Bericht des Bundesrates über die Aktivitäten der schweizerischen Migrationsaussenpolitik 2014 vom 1. Juli 2015

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Wir unterbreiten Ihnen den Bericht über die Aktivitäten der schweizerischen Migrationsaussenpolitik 2014 und bitten Sie, davon Kenntnis zu nehmen.

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

1. Juli 2015

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Simonetta Sommaruga Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

2015-1459

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Zusammenfassung Der Bericht des Bundesrates über die Aktivitäten der schweizerischen Migrationsaussenpolitik gibt einen jährlichen Überblick über das Schweizer Engagement in der bilateralen und internationalen Migrationszusammenarbeit. Eine enge Zusammenarbeit der involvierten Ämter des EDA, EJPD und WBF in ausgewählten Bereichen der Migrationsaussenpolitik (u. a. reguläre Migration, irreguläre Migration, Rückkehr und Reintegration, Schutzgewährung, Migration und Entwicklung, Migrationspolitik der Europäischen Union, globale Gouvernanz der internationalen Migrationsbewegungen) trägt massgeblich zur wirksamen und konsequenten Umsetzung der verschiedenen migrationsaussenpolitischen Instrumente (u. a. Migrationsdialoge, Migrationspartnerschaften, «Protection in the Region») bei und stellt die Kohärenz des Schweizer Engagements sicher.

Das Jahr 2014 hat die internationale Migrationszusammenarbeit vor Herausforderungen gestellt, die auch für die Schweiz von Bedeutung sind: Mit weltweit fast 51,2 Millionen registrierten vertriebenen Menschen hat die Zahl derjenigen, die sich im Jahr 2014 auf der Flucht befanden, einen Höchststand seit dem Zweiten Weltkrieg erreicht. Aufnahmegesellschaften, humanitäre Akteure und die internationale Gemeinschaft sind aufgrund von politisch und sozial angespannten Kontexten, bewaffneten Konflikten mit schwerwiegenden Verletzungen des humanitären Völkerrechts sowie der Menschenrechte ­ insbesondere im Nahen und Mittleren Osten sowie in Afrika, in Europa zusätzlich durch den Ukrainekonflikt ­ mit komplexen Vertreibungssituationen und einem ansteigenden Schutzbedarf für verletzliche Personen konfrontiert.

Angesichts dieser Herausforderungen ist die Suche nach gemeinsamen Handlungsansätzen auf nationaler, regionaler und internationaler Ebene unerlässlich. Die Schweiz setzte deshalb im Berichtsjahr weiterhin auf eine umfassende und partnerschaftliche Zusammenarbeit mit Herkunfts-, Transit- und Zielländern im Rahmen migrationsaussenpolitischer Instrumente; zu diesen zählen Migrationspartnerschaften, «Protection in the Region» oder Migrationsdialoge. Um flexibel und in enger Koordination auf die aktuelle Situation der Transitmigration über die zentrale Mittelmeerroute reagieren zu können, wurde im Sommer 2014 die «Strategische Arbeitsgruppe Mittelmeer» eingesetzt.

Die Durchführung
einer externen Evaluation der Migrationspartnerschaften in Erfüllung eines parlamentarischen Postulats (12.3858) hat wertvolle Erkenntnisse für die internationale Migrationszusammenarbeit geliefert und den Mehrwert dieses Instruments bestätigt. Die fünf bestehenden Migrationspartnerschaften mit Serbien, Bosnien und Herzegowina, Kosovo, Nigeria und Tunesien erzielen unter Berücksichtigung der Kerninteressen beider Parteien sowie durch einen positiven Interessenausgleich und regelmässige Dialoge eine klare Verbesserung bilateraler Beziehungen ­ oft auch über die Migrationsthematik im engeren Sinne hinaus.

Auf internationaler Ebene wurde der Wille zur intensiveren Zusammenarbeit im Migrationsbereich bekräftigt: Die zunehmende Relevanz der Migration als ein

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globales Phänomen, das globale Ansätze erfordert, widerspiegelt sich unter anderem in den Verhandlungen zur globalen nachhaltigen Entwicklungsagenda Post2015 sowie im Entscheid der UNO-Generalversammlung im Herbst 2014, wonach bis spätestens 2019 ein dritter hochrangiger Dialog zu Migration und Entwicklung (UN High-level Dialogue on Migration and Development) durchgeführt wird und solche Dialoge künftig regelmässig stattfinden sollen.

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Bericht 1

Ausgangslage

1.1

Interdepartementale Zusammenarbeit

Die Koordination der schweizerischen Migrationsaussenpolitik erfolgt über die Struktur der internationalen Migrationszusammenarbeit (IMZ-Struktur). Diese umfasst drei Stufen: das Plenum der interdepartementalen Arbeitsgruppe für Migration (IAM-Plenum) auf Stufe Direktion/Staatssekretärinnen und -sekretäre, den Ausschuss für internationale Migrationszusammenarbeit (IMZ-Ausschuss) auf Stufe Vizedirektorin und -direktor/Abteilungsleiterin oder -leiter sowie die Arbeitsgruppen für Regionen, Länder und Schwerpunktthemen. Das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (EJPD, mit dem Staatssekretariat für Migration (SEM, vormals BFM), und dem Bundesamt für Polizei, (fedpol), das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA, mit der Politischen Direktion, PD, der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit, DEZA, und der Direktion für europäische Angelegenheiten, DEA) sowie das Eidgenössische Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF, mit dem Staatssekretariat für Wirtschaft, SECO) sind ständige Mitglieder der IMZ-Struktur. Weiteren interessierten Diensten steht eine Teilnahme jederzeit offen.

Auf der Grundlage des Berichts über die internationale Migrationszusammenarbeit, der im Februar 2011 durch den Bundesrat zur Kenntnis genommen wurde, erstellt das IAM-Plenum jährlich einen Tätigkeitsbericht zuhanden des Bundesrates. Darin werden die wichtigsten migrationsaussenpolitischen Aktivitäten zusammengefasst, die im Verlauf des Jahres im Rahmen der interdepartementalen Zusammenarbeit umgesetzt wurden.

1.2

Migrationspolitischer Kontext 2014

Das Jahr 2014 war gekennzeichnet von verschiedenen aussen- und innenpolitischen Ereignissen, die sich auf die Migrationsaussenpolitik ausgewirkt haben. Die Fortsetzung und Intensivierung des Konflikts in Syrien und das Erstarken einer neuen islamistischen Terrormiliz (Islamischer Staat, IS) sowie das Übergreifen des bewaffneten Konflikts auf den Irak haben die Aussichten auf eine baldige politische Lösung des Konflikts weiter verschlechtert. In der Folge konnte ein Anstieg der Flüchtlingsbevölkerung in der Region und auch eine Zunahme der irregulären Weiterreise von Flüchtlingen aus der Region nach Europa beobachtet werden. Derzeit befinden sich weltweit fast 51,2 Millionen Menschen auf der Flucht ­ so viele wie seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr. 16,7 Millionen von ihnen gelten nach völkerrechtlicher Definition als Flüchtlinge. Neun von zehn Flüchtlingen leben in Entwicklungsländern. Mit ca. 625 000 Asylgesuchen wurden letztes Jahr in Europa so viele Asylgesuche gestellt wie letztmals während der Balkankriege in den 1990erJahren. Dies führte unter anderem zu Belastungen der Aufnahmestrukturen beispielsweise in Italien und Bulgarien. Damit wird auch deutlich, wie dringlich die internationale Gemeinschaft den Schutz und die Rechte der Migrantinnen und Migranten verstärken und die Erstaufnahmeländer unterstützen muss.

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Aber auch andere Krisenherde haben insbesondere zu einer starken Zunahme der Transitmigration über das Mittelmeer beigetragen, namentlich die angespannte politische Lage in Libyen, durch die eine staatliche Kontrolle der Küstenregionen weitgehend entfallen ist. Diese Entwicklungen führten auch in der Schweiz zu einem Anstieg der Asylgesuche gegenüber 2013 um 10,7 Prozent. Die Zunahme der Gesuche in der Schweiz fiel im Vergleich zu Gesamteuropa moderat aus. Betrug der Anteil der Schweiz an allen Asylgesuchen in Europa 2012 noch 8,2 Prozent, so hat er sich bis 2014 mit 3,8 Prozent mehr als halbiert. Dieser Wert ist der niedrigste der letzten fünfzehn Jahre. Die Schweiz hat auf europäischer Ebene Initiativen ergriffen oder unterstützt, die auf eine Stärkung des Dublin-Systems abzielen und generell Möglichkeiten einer besseren Lastenverteilung in Europa anstreben. Für die Erarbeitung und Umsetzung einer kohärenten Aussenpolitik zum Umgang mit der Migration über die zentrale Mittelmeerregion wurde im Rahmen der interdepartementalen Struktur die Strategische Arbeitsgruppe Mittelmeer (SAM) eingesetzt (s. Ziff. 7).

Auf multilateraler Ebene hat die UNO-Generalversammlung im Herbst 2014 mit ihrem Entscheid, die hochrangigen Dialoge zu Migration und Entwicklung zu institutionalisieren, den Handlungsbedarf auf globaler Ebene bekräftigt. Dabei sollen nicht nur Lösungen für diese Herausforderungen gefunden, sondern auch die Chancen der Migration genutzt werden. Diese Themen werden auf absehbare Zeit die schweizerische Migrationsaussenpolitik beschäftigen.

2

Migrationspartnerschaften

2.1

Erkenntnisse der Evaluation der Migrationspartnerschaften

Die Schweiz führt Ende 2014 mit fünf Staaten eine Migrationspartnerschaft (Serbien, Bosnien und Herzegowina, Kosovo, Nigeria, Tunesien). Mit dem Postulat Amarelle (12.3858) wurde der Bundesrat beauftragt, fünf Jahre nach Unterzeichnung der ersten Migrationspartnerschaft einen Bericht vorzulegen, in dem die von der Schweiz geschlossenen Migrationspartnerschaften evaluiert werden.

Die Durchführung einer externen Evaluation wurde mittels Einladungsverfahren an die Maastricht Graduate School of Governance vergeben. Im Zuge der Evaluation wurden zur Verfügung stehende Dokumentationen der Verwaltung ausgewertet, themenspezifische Berichte der Öffentlichkeit (Medien, Wissenschaft usw.) überprüft und über 115 Interviews sowohl mit involvierten Schweizer Akteuren als auch mit relevanten Akteuren in den Partnerstaaten geführt.

Der Evaluationsbericht zeigt einen klaren Mehrwert des Instruments der Migrationspartnerschaften im heutigen Migrationskontext auf: In allen fünf Partnerschaften kann der angestrebte positive Interessenausgleich bestätigt werden. Die Schlüsselinteressen beider Parteien werden angemessen berücksichtigt, und der regelmässige Austausch in Form von Migrationsdialogen führt zu einer klaren Verbesserung der bilateralen Beziehungen ­ oft auch über die Migrationsthematik hinaus (Spill-OverEffects). Gemäss der Evaluation liegt kein Kräfteungleichgewicht vor: Die Partnerstaaten verstehen die Zusammenarbeit als Partnerschaft auf Augenhöhe, in die sie ihre dringendsten Anliegen einbringen und weiterentwickeln können. Dabei hebt sich der Ansatz der Schweiz von anderen Formen der bilateralen Zusammenarbeit im Migrationsbereich ab. Der Bericht zeigt weiter auf, dass der Mehrwert vor allem 6007

in der Verbesserung der migrationspolitischen Beziehungen (bilateral, aber auch auf multilateraler Ebene), einer grösseren Transparenz in den länderspezifischen Anliegen, Herausforderungen, Abläufen und Prozeduren (u. a. im Bereich Identifikation und Rückkehr) und einer verbesserten Koordination zwischen den involvierten Behörden (sog. Whole-of-Government-Approach) liegen. Thematisch haben sich alle Partnerschaften weiterentwickelt; sie umfassen eine grosse Bandbreite an Themen (reguläre Migration, Visafragen, Identifikation und Rückübernahme, Migration und Entwicklung, Schutz vulnerabler Migrantinnen und Migrantenund intern Vertriebener [Internally Displaced Persons, IDP], Polizeikooperation usw.).

Auf der Grundlage des finalisierten Berichts wird ein Bericht des Bundesrates in Beantwortung des Postulats Amarelle 12.3858 ausgearbeitet, welcher der Bundesrat dem Parlament vorlegen wird und in dem die wichtigsten Erkenntnisse sowie das weitere Vorgehen dargelegt werden.

2.2

Wichtigste Entwicklungen in den fünf bestehenden Partnerschaften

2.2.1

Migrationspartnerschaft mit Tunesien

Das Abkommen über die Zusammenarbeit im Migrationsbereich und das Abkommen über den Austausch von jungen Berufsleuten traten am 16. bzw. 17. August 2014 in Kraft. Während das Abkommen über die Zusammenarbeit im Migrationsbereich faktisch bereits seit seiner Unterzeichnung im Juni 2012 Anwendung findet, kann das Abkommen über den Austausch von jungen Berufsleuten erst seit seinem Inkrafttreten umgesetzt werden. Diesbezüglich ist zu erwähnen, dass die technischen Formalitäten bereits im Vorfeld vorbereitet wurden und dass die Schweizer Seite, zusammen mit den tunesischen Behörden, ihr Möglichstes tut, um die Kontakte zwischen interessierten jungen Berufsleuten und möglichen Arbeitgebern zu fördern.

In dieser Hinsicht haben die beiden Parteien die Bemühungen rund um das genannte Abkommen im Rahmen des Projekts «Tunesische Gemeinschaft in der Schweiz» verstärkt. Dieses Projekt soll unter anderem auch die Idee der Migration als Entwicklungsfaktor fördern und den Einbezug der tunesischen Diaspora in der Schweiz verstärken. In diesem Zusammenhang werden verschiedene Projekte diskutiert und umgesetzt. Diese bringen zahlreiche Synergien mit sich, die sowohl von der Schweiz als auch von den Partnerorganisationen und nationalen Institutionen anerkannt werden.

Das Jahr 2014 war geprägt von vom dritten und vierten Expertentreffen zur Umsetzung der Migrationspartnerschaft mit Tunesien. Diese beiden Treffen ermöglichten einen Überblick über die verschiedenen von der Schweiz unterstützten Projekte in den Bereichen reguläre Migration, Schutz, Prävention der irregulären Migration sowie Migration und Entwicklung. Von den insgesamt rund 20 Projekten sind folgende Engagements besonders zu erwähnen: Das Projekt «Mainstreaming Migration» (DEZA, Globalprogramm Migration und Entwicklung GPME), das von der Internationalen Organisation für Migration (IOM) umgesetzt wird, strebt die Einbindung der Migration in die Entwicklungsplanung an.

Dank diesem Projekt ist es gelungen, einen interministeriellen Koordinationsausschuss für Migration einzusetzen, welcher der IMZ-Struktur ähnlich ist.

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Die Schweiz hat die Schutzmassnahmen in der Region erheblich verstärkt. Dies erfolgte über die Finanzierung eines Notfallplans des UNO-Hochkommissariats für Flüchtlinge (UNHCR) im Hinblick auf eine Zunahme von Asylsuchenden und Flüchtlingen aus Libyen; weitere Massnahmen waren die Einführung eines Programms für humanitäre Hilfe, Schutz und Überweisung von vulnerablen Migrantinnen und Migranten in Tunis und im Süden des Landes durch NGOs und den Tunesischen Roten Halbmond (DEZA, Humanitäre Hilfe HH) sowie die Unterstützung bei der Entwicklung von Aufnahmeverfahren für Bootsflüchtlinge und ­migranten durch das UNHCR (PD, Abteilung Menschliche Sicherheit AMS).

An diesen Treffen wurde zudem über die Zusammenarbeit in den Bereichen Identifikation und Rückkehr gesprochen. Seit 2013 wurden Identifikationsanfragen nur in wenigen Fällen beantwortet. Abklärungen bei den tunesischen Behörden haben gezeigt, dass unklare administrative und technische Abläufe die Hauptgründe sind.

Deshalb wurde vereinbart, den administrativen Prozess zu vereinfachen, indem die Zahl der zwischengeschalteten Stellen verringert wird. Ausserdem wird das tunesische AFIS (Automated Fingerprint Identification System) voraussichtlich im Laufe des Jahres 2015 mit französischer Unterstützung aktualisiert.

Während die Teilnahme am Rückkehrhilfeprogramm für tunesische Staatsangehörige aus dem Asylbereich in der ersten Phase beachtlich war, ging die Zahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer in der zweiten Phase stark zurück. Anlässlich des vierten Dialogs wurde beschlossen, das Programm nochmals um drei Monate zu verlängern, um den betroffenen PersoJnen eine letzte Chance zur Teilnahme zu geben. Nach Ablauf der Frist im April 2015 können Personen, die freiwillig ausreisen möchten, individuelle Rückkehrhilfe in Anspruch nehmen.

2.2.2

Migrationspartnerschaft mit Nigeria

Die gute Migrationszusammenarbeit zwischen der Schweiz und Nigeria wurde im Berichtsjahr fortgeführt. Es wurden zwei Treffen des Joint Technical Committee (JTC) organisiert, an denen die Weiterführung der Migrationspartnerschaft zwischen den beiden Staaten sichergestellt werden konnte. Diese Treffen fanden im April und Dezember 2014 unter der Leitung des Direktors des SEM und des Chefs der Abteilung Menschliche Sicherheit des EDA statt.

Die Komponente Migration und Entwicklung der Migrationspartnerschaft wurde im Laufe des Jahres verstärkt. Die Zusammenarbeit mit der National Commission for Refugees, Migrants and IDPs wurde formalisiert und ermöglichte einen zwischenstaatlichen Austausch über Fragen der Migration und Entwicklung im Rahmen des nationalen Migrationsdialogs im Dezember 2014. Der gemeinsame Aktionsplan zur Bekämpfung der irregulären Migration und für eine stärkere Zusammenarbeit im Rückkehrbereich wurde im Berichtsjahr weiter umgesetzt. Die Zusammenarbeit im Rückkehrbereich ist weiterhin sehr zufriedenstellend.

Fortschritte waren auch bei der Umsetzung von konkreten Projekten im Rahmen der Migrationspartnerschaft zu beobachten. Erstens hat die Zusammenarbeit mit der nigerianischen Diaspora mit dem Einsatz von sechs Freiwilligen in Berufsbildungsinstitutionen in Nigeria erste greifbare Ergebnisse gebracht. Zweitens wurden im Rahmen des Projekts zur polizeilichen Zusammenarbeit mit Nigeria Beamte der Drogenbekämpfungsbehörde (NDLEA) bei fedpol willkommen geheissen, und 6009

erstmals konnten Schweizer Polizistinnen und Polizisten die NDLEA in Lagos besuchen. Zudem wurde im Polizeihauptquartier in Lagos ein Videokonferenzsystem installiert, um die Zusammenarbeit zwischen den beiden Ländern zu erleichtern.

Leider konnten aufgrund verschiedener Umstände in Nigeria sämtliche in der dritten Phase geplanten Austausche von Polizeibeamten nicht stattfinden. Drittens konnten 16 nigerianische Studierende im Laufe des Jahres ihre Berufsausbildung bei Nestlé Nigeria fortführen. Die fünf besten Studierenden dürfen im Frühling 2015 ein Ausbildungspraktikum in der Schweiz absolvieren.

In Zukunft gilt es, die gute Zusammenarbeit zwischen den beiden Staaten im Migrationsbereich aufrechtzuerhalten ­ nicht zuletzt angesichts der Entwicklungen auf regionaler Ebene. Die Präsidentschaftswahlen, die Fähigkeit Nigerias, die EbolaKrise weiterhin wirksam zu bewältigen, die Sicherheitslage im Norden des Landes sowie die regionalen Auswirkungen der Migration sind alles Faktoren, die sich auf die Migrationspartnerschaft auswirken können.

2.2.3

Migrationspartnerschaften mit den westlichen Balkanstaaten

Die Migrationspartnerschaften, die mit Bosnien und Herzegowina, Kosovo und Serbien abgeschlossen wurden, haben mit bilateralen Dialogen einmal mehr konkrete Formen angenommen. Die drei Migrationsdialoge fanden im ersten Quartal in Vaduz und in Bern statt. Sie ermöglichten unter anderem, über bereits laufende Projekte Bilanz zu ziehen und neue Projekte zu bestimmen.

Im Rahmen der drei Migrationspartnerschaften hat die Schweiz verschiedene Projekte in der Region weiter unterstützt, beispielsweise das Projekt «Capacity Development and Functionalization of Government Authority on Migration» in Kosovo.

Mit diesem Projekt reagiert die Schweiz auf die Schwierigkeiten des Kosovo bei der Überwachung der Migrationsbewegungen auf seinem Hoheitsgebiet, bei der Informationsbeschaffung zur regulären und irregulären Migration sowie bei der Ausarbeitung einer Migrationspolitik aufgrund der erhobenen Daten. Im Rahmen dieses Projekts evaluiert die Schweiz zurzeit die Bedürfnisse und Mängel der Government Authority on Migration und bestimmt Anfang 2015 über den Umfang der technischen Hilfe, die sie Kosovo gewähren wird. Das Projekt «Support for owner driven rehabilitation of houses for flood affected vulnerable people in Western Serbia» wurde im Berichtsjahr von der Schweiz ebenfalls unterstützt. Es wurde nach den Überschwemmungen vom Mai 2014 ins Leben gerufen und soll den Wiederaufbau von 60 bis 100 Haushalten in Serbien unterstützen. Diese Hilfe kommt den ärmsten Familien zugute und erfolgt in Form von fachlicher Unterstützung und durch Spenden von Baumaterial. In Bezug auf Bosnien und Herzegowina wurde im Herbst eine Studie veröffentlicht, die sich mit dem Profil ihrer Diaspora in der Schweiz und deren möglichen Entwicklungsbeiträgen befasst. Die Studie enthält soziodemografische Informationen zum Profil der bosnischen Diaspora in der Schweiz, zu den verschiedenen Organisationen und Netzwerken der Diaspora sowie zu deren Potenzial. Sie zeigt auch die verschiedenen Möglichkeiten auf, wie die Diaspora in die Entwicklung des Landes einbezogen werden kann. Zur bosnischen Bevölkerung in der Schweiz zählen rund 60 000 Personen (3 % der Ausländerinnen und Ausländer in der Schweiz).

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Die bilaterale Zusammenarbeit mit den drei betroffenen Ländern im Bereich der Rückübernahme darf als hervorragend bezeichnet werden. Die Laissez-passer werden von der jeweiligen Regierung rasch ausgestellt. Die Zahl der Asylgesuche aus diesen drei Ländern gegenüber 2013 stabil geblieben.

Die Grundzüge der Strategie 2016­2019 für die Region werden im Laufe des Jahres 2015 bestimmt.

3

Programme zum Schutz von Flüchtlingen und Migrant/innen in den Herkunftsregionen

3.1

Syrien und Nachbarstaaten

Das Konzept «Protection in the Region» (PiR), das im Oktober 2007 vom IAMAusschuss eingeführt wurde, soll möglichst rasch für einen wirksamen Schutz von Flüchtlingen, intern Vertriebenen und vulnerablen Migrantinnen und Migranten in ihrer Herkunftsregion sorgen und dazu beitragen, dass die Erstaufnahmeländer (Jordanien, Libanon und Türkei) in der Lage sind, die notwendigen Massnahmen zum Schutz dieser Personen zu treffen. Dies soll gleichzeitig zu einer Verringerung der irregulären und gefährlichen Sekundärmigration und zu nachhaltigen Lösungen beitragen (z. B. Rückführung in Würde, falls die Situation es zulässt; lokale Integration; Resettlement).

Die Aktivitäten der Arbeitsgruppe PiR erfolgen grösstenteils im Rahmen des schweizerischen Engagements infolge der Krise in Syrien. Die Mitglieder dieser Gruppe (SEM, AMS, DEZA/GPME, DEZA/HH, AMON, Sonderbotschafter für internationale Migrationszusammenarbeit) unterstützen konkrete Projekte zum Schutz von Flüchtlingen und vulnerablen Bevölkerungsgruppen in den Gastländern.

Angesichts der Tragweite der Krise (3,3 Millionen Flüchtlinge Ende 2014, 12 Millionen Menschen, die innerhalb Syriens humanitäre Hilfe benötigen) liegt der Schwerpunkt auf Projekten, welche die Resilienz der vulnerablen Bevölkerungsgruppen stärken sollen. Zu diesen Gruppen gehören nicht nur Flüchtlinge, sondern auch die einheimische Bevölkerung.

So kommt beispielsweise im Libanon der Wiederaufbau von 13 Schulen im Norden des Landes den syrischen Flüchtlingen und den libanesischen Kindern gleichermassen zugute. Dieses Projekt wurde vom SEM finanziert und von der DEZA im Libanon umgesetzt. Ausserdem unterstützt das SEM im Zeitraum 2014­2017 den Lebanon Syrian Crisis Trust Fund. Gleichzeitig wurde die Unterstützung der AMS zugunsten des Lebanese-Palestinian Dialogue Committee im Berichtsjahr fortgeführt. In Syrien profitieren dank eines Beitrags an UN-Habitat 400 000 intern Vertriebene von einer gemeinschaftlichen Intervention und von verbesserten Unterkunftsbedingungen. In Jordanien besteht ein Projekt, das die Resilienz der Gemeinden, die von einem starken Flüchtlingsstrom betroffen sind, stärken und die Bereitstellung von Grundversorgungsleistungen für die jordanische Bevölkerung und die Flüchtlinge verbessern soll.

Die neue Kooperationsstrategie der Schweiz für Syrien, Libanon,
Jordanien und Irak (2015­2018), bei welcher der Schutz von Flüchtlingen, intern Vertriebenen und vulnerablen Migrantinnen und Migranten ein zentraler Pfeiler ist, verstärkt die Wirksamkeit des schweizerischen Engagements und den Zusammenhalt zwischen

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den in die Schweizer Migrationspolitik involvierten Stellen. Das Instrument PiR ist ein Teil davon.

3.2

Horn von Afrika und Jemen

Migrations- und Flüchtlingsbewegungen im Horn von Afrika (HvA) und Jemen zeichnen sich durch ihre Vielfältigkeit und ihre Interdependenzen aus (sog. Mixed Migration Movements). 2014 wurden durch die involvierten Stellen des EDA und des EJPD bestehende Projekte zum Schutz von Flüchtlingen, vulnerablen Migrantinnen und Binnenvertriebenen umgesetzt sowie neue Engagements identifiziert.

In Äthiopien ­ einem Land, das noch vor Kenia die grösste Flüchtlingspopulation auf dem afrikanischen Kontinent beherbergt und insgesamt mehr als 640 000 Flüchtlinge aus Somalia, Eritrea, Südsudan und Sudan aufgenommen hat ­ konnte die Unterstützung durch die Schweiz erhöht werden, insbesondere zugunsten eritreischer und südsudanesischer Schutzsuchender. Im 2014 stellten eritreische Gesuchstellerinnen und ­steller mit Abstand die wichtigste Gruppe der Asylsuchenden in der Schweiz; sie machten auch einen überproportionalen Teil der gestiegenen Mittelmeermigration aus. Aus diesem Grund war und ist es das Ziel, Synergien zu schaffen mit den Arbeiten der SAM (siehe Ziff. 7).

Die Aufnahme respektive Fortführung bilateraler Dialoge zur Migration mit Regierungen vor Ort stellte im Berichtsjahr eine Herausforderung dar. Die äthiopischen Behörden waren bis anhin nur teilweise gesprächsbereit. Entsprechende Bemühungen der Schweiz werden jedoch auch 2015 fortgesetzt. Aufgrund der Schliessung des DEZA-Programmbüros in Sana'a kann der direkte Dialog mit der jemenitischen Regierung nicht weiterverfolgt werden. Durch die personelle Unterstützung der IOM im Jemen sollen jedoch die jemenitischen Behörden beraten und der regionale Dialog und die Koordination mit den Staaten des Golf-Kooperationsrats (Gulf Cooperation Council, GCC) und den Staaten im Horn von Afrika im Hinblick auf eine verbesserte Migrationsgouvernanz gestärkt werden.

Im Rahmen der Zusammenarbeit mit der Intergovernmental Authority on Development (IGAD) konnten 2014 erste konkrete Aktivitäten aufgegleist werden. Diese Aktivitäten zielen gesamthaft auf die operationelle Umsetzung des von den IGADStaaten (Äthiopien, Djibouti, Kenia, Somalia, Sudan, Südsudan, Uganda und Eritrea [seit 2007 ist Eritrea suspendiert]) anerkannten Regional Migration Policy Framework sowie die Stärkung und den Aufbau regionaler und nationaler Migrationsplattformen und -mechanismen ab. Eine
weitere Unterstützung dazu wird ab Januar 2015 mit der Schweizer Entsendung an die für Migrationsfragen zuständige Stelle im IGAD-Sekretariat geleistet.

Durch die 2014 begonnene Zusammenarbeit mit einer Gruppe der somalischen Diaspora in der Schweiz werden verschiedene Möglichkeiten zur Unterstützung des Aufbaus eines Dachverbands diskutiert und geprüft. Längerfristig soll damit die bessere Einbindung der Diaspora in lokale, nationale und regionale Entwicklungsprojekte erreicht werden.

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Umsetzung des Bundesratsbeschlusses «Möglichkeiten einer Verknüpfung der Migrationsaussenpolitik mit weiteren Bereichen der bilateralen Zusammenarbeit»

Ziel des Bundesratsbeschlusses vom Juni 2012 ist es, unter Berücksichtigung der aussenpolitischen Gesamtinteressen der Schweiz Möglichkeiten zu prüfen, das Rückkehrdossier mit weiteren aussen- und aussenwirtschaftspolitischen Dossiers zu verknüpfen. Auf diese Weise soll der Verhandlungsspielraum gegenüber jenen Staaten vergrössert werden, mit denen die Schweiz anhaltende Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit im Rückkehrbereich hat. In Umsetzung des Bundesratsbeschlusses führt das SEM eine Liste derjenigen Länder, für die Verknüpfungsmöglichkeiten geprüft werden müssen. Seit August 2013 finden sich Algerien, Äthiopien, der Iran, Marokko und die Mongolei auf der Liste. Diese wird halbjährlich vom SEM überprüft, gegebenenfalls angepasst und dem IMZ-Ausschuss zur Kenntnis unterbreitet.

2014 wurden im Rahmen der interdepartementalen Zusammenarbeit Massnahmen ergriffen, um die konsequente Berücksichtigung der IMZ-Länderliste im operationellen Tagesgeschäft der Bundesverwaltung zu verbessern. Zudem wurde eine gemeinsame Sprachregelung erarbeitet und sichergestellt, dass bei bilateralen Kontakten auf technischer und politischer Ebene systematisch das Interesse der Schweiz an einer Verbesserung der Rückkehrzusammenarbeit angebracht werden konnte.

Schliesslich führte das SEM in Koordination und unter Einbezug des EDA mit allen Staaten auf der Liste einen Rückkehrdialog, um Möglichkeiten hinsichtlich einer Verbesserung der Situation zu identifizieren.

Im Fall der Mongolei wurden die Vorbereitungen der diesjährigen Feierlichkeiten zum 50-jährigen Jubiläum der bilateralen politischen Beziehungen dazu genutzt, um die angestrebten Verbesserungen im Rückkehrbereich zu thematisieren. Zudem wurde die seitens der Mongolei gewünschte Aufnahme von Verhandlungen für ein Visabefreiungsabkommen für Inhaberinnen und Inhaber von Diplomatenpässen an konkrete Verbesserungen bei der operationellen Zusammenarbeit im Rückkehrbereich geknüpft. Insgesamt kann eine positive Entwicklung im Rückkehrdossier festgestellt werden. So haben die mongolischen Behörden nach dreijähriger Blockade erstmals wieder Laissez-passer für unfreiwillige Rückkehrerinnen und Rückkehrer ausgestellt, für einige der Betroffenen konnte die Rückkehr organisiert werden.

Im Sommer 2014 ist eine gemischte Delegation aus Vertreterinnen und Vertretern des EJPD
(SEM) und des EDA (PD) nach Teheran gereist, um die bilateralen Migrationsbeziehungen mit dem Iran wieder aufzunehmen und die Interessen der Schweiz im Rückkehrbereich zu thematisieren. 2015 soll ein Expertentreffen in Bern durchgeführt werden, um den thematischen Rahmen für einen Migrationsdialog zu definieren und technische Gespräche zur Zusammenarbeit in den Bereichen Identifikation und Rückführung zu führen. Konkrete Verbesserungen in der Zusammenarbeit mit dem Iran konnten jedoch bislang nicht erzielt werden.

Im Fall von Äthiopien konnte weder ein Dialog des SEM mit äthiopischen Behörden noch der politische Dialog auf Stufe des EDA Staatssekretärs, Yves Rossier, nennenswerte Resultate erzielen. Gleichzeitig sind die Verknüpfungsmöglichkeiten im Fall Äthiopien sehr beschränkt. Die Bemühungen zu Marokko und Algerien werden in der Ziffer «Zusammenarbeit mit Staaten Nordafrikas» erwähnt.

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5

Zusammenarbeit mit Staaten Nordafrikas

5.1

Zusammenarbeit mit Marokko

Die Zusammenarbeit mit Marokko gestaltet sich weiterhin äusserst schwierig im Bereich der Identifikation von Personen mit irregulärem Status und der Beschaffung von Laissez-passer für die nicht freiwillige Rückkehr, welche seit mehreren Jahren faktisch unmöglich ist. In Bezug auf die Beschaffung von Laissez-passer für die freiwillige Rückkehr hat sich die Situation seit November 2013 gar verschlechtert.

Gleichzeitig steht Marokko bei den Asylgesuchen in der Schweiz an achter Stelle (699 im Jahr 2014), und angesichts der Widerstände in Bezug auf Wegweisungen nimmt die Zahl der hängigen Fälle stetig zu (166 im Jahr 2011, 313 im Jahr 2014).

Auf interdepartementaler Ebene haben das SEM, das SECO und die verschiedenen betroffenen Stellen des EDA eng zusammengearbeitet, um Möglichkeiten zur Verbesserung der Situation im Rückkehrbereich gemäss Bundesratsentscheid vom Juni 2012 (vgl. Ziff. 4) zu identifizieren. Die Schwierigkeiten, mit denen die Schweiz konfrontiert ist, waren Gegenstand zahlreicher Interventionen auf höchster Ebene (Bundesräte, Staatssekretär) bei den marokkanischen Behörden. Weil Marokko in Bezug auf die Migration ein Schwerpunktland ist, und weil trotz wiederholter Bemühungen im Bereich der Rückübernahme keine Fortschritte erzielt werden konnten, wurde einerseits beschlossen, die Kontrolle der Zuwanderung aus Marokko durch das SEM zu verstärken. Dies soll durch eine systematische Prüfung der Visumanträge sowie der neuen Gesuche um Aufenthaltsbewilligung von marokkanischen Staatsangehörigen in Bern erfolgen. Andererseits wurde beschlossen, den Migrationsdialog mit Marokko und das Engagement vor Ort fortzuführen, einschliesslich der Zusammenarbeit mit dem Migrationsministerium im Bereich Migration und Entwicklung. Migration soll dabei als Querschnittsthema in die nationalen Entwicklungsstrategien Marokkos aufgenommen, und Kapazitäten der Gouvernanz von Migration sollen gestärkt werden. Aktivitäten in diesem Bereich bilden eine gute Grundlage für die weitere Zusammenarbeit mit den zuständigen Stellen.

In Marokko selber war das Jahr geprägt von der Kehrtwende in der Migrationspolitik hin zu einer neuen Immigrations- und Asylpolitik, unter der wichtige Prozesse durchgeführt bzw. aufgegleist wurden (z. B. einjährige ausserordentliche Regularisierungskampagne, Gesetzesprojekte). Diese
Prozesse wurden erst angestossen, und so bleiben die humanitäre Situation der Migrantinnen und Migranten sowie der Zugang für humanitäre Akteure, v. a. in den nördlichen Grenzregionen, weiterhin schwierig. Im Rahmen des Schweizer Nordafrika-Programms unterstützte die Schweiz Aktivitäten zum Schutz besonders verletzlicher Personen (z. B. Zugang zur Grundversorgung, Unterstützung von Opfern von Menschenhandel oder sexueller Gewalt).

5.2

Zusammenarbeit mit Algerien

Im Bereich der Identifikation ist für 2014 eine verbesserte Zusammenarbeit mit Algerien zu vermelden, was auf die Wiederaufnahme des Dialogs im Jahr 2013 zurückzuführen ist. So hat das SEM auf seine Identifikationsanfragen seit April 2014 über 305 Antworten erhalten, 204 davon waren positiv. Leider werden trotz zahlreicher Antworten nur wenige Wegweisungen effektiv vollzogen. Grund dafür 6014

sind das renitente Verhalten der betroffenen Personen und die entsprechende Weigerung der Pilotinnen oder Piloten, diese Personen an Bord ihres Flugzeugs zu nehmen. Aus diesem Grund weist das SEM seit mehreren Jahren eine hohe Zahl hängiger Fälle auf, in denen eine Wegweisung vorgesehen ist. Ende 2014 waren 936 Gesuche um Vollzugsunterstützung im Rückkehrbereich hängig. Deshalb, und auch aufgrund der fehlenden Sonderflüge, werden gewisse Alternativen geprüft, beispielsweise eine Rückführung mit anderen Fluggesellschaften.

Die Zahl der Asylgesuche von algerischen Staatsangehörigen ist gegenüber der Vorjahresperiode hingegen um etwa die Hälfte zurückgegangen.

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Zusammenarbeit und Unterstützung der Mitgliedländer der Europäischen Union

Die Schweiz ist durch ihre Assoziierung an Schengen und Dublin in die europaweite Migrationszusammenarbeit eingebunden. In diesem Kontext hat sie ein Interesse daran, dass insbesondere das Dublin-System, welches den für die Prüfung eines Asylgesuchs zuständigen Staat im Schengen/Dublin-Raum bestimmt, gut funktioniert. Angesichts des anhaltenden Migrationsdrucks in der Europäischen Union (EU) und vor allem in den Ländern an der südlichen und südöstlichen Aussengrenze des Schengen/Dublin-Raums ist davon auszugehen, dass sich die Situation in den nächsten Monaten insbesondere im Hinblick auf die Asyl- und Unterbringungssysteme verschlechtern wird. Die damit verbundenen Schwierigkeiten und Engpässe bergen die Gefahr negativer Auswirkungen auf die Funktionsfähigkeit des Dublin-Systems.

Die gezielte Unterstützung der betroffenen Länder bleibt deshalb eine migrationsaussenpolitische Priorität der Schweiz. Sie orientiert sich dabei in erster Linie an den Tätigkeiten des Europäischen Asylunterstützungsbüros (EASO) und nimmt an den Operationen der Schengener Grenzschutzagentur (Frontex) teil (z. B. Entsendung von Grenzwächtern im Rahmen der Operation Triton an den Seegrenzen). Ausserdem leistet die Schweiz einen Beitrag an die finanziellen Unterstützungsmechanismen des Aussengrenzenfonds bzw. des Fonds für die innere Sicherheit.

Angesichts der ausserordentlichen Migrationssituation in der Mittelmeerregion wurde eine Strategische Arbeitsgruppe Mittelmeer geschaffen, um die mit der Transitmigration zusammenhängenden Herausforderungen zu analysieren und Massnahmen in Übereinstimmung mit den Aktivitäten der internationalen Partner vorzuschlagen (siehe Ziff. 7). Die Zusammenarbeit mit der EU und einigen ihrer Mitgliedstaaten in den Bereichen Bekämpfung von Menschenhandel sowie Migration und Entwicklung konnte dank verschiedener Treffen zwischen Schweizer und europäischen Expertinnen und Experten vertieft werden.

Im Rahmen der bilateralen Zusammenarbeit mit den europäischen Staaten hat die Schweiz namentlich Mittel und Expertenwissen als Beitrag zum Wiederaufbau des griechischen Asylsystems zur Verfügung gestellt. Sie hat sich auch verpflichtet, Griechenland im Bereich der Rückkehr und Reintegration von Migrantinnen und Migranten in ihrem Herkunftsland zu unterstützen, und zwar durch die finanzielle Unterstützung
eines Projekts, das von IOM Griechenland umgesetzt wird. Auf Ersuchen Bulgariens wird die Schweiz den Aufbau von Kapazitäten der bulgarischen Behörden im Rückkehrbereich unterstützen.

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Strategische Arbeitsgruppe Mittelmeer

Angesichts der ausserordentlichen Situation bezüglich der Transitmigration in der Mittelmeerregion wurde im August 2014 die SAM vom IAM-Plenum eingesetzt.

Die SAM strebt die Erarbeitung und Umsetzung einer kohärenten Aussenpolitik zum Umgang mit der Migration über die zentrale Mittelmeerregion an, unter anderem durch eine verbesserte und intensivierte Zusammenarbeit mit Herkunfts- und Transitstaaten. Sie analysiert die mit der Transitmigration zusammenhängenden Herausforderungen (u. a. Anlandungen von über 170 000 Personen in Italien bis Ende Dezember 2014, gestiegenes Schutzbedürfnis verletzlicher Personen, Anstieg der Asylgesuche in der Schweiz). Die SAM schlägt Massnahmen unter Berücksichtigung des internationalen Kontexts, insbesondere der Aktivitäten der EU, vor. Zu den Aufgaben der SAM gehören somit unter anderem die Analyse von Aktivitäten der EU und ihrer Mitgliedsstaaten sowie die Identifizierung von Synergien und komplementären Aktionen durch die Schweiz. Es sollen zusätzlich die Kontakte mit internationalen Organisationen und Nichtregierungsorganisationen zu diesem Thema verstärkt werden.

Im Oktober 2014 verabschiedete das IAM-Plenum den Zwischenbericht der SAM.

Darin wurden folgende Ziele definiert: 1.

Der Flüchtlingsschutz gemäss internationalen Verpflichtungen und die Wahrung der Rechte aller Migrantinnen und Migranten müssen gewährleistet sein.

2.

Dublin muss durchgesetzt und gestärkt werden.

3.

Die grenzpolizeiliche und polizeiliche Zusammenarbeit muss verbessert werden.

4.

Die Zusammenarbeit mit Drittstaaten muss die Transitmigration beinhalten.

Diese Bereiche entsprechen weitgehend den Aktionslinien der Task Force Mediterranean der EU-Kommission und den Vorstellungen einzelner EU-Staaten.

Die SAM hat unterschiedliche Aufgaben koordiniert und neue Massnahmen identifiziert. Der Kontakt mit der Task Force Mediterranean der EU wurde hergestellt.

Verschiedene internationale Konferenzen wie der Khartum-Prozess, der RabatProzess, die Konferenz zur Situation der syrischen Flüchtlinge in Berlin sowie die Teilnahme von Bundesrätin Simonetta Sommaruga am Rat der Justiz- und Innenminister der EU wurden von der SAM inhaltlich unterstützt.

Die SAM ist in die bestehenden Strukturen der interdepartementalen Zusammenarbeit in der Migrationsaussenpolitik integriert.

8

Internationaler Dialog und regionale Prozesse zu Migration

8.1

Multilateraler Migrationsdialog

Im Berichtsjahr hat die Schweiz ihr Engagement zur Entwicklung, Stärkung und Festigung des multilateralen Dialogs zu Migration und Entwicklung weitergeführt.

Zur Erinnerung: Ende 2013 haben die UNO-Mitgliedstaaten anlässlich des High Level Dialogue on International Migration and Development (UNHLD) die erste 6016

Erklärung zu Migration und Entwicklung in der Geschichte der Vereinten Nationen verabschiedet, welche die Prioritäten der internationalen Gemeinschaft in diesem Bereich festlegt. Auf dieser Grundlage wurden die Gespräche 2014 fortgeführt.

Diese erfolgten im Rahmen des Globalen Forums für Migration und Entwicklung (GFMD), der wichtigsten Plattform für einen globalen Migrationsdialog ausserhalb der Vereinten Nationen, sowie im Rahmen weiterer wichtiger Prozesse von globaler Bedeutung. Dazu gehören beispielsweise der Vorbereitungsprozess der Entwicklungsagenda Post-2015 oder der konsultative Prozess im Zusammenhang mit der Nansen-Initiative. Bei Letzterer handelt es sich um einen zwischenstaatlichen Prozess auf globaler Ebene mit dem Ziel, eine Agenda für den Schutz von Menschen zu etablieren, die infolge von Naturkatastrophen ins Ausland fliehen müssen.

Die Schweiz engagierte sich auch im Rahmen des GFMD unter schwedischem Vorsitz und nahm im Mai 2014 aktiv am Gipfeltreffen in Stockholm teil. Dort übernahm sie gemeinsam mit Russland den Vorsitz eines Runden Tisches, an dem ein starker Konsens über die Wichtigkeit eines Einbezugs der Migration in die nationale Entwicklungsplanung und die Notwendigkeit der Fortführung der Gespräche über die politische Kohärenz erreicht werden konnte. Die Schweiz führte ihr Engagement auch unter dem türkischen Vorsitz des Forums ab Juli 2014 weiter.

Damit wollte sie sicherstellen, dass die von diesem Vorsitz angesprochenen Themen die Entwicklungen und Verpflichtungen, welche die internationale Gemeinschaft am UNHLD eingegangen war, reflektieren und dass der Einbezug des Privatsektors sowie der Zivilgesellschaft in den internationalen Dialog verstärkt werden kann.

Darüber hinaus hat sich die Schweiz weiter dafür eingesetzt, dass die Migration im Vorbereitungsprozess zur neuen Entwicklungsagenda Post-2015 angemessen berücksichtigt wird. Dank der Grundlagenarbeit der informellen Arbeitsgruppe, die sich aus verschiedenen internationalen Akteuren zusammensetzt und vom Sonderbeauftragten des UNO-Generalsekretärs, Sir Peter Sutherland, geleitet wird, sowie dank der Organisation mehrerer Veranstaltungen, darunter eine internationale Expertenkonferenz in Dhaka, konnte die Schweiz nicht nur die Diskussionen und das Schlussdokument der Open Working Group on Sustainable
Development Goals beeinflussen, sondern sich auch international als glaubwürdige und führende Akteurin profilieren.

Die Schweiz hat sich auch 2014 für einen koordinierten und pragmatischen Ansatz zum besseren Schutz der Rechte von Migrantinnen und Migranten eingesetzt. Einerseits hat sie, zusammen mit Norwegen, die Nansen-Initiative weitergeführt. Die ersten Elemente der Schutzagenda, die Ende 2015 verabschiedet wird, wurden erarbeitet, und die Initiative wurde in verschiedenen regionalen und internationalen Kontexten vorgestellt. Andererseits hat die Schweiz ­ auch angesichts der Tragödien, von denen die Migrantinnen und Migranten in immer stärkerem Ausmass betroffen sind ­ ihre Aktivitäten in Foren wie dem Menschenrechtsrat oder dem dritten Ausschuss der UNO-Generalversammlung verstärkt und ihre Beziehungen zum Sonderberichterstatter für Menschenrechte von Migrantinnen und Migranten intensiviert.

Eine wichtige Rolle spielte die Schweiz zudem bei den Verhandlungen zur zweijährlichen Resolution «Migration und Entwicklung», die in der UNO-Generalversammlung im Herbst 2014 geführt wurden und die zur Anerkennung der Bedeutung der hochrangigen Dialoge zu Migration und Entwicklung führten. Die Zukunft der Migrationsdebatten ist somit gesichert ­ sowohl auf Ebene der Vereinten Nationen

6017

als auch auf Ebene des GFMD, dessen Vorsitz im Jahr 2016 Bangladesch und im Jahr 2017 Marokko übernimmt.

Im Bericht des Bundesrates über die Aktivitäten der schweizerischen Migrationsaussenpolitik 2013 wurde festgestellt, dass die Politik und die Diskussionen auf globaler und nationaler Ebene besser aufeinander abgestimmt werden müssen. Dies hat die betroffene interdepartementale Arbeitsgruppe veranlasst, die am UNHLD verabschiedete Erklärung zu analysieren und interne Überlegungen anzustellen. Diese Analyse hat gezeigt, dass das externe Engagement der Schweiz die in der Erklärung der Mitgliedstaaten bestimmten Themenbereiche weitgehend abdeckt. Dies gilt sowohl in Bezug auf die Politikentwicklung als auch in Bezug auf die Unterstützung von konkreten Projekten oder von Institutionen. Trotz dieser positiven Feststellung wurden verschiedene Möglichkeiten eines künftigen Engagements auf nationaler und internationaler Ebene bestimmt. Diese beziehen sich auf ein verstärktes Engagement des Privatsektors in den Migrationsdebatten, die Herausforderungen im Zusammenhang mit dem Schutz der Menschenrechte von Migrantinnen und Migranten sowie der öffentlichen Wahrnehmung der Migration.

8.2

Regionale Prozesse

Der 2006 lancierte Rabat-Prozess fördert die Zusammenarbeit zwischen europäischen und afrikanischen Staaten im Bereich der Migration. Die vierte EuroAfrikanische Konferenz zu Migration und Entwicklung im Rahmen des RabatProzesses hat am 27. November 2014 unter Leitung der italienischen EU-Ratspräsidentschaft in Rom stattgefunden. Zusammen mit einer politischen Deklaration wurde das Rom-Programm (2015­2017) für konkrete Zusammenarbeit zwischen Westafrika, der Maghreb-Region und Europa verabschiedet. Das Programm deckt folgende vier Pfeiler ab: 1) Förderung regulärer Migration und Mobilität, 2) Verbesserung der Grenzsicherheit und Bekämpfung irregulärer Migration und Menschenhandel, 3) Verknüpfung von Entwicklung und Migration sowie 4) internationaler Schutz als neuer Pfeiler. Der Rabat-Prozess bietet der Schweiz die Möglichkeit, den Migrationsdialog mit der EU und den afrikanischen Staaten zu verstärken.

Der 2014 ins Leben gerufene Khartum-Prozess (EU-Horn of Africa Migration Route Initiative) und die dazugehörige, am 28. November 2014 verabschiedete Deklaration fokussieren auf die Bekämpfung des Menschenhandels und Menschenschmuggels in und aus den Staaten am Horn von Afrika. Längerfristig soll die Zusammenarbeit auf weitere Kooperationsbereiche ausgeweitet werden. Am Khartum-Prozess beteiligen sich europäische Staaten, die Länder am Horn von Afrika sowie die Transitländer Ägypten und Tunesien. Die Schweiz und Norwegen sind als Beobachterstaaten in den Prozess involviert.

9

Erkenntnisse und Perspektiven 2015

Eine der grössten Herausforderungen der internationalen Migrationszusammenarbeit wird auch im Jahr 2015 die Situation in Syrien und den umliegenden Staaten bleiben. Von den weltweit über 50 Millionen registrierten vertriebenen Menschen sind allein für den Konflikt in Syrien über 3 Millionen Flüchtlinge und über 6,5 Millionen IDPs zu verzeichnen. Diese Situation wirkt sich zunehmend negativ auf die 6018

Nachbarländer aus, welche mit steigenden sozialen und politischen Spannungen, steigendem Druck auf Infrastruktur, Serviceleistungen und Umwelt sowie mit Konkurrenz von syrischen Arbeitskräften auf dem Arbeitsmarkt konfrontiert sind. Aufgrund der zahlreichen Krisen- und Konfliktherde südlich und östlich des Mittelmeers sowie auf dem afrikanischen Kontinent dürften auch die Asylgesuche in Europa weiter ansteigen. Für das Jahr 2015 ist davon auszugehen, dass zwischen 650 000 und 750 000 Menschen in Europa ein Asylgesuch stellen werden; dies sind zwischen 5 und 20 Prozent mehr als im Jahr 2014. Der Trend in der Schweiz wird voraussichtlich ähnlich sein. Die Schweiz hat ihr Engagement vor allem im humanitären Bereich zwar weiter erhöht und die Zusammenarbeit im Rahmen von «Protection in the Region» gestärkt, doch bleiben insbesondere Fragen der Lastenverteilung innerhalb Europas sowie der gesamten Weltgemeinschaft nach wie vor ungelöst.

In diesen Kontext können auch die Transitmigration in der Mittelmeerregion und die damit verbundene prekäre Situation von mehreren hunderttausend Flüchtlingen, Asylsuchenden und vulnerablen Migrantinnen und Migranten entlang der Migrationsroute gestellt werden. Gemeinsam mit anderen europäischen Staaten ist die Schweiz mit zahlreichen Herausforderungen konfrontiert: Grenzen des heutigen Asylsystems und das Funktionieren von Dublin; Sicherstellung adäquater Aufnahmestrukturen; Wahrung der Menschenrechte und der Schutz vulnerabler Personen; Umgang mit den zugrundeliegenden Ursachen wie Konflikt, schwere Verletzungen des humanitären Völkerrechts und der Menschenrechte, politische und soziale Spannungen, Repression, Armut, Perspektivenlosigkeit, Naturkatastrophen. Angesichts dessen wurde innerhalb der IMZ-Struktur mit der SAM ein Gremium geschaffen, das sich mit der Transitmigration auseinandersetzt und nach neuen Handlungsansätzen sucht. Ein enger Zusammenhang besteht dabei auch mit dem Schweizer Engagement in den geografischen Schwerpunktregionen Horn von Afrika/Jemen und Nordafrika. Durch die Lancierung des Khartum-Prozesses und die Weiterführung des Rabat-Prozesses soll gerade im Hinblick auf diese Regionen eine engere Koordination und ein besserer Dialog zwischen diesen Staaten selber sowie mit europäischen Staaten angestrebt werden.

Die erfolgreiche Durchführung
einer Evaluation des Instruments der Migrationspartnerschaften war einer der wichtigsten Meilensteine der interdepartementalen Zusammenarbeit in der Migrationsaussenpolitik im Berichtsjahr. Es hat den involvierten Stellen erlaubt, fünf Jahre nach Unterzeichnung der ersten Partnerschaft eine Bilanz zu ziehen über die Wirksamkeit und den Mehrwert dieses nach wie vor relativ neuen migrationsaussenpolitischen Instruments. Demzufolge zeichnet sich der Mehrwert der Migrationspartnerschaften im Vergleich zu anderen Ansätzen der bilateralen Zusammenarbeit im Migrationsbereich durch folgende fünf Charakteristika aus: 1.

Sie berücksichtigen ein breites Spektrum von Migrationsaspekten im Rahmen eines Gesamtabkommens.

2.

Sie institutionalisieren und legitimieren eine langfristige Zusammenarbeit.

3.

Sie sind reziprok und funktionieren auf partnerschaftlicher Basis.

4.

Sie sind flexibel und schaffen auf Kontinuität und Vertrauen basierende Beziehungen, welche bei Problemen rasch aktiviert werden können.

5.

Sie sind auf nachhaltige und ganzheitliche Lösungen für bestehende und sich neu stellende Herausforderungen ausgerichtet.

6019

Die teils neu gewonnenen Erkenntnisse, teils bestätigten Annahmen wie auch die Empfehlungen der Evaluation gilt es im Jahr 2015 in die internationale Migrationszusammenarbeit einfliessen zu lassen und in konkrete Handlungsansätze zu übersetzen. Für die anstehende Erarbeitung der neuen Strategie 2016­2019 für die Migrationspartnerschaften mit den Staaten des Westbalkans (Serbien, Bosnien und Herzegowina, Kosovo) kann auf diesen Erkenntnissen aufgebaut werden.

In Westafrika und Südasien setzt die Schweiz 2015 ihre Unterstützung zur Schaffung von Politikkohärenz im Migrationsbereich auf nationaler und regionaler Ebene fort. Das Schweizer Engagement in Westafrika trägt dazu bei, die notwendigen Rahmenbedingungen für sichere und reguläre Migration sowohl innerhalb der Region als auch im interkontinentalen Kontext zu schaffen. In Südasien stellt sich eine der Schlüsselfragen in Bezug auf Sri Lanka, wo die Schweiz ihren humanitären Einsatz per Ende 2015 beenden wird. Die Frage nach einer Fortsetzung des Schweizer Engagements hat angesichts der relativen Grösse der in der Schweiz ansässigen Diasporagemeinschaft aus Sri Lanka eine innen- und aussenpolitische Bedeutung.

Die internationale Migrationszusammenarbeit mit dem aktuellen regionalen Fokus auf Arbeitsmigration steht als Bereich fest, in dem sich die Schweiz auch in Zukunft in Sri Lanka engagieren wird. Form und Inhalt des Schweizer Engagements in Sri Lanka werden im Verlauf von 2015, u. a. basierend auf einer derzeit durchgeführten externen Evaluation, ausgearbeitet und festgelegt.

Auf multilateraler Ebene konnte sich die Schweiz im Berichtsjahr einmal mehr konstruktiv in die Diskussionen der informellem Plattform des Global Forum on Migration and Development wie auch in die Weiterentwicklung der Migrationsthematik im UN-Rahmen einbringen und sich dadurch international als glaubwürdige und treibende Akteurin profilieren. Diese Position erlaubt es der Schweiz, sich im Hinblick auf die Verhandlungen der globalen nachhaltigen Entwicklungsagenda Post-2015 im kommenden Jahr aktiv zum Thema Migration und Entwicklung einzubringen und dabei Opportunitäten zu nutzen, um der Migrationsthematik die nötige Visibilität zu verleihen. Ziel des Schweizer Engagements ist es, Migration als transversales Ziel in die neue globale Agenda für nachhaltige Entwicklung
zu integrieren und das Thema der Geldüberweisungen («Remittances») von Migrantinnen und Migranten im Abschlussdokument der dritten Financing for Development-Konferenz zu verankern. Ein weiterer wichtiger Prozess wird die Verbesserung der Kohärenz zwischen den migrations- und entwicklungspolitischen Diskussionen auf globaler Ebene sowie deren Umsetzung auf nationaler Ebene darstellen (u. a. bzgl.

Einbezug des Privatsektors, Schutz der Rechte der Migrantinnen und Migranten, Wahrnehmung der Migration). Die von der Schweiz und Norwegen im Jahr 2012 lancierte Nansen-Initiative wird im Oktober 2015 zudem mit der globalen Konsultation und der Präsentation der Schutzagenda ihren vorläufigen Höhepunkt erreichen.

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