,0 0,0 0,0 237,7 18,3

282,0 0,0 0,0 0,0 259,0 23,0

298,4 12,2 2,1 0,0 259,6 24,5

286,2 12,2 0,0 0,0 248,5 25,5

29,4 29,2 0,2

28,9 28,5 0,4

28,5 28,5 0,0

29,3 29,0 0,3

285,4

310,9

326,9

315,5

Fonds werden von der Weltbank verwaltet (ab 2008 inkl. Young Professional Program)

Zahlungen der Schweiz an die Afrikanische Entwicklungsbank (AfDB) (in Mio. Fr.)

Institutionelle Verpflichtungen AfDB Kapitalanteil AfDF Beiträge AfDF-MDRI Spezielle Initiativen Konsulentenfonds und Secondments Gesamtzahlungen der Schweiz

170

MDRI = Multilateral Debt Relief Initiative

1574

2011

2012

2013

2014

71,1 6,0 58,3 6,8

72,5 6,0 59,8 6,7

65,9 6,0 52,1 7,8

60,2 6,0 50,3 3,9

0,2 0,2

0,5 0,5

0,4 0,4

0,5 0,5

71,3

73,0

66,3

60,7

Zahlungen der Schweiz an die Asiatische Entwicklungsbank (ADB) (in Mio. Fr.)

Institutionelle Verpflichtungen ADB Kapitalanteil ADF Beiträge Spezielle Initiativen Konsulentenfonds und Secondments Gesamtzahlungen der Schweiz

2011

2012

2013

2014

14,6* 1,3 13,4

14,9 1,4 13,5

15,6 1,4 14,2

16,3 1,4 14,9

0,0 0,0

0,0 0,0

0,0 0,0

0,0 0,0

14,6

14,9

15,6

16,3

* Abweichung ist rundungsbedingt.

Zahlungen der Schweiz an die Interamerikanische Entwicklungsbank (in Mio. Fr.)

2011

2012

2013

2014

Institutionelle Verpflichtungen IDB Kapitalanteil IIC Kapitalanteil FSO Beiträge

4,0 1,4 0,0 2,6

1,2 1,2 0,0 0,0

1,2 1,2 0,0 0,0

1,4 1,4 0,0 0,0

Spezielle Initiativen Beiträge an den MIF171 Konsulentenfonds und Secondments

0,9 0,7 0,2

1,5 1,0 0,5

1,6 1,2 0,4

0,8 0,8 0,0

Gesamtzahlungen der Schweiz

4,9

2,7

2,8

2,2

Zahlungen der Schweiz an die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (in Mio. Fr.)

2011

2012

2013

2014

Institutionelle Verpflichtungen EBRD Kapitalanteil

0,0 0,0

0,0 0,0

0,0 0,0

0,0 0,0

Spezielle Initiativen Konsulentenfonds und Secondments

0,0 0,0

2,1 2,1

0,0 0,0

0,0 0,0

Gesamtzahlungen der Schweiz

0,0

2,1

0,0

0,0

171

Multilateral Investment Fund

1575

10.1.2

Bewilligungen für Versandkontrollen im Auftrag ausländischer Staaten

Die im Zusammenhang mit dem WTO-Übereinkommen vom 15. April 1994172 über Kontrollen vor dem Versand erlassene Verordnung vom 17. Mai 1995173 über die Durchführung von Versandkontrollen regelt die Zulassung, Durchführung und Überwachung solcher Kontrollen (v.a. Überprüfung der Qualität, der Menge und des Preises) im Auftrag ausländischer Staaten durch spezialisierte Versandkontrollgesellschaften in der Schweiz. Solche Gesellschaften benötigen pro Auftragsland eine Bewilligung des WBF.

Nach Artikel 15 der Verordnung ist jährlich eine Liste zu veröffentlichen, in welcher die Versandkontrollstellen, die über eine Bewilligung zur Vornahme von Versandkontrollen in der Schweiz verfügen, sowie die Länder, auf die sich die Bewilligung bezieht, aufgeführt sind.

Zurzeit verfügen vier Kontrollgesellschaften über solche Bewilligungen. Es sind Bureau Veritas Switzerland AG in Weiningen (Bureau Veritas), Cotecna Inspection SA in Genf (Cotecna), Intertek (Schweiz) AG in Basel (Intertek) und SGS Société Générale de Surveillance SA in Genève (SGS). Die entsprechenden Bewilligungen beziehen sich auf 19 Staaten, von denen drei nicht der WTO angehören. Nachfolgend sind die betreffenden Staaten und Versandkontrollstellen in alphabetischer Reihenfolge aufgelistet174; das Stichdatum ist der 1. Dezember 2014175.

Land und WTO-Status (*) = Nichtmitglied

Kontrollstelle(n)

Bewilligung gültig seit:

Angola Burkina Faso Guinea Haiti Indonesien

Bureau Veritas Cotecna Bureau Veritas SGS SGS Bureau Veritas SGS Bureau Veritas Cotecna SGS Cotecna Bureau Veritas Bureau Veritas Bureau Veritas Intertek Cotecna

28.02.2002 10.08.2004 30.05.2008 12.09.2003 09.04.2003 13.12.2011 01.03.2000 06.03.2001 10.02.2009 01.09.1996 22.08.2006 24.03.2006 08.12.1997 20.02.2007 27.03.2001 08.12.1997

Iran (*)

Kamerun Kongo (Brazzaville) Kongo (Kinshasa) Liberia (*) Mali Mosambik Niger 172 173 174

SR 0.632.20, Anhang 1A.10 SR 946.202.8 Auf der Liste können auch Bewilligungen aufgeführt sein für Kontrollmandate, die sistiert, aber nicht beendet sind, und somit wieder operabel werden können.

175 Diese Liste findet sich auch auf Internetseite: www.seco.admin.ch > Themen > Aussenwirtschaft > Rechtliche Grundlagen.

1576

Land und WTO-Status (*) = Nichtmitglied

Kontrollstelle(n)

Bewilligung gültig seit:

Philippinen

Bureau Veritas Intertek Cotecna SGS Veritas Intertek SGS Bureau Veritas Bureau Veritas

13.12.2011 21.03.2012 22.08.2001 01.04.1999 02.01.2004 07.06.2000 10.04.2001 13.12.2011 02.01.2004

Senegal Tansania (nur Sansibar) Tschad Usbekistan (*)

Zentralafrikanische Republik

1577

10.1.3

Eckdaten zu Ausfuhren im Rahmen des Güterkontrollgesetzes

Vom 1. Oktober 2013­30. September 2014 wurden gestützt auf die Güterkontrollverordnung vom 25. Juni 1997176 und Chemikalienkontrollverordnung vom 21. August 2013177 die nachfolgend aufgeführten Ausfuhrgesuche oder der Meldepflicht unterstellten Ausfuhren bewilligt beziehungsweise abgelehnt: Güterkategorie ­ Anhang 2 GKV ­ Liste der Dual-useGüter ­ Kategorie 0 ­ Kategorie 1 ­ Kategorie 2 ­ Kategorie 3 ­ Kategorie 4 ­ Kategorie 5 (Teil 1) ­ Kategorie 5 (Teil 2) ­ Kategorie 6 ­ Kategorie 7 ­ Kategorie 8 ­ Kategorie 9 ­ Anhang 3 GKV ­ Liste der besonderen militärischen Güter ­ ML 1 ­ ML 2 ­ ML 3 ­ ML 4 ­ ML 5 ­ ML 6 ­ ML 7 ­ ML 8 ­ ML 9 ­ ML 10 ­ ML 11 ­ ML 12 ­ ML 13 ­ ML 14 ­ ML 15 ­ ML 16 176 177

SR 946.202.1 SR 946.202.21

1578

Anzahl

Wert in Mio. CHF

1127

554,5

29 64 657 87 0 35 61 136 39 0 19

5,3 18,3 417,8 12,8 0 10,2 23,7 45,9 18 0 2,5

138

262,4

13 1 5 5 7 5 2 1 1 28 11 0 6 4 2 3

0,1 0,002 0,03 0,2 0,2 0,3 0,2 0,04 0,03 187,8 2,1 0 1,1 8,5 0,1 0,1

Güterkategorie

Anzahl

Wert in Mio. CHF

1 10 0 0 21 12

0,08 6,4 0 0 0,1 55

181

7,7

171 10 0

4,5 3,2 0

11

0,1

3 1 7

0,02 0,06 0,03

920 29 891

187,1 0,4 186,7

0

0

­ Einfuhrzertifikate

265

­

­ Generallizenzen ­ OGB ­ AGB ­ GAB

162 117 36 9

­ ­ ­ ­

­ ­ ­ ­ ­ ­

ML 17 ML 18 ML 19 ML 20 ML 21 ML 22

­ Anhang 5 GKV ­ Güter, die nicht international abgestimmten Ausfuhrkontrollen unterliegen ­ 5.1 ­ 5.2 ­ 5.3 ­ Chemiewaffenübereinkommen (CWÜ) ­ Chemikalien mit ziviler und militärischer Verwendungsmöglichkeit ­ Schedule 1 ­ Schedule 2 ­ Schedule 3 ­ Sanktionen ­ Iran ­ Allgemeine Anfragen Iran ­ Catch-all

­ Denial Notifikationen

0

­ Anzeigen an BA

1

­

1579

10.2

Beilagen 10.2.1­10.2.2 Teil II:

1580

Beilagen nach Artikel 10 Absätze 2 und 3 des Bundesgesetzes vom 25. Juni 1982 über aussenwirtschaftliche Massnahmen (zur Genehmigung)