15.046 Botschaft zur Genehmigung der multilateralen Vereinbarung der zuständigen Behörden über den automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten und zu ihrer Umsetzung (Bundesgesetz über den internationalen automatischen Informationsaustausch in Steuersachen) vom 5. Juni 2015

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung: ­

den Entwurf eines Bundesbeschlusses über die Genehmigung der multilateralen Vereinbarung der zuständigen Behörden über den automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten;

­

den Entwurf eines Bundesgesetzes über den internationalen automatischen Informationsaustausch in Steuersachen.

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

5. Juni 2015

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Simonetta Sommaruga Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

2015-0663

5437

Übersicht Die weltweite Bekämpfung der Steuerhinterziehung ist im Gefolge der Finanzund Schuldenkrise zu einem wichtigen und breit verfolgten Anliegen der Weltgemeinschaft geworden. Am 15. Juli 2014 hat der Rat der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) den neuen globalen Standard für den internationalen automatischen Informationsaustausch in Steuersachen (AIA-Standard) verabschiedet. An der Plenarversammlung des Global Forum über Transparenz und den Austausch von Informationen für Steuerzwecke (Global Forum) vom 29. Oktober 2014 in Berlin haben sich fast 100 Staaten zur Einführung des neuen globalen Standards bekannt. Die einen Staaten haben den ersten Austausch für 2017 angekündigt, andere, darunter die Schweiz, für 2018, unter Vorbehalt der gesetzgebenden Prozeduren. Am Gipfeltreffen der Gruppe der zwanzig wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G-20-Staaten) vom 15. und 16. November 2014 in Brisbane haben die Staatschefinnen und Staatschefs der G-20-Staaten die rasche Einführung des automatischen Informationsaustauschs (AIA) bekräftigt.

Ausgangslage Der neue globale Standard sieht vor, dass Finanzinstitute und gewisse kollektive Anlageinstrumente und Versicherungsgesellschaften Finanzinformationen ihrer Kundinnen und Kunden sammeln, sofern diese im Ausland steuerlich ansässig sind.

Diese Informationen umfassen alle Kapitaleinkommensarten und den Saldo des Kontos. Diese Informationen werden automatisch, in der Regel einmal jährlich, der Steuerbehörde übermittelt, welche die Daten an die für die Kundin oder den Kunden zuständige Steuerbehörde im Ausland weiterleitet. Diese Transparenz soll verhindern, dass Steuersubstrat im Ausland vor dem Fiskus versteckt werden kann.

Die Schweiz hat sich bei der Erarbeitung des globalen Standards aktiv eingebracht.

Für den Bundesrat war wichtig, dass der Standard hohen Ansprüchen an die Einhaltung der Vertraulichkeit und des Spezialitätsprinzips genügt, Reziprozität garantiert sowie zuverlässige Regeln zur Feststellung der wirtschaftlich Berechtigten bei allen Rechtsformen, einschliesslich Trusts und Sitzgesellschaften, umfasst. Der Standard erfüllt diese Prinzipien und entspricht damit den Vorgaben des Bundesrates.

Die Umsetzung des AIA-Standards wird in den verschiedenen Staaten unterschiedlich erfolgen. In einigen
Staaten besteht bereits eine genügende Rechtsgrundlage, und es braucht nur noch eine Vereinbarung zwischen den zuständigen Behörden der betreffenden Staaten. Andere Staaten, darunter die Schweiz, müssen zuerst die nötigen Rechtsgrundlagen schaffen. Für die Schweiz bedeutet dies Folgendes: ­

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Das Übereinkommen des Europarats und der OECD über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen (Amtshilfeübereinkommen) sieht in Artikel 6 vor, dass zwei oder mehrere Vertragsparteien für Fallkonstellationen und nach Verfahren, die sie einvernehmlich regeln, Informationen automatisch austauschen. Zusammen mit einer zusätzlichen Vereinbarung stellt somit Arti-

kel 6 die staatsvertragliche Rechtsgrundlage für den AIA dar. Die Schweiz hat das Amtshilfeübereinkommen am 15. Oktober 2013 unterzeichnet. Die Genehmigung dieses Übereinkommens und seine Umsetzung sind Gegenstand einer separaten Botschaft.

­

Die multilaterale Vereinbarung der zuständigen Behörden über den automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten (Multilateral Competent Authority Agreement; MCAA) stellt eine zusätzliche Vereinbarung dar, mit welcher der AIA gestützt auf Artikel 6 des Amtshilfeübereinkommens eingeführt werden kann. Das MCAA wurde von der Schweiz am 19. November 2014 unterzeichnet. Es sieht vor, dass Informationen auszutauschen sind, die nach den Vorschriften des von der OECD als Teil des AIA-Standards erarbeiteten gemeinsamen Melde- und Sorgfaltsstandards für Informationen über Finanzkonten (gemeinsamer Meldestandard) gesammelt wurden; der gemeinsame Meldestandard wurde dem MCAA beigelegt. Das MCAA, einschliesslich des gemeinsamen Meldestandards in der Beilage, wird der Bundesversammlung zur Genehmigung unterbreitet. Die Genehmigung des MCAA und seine Umsetzung sind Gegenstand dieser Botschaft.

­

Die Frage, mit welchen Ländern der AIA eingeführt werden soll, wird durch das MCAA nicht präjudiziert, da die bilaterale Aktivierung des AIA mit einem bestimmten Staat der Bundesversammlung separat zur Genehmigung unterbreitet wird.

Inhalt der Vorlage Das MCAA und seine Beilage enthalten grundsätzlich die materiell-rechtlichen Grundlagen für den AIA zwischen der Schweiz und ihren Partnerstaaten. Nicht alle Bestimmungen des MCAA und seiner Beilage sind jedoch ausreichend detailliert, justiziabel und direkt anwendbar, weshalb der Erlass eines flankierenden Bundesgesetzes, des Bundesgesetzes über den internationalen automatischen Informationsaustausch in Steuersachen (AIA-Gesetz), notwendig ist. Das AIA-Gesetz enthält auch Bestimmungen über die Organisation, das Verfahren, die Rechtswege und die anwendbaren Strafbestimmungen.

Die Einführung des AIA-Standards in der Schweiz ist eingebettet in die Strategie des Bundesrats, die auf einen wettbewerbsfähigen, stabilen und integren Finanzplatz mit international akzeptierten Rahmenbedingungen abzielt.

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Inhaltsverzeichnis Übersicht

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1

5441 5441

Grundzüge des MCAA 1.1 Ausgangslage 1.2 Überblick über den Inhalt des MCAA und des Umsetzungserlasses 1.3 Einbettung in die Strategie des Bundesrates 1.4 Verhältnis zu anderen Abkommen 1.5 Ergebnisse der Vernehmlassung

5447 5451 5453 5455

2

Erläuterungen zu einzelnen Bestimmungen des MCAA

5461

3

Erläuterungen zur Beilage zum MCAA

5472

4

Ausführungen zum Umsetzungserlass 4.1 Grundzüge des Umsetzungserlasses 4.2 Erläuterungen zu einzelnen Artikeln des Umsetzungserlasses

5480 5480 5480

5

Auswirkungen des MCAA und des Umsetzungserlasses 5.1 Auswirkungen auf Bund, Kantone und Gemeinden 5.2 Auswirkungen auf die Volkswirtschaft 5.3 Steuerliche Auswirkungen

5516 5516 5517 5519

6

Verhältnis zur Legislaturplanung

5520

7

Rechtliche Aspekte 7.1 Verfassungsmässigkeit 7.2 Erlassform 7.3 Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen

5521 5521 5521 5522

Bundesbeschluss über die Genehmigung der multilateralen Vereinbarung der zuständigen Behörden über den automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten (Entwurf)

5525

Multilaterale Vereinbarung der zuständigen Behörden über den automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten

5527

Bundesgesetz über den internationalen automatischen Informationsaustausch in Steuersachen (AIA-Gesetz) (Entwurf)

5565

5440

Botschaft 1

Grundzüge des MCAA

1.1

Ausgangslage

Die Finanzkrise und der damit einhergehende Druck, die Steuereinnahmen zu erhöhen, haben dazu geführt, dass die Bekämpfung der grenzüberschreitenden Steuerhinterziehung in den Vordergrund der politischen Diskussionen gerückt ist. Die G-20-Staaten haben bereits 2009 die Verbesserung der Transparenz und des Informationsaustauschs im Steuerbereich gefordert. Dies hat dazu geführt, dass der Informationsaustausch auf Ersuchen nach Artikel 26 des OECD-Musterabkommens zur Vermeidung von Doppelbesteuerung von Einkommen und Vermögen (OECDMusterabkommen) zum internationalen Standard erklärt und das Global Forum mit der Überwachung von dessen Umsetzung beauftragt wurde.

Am 18. März 2010 führten die USA den Foreign Account Tax Compliance Act (FATCA) ein. Damit wollen sie erreichen, dass sämtliche im Ausland gehaltenen Konten von Personen, die in den USA der Steuerpflicht unterliegen (US-Personen), der Besteuerung in den USA zugeführt werden können. FATCA verlangt von ausländischen Finanzinstituten, dass sie die von ihnen geführten und von US-Personen gehaltenen Konten identifizieren und der US-Steuerbehörde periodisch rapportieren.

Um schweizerischen Finanzinstituten die Umsetzung von FATCA zu erleichtern, hat die Schweiz mit den USA am 14. Februar 2013 ein FATCA-Abkommen1 unterzeichnet. Das FATCA-Abkommen ist am 2. Juni 2014 in Kraft getreten.

Entwicklung des Standards Am 19. April 2013 sprachen sich die Finanzminister und die Notenbankgouverneure der G-20-Staaten für den AIA als neuen zukünftigen Standard für den Informationsaustausch in Steuersachen aus. Die Entscheidung der G-20-Staaten war massgeblich durch die Einführung von FATCA durch die USA beeinflusst.

Die OECD wurde mit der Entwicklung eines globalen Standards für den AIA beauftragt. Die Arbeiten wurden rasch vorangetrieben und am 13. Februar 2014 die ersten zwei Dokumente des Standards durch das Fiskalkomitee der OECD verabschiedet.

Der vollständige Standard wurde am 15. Juli 2014 durch den Rat der OECD genehmigt. Der Standard besteht aus den folgenden Elementen:

1

­

ein Muster für eine Vereinbarung zwischen den zuständigen Behörden über den AIA über Finanzkonten zur Förderung der Steuerehrlichkeit (Mustervereinbarung), das festlegt, welche Informationen zwischen den Vertragsstaaten ausgetauscht werden sollen, und die Modalitäten des Austauschs regelt (insbesondere Zeitpunkt und Form der Übermittlung);

­

der gemeinsame Melde- und Sorgfaltsstandard für Informationen über Finanzkonten (gemeinsamer Meldestandard), der detailliert festlegt, wer welche Informationen über welche Konten zu sammeln hat. Der gemeinsame Meldestandard orientiert sich grundsätzlich am FATCA-Modell; Abkommen vom 14. Februar 2013 zwischen der Schweiz und den Vereinigten Staaten von Amerika über die Zusammenarbeit für eine erleichterte Umsetzung von FATCA (SR 0.672.933.63).

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­

Kommentare mit Präzisierungen zur Mustervereinbarung und zum gemeinsamen Meldestandard;

­

eine Grundlage für Informatiklösungen, die sicherstellen soll, dass bei der Umsetzung einheitliche Formate verwendet werden, so dass die Datenerhebung und -auswertung vereinfacht wird. Im Weiteren legt sie Mindeststandards für die Datenübertragung und die Datensicherheit fest.

Die G-20-Staaten haben den neuen AIA-Standard bei ihren Treffen im September und November 2014 bestätigt.

Bekenntnis zum Standard Die Staatengruppe der sogenannten «Early Adopters» hat im Verlaufe der Jahre 2013 und 2014 in mehreren gemeinsamen politischen Erklärungen den Willen bekräftigt, den AIA-Standard frühzeitig umsetzen zu wollen. Konkret sollen Daten ab dem Jahre 2016 gesammelt werden und ein erster Austausch im September 2017 stattfinden.

Anlässlich des OECD-Ministerratstreffens vom 6. und 7. Mai 2014 haben die 34 Mitgliedstaaten der OECD (inklusive Schweiz) sowie weitere 14 Länder2 und die EU eine gemeinsame Erklärung zum AIA verabschiedet. Diese politische Erklärung bestätigt den Willen zur Bekämpfung von Steuerbetrug und -hinterziehung mittels AIA sowie die Entschlossenheit, den von der OECD entwickelten Standard rasch umzusetzen.

Im Weiteren sind die Mitgliedstaaten des Global Forum eingeladen worden, an der Plenarversammlung des Global Forum im Oktober 2014 bekannt zu geben, ob und bis wann sie beabsichtigen, den AIA-Standard umzusetzen. Diese Informationen veröffentlicht das Global Forum auf seiner Website. Darin werden die Staaten3 in den folgenden drei Kategorien aufgelistet: (i) Staaten, die den ersten Datenaustausch 2017 beabsichtigen, (ii) Staaten, die den ersten Datenaustausch 2018 beabsichtigen und (iii) Staaten, die noch nicht mitgeteilt haben, ob und wann sie den AIA-Standard umsetzen.4 Insgesamt haben 93 Staaten dem Global Forum mitgeteilt, dass sie beabsichtigen den AIA-Standard umzusetzen. Die USA haben erklärt, dass sie den AIA ab 2015 gestützt auf FATCA umsetzen. Gewisse ihrer FATCA-Abkommen sehen vor, dass sie Daten an ihre Partnerstaaten liefern. Weiter sehen diese Abkommen vor, dass die USA anerkennen, dass sie volle Reziprozität gewähren sollen, und enthalten die politische Absicht der USA, die dafür notwendigen Rechtsgrundlagen zu schaffen.

2

3 4

Argentinien, Brasilien, Costa Rica, Indien, Indonesien, Kolumbien, Lettland, Litauen, Malaysia, Saudi Arabien, Singapur, Südafrika und die Volksrepublik China. Andorra ist der Erklärung nachträglich am 18. Juni 2014 beigetreten.

Der Begriff «Staaten» umfasst in diesem Bericht sowohl Staaten als auch Hoheitsgebiete.

vgl. Tabelle des Global Forum mit Stand vom 6. März 2015 ­ AEOI: Status of Commitments (www.oecd.org/tax/transparency/AEOI-commitments.pdf).

5442

Staaten, die den ersten Datenaustausch 2017 beabsichtigen Anguilla, Argentinien, Barbados, Belgien, Bermuda, Britische Jungferninseln, Bulgarien, Chile, Curaçao, Dänemark, Deutschland, Dominikanische Republik, Estland, Färöer-Inseln, Finnland, Frankreich, Gibraltar, Griechenland, Grönland, Guernsey, Indien, Insel Man, Irland, Island, Italien, Jersey, Kaimaninseln, Kolumbien, Kroatien, Lettland, Liechtenstein, Litauen, Luxemburg, Malta, Mauritius, Mexiko, Montserrat, Niederlande, Niue, Norwegen, Polen, Portugal, Rumänien, San Marino, Seychellen, Schweden, Slowakische Republik, Slowenien, Spanien, Südafrika, Südkorea, Trinidad und Tobago, Tschechische Republik, Turks- und Caicos Inseln, Ungarn, Uruguay, Vereinigtes Königreich, Zypern Staaten, die den ersten Datenaustausch 2018 beabsichtigen Albanien, Andorra, Antigua und Barbuda, Aruba, Australien, Bahamas, Belize, Brasilien, Brunei Darussalam, China, Costa Rica, Grenada, Hong Kong (China), Indonesien, Israel, Japan, Kanada, Katar, Marshall Inseln, Macao (China), Malaysia, Monaco, Neuseeland, Österreich, Russland, Samoa, Saudi-Arabien, Schweiz, Singapur, Sint Maarten, St. Kitts und Nevis, St. Lucia, St. Vincent und die Grenadinen, Türkei, Vereinigte Arabische Emirate Staaten, die noch nicht mitgeteilt haben, ob und wann sie den AIA-Standard umsetzen Bahrain, Cookinseln, Nauru, Panama, Vanuatu Quelle: Tabelle des Global Forum mit Stand vom 6. März 2015 ­ AEOI: Status of Commitments

Es besteht international die Erwartung, dass der AIA rasch und global umgesetzt wird. Damit sollen gleich lange Spiesse gewährleistet werden. Kein Staat soll einen Vorteil daraus ziehen können, dass er den AIA-Standard später als die anderen einführt. Die Erwartung einer raschen Umsetzung des AIA-Standards besteht insbesondere gegenüber entwickelten Ländern und Ländern, die über einen Finanzplatz verfügen. Einzig Entwicklungsländer, die keine Finanzplätze sind, sollen den AIAStandard zu einem späteren Zeitpunkt einführen können. Die G-20-Staaten haben erklärt, dass Entwicklungsländer in ihren Bemühungen zur Einführung des AIA unterstützt werden sollen.

Der internationalen Erwartung nach einer raschen und globalen Umsetzung des AIA-Standards wird mit dem Auftrag der G-20-Staaten an das Global Forum, die Umsetzung des AIA-Standards zu überwachen, Nachdruck verschafft. Das Global Forum soll, analog der Situation beim Informationsaustausch auf Ersuchen, Länderprüfungen (Peer Reviews) durchführen, um sicherzustellen, dass die Staaten die notwendigen Rechtsgrundlagen geschaffen haben und diese in der Praxis korrekt umsetzen. Das Global Forum besteht aus 126 Staaten5 und kann auch NichtMitgliedstaaten einer Prüfung unterziehen. Das Global Forum beabsichtigt, so rasch wie möglich mit den ersten Peer Reviews zu beginnen.

5

vgl. Website des Global Forum mit den Mitgliedstaaten (www.oecd.org/fr/sites/ forummondialsurlatransparenceetlechangederenseignementsadesfinsfiscales/ membresduforummondial.htm).

5443

Position der Schweiz Der Bundesrat hat am 14. Juni 2013 erklärt, dass er bereit sei, im Rahmen der OECD aktiv an der Entwicklung eines globalen Standards für den AIA zur Sicherung der Steuerkonformität mitzuwirken. Es solle einen einzigen globalen Standard geben, und dieser solle hohen Ansprüchen an die Einhaltung des Spezialitätsprinzips und der Vertraulichkeit genügen, Reziprozität garantieren und zuverlässige Regeln zur Feststellung der wirtschaftlich Berechtigten bei allen Rechtsformen, einschliesslich Trusts und Sitzgesellschaften, beinhalten. Die Schweiz hat sich in der Folge aktiv an der Entwicklung des AIA-Standards beteiligt.

Da der von der OECD entwickelte AIA-Standard den Vorgaben des Bundesrates entspricht (vgl. dazu Ziff. 1.3), hat die Schweiz die anlässlich des Ministerratstreffens vom 6. und 7. Mai 2014 verabschiedete Erklärung und die definitive Verabschiedung des Standards im Rat der OECD am 15. Juli 2014 unterstützt. Im Oktober 2014 hat der Bundesrat in Beantwortung der obenerwähnten Einladung dem Global Forum mitgeteilt, dass die Schweiz beabsichtigt, die Rechtsgrundlagen für die Umsetzung des AIA-Standards zeitgerecht einzuführen, sodass, unter Vorbehalt des innerstaatlichen Genehmigungsverfahrens, Schweizer Finanzinstitute 2017 mit der Erhebung von Kontodaten von Steuerpflichtigen im Ausland beginnen können und ein erster Datenaustausch 2018 stattfinden kann. Am 8. Oktober 2014 hat der Bundesrat nach vorgängiger Konsultation der zuständigen parlamentarischen Kommissionen und der Kantone Verhandlungsmandate zur Einführung des AIA-Standards mit Partnerstaaten verabschiedet. Die vom Bundesrat beschlossenen Mandate enthalten folgende Eckpunkte: ­

Mit der EU soll über die Einführung des AIA verhandelt werden.

­

Mit den USA soll bezüglich der Umsetzung von FATCA über ein FATCAAbkommen nach dem Modell 1 verhandelt werden. Mit dem neuen Abkommen würden Daten zwischen den zuständigen Behörden automatisch auf gegenseitiger Basis ausgetauscht.

­

Es werden mit weiteren Ländern Verhandlungen zur Einführung des AIA aufgenommen. In einer ersten Phase werden Staaten in Betracht gezogen, mit denen enge wirtschaftliche und politische Beziehungen bestehen, und in denen Steuerpflichtigen, soweit angemessen, eine genügende Regularisierungsmöglichkeit bereitsteht.

Der konkreten Umsetzung des AIA-Standards kommt eine grosse Bedeutung zu. Die Schweiz wird sich in diesem Zusammenhang weiterhin aktiv in die Arbeiten der OECD und des Global Forum einbringen.

Wege zur Umsetzung des AIA-Standards Die Umsetzung des AIA-Standards wird in den verschiedenen Staaten unterschiedlich erfolgen. Für einzelne Staaten stellen die Informationsaustauschklausel in Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) oder das Amtshilfeübereinkommen bereits eine genügende Rechtsgrundlage für die Einführung des AIA dar. Sie können den AIA mittels Vereinbarung zwischen den zuständigen Behörden aktivieren, ohne diese Vereinbarungen dem Parlament zur Genehmigung unterbreiten zu müssen. Für andere Staaten trifft dies nicht zu, und die staatsvertraglichen Rechtsgrundlagen müssen erst geschaffen werden. Die Schweiz gehört zur zweiten Kategorie. Ihre DBA und Steuerinformationsabkommen (SIA) sehen keinen AIA vor. Das Amtshilfeübereinkommen, welches die Schweiz am 15. Oktober 2013 unterzeichnet hat und 5444

welches Gegenstand einer separaten Botschaft ist, sieht in Artikel 6 vor, dass zwei oder mehrere Vertragsparteien vereinbaren können, in bestimmten Fallkategorien und nach einem gemeinsam vereinbarten Verfahren Informationen automatisch auszutauschen. Damit der AIA aktiviert wird, bedarf es somit einer zusätzlichen Vereinbarung. Diese muss auf der Grundlage der schweizerischen Kompetenzordnung und des Schweizer Gesetzgebungsverfahrens der Bundesversammlung zur Genehmigung unterbreitet werden.

Die Umsetzung der Verhandlungsmandate des Bundesrates kann im Rahmen von zwei Modellen erfolgen. Diese sind in der folgenden Grafik dargestellt:

Im Modell 1 wird ein Staatsvertrag mit einem anderen Staat abgeschlossen, der die Einführung des AIA beinhaltet. Im Modell 2 wird der AIA gestützt auf das Amtshilfeübereinkommen, die multilaterale Vereinbarung der zuständigen Behörden über den automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten (Multilateral Competent Authority Agreement, MCAA) und mittels einer bilateralen Aktivierung des AIA durch eine Notifikation an das Sekretariat des Koordinierungsgremiums6 eingeführt. Beide Modelle stehen im Einklang mit den Verhandlungsmandaten, die der Bundesrat am 8. Oktober 2014 verabschiedet hat. Der AIA wird in beiden Fällen bilateral aktiviert, so dass die Schweiz für jeden Staat einzeln über die Einführung des AIA entscheiden kann. Modell 2 bildet Gegenstand dieser Botschaft und wird nachfolgend erläutert (für die Grundzüge, vgl. Ziff. 1.2).

6

Der Ausdruck «Sekretariat des Koordinierungsgremiums» bedeutet das Sekretariat der OECD, welches das aus Vertretern der zuständigen Behörden der Vertragsparteien des Amtshilfeübereinkommens zusammengesetzte Koordinierungsgremium nach Artikel 24 Absatz 3 des Amtshilfeübereinkommens unterstützt.

5445

Bisherige Massnahmen der Schweiz zur Umsetzung des AIA-Standards Einführung des AIA mit Australien Am 3. März 2015 haben die Schweiz und Australien eine gemeinsame Erklärung zur Einführung des AIA unterzeichnet. Sie beabsichtigen, unter Vorbehalt der in beiden Staaten anwendbaren Genehmigungsverfahren, Daten ab 2017 zu erheben und ab 2018 gegenseitig auf der Grundlage des MCAA auszutauschen. Die Einführung des AIA im Verhältnis zu Australien folgt somit Modell 2.

Australien entspricht dem Profil der Staaten, mit denen der Bundesrat den AIA einführen will. Australien ist ein wichtiger politischer und wirtschaftlicher Partner der Schweiz und Mitglied der G-20. Er erfüllt die internationalen Anforderungen in Bezug auf die Vertraulichkeit in Steuersachen (einschliesslich die Einhaltung des Spezialitätsprinzips) und bietet seinen Steuerpflichtigen hinlängliche Regularisierungsmöglichkeiten. Die Schweiz und Australien haben sich zudem geeinigt, den aktuellen Marktzutritt für Finanzdienstleister beizubehalten sowie auf eine Verbesserung ausgewählter Aspekte in diesem Bereich hinzuarbeiten. Damit erfüllt Australien die Kriterien, die der Bundesrat in den Verhandlungsmandaten vom 8. Oktober 2014 festgelegt hat. Die Einführung des AIA mit Australien wird der Bundesversammlung im Rahmen einer separaten Vorlage zur Genehmigung unterbreitet. Die Vernehmlassung ist am 29. April 2015 eröffnet worden und endet am 19. August 2015.7 Einführung des AIA mit der EU Am 27. Mai 2015 haben die Schweiz und die EU ein Abkommen zur Einführung des AIA unterzeichnet. Die Einführung des AIA im Verhältnis zur EU folgt somit Modell 1.

Das Abkommen über den automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten zur Förderung der Steuerehrlichkeit bei internationalen Sachverhalten (AIAAbkommen mit der EU) gilt für alle 28 EU-Mitgliedstaaten und ersetzt das seit 2005 geltende Zinsbesteuerungsabkommen mit der EU8. Kernstück des geltenden Zinsbesteuerungsabkommens sind Steuersicherungsmassnahmen betreffend grenzüberschreitende Zinszahlungen. Das Zinsbesteuerungsabkommen sieht einen Steuerrückbehalt von 35 Prozent auf Zinszahlungen vor, die von einer in der Schweiz gelegenen Zahlstelle ­ in der Regel einer Bank ­ an eine natürliche Person mit steuerlichem Wohnsitz in einem EU-Mitgliedstaat geleistet werden. Anstelle des Steuerrückbehalts
können die betroffenen Personen die Zahlstelle zur Meldung der Zinserträge an ihre Steuerbehörden ermächtigen. Das AIA-Abkommen mit der EU enthält grundsätzlich drei Elemente: ­

7

8

den reziproken AIA nach dem AIA-Standard. Der AIA-Standard wurde ohne Abweichungen in das Abkommen aufgenommen. Dort wo der AIAStandard dem umsetzenden Staat Wahlmöglichkeiten erteilt, sind diese auch im Abkommen enthalten. Dadurch ist sichergestellt, dass die Schweiz diese Die Unterlagen dazu können eingesehen werden unter www.admin.ch > Bundesrecht > Vernehmlassungen > Laufende Vernehmlassungen > Eidgenössisches Finanzdepartement.

Abkommen vom 26. Oktober 2004 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft über Regelungen, die den in der Richtlinie 2003/48/EG des Rates im Bereich der Besteuerung von Zinserträgen festgelegten Regelungen gleichwertig sind (SR 0.641.926.81).

5446

Wahlmöglichkeiten gegenüber allen Partnerstaaten gleich ausüben und somit den AIA-Standard gegenüber allen Partnerstaaten einheitlich umsetzen kann.

Das im heute geltenden Zinsbesteuerungsabkommen enthaltene System des Steuerrückbehalts und der freiwilligen Meldung wird aufgehoben und durch den AIA ersetzt, da die parallele Führung beider Systeme redundant wäre; ­

den Informationsaustausch auf Ersuchen gemäss geltendem OECD-Standard (Art. 26 des OECD Musterabkommens);

­

die Weiterführung der Quellensteuerbefreiung von grenzüberschreitenden Zahlungen von Dividenden, Zinsen und Lizenzgebühren zwischen verbundenen Unternehmen. Diese Bestimmung wurde unverändert aus dem bestehenden Zinsbesteuerungsabkommen übernommen.

Die Schweiz und die EU beabsichtigen, unter Vorbehalt der Genehmigungsverfahren in der Schweiz und in der EU, ab 2017 Kontodaten zu erheben und ab 2018 diese gegenseitig auszutauschen.

Die Unterzeichnung des AIA-Abkommens mit der EU entspricht der bundesrätlichen Strategie für einen wettbewerbsfähigen Finanzplatz Schweiz (vgl. dazu Ziff. 1.3) und stellt einen wichtigen Schritt auf dem Weg zur Einführung des AIA-Standards in der Schweiz dar, da mit diesem Abkommen der AIA mit 28 EUMitgliedstaaten, worunter wichtige Nachbar- und Partnerstaaten fallen, eingeführt werden kann.

Das AIA-Abkommen mit der EU wird der Bundesversammlung im Rahmen einer separaten Vorlage zur Genehmigung unterbreitet werden. Die Vernehmlassung ist am 27. Mai 2015 eröffnet worden und endet am 17. September 2015.9

1.2

Überblick über den Inhalt des MCAA und des Umsetzungserlasses

Allgemeines Gegenstand des AIA-Standards ist ein routinemässig und in regelmässigen Abständen zwischen zwei Staaten stattfindender Austausch von Informationen über Konten, die eine in einem bestimmten Staat steuerpflichtige natürliche oder juristische Person bei einem Finanzinstitut in einem anderen Staat hält. Der Standard regelt die Modalitäten dieses Austauschs. Die auszutauschenden Informationen müssen von den Finanzinstituten des jeweiligen Staates gesammelt und an die Steuerbehörde dieses Staates übermittelt werden. Diese leitet die Informationen anschliessend an die Steuerbehörde jenes Staates weiter, mit dem ein entsprechendes AIA-Abkommen besteht. Der Standard definiert die auszutauschenden Informationen. Es handelt sich dabei insbesondere um Informationen über Kontobestände und sämtliche Kapitaleinkünfte (Zinsen, Dividenden, Veräusserungserlöse und übrige Erträge) sowie über die Identität der an diesen Vermögenswerten nutzungsberechtigten Personen.

Im Weiteren regelt der Standard den Begriff der meldenden Finanzinstitute, enthält Vorschriften im Zusammenhang mit der Kundenidentifikation, Bestimmungen über

9

Die Unterlagen dazu können eingesehen werden unter www.admin.ch > Bundesrecht > Vernehmlassungen > Laufende Vernehmlassungen > Eidgenössisches Finanzdepartement.

5447

die Vertraulichkeit sowie über die Verwendung der ausgetauschten Daten (sog.

Spezialitätsprinzip).

Mit dieser Vorlage sollen die Grundlagen für die Umsetzung des AIA-Standards durch die Schweiz geschaffen werden. Sie besteht aus folgenden Elementen: Multilaterale Vereinbarung der zuständigen Behörden über den automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten Die Staatengruppe der sogenannten «Early Adopters» hat das MCAA entwickelt.

Am 29. Oktober 2014 haben 51 Staaten10 das MCAA unterzeichnet, 48 davon haben ihre Absicht bekundet, Informationen erstmals 2017 auszutauschen, die restlichen 3 10

Albanien*, Anguilla, Argentinien, Aruba*, Belgien, Bermuda, Britische Jungfern-Inseln, Curaçao, Dänemark, Deutschland, Estland, Färöer-Inseln, Finnland, Frankreich, Gibraltar, Griechenland, Guernsey, Insel Man, Irland, Island, Italien, Jersey, Kaiman-Inseln, Kolumbien, Korea, Kroatien, Lettland, Liechtenstein, Litauen, Luxemburg, Malta, Mauritius, Mexiko, Montserrat, Niederlande, Norwegen, Österreich*, Polen, Portugal, Rumänien, San Marino, Schweden, Slowakei, Slowenien, Spanien, Südafrika, Tschechische Republik, Turks- und Caicosinseln, Ungarn, Vereinigtes Königreich und Zypern. Die Staaten, die mit einem Stern markiert sind, haben bei der Unterzeichnung angegeben, dass sie beabsichtigen, Informationen erstmals im September 2018 auszutauschen.

5448

erstmals 2018. Die Schweiz hat diese Vereinbarung am 19. November 2014 unterzeichnet. Gleichzeitig hat die Schweiz ihre Absicht mitgeteilt, unter Vorbehalt des innerstaatlichen Genehmigungsverfahrens, im Jahre 2018 erstmals Daten auf automatischer Basis auszutauschen.

Das MCAA basiert auf dem Gedanken einer einheitlichen Umsetzung des AIAStandards. Es wird eine einzige Vereinbarung abgeschlossen und somit die Umsetzung eines einzigen Standards sichergestellt. Bei einer allfälligen späteren Änderung des AIA-Standards müssen nur das MCAA und das interne Recht angepasst werden und nicht Revisionsverhandlungen mit zahlreichen Staaten geführt werden, die dazu führen würden, dass der Schweizer Finanzsektor zumindest über einen gewissen Zeitraum bei Kunden aus gewissen Ländern den «alten» und bei Kunden aus anderen Ländern den «neuen» AIA-Standard anwenden müsste.

Die staatsvertragliche Grundlage für das MCAA bildet Artikel 6 des Amtshilfeübereinkommens, wonach zwei oder mehrere Vertragsparteien für Fallkonstellationen und nach Verfahren, die sie einvernehmlich regeln, Informationen automatisch austauschen. Voraussetzung, dass ein Staat das MCAA unterzeichnen kann, ist somit, dass er zumindest die Absicht erklärt hat, das Amtshilfeübereinkommen zu unterzeichnen. Die Genehmigung des Amtshilfeübereinkommens durch die Schweiz bildet Gegenstand einer separaten Botschaft. Da das MCAA auf dem Amtshilfeübereinkommen basiert, muss dieses für die Schweiz in Kraft treten, damit die Schweiz auf der Basis des MCAA den AIA einführen kann.

Das MCAA ist als Vereinbarung zwischen zuständigen Behörden konzipiert, hält aber explizit fest, dass eine Unterzeichnung allfällige nationale Genehmigungsverfahren nicht präjudiziert. Wie das MCAA in den verschiedenen Staaten zu genehmigen ist, gestaltet sich unterschiedlich. In bestimmten Staaten wird ein Entscheid der Regierung genügen, in anderen Staaten, darunter die Schweiz, wird das MCAA dem Parlament zur Genehmigung unterbreitet (vgl. dazu Ziff. 1.1).

Damit der AIA effektiv umgesetzt wird, muss er bilateral zwischen den einzelnen Staaten vereinbart und mittels Notifikation an das Sekretariat des Koordinierungsgremiums aktiviert werden. Dafür müssen vier Voraussetzungen erfüllt sein: ­

Beide Staaten müssen das Amtshilfeübereinkommen in Kraft gesetzt haben.

­

Beide Staaten müssen das MCAA unterzeichnet haben.

­

Beide Staaten müssen bestätigt haben, dass sie über die zur Umsetzung des AIA-Standards notwendigen Gesetze verfügen.

­

Beide Staaten müssen dem Sekretariat des Koordinierungsgremiums mitgeteilt haben, dass sie mit dem anderen Staat Informationen auf automatischer Basis austauschen möchten.

Das MCAA sieht vor, dass jeder Staat bei der Unterzeichnung angibt, bis wann er beabsichtigt, den AIA umzusetzen. Voraussetzung, damit eine rechtliche Verpflichtung zum AIA entsteht, ist aber, dass die obenstehenden vier Voraussetzungen erfüllt sind. Sind diese Voraussetzungen erst zu einem späteren Zeitpunkt erfüllt als im Rahmen der Unterzeichnung angegeben wurde, findet das MCAA erst dann Anwendung.

Die Liste der Staaten, mit denen ein Staat Informationen auf automatischer Basis austauschen möchte, kann bei der Unterzeichnung des MCAA oder zu einem späteren Zeitpunkt eingereicht werden. Sie kann jederzeit ergänzt werden. Instrumente 5449

zur Bezeichnung der entsprechenden Staaten werden in Übereinstimmung mit der Schweizer Kompetenzordnung und dem Schweizer Gesetzgebungsverfahren der Bundesversammlung zur Genehmigung unterbreitet werden (vgl. dazu Ziff. 1.1, Einführung des AIA mit Australien).

Beilage zum MCAA Das MCAA sieht vor, dass Informationen auszutauschen sind, die nach den Vorschriften des gemeinsamen Meldestandards gesammelt wurden (Abschn. 2 Unterabschn. 1.1 MCAA). Der Begriff «gemeinsamer Meldestandard» bedeutet den von der OECD mit den G-20-Staaten ausgearbeiteten Standard für den automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten in Steuersachen (einschliesslich der Kommentare, Abschn. 1 Unterabschn. 1 Bst. f MCAA). Es besteht die Erwartung, dass die Unterzeichnerstaaten des MCAA den gemeinsamen Meldestandard in ihrem nationalen Recht umsetzen. Der gemeinsame Meldestandard wurde zu diesem Zweck dem MCAA beigelegt und wird zusammen mit dem MCAA der Bundesversammlung zur Genehmigung unterbreitet (siehe zudem Art. 7 Abs. 1 AIA-Gesetz). Das MCAA inklusive gemeinsamen Meldestandard in der Beilage werden in der systematischen Rechtssammlung des Schweizer Bundesrechts veröffentlicht werden.

Inhaltlich legt der gemeinsame Meldestandard detailliert fest, wer welche Informationen über welche Konten zu sammeln hat (vgl. dazu Abschn. I der Beilage zum MCAA). Er orientiert sich grundsätzlich am FATCA-Modell.

Bundesgesetz über den internationalen automatischen Informationsaustausch in Steuersachen (AIA-Gesetz) Das MCAA und seine Beilage enthalten grundsätzlich die materiell-rechtlichen Grundlagen für den AIA zwischen der Schweiz und ihren Partnerstaaten. Nicht alle ihre Bestimmungen sind jedoch ausreichend detailliert, justiziabel und direkt anwendbar, weshalb der Erlass eines flankierenden Bundesgesetzes notwendig ist.

Weiter enthält das AIA-Gesetz Bestimmungen über die Organisation, das Verfahren, die Rechtswege und die anwendbaren Strafbestimmungen.

Bilaterale Aktivierung des AIA mit Partnerstaaten Damit die Schweiz den AIA mit Partnerstaaten einführen kann, müssen, wie oben dargelegt, vier Voraussetzungen erfüllt sein. Die erste Voraussetzung, das Amtshilfeübereinkommen, bildet Gegenstand einer separaten Botschaft (vgl. dazu Ziff. 1.4).

Die zweite Voraussetzung bildet das MCAA einschliesslich seiner Beilage, welches
Gegenstand dieser Botschaft ist. Zudem ist als dritte Voraussetzung ein nationales Umsetzungsgesetz notwendig: das AIA-Gesetz. Damit der AIA mit einem bestimmten Staat eingeführt wird, braucht es viertens eine Mitteilung an das Sekretariat des Koordinierungsgremiums, dass die Schweiz mit diesem Staat Informationen auf automatischer Basis austauschen möchte. Diese letzte Voraussetzung ist nicht Gegenstand dieser Botschaft.

Der Bundesrat hat nach der Verabschiedung der Verhandlungsmandate am 8. Oktober 2014 mit verschiedenen Partnerstaaten Kontakt aufgenommen. Im Rahmen dieser Gespräche wird die Einführung des AIA im bilateralen Verhältnis thematisiert. Die beteiligten Parteien vertiefen die Fragen, wie der AIA umgesetzt werden soll, wie die jeweiligen Geheimhaltungsvorschriften ausgestaltet sind sowie die zu vereinbarenden Übermittlungsmodalitäten. Weiter werden der Marktzugang und die Vergangenheitsregularisierung thematisiert.

5450

Gespräche zur Umsetzung des AIA auf der Grundlage des MCAA sind zurzeit mit verschiedenen Staaten im Gange. Die Gespräche mit Australien konnten abgeschlossen werden und mündeten in der Unterzeichnung einer gemeinsamen Erklärung (vgl.

dazu Ziff. 1.1, Einführung des AIA mit Australien).

Sobald im Rahmen der Verhandlungen eine Einigung mit einem Partnerstaat erzielt wird, schlägt der Bundesrat die Aufnahme dieses Partnerstaates in die Liste der Staaten vor, mit denen die Schweiz Informationen auf automatischer Basis austauscht. Dies wird für jeden Partnerstaat in Form eines Bundesbeschlusses erfolgen, der das ordentliche Genehmigungsverfahren durchlaufen und der Bundesversammlung zur Genehmigung unterbreitet wird. Ein Beispiel liefert der Bundesbeschluss über die Einführung des automatischen Informationsaustauschs über Finanzkonten mit Australien, der sich derzeit in der Vernehmlassung befindet.

Ziel der vorliegenden Botschaft ist es, die Rechtsgrundlagen für die Einführung des AIA zu schaffen, nicht jedoch zu bestimmen, mit welchen Staaten der AIA eingeführt werden soll. Die bilaterale Aktivierung des AIA mit einzelnen Staaten ist Gegenstand separater Vorlagen, die der Bundesversammlung zur Genehmigung unterbreitet werden. Der Bundesrat bevorzugt es aber, diese Botschaft bereits zum jetzigen Zeitpunkt der Bundesversammlung zur Genehmigung zu unterbreiten, denn diese enthält die materiell-rechtlichen Grundlagen für den AIA. Sie führt aus, welche Finanzinstitute welche Informationen zu sammeln haben und enthält die notwendigen innerschweizerischen Rechtsgrundlagen. Die späteren Vorlagen zur bilateralen Aktivierung des AIA werden sich hingegen mit der Frage befassen, ob der AIA mit einem bestimmten Staat eingeführt werden soll.

1.3

Einbettung in die Strategie des Bundesrates

Die Einhaltung internationaler Standards im Steuerbereich, und insbesondere jener in Bezug auf die Transparenz und den Informationsaustausch, ist Bestandteil der bundesrätlichen Strategie für einen wettbewerbsfähigen Finanzplatz Schweiz. Die Schweiz soll auch in Zukunft über einen starken, international konkurrenzfähigen Finanzmarkt verfügen. Dieses Ziel kann eine mittelgrosse, offene Wirtschaft wie die Schweiz nur erreichen, wenn sie die international geltenden Standards erfüllt und mitprägt. Auf dem Gebiet des Informationsaustauschs in Steuersachen bezwecken die internationalen Standards insbesondere die Schaffung gleich langer Spiesse: Kein Staat soll von der Nichteinhaltung der Standards profitieren.

Die internationalen Standards im Steuerbereich sehen drei Formen des Informationsaustauschs im Steuerbereich vor: ­

11

Informationsaustausch auf Ersuchen: Bei dieser Form des Informationsaustauschs werden Informationen über einen bestimmten Fall gestützt auf ein konkretes Ersuchen eines anderen Staates übermittelt. Am 13. März 2009 beschloss der Bundesrat, den Vorbehalt zu Artikel 26 des OECD-Musterabkommens zurückzuziehen und damit den OECD-Standard für den Informationsaustausch auf Ersuchen zu übernehmen. Die Schweiz hat in der Zwischenzeit ein breites Netz an Abkommen11 aufgebaut und am 15. Oktober Die Schweiz verfügt derzeit über 57 Abkommen mit einer standardkonformen Informationsaustauschklausel, 50 DBA (davon 41 bereits in Kraft) und 7 SIA (davon 3 bereits in Kraft) (Stand: 1. Mai 2015).

5451

2013 das Amtshilfeübereinkommen unterzeichnet, um mit Partnerstaaten in Übereinstimmung mit dem OECD-Standard Informationen auf Ersuchen austauschen zu können. Die Einhaltung des internationalen Standards zum Informationsaustausch auf Ersuchen wird durch Peer Reviews des Global Forum überprüft. Die Schweiz ist im Frühjahr 2015 zur Phase 2 des Peer Review des Global Forum zugelassen worden und wird diese in der zweiten Jahreshälfte 2015 durchlaufen. Der Bundesrat ist bestrebt, die Empfehlungen des Global Forum umzusetzen, damit die Schweiz im Rahmen des Peer Review eine gute Gesamtbewertung erzielen kann.

­

Spontaner Informationsaustausch: Im Rahmen des spontanen Informationsaustauschs werden die Informationen nicht nach einem vorgängigen Ersuchen übermittelt, sondern dann, wenn der übermittelnde Staat bei bereits vorhandenen Informationen ein mögliches Interesse eines anderen Staates vermutet. Diese Form des Informationsaustauschs ist im Amtshilfeübereinkommen enthalten und soll, durch die Genehmigung des Amtshilfeübereinkommens, für die Schweiz neu eingeführt werden.

­

Automatischer Informationsaustausch: Beim AIA werden im Voraus genau definierte Informationen routinemässig in regelmässigen Abständen an einen anderen Staat übermittelt. Der von der OECD entwickelte AIA über Finanzkonten ist Gegenstand dieser Botschaft.

Die drei Formen des Informationsaustauschs ergänzen sich. Die Anwendungsbereiche des Informationsaustauschs auf Ersuchen und des spontanen Informationsaustauschs sind, anders als der AIA-Standard, nicht auf den Austausch von Informationen über Finanzkonten beschränkt. Diese zwei Formen des Informationsaustauschs ermöglichen es somit der Schweiz und ihren Partnerstaaten, sämtliche Informationen, die für die Anwendung und Durchsetzung der jeweiligen nationalen Steuergesetze voraussichtlich relevant sind, auszutauschen. Zudem kommt dem Informationsaustausch auf Ersuchen eine flankierende Funktion neben dem AIA zu, indem die Schweiz oder ein AIA-Partnerstaat zur Vervollständigung oder Ergänzung der im Rahmen des AIA erhaltenen Daten Ersuchen um weitere Informationen stellen kann. Die bundesrätliche Strategie für einen wettbewerbsfähigen Finanzplatz Schweiz umfasst somit die drei Formen des Informationsaustauschs im Steuerbereich.

Würdigung des AIA-Standards Der Entscheid des Bundesrates, den AIA-Standard umzusetzen, entspricht seiner Strategie, durch die Einhaltung internationaler Standards im Steuerbereich zu einem wettbewerbsfähigen Finanzplatz Schweiz beizutragen. Bei der Entwicklung dieses Standards war es dem Bundesrat ein Anliegen, dass sich die Schweiz dafür einsetzt, dass der Standard hohen Ansprüchen an die Einhaltung des Spezialitätsprinzips und der Vertraulichkeit genügt, Reziprozität garantiert sowie zuverlässige Regeln zur Feststellung der wirtschaftlich Berechtigten bei allen Rechtsformen, einschliesslich Trusts und Sitzgesellschaften, mitumfasst.

Der AIA-Standard sieht vor, dass das Spezialitätsprinzip eingehalten und die Vertraulichkeit gewährleistet sein müssen (vgl. Abschn. 5 MCAA in Verbindung mit Art. 22 Amtshilfeübereinkommen). Er sieht weiter vor, dass die Anwendung einer AIA-Vereinbarung suspendiert oder aufgehoben werden kann, wenn der Partnerstaat

5452

seine Verpflichtungen diesbezüglich nicht einhält (vgl. Abschn. 7 Unterabschn. 3 und 4 MCAA).

Die Forderung nach Reziprozität ist insofern erfüllt, als die Mustervereinbarung die gleichen Rechte und Pflichten für beide Vertragsstaaten vorsieht. Auch das MCAA sieht einen reziproken Informationsaustausch vor. Es enthält in Abschnitt 2 Unterabschnitt 1.2 auch die Möglichkeit, Informationen zu erteilen, aber nicht zu erhalten, was insbesondere für Staaten relevant ist, die über keine Einkommenssteuer verfügen. Nicht vorgesehen ist hingegen die Fallkonstellation, dass ein Staat Informationen erhält, aber nicht erteilt.

Der AIA-Standard sieht vor, dass Informationen über die wirtschaftlich Berechtigten von Strukturen, einschliesslich Trusts und Sitzgesellschaften, ausgetauscht werden müssen. Er enthält auch Vorgaben zur Identifikation der wirtschaftlich Berechtigten.

Dieser Aspekt ist im gemeinsamen Meldestandard geregelt.

Ausschlaggebend für ein echtes Level Playing Field wird die konkrete Umsetzung durch die verschiedenen Staaten sein. Wie oben dargelegt, haben die G-20-Staaten das Global Forum mit der Überwachung der Umsetzung des AIA beauftragt. Die Schweiz ist Mitglied des Global Forum und wird sich in diesem Rahmen für eine korrekte und konsequente Umsetzung des AIA-Standards einsetzen.

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass der Standard den Vorgaben des Bundesrates entspricht.

Würdigung des MCAA Die Genehmigung des MCAA stellt, nach dem grundsätzlichen Bekenntnis der Schweiz zum AIA und der Verabschiedung durch den Bundesrat der Verhandlungsmandate zur Einführung des AIA-Standards mit Partnerstaaten, einen folgerichtigen Schritt dar. Die Umsetzung des AIA-Standards mittels MCAA steht im Einklang mit den Verhandlungsmandaten. Die Frage, mit welchen Ländern der AIA umgesetzt werden soll, wird durch das MCAA nicht präjudiziert, da die bilaterale Aktivierung des AIA mit bestimmten Staaten der Bundesversammlung zur Genehmigung unterbreitet wird. Im Vergleich zu bilateralen Staatsverträgen hat das MCAA den Vorteil, dass es die einheitliche Umsetzung des AIA-Standards mit allen Partnerstaaten sicherstellt.

1.4

Verhältnis zu anderen Abkommen12

Doppelbesteuerungsabkommen und Steuerinformationsabkommen Die in den von der Schweiz abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen enthaltenen Amtshilfeklauseln sind auf den Informationsaustausch auf Ersuchen beschränkt. In einer Protokollbestimmung wird jeweils festgehalten, dass die Vertragsstaaten nicht dazu verpflichtet sind, Informationen auf automatischer Basis auszutauschen. Die Steuerinformationsabkommen der Schweiz sehen ebenfalls ausschliesslich den Informationsaustausch auf Ersuchen vor. Damit der AIA im Verhältnis zu einem Partnerstaat eingeführt werden kann, müssen deshalb die notwendigen staatsvertraglichen Rechtsgrundlagen geschaffen werden. Das MCAA 12

Für das Zinsbesteuerungsabkommen zwischen der Schweiz und der EU wird auf Ziffer 1.1, Einführung des AIA mit der EU verwiesen.

5453

verbunden mit dem Amtshilfeübereinkommen und einer bilateralen Einigung, den AIA einzuführen, stellt eine solche staatsvertragliche Rechtsgrundlage dar.

Amtshilfeübereinkommen Die Schweiz hat das Amtshilfeübereinkommen am 15. Oktober 2013 unterzeichnet.

Es ist Gegenstand einer separaten Botschaft.

Das Amtshilfeübereinkommen ist ein umfassendes Instrument der multilateralen Zusammenarbeit im Steuerbereich. Es ermöglicht den Vertragsparteien, sich betreffend einer Vielzahl von Steuern gegenseitig Amtshilfe zu leisten. Das Amtshilfeübereinkommen beinhaltet neben dem Informationsaustausch weitere Formen der Amtshilfe. Der modulare Aufbau des Amtshilfeübereinkommens und die Möglichkeit, bestimmte Vorbehalte anzubringen, erlaubt es den Staaten, bestimmte Arten der Zusammenarbeit auszuschliessen und den Geltungsbereich individuell zu gestalten.

Die Staaten können damit individuell entscheiden, zu welchen Formen der Zusammenarbeit sie sich verpflichten wollen. Der Informationsaustausch auf Ersuchen und der spontane Informationsaustausch sind hingegen zwingend und können nicht vorbehalten werden.

Das Amtshilfeübereinkommen sieht in Artikel 6 vor, dass zwei oder mehrere Vertragsparteien vereinbaren können, in bestimmten Fallkategorien und nach einem gemeinsam vereinbarten Verfahren Informationen automatisch auszutauschen.

Damit der AIA aktiviert wird, bedarf es somit einer zusätzlichen Vereinbarung. Das MCAA stellt eine solche Vereinbarung dar. Da das MCAA auf dem Amtshilfeübereinkommen basiert, muss dieses für die Schweiz in Kraft treten, damit die Schweiz auf der Basis des MCAA den AIA einführen kann.

Quellensteuerabkommen mit dem Vereinigten Königreich und Österreich Am 1. Januar 2013 sind die Quellensteuerabkommen zwischen der Schweiz und dem Vereinigten Königreich13 bzw. Österreich14 in Kraft getreten. Die Abkommen enthalten eine Vergangenheitsregularisierung, wonach Personen mit Wohnsitz in einem Partnerstaat ihre bestehenden Bankbeziehungen in der Schweiz mittels einer Einmalzahlung oder einer freiwilligen Meldung nachversteuern. Diese Vergangenheitsregularisierung ist mittlerweile abgeschlossen. Im Weiteren sehen die Quellensteuerabkommen die Erhebung einer abgeltenden Quellensteuer auf den Kapitalerträgen und -gewinnen der in der Schweiz gehaltenen Vermögenswerte von Personen mit Wohnsitz in
einem Partnerstaat vor. Alternativ haben die betroffenen Personen die Möglichkeit, ihre Zahlstelle zu ermächtigen, die Kapitaleinkünfte dem Partnerstaat zu melden.

Mit der Umsetzung des AIA-Standards erübrigt sich eine Besteuerung von Kapitaleinkünften gestützt auf die Quellensteuerabkommen. Der AIA soll mit dem Vereinigten Königreich und Österreich gestützt auf das AIA-Abkommen mit der EU eingeführt werden (vgl. dazu Ziff. 1.1, Einführung des AIA mit der EU), weshalb

13

14

Abkommen vom 6. Oktober 2011 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Vereinigten Königreich von Grossbritannien und Nordirland über die Zusammenarbeit im Steuerbereich, geändert durch das am 20. März 2012 unterzeichnete Protokoll (SR 0.672.936.74).

Abkommen vom 13. April 2012 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Republik Österreich über die Zusammenarbeit in den Bereichen Steuern und Finanzmarkt (SR 0.672.916.33).

5454

mit diesen Staaten vereinbart worden ist, dass im Rahmen von Aufhebungsvereinbarungen der Übergang von den Quellensteuerabkommen zum AIA geregelt wird.

FATCA-Abkommen zwischen der Schweiz und den USA Das am 14. Februar 2013 zwischen der Schweiz und den USA unterzeichnete und am 2. Juni 2014 in Kraft getretene FATCA-Abkommen15 basiert auf dem sogenannten Modell 2. Nach diesem Modell übermitteln die schweizerischen Finanzinstitute die verlangten Kundeninformationen direkt an die US-Steuerbehörden. Das Abkommen sieht zudem vor, dass Informationen von in den USA der Steuerpflicht unterliegenden Personen (US-Personen), die dem schweizerischen Finanzinstitut keine Zustimmung zur Übermittlung dieser Informationen erteilen, auf dem Amtshilfeweg mittels Gruppenersuchen basierend auf dem schweizerisch-amerikanischen Doppelbesteuerungsabkommen (DBA-USA) an die US-Steuerbehörden gemeldet werden.

Solche Ersuchen können jedoch erst gestellt werden, wenn das Protokoll zur Änderung des DBA-USA16 in Kraft getreten ist.

Am 8. Oktober 2014 hat der Bundesrat das Mandat verabschiedet, mit den USA über ein FATCA-Abkommen nach dem Modell 1 zu verhandeln. Statt der im Modell 2 vorgesehenen direkten Informationsübermittlung zwischen den schweizerischen Finanzinstituten und den US-Steuerbehörden wird die Informationsübermittlung im Abkommen nach Modell 1 über die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) erfolgen. Das zu verhandelnde Abkommen nach dem Modell 1 soll beschränkt reziprok ausgestaltet werden, d.h. die USA sind bereit, ihrerseits gewisse Informationen auszutauschen unter der Bedingung, dass der andere Vertragsstaat die dafür vorgesehenen Voraussetzungen erfüllt. Dabei handelt es sich insbesondere um die Sicherstellung der Vertraulichkeit und die Einhaltung des Spezialitätsprinzips. Das Staatssekretariat für internationale Finanzfragen (SIF) hat das US-Finanzministerium am 9. Oktober 2014 um Aufnahme von Verhandlungen über ein Abkommen nach dem Modell 1 ersucht. In der Zwischenzeit haben erste Gespräche stattgefunden. Diese Verhandlungen sind nicht Gegenstand dieser Botschaft. Die Umsetzung von FATCA würde auch unter einem Abkommen nach dem Modell 1 nach einem vom AIA-Standard getrennten System erfolgen. Da jedoch der AIA-Standard weitgehend auf dem FATCA-Modell basiert, beschränken sich die Unterschiede in erster Linie auf amerikanische Spezifitäten.

1.5

Ergebnisse der Vernehmlassung

Allgemeines Vom 14. Januar 2015 bis zum 21. April 2015 waren das MCAA und das AIAGesetz Gegenstand eines Vernehmlassungsverfahrens.

Von den Eingeladenen haben sich 25 Kantone, sechs politische Parteien, sieben gesamtschweizerische Dachverbände der Wirtschaft sowie 13 Vertreter interessierter 15

16

Abkommen vom 14. Februar 2013 zwischen der Schweiz und den Vereinigten Staaten von Amerika über die Zusammenarbeit für eine erleichterte Umsetzung von FATCA (SR 0.672.933.63).

Protokoll vom 23. September 2009 zur Änderung des Abkommens vom 2. Oktober 1996 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und den Vereinigten Staaten von Amerika zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen (SR ...; BBl 2010 247).

5455

Kreise vernehmen lassen. Ausserdem haben weitere 14 Teilnehmerinnen und Teilnehmer eine Stellungnahme abgegeben. Von den Eingeladenen verzichten vier auf eine Stellungnahme.

Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens Die Vernehmlassungsteilnehmerinnen und -teilnehmer begrüssen die Vorlage grossmehrheitlich.

Sämtliche Kantone sprechen sich für die Vorlage aus.

Von den Parteien stimmen fünf der Vorlage zu. Eine Partei lehnt die Vorlage ab.

Von den 34 Verbänden, Organisationen und Unternehmen, die eine materielle Stellungnahme eingereicht haben, befürworten 27 die Vorlage. Ein Teilnehmer äussert sich nicht für oder gegen die Vorlage, reicht aber ein Anliegen ein. Zwei Verbände äussern sich mehrheitlich kritisch zur Vorlage. Vier Teilnehmerinnen und Teilnehmer lehnen die Vorlage ab.

Von den Gegnerinnen und Gegnern der Vorlage werden insbesondere folgende grundsätzliche Kritikpunkte am AIA vorgebracht: ­

Der AIA sei ein massiver Eingriff in die Privatsphäre und widerspreche einem auf Treu und Glauben aufbauenden Verhältnis zwischen Bürger und Staat.

­

Die USA würden bezüglich der Reziprozität und der Identifikation der «beherrschenden Personen» bevorteilt.

­

Der AIA sei technisch und organisatorisch durch eine Vielzahl der teilnehmenden Länder nicht umsetzbar.

­

Die Vorlage sei mit Bezug auf den Umfang der automatisch auszutauschenden Informationen zu überarbeiten. Die Schweiz solle den ausländischen Behörden lediglich über die Existenz von Konten von Steuerpflichtigen Auskunft geben. Die Rechtsdurchsetzung wäre dann Sache der einzelnen ausländischen Staaten.

Die Befürworterinnen und Befürworter der Vorlage bringen insbesondere folgende Kritikpunkte an: ­

Steueridentifikationsnummer (Art. 2 Abs. 1 Bst. f AIA-Gesetzesvorentwurf): Von Seiten der Kantone wird einhellig die Verwendung der AHVVersichertennummer (AHVN13) als Steueridentifikationsnummer für natürliche Personen im Rahmen des AIA verlangt. Dies wird damit begründet, dass die Kantone bereits heute mit der AHV-Versichertennummer operieren und diese die aus ihrer Sicht effizienteste und einfachste Lösung darstellt (kein Umbau ihrer Systeme nötig). Wird eine sektorielle Nummer eingeführt, wird die volle Kostenübernahme durch den Bund gefordert, sowie dass die Vergabe der Nummer einheitlich auf Ebene des Bundes erfolgt.

­

Nicht meldende Finanzinstitute und ausgenommene Konten (Art. 3 AIAGesetzesvorentwurf): Einzelne Vernehmlassungsteilnehmerinnen und -teilnehmer äussern das Anliegen, dass die Begriffe «nicht meldendes Finanzinstitut» und «ausgenommenes Konto» möglichst klar und praktikabel beschrieben werden und kritisieren den Verweis auf die FATCA-Gesetzgebung. Verschiedene Vernehmlassungsteilnehmerinnen und -teilnehmer

5456

fordern eine Ausweitung der in Artikel 3 AIA-Gesetzesvorentwurf definierten nicht meldenden Finanzinstitute und ausgenommenen Konten.

17 18 19

­

Selbstauskunft (Art. 9 Abs. 1 AIA-Gesetzesvorentwurf): Mehrere Vernehmlassungsteilnehmerinnen und -teilnehmer kritisieren die Aussage im erläuternden Bericht, wonach eine Selbstauskunft nach dem AIA als eine Urkunde im Sinne des Strafgesetzbuches (StGB)17 zu qualifizieren sei. Diese Aussage wird einerseits in Frage gestellt. Andererseits wird vorgebracht, dass mit der Qualifikation der Selbstauskunft als Urkunde eine überschiessende Strafdrohung resultiere, die der AIA-Standard nicht fordere. Mit der Einführung eines speziellen Übertretungstatbestands im AIA-Gesetz würde dem AIA-Standard genügend Rechnung getragen.

­

Spezialitätsprinzip (Art. 18 AIA-Gesetzesvorentwurf): Zahlreiche Kantone verlangen die Klärung der Frage, ob die kantonalen Steuerverwaltungen weiterhin Steuerauskünfte an andere Verwaltungsbehörden und Gerichte erteilen dürfen, wenn Informationen aus dem AIA-Datenaustausch in die entsprechende Veranlagungsverfügung Eingang gefunden haben.

­

Strafbestimmungen (Art. 30 ff. AIA-Gesetzesvorentwurf): Mehrere Vernehmlassungsteilnehmerinnen und -teilnehmer kritisieren, dass die Strafbestimmungen des AIA-Gesetzes auch bei Fahrlässigkeit Anwendung finden. Vor dem Hintergrund des zu erwartenden grossen Ausmasses an Meldungen wird insbesondere vorgebracht, dass unabsichtlich falsch gemeldete Daten nicht zu einer unnötigen Kriminalisierung der Finanzinstitute bzw. ihrer Mitarbeitenden führen dürften.

­

Genehmigungskompetenz / Ausschluss des fakultativen Referendums (Art. 35 AIA-Gesetzesvorentwurf): Einzelne Vernehmlassungsteilnehmerinnen und -teilnehmer kritisieren, dass die Bundesversammlung mit einfachem Bundesbeschluss und damit unter Ausschluss des fakultativen Referendums über die Aktivierung des AIA mit einem Partnerstaat befinden kann. Dies wird aus verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten als problematisch erachtet. Im Übrigen wird darauf hingewiesen, dass mit einer solchen Regelung ein nicht nachvollziehbarer Unterschied zwischen der Genehmigung von DBA und AIA-Aktivierungen geschaffen werde.

­

Kundenverfahren: Nach Ansicht Vernehmlassungsteilnehmerinnen und -teilnehmer würden die Rechtsbehelfe des Bundesgesetzes vom 19. Juni 199218 über den Datenschutz (DSG) nicht ausreichen, damit sich eine Person gegen eine fehlerhafte Informationsübermittlung zur Wehr setzen kann. Deshalb sei den meldepflichtigen Personen im AIA-Gesetz ein spezifisches Verfahrensrecht einzuräumen, um materielle Fehler vor der ersten Datenübermittlung an einen AIA-Partnerstaat korrigieren zu können.

­

Aufhebung der Selbstbeschränkung (Art. 22 Abs. 6 des Bundesgesetzes vom 28. September 201219 über die internationale Amtshilfe in Steuersachen [Steueramtshilfegesetz, StAhiG]): Zahlreiche Kantone beantragen die Aufhebung von Artikel 22 Absatz 6 StAhiG. Die Aufrechterhaltung dieser Selbstbeschränkung sei vor dem Hintergrund der Einführung des AIA nicht SR 311.0 SR 235.1 SR 672.5

5457

nachvollziehbar. Teilweise wird vorgeschlagen, die Bestimmung mindestens so abzuändern, dass die Selbstbeschränkung nicht mehr für Staaten gilt, von denen die Schweiz ohne vorgängiges Ersuchen Informationen erhalten kann.

­

Aufhebung des Verwendungsverbots von amtshilfeweise erhobenen Bankinformationen (Art. 21 Abs. 2 StAhiG und Art. 13 Abs. 5 AIA-Gesetzesvorentwurf): Einige Kantone fordern die Aufhebung bzw. Anpassung von Artikel 21 Absatz 2 StAhiG und Artikel 13 Absatz 5 AIA-Gesetzesvorentwurf.

Diese Bestimmungen verbieten die Verwertung von amtshilfeweise erhobenen und ins Ausland übermittelten Bankinformationen, die nach schweizerischem Recht nicht hätten beschafft werden können. Die Aufrechterhaltung dieser Bestimmungen sei vor dem Hintergrund der Einführung des AIA nicht nachvollziehbar. Eine Reihe von Kantonen hält die Besserstellung ausländischer Steuerbehörden zwar für unbefriedigend, vor dem Hintergrund der Beibehaltung des Bankgeheimnisses im Inland jedoch für nachvollziehbar.

­

Kommentar zum gemeinsamen Meldestandard: Mehrere Vernehmlassungsteilnehmerinnen und -teilnehmer äussern das Anliegen, dass die Verbindlichkeit des Kommentars für die umsetzenden Finanzinstitute und sein Verhältnis zu den schweizerischen Rechtsgrundlagen im AIA-Gesetz geklärt wird.

­

Datenaufbereitung: Ein Grossteil der Kantone fordert, dass die aus dem Ausland erhaltenen Meldungen ohne Weiteres visualisierbar gemacht werden können. Diese Aufbereitung müsse auf Stufe Bund finanziert werden.

Ebenfalls sollen die vom Ausland in Fremdwährung erhaltenen Daten auf Stufe Bund vor der Weiterleitung an die Kantone zusätzlich in Franken umgerechnet werden. Im Weiteren solle der Bund die Weiterleitung an die Kantone in jenem Dateiformat und auf jenem Meldekanal vornehmen, die von den Kantonen bereits für interkantonale Meldungen verwendet werden.

­

Sorgfaltspflichten der Finanzinstitute: Einzelne Vernehmlassungsteilnehmerinnen und -teilnehmer bringen vor, dass neben der Einführung des AIAStandards die Statuierung zusätzlicher Sorgfaltspflichten für Finanzinstitute bezüglich Überprüfung der Steuerehrlichkeit ihrer Kunden nicht gerechtfertigt sei.

Neuerungen gegenüber dem Vernehmlassungsentwurf Gegenüber dem Vorentwurf weist der Entwurf des AIA-Gesetzes insbesondere folgende Änderungen auf: a.

Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe f bezieht sich neu zur Definition der schweizerischen Steueridentifikationsnummer für natürliche Personen auf Artikel 21, der festlegt, dass der Bundesrat zur Erfüllung der Aufgaben nach dem AIAGesetz eine schweizerische Steueridentifikationsnummer für natürliche Personen einführen kann.

b.

Die Bestimmung in Artikel 2 Absatz 2 des Vorentwurfs wurde gestrichen.

Neu wird für die im AIA-Gesetz verwendeten Begriffe nicht mehr präzisiert, dass die Begriffsbestimmungen im anwendbaren Abkommen gelten, da dies auch ohne Präzisierung gilt. In Artikel 2 Absatz 2 wurde eine neue Bestimmung aufgenommen, nach welcher der Bundesrat den in den anwendbaren

5458

Abkommen verwendeten Begriff «teilnehmender Staat» für eine befristete Dauer breiter definieren kann.

c.

Artikel 3 des Vorentwurfs wurde grundsätzlich überarbeitet und in zwei Artikel aufgeteilt. Neu regelt Artikel 3 die nicht meldenden Finanzinstitute und Artikel 4 die ausgenommenen Konten. Im Vorentwurf wurde bei der Regelung der nicht meldenden Finanzinstitute und der ausgenommenen Konten auf das FATCA Regelwerk verwiesen. Dies wurde in der Vernehmlassung von verschiedenen Teilnehmerinnen und Teilnehmer moniert. Die neuen Artikel verzichten deshalb auf einen solchen Verweis und führen die nicht meldenden Finanzinstitute und die ausgenommenen Konten direkt auf.

Materiell sind gegenüber dem Vorentwurf zwei Änderungen vorgenommen worden. Erstens werden schweizerische Finanzinstitute mit Lokalkundschaft nicht mehr vom Anwendungsbereich des AIA ausgenommen. Eine solche Ausnahme gilt international als standardwidrig. Zudem sind verschiedene Fragen mit Bezug auf die Praktikabilität und den Nutzen einer solchen Ausnahmeregelung aufgeworfen worden. Zweitens ist die Ausnahme für nachrichtenlose Konten nicht mehr im Entwurf aufgeführt. Der Kommentar zum gemeinsamen Meldestandard enthält ein Beispiel wonach nachrichtenlose Konten mit einem Saldo von bis zu 1000 Franken als ausgenommene Konten bezeichnet werden können. Der im Vorentwurf vorgeschlagene Schwellenwert von 50 000 Franken ist deshalb international auf Kritik gestossen.

Vor diesem Hintergrund gilt es zu prüfen, ob eine Ausnahme für nachrichtenlose Konten mit einem Saldo von bis zu 1000 Franken in der Praxis sinnvoll umsetzbar ist, oder ob auf diese Ausnahme verzichtet werden soll. Sollen solche Konten ausgenommen werden, kann der Bundesrat dies gestützt auf Artikel 4 Absatz 3 auf Verordnungsebene regeln.

d.

Artikel 8 stellt neu klar, dass Änderungen an den Kommentaren der OECD zur Mustervereinbarung und zum gemeinsamen Meldestandard für die meldenden schweizerischen Finanzinstitute erst umzusetzen sind, wenn sie in einem Bundesgesetz, in einer Verordnung oder in eine Weisung der ESTV aufgenommen worden sind. Die Schweiz ist Mitglied der OECD und in den Arbeitsgruppen und Gremien der OECD vertreten, in denen Änderungen an den Kommentaren diskutiert und entschieden werden. Bei Änderungen an den Kommentaren wird der Bundesrat prüfen müssen, ob diese Änderungen einer Ausweitung oder Weiterentwicklung des Standards gleichkommen und deshalb auf Gesetzesstufe umgesetzt werden müssen, oder ob diese Änderungen präzisierender oder auslegender Natur sind und deshalb auf Verordnungsstufe oder in einer Weisung der ESTV umgesetzt werden können.

e.

In Artikel 10 wurde Absatz 2 überarbeitet und ein neuer Absatz 3 eingefügt.

Absatz 2 Buchstabe b ermächtigt den Bundesrat die Kriterien festzulegen, nach denen die verschiedenen Typen von Konten den im anwendbaren Abkommen definierten Kategorien von Finanzkonten zuzuweisen sind.

Absatz 3 legt fest, wie ein meldendes schweizerisches Finanzinstitut ein Konto beim Ableben einer meldepflichtigen Person zu behandeln hat.

f.

Die Regelung in Artikel 9 Absatz 7 des Vorentwurfs wurde überarbeitet.

Artikel 11 Absatz 7 sieht neu vor, dass meldende schweizerische Finanzinstitute angemessene organisatorische Massnahmen treffen müssen, die sicherstellen, dass ihnen alle Informationen vorliegen, die nach dem 5459

anwendbaren Abkommen und dem AIA-Gesetz im Rahmen der Kontoeröffnung erhoben werden müssen. Nach Artikel 11 Absatz 8 muss ein meldendes schweizerisches Finanzinstitut ein Neukonto schliessen, wenn ihm innert 90 Tagen nach der Eröffnung des Neukontos Name, Adresse oder Geburtsdatum des Kontoinhabers oder der Kontoinhaberin und der beherrschenden Personen nicht vorliegen. Vorbehalten ist Artikel 9 des Geldwäschereigesetzes vom 10. Oktober 199720 (GwG). Artikel 11 Absatz 9 sieht ferner vor, dass ein meldendes schweizerisches Finanzinstitut ein Konto für alle Zuund Abgänge sperrt, wenn ihm 90 Tage nach Eröffnung des Neukontos die nach dem anwendbaren Abkommen und dem AIA-Gesetz notwendigen Informationen nicht vorliegen. Das Konto bleibt solange gesperrt, bis ihm alle Informationen vorliegen. Dazu gehören zusätzlich zu Name, Adresse und Geburtsdatum auch die Steueridentifikationsnummer sowie der oder die Staaten der steuerlichen Ansässigkeit. Liegen besondere Gründe vor, kann das meldende schweizerische Finanzinstitut die Frist von 90 Tagen auf maximal ein Jahr nach Eröffnung des Neukontos verlängern. Da verschiedene Branchen des Finanzsektors und verschiedene Kontoarten von dieser Regelung betroffen sind, sieht Absatz 10 vor, dass der Bundesrat Ausnahmen zu den Absätzen 8 und 9 regeln kann. Damit sollen praktikable Regelungen für alle Konstellationen gewährleistet werden.

20

g.

Artikel 14 legt fest, dass meldende schweizerische Finanzinstitute die meldepflichtigen Personen direkt oder über ihre Vertragspartei spätestens am 31. Januar des Jahres, in dem erstmals sie betreffende Informationen an einen Partnerstaat übermittelt werden, informieren müssen. In Artikel 14 wurde ein neuer Absatz 2 eingefügt, der präzisiert, dass die Information bei meldepflichtigen Konten, die geschlossen worden sind, an die letzte bekannte Adresse zu erfolgen hat. Neu ist in Absatz 2 zudem festgehalten, dass bei nachrichtenlosen Konten die Information ausbleiben kann. Absatz 3 stellt nun klar, dass meldende schweizerische Finanzinstitute für die Veröffentlichung einer aktualisierten Liste der Partnerstaaten der Schweiz im Rahmen des AIA auf die Liste des Eidgenössischen Finanzdepartements (EFD) verweisen können.

h.

In Artikel 16 Absatz 3 wurde die absolute Verjährungsfrist von 15 Jahren auf 10 Jahre gekürzt.

i.

Artikel 21 regelt, dass der Bundesrat zur Erfüllung der Aufgaben nach diesem Gesetz eine schweizerische Steueridentifikationsnummer für natürliche Personen einführen kann.

j.

Artikel 22 Absatz 4 präzisiert, dass die ESTV Weisungen erlassen kann.

Diese sollen sich an den Kommentaren der OECD zur Mustervereinbarung und zum gemeinsamen Meldestandard orientieren. Ziel ist eine standardkonforme Umsetzung des AIA-Standards durch die Schweiz.

k.

Die Missbrauchsbestimmung in Artikel 31 wurde angepasst. Die Regelung verbietet meldenden schweizerischen Finanzinstituten, Strukturen selber zu verwalten oder deren Verwendung zu unterstützen, von denen sie wissen, dass einziger oder hauptsächlicher Zweck die Umgehung der Verpflichtungen nach den anwendbaren Abkommen oder nach diesem Gesetz ist. Die im

SR 955.0

5460

Vorentwurf enthaltene Qualifikation dieser Strukturen als «künstlich» wurde gestrichen.

l.

In den Strafbestimmungen wurde ein neuer Artikel 36 eingefügt, der falsche Selbstauskünfte sanktioniert. Mit Busse bis zu 10 000 Franken soll bestraft werden, wer einem schweizerischen Finanzinstitut vorsätzlich oder fahrlässig eine falsche Selbstauskunft erteilt, Änderungen der Gegebenheiten nicht mitteilt oder über Änderungen der Gegebenheiten falsche Angaben macht.

m. Artikel 22 Absatz 6 StAhiG sieht vor, dass die Schweiz Amtshilfeersuchen zu Bankinformationen nur stellt, soweit diese Informationen nach schweizerischem Recht beschafft werden könnten. Diese Selbstbeschränkung soll neu teilweise aufgehoben werden. Ein neuer Absatz 7 soll im Artikel 22 StAhiG aufgenommen werden (Art. 40 AIA-Gesetz), so dass Absatz 6 nicht in Bezug auf Staaten gilt, von denen die Schweiz Informationen ohne vorgängiges Ersuchen erhalten kann. Diese Teilaufhebung der Selbstbeschränkung rechtfertigt sich, da die Schweiz von diesen Staaten in Zukunft aufgrund des AIA und des spontanen Informationsaustauschs unaufgefordert Informationen, insbesondere auch Bankinformationen, erhalten wird. In gewissen Fällen werden diese Informationen jedoch nicht ausreichen, um die Steuerpflicht nach Schweizer Recht abschliessend festzulegen. Es werden zusätzliche Informationen notwendig sein, weshalb die Schweizer Steuerbehörden die Möglichkeit erhalten sollen diese amtshilfeweise zu erfragen. Das Bankgeheimnis im Inland, das heisst für Steuerpflichtige in der Schweiz mit Bezug auf ihre Bankkonten in der Schweiz, wird durch die vorgeschlagene Änderung nicht tangiert. Die Regeln zur Beschaffung von Bankinformationen im Inland zur Anwendung und Durchsetzung des schweizerischen Steuerrechts werden durch diese Vorlage nicht geändert. Auch die im Rahmen eines ausländischen Ersuchens im Inland beschafften Bankinformationen dürfen weiterhin nur weiterverwendet werden, soweit sie nach schweizerischem Recht hätten beschafft werden können (Art. 21 Abs. 2 StAhiG).

2

Erläuterungen zu einzelnen Bestimmungen des MCAA

Präambel Die Präambel erläutert das Konstrukt des MCAA, insbesondere dessen Verhältnis zum Amtshilfeübereinkommen und zum nationalen Recht.

Sie stellt klar, dass das MCAA nur Staaten zur Unterzeichnung offensteht, die zumindest die Absicht erklärt haben, das Amtshilfeübereinkommen zu unterzeichnen. Weiter wird festgehalten, dass das MCAA erst Rechtswirkungen für einen Staat entfalten kann, wenn dieser das Amtshilfeübereinkommen in Kraft gesetzt hat. Die Schweiz hat das Amtshilfeübereinkommen am 15. Oktober 2013 unterzeichnet. Es bildet Gegenstand einer separaten Botschaft. Da das MCAA auf dem Amtshilfeübereinkommen basiert, muss dieses für die Schweiz in Kraft treten, damit die Schweiz auf der Basis des MCAA den AIA einführen kann.

Das MCAA enthält in Abschnitt 2 Unterabschnitt 1.1 die Verpflichtung zum Austausch bestimmter Informationen, die nach den geltenden Melde- und Sorgfaltsvor5461

schriften gemäss dem gemeinsamen Meldestandard beschafft wurden. Der Begriff «gemeinsamer Meldestandard» umfasst den von der OECD mit den G-20-Staaten entwickelten Standard für den automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten in Steuersachen (einschliesslich der Kommentare; Abschn. 1 Unterabschn. 1 Bst. f MCAA). Der gemeinsame Meldestandard ist nicht direkt in das MCAA integriert, letzterer nimmt jedoch darauf Bezug. In der Präambel wird festgehalten, dass das Recht der jeweiligen Staaten Finanzinstitute verpflichten soll, den Melde- und Sorgfaltspflichten nach dem gemeinsamen Meldestandard nachzukommen. Weiter ist in der Präambel festgehalten, dass das Recht der Staaten von Zeit zu Zeit geändert werden soll, um Aktualisierungen am gemeinsamen Meldestandard Rechnung zu tragen und dass nach Vornahme dieser Änderungen durch einen Staat die Bestimmung des Begriffs des gemeinsamen Meldestandards für diesen Staat als Bezugnahme auf die aktualisierte Fassung gelten soll. Das im MCAA gewählte Vorgehen hat den Vorteil, dass die einheitliche Umsetzung des AIA-Standards gegenüber allen Partnerstaaten sichergestellt ist. Weiter können Änderungen des Standards im nationalen Recht nachgeführt werden, ohne dass zahlreiche Abkommen neu verhandelt werden müssen. Die Finanzinstitute können somit gegenüber allen Partnerstaaten den gleichen Standard anwenden. Änderungen des Standards führen nicht dazu, dass sie bei Kunden aus gewissen Ländern den «alten» und bei Kunden aus anderen Ländern den «neuen» AIA-Standard anwenden müssen. Hingegen besteht die Möglichkeit, dass nicht alle Partnerstaaten gleichzeitig Anpassungen am gemeinsamen Meldestandard in ihrem nationalen Recht nachführen und deshalb ein Staat Informationen nach dem «neuen» AIA-Standard übermittelt, gleichzeitig aber Informationen nach dem «alten» AIA-Standard erhält. Es bestehen jedoch Mechanismen, um eine unterschiedliche Umsetzung des AIA-Standards zu verhindern und ein Level Playing Field sicherzustellen. Die OECD ist die zuständige Instanz, um Anpassungen am gemeinsamen Meldestandard zu beschliessen. Dadurch ist sichergestellt, dass international ein breiter Konsens betreffend dieser Anpassungen besteht, und es kann angenommen werden, dass diese auch effektiv umgesetzt werden. Weiter ist das Global Forum mit der Überwachung der Umsetzung des
AIA-Standards beauftragt worden. Schliesslich sieht das MCAA vor, dass eine Partei den Informationsaustausch nach dem MCAA gegenüber einem Partnerstaat aussetzen kann, wenn der Partnerstaat das MCAA in erheblichem Umfang nicht einhält oder eingehalten hat.

Je nach Tragweite der beschlossenen Anpassungen am AIA-Standard kann deren Nicht-Nachvollzug im nationalen Recht die Aussetzung des AIA rechtfertigen.

Zwecks Übernahme ins Schweizer Recht ist der gemeinsame Meldestandard dem MCAA beigelegt und wird der Bundesversammlung zusammen mit dem MCAA zur Genehmigung unterbreitet. In Artikel 7 Absatz 1 AIA-Gesetz wird zudem festgehalten, dass sich die Rechte und Pflichten der meldenden schweizerischen Finanzinstitute im Rahmen der Umsetzung des MCAA nach dem gemeinsamen Meldestandard richten, der dem MCAA beigelegt ist. Das MCAA einschliesslich gemeinsamen Meldestandard in der Beilage werden in der systematischen Rechtssammlung des Schweizer Bundesrechts veröffentlicht werden. Weiter ist im AIA-Gesetz eine Bestimmung aufgenommen worden, welche die innerschweizerische Zuständigkeit für die Anpassung der Beilage zum MCAA regelt (vgl. dazu die Erläuterungen zu Art. 7 AIA-Gesetz).

5462

Abschnitt 1: Begriffsbestimmungen In Abschnitt 1 werden die im MCAA verwendeten Ausdrücke definiert.

Abs. 1 Der Ausdruck «Staat» bedeutet einen Staat, für den das Amtshilfeübereinkommen und das MCAA in Kraft sind. Es kann sich um einen Staat oder ein Hoheitsgebiet (zum Beispiel ein Überseegebiet eines Staates) handeln.

Unter den Ausdruck «zuständige Behörde» fallen die für den jeweiligen Staat in Anlage B des Amtshilfeübereinkommens genannten Personen und Behörden. Für die Schweiz wird im Rahmen der Vorlage zum Amtshilfeübereinkommen vorgeschlagen, dass dies der Vorsteher oder die Vorsteherin des Eidgenössischen Finanzdepartements (EFD) oder die zu seiner oder ihrer Vertretung bevollmächtigte Person sein soll.

Die Definitionen der Ausdrücke «Finanzinstitut eines Staates», «meldendes Finanzinstitut» und «meldepflichtiges Konto» entsprechen jenen im gemeinsamen Meldestandard (vgl. dazu Abschn. VIII Unterabschn. A Nr. 1 und 2 sowie Unterabschn. D Nr. 1 der Beilage zum MCAA).

Der Ausdruck «gemeinsamer Meldestandard» bedeutet den von der OECD mit den G-20-Staaten entwickelten Standard für den automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten in Steuersachen (einschliesslich der Kommentare).

Mit «Sekretariat des Koordinierungsgremiums» ist das Sekretariat der OECD gemeint, das gemäss Artikel 24 Absatz 3 des Amtshilfeübereinkommens das Koordinierungsgremium unterstützt. Das Koordinierungsgremium setzt sich aus Vertretern der zuständigen Behörden der Vertragsparteien des Amtshilfeübereinkommens zusammen.

Der Ausdruck «wirksame Vereinbarung» bedeutet, dass die nachfolgenden vier Voraussetzungen erfüllt sind und der AIA zwischen zwei Staaten rechtswirksam eingeführt worden ist: ­

Beide Staaten müssen das Amtshilfeübereinkommen in Kraft gesetzt haben.

­

Beide Staaten müssen das MCAA unterzeichnet haben.

­

Beide Staaten müssen bestätigt haben, dass sie über die zur Umsetzung des AIA-Standards notwendigen Gesetze verfügen.

­

Beide Staaten müssen dem Sekretariat des Koordinierungsgremiums mitgeteilt haben, dass sie mit dem anderen Staat Informationen auf automatischer Basis austauschen möchten.

Abs. 2 Alle nicht im MCAA definierten Ausdrücke werden nach dem Recht jener Vertragspartei ausgelegt, die das MCAA im konkreten Fall anwendet. Dabei soll diese Bedeutung mit der im gemeinsamen Meldestandard festgelegten Bedeutung übereinstimmen. Alle Begriffe, die weder im MCAA noch im gemeinsamen Meldestandard definiert sind, werden grundsätzlich nach dem Recht jener Vertragspartei ausgelegt, die das MCAA im konkreten Fall anwendet. Die von der Schweiz abgeschlossenen

5463

DBA und SIA sowie das Amtshilfeübereinkommen enthalten eine ähnliche Regelung.

Abschnitt 2: Austausch von Informationen in Bezug auf meldepflichtige Konten Abs. 1.1 und Abs. 2 Absatz 1.1 und Absatz 2 legen die auszutauschenden Informationen fest. Diese sind in Übereinstimmung mit den Melde- und Sorgfaltsvorschriften des gemeinsamen Meldestandards zu sammeln und jährlich mit den Partnerstaaten automatisch auszutauschen. Weiter wird auf die Artikel 6 und 22 des Amtshilfeübereinkommens verwiesen. Artikel 6 des Amtshilfeübereinkommens stellt zusammen mit dem MCAA die staatsvertragliche Rechtsgrundlage für den Austausch dar. Auf Artikel 22 des Amtshilfeübereinkommens wird auch in Abschnitt 5 des MCAA verwiesen.

Dieser enthält die in Bezug auf die ausgetauschten Informationen anzuwendenden Geheimhaltungsvorschriften und führt die Zwecke auf, für welche die ausgetauschten Informationen genutzt werden dürfen (sog. Spezialitätsprinzip).

Absatz 2 beschreibt die Informationen, die für jedes meldepflichtige Konto auszutauschen sind. Diese können in drei Kategorien zusammengefasst werden: (1) Identifikationsinformationen Diese dienen der Identifikation des Kontoinhabers oder der beherrschenden Personen des Kontos durch den empfangenden Staat. Sie umfassen bei natürlichen Personen den Namen, die Adresse, den oder die Staaten der steuerlichen Ansässigkeit, die Steueridentifikationsnummer, das Geburtsdatum und gegebenenfalls den Geburtsort.

Bei Rechtsträgern umfassen die zu meldenden Informationen den Namen, die Adresse, den oder die Staaten der steuerlichen Ansässigkeit und die Steueridentifikationsnummer.

(2) Kontoinformationen Diese dienen der Identifikation des Kontos und des Finanzinstituts, bei dem das Konto gehalten wird. Ausgetauscht werden die Kontonummer und der Name sowie gegebenenfalls die Identifikationsnummer des meldenden Finanzinstituts.

(3) Finanzinformationen Die zu meldenden Finanzinformationen hängen vom Typus des Finanzkontos ab. Es wird zwischen Verwahrkonten, Einlagenkonten und weiteren Konten unterschieden.

Die Finanzinformationen umfassen Zinsen, Dividenden, Kontosalden, Einkünfte aus bestimmten Versicherungsprodukten, Verkaufserlöse aus Finanzvermögen und sonstige Einkünfte aus in dem Konto gehaltenem Vermögen oder in Bezug auf das Konto geleistete Zahlungen. Wird das Konto im Laufe des Jahres aufgelöst, wird anstelle des Kontosaldos die Schliessung des Kontos
gemeldet.

Der gemeinsame Meldestandard enthält Präzisierungen und Konkretisierungen mit Bezug auf die zu liefernden Informationen (vgl. dazu Abschn. I der Beilage zum MCAA).

5464

Abs. 1.2 Absatz 1.2 regelt die Möglichkeit, Informationen zu erteilen, aber nicht zu erhalten, was insbesondere für Staaten relevant ist, die über keine Einkommenssteuer verfügen. Diese Staaten müssen dem Sekretariat des Koordinierungsgremiums melden, dass sie auf die Reziprozität verzichten, und werden in Anhang A des MCAA aufgeführt. Nicht vorgesehen ist hingegen die Fallkonstellation, dass ein Staat Informationen erhält, aber nicht erteilt.

Abschnitt 3: Zeitraum und Form des Informationsaustauschs Abs. 1­2 Der Betrag und die Einordnung der Zahlungen zugunsten eines meldepflichtigen Kontos können nach den Grundsätzen des Steuerrechts des die Informationen übermittelnden Staates bestimmt werden. Mit diesem Grundsatz wird bezweckt, dass meldende Finanzinstitute die Beträge und die Einordnung von Zahlungen gegenüber sämtlichen Partnerstaaten einheitlich vornehmen können. Diese Regelung wird in Artikel 10 Absatz 2 Buchstabe a AIA-Gesetz konkretisiert, wonach der Bundesrat die Kriterien festlegt, nach denen der Betrag und die Einordnung von Zahlungen zugunsten eines meldepflichtigen Kontos zu bestimmen sind. Weiter ist die Währung anzugeben, auf welche die gemeldeten Beträge lauten.

Abs. 3­6 Das MCAA sieht vor, dass jeder Staat bei der Unterzeichnung angibt, bis wann er beabsichtigt, den AIA umzusetzen. Für die Entstehung einer rechtlichen Verpflichtung zum AIA müssen aber die folgenden vier Voraussetzungen erfüllt sein: ­

Beide Staaten müssen das Amtshilfeübereinkommen in Kraft gesetzt haben.

­

Beide Staaten müssen das MCAA unterzeichnet haben.

­

Beide Staaten müssen bestätigt haben, dass sie über die zur Umsetzung des AIA-Standards notwendigen Gesetze verfügen.

­

Beide Staaten müssen dem Sekretariat des Koordinierungsgremiums mitgeteilt haben, dass sie mit dem anderen Staat Informationen auf automatischer Basis austauschen möchten.

Sind diese Voraussetzungen erst zu einem späteren Zeitpunkt erfüllt, als im Rahmen der Unterzeichnung angegeben wurde, findet das MCAA erst dann Anwendung.

Absatz 3 sieht weiter vor, dass die Informationen innerhalb von neun Monaten nach Ablauf des Kalenderjahrs ausgetauscht werden müssen, auf das sie sich beziehen, spätestens also Ende September.

Die Absätze 5 und 6 regeln technische Aspekte der Übermittlung. Die Informationen sind in einem XML-Schema nach einem automatisierten Verfahren auszutauschen.

Weiter müssen sich die zuständigen Behörden auf ein oder mehrere Datenübertragungsverfahren und einen oder mehrere Verschlüsselungsstandards einigen. Diese werden in Anhang B des MCAA festgehalten. Das Ziel sind möglichst vereinheitlichte Verfahren, um die Kosten und die Komplexität gering zu halten.

5465

Abschnitt 4: Zusammenarbeit bei Einhaltung und Durchsetzung der Vereinbarung Abschnitt 4 regelt die Zusammenarbeit der zuständigen Behörden für den Fall von Übermittlungsfehlern oder einer Verletzung der Melde- oder Sorgfaltspflichten durch ein meldendes Finanzinstitut. Die zuständigen Behörden sollen sich gegenseitig informieren und die geeigneten, nach ihrem innerstaatlichen Recht zur Verfügung stehenden Massnahmen treffen, insbesondere auch gegenüber einem säumigen Finanzinstitut. Das AIA-Gesetz sieht insbesondere Überprüfungen und Strafbestimmungen vor (vgl. Ziff. 4.2). Die Zusammenarbeit erfolgt jeweils zwischen den zuständigen Behörden. Das MCAA sieht keinen direkten Kontakt zwischen der zuständigen Behörde eines Staates und einem meldenden Finanzinstitut eines anderen Staates vor.

Abschnitt 5: Vertraulichkeit und Datenschutzvorkehrungen Abs. 1 Abschnitt 5 Absatz 1 verweist auf Artikel 22 des Amtshilfeübereinkommens, das die Vertraulichkeit und das Spezialitätsprinzip regelt. Es handelt sich dabei um unabdingbare Prinzipien im Zusammenhang mit dem Informationsaustausch in Steuerfragen. Ähnliche Klauseln sind in Artikel 26 OECD-Musterabkommen und im OECD-Steuerinformationsmusterabkommen enthalten.

Nach Artikel 22 Absatz 1 des Amtshilfeübereinkommens müssen Informationen, die ein Staat erhalten hat, ebenso geheim gehalten werden wie Informationen, die dieser Staat aufgrund seines innerstaatlichen Rechts erhalten hat. Die übermittelnde Partei kann der empfangenden Partei mitteilen, welche Schutzbestimmungen ihres innerstaatlichen Rechts auch von der empfangenden Partei einzuhalten sind, um das erforderliche Schutzniveau der Daten sicherzustellen. Die bezeichneten Schutzbestimmungen sollen aber nicht über das hinausgehen, was notwendig ist, um den Datenschutz zu gewährleisten. Diese Regelung ist Ausfluss des Verweises auf das innerstaatliche Recht eines Staates und dient der Sicherstellung eines genügenden Schutzes der Daten. Im Rahmen des MCAA werden von der übermittelnden Partei bezeichnete Schutzbestimmungen in Anhang C aufgeführt.

Der Bundesrat soll ermächtigt werden, mit den zuständigen Behörden der anderen Staaten zu vereinbaren, welche Datenschutzbestimmungen einzuhalten sind (vgl.

Art. 6 AIA-Gesetz). Da das Schweizer Datenschutzrecht grundsätzlich den internationalen Anforderungen entspricht, werden solche Vereinbarungen in der Regel dazu dienen, sicherzustellen, dass der Partnerstaat das erforderliche Schutzniveau der Daten sicherstellt. In diesem Zusammenhang gilt es zu berücksichtigen, dass grundsätzlich alle Staaten spezifische Datenschutzvorschriften für Steuerdaten kennen, da allgemein anerkannt ist, dass solche Daten speziell zu schützen sind. Die Liste des Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten, welche die Staaten aufführt, deren Gesetzgebung einen angemessenen Datenschutz gewährleistet, kann deshalb nur bedingt als Indikation dienen, ob ein Staat im Zusammenhang mit Daten die auf Grund des Amtshilfeübereinkommens und des MCAA ausgetauscht werden einen angemessenen Datenschutz gewährleistet. Die Liste des Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten gilt nämlich für alle Lebensbereiche 5466

und auch für Datenübermittlungen ins Ausland, die nicht auf einer staatsvertraglichen Rechtsgrundlage basieren. In Bezug auf Staaten, mit denen die Schweiz in der Vergangenheit gestützt auf ein DBA oder ein SIA bereits Daten ausgetauscht hat, kann auf die dabei gemachten Erfahrungen abgestellt werden. Weiter kann auf die Beurteilungen im Rahmen der Peer Reviews des Global Forum zurückgegriffen werden. Von den 85 Unterzeichnerstaaten des Amtshilfeübereinkommens wurden 72 vom Global Forum überprüft (Stand: 1. Mai 2015). Nach Abschluss der Peer Reviews, in deren Rahmen sowohl die Rechtsgrundlagen als auch die Praxis überprüft werden, wurden 48 Staaten mit Bezug auf die Geheimhaltung mit «Compliant», sieben mit «Largely Compliant» und vier mit «Partially Compliant» bewertet.

Weitere 13 Staaten haben die Phase 1 des Peer Review durchlaufen, im Rahmen dessen die Rechtsgrundlagen für die Geheimhaltung überprüft werden. Alle 13 Staaten haben die Bewertung «In Place» erhalten. Zusatzvereinbarungen im Zusammenhang mit dem Datenschutz werden deshalb nur in bestimmten Fällen notwendig sein.

Artikel 22 Absatz 2 des Amtshilfeübereinkommens regelt das Spezialitätsprinzip.

Die übermittelten Informationen dürfen nur den Personen und Behörden (einschliesslich Gerichten und Aufsichtsbehörden) zugänglich gemacht werden, die mit der Festsetzung, Erhebung, Vollstreckung oder Strafverfolgung oder mit der Entscheidung über Rechtsmittel hinsichtlich der Steuern des betroffenen Staates oder mit der Aufsicht darüber befasst sind. Nur diese Personen und Behörden dürfen die übermittelten Informationen verwenden, und zwar nur für diese Zwecke (vgl. jedoch die Ausnahme in Art. 22 Abs. 4 des Amtshilfeübereinkommens). Die Offenlegung der übermittelten Informationen in öffentlichen Gerichtsverfahren oder in einer Gerichtsentscheidung im Zusammenhang mit diesen Steuern ist zulässig. Diese Regelung entspricht grundsätzlich Artikel 26 Absatz 2 OECD-Musterabkommen.

Hat ein Staat bestimmte Steuern vom Geltungsbereich des Amtshilfeübereinkommens ausgeschlossen, so dürfen alle anderen Vertragsparteien die Informationen, die sie von diesem Staat erhalten haben, nicht für Steuern verwenden, die vom Geltungsbereich ausgeschlossen wurden. Umgekehrt ist es auch dem Staat, der einen entsprechenden Vorbehalt gemacht hat, verboten, über das
Amtshilfeübereinkommen erhaltene Informationen für Steuern zu verwenden, die vom Geltungsbereich ausgeschlossen sind. Zulässig ist es hingegen, die aufgrund von erhaltenen Informationen erstellte Berechnungsgrundlage für mehrere Steuern zu verwenden. Dies stellt keine Verletzung von Artikel 22 Absatz 3 des Amtshilfeübereinkommens dar, solange die Informationen selbst nicht weitergegeben werden. Der Bundesrat schlägt im Rahmen des Amtshilfeübereinkommens vor, die von der Schweiz zu leistende Amtshilfe auf Einkommens- und Vermögenssteuern, die von Bund, Kantonen und Gemeinden erhoben werden, zu beschränken. Konkret sind dies namentlich die Einkommens-, Vermögens-, Gewinn-, Kapital- und Verrechnungssteuer. Somit dürfen die auf Grundlage des MCAA automatisch ausgetauschten Informationen durch die Schweiz und ihre Partnerstaaten nur für Einkommens- und Vermögenssteuern verwendet werden.

Artikel 22 Absatz 4 des Amtshilfeübereinkommens sieht Ausnahmen vom Grundsatz vor, dass die übermittelten Informationen nur für die in diesem Artikel genannten Zwecke verwendet werden dürfen. Die ausgetauschten Informationen können auch anderen Behörden für ihre Zwecke (beispielsweise für die Bekämpfung von Geldwäscherei, Korruption oder Terrorismusfinanzierung) überlassen werden, wenn zwei Voraussetzungen erfüllt sind: erstens muss die Verwendung der Informationen 5467

für diese anderen Zwecke nach dem Recht des übermittelnden Staates zulässig sein; zweitens muss die zuständige Behörde des übermittelnden Staates diese Verwendung gestatten. Diese Bestimmung entspricht grundsätzlich jener in Artikel 26 Absatz 2 OECD-Musterabkommen.

Absatz 4 greift nicht, wenn die Berechnungsgrundlagen, nicht aber die Informationen selbst, im Rahmen gesetzlicher Auskunftspflichten an andere als Steuerbehörden weitergegeben werden. Erhält eine kantonale Steuerverwaltung beispielsweise im Rahmen des AIA Kenntnis von einem bislang nicht deklarierten Bankkonto eines Steuerpflichtigen, wird diese das Einkommen und das Vermögen des Steuerpflichtigen entsprechend anpassen. Diese korrigierten Berechnungsgrundlagen darf die kantonale Steuerverwaltung im Rahmen der gesetzlichen Auskunftspflichten an andere Amtsstellen (z.B. AHV-Ausgleichskassen oder Stipendienbehörden) weiterleiten, solange sie die Informationen selbst (d.h. Kontonummer, Kontosaldo, Erträge auf dem Konto usw.) nicht weitergibt. Sollen hingegen auch die Informationen selbst weitergegeben werden, sind die Voraussetzungen von Absatz 4 einzuhalten.

Dem empfangenden Staat ist es grundsätzlich untersagt, die erhaltenen Informationen einem anderen Staat bekanntzugeben. Eine Weiterleitung an einen anderen Staat kann nur mit Genehmigung des übermittelnden Staates erfolgen. Dadurch soll sichergestellt werden, dass ein Staat keine Informationen erhält, die er nicht direkt erhalten könnte (zum Beispiel weil dieser Staat und der Staat, der die Informationen übermittelt hat, keinen Informationsaustausch vereinbart haben).

Der AIA-Standard enthält einen Fragebogen zur Vertraulichkeit und zum Spezialitätsprinzip (Anhang 4)21. Dieser Fragebogen wurde ursprünglich von den USA entwickelt, um im Rahmen der Verhandlungen zu FATCA-Abkommen bestimmen zu können, ob die nötige Vertraulichkeit sichergestellt ist und das Spezialitätsprinzip eingehalten wird, damit die USA dem Partnerstaat Daten auf automatischer Basis übermitteln können. Jeder Staat soll den Fragebogen für sich selber ausfüllen und nach Abschnitt 7 Absatz 1 Buchstabe e MCAA dem Sekretariat des Koordinierungsgremiums übermitteln. Der Fragebogen soll mögliche Partnerstaaten bei der Beurteilung unterstützen, ob die nötigen Vertraulichkeitsvorschriften und Datenschutzvorkehrungen vorhanden sind, damit Informationen auf automatischer Basis ausgetauscht werden können. Der Fragebogen umfasst drei Kategorien:

21

­

Rechtsgrundlagen: Beschrieb des anwendbaren Staatsvertragsrechts und des nationalen Rechts, einschliesslich der Strafbestimmungen;

­

Informationssicherheitsmanagement: Beschrieb der Praktiken und Verfahren, welche die Einhaltung des Spezialitätsprinzips sicherstellen und die Offenlegung der Steuerinformationen an nicht berechtigte Personen unterbinden, wie zum Beispiel der Zugang zu Räumlichkeiten, die Ausgestaltung des Informatiksystems und die Ausbildung der Mitarbeiter;

­

Überwachung der Einhaltung und Sanktionen im Falle einer Verletzung der Vertraulichkeitsvorschriften: Beschrieb der anwendbaren Strafbestimmungen, aber auch der Massnahmen, die getroffen werden, um Verletzungen der Vertraulichkeitsvorschriften und die Täter identifizieren zu können.

Vgl. OECD Website (www.oecd.org/ctp/exchange-of-tax-information/ standard-for-automatic-exchange-of-financial-information-in-tax-matters.htm) und S. 277­283 des AIA-Standards.

5468

Abs. 2 Absatz 2 regelt das Meldeverfahren bei Verstössen gegen die Vertraulichkeitsvorschriften und einem Versagen der Schutzvorkehrungen. Dem Sekretariat des Koordinierungsgremiums sind zudem die verhängten Sanktionen und ergriffenen Gegenmassnahmen zu melden. Das Sekretariat des Koordinierungsgremiums wird alle zuständigen Behörden informieren, die mit dem betroffenen Staat Informationen gestützt auf das MCAA austauschen (vgl. dazu auch die Ausführungen zu Abschnitt 7 Absatz 3 und der Möglichkeit der Aussetzung des MCAA).

Abschnitt 6: Konsultationen und Änderungen Abs. 1 Treten bei der Durchführung oder Auslegung des MCAA Schwierigkeiten auf, so kann eine zuständige Behörde die andere(n) zuständige(n) Behörde(n) um Konsultationen zur Ausarbeitung geeigneter Massnahmen ersuchen. Konsultationen können auch mit dem Ziel durchgeführt werden, die Qualität der erhaltenen Informationen zu analysieren. Das Sekretariat des Koordinierungsgremiums ist gegebenenfalls über die getroffenen Massnahmen in Kenntnis zu setzen, damit es die anderen zuständigen Behörden informieren kann.

Abs. 2 Absatz 2 regelt, dass das MCAA durch schriftliche Übereinkunft aller zuständigen Behörden, für die das MCAA in Kraft ist, geändert werden kann. Nach der schweizerischen Kompetenzordnung und dem Schweizer Gesetzgebungsverfahren wird das MCAA der Bundesversammlung zur Genehmigung unterbreitet. Dementsprechend kann die zuständige Behörde der Schweiz einer Änderung des MCAA erst nach Genehmigung dieser Änderung durch die Bundesversammlung zustimmen.

Abschnitt 7: Geltungsdauer der Vereinbarung Abschnitt 7 führt die Bedingungen auf, die erfüllt sein müssen, damit das MCAA zwischen zwei Staaten rechtswirksam wird. Er führt weiter aus, unter welchen Umständen ein Staat das MCAA gegenüber einem bestimmten Partnerstaat aussetzen oder kündigen kann, und regelt die Kündigung des MCAA.

Abs. 1 Nach Absatz 1 übermittelt die zuständige Behörde im Zeitpunkt der Unterzeichnung des MCAA oder möglichst rasch nach Inkrafttreten der zur Umsetzung des gemeinsamen Meldestandards erforderlichen Rechtsvorschriften eine Notifikation. Diese umfasst: ­

eine Meldung, dass der Staat über die erforderlichen Rechtsvorschriften zur Umsetzung des gemeinsamen Meldestandards verfügt;

­

eine allfällige Bestätigung betreffend Verzicht auf den Erhalt von Daten (Verzicht auf Reziprozität); 5469

­

die Nennung eines oder mehrerer Datenübertragungsverfahren einschliesslich Verschlüsselungsstandards;

­

die Nennung allfälliger Vorkehrungen zum Schutz personenbezogener Daten, die von den Behörden, welche die Informationen erhalten, einzuhalten sind;

­

die Meldung betreffend Massnahmen zur Gewährleistung der Vertraulichkeit und des Datenschutzes; sowie

­

eine Liste der Staaten, mit denen Daten ausgetauscht werden sollen.

Der Entwurf des Bundesbeschlusses über die Genehmigung des MCAA regelt die Notifikation der Schweiz.

Die Notifikation soll erst erfolgen, nachdem das Amtshilfeübereinkommen, das MCAA und das AIA-Gesetz von der Bundesversammlung genehmigt worden sind und diese Erlasse nicht Gegenstand einer Volksabstimmung geworden sind oder in der Volksabstimmung angenommen worden sind (Art. 1 des Entwurfes des Bundesbeschlusses). Wie in Ziffer 1.2 dargelegt, müssen vier Voraussetzungen kumulativ erfüllt sein, damit der AIA zwischen zwei Staaten rechtswirksam wird. Das Amtshilfeübereinkommen, das MCAA und das AIA-Gesetz sind drei dieser Voraussetzungen. Erst wenn diese erfüllt sind, kann der Bundesrat nach Artikel 2 Buchstabe a des Entwurfes des Bundesbeschlusses erklären, dass die Schweiz über die zur Umsetzung des gemeinsamen Meldestandards erforderlichen Rechtsvorschriften verfügt.

Da die drei Erlasse zeitgleich der Bundesversammlung unterbreitet werden, aber Gegenstand separater Abstimmungen sind, muss im Entwurf des Bundesbeschlusses ihr Verhältnis zueinander geregelt werden. Weiter soll der Bundesrat nach Artikel 2 Buchstabe b des Entwurfes des Bundesbeschlusses erklären, dass die Schweiz über geeignete Massnahmen verfügt, um die erforderliche Vertraulichkeit und Datenschutzvorkehrungen zu gewährleisten. Die notwendigen Rechtsgrundlagen sind hauptsächlich im Amtshilfeübereinkommen, im MCAA sowie im AIA-Gesetz und im DSG enthalten.

Der Bundesrat hat am 14. Juni 2013 erklärt, dass er bereit sei, im Rahmen der OECD aktiv an der Entwicklung eines globalen Standards für den AIA mitzuwirken, der unter anderem Reziprozität garantiert. Dementsprechend ist im Entwurf des Bundesbeschlusses nicht vorgesehen, dass die Schweiz im Rahmen des MCAA auf die Reziprozität verzichtet. Zwecks Wahrung eines Level Playing Field soll die Schweiz grundsätzlich von ihren Partnerstaaten im Rahmen des AIA Informationen erhalten und diese zur Anwendung und Durchsetzung des schweizerischen Steuerrechts verwenden können (vgl. dazu Art. 20 AIA-Gesetz).

In Artikel 3 des Entwurfes des Bundesbeschlusses wird das EFD ermächtigt, die für die Schweiz anwendbaren Datenübertragungsverfahren einschliesslich Verschlüsselung mitzuteilen sowie den für die Schweiz ausgefüllten Fragebogen zu Vertraulichkeit- und Datenschutzvorkehrungen zu übermitteln. Die
Erteilung dieser Kompetenz ans EFD rechtfertigt sich, da diese Elemente einer dynamischen Entwicklung ausgesetzt sind. Die Datenübertragungsverfahren einschliesslich Verschlüsselungsstandards müssen sich am jeweils neuesten Stand der Technik orientieren. Der Fragebogen zu Vertraulichkeit- und Datenschutzvorkehrungen beschreibt nicht nur die geltende Rechtslage, sondern ebenfalls Praktiken und Verfahren. Diese müssen ständig überwacht und gegebenenfalls optimiert werden.

5470

Nicht Gegenstand dieser Botschaft ist die Frage, mit welchem Staat der AIA eingeführt werden soll (vgl. dazu Ziff. 1.2). Die bilaterale Aktivierung des AIA ist Gegenstand separater Vorlagen, die der Bundesversammlung zur Genehmigung unterbreitet werden (vgl. dazu Ziff. 1.1, Einführung des AIA mit Australien). Ebenfalls sind im Entwurf des Bundesbeschlusses keine Vorkehrungen zum Schutz datenschutzbezogener Daten aufgeführt, die von den empfangenden Behörden anzuwenden sind.

Es sollen zuerst die im Partnerstaat geltenden Vorschriften untersucht werden, bevor festgelegt wird, ob die empfangende Behörde weitergehende Schutzmassnahmen anwenden muss (vgl. dazu auch Art. 6 AIA-Gesetz).

Abs. 2.1­2.3 Nach Absatz 2.1 wird das MCAA zwischen zwei Staaten entweder am Tag der zweiten Notifikation oder am Tag des Inkrafttretens des Amtshilfeübereinkommens wirksam, wobei das spätere Datum massgebend ist. Die OECD veröffentlicht auf ihrer Website nach den Absätzen 2.2 und 2.3 gewisse der gemeldeten Angaben, so insbesondere eine Liste der zuständigen Behörden, die das MCAA unterzeichnet haben, und der zuständigen Behörden, zwischen denen das MCAA wirksam ist.

Abs. 3 Nach Absatz 3 kann der Informationsaustausch von einer zuständigen Behörde gegenüber einer anderen zuständigen Behörde ausgesetzt werden, wenn das MCAA in erheblichem Umfang nicht eingehalten wird oder wurde. Die zuständige Behörde, die beabsichtigt, das MCAA gegenüber einem Partnerstaat auszusetzen, muss die zuständige Behörde des Partnerstaates schriftlich darüber informieren. Die Information soll eine detaillierte Beschreibung des Problems in Bezug auf die Nichteinhaltung des MCAA enthalten und soweit möglich aufzeigen, wie das Problem gelöst werden kann. Die Nichteinhaltung der Vertraulichkeits- und Datenschutzbestimmungen des MCAA und des Amtshilfeübereinkommens, die nicht fristgerechte oder angemessene Bereitstellung von Informationen sowie eine dem Zweck des gemeinsamen Meldestandards entgegenstehende Festlegung des Status von Rechtsträgern oder Konten als nicht meldende Finanzinstitute beziehungsweise ausgenommene Konten können eine Aussetzung des MCAA rechtfertigen (zu den nicht meldenden Finanzinstituten und den ausgenommenen Konten, vgl. die Erläuterungen zu Art. 3 und 4 AIA-Gesetz).

Abs. 4 Absatz 4 regelt die Kündigungsmodalitäten. Das
MCAA kann insgesamt oder in Bezug auf bestimmte zuständige Behörden mit einer Frist von zwölf Monaten gekündigt werden. Erhaltene Informationen unterliegen auch nach der Kündigung den Bestimmungen des Amtshilfeübereinkommens, d.h. insbesondere den Vertraulichkeits- und Datenschutzbestimmungen. Kündigt ein Staat das Amtshilfeübereinkommen, so führt dies automatisch zur Beendigung des MCAA, da dieses auf Artikel 6 des Amtshilfeübereinkommens basiert.

5471

Abschnitt 8: Sekretariat des Koordinierungsgremiums Abs. 1 Absatz 1 regelt die Information aller zuständigen Behörden über eingegangene Notifikationen und der Unterzeichner des MCAA über neue Unterzeichnungen durch andere zuständige Behörden.

Abs. 2 Absatz 2 legt fest, dass die Kosten für die Verwaltung des MCAA grundsätzlich von allen Vertragsparteien gleichmässig zu tragen sind.

3

Erläuterungen zur Beilage zum MCAA

Das MCAA sieht vor, dass Informationen auszutauschen sind, die nach den Vorschriften des gemeinsamen Meldestandards gesammelt wurden, weshalb dieser dem MCAA zwecks Verankerung im schweizerischen Recht beigelegt wird (vgl. die Erläuterungen zur Präambel des MCAA). Das MCAA regelt grundsätzlich das zwischenstaatliche Verhältnis, das heisst, welche Informationen Staaten in welchem Verfahren untereinander austauschen. Die Beilage zum MCAA hingegen enthält die Sorgfaltspflichten, welche die Finanzinstitute zur Identifizierung meldepflichtiger Konten zu erfüllen haben: mit anderen Worten, wer was über wen wie zu beschaffen hat. Diese Informationen werden anschliessend der Steuerbehörde im Ansässigkeitsstaat des Finanzinstituts übermittelt und von dieser an die Steuerbehörden der Partnerstaaten weitergeleitet, d.h. der Staaten, mit denen der AIA rechtswirksam eingeführt worden ist.

Die Beilage zum MCAA regelt verschiedene Elemente im Zusammenhang mit der Datenbeschaffung: Wer: Die meldepflichtigen Finanzinstitute umfassen nicht nur Banken und Verwahrstellen, sondern auch andere Finanzinstitute wie Investmentunternehmen und bestimmte Versicherungsgesellschaften. Ausgenommen sind Finanzinstitute, die ein geringes Risiko aufweisen, dass sie zur Steuerhinterziehung missbraucht werden (z.B. gewisse Kollektivanlagevehikel).

Was: Es handelt sich dabei grundsätzlich um Informationen zur Identität der meldepflichtigen Person (Name, Adresse, Geburtsdatum, Steueridentifikationsnummer etc.) und zum Konto (Kontonummer, Saldo, Zinsen, Dividenden etc.). Die Meldung der Kontosalden ist erforderlich, um zu verhindern, dass Steuerpflichtige Vermögen zu verschleiern versuchen, das aus unversteuerten Einkünften oder Vermögenswerten besteht. Die Meldung muss ebenfalls Angaben zum Finanzinstitut enthalten, wo sich das Konto befindet.

Über wen: Die meldepflichtigen Konten umfassen solche von natürlichen Personen und Rechtsträgern (einschliesslich Trusts und Stiftungen), wobei die Beilage zum MCAA auch die Pflicht zur Prüfung passiver Non Financial Entities und gegebenenfalls zur Meldung der natürlichen Personen, die diese Rechtsträger tatsächlich beherrschen, beinhaltet. Dadurch soll verhindert werden, dass der AIA durch Zwischenschaltung einer juristischen Person oder eines Rechtsgebildes umgangen wird.

Die zu überprüfenden Konten umfassen grundsätzlich Verwahrkonten, Einlagekon5472

ten, Eigen- und Fremdkapitalbeteiligungen an einem Finanzinstitut, rückkaufsfähige Versicherungsverträge und Rentenversicherungsverträge. Ausgenommen sind Konten, die ein geringes Risiko aufweisen, dass sie zur Steuerhinterziehung missbraucht werden (z.B. Altersvorsorgekonten, Mietzinskautionskonten).

Wie: Die Beilage zum MCAA enthält unterschiedliche Sorgfaltspflichten, je nachdem, ob es sich um ein bestehendes oder um ein neues Konto und ob es sich um ein Konto einer natürlichen Person oder eines Rechtsträgers handelt. Eine Differenzierung der Sorgfaltspflichten bei bestehenden und neuen Konten ist notwendig, da die Beschaffung von Informationen bei Inhabern von bestehenden Konten für die Finanzinstitute schwieriger und aufwendiger ist als bei einer Kontoeröffnung. Unterschiedliche Sorgfaltspflichten kommen zudem bei Konten von natürlichen Personen und solchen von Rechtsträgern zur Anwendung. Bei Letzteren muss das Finanzinstitut in bestimmten Fällen, die hinter dem Rechtsträger stehenden Personen identifizieren.

Die Beilage zum MCAA weist in verschiedener Hinsicht einen breiten Geltungsbereich auf, um die Möglichkeiten der Steuerpflichtigen zur Umgehung des AIA über gewisse Institute oder Anlageprodukte einzuschränken.

Beilage Abschnitt I: Allgemeine Meldepflichten Unterabschnitt A wiederholt die unter dem AIA zu meldenden und auszutauschenden Informationen, wie sie bereits im MCAA festgehalten sind (vgl. dazu Abschn. 2 des MCAA). Diese Liste ist im Zusammenhang mit den Unterabschnitten C­E zu lesen, die Ausnahmen enthalten.

Die Steueridentifikationsnummer und das Geburtsdatum in Bezug auf meldepflichtige Konten, die bestehende Konten sind, müssen nur gemeldet werden, wenn diese in den Unterlagen des Finanzinstituts enthalten sind oder nach innerstaatlichem Recht zu erfassen sind. In der Schweiz wird das Geburtsdatum in der Regel im Rahmen der Sorgfaltspflichten zur Bekämpfung der Geldwäscherei erfasst. Hingegen sieht das schweizerische Recht keine Pflicht zur Erfassung der Steueridentifikationsnummer vor. Ausgenommen ist das FATCA-Abkommen, welches die Pflicht zur Erfassung der US-Steueridentifikationsnummer von US-Personen festlegt. Verfügen meldende Finanzinstitute nicht über die Steueridentifikationsnummer und das Geburtsdatum, so müssen sie angemessene Anstrengungen unternehmen, um diese zu beschaffen.

Da nach schweizerischem Recht keine Verpflichtung besteht, den Geburtsort zu erfassen, muss dieser von den meldenden schweizerischen Finanzinstituten nicht gemeldet werden.

Beilage Abschnitt II: Allgemeine Sorgfaltspflichten Ein Konto gilt ab dem Zeitpunkt als meldepflichtig, ab dem es als solches identifiziert wird. Es ist jährlich zu melden, auch wenn sein Wert bzw. Saldo null oder negativ ist. Dasselbe gilt für Konten, denen kein Betrag gutgeschrieben worden ist.

Sofern nichts anderes vorgesehen ist, müssen die Informationen in Bezug auf ein meldepflichtiges Konto jährlich in dem Kalenderjahr gemeldet werden, das dem Jahr folgt, auf das sich die Informationen beziehen.

5473

Der Saldo oder Wert eines Kontos wird zum letzten Tag des Kalenderjahrs oder eines anderen geeigneten Meldezeitraums ermittelt. Staaten können den meldenden Finanzinstituten gestatten, dritte Dienstleister beizuziehen und die Sorgfaltspflichten für Neukonten auf bestehende Konten und jene für Konten von hohem Wert auf Konten von geringerem Wert anzuwenden. Der Bundesrat schlägt vor, von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen (vgl. dazu die Erläuterungen zu Art. 9 Abs. 1 Bst. a­c AIA-Gesetz).

Beilage Abschnitt III: Sorgfaltspflichten bei bestehenden Konten natürlicher Personen Grundsätzlich müssen meldende Finanzinstitute alle bestehenden Konten natürlicher Personen überprüfen, wobei die anzuwendenden Sorgfaltspflichten für Konten von geringerem Wert und für Konten von hohem Wert unterschiedlich ausgestaltet sind.

Von der Überprüfungs-, Identifizierungs- und Meldepflicht ausgenommen sind Konten, bei denen es sich um rückkaufsfähige Versicherungs- oder Rentenversicherungsverträge handelt. Diese Ausnahme besteht nur, sofern die Gesetze den Verkauf solcher Verträge an eine in einem meldepflichtigen Staat ansässige Person verhindern und dies unabhängig davon wo die Transaktion erfolgt. Im Kommentar zum gemeinsamen Meldestandard sind weitergehende Ausführungen zu dieser Ausnahme enthalten (Abschn. III Rz. 2­3 des Kommentars zum gemeinsamen Meldestandard).

Diese gelten auch für die Schweiz, da das MCAA bei der Definition des gemeinsamen Meldestandards auch die dazugehörigen Kommentare miteinbezieht (vgl. dazu die Präambel des MCAA) und die Weisungen der ESTV sich an den Kommentaren der OECD zu orientieren haben (vgl. Art. 22 Abs. 4 AIA-Gesetz). Ist ein Finanzinstitut im Staat A und der Kontoinhaber im Staat B ansässig, muss geprüft werden, ob das Recht einer dieser beiden Staaten den Verkauf solcher Verträge untersagt. Ist dies nicht der Fall, muss geprüft werden, ob das Finanzinstitut im Staat A zusätzliche Voraussetzungen erfüllen muss, um den Verkauf solcher Verträge im Staat B zu tätigen (z.B. die Einholung einer Lizenz oder eine Registrierungspflicht der Verträge). Ein Finanzinstitut im Staat A, das diese Voraussetzungen nicht erfüllt, kann die Ausnahme von der Überprüfungs-, Identifizierungs- und Meldepflicht für sich in Anspruch nehmen. Es wird somit für jeden Partnerstaat und gegebenenfalls für jedes Finanzinstitut, das solche Produkte vertreibt, zu prüfen sein, ob die Voraussetzungen erfüllt sind.

Es wird auf Artikel 11 Absatz 2 AIA-Gesetz verwiesen für die Frage, in welchem Zeitrahmen die Überprüfung bestehender Konten natürlicher Personen vorzunehmen ist.

Sorgfaltspflichten bei bestehenden Konten von geringerem Wert Weist ein bestehendes Konto einer natürlichen Person einen Gesamtsaldo oder -wert von 1 Million US-Dollar oder weniger auf, so handelt es sich um ein Konto von
geringerem Wert (vgl. auch Art. 2 Abs. 1 Bst. k AIA-Gesetz). Bei Konten von geringerem Wert muss das Finanzinstitut die Ansässigkeit anhand einer mit Belegen dokumentierten Hausanschrift oder gegebenenfalls mittels einer Indiziensuche feststellen. Staaten, die den gemeinsamen Meldestandard umsetzen, können den Finanzinstituten die Anwendung beider Verfahren gestatten oder nur die Indiziensu-

5474

che vorsehen. Der Bundesrat schlägt vor, beide Verfahren zuzulassen (vgl. Art. 9 Abs. 1 Bst. e AIA-Gesetz).

Die Bestimmung der Ansässigkeit durch eine mit Belegen dokumentierte Hausanschrift stellt ein vereinfachtes Verfahren zur Erfüllung der Sorgfaltspflichten dar.

Dabei kann ein meldendes Finanzinstitut die Ansässigkeit mit Hilfe von erfassten Belegen bestimmen, welche die aktuelle Hausanschrift des Kontoinhabers oder der Kontoinhaberin bestätigen. Damit ein Finanzinstitut auf eine Adresse abstellen kann, die es in seinen Unterlagen hat, muss diese aktuell sein und auf Belegen beruhen.

Konkret bedeutet dies zum Beispiel, dass ein Finanzinstitut auf eine Adresse abstellen kann, die auf einem gültigen Pass oder einer gültigen Identitätskarte aufgeführt ist. Im Kommentar zum gemeinsamen Meldestandard sind weitergehende Ausführungen zu diesem Verfahren enthalten (Abschn. III Rz. 7­12 des Kommentars zum gemeinsamen Meldestandard). Diese gelten auch für die Schweiz, da das MCAA bei der Definition des gemeinsamen Meldestandards auch die dazugehörigen Kommentare miteinbezieht (vgl. dazu die Präambel des MCAA) und die Weisungen der ESTV sich an den Kommentaren der OECD zu orientieren haben (vgl. Art. 22 Abs.

4 AIA-Gesetz). Weiter ist auf Artikel 11 Absätze 5 und 6 AIA-Gesetz zu verweisen, die einzelne Punkte klären, in keiner Weise aber die durch den gemeinsamen Meldestandard und seinen Kommentar gewährten Möglichkeiten einschränken.

Sind die Voraussetzungen zur Bestimmung der Ansässigkeit mittels einer mit Belegen dokumentierten Hausanschrift nicht erfüllt, so muss das Finanzinstitut die Ansässigkeit mittels einer elektronischen Indiziensuche bestimmen. In der elektronischen Indiziensuche muss das meldende Finanzinstitut die elektronischen Datensätze auf die unten aufgeführten Indizien durchsuchen. Diese Indizien sind eine Serie von Faktoren, die darauf hinweisen, wo ein Kontoinhaber oder eine Kontoinhaberin ansässig ist: a.

Identifizierung des Kontoinhabers oder der Kontoinhaberin als Ansässige/r eines meldepflichtigen Staates;

b.

aktuelle Post- oder Hausanschrift (einschliesslich einer Postfachanschrift) in einem meldepflichtigen Staat;

c.

eine oder mehrere Telefonnummern in einem meldepflichtigen Staat und keine Telefonnummer im Staat des meldenden Finanzinstituts;

d.

Dauerauftrag (ausgenommen bei Einlagenkonten) für Überweisungen auf ein in einem meldepflichtigen Staat geführtes Konto;

e.

gültige, an eine Person mit Adresse in einem meldepflichtigen Staat erteilte Vollmacht oder Zeichnungsberechtigung oder;

f.

ein Postlagerungsauftrag oder eine c/o-Adresse in einem meldepflichtigen Staat, sofern dem meldenden Finanzinstitut keine andere Adresse des Kontoinhabers oder der Kontoinhaberin vorliegt.

Bei widersprüchlichen Indizien sind eine Selbstauskunft und/oder Belege einzuholen. Ansonsten hat grundsätzlich eine Meldung an alle meldepflichtigen Staaten zu erfolgen, für die Indizien festgestellt wurden (es kommen Spezialregeln zur Anwendung, wenn das einzige gefundene Indiz ein Postlagerungsauftrag oder eine c/o-Adresse ist). Werden keine Indizien gefunden, so gilt das Konto als undokumentiert. Staaten können vorsehen, dass undokumentierte Konten der Steuerbehörde zu melden sind (vgl. Art. 15 Abs. 1 AIA-Gesetz). Dadurch soll die Steuerbehörde prüfen können, warum ein bestimmtes Finanzinstitut undokumentierte Konten führt und 5475

ob dies durch geeignete Umsetzungsmassnahmen der Sorgfaltspflichten verbessert werden kann. Angaben zu undokumentierten Konten werden nicht an die Partnerstaaten weitergeleitet.

Sorgfaltspflichten bei bestehenden Konten von hohem Wert Bestehende Konten von hohem Wert sind Konten, die einen aggregierten Wert von mehr als 1 Million US-Dollar aufweisen (vgl. auch Art. 2 Abs. 1 Bst. l AIA-Gesetz).

Bei solchen Konten gelten erweiterte Sorgfaltspflichten, die unter anderem eine Suche in Papierunterlagen und die Nachfrage bei dem Kundenbetreuer oder der Kundenbetreuerin nach den Fakten, die ihm oder ihr bekannt sind, beinhalten.

Bei Konten von hohem Wert kommt das Hausanschriftverfahren nicht zur Anwendung. Es muss eine elektronische Indiziensuche durchgeführt werden. Weiter ist eine Suche in den Papierunterlagen vorgesehen, wenn die elektronisch durchsuchbaren Datenbanken des meldenden Finanzinstituts die nötigen Felder für alle oben genannten Faktoren nicht enthalten. Werden zum Beispiel alle oben genannten Faktoren ausser Vollmachten und Zeichnungsberechtigungen elektronisch erfasst und sind diese elektronischen Daten durchsuchbar, so kann ein Finanzinstitut die Suche in den Papierunterlagen auf die Suche nach Vollmachten und Zeichnungsberechtigungen beschränken. Zusätzlich zu der elektronischen Indiziensuche und der Suche in den Papierunterlagen muss für Konten von hohem Wert eine Befragung des Kundenbetreuers oder der Kundenbetreuerin durchgeführt werden. Für das weitere Verfahren wird auf die Ausführungen zu den Sorgfaltspflichten bei bestehenden Konten von geringerem Wert verwiesen.

Beilage Abschnitt IV: Sorgfaltspflichten bei Neukonten natürlicher Personen Bei Neukonten natürlicher Personen sieht die Beilage zum MCAA die Einholung einer Selbstauskunft im Rahmen der Kontoeröffnung vor. Die Sorgfaltspflichten sind grundsätzlich auf alle Konten anzuwenden. Eine gültige Selbstauskunft muss vom Kontoinhaber oder der Kontoinhaberin unterzeichnet und datiert sein sowie Name, Wohnadresse, Staat(en) der steuerlichen Ansässigkeit, Steueridentifikationsnummer(n) und Geburtsdatum enthalten. Nachdem das meldende Finanzinstitut die Selbstauskunft erhalten hat, muss es die Plausibilität dieser Selbstauskunft überprüfen. Dabei ist vorgesehen, dass sich das Finanzinstitut auf die bei der Kontoeröffnung beschafften Informationen stützt, einschliesslich der aufgrund von Verfahren zur Bekämpfung der Geldwäscherei erfassten Unterlagen.

Der gemeinsame Meldestandard und der dazugehörige Kommentar führen aus, dass eine Selbstauskunft so lange gültig ist, bis eine Änderung der Gegebenheiten eintritt, aufgrund derer dem meldenden Finanzinstitut bekannt ist oder bekannt sein müsste, dass die Selbstauskunft nicht zutreffend oder unglaubwürdig ist (vgl. auch Art. 11 Abs. 1 AIA-Gesetz). Sie enthalten weitergehende Ausführungen dazu (vgl. insbesondere Abschn. IV Rz. 12 ff. des Kommentars zum gemeinsamen Meldestandard).

Weiter wird in Artikel 18 AIA-Gesetz festgelegt, dass eine Person, die eine Selbstauskunft abgegeben hat, verpflichtet ist, dem meldenden schweizerischen Finanzinstitut Änderungen an den in der Selbstauskunft gemachten Angaben mitzuteilen.

Demnach liegt die Verantwortung zur Aktualisierung der beim Finanzinstitut dokumentierten Angaben nicht nur beim Finanzinstitut, sondern auch bei der Person, 5476

welche die Selbstauskunft ausgefüllt hat. Weiter wird die Abgabe einer falschen Selbstauskunft sowie die Nicht-Mitteilung von Änderungen der Gegebenheiten oder eine falsche Auskunft in diesem Zusammenhang mit Busse bestraft (vgl. Art. 36 AIA-Gesetz).

Beilage Abschnitt V: Sorgfaltspflichten bei bestehenden Konten von Rechtsträgern Bei bestehenden Konten von Rechtsträgern müssen die Finanzinstitute feststellen, (1) ob der Rechtsträger selbst eine meldepflichtige Person ist, und (2) ob der Rechtsträger ein passiver Non Financial Entity (NFE) ist, bei dem dann die Ansässigkeit der beherrschenden Personen zu ermitteln ist. Der Begriff «passiver NFE» wird in Abschnitt VIII Unterabschnitt D Nummer 8 der Beilage zum MCAA definiert.

Vereinfacht dargestellt handelt es sich um einen Rechtsträger, der kein Finanzinstitut ist und kein Handels-, Fabrikations- oder anderes nach kaufmännischer Art geführtes Gewerbe betreibt. Ein Trust oder eine Stiftung mit ähnlichen Eigenschaften wie ein Trust gilt typischerweise als passiver NFE.

Von der Überprüfungs-, Identifizierungs- und Meldepflicht ausgenommen sind bestehende Konten von Rechtsträgern, die einen Gesamtsaldo oder -wert von höchstens 250 000 US-Dollar aufweisen, sofern der Staat, der den gemeinsamen Meldestandard umsetzt, dies gestattet. Diese Ausnahme wurde im gemeinsamen Meldestandard eingeführt, um die Umsetzungskosten der Finanzinstitute zu reduzieren, da die Sorgfaltspflichten im Zusammenhang mit Rechtsträgern komplexer sind als jene für natürliche Personen. Der Bundesrat schlägt vor, von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen (vgl. dazu die Erläuterungen zu Art. 9 Abs. 1 Bst. d AIA-Gesetz).

Sobald eines dieser Konten einen Gesamtsaldo oder -wert von über 250 000 USDollar aufweist, sind die Überprüfungs-, Identifizierungs- und Meldepflichten anwendbar.

Die Beilage zum MCAA führt aus, dass gewisse Rechtsträger keine meldepflichtigen Personen sind. Dazu gehören namentlich gewisse börsennotierte Kapitalgesellschaften, staatliche Rechtsträger, internationale Organisationen, Zentralbanken und Finanzinstitute (vgl. die Definition der «meldepflichtigen Person» in Abschn. VIII Unterabschn. D Nr. 2 der Beilage zum MCAA). Auf Konten solcher Rechtsträger sind die Sorgfaltspflichten nach der Beilage zum MCAA nicht anzuwenden.

Es wird auf Artikel 11 Absatz 3 AIA-Gesetz verwiesen für die Frage, in welchem Zeitrahmen die Überprüfung bestehender Konten von Rechtsträgern vorzunehmen ist.

Überprüfungsverfahren zur Feststellung, ob der Rechtsträger eine meldepflichtige Person ist Die Feststellung, ob und in welchem
Staat ein Rechtsträger eine meldepflichtige Person ist, kann in der Regel anhand vorliegender Informationen (z.B. solche, die im Rahmen der Verfahren zur Bekämpfung der Geldwäscherei erhoben wurden) oder bei Bedarf über eine Selbstauskunft erfolgen. Mit Bezug auf die Selbstauskunft wird auf die Ausführungen in Abschnitt IV verwiesen.

5477

Überprüfungsverfahren zur Feststellung der beherrschenden Personen des Rechtsträgers Unabhängig davon, ob das Konto anhand des oben erwähnten Überprüfungsverfahrens als ein meldepflichtiges Konto identifiziert wurde, muss das meldende Finanzinstitut bestimmen, ob es sich beim Rechtsträger um einen passiven NFE mit beherrschenden Personen handelt, die in einem meldepflichtigen Staat ansässig sind.

Gegebenenfalls muss ein bereits meldepflichtiges Konto auch noch in Bezug auf die beherrschenden Personen des Rechtsträgers gemeldet werden. In einem solchen Fall erfolgt eine Meldung an den Ansässigkeitsstaat des Rechtsträgers und an die Ansässigkeitsstaaten der beherrschenden Personen des Rechtsträgers, sofern mit diesen Staaten der AIA rechtswirksam eingeführt worden ist.

Beispiel: Staat A hat den AIA mit den Staaten B, C und D, nicht aber E eingeführt.

Ein passiver NFE ist in Staat E ansässig und ist Inhaber eines Kontos bei einem Finanzinstitut in Staat A. In einem solchen Fall muss das Finanzinstitut in Staat A, obwohl der AIA mit dem Staat E nicht eingeführt wurde, die beherrschenden Personen des passiven NFE identifizieren. Falls diese beherrschenden Personen in den Staaten B, C oder D ansässig sind, erfolgt eine Meldung an diese Staaten. Ist der passive NFE jedoch in Staat B ansässig, muss das Finanzinstitut neben der Meldung auch in diesem Fall die dahinter stehenden beherrschenden Personen identifizieren.

Sind diese in den Staaten D und E ansässig, erfolgt im Endergebnis eine Meldung an die Staaten B und D.

Die Beilage zum MCAA sieht die Identifikation der beherrschenden Personen eines passiven NFE vor, um zu verhindern, dass diese Rechtsgebilde zur Umgehung des AIA verwendet werden.

Zur Bestimmung, ob es sich beim Rechtsträger um einen passiven oder einen aktiven NFE handelt, kann in der Regel auf vorliegende Informationen (z.B. solche, die im Rahmen der Verfahren zur Bekämpfung der Geldwäscherei erhoben wurden) abgestellt werden oder bei Bedarf eine Selbstauskunft eingeholt werden. Mit Bezug auf die Selbstauskunft wird auf die Ausführungen in Abschnitt IV verwiesen. Liegt ein passiver NFE vor, so sind in einem nächsten Schritt die beherrschenden Personen zu bestimmen. Dabei hängen die anzuwendenden Überprüfungsverfahren vom Gesamtsaldo oder -wert des Kontos ab. Weist das Konto einen
Gesamtsaldo oder -wert von höchstens 1 Million US-Dollar auf, so kann sich das meldende Finanzinstitut auf Informationen stützen, die es aufgrund von Verfahren zur Bekämpfung der Geldwäscherei erhoben hat. Andernfalls muss das meldende Finanzinstitut bei dem Kontoinhaber oder der Kontoinhaberin oder bei den beherrschenden Personen eine Selbstauskunft einholen. Mit Bezug auf die Selbstauskunft wird auf die Ausführungen in Abschnitt IV verwiesen. Kann keine Selbstauskunft eingeholt werden, so ist eine Indiziensuche zur Bestimmung der Ansässigkeit vorzunehmen.

Beilage Abschnitt VI: Sorgfaltspflichten bei Neukonten von Rechtsträgern Bei Neukonten von Rechtsträgern müssen dieselben beiden Überprüfungen wie bei bestehenden Konten durchgeführt werden. Da die Beschaffung einer Selbstauskunft für Neukonten jedoch einfacher ist, gilt hier nicht der Schwellenwert von 250 000 US-Dollar. Die Regelung, wonach gewisse Rechtsträger keine meldepflichtigen Personen sind, gilt dagegen auch für Neukonten.

5478

Um zu bestimmen, ob und in welchem Staat ein Rechtsträger eine meldepflichtige Person ist, muss ein meldendes Finanzinstitut eine Selbstauskunft beim Rechtsträger einholen und deren Plausibilität überprüfen.

Zur Überprüfung, ob ein Rechtsträger ein passiver NFE ist, gelten dieselben Überprüfungsverfahren wie in Abschnitt V. Das Überprüfungsverfahren zur Identifizierung der beherrschenden Personen weicht insofern von jenem in Abschnitt V ab, als das meldende Finanzinstitut in jedem Fall bei dem Kontoinhaber oder der Kontoinhaberin oder bei den beherrschenden Personen eine Selbstauskunft zur Bestimmung ihrer steuerlichen Ansässigkeit einholen muss. Mit Bezug auf die Selbstauskunft wird auf die Ausführungen in Abschnitt IV verwiesen.

Beilage Abschnitt VII: Besondere Sorgfaltsvorschriften Dieser Abschnitt enthält Zusatzregeln zu den allgemeinen Sorgfaltsvorschriften, unter anderem zur Frage, wann sich ein meldendes Finanzinstitut nicht auf Selbstauskünfte und Belege verlassen kann, sowie zur Zusammenfassung von Kontosalden. Weiter wird klargestellt, dass die Dollar-Beträge in der Beilage zum MCAA US-Dollar-Beträge sind und den Gegenwert in anderen Währungen nach innerstaatlichem Recht umfassen (vgl. Art. 12 Abs. 2 und 4 AIA-Gesetz).

Beilage Abschnitt VIII: Begriffsbestimmungen Abschnitt VIII enthält die Definitionen der in der Beilage zum MCAA verwendeten Begriffe, darunter «meldendes Finanzinstitut», «nicht meldendes Finanzinstitut», «Finanzkonto» und «meldepflichtiges Konto». Diese Begriffe werden, soweit nötig, an anderer Stelle im Bericht erläutert.

Beilage Abschnitt IX: Wirksame Umsetzung Um eine wirksame Umsetzung und die Einhaltung der Melde- und Sorgfaltspflichten des gemeinsamen Meldestandards sicherzustellen, sollen Staaten über entsprechende Vorschriften und Verwaltungsverfahren verfügen. Insbesondere sollen Staaten über Vorschriften verfügen, die verhindern, dass Finanzinstitute, Personen oder Intermediäre die Melde- und Sorgfaltspflichten umgehen. Die meldenden Finanzinstitute sollen weiter verpflichtet werden, die unternommenen Schritte sowie die herangezogenen Nachweise zu dokumentieren, die zur Durchführung der Sorgfaltspflichten nötig sind. Die Staaten sollen ebenfalls über Kontrollmechanismen verfügen, um zu prüfen, ob die meldenden Finanzinstitute die Melde- und Sorgfaltspflichten einhalten. Diese Kontrollmechanismen sollen auch nicht dokumentierte Konten erfassen. Schliesslich sollen auch Verfahren umgesetzt werden, um sicherzustellen, dass bei den Rechtsträgern und Konten, die nach innerstaatlichem Recht als nicht meldende Finanzinstitute beziehungsweise ausgenommene Konten gelten, weiterhin ein geringes Risiko besteht, dass sie zur Steuerhinterziehung missbraucht werden. Um eine wirksame Durchsetzung zu gewährleisten, sollen die Staaten auch im Falle der Nichteinhaltung Sanktionen vorsehen.

5479

Die in Abschnitt IX enthaltenen Bestimmungen sind nicht direkt anwendbar und müssen im innerstaatlichen Recht konkretisiert werden. Dies soll für die Schweiz im Rahmen des AIA-Gesetzes erfolgen (vgl. dazu Ziff. 4.2).

4

Ausführungen zum Umsetzungserlass

4.1

Grundzüge des Umsetzungserlasses

Das MCAA und seine Beilage enthalten grundsätzlich die materiell-rechtlichen Grundlagen für den AIA. Nicht alle dort enthaltenen Bestimmungen sind jedoch ausreichend detailliert, justiziabel und somit direkt anwendbar, weshalb der Erlass eines flankierenden Bundesgesetzes notwendig ist. Das AIA-Gesetz enthält zudem Bestimmungen über die Organisation, das Verfahren, die Rechtswege und die anwendbaren Strafbestimmungen.

4.2

Erläuterungen zu einzelnen Artikeln des Umsetzungserlasses

Art. 1

Gegenstand

Abs. 1 Das AIA-Gesetz regelt die Umsetzung des AIA in Steuersachen zwischen der Schweiz und einem Partnerstaat nach dem MCAA einschliesslich seine Beilage (Bst. a).

Das AIA-Gesetz regelt ebenfalls die Umsetzung anderer internationaler Abkommen, die einen AIA über Finanzkonten vorsehen (Bst. b). Das am 27. Mai 2015 zwischen der Schweiz und der EU unterzeichnete AIA-Abkommen stellt ein solches Abkommen dar (vgl. dazu die zwei Modelle zur Umsetzung des AIA-Standards sowie die Erläuterungen zur Einführung des AIA mit der EU in Ziff. 1.1). Erfasst sind Abkommen, die den von der OECD am 15. Juli 2014 verabschiedeten AIA-Standard (oder spätere Fassungen dieses Standards) beinhalten. Das AIA-Gesetz regelt nicht die Umsetzung von anderen Abkommen, die einen AIA in Steuersachen vorsehen, wie zum Beispiel das FATCA-Abkommen (diesbezüglich gilt das Bundesgesetz vom 27. September 201322 über die Umsetzung des FATCA-Abkommens zwischen der Schweiz und den Vereinigten Staaten [FATCA-Gesetz]). Es regelt auch nicht den automatischen Austausch in Steuersachen von anderen Informationen als solchen über Finanzkonten, da die Schweiz bisher in keinem Abkommen einen solchen Austausch vereinbart hat. Schliesslich regelt das AIA-Gesetz auch nicht die Umsetzung von Abkommen, die einen Informationsaustausch in Steuersachen auf Ersuchen oder spontan vorsehen. Für diese Formen der Amtshilfe in Steuersachen ist das Steueramtshilfegesetz anwendbar.

Abs. 2 Enthält das im Einzelfall anwendbare Abkommen vom AIA-Gesetz abweichende Bestimmungen, so gehen diese als Staatsvertragsrecht dem Landesrecht vor.

22

SR 672.933.6

5480

Art. 2

Begriffe

Abs. 1 In Artikel 2 Absatz 1 werden im Gesetz verwendete Ausdrücke definiert.

Der Begriff «anwendbares Abkommen» bedeutet eine Vereinbarung oder ein Abkommen nach Artikel 1 Absatz 1 AIA-Gesetz, das im Einzelfall Anwendung findet.

Mit «gemeinsamer Meldestandard» oder «GMS» ist der gemeinsame Melde- und Sorgfaltsstandard für Informationen über Finanzkonten der OECD gemeint. Dieser ist dem MCAA beigelegt und in Ziffer 3 erläutert. Wird im AIA-Gesetz der Begriff «GMS» verwendet, bezieht sich dieser aber nicht auf die Beilage zum MCAA sondern auf den Standard der OECD.

Der Begriff «Partnerstaat» bedeutet einen Staat oder ein Hoheitsgebiet, mit dem die Schweiz den AIA vereinbart hat.

Der Ausdruck «schweizerisches Finanzinstitut» umfasst (i) ein Finanzinstitut, das in der Schweiz ansässig ist, mit Ausnahme der Zweigniederlassungen dieses Finanzinstituts, die sich ausserhalb der Schweiz befinden, sowie (ii) eine Zweigniederlassung eines nicht in der Schweiz ansässigen Finanzinstituts, wenn diese sich in der Schweiz befindet. Diese Definition weist einen engen Zusammenhang mit Artikel 5 auf, der festlegt, wann ein Finanzinstitut als in der Schweiz ansässig gilt.

Mit «nicht dokumentiertes Konto» ist ein bestehendes Konto natürlicher Personen nach Abschnitt XIII Unterabschnitt C Nummer 11 der Beilage zum MCAA gemeint, für das ein meldendes schweizerisches Finanzinstitut in Anwendung der Bestimmungen des anwendbaren Abkommens die steuerliche Ansässigkeit des Kontoinhabers oder der Kontoinhaberin nicht feststellen kann. Dies ist zum Beispiel dann der Fall, wenn das meldende Finanzinstitut in seinen Unterlagen keine Adresse ausser einem Postlagerungsauftrag oder einer c/o-Adresse findet, über keine Indizien zur Ansässigkeit verfügt und seine Bemühungen zwecks Beschaffung einer Selbstauskunft oder von Belegen erfolglos bleiben (vgl. Abschn. III Unterabschn. B Nr. 5 und Unterabschn. C Nr. 5 der Beilage zum MCAA). Die nicht dokumentierten Konten sind der ESTV jährlich zu melden (vgl. Art. 15 Abs. 1 AIA-Gesetz).

Nach dem AIA-Standard müssen die Finanzinstitute die Steueridentifikationsnummer der meldepflichtigen Personen erfassen, sofern der Ansässigkeitsstaat dieser Personen eine solche Nummer ausgibt. Die Steueridentifikationsnummer gehört zu den unter dem AIA auszutauschenden Informationen. Die Erfahrungen
der Staaten, die bereits einen automatischen Informationsaustausch in Steuersachen praktizieren, zeigen, dass die Verwendung einer Steueridentifikationsnummer die Effektivität des AIA stark erhöht, da es die Zuordnung der erhaltenen Daten einer bestimmten steuerpflichtigen Person erleichtert. Die Schweiz kennt eine UnternehmensIdentifikationsnummer, welche als Steueridentifikationsnummer für Unternehmen im Rahmen des AIA verwendet werden soll. Hingegen gibt es in der Schweiz keine auf eidgenössischer Ebene harmonisierte Steueridentifikationsnummer für natürliche Personen. Eine Steueridentifikationsnummer für natürliche Personen soll nun eingeführt werden (vgl. dazu Art. 21 AIA-Gesetz). Die Einführung einer solchen Nummer ist für die Steuerbehörden mit Aufwand verbunden, ermöglicht ihnen jedoch anschliessend die bessere Verarbeitung der erhaltenen Daten.

5481

Mit «schweizerische Steueridentifikationsnummer für natürliche Personen» ist die vom Bundesrat einzuführende Identifikationsnummer nach Artikel 21 AIA-Gesetz gemeint. Sie dient der eindeutigen Identifikation einer in der Schweiz steuerpflichtigen natürlichen Person.

Der Begriff «schweizerische Steueridentifikationsnummer für Rechtsträger (UID)» bedeutet die Unternehmens-Identifikationsnummer gemäss Bundesgesetz vom 18. Juni 201023 über die Unternehmens-Identifikationsnummer (UIDG).

Der Begriff «ausländische Steueridentifikationsnummer» bezeichnet die Identifikationsnummer einer steuerpflichtigen Person nach dem Recht des Staates, in dem sie steuerlich ansässig ist. Damit meldende Finanzinstitute wissen, was in einem bestimmten Staat als Steueridentifikationsnummer gilt, wie sie heisst und wo sie aufgeführt ist, hat die OECD mit den Arbeiten zur Aufsetzung einer Website begonnen, die Angaben zu den Steueridentifikationsnummern der Staaten enthalten soll, die den AIA umgesetzt haben.

Mit Bezug auf die Begriffe «bestehendes Konto» und «Neukonto» wird der relevante Zeitpunkt definiert, um die Konten in diese zwei Kategorien aufzuteilen. Es handelt sich dabei um den Beginn der Anwendbarkeit des AIA mit einem Partnerstaat. Das relevante Datum für die Aufteilung in bestehende Konten und Neukonten ist demnach unterschiedlich, und richtet sich danach, wo der Kontoinhaber ansässig ist. Alternativ dazu können Finanzinstitute wählen, alle oder bestimmte Konten nach dem Inkrafttreten des AIA-Gesetzes als Neukonten zu behandeln (vgl. dazu Art. 9 Abs. 1 Bst. g AIA-Gesetz).

Weiter werden die Begriffe «Konto von geringerem Wert» und «Konto von hohem Wert» definiert. Diese Unterscheidung wird ausschliesslich bei bestehenden Konten natürlicher Personen vorgenommen. Ausschlaggebend ist, ob der Gesamtsaldo oder -wert am 31. Dezember vor Beginn der Anwendbarkeit des AIA mit einem Partnerstaat oder 31. Dezember eines Folgejahres über oder unter einer Million Franken liegt. Wird der AIA an einem anderen Datum als am 1. Januar anwendbar, wird es Konten geben, die zwischen dem 31. Dezember vor Beginn der Anwendbarkeit und dem Tag der Anwendbarkeit eröffnet werden. Diese gelten als Konten von geringerem Wert, bis sie an einem 31. Dezember einen Gesamtsaldo oder -wert aufweisen, der über einer Million Franken
liegt. Finanzinstitute können auf die Unterscheidung verzichten und alle Konten als Konten von hohem Wert behandeln (vgl. dazu Art. 9 Abs. 1 Bst. b AIA-Gesetz). Die Beträge werden in diesem Artikel in Franken aufgeführt (vgl. dazu die Ausführungen zu Art. 12 AIA-Gesetz).

Abs. 2 Abschnitt VIII Unterabschnitt D Nummer 8 der Beilage zum MCAA legt fest, dass Investmentunternehmen aus nicht teilnehmenden Staaten, als passive NFEs gelten.

Die sie beherrschenden Personen sind deshalb vom meldenden Finanzinstitut zu identifizieren und gegebenenfalls zu melden. Nach Abschnitt XIII Unterabschnitt D Nummer 5 der Beilage zum MCAA bedeutet der Begriff «teilnehmender Staat» einen Staat, mit dem ein Abkommen zum AIA besteht. Der AIA wird nicht von allen Staaten gleichzeitig eingeführt werden. Gewisse Staaten haben angekündigt den AIA ab 2017, andere ab 2018 einzuführen (vgl dazu Ziff. 1.1, Bekenntnis zum Standard). Dies führt dazu, dass meldende Finanzinstitute bei der Einführung des 23

SR 431.03

5482

AIA die beherrschenden Personen bestimmter Investmentunternehmen identifizieren müssen, diese Informationen aber in einem Folgejahr bereits nicht mehr benötigen, weil in der Zwischenzeit zwischen dem Staat des Finanzinstituts und jenem des Investmentunternehmens der AIA eingeführt wurde. Vor diesem Hintergrund wird zurzeit auf internationaler Ebene diskutiert, ob der Begriff «teilnehmender Staat» breiter ausgelegt werden könnte. Eine breitere Definition würde für die meldenden schweizerischen Finanzinstitute eine Erleichterung darstellen. International besteht im heutigen Zeitpunkt kein Konsens, ob und wenn ja wie der Begriff «teilnehmender Staat» breiter definiert werden könnte. Dem Bundesrat soll deshalb die Kompetenz eingeräumt werden, diesen Begriff für eine befristete Dauer breiter zu definieren. Er soll sich dabei an der Praxis anderer Staaten orientieren. Damit kann sichergestellt werden, dass die Schweiz den AIA standardkonform umsetzt, gleichzeitig aber der Standort Schweiz keine Nachteile erleidet.

Art. 3

Nicht meldende Finanzinstitute

Der Begriff «nicht meldendes Finanzinstitut» umfasst schweizerische Finanzinstitute, die vom Anwendungsbereich des AIA ausgenommen sind, weil bei ihnen grundsätzlich ein geringes Risiko besteht, dass sie zur Steuerhinterziehung missbraucht werden. Die Beilage zum MCAA enthält in Abschnitt VIII Unterabschnitt B spezifische Kategorien von nicht meldenden Finanzinstituten sowie eine Auffangklausel.

Die Auffangklausel erlaubt es den einzelnen Staaten, unter Berücksichtigung nationaler Spezifitäten zusätzlich zu den in der Beilage zum MCAA aufgeführten weitere Rechtsträger als nicht meldende Finanzinstitute zu bezeichnen. Voraussetzung dafür ist, dass bei solchen Rechtsträgern ein geringes Risiko besteht, dass sie zur Steuerhinterziehung missbraucht werden, im Wesentlichen ähnliche Eigenschaften wie die in der Beilage zum MCAA beschriebenen nicht meldenden Finanzinstitute aufweisen und ihr Status als nicht meldende Finanzinstitute dem Zweck des gemeinsamen Meldestandards nicht entgegensteht. Es besteht die Erwartung, dass jeder Staat, der den AIA-Standard umsetzt, eine Liste von nicht meldenden Finanzinstituten erstellt und diese öffentlich zugänglich macht. In Artikel 3 des AIA-Gesetzes werden die in der Beilage zum MCAA aufgeführten Kategorien von nicht meldenden Finanzinstituten konkretisiert. Der Bundesrat kann auf Verordnungsstufe weitere Konkretisierungen dieser Kategorien von nicht meldenden schweizerischen Finanzinstituten vornehmen und gegebenenfalls weitere Rechtsträger bezeichnen, die gemäss der Auffangklausel als nicht meldende schweizerische Finanzinstitute gelten (vgl. insbesondere die Ausführungen zu Art. 3 Abs. 11 AIA-Gesetz).

Die Kriterien, damit ein Finanzinstitut als nicht meldend gilt, sind ähnlich jenen, die von den USA im Rahmen von FATCA angewandt werden. Daher deckt sich die unter diesem Artikel für die Schweiz vorgenommene Konkretisierung der anwendbaren Abkommen in weiten Teilen mit jener von FATCA (vgl. Anhang II des FATCA-Abkommen24). Anlageberater und Vermögensverwalter führen keine Konten, weshalb sie nicht in den Anwendungsbereich der Beilage zum MCAA fallen.

Ihre Aufnahme im Anhang II des FATCA-Abkommens rührt daher, dass FATCA eine Registrierungspflicht kennt und die Aufnahme der Anlageberater und Vermögensverwalter im Anhang II notwendig war, um sie von dieser Registrierungspflicht zu befreien.

24

SR 0.672.933.63

5483

Abs. 1 Nach den anwendbaren Abkommen qualifizieren staatliche Rechtsträger als nicht meldende Finanzinstitute. Somit gelten namentlich der Bund, die Kantone und die Gemeinden sowie Einrichtungen und Vertretungen, die sich im Alleineigentum des Bundes, der Kantone oder der Gemeinden stehen als nicht meldende schweizerische Finanzinstitute. Ausdrücklich genannt werden die Institutionen, Einrichtungen und Fonds des Sozialversicherungssystems. Dies schliesst namentlich die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV), die Invalidenversicherung (IV), die Ergänzungsleistungen (EL), die berufliche Vorsorge (BV), die Krankenversicherung (KV), die Unfallversicherung (UV), die Militärversicherung (MV), die Erwerbsersatzordnung inklusive Schutz bei Mutterschaft (EO), die Arbeitslosenversicherung (ALV) und die Familienzulagen mit ein. Von den Fonds des Sozialversicherungssystems sind insbesondere die Ausgleichsfonds der AHV, der IV und der EO, der Ausgleichsfonds der Arbeitslosenversicherung, die Familienausgleichsfonds und die schweizerische Unfallversicherungsanstalt SUVA zu nennen.

Abs. 2 Ebenfalls als nicht meldende Finanzinstitute nach den anwendbaren Abkommen gelten internationale Organisationen. Folglich sind insbesondere Partnerorganisationen eines internationalen Sitzabkommens mit der Schweizerischen Eidgenossenschaft (Bst. a) und diplomatische Missionen, ständige Missionen oder andere Vertretungen bei internationalen Organisationen, konsularische Vertretungen oder Sondermissionen (Bst. b) als nicht meldende schweizerische Finanzinstitute zu qualifizieren.

Abs. 3 Nach den anwendbaren Abkommen gelten auch Zentralbanken als nicht meldende Finanzinstitute. Die Schweizerische Nationalbank und die sich in ihrem Alleineigentum befindenden Einrichtungen qualifizieren demnach als nicht meldende schweizerische Finanzinstitute.

Abs. 4 In Übereinstimmung mit den anwendbaren Abkommen sieht Absatz 4 vor, dass Finanzinstitute nach den Absätzen 1­3 als meldende Finanzinstitute in Bezug auf Zahlungen gelten, die aus einer Verpflichtung in Zusammenhang mit gewerblichen Finanzaktivitäten stammen, die denen einer spezifischen Versicherungsgesellschaft, eines Verwahr- oder eines Einlageninstituts entsprechen. Von dieser Bestimmung erfasst sind auf Grund ihrer gewerblichen Finanzaktivitäten Kantonalbanken. Eine
Kantonalbank gilt somit als meldendes Finanzinstitut, auch wenn sie zu 100 Prozent vom betreffenden Kanton gehalten wird. Erfasst sind ebenfalls Rechtsträger nach den Absätzen 1­3 die neben ihrer Kerntätigkeiten auch gewerbliche Finanzaktivitäten ausüben, wie sie von meldenden Finanzinstituten ausgeübt werden. Ein solcher Rechtsträger qualifiziert in Bezug auf diese Tätigkeiten als meldendes schweizerisches Finanzinstitut.

Abs. 5 Die anwendbaren Abkommen sehen vor, dass ein Altersvorsorgefonds mit breiter Beteiligung, ein Altersvorsorgefonds mit geringer Beteiligung, ein Pensionsfonds eines staatlichen Rechtsträgers, einer internationalen Organisation oder einer Zentralbank ebenfalls als nicht meldendes Finanzinstitut qualifizieren (vgl. Abschn. VIII 5484

Unterabschn. B, Nr. 1 Bst. b sowie Nr. 5­7 der Beilage zum MCAA). In Absatz 5 von Artikel 3 wird eine Reihe von Vorsorgeträgern nach schweizerischem Recht als nicht meldende schweizerische Finanzinstitute aufgeführt. Die meisten dieser Vorsorgeträger erfüllen die in den anwendbaren Abkommen für Vorsorgefonds festgelegten Voraussetzungen. Einzelne davon können jedoch aufgrund ihrer Ausgestaltung oder Form nicht vollständig unter einen dieser Vorsorgefonds subsumiert werden. So verlangen die anwendbaren Abkommen, dass es sich bei den Begünstigten eines Vorsorgefonds um derzeitige oder ehemalige Arbeitnehmer handelt. Es ist fraglich, ob eine Freizügigkeitseinrichtung (vgl. Art. 3 Abs. 5 Bst. b) dieses Kriterium erfüllt, da bei dieser keine Bindung zu einem bestimmten Arbeitgeber besteht.

Die Gelder werden während des Zeitraums zwischen den Arbeitsverhältnissen bei der Freizügigkeitseinrichtung «parkiert». Dennoch ist es gerechtfertigt, Freizügigkeitseinrichtungen als nicht meldende schweizerische Finanzinstitute zu qualifizieren, da bei ihnen ein geringes Steuerhinterziehungsrisiko besteht und sie im Wesentlichen ähnliche Eigenschaften wie die in den anwendbaren Abkommen als nicht meldende Finanzinstitute beschriebenen Vorsorgefonds aufweisen. Auch bei schweizerischen Vorsorgeeinrichtungen, die Selbstständigerwerbende versichern und bei schweizerischen Anlagestiftungen ist fraglich, ob sie sämtliche Kriterien der Vorsorgefonds nach den anwendbaren Abkommen erfüllen. Jedoch ist dem Kommentar zum gemeinsamen Meldestandard zu entnehmen, dass solche Vorsorgeträger über die Auffangklausel als nicht meldende schweizerische Finanzinstitute zu qualifizieren sind (vgl. die Beispiele 2 und 4 in Abschn. VII Rz. 51 des Kommentars zum gemeinsamen Meldestandard).

Koordination mit 11.457 Parlamentarische Initiative.

Stärkung der Wohlfahrtsfonds mit Ermessensleistungen (Pelli) Im geltenden Recht enthält Artikel 89a Absatz 6 Zivilgesetzbuch25 (ZGB) Regelungen, die sowohl für rein überobligatorische Vorsorgeeinrichtungen gelten, die dem Bundesgesetz vom 17. Dezember 199326 über die Freizügigkeit in der beruflichen Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (Freizügigkeitsgesetz, FZG) unterstehen, als auch für Personalfürsorgestiftungen, die auf dem Gebiet der Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge tätig
sind und nur Ermessensleistungen ausrichten. Aufgrund einer Parlamentarischen Initiative (P 11.457)27, die die Stärkung der Wohlfahrtsfonds mit Ermessensleistungen zum Ziel hat, soll in Zukunft Artikel 89a Absatz 6 ZGB nur noch für Stiftungen gelten, die dem Freizügigkeitsgesetz unterstehen. Für die sogenannten patronalen Wohlfahrtsfonds mit Ermessensleistungen soll in Artikel 89 ZGB ein neuer Absatz 7 angefügt werden. Ab Inkrafttreten dieser Gesetzesänderung muss der Verweis in Artikel 3 Absatz 5 Buchstabe a des AIA-Gesetzes erweitert werden und auch diesen neuen Absatz 7 umfassen, damit diese Wohlfahrtsfonds von der Meldepflicht ausgenommen bleiben. Dies rechtfertigt sich, denn auch diese Einrichtungen müssen die Grundsätze der beruflichen Vorsorge zumindest sinngemäss einhalten und gehören daher zur beruflichen Vorsorge (vgl. Art. 1 des Bundesgesetzes vom 25. Juni 198228 über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge [BVG]).

25 26 27 28

SR 210 SR 831.42 2013 P 11.457: Stärkung der Wohlfahrtsfonds mit Ermessensleistungen (N 17.06.2011, Pelli).

SR 831.40

5485

Abs. 6 Die anwendbaren Abkommen sehen vor, dass ein Kreditkartenanbieter unter bestimmten Voraussetzungen als qualifizierter Kreditkartenbieter und damit als nicht meldendes Finanzinstitut gilt. Zum einen wird verlangt, dass der Kreditkartenanbieter nur als Finanzinstitut gilt, weil er Einlagen einzig akzeptiert, wenn ein Kunde eine Zahlung leistet, die einen in Bezug auf die Kreditkarte fälligen Saldo übersteigt, und die Überzahlung nicht unverzüglich an den Kunden zurücküberwiesen wird.

Zum anderen wird verlangt, dass der Kreditkartenanbieter innerhalb einer festzulegenden Frist Massnahmen und Verfahren umsetzt, die entweder verhindern, dass ein Kunde eine Überzahlung von mehr als 50 000 US-Dollar leistet, oder sicherstellen, dass jede Überzahlung von mehr als 50 000 US-Dollar innerhalb von 60 Tagen zurückerstattet wird (vgl. Abschn. VIII Unterabschn. B, Nr. 8 der Beilage zum MCAA). Für den Fall das ein anwendbares Abkommen keine Frist festlegt, regelt Absatz 6 des Artikels 3, dass ein Kreditkartenanbieter als qualifizierter Kreditkartenanbieter und somit als nicht meldendes schweizerisches Finanzinstitut gilt, wenn er bei Inkrafttreten des AIA-Gesetzes die erwähnten Voraussetzungen erfüllt.

Nimmt ein Kreditkartenanbieter die Geschäftstätigkeit nach Inkrafttreten des AIAGesetzes auf, so muss es die Voraussetzungen spätestens sechs Monate nach der Aufnahme der Geschäftstätigkeit erfüllen.

Abs. 7 und 8 Die anwendbaren Abkommen sehen vor, dass ein Organismus für gemeinsame Anlagen dann als ausgenommener Organismus für gemeinsame Anlagen und somit als nicht meldendes Finanzinstitut gilt, wenn sämtliche Beteiligungen von natürlichen Personen oder Rechtsträgern, die keine meldepflichtigen Personen sind, oder über diese gehalten werden, mit Ausnahme eines passiven NFE mit beherrschenden Personen, die meldepflichtige Personen sind. Für ein Organismus für gemeinsame Anlagen, der Inhaberanteile ausgibt, sehen die anwendbaren Abkommen zusätzliche Kriterien vor. Damit ein solcher Organismus als nicht meldendes Finanzinstitut qualifiziert, muss er Massnahmen ergreifen, die sicherstellen, dass bis zu einem bestimmten Zeitpunkt keine Inhaberanteile mehr im Umlauf sind und ihm sämtliche Anteilsscheininhaber bekannt sind (vgl. Abschn. VIII Unterabschn. B, Nr. 1 Bst. d i.V.m Nr. 9 der Beilage zum MCAA).
In Absatz 7 wird festgelegt, dass namentlich schweizerische kollektive Kapitalanlagen, die dem Bundesgesetz vom 23. Juni 200629 über die kollektiven Kapitalanlagen (Kollektivanlagengesetz, KAG) unterstehen und die erwähnten Voraussetzungen erfüllen, als ausgenommene Organismen für gemeinsame Anlagen und damit als nicht meldende schweizerische Finanzinstitute gelten. Weiter wird dem Bundesrat die Kompetenz erteilt, die ausgenommenen Organismen zu bezeichnen und die Kriterien festzulegen, nach denen ein Organismus als nicht meldendes Finanzinstitut gilt.

Für den Fall, dass im anwendbaren Abkommen keine Frist vorgesehen ist für die Voraussetzungen, die ein Organismus für gemeinsame Anlagen, der Inhaberanteile ausgegeben hat, einhalten muss, um als nicht meldendes schweizerisches Finanzinstitut zu qualifizieren, enthält Absatz 8 eine entsprechende Regelung. Nach dieser Bestimmung sind die Voraussetzungen zur Qualifikation als nicht meldendes schweizerisches Finanzinstitut erfüllt, wenn der Organismus ab dem Inkrafttreten 29

SR 951.31

5486

des AIA-Gesetzes keine Inhaberpapiere ausgibt (Bst. a) und der Organismus über Massnahmen und Verfahren verfügt, die sicherstellen, dass Inhaberpapiere so bald wie möglich, spätestens jedoch zwei Jahre nach dem Inkrafttreten des AIA-Gesetzes eingelöst oder nicht mehr verkehrsfähig sind (Bst. b).

Abs. 9 Sofern das anwendbare Abkommen es vorsieht, gelten Trusts ebenfalls als nicht meldende schweizerische Finanzinstitute, soweit der Treuhänder oder die Treuhänderin des Trusts (Trustee) ein meldendes Finanzinstitut ist und sämtliche nach dem anwendbaren Abkommen zu meldenden Informationen zu sämtlichen meldepflichtigen Konten des Trusts meldet (vgl. Abschn. VIII Unterabschn. B, Nr. 1 Bst. e der Beilage zum MCAA). Konkret bedeutet dies, dass der Trust, nur dann als nicht meldendes Finanzinstitut gilt, wenn der Trustee die Identifikations-, Sorgfalts- und Meldepflichten so erfüllt, wie sie der Trust zu erfüllen hätte. Ist der Trust ein Finanzinstitut in Staat A, der Trustee aber in Staat B ansässig, ist der Trust von der Meldepflicht nur entbunden, wenn der Trustee die Identifikations-, Sorgfalts- und Meldepflichten nach dem Recht des Staates A erfüllt.

Abs. 10 Ebenfalls als nicht meldende schweizerische Finanzinstitute gelten die nach ZGB errichteten Stockwerkeigentümergemeinschaften. Da eine Stockwerkeigentümergemeinschaft regelmässig zur Deckung der gemeinschaftlichen Kosten und Lasten einen Fonds verwaltet, der mit Beiträgen der einzelnen Stockwerkeigentümer geäufnet wird, könnte sie grundsätzlich für diese Tätigkeit unter die Definition des Finanzinstituts nach der Beilage zum MCAA subsumiert werden. Aufgrund der Ausgestaltung und Zweckgebundenheit solcher Fonds ist jedoch das Risiko, dass sie zur Steuerhinterziehung genutzt werden, als gering einzustufen. Sie können somit als nicht meldende schweizerische Finanzinstitute qualifiziert werden. Der Bundesrat wird die Kriterien festlegen, nach denen eine Stockwerkeigentümergemeinschaft als nicht meldendes Finanzinstitut gilt.

Abs. 11 Absatz 11 sieht vor, dass der Bundesrat weitere Rechtsträger als nicht meldende schweizerische Finanzinstitute bezeichnen kann, bei denen ein geringes Risiko besteht, dass sie zur Steuerhinterziehung missbraucht werden, und die im Wesentlichen ähnliche Eigenschaften aufweisen wie die in der Beilage zum MCAA definierten
nicht meldenden Finanzinstitute. Der Bundesrat legt die Kriterien fest, nach denen weitere Rechtsträger als nicht meldende Finanzinstitute gelten und bezeichnet diese. Diese Delegation ermöglicht es, neu identifizierte Finanzinstitute, welche die obigen Voraussetzungen erfüllen, rasch mittels bundesrätlicher Verordnung vom Anwendungsbereich des AIA auszunehmen. Andernfalls müssten sie für die Dauer des Gesetzgebungsverfahrens und bis zum Inkrafttreten einer Revision des AIAGesetzes den AIA anwenden.

Art. 4

Ausgenommene Konten

Der Begriff «ausgenommenes Konto» umfasst Konten, die vom Anwendungsbereich des AIA ausgenommen sind, weil bei ihnen grundsätzlich ein geringes Risiko besteht, dass sie zur Steuerhinterziehung missbraucht werden. Wie bei den nicht meldenden Finanzinstituten enthält die Beilage zum MCAA auch hier spezifische Kate5487

gorien sowie eine Auffangklausel (vgl. Abschn. VIII Unterabschn. C, Nr. 17). Die Auffangklausel erlaubt es den einzelnen Staaten, unter Berücksichtigung nationaler Spezifitäten zusätzlich zu den in der Beilage zum MCAA aufgeführten weitere Konten als ausgenommene Konten zu bezeichnen. Voraussetzung dafür ist, dass bei solchen Konten ein geringes Risiko besteht, dass sie zur Steuerhinterziehung missbraucht werden, im Wesentlichen ähnliche Eigenschaften wie die in der Beilage zum MCAA beschriebenen ausgenommenen Konten aufweisen und ihr Status als ausgenommene Konten dem Zweck des gemeinsamen Meldestandards nicht entgegensteht. Es besteht die Erwartung, dass jeder Staat, der den AIA-Standard umsetzt, eine Liste von ausgenommenen Konten erstellt und diese öffentlich zugänglich macht. In Artikel 4 des AIA-Gesetzes werden gewisse der in den anwendbaren Abkommen aufgeführten Kategorien von ausgenommenen Konten konkretisiert. Der Bundesrat kann auf Verordnungsstufe weitere Konkretisierungen dieser Kategorien vornehmen und gegebenenfalls weitere Konten bezeichnen, die gemäss der Auffangklausel als ausgenommen gelten (vgl. insbesondere die Ausführungen zu Art. 4 Abs. 3 AIA-Gesetz).

Die Kriterien, damit ein Konto als ausgenommenes Konto gilt, sind ähnlich jenen, die von den USA im Rahmen von FATCA angewandt werden. Daher deckt sich die unter diesem Artikel für die Schweiz vorgenommene Konkretisierung der anwendbaren Abkommen in weiten Teilen mit jener von FATCA (vgl. Anhang II des FATCA-Abkommen).

Abs. 1 In Absatz 1 werden Konten aus dem Vorsorgebereich aufgelistet. Als ausgenommene Konten gelten insbesondere Konten der beruflichen Vorsorge, einschliesslich Gruppenversicherungsverträge, die von einem oder mehreren nicht meldenden schweizerischen Finanzinstituten geführt oder gehalten werden (Bst. a), zulässige Formen zur Erhaltung des Vorsorgeschutzes wie Freizügigkeitspolicen und ­konten (Bst. b) und anerkannte Formen der Vorsorge (z. B. Vorsorgeformen der Säule 3a) wie gebundene Vorsorgeversicherungen bei Versicherungseinrichtungen und gebundene Vorsorgevereinbarungen mit Bankstiftungen (Bst. c). Unter dem Ausdruck «Gruppenversicherungsvertrag» ist im Zusammenhang mit Buchstabe a die Kollektivlebensversicherung im Rahmen der beruflichen Vorsorge gemäss Anhang 1 Versicherungszweig A1 der Verordnung vom
9. November 200530 über die Beaufsichtigung von privaten Versicherungsunternehmen (Aufsichtsverordnung, AVO) gemeint.

Abs. 2 Gemäss Absatz 2 gelten insbesondere Konten, die von mehreren nicht meldenden schweizerischen Finanzinstituten geführt oder gehalten werden (Bst. a) sowie Mietzinskautionskonten nach Artikel 257e Obligationenrecht31 (OR) als ausgenommene Konten, da bei diesen Konten ein geringes Risiko zur Steuerhinterziehung besteht.

Mietzinskautionskonten gelten unter FATCA nicht explizit als befreite Produkte.

FATCA sieht jedoch generell vor, dass Konten mit einem Saldo unter 50 000 USDollar nicht in seinen Anwendungsbereich fallen. Da Mietzinskautionskonten in der Praxis diesen Schwellenwert in der Regel nicht überschreiten, sind sie faktisch von FATCA ausgenommen. Die Beilage zum MCAA kennt keinen solchen Schwellen30 31

SR 961.011 SR 220

5488

wert, weshalb im AIA-Gesetz für Mietzinskautionskonten eine explizite Ausnahme vom Anwendungsbereich des AIA notwendig ist. Diese Ausnahme ist gerechtfertigt, weil sich Mietzinskautionskonten aufgrund ihres eingeschränkten Zwecks nicht zur Steuerhinterziehung eignen.

Abs. 3 Absatz 3 sieht vor, dass der Bundesrat weitere Konten als ausgenommene Konten bezeichnen kann, bei denen ein geringes Risiko besteht, dass sie zur Steuerhinterziehung missbraucht werden, und die im Wesentlichen ähnliche Eigenschaften aufweisen wie die in der Beilage zum MCAA definierten ausgenommen Konten. Der Bundesrat legt die Kriterien fest, nach denen weitere Konten als ausgenommene Konten gelten und bezeichnet diese. Diese Delegation ermöglicht es, neu identifizierte Konten, welche die obigen Voraussetzungen erfüllen, rasch mittels bundesrätlicher Verordnung vom Anwendungsbereich des AIA auszunehmen. Andernfalls müssten sie für die Dauer des Gesetzgebungsverfahrens und bis zum Inkrafttreten einer Revision des AIA-Gesetzes im Rahmen des AIA überprüft, identifiziert und gemeldet werden.

Art. 5

Ansässigkeit von Finanzinstituten in der Schweiz

Die Beilage zum MCAA definiert den Begriff der Ansässigkeit von Finanzinstituten nicht. Dieser wird in Abschnitt VIII Randziffern 4 und 5 des Kommentars zum gemeinsamen Meldestandard definiert. Je nachdem wie der Begriff der Ansässigkeit definiert wird, fällt ein Finanzinstitut in den Anwendungsbereich des AIA oder nicht. Aufgrund der einschneidenden Auswirkungen auf die Rechte und Pflichten der betroffenen Finanzinstitute sowie aus Gründen der Rechtssicherheit ist eine Regelung auf Gesetzesstufe notwendig. Die im Kommentar zum gemeinsamen Meldestandard enthaltene Definition soll deshalb im AIA-Gesetz aufgenommen werden. Der Kommentar unterscheidet zwischen drei Fällen: 1.

Das Finanzinstitut ist in einem Staat oder Hoheitsgebiet steuerlich ansässig.

Es gilt für die Zwecke des gemeinsamen Meldestandards als in diesem Staat ansässig.

2.

Das Finanzinstitut, das kein Trust ist, ist in keinem Staat oder Hoheitsgebiet steuerlich ansässig. Ein solches Finanzinstitut gilt für die Zwecke des gemeinsamen Meldestandards als ansässig in dem Staat oder Hoheitsgebiet, (i) nach dessen Recht es eingetragen ist, (ii) in dem sich der Ort seiner Geschäftsleitung (einschliesslich seiner tatsächlichen Verwaltung) befindet oder (iii) in dem es der Finanzmarktausicht untersteht.

3.

Das Finanzinstitut ist ein Trust. Zusätzlich zu einer allfälligen Ansässigkeit nach Ziffer 132, gilt es für die Zwecke des gemeinsamen Meldestandards als ansässig in dem Staat oder Hoheitsgebiet, in dem sein Trustee ansässig ist.

Hat es mehrere Trustees und sind diese in verschiedenen Staaten und Hoheitsgebieten ansässig, so ist auch der Trust in mehreren Staaten ansässig.

Führen die Ziffern 1 und 2 dazu, dass ein Finanzinstitut in mehreren Staaten oder Hoheitsgebieten ansässig ist, so gilt es als schweizerisches Finanzinstitut in Bezug 32

Da das Schweizer Steuerrecht Trusts als transparent behandelt, kann kein Trust für die Zwecke des gemeinsamen Meldestandards nach Ziffer 1 als in der Schweiz ansässig gelten.

5489

auf die Konten, die es in der Schweiz führt. Führt hingegen Ziffer 3 zu einer Mehrfachansässigkeit, sind Mehrfachmeldungen die Folge. Jeder Trustee hat die Überprüfung, Identifikation und Meldung nach dem Recht seines Ansässigkeitsstaates vorzunehmen.

Absatz 4 stellt klar, dass ein Finanzinstitut in der Form eines Trusts für die Zwecke des anwendbaren Abkommens und dieses Gesetzes als in der Schweiz ansässig gilt, wenn mindestens einer seiner Trustee in der Schweiz ansässig ist. Diese Regelung gilt unabhängig davon, ob eine Ansässigkeit gemäss Absätze 1­3 festgestellt wird.

Die Ansässigkeit der Trustees ist nach den Absätzen 1­3 zu bestimmen.

Nach Absatz 5 des Artikels 5 AIA-Gesetz soll der Bundesrat ermächtigt werden, die Kriterien für die Bestimmung der Ansässigkeit festzulegen. Er soll insbesondere die Kriterien bestimmen können, nach denen ein Finanzinstitut als in der Schweiz ansässig im Sinne von Absatz 1 gilt. Eine beschränkte Steuerpflicht auf Grund der Verrechnungssteuer oder auf Grund einer Immobilie in der Schweiz soll jedenfalls nicht ausreichen, damit ein Finanzinstitut als nach Absatz 1 in der Schweiz steuerpflichtig gilt. Weiter soll der Bundesrat die Finanzinstitute bezeichnen, die steuerbefreit sind und dennoch als in der Schweiz ansässig im Sinne von Absatz 1 gelten.

Kantonalbanken sind beispielsweise, sofern diese nicht im Rechtskleid einer Aktiengesellschaft betrieben werden, grundsätzlich nicht steuerpflichtig, sollen aber vom Bundesrat als ansässig im Sinne von Absatz 1 bezeichnet werden. Kantonalbanken, welche die Voraussetzungen von Artikel 3 nicht erfüllen, gelten als meldepflichtige Finanzinstitute, unabhängig davon, ob sie steuerbefreit sind oder nicht.

Art. 6

Vereinbarungen über den Datenschutz

Das Amtshilfeübereinkommen regelt in Artikel 22 Absatz 1, dass die Vertragspartei, die Informationen übermittelt, Schutzbestimmungen zur Geheimhaltung bezeichnen kann, welche die empfangende Vertragspartei einzuhalten hat. Durch den Verweis in Abschnitt 5 Absatz 1 des MCAA gilt diese Regelung auch im Rahmen des MCAA.

Sie bezweckt, der übermittelnden Vertragspartei zu ermöglichen, einen genügenden Datenschutz sicherzustellen. Artikel 6 regelt die innerstaatliche Zuständigkeit zum Abschluss solcher Vereinbarungen und teilt diese dem Bundesrat zu, sofern sie mindestens dem Schutzniveau des DSG und des AIA-Gesetzes entsprechen.

Art. 7

Anwendung und Weiterentwicklung der multilateralen AIA-Vereinbarung

Das MCAA sieht vor, dass die auszutauschenden Informationen nach den geltenden Melde- und Sorgfaltsvorschriften gemäss dem gemeinsamen Meldestandard beschafft werden (vgl. dazu die Erläuterungen zur Präambel des MCAA in Ziff. 2).

Der gemeinsame Meldestandard wird zwecks Übernahme ins Schweizer Recht dem MCAA beigelegt. Die der Bundesversammlung zur Genehmigung unterbreitete Fassung des gemeinsamen Meldestandards in Form einer Beilage zum MCAA wird in der systematischen Sammlung des Bundesrechts veröffentlicht werden. Absatz 1 legt fest, dass sich die Rechte und Pflichten der meldenden schweizerischen Finanzinstitute im Rahmen der Umsetzung des MCAA nach der Beilage zum MCAA und diesem Gesetz richten. Konkret bedeutet dies, dass ein meldendes schweizerisches Finanzinstitut die Beilage zum MCAA ergänzt zum Beispiel durch die in Artikel 2 Absatz 1 AIA-Gesetz enthaltenen Definitionen sowie die in den Artikeln 9­12 AIAGesetz enthaltenen Erleichterungen und Präzisierungen anwenden muss.

5490

Weiter hält das MCAA fest, dass das Recht der Staaten periodisch geändert werden soll, um Anpassungen am gemeinsamen Meldestandard abzubilden, und dass nach Vornahme dieser Anpassungen durch einen Staat der Begriff des gemeinsamen Meldestandards, im Verhältnis zu diesem Staat, sich auf die angepasste Version beziehen soll (vgl. dazu die Erläuterungen zur Präambel des MCAA in Ziff. 2). Um den Anforderungen des MCAA nachzukommen, dass das Recht der Staaten periodisch geändert wird, um Anpassungen am gemeinsamen Meldestandard abzubilden, wird in den Absätzen 2 und 3 die dazugehörige innerstaatliche Zuständigkeit festgelegt. Der Bundesrat soll Änderungen von beschränkter Tragweite am gemeinsamen Meldestandard in die Beilage zum MCAA aufnehmen können. Als solche gelten Änderungen, die für meldepflichtige Personen und meldende schweizerische Finanzinstitute keine neuen Pflichten begründen oder keine bestehenden Rechte aufheben, sowie solche, die sich in erster Linie an die Behörden richten, administrativtechnische Fragen regeln, oder die keine bedeutenden finanziellen Aufwendungen verursachen. Änderungen, die nicht von beschränkter Tragweite sind, müssen der Bundesversammlung zur Genehmigung unterbreitet werden.

Mit dieser Regelung wird gewährleistet, dass für die Bestimmung, wer über den Nachvollzug einer Anpassung für die Schweiz bestimmen kann, auf den materiellen Gehalt der Anpassung abgestellt wird.

Art. 8

Kommentare der OECD

Artikel 8 stellt klar, dass Änderungen der OECD-Kommentare zur Mustervereinbarung und zum gemeinsamen Meldestandard für die meldenden schweizerischen Finanzinstitute erst umzusetzen sind, wenn sie in ein Bundesgesetz, in eine Verordnung oder in eine Weisung der ESTV aufgenommen worden sind. Die Schweiz ist Mitglied der OECD und in den Arbeitsgruppen und Gremien der OECD vertreten, in denen Änderungen an den Kommentaren diskutiert und entschieden werden. Bei Änderungen an den Kommentaren wird der Bundesrat prüfen müssen, ob diese Änderungen einer Ausweitung oder Weiterentwicklung des Standards gleichkommen und deshalb auf Gesetzesstufe umgesetzt werden müssen, oder ob diese Änderungen präzisierender oder auslegender Natur sind und deshalb auf Verordnungsstufe umgesetzt werden können. Je nach Konstellation kann auch eine Weisung der ESTV ausreichend sein.

Art. 9

Erleichterungen bei der Erfüllung der Melde- und Sorgfaltspflichten

Die Beilage zum MCAA und der Kommentar zum gemeinsamen Meldestandard enthalten an verschiedenen Stellen Wahlmöglichkeiten, die von den Staaten, die den AIA umsetzen, getroffen werden müssen. Sie ermöglichen es zum Teil, den meldenden Finanzinstituten bei der Umsetzung des AIA-Standards eine gewisse Flexibilität zu gewähren. Weiter enthält der Kommentar zum gemeinsamen Meldestandard bestimmte Alternativformulierungen. Der Staat, der den AIA umsetzt, kann sich für diese Alternativformulierungen anstatt der im gemeinsamen Meldestandard enthaltenen Formulierungen entscheiden. In Artikel 9 werden die für die Schweiz gewählten Optionen aufgeführt. Der Bundesrat bezweckt mit seiner Wahl eine effiziente und kostengünstige Umsetzung des AIA ohne unnötigen Formalismus. Er schlägt vor, die im Rahmen des Standards der OECD eingeräumte Flexibilität, soweit zweckmässig, zu nutzen.

5491

Abs. 1 Bst. a Ein meldendes Finanzinstitut kann für die Erfüllung seiner Melde- und Sorgfaltspflichten nach den Abkommen nach Artikel 1 Absatz 1 und dem AIA-Gesetz aussenstehende Dienstleister beiziehen. Die Verantwortung für die Erfüllung der Pflichten hierfür verbleibt aber weiterhin beim Finanzinstitut.

Bst. b Die Sorgfaltspflichten für Konten von hohem Wert unterscheiden sich von jenen für Konten von geringerem Wert und sehen erweiterte Überprüfungsverfahren vor (vgl.

Abschn. III Unterabschn. B und C der Beilage zum MCAA). Jeder Staat kann den meldenden Finanzinstituten gestatten, die für Konten von hohem Wert geltenden erweiterten Überprüfungsverfahren zur Erfüllung ihrer Sorgfaltspflichten auf Konten von geringerem Wert anzuwenden. Die Finanzinstitute können diese Wahl für alle oder für bestimmte von ihnen definierte Kategorien von Konten treffen (vgl. Abschn. II Unterabschn. E der Beilage zum MCAA).

Bst. c Für bestehende Konten und Neukonten gelten unterschiedliche Sorgfaltspflichten (vgl. Abschn. III­VI der Beilage zum MCAA). Jeder Staat kann den meldenden Finanzinstituten gestatten, die für Neukonten geltenden Verfahren zur Erfüllung ihrer Sorgfaltspflichten auf bestehende Konten anzuwenden. Die Finanzinstitute können diese Wahl für alle oder für bestimmte von ihnen definierte Kategorien von Konten treffen. Die ansonsten geltenden Vorschriften für bestehende Konten finden weiterhin Anwendung. Es handelt sich dabei namentlich um die spezifischen Vorschriften mit Bezug auf die Steueridentifikationsnummer und das Geburtsdatum (Abschn. I Unterabschn. C der Beilage zum MCAA) und um die Ausnahmen von der Überprüfungs-, Identifizierungs- und Meldeplicht bestimmter Konten (Abschn. III Unterabschn. A und Abschn. V Unterabschn. A der Beilage zum MCAA).

Bst. d Meldende schweizerische Finanzinstitute können bei bestehenden Konten von Rechtsträgern, die am 31. Dezember vor Beginn der Anwendbarkeit des AIA mit einem Partnerstaat einen Gesamtsaldo oder -wert von höchstens 250 000 Franken aufweisen, für alle oder für bestimmte von ihnen definierte Kategorien dieser Konten auf eine Überprüfung, Identifizierung und Meldung verzichten. Diese Option ist in Abschnitt V Unterabschnitt A der Beilage zum MCAA enthalten. Sie wurde im gemeinsamen Meldestandard eingeführt, um die Umsetzungskosten der Finanzinstitute
zu reduzieren, da die Sorgfaltspflichten im Zusammenhang mit Rechtsträgern komplexer sind als jene für natürliche Personen. Der Betrag in diesem Artikel wird in Franken aufgeführt (vgl. dazu die Ausführungen zu Art. 12 AIA-Gesetz).

Bst. e Für die Erfüllung der Sorgfaltspflichten bei bestehenden Konten von geringerem Wert von natürlichen Personen stehen zwei Verfahren zur Verfügung: das Hausanschriftverfahren und die Suche in elektronischen Datensätzen (vgl. Abschn. III Unterabschn. B der Beilage zum MCAA). In Absatz 4 wird klargestellt, dass meldende schweizerische Finanzinstitute frei wählen können, welches dieser Verfahren sie anwenden wollen. Sie können diese Wahl für alle oder für bestimmte von ihnen 5492

definierte Kategorien von Konten treffen. Weitere Präzisierungen zum Hausanschriftverfahren sind in Artikel 11 Absätze 5 und 6 enthalten.

Bst. f Abschnitt V der Beilage zum MCAA führt die Sorgfaltspflichten auf, die meldende Finanzinstitute mit Bezug auf bestehende Konten von Rechtsträgern anwenden müssen. Im Sinne einer Vereinfachung und kostengünstigeren Umsetzung können Staaten den meldenden Finanzinstituten gestatten, als Beleg jede Einstufung in ihren Unterlagen in Bezug auf den Kontoinhaber oder die Kontoinhaberin zu verwenden, die auf der Grundlage eines standardisierten nationalen oder internationalen Branchenkodierungssystems ermittelt wurde, bevor das Finanzkonto als bestehendes Konto eingestuft wurde. Meldende Finanzinstitute können auf eine solche Einstufung nur abstellen, wenn die Verwendung des Branchenkodierungssystems im Einklang mit ihrer üblichen Geschäftspraxis für die Zwecke von Verfahren zur Bekämpfung der Geldwäscherei oder zu anderen gesetzlichen Zwecken ausser zu Steuerzwecken steht, und ihnen nicht bekannt ist oder nicht bekannt sein müsste, dass diese Einstufung nicht zutreffend oder unglaubwürdig ist. Der Ausdruck «standardisiertes Branchenkodierungssystem» bedeutet ein Kodierungssystem, das zur Einstufung von Einrichtungen nach Art der Geschäftstätigkeit zu anderen Zwecken als zu Steuerzwecken verwendet wird. Beispiele solcher standardisierten Kodierungssysteme der Branche sind der «International Standard Industrial Classification» (ISIC) der Vereinten Nationen, die «Statistische Systematik der Wirtschaftszweige in der Europäischen Gemeinschaft» (NACE) oder das «North American Industry Classification System» (NAICS).

Bst. g Der AIA-Standard enthält in Anhang 533 einen sogenannten «breiteren Ansatz», der auch als «Big Bang»-Ansatz bezeichnet wird. Der AIA-Standard sieht vor, dass meldepflichtige Konten identifiziert werden. Bei jedem neuen Partnerstaat müssen meldende Finanzinstitute ihre Konten durchforsten, um zu bestimmen, welche Konten infolge der Erweiterung der Partnerstaaten neu meldepflichtig geworden sind. Alternativ können Staaten ihren Finanzinstituten gestatten, die Sorgfaltspflichten auch auf Konten anzuwenden, die im Zeitpunkt der Durchführung der Sorgfaltspflichten nicht meldepflichtig sind. Dadurch können Finanzinstitute Synergien nutzen und einheitliche
Verfahren auf alle Konten oder auf definierte Kategorien von Konten anwenden. Diese Möglichkeit soll auch den meldenden schweizerischen Finanzinstituten gewährt werden. Diese Wahlmöglichkeit steht ihnen für alle oder für bestimmte von ihnen definierte Kategorien von Konten zu. Nimmt ein Finanzinstitut diese Wahlmöglichkeit wahr, ist für die Abgrenzung zwischen Konten von geringerem Wert und Konten von hohem Wert das entsprechende Stichtagsdatum des «breiteren Ansatzes» relevant. Entscheidet ein Finanzinstitut alle Konten, die nach dem Inkrafttreten des AIA-Gesetzes eröffnet werden, als Neukonten zu behandeln, ist auf den 31. Dezember vor dem Inkrafttreten des AIA-Gesetzes abzustellen, um zu bestimmen, ob es sich um Konten von geringerem oder von hohem Wert handelt. Entscheidet ein Finanzinstitut erst zu einem späteren Zeitpunkt den «breiteren Ansatz» anzuwenden, zum Beispiel Mitte 2020, dann ist für die Bestimmung, ob 33

Vgl. OECD Website (www.oecd.org/ctp/exchange-of-tax-information/ standard-for-automatic-exchange-of-financial-information-in-tax-matters.htm) und siehe S. 284­300 des AIA-Standards.

5493

es sich um Konten von geringerem oder von hohem Wert handelt, auf den 31. Dezember 2019 abzustellen. Konten gelten solange als Konten von geringerem Wert, bis sie an einem 31. Dezember einen Gesamtsaldo oder -wert aufweisen, der über einer Million Franken liegt.

Sie können bei der Kontoeröffnung die ausländische Steueridentifikationsnummer erheben. Eine Verpflichtung dazu besteht nicht. In gewissen Fällen wird die Erhebung auch nicht möglich sein, zum Beispiel wenn eine Person in einem Staat ansässig ist, der den AIA noch nicht umgesetzt hat und dementsprechend nicht bekannt ist, was in diesem Staat als Steueridentifikationsnummer gelten wird. Wird die ausländische Steueridentifikationsnummer nicht bei der Kontoeröffnung erhoben, muss ein meldendes schweizerisches Finanzinstitut angemessene Anstrengungen unternehmen, um sie bis zum Ende des zweiten Kalenderjahrs, das dem Jahr folgt, in dem dieses Konto als meldepflichtiges Konto identifiziert worden ist, zu beschaffen.

Abs. 2 Die beherrschenden Personen eines Trusts sind im Rahmen des AIA zu identifizieren und zu melden. Es handelt sich dabei um den Treugeber, die Trustees, (gegebenenfalls) den Protektor, die Begünstigen oder Begünstigtenkategorie sowie alle sonstigen natürlichen Personen, die den Trust tatsächlich beherrschen. Bei den Begünstigten ist zu unterscheiden, ob sie Anspruch auf eine Ausschüttung haben oder ob sie nur mögliche Empfänger einer diskretionären Ausschüttung sind. Im zweiten Fall können meldende schweizerische Finanzinstitute wählen diese Personen nur in dem Jahr zu melden, in dem sie eine Ausschüttung erhalten. Liegt ein diskretionärer Trust vor, dessen Begünstigte zum Beispiel die drei Kinder des Treugebers sind, kann entweder eine jährliche Meldung aller drei Kinder vorgenommen werden oder die Meldung auf die Kinder beschränkt werden, die im relevanten Jahr effektiv eine Ausschüttung erhalten haben. Entscheidet sich ein meldendes schweizerisches Finanzinstitut dazu, nur in dem Jahr zu melden, in dem die Begünstigten eine Ausschüttung erhalten haben, so muss es angemessene organisatorische Massnahmen treffen, die sicherstellen, dass es die Ausschüttungen an die Begünstigten identifizieren kann.

Abs. 3 Der Kommentar zum gemeinsamen Meldestandard enthält bestimmte Alternativformulierungen. Der Staat, der den AIA umsetzt,
kann sich für diese Alternativformulierungen anstatt der im gemeinsamen Meldestandard enthaltenen Formulierungen entscheiden. Die Alternativformulierungen sind im Kommentar als solche gekennzeichnet und kursiv hervorgehoben (vgl. Abschnitt I Randziffer 11, Abschnitt VII Randziffer 13 und Abschnitt VIII Randziffer 82 des Kommentars zum gemeinsamen Meldestandard). Der Bundesrat soll ermächtigt werden, festzulegen, welche der im Kommentar enthaltenen Alternativbestimmungen anwendbar sind.

Diese Kompetenzordnung rechtfertigt sich, da die im Kommentar enthaltenen Alternativformulierungen grundsätzlich zu einer Erleichterung bei der Umsetzung des gemeinsamen Meldestandards führen. Soll der Kommentar zum gemeinsamen Meldestandard zu einem späteren Zeitpunkt mit weiteren Alternativformulierungen ergänzt werden, welche die Umsetzung des gemeinsamen Meldestandards erleichtern, können sie rasch ins Schweizer Recht überführt werden. Der Bundesrat kann auf dieser Grundlage keine Verpflichtungen auferlegen, die über den Rahmen des anwendbaren Abkommens und des AIA-Gesetzes hinausgehen.

5494

Art. 10

Präzisierung der allgemeinen Meldepflichten

Abs. 1 Ist der Saldo oder Wert eines Finanzkontos oder ein sonstiger Betrag in einer anderen als der vom meldenden schweizerischen Finanzinstitut nach Artikel 12 Absatz 4 verwendeten Währung angegeben, muss das meldende schweizerische Finanzinstitut den Betrag unter Verwendung eines Kassakurses in die entsprechende Währung umrechnen. Zum Zweck der Meldung eines Kontos ermittelt das meldende schweizerische Finanzinstitut den Kassakurs zum letzten Tag des Kalenderjahres oder eines anderen geeigneten Meldezeitraums, für welches oder welchen das Konto gemeldet wird.

Abs. 2 Bst. a Das MCAA sieht in Abschnitt 3 Absatz 1 vor, dass der Betrag und die Einordnung von Zahlungen zugunsten eines meldepflichtigen Kontos nach den Grundsätzen des Steuerrechts des die Informationen austauschenden Staates bestimmt werden können. Mit diesem Grundsatz wird bezweckt, dass meldende Finanzinstitute die Beträge und die Einordnung von Zahlungen gegenüber sämtlichen Partnerstaaten einheitlich vornehmen können. In Buchstabe a wird der Bundesrat dazu ermächtigt, die Kriterien festzulegen, nach denen der Betrag und die Einordnung von Zahlungen zugunsten eines meldepflichtigen Kontos zu bestimmen sind.

Bst. b Der Bundesrat legt die Kriterien fest, nach denen die verschiedenen Typen von Konten den im anwendbaren Abkommen definierten Kategorien von Finanzkonten zuzuweisen sind. Die Finanzkonten sind in den anwendbaren Abkommen definiert (vgl. Abschn. XIII Unterabschn. C der Beilage zum MCAA). Es gibt verschiedene Unterkategorien von Finanzkonten (z.B. Verwahrkonten, Einlagekonten) und es sind je nach Kontotyp andere Informationen zu übermitteln. Auf Verordnungsstufe soll soweit notwendig konkretisiert werden, nach welchen Kriterien die Abgrenzung der verschiedenen Typen von Konten erfolgen soll.

Abs. 3 Die Beilage zum MCAA sieht vor, dass ein Konto, dessen Inhaber ein Nachlass ist, als ausgenommenes Konto zu behandeln ist, sofern die Unterlagen zu diesem Konto eine Kopie des Testaments oder der Sterbeurkunde des Verstorbenen enthalten (vgl.

Abschn. VIII Unterabschn. C, Nr. 17 Bst. d). Der Kommentar zum gemeinsamen Meldestandard hält fest, dass diese Regel im Lichte der jeweiligen Rechtsordnungen zu konkretisieren ist, insbesondere dort, wo dem Nachlass keine eigene Rechtspersönlichkeit zukommt, sondern das Vermögen des
Erblassers durch Universalsukzession auf die Erben übergeht (vgl. Abschn. VIII Rz. 67 des Kommentars zum gemeinsamen Meldestandard).

In diesem Sinne legt Absatz 3 fest, dass ein meldendes schweizerisches Finanzinstitut im Falle des Todes einer meldepflichtigen Person ihr Konto so behandelt wie vor dem Tod, bis ihm der Nachlass mit eigener Rechtspersönlichkeit oder die berechtigten Erbinnen oder Erben mitgeteilt werden. Demnach wird ein meldendes schweizerisches Finanzinstitut im Fall, in dem eine meldepflichtige Person stirbt und das Vermögen durch Universalsukzession auf die Erben übergeht, weiterhin eine Mel5495

dung an den Staat machen, in dem der Erblasser zuletzt ansässig war. Sobald dem Finanzinstitut die berechtigten Erben mitgeteilt werden, ist das Konto gemäss den neuen Gegebenheiten neu zu behandeln. In Fällen, wo das Vermögen nach dem Tod einer meldepflichtigen Person an einen Nachlass mit eigener Rechtspersönlichkeit übergeht, wird das meldende schweizerische Finanzinstitut ebenfalls weiterhin eine Meldung an den Staat machen, in dem der Erblasser zuletzt ansässig war. Sobald das Finanzinstitut Kenntnis vom Übergang der Vermögenswerte an einen Nachlass mit eigener Rechtspersönlichkeit hat (insb. mittels Kopie des Testaments oder der Sterbeurkunde des Verstorbenen), wird es das entsprechende Konto als ausgenommenes Konto behandeln und einstweilen keine Meldung mehr machen (vgl. Abschn. VIII Unterabschn. C, Nr. 17 Bst. d der Beilage zum MCAA). Im Zeitpunkt in welchem dem Finanzinstitut die berechtigten Erben mitgeteilt werden, ist das Konto neu zu behandeln.

Art. 11

Präzisierung der Sorgfaltspflichten

Artikel 11 enthält Präzisierungen zu den Sorgfaltspflichten nach den Abschnitten II­VI der Beilage zum MCAA.

Abs. 1 Eine Selbstauskunft nach den anwendbaren Abkommen und dem AIA-Gesetz ist solange gültig, bis eine Änderung der Gegebenheiten eintritt, aufgrund der dem meldenden Finanzinstitut bekannt ist oder bekannt sein müsste, dass die Selbstauskunft nicht zutreffend oder unglaubwürdig ist. Dies entspricht der Regelung in Abschnitt IV Randziffer 12 des Kommentars zum gemeinsamen Meldestandard.

Abs. 2 Ein meldendes schweizerisches Finanzinstitut muss bestehende Konten natürlicher Personen von hohem Wert innerhalb von einem Jahr und bestehende Konten natürlicher Personen von geringerem Wert innerhalb von zwei Jahren ab Beginn der Anwendbarkeit des AIA mit einem Partnerstaat überprüfen. Dies entspricht den in Abschnitt III Randziffer 51 des Kommentars zum gemeinsamen Meldestandard definierten Zeiträumen. Vgl. dazu auch Absatz 4.

Abs. 3 Ein meldendes schweizerisches Finanzinstitut muss bestehende Konten von Rechtsträgern innerhalb von zwei Jahren nach Beginn der Anwendbarkeit des AIA mit einem Partnerstaat überprüfen. Dies entspricht dem in Abschnitt V Randziffer 26 des Kommentars zum gemeinsamen Meldestandard definierten Zeitraum. Vgl. dazu auch Absatz 4.

Abs. 4 Meldende schweizerische Finanzinstitute können wählen, die in den Absätzen 2 und 3 festgelegten Fristen zur Überprüfung bestehender Konten ab Inkrafttreten des AIA-Gesetzes anzuwenden. Ein solches Vorgehen weist den Vorteil auf, dass ein meldendes schweizerisches Finanzinstitut alle bestehenden Konten gleichzeitig überprüfen kann und nicht zeitlich versetzt, jeweils wenn der AIA mit weiteren Partnerstaaten eingeführt wird.

5496

Abs. 5­6 Die Absätze 5 und 6 enthalten Präzisierungen zum Hausanschriftverfahren, das zur Überprüfung und Identifizierung von Konten natürlicher Personen von geringerem Wert zur Anwendung kommt (vgl. dazu die Ausführungen in Abschnitt III der Beilage zum MCAA und zu Art. 9 Abs. 1 Bst. e AIA-Gesetz).

Das Hausanschriftverfahren stellt ein vereinfachtes Verfahren der Sorgfaltspflichten dar. Dabei kann ein meldendes Finanzinstitut die Ansässigkeit mit Hilfe von erfassten Belegen bestimmen, welche die aktuelle Hausanschrift des Kontoinhabers bestätigen. Damit ein Finanzinstitut auf eine Adresse abstellen kann, die es in seinen Unterlagen hat, muss diese aktuell sein und auf Belegen beruhen.

Der Kommentar zum gemeinsamen Meldestandard enthält Ergänzungen und Präzisierungen mit Bezug auf das Kriterium, dass die Adresse auf Belegen beruhen muss (Abschn. III Rz. 10­12 des Kommentars zum gemeinsamen Meldestandard). Zum Beispiel wird ausgeführt, dass ein meldendes Finanzinstitut auf eine Adresse in seinen Unterlagen abstellen kann, die es gestützt auf eine Selbstauskunft des Kontoinhabers oder der Kontoinhaberin erhalten hat, wenn die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind: ­

das innerstaatliche Recht des Ansässigkeitsstaates des Finanzinstituts schreibt die Abgabe einer solchen Selbstauskunft bereits seit mehreren Jahren vor;

­

die Selbstauskunft enthält die Wohnadresse des Kontoinhabers oder der Kontoinhaberin;

­

sie ist datiert und unterzeichnet durch den Kontoinhaber oder die Kontoinhaberin sowie strafbewehrt.

Im Sinne einer Klarstellung führt Absatz 5 aus, dass Selbstauskünfte, die im Rahmen der Verfahren zur Bekämpfung der Geldwäscherei insbesondere mittels Formular A (Feststellung des wirtschaftlich Berechtigten) eingeholt wurden, diese Voraussetzungen erfüllen. Mittels Formular A bestätigt der Vertragspartner (z.B. der Kontoinhaber oder die Kontoinhaberin) die wirtschaftlich berechtigte Person der Vermögenswerte. Der Vertragspartner muss dafür insbesondere Name, Vorname, Geburtsdatum, Staatsangehörigkeit und Wohnsitzadresse und Staat der wirtschaftlich berechtigten Person bestätigen. Das Formular muss durch die Vertragspartei datiert und unterzeichnet werden. Auf dem Formular wird darauf hingewiesen, dass das vorsätzlich falsche Ausfüllen dieses Formulars gemäss Artikel 251 des Strafgesetzbuches strafbar ist. Im Kommentar zum gemeinsamen Meldestandard sind weitergehende Ausführungen zum Hausanschriftverfahren enthalten (Abschn. III Rz. 7­12 des Kommentars zum gemeinsamen Meldestandard). Diese gelten auch für die Schweiz, da das MCAA bei der Definition des gemeinsamen Meldestandards die dazugehörigen Kommentare miteinbezieht (vgl. dazu Ziff. 1.2 und 2) und die Weisungen der ESTV sich an den Kommentaren der OECD zu orientieren haben (vgl.

Art. 22 Abs. 4 AIA-Gesetz).

Mit Bezug auf das Kriterium der Aktualität der Adresse enthält der Kommentar zum gemeinsamen Meldestandard Spezialvorschriften für sogenannte nachrichtenlose Vermögenswerte (Abschn. III Rz. 9 des Kommentars zum gemeinsamen Meldestandard). Diese gelten als nachrichtenlos, weil kein Kontakt zum Kontoinhaber hergestellt werden kann. Dementsprechend ist in Absatz 6 vorgesehen, dass meldende Finanzinstitute die Adresse in ihren Unterlagen als aktuell behandeln können und 5497

keine weiteren Abklärungen vornehmen müssen, um eine aktuelle Adresse zu beschaffen, da diese Bemühungen ins Leere greifen würden. Im Sinne einer Klarstellung ist in Absatz 6 Buchstabe a festgehalten, dass Finanzinstitute auf die Qualifikation als nachrichtenlos in Anwendung von Artikel 37l Absatz 4 des Bankengesetzes vom 8. November 193434 (BankG) abstellen können und in Absatz 6 Buchstabe b, dass die im Kommentar selber enthaltenen Kriterien für Konten gelten, die nicht in den Anwendungsbereich der Bankengesetzgebung fallen.

Die Absätze 5 und 6 dienen einzig der Klarstellung und Herstellung von Rechtssicherheit mit Bezug auf die obengenannten Punkte. Sie schränken in keiner Weise die übrigen durch die Beilage zum MCAA und seinem Kommentar gewährten Möglichkeiten zur Erfüllung des Hausanschriftverfahrens ein.

Abs. 7 Ein meldendes schweizerisches Finanzinstitut muss angemessene organisatorische Massnahmen treffen, die sicherstellen, dass ihm alle Informationen vorliegen, die nach dem anwendbaren Abkommen und diesem Gesetz im Rahmen der Kontoeröffnung erhoben werden müssen, insbesondere dass die Selbstauskunft erteilt wird. Zu den zu erhebenden Informationen gehören insbesondere Name, Adresse, Staat(en) der steuerlichen Ansässigkeit, Steueridentifikationsnummer(n) und Geburtsdatum.

Abs. 8­10 Absatz 8 sieht vor, dass ein meldendes schweizerisches Finanzinstitut Neukonten schliessen muss, wenn innert 90 Tagen nach der Eröffnung eines Neukontos Name, Adresse und Geburtsdatum des Kontoinhabers oder der Kontoinhaberin und der beherrschenden Personen nicht vorliegen. In diesen Fällen steht dem Finanzinstitut ein ausserordentliches Kündigungsrecht zu. Das Bundesgesetz vom 2. April 190835 über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz, VVG) zum Beispiel sieht nur wenige abschliessende Tatbestände vor, die eine einseitige Kündigung durch den Versicherer erlauben. In Absatz 8 wird klargestellt, dass ein ausserordentliches Kündigungsrecht zusätzlich zu den im VVG festgehaltenen Fällen besteht, wenn die Voraussetzungen von Absatz 8 erfüllt sind. Ein meldepflichtiges schweizerisches Finanzinstitut darf ein Neukonto hingegen nicht schliessen, wenn in Bezug auf das Konto eine Meldepflicht nach Artikel 9 GwG besteht. Eine solche besteht, wenn ein Finanzintermediär den begründeten Verdacht auf
Geldwäscherei oder Terrorismusfinanzierung hat. In der Regel sind die Vermögenswerte, die der Meldestelle gemeldet werden, zu sperren (vgl. Art. 10 GwG).

Absatz 9 sieht ferner vor, dass ein meldepflichtiges schweizerisches Finanzinstitut ein Konto für alle Zu- und Abgänge sperrt, wenn ihm 90 Tage nach Eröffnung eines Neukontos die nach dem anwendbaren Abkommen und diesem Gesetz notwendigen Informationen nicht vorliegen. Das Konto bleibt solange gesperrt, bis ihm alle Informationen vorliegen. Sofern begründete Umstände für das Nichtvorliegen der Informationen bestehen (z.B. Militär- oder Zivildienst, Landesabwesenheit, Krankheit, Notwendigkeit rechtlicher Abklärungen zur Bestimmung der steuerliche Ansässigkeit, Fehlen einer Steueridentifikationsnummer, weil diese vom Ansässigkeitsstaat noch nicht erteilt worden ist [zum Beispiel bei neu in diesem Staat Zugezogenen]), so kann das meldende schweizerische Finanzinstitut die Frist von 90 Tagen auf maximal ein Jahr nach Eröffnung eines Neukontos verlängern. Im 34 35

SR 952.0 SR 221.229.1

5498

Vordergrund stehen hier die im Rahmen der anwendbaren Sorgfaltspflichten nach den Abschnitten IV und VI der Beilage zum MCAA, inklusive der in diesem Gesetz enthaltenen Präzisierungen, zu erhebenden Informationen. Zu diesen Informationen zählen Name, Adresse, Staat(en) der steuerlichen Ansässigkeit, Steueridentifikationsnummer(n) und Geburtsdatum. In der Regel wird Absatz 9 zur Anwendung kommen, wenn die Angabe der Staat(en) der steuerlichen Ansässigkeit oder der Steueridentifikationsnummer(n) fehlt. In gewissen Situationen jedoch auch wenn Name, Adresse oder Geburtsdatum fehlen, die Schliessung des Kontos aber auf Grund von Artikel 9 GwG nicht möglich war. Ein gesperrtes Konto ist dennoch zu melden.

Als Neukonto qualifiziert nicht jedes nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes eröffnete Konto, sondern Neukonten nach Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe j. Zu berücksichtigen ist ebenfalls Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe g. Entscheidet ein Finanzinstitut in Anwendung von Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe g, alle oder bestimmte Konten als Neukonten zu behandeln, sind die Absätze 7 und 8 auf diese Konten anwendbar.

Vgl. jedoch die Ausführungen zu Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe g mit Bezug auf die Erhebung der ausländischen Steueridentifikationsnummer.

Da verschiedene Branchen des Finanzsektors und verschiedene Kontoarten von der Regelung nach den Absätzen 8 und 9 betroffen sind, sieht Absatz 10 vor, dass der Bundesrat Ausnahmen regeln kann. Damit sollen praktikable Regelungen für alle Konstellationen gewährleistet werden.

Art. 12

Präzisierung der besonderen Sorgfaltsvorschriften

Artikel 12 enthält Präzisierungen zu den besonderen Sorgfaltsvorschriften nach Abschnitt VII der Beilage zum MCAA.

Die Beilage zum MCAA enthält verschiedene Schwellenwerte, die einerseits dazu führen können, dass ein Konto nicht überprüft, identifiziert und gemeldet werden muss oder vereinfachte Sorgfaltspflichten anzuwenden sind. Damit diese Vereinfachungen aber nicht zur Anwendung kommen, weil ein Kunde seine Vermögenswerte beim gleichen Finanzinstitut auf verschiedene Konten aufgeteilt hat, enthält die Beilage zum MCAA in Abschnitt VII Unterabschnitt C Vorschriften für die Zusammenfassung von Kontosalden. In diesem Zusammenhang gilt ein Konto mit einem negativen Saldo oder Wert als ein Konto mit einem Saldo oder Wert von null (Abs. 1).

Die in der Beilage zum MCAA und im Kommentar zum gemeinsamen Meldestandard enthaltenen Beträge sind in US-Dollar festgelegt. Der Bundesrat legt die entsprechenden Beträge in Franken fest (Abs. 2). Meldende Finanzinstitute können wählen, ob sie die Beträge in US-Dollar oder in Franken anwenden wollen. Die Wahl gilt für alle Konten des Finanzinstituts und kann jeweils auf den 1. Januar eines folgenden Jahres geändert werden (Abs. 4). Mit dieser Regelung soll den Finanzinstituten eine gewisse Flexibilität gewährt werden. Ein global tätiges Finanzinstitut bevorzugt möglicherweise die Nutzung der Schwellenwerte in US-Dollar, während ein lokal tätiges Finanzinstitut Schwellenwerte in Franken bevorzugen könnte.

Schliesslich soll der Bundesrat die Beträge nach den Artikeln 2 Absatz 1 Buchstaben k und l und 9 Absatz 1 Buchstabe d in diesem Gesetz anpassen können, sofern besondere Umstände dies erfordern (Abs. 3). Im Vordergrund stehen hier Anpas5499

sungen auf Grund von Währungsschwankungen. Der Gesetzesentwurf enthält Beträge in Franken, die den Beträgen in der Beilage zum MCAA entsprechen. Da der Franken und der US-Dollar derzeit nahe beieinanderliegen, ist nur die Währung, nicht aber der Betrag angepasst worden. Ein Betrag von 1 Million US-Dollar in der Beilage zum MCAA wird im Gesetz mit 1 Million Franken aufgeführt. Der Bundesrat soll die Beträge anpassen können, um eine standardkonforme Umsetzung des AIA-Standards gewährleisten zu können.

Art. 13 Die meldenden schweizerischen Finanzinstitute sind verpflichtet, sich bei der ESTV unaufgefordert anzumelden. Anmeldepflichtig sind alle meldenden schweizerischen Finanzinstitute, auch wenn sich später herausstellen sollte, dass sie keine meldepflichtigen Konten führen. Bei der Anmeldung ist u.a. die Unternehmens-Identifikationsnummer (UID) anzugeben. Endet die Eigenschaft als meldendes schweizerisches Finanzinstitut oder wird die Geschäftstätigkeit aufgegeben, so hat bei der ESTV unaufgefordert eine Abmeldung zu erfolgen. Kommt ein meldendes schweizerisches Finanzinstitut seinen Pflichten nicht nach, können die Strafbestimmungen nach Artikel 33 greifen.

Art. 14 Abs. 1 Die meldenden schweizerischen Finanzinstitute informieren die meldepflichtigen Personen direkt oder über ihre Vertragspartei spätestens am 31. Januar des Jahres, in dem erstmals sie betreffende Informationen an einen Partnerstaat übermittelt werden, über: a.

ihre Eigenschaft als meldendes schweizerisches Finanzinstitut;

b.

die Abkommen nach Artikel 1 Absatz 1. Sie müssen insbesondere darlegen, welche Art von Informationen aufgrund der Abkommen mit den Partnerstaaten ausgetauscht werden;

c.

die Liste der Partnerstaaten, mit denen die Schweiz Informationen automatisch austauscht, und den Ort der Veröffentlichung der aktualisierten Liste;

d.

die in Anwendung der Abkommen nach Artikel 1 Absatz 1 zulässige Nutzung dieser Informationen;

e.

die Rechte der meldepflichtigen Personen in Anwendung des DSG und des AIA-Gesetzes.

Die vom AIA betroffenen Personen müssen spätestens am 31. Januar des Jahres der ersten Übermittlung sie betreffender Informationen darüber in Kenntnis gesetzt werden, dass sie betreffende Auskünfte der ESTV und danach den Partnerstaaten der Schweiz gemeldet werden. Das Finanzinstitut kann aber auch früher informieren, zum Beispiel zu einem Zeitpunkt, zu dem mit dem Ansässigkeitsstaat der betroffenen Person noch kein AIA vereinbart worden ist (sog. abstrakte Information). Vor dem Hintergrund, dass die Informationsübermittlung stets gestützt auf einen Staatsvertrag erfolgt, ist auch bei einer abstrakten Information die nötige Publizität sichergestellt, und die Rechte der betroffenen Personen sind gewahrt.

5500

Die Informationspflicht dient der Sicherstellung, dass die betroffenen Personen insbesondere auf die Rechte aufmerksam gemacht werden, die ihnen nach dem DSG und dem AIA-Gesetz zustehen (vgl. Art. 19 AIA-Gesetz). Diese Information gewährleistet zudem die Transparenz der Verwendung und des Austauschs der Informationen. Wird eine betroffene Person am 31. Januar des Jahres der ersten Übermittlung sie betreffender Informationen informiert, hat sie fünf Monate Zeit, ihre Rechte gegenüber dem meldenden Finanzinstitut geltend zu machen, da dieses die Informationen am 30. Juni der ESTV weiterleiten muss (vgl. Art. 15 Abs. 1 AIA-Gesetz).

Absatz 1 sieht als gesetzlich gefordertes Minimum eine einmalige und abstrakte Information vor. Es ist den Finanzinstituten jedoch freigestellt, über das gesetzliche Minimum hinauszugehen und sich beispielsweise für eine jährliche Information zu entscheiden oder der betroffenen Person alle für die Übermittlung bestimmten Informationen bekanntzugeben.

Abs. 2 Bei meldepflichtigen Konten, die geschlossen worden sind, informieren die meldenden schweizerischen Finanzinstitute die meldepflichtigen Personen einmalig an die letzte bekannte Adresse. Gilt das Konto als nachrichtenlos nach Artikel 11 Absatz 6 Buchstaben a und b, so muss keine Information der meldepflichtigen Personen erfolgen.

Abs. 3 Die meldenden schweizerischen Finanzinstitute müssen auf ihrer Website eine Liste der Partnerstaaten der Schweiz veröffentlichen, die sie jährlich am 31. Januar aktualisieren. Sie können auch auf die Liste des Staatssekretariats für internationale Finanzfragen (SIF) des Eidgenössischen Finanzdepartements (EFD) verweisen, die regelmässig aktualisiert wird. Diese Vorschrift zielt darauf ab, sicherzustellen, dass bei einer einmaligen und abstrakten Information die betroffenen Personen rasch herausfinden können, ob sie in einem Staat ansässig sind, mit dem die Schweiz auf automatischer Basis Informationen austauscht.

Art. 15

Übermittlung und Verwendung der Informationen

Abs. 1 Die meldenden schweizerischen Finanzinstitute übermitteln die Informationen in Bezug auf die nach dem anwendbaren Abkommen identifizierten meldepflichtigen Konten sowie die Informationen über ihre nicht dokumentierten Konten an die ESTV. Die Meldepflicht besteht ungeachtet der Informationsplicht nach Artikel 14.

Hat es ein Finanzinstitut unterlassen, die meldepflichtige Person in Anwendung von Artikel 14 zu informieren, so hat es die Informationen dennoch der ESTV zu übermitteln. Die Unterlassung der Information ist aber im Lichte der Strafbestimmungen nach Artikel 33 zu beurteilen. Die meldenden schweizerischen Finanzinstitute liefern die Informationen jährlich innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach Ablauf des Kalenderjahres, auf das sich die Informationen beziehen. Die Übermittlung der Informationen hat auf elektronischem Weg zu erfolgen, da der AIA automatisierte Prozesse vorsieht. Für kleinere meldende schweizerische Finanzinstitute mit einer geringen Anzahl meldepflichtiger Personen soll eine einfache und wirtschaftliche webbasierte Möglichkeit geboten werden, die Meldungen mit einem 5501

elektronischen Formular papierlos einzureichen. Führt ein meldendes schweizerisches Finanzinstitut keine meldepflichtigen Konten, so meldet es diesen Umstand der ESTV jährlich innerhalb derselben Frist. Diese Meldung ist notwendig, damit festgehalten werden kann, dass ein Finanzinstitut effektiv keine meldepflichtigen Konten führt.

Abs. 2 Die ESTV übermittelt die Informationen, die sie im Rahmen des anwendbaren Abkommens von den meldenden schweizerischen Finanzinstituten erhalten hat, an die zuständigen Behörden der Partnerstaaten weiter. Sie berücksichtigt dabei die im anwendbaren Abkommen festgelegten Fristen. Das MCAA sieht in Abschnitt 3 Absatz 3 vor, dass die Informationen innerhalb von neun Monaten nach Ablauf des Kalenderjahres übermittelt werden müssen, auf das sie sich beziehen. Die Informationen zu den nicht dokumentierten Konten werden nicht an die Partnerstaaten weitergeleitet, sondern dienen der ESTV zur Überprüfung, ob ein Finanzinstitut seinen Melde- und Sorgfaltspflichten nachgekommen ist (vgl. Art. 28 AIA-Gesetz).

Abs. 3 Bei der Übermittlung der Informationen an die zuständigen Behörden der Partnerstaaten weist die ESTV diese auf die Einschränkungen bei der Verwendung der übermittelten Informationen sowie auf die Geheimhaltungspflichten des anwendbaren Abkommens hin (vgl. dazu Abschn. 5 des MCAA).

Abs. 4 Das MCAA verweist auf Artikel 22 des Amtshilfeübereinkommens, das die Vertraulichkeit und das Spezialitätsprinzip regelt (vgl. dazu Abschn. 5 des MCAA). Das Amtshilfeübereinkommen sieht vor, dass die übermittelten Informationen auch für andere Zwecke als für Steuerwecke verwendet werden dürfen, sofern diese Verwendung nach dem Recht beider Staaten zulässig ist und die zuständige Behörde des informierenden Staates ihr zustimmt. Weiter sieht das Amtshilfeübereinkommen vor, dass Informationen, die eine Vertragspartei einer anderen Vertragspartei übermittelt hat, von letzterer nach Zustimmung durch die zuständige Behörde der erstgenannten Vertragspartei an eine dritte Vertragspartei weitergeleitet werden können.

Zuständig für die Erteilung einer solchen Zustimmung ist die ESTV. Sollen die erhaltenen Informationen zur Verfolgung anderer, nicht fiskalischer Delikte an Strafbehörden weitergeleitet werden, so erteilt die ESTV die Zustimmung im Einvernehmen mit dem Bundesamt für
Justiz. Diese Bestimmung ist vergleichbar mit Artikel 20 Absatz 3 StAhiG und Artikel 38 Absatz 6 des Bundesgesetzes vom 24. März 199536 über die Börsen und den Effektenhandel (Börsengesetz, BEHG).

Abs. 5 Das Bankgeheimnis im Inland, das heisst die Situation für Steuerpflichtige in der Schweiz mit Bezug auf ihre Bankkonten in der Schweiz, wird durch diese Vorlage nicht tangiert. Die Regeln zur Beschaffung von Bankinformationen im Inland zur Anwendung und Durchsetzung des schweizerischen Steuerrechts werden nicht geändert. Meldende schweizerische Finanzinstitute übermitteln der ESTV nach Artikel 15 Absatz 1 die im anwendbaren Abkommen festgehaltenen Informationen.

Es handelt sich dabei um Informationen betreffend meldepflichtige Personen, die in 36

SR 954.1

5502

einem der Partnerstaaten, mit denen die Schweiz den AIA eingeführt hat, steuerlich ansässig sind. Es besteht die Möglichkeit, dass gewisse dieser meldepflichtigen Personen gleichzeitig auch in der Schweiz steuerlich ansässig sind. In einem solchen Fall könnten die von einem meldenden schweizerischen Finanzinstitut an die ESTV übermittelten Informationen auch für die Anwendung und Durchsetzung des schweizerischen Steuerrechts von Interesse sein. Um aber zu gewährleisten, dass das Bankgeheimnis im Inland durch diese Vorlage nicht tangiert wird, wird in Absatz 5 festgehalten, dass die nach Artikel 15 Absatz 1 an die ESTV übermittelten Informationen zur Anwendung und Durchsetzung des schweizerischen Steuerrechts nur weiterverwendet werden dürfen, wenn sie nach schweizerischem Recht hätten beschafft werden können. Dies ist nach geltendem Recht der Fall in Steuerstrafverfahren, die nach dem Bundesgesetz vom 22. März 197437 über das Verwaltungsstrafrecht (VStrR; betrifft Straftaten betreffend die Verrechnungssteuer, die Stempelabgaben, die Mehrwertsteuer sowie besondere Steueruntersuchungen nach Art.

190 ff. des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 199038 über die direkte Bundessteuer [DBG]) oder nach der Strafprozessordnung (Steuervergehen nach Art. 186 und 187 DBG) geführt werden. Mit Bezug auf die Informationen, welche die Schweiz aus dem Ausland erhält, vgl. Artikel 20 AIA-Gesetz.

Art. 16

Verjährung

Das MCAA enthält keine Regelung zur Verjährung der Forderung auf Übermittlung der Meldung. Im Interesse der Rechtssicherheit und in Anlehnung an Artikel 7 des Bundesgesetzes vom 17. Dezember 200439 zum Zinsbesteuerungsabkommen mit der Europäischen Gemeinschaft (Zinsbesteuerungsgesetz, ZBstG) und Artikel 8 des Bundesgesetzes vom 15. Juni 201240 über die internationale Quellenbesteuerung (IQG) enthält das AIA-Gesetz in Artikel 16 eine Verjährungsfrist von fünf Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Meldung zu übermitteln war. Die absolute Verjährungsfrist beträgt 10 Jahre. Die Dauer der absoluten Verjährungsfrist lehnt sich an die zehnjährige Aufbewahrungspflicht der Geschäftsbücher nach Artikel 958f OR an.

Art. 17

In einem anderen Staat als meldendes Finanzinstitut geltender Trust

Nach Abschnitt VIII Randziffer 4 des Kommentars zum gemeinsamen Meldestandard gilt ein Finanzinstitut als in dem Staat ansässig, in dem es steuerpflichtig ist.

Diese Regelung gilt auch für Trusts, die als meldende Finanzinstitute gelten. Trusts sind aber nur selten steuerpflichtig, da in der Regel für die Besteuerung auf die dahinterstehenden Personen abgestellt wird. Dies ist auch der Grund, weshalb zusätzlich zur obengenannten Regel ein Trust, in dem oder den Staaten als ansässig gilt, in dem oder denen mindestens einer seiner Trustee ansässig ist (vgl. dazu Art. 5 Abs. 4 AIA-Gesetz).

Ist ein Trust in einem anderen Staat steuerpflichtig und wird er dadurch nach dessen Recht zum meldenden Finanzinstitut in diesem Staat, kann es dazu kommen, dass der Schweizer Trustee eines solchen Trusts eine Meldung an die Steuerbehörde dieses Staates vornehmen muss. Der Trustee ist jene Person im Gefüge des Trusts, 37 38 39 40

SR 313.0 SR 642.11 SR 641.91 SR 672.4

5503

die über die nötigen Informationen verfügt. Wird ein Trust in einem anderen Staat steuerpflichtig, zum Beispiel weil der Treugeber dort ansässig ist, verfügt letzterer in der Regel nicht über die nötigen Informationen, um die nach dem AIA-Standard geforderte Meldung an die Steuerbehörden vorzunehmen. Mit Artikel 17 wird der Schweizer Trustee eines solchen Trusts ermächtigt, die Meldung vorzunehmen.

Diese Meldung gilt dann nicht als verbotene Handlung für einen fremden Staat nach Artikel 271 des Strafgesetzbuches41 (StGB).

Art. 18

Mitteilungspflicht bei einer Änderung der Gegebenheiten bei Selbstauskunft

Artikel 18 legt fest, dass wer eine Selbstauskunft erteilt hat, dem meldenden schweizerischen Finanzinstitut bei einer Änderung der Gegebenheiten die neu zutreffenden Angaben im Rahmen der Selbstauskunft mitteilen muss. Dadurch wird klargestellt, dass die Verantwortung bezüglich Aktualität der beim Finanzinstitut dokumentierten Angaben nicht nur beim Finanzinstitut, sondern auch bei der Person liegt, welche die Selbstauskunft ausgefüllt hat.

Art. 19

Ansprüche und Verfahren im Datenschutz

In Bezug auf Informationen, die von meldenden schweizerischen Finanzinstituten gesammelt und an die zuständigen Behörden der Partnerstaaten übermittelt werden, stehen den meldepflichtigen Personen die Rechte nach dem DSG zu (Abs. 1). Gegenüber der ESTV können meldepflichtige Personen ausschliesslich das Auskunftsrecht geltend machen und verlangen, dass unrichtige Daten, die auf Übermittlungsfehlern beruhen, berichtigt werden (Abs. 2).

Konkret bedeutet dies, dass betroffene Personen sowohl gegenüber dem meldenden schweizerischen Finanzinstitut als auch gegenüber der ESTV das Auskunftsrecht nach Artikel 8 DSG geltend machen können. Sie haben Anspruch darauf, zu erfahren, ob Daten über sie bearbeitet werden. Das meldende schweizerische Finanzinstitut oder die ESTV muss der betroffenen Person alle über sie vorhandenen Daten einschliesslich der verfügbaren Angaben über die Herkunft der Daten, den Zweck und gegebenenfalls die Rechtsgrundlagen des Bearbeitens, sowie die Kategorien der bearbeiteten Personendaten, der an der Sammlung beteiligten Personen und der Datenempfänger mitteilen.

Einer betroffenen Person steht auch das Recht auf Berichtigung unrichtiger Daten nach Artikel 5 Absatz 2 DSG zu. Die Weiterleitung der Daten ins Ausland erfolgt im Rahmen eines automatisierten Prozesses. Die ESTV nimmt keine materielle Prüfung der Daten vor, wozu sie auch gar nicht in der Lage wäre, denn es sind die meldenden Finanzinstitute, die mit den Kontoinhabern in Kontakt stehen und die Sorgfaltspflichten anwenden. Dementsprechend ist das Recht auf Berichtigung unrichtiger Daten gegenüber dem meldenden Finanzinstitut geltend zu machen. Gegenüber der ESTV ist dieses Recht auf die Berichtigung unrichtiger Daten, die auf Übermittlungsfehlern beruhen, beschränkt (zum Beispiel ist bei der Übermittlung vom Finanzinstitut an die ESTV ein Fehler passiert und der Kontosaldo beträgt 10 000 Franken statt 1000 Franken). Das Recht auf die Sperrung der Bekanntgabe von Personendaten, das nach Artikel 20 DSG gegenüber dem verantwortlichen Bundesorgan geltend gemacht werden kann, ist dagegen ausgeschlossen. Im Rahmen des AIA erfolgt die 41

SR 311.0

5504

Übermittlung der Informationen gestützt auf Staatsverträge, die genau regeln, welche Informationen über wen wann zu übermitteln sind. Die meldenden schweizerischen Finanzinstitute und die ESTV haben keinen Ermessensspielraum, ob sie eine Übermittlung vornehmen wollen oder nicht. Vor diesem Hintergrund würde die Anwendung von Artikel 20 DSG dazu führen, dass die ESTV die Sperrung jeweils verweigern würde mit dem Hinweis, dass eine Rechtspflicht zur Bekanntgabe besteht.

Wenn in einem rechtskräftigen Entscheid festgestellt wird, dass Informationen, die der zuständigen Behörde eines Partnerstaates bereits geliefert wurden, unkorrekt waren, so übermittelt das meldende schweizerische Finanzinstitut der ESTV die berichtigten Informationen. Die ESTV leitet diese an die betroffene Behörde des Partnerstaates weiter.

Art. 20 Abs. 1 Das MCAA verweist auf Artikel 22 des Amtshilfeübereinkommens, das die Vertraulichkeit und das Spezialitätsprinzip regelt (vgl. dazu Abschn. 5 MCAA). Das Amtshilfeübereinkommen legt fest, welchen Personen und Behörden die erhaltenen Informationen zur Kenntnis gebracht werden dürfen. Das schweizerische Recht bestimmt, welchen Personen und Behörden die erhaltenen Informationen zur Kenntnis gebracht werden müssen, und in welchem Verfahren (zum Beispiel auf Ersuchen oder automatisch). Artikel 111 DBG sieht zum Beispiel vor, dass sich die mit dem Vollzug des DBG betrauten Behörden gegenseitig unterstützen und den Steuerbehörden des Bundes, der Kantone, Bezirke, Kreise und Gemeinden die benötigten Auskünfte kostenlos erteilen und ihnen auf Verlangen Einsicht in amtliche Akten gewähren. Ungeachtet der bestehenden Regelung im schweizerischen Recht legt Absatz 1 fest, dass die ESTV die erhaltenen Informationen den für die Festsetzung und Erhebung der in den Anwendungsbereich des anwendbaren Abkommens fallenden Steuern zuständigen schweizerischen Behörden weiterleitet. Das MCAA stützt sich auf das Amtshilfeübereinkommen ab. Der Bundesrat schlägt im Rahmen des Amtshilfeübereinkommens vor, die von der Schweiz zu leistende Amtshilfe auf Einkommens- und Vermögenssteuern, die von Bund, Kantonen und Gemeinden erhoben werden, zu beschränken. Konkret sind dies namentlich die Einkommens-, Vermögens-, Gewinn-, Kapital- und Verrechnungssteuer. Informationen, welche die Schweiz im Rahmen des MCAA erhält,
wird die ESTV den Kantonen weitergeben, da sie nebst der ESTV für die Erhebung der genannten Steuern zuständig sind. Wird der Anwendungsbereich des Amtshilfeübereinkommens breiter definiert, sind die Informationen allenfalls an weitere Behörden weiterzugeben.

Die aus dem Ausland automatisch erhaltenen Informationen können zur Anwendung und Durchsetzung des schweizerischen Steuerrechts verwendet werden. Die ESTV weist die Behörden, denen sie die Informationen weitergibt, auf die Einschränkungen bei der Verwendung der übermittelten Informationen sowie auf die Geheimhaltungspflichten des anwendbaren Abkommens hin (vgl. dazu Abschn. 5 des MCAA).

Regularisierungsmöglichkeiten für Steuerpflichtige in der Schweiz Der Bundesrat hat im Zusammenhang mit der Einführung des AIA immer die Notwendigkeit einer Vergangenheitsregularisierung betont. Steuerpflichtige sollen eine Brücke in die Legalität haben, das heisst die Möglichkeit, offene Steuerschulden in 5505

einem fairen und vernünftigen Rahmen zu regularisieren. Diese Frage wird in den Gesprächen mit Partnerstaaten zwecks Einführung des AIA thematisiert (vgl. dazu Ziff. 1.2). Vor diesem Hintergrund ist geprüft worden, ob das diesbezügliche Schweizer Recht angepasst werden sollte. Dieses ist aber erst vor kurzem revidiert worden und bedarf keiner weiteren Anpassungen. Seit Anfang 2010 kann in der Schweiz von einer straflosen Selbstanzeige und von einer vereinfachten Nachbesteuerung Gebrauch gemacht werden. Diese Massnahmen ermöglichen natürlichen wie auch juristischen Personen die straflose Regularisierung unversteuerten Einkommens und Vermögens.

Zeigt ein Steuerpflichtiger die eigene Hinterziehung selber an, so wird er einmalig für die Steuerhinterziehung nicht bestraft, sondern es werden die Nachsteuer (bis zu zehn Jahre) und der Verzugszins eingefordert. Wie bei der vereinfachten Erbennachbesteuerung kann die Straflosigkeit einer Selbstanzeige nur dann gewährt werden, wenn die Steuerbehörden noch keine Kenntnis von der Hinterziehung hatten, und die steuerpflichtige Person die Steuerbehörden vorbehaltlos unterstützt und auch alles unternimmt, um die Nachsteuern zu bezahlen. Die straflose Selbstanzeige wird zudem auf alle Teilnehmenden einer Steuerhinterziehung ausgedehnt: Anstifter, Gehilfen oder Mitwirkende können unter den gleichen Voraussetzungen wie die steuerpflichtige Person von der straflosen Selbstanzeige Gebrauch machen.

Die vereinfachte Nachbesteuerung der Erben und die straflose Selbstanzeige sind im DBG und im Bundesgesetz vom 14. Dezember 199042 über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden (StHG) verankert. Damit gelten sie sowohl für die direkte Bundessteuer als auch für die Einkommens- und Vermögenssteuern der Kantone und Gemeinden. Alle übrigen nicht entrichteten Steuern und Abgaben (wie zum Beispiel die Mehrwertsteuer, die Verrechnungssteuer oder AHV-/IV-Abgaben) bleiben vollumfänglich und mit den Verzugszinsen geschuldet, wobei auch mit Bezug auf diese Steuern die Möglichkeit einer straflosen Selbstanzeige besteht (vgl. zum Beispiel Art. 102 des Bundesgesetzes vom 12. Juni 200943 über die Mehrwertsteuer [Mehrwertsteuergesetz, MWSTG] für die Mehrwertsteuer und Art. 13 VStrR für die Verrechnungssteuer).

Abs. 2 Die ESTV leitet die von einem anderen Staat
automatisch übermittelten Informationen weiteren schweizerischen Behörden weiter, für welche die Informationen von Interesse sind, sofern dies nach dem anwendbaren Abkommen zulässig und nach schweizerischem Recht vorgesehen ist. Es kann sich dabei ausnahmsweise, beispielsweise wenn binnenrechtlich eine spontane oder automatische Informationsweitergabe vorgesehen ist, auch um Behörden handeln, die nicht mit der Festsetzung, Erhebung, Vollstreckung oder Strafverfolgung oder der Entscheidung über Rechtsmittel hinsichtlich der Steuern, die unter das Amtshilfeübereinkommen fallen, befasst sind. Zum Beispiel sieht Artikel 24 Absatz 2 des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 198344 über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland (BewG) vor, dass Behörden und Beamte, die in ihrer amtlichen Eigenschaft Widerhandlungen wahrnehmen oder Kenntnis davon erhalten, verpflichtet sind, diese sofort der zuständigen kantonalen Strafverfolgungsbehörde, der beschwerdeberechtigten kantonalen Behörde oder dem Bundesamt für Justiz anzuzeigen. Eine 42 43 44

SR 642.14 SR 641.20 SR 211.412.41

5506

ähnliche Verpflichtung besteht gemäss Artikel 22a des Bundespersonalgesetzes vom 24. März 200045 (BPG) generell bei gemeldeten oder bei der amtlichen Tätigkeit festgestellten Verbrechen oder Vergehen. Auch hinsichtlich der von den kantonalen Steuerverwaltungen ermittelten Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit sieht das geltende Recht (Art. 9 Abs. 3 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 194646 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung [AHVG]) eine Meldepflicht (an die Ausgleichskassen) vor. Das Amtshilfeübereinkommen sieht in Artikel 22 Absatz 4 vor, dass Informationen, die eine Vertragspartei einer anderen Vertragspartei erteilt, für andere als für steuerliche Zwecke verwendet werden dürfen, wenn dies nach dem Recht beider Vertragsparteien zulässig ist und die informierende zuständige Behörde ihre Zustimmung erteilt hat. Liegt ein solcher Fall vor, holt die ESTV die nötige Zustimmung ein. Die Einholung einer Zustimmung ist nicht nötig, wenn die Berechnungsgrundlagen, nicht aber die Informationen selbst, weitergegeben werden. Erhält eine kantonale Steuerverwaltung beispielsweise im Rahmen des AIA Kenntnis von einem bislang nicht deklarierten Bankkonto eines Steuerpflichtigen, wird diese das Einkommen und das Vermögen des Steuerpflichtigen entsprechend anpassen. Diese korrigierten Berechnungsgrundlagen darf die kantonale Steuerverwaltung im Rahmen der gesetzlichen Auskunftspflichten an andere Amtsstellen weiterleiten, solange sie die Informationen selbst (d.h. Kontonummer, Kontosaldo, Erträge auf dem Konto usw.) nicht weitergibt.

Art. 21 Diese Bestimmung ermächtigt den Bundesrat, eine schweizerische Steueridentifikationsnummer für natürliche Personen einzuführen. Wie erwähnt besteht eine solche Nummer heute nicht. Mit Einführung des AIA ergibt sich die Notwendigkeit einer solchen Nummer: die Schweiz, resp. die ESTV wird künftig jährlich Meldungen über Finanzkonten von in der Schweiz ansässige Personen erhalten. Diese Meldungen müssen von der ESTV den zuständigen kantonalen Steuerverwaltungen weitergeleitet werden. Da es sich dabei um eine sehr grosse Datenmenge handeln wird, liegt es auf der Hand, dass eine effiziente Handhabung dieses Datenaustausches nur möglich ist, wenn die betroffenen Personen eindeutig identifiziert werden können und der Austausch automatisiert erfolgt.
Die Steueridentifikationsnummer soll nur zur Erfüllung der Aufgaben nach diesem Gesetz, d.h. für den automatischen Datenaustausch in Steuersachen verwendet werden.

Die Bestimmung enthält eine nicht abschliessende Aufzählung der Bereiche, die der Bundesrat mittels Verordnung zur Einführung der Steueridentifikationsnummer regeln wird. So wird der Bundesrat insbesondere bestimmen, welche Stelle oder Behörde zuständig sein wird für die Zuweisung der Nummer an eine bestimmte natürliche Person, welche Personendaten im zu errichtenden Register bearbeitet werden, wer Zugriff auf das Register hat und wie die Zusammenarbeit mit den kantonalen Steuerverwaltungen erfolgen wird.

45 46

SR 172.220.1 SR 831.10

5507

Die ESTV und die zuständigen kantonalen Behörden können für die Verarbeitung der im Rahmen des AIA eingehenden Meldungen die AHV-Versichertennummer (AHVN13) verwenden. Sie stützen sich dabei auf das Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer (Art. 112a Abs. 1bis DBG).

Die Verordnung, die der Bundesrat gestützt auf Artikel 21 AIA-Gesetz erlassen wird, wird Gegenstand einer Vernehmlassung bilden. Es wird angestrebt, bereits bei Inkrafttreten des AIA-Gesetzes über die Steueridentifikationsnummer zu verfügen.

Art. 22

Aufgaben der ESTV

Die ESTV sorgt für die richtige Anwendung der abkommensrechtlichen und gesetzlichen Vorschriften. Sie erteilt Weisungen, erlässt Verfügungen und trifft Entscheide. Die Weisungen orientieren sich an den Kommentaren zur Mustervereinbarung und zum gemeinsamen Meldestandard. Ziel ist eine standardkonforme Umsetzung des AIA-Standards durch die Schweiz.

Art. 23

Datenbearbeitung

Abs. 1 Absatz 1 erteilt der ESTV die Berechtigung, Personendaten über administrative und strafrechtliche Verfolgungen und Sanktionen in Steuersachen sowie andere Personendaten zu bearbeiten. Der Begriff «bearbeiten» umfasst jeden Umgang mit Personendaten, insbesondere auch das Erheben, Aufbewahren und Verwenden von Daten (Art. 3 Bst. e DSG). Die Berechtigung gilt für die von den ausländischen Behörden erhaltenen Daten sowie für die den ausländischen Behörden von den Schweizer Behörden übermittelten Daten. Aus Datenschutzgründen ist eine zweckbezogene Eingrenzung auf die Erfüllung der Aufgaben nach den anwendbaren Abkommen und diesem Gesetz notwendig (Art. 4 Abs. 3 DSG). Befinden sich die Daten bei den kantonalen Behörden, unterstehen sie dem einschlägigen kantonalen Recht.

Abs. 2 Die ESTV ist zur systematischen Verwendung der in Artikel 2 Absatz 1 Buchstaben f­h beschriebenen Steueridentifikationsnummern ermächtigt. Die schweizerischen Steueridentifikationsnummern werden künftig von den Finanzinstituten in den Partnerstaaten der Schweiz gesammelt und der Schweiz im Rahmen des AIA übermittelt. Die ESTV benötigt die Steueridentifikationsnummern vor allem, um die aus dem Ausland eingehenden Meldungen zweifelsfrei den Personen mit Steuerpflicht in der Schweiz zuordnen zu können. Die ausländischen Steueridentifikationsnummern werden von den meldenden schweizerischen Finanzinstituten gesammelt und von der ESTV an die Partnerstaaten weitergeleitet.

Art. 24

Informationssystem

Um die im Rahmen der anwendbaren Abkommen und dieses Gesetzes erhaltenen Daten zu bearbeiten, ist die ESTV berechtigt, ein Informationssystem zu betreiben, das die in Artikel 23 beschriebenen Daten enthalten kann. Der Zugriff auf Daten darf einzig durch Mitarbeitende der ESTV oder beispielsweise bei projektbezogenen Spezialaufträgen durch von ihr kontrolliertes Fachpersonal erfolgen. Absatz 3 führt aus, zu welchen Zwecken das Informationssystem genutzt werden darf. Die ESTV 5508

ist im Sinne von Artikel 16 DSG das verantwortliche Organ für dieses Informationssystem.

Absatz 5 stellt sicher, dass die ESTV die Möglichkeit erhält, den für die Festsetzung und Erhebung der in den Anwendungsbereich des anwendbaren Abkommens fallenden Steuern zuständigen schweizerischen Behörden, welche diese Daten zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben benötigen (vgl. die Ausführungen zu Art. 20 Abs.

1), mittels Abrufverfahren Zugriff auf die Daten im Informationssystem der ESTV zu gewähren. Der direkte Zugriff soll die Zusammenarbeit zwischen den vorgenannten Behörden und der ESTV erleichtern. Der Bundesrat soll in einer Verordnung regeln, welchen Behörden die ESTV für welche Daten Zugriff gewährt. In einer Verordnung geregelt werden sollen weiter insbesondere die Organisation und Führung des Informationssystems, die Kategorien der bearbeiteten Personendaten, der Katalog der Daten über administrative und strafrechtliche Verfolgungen und Sanktionen, die Zugriffs- und Bearbeitungsberechtigungen, die Dauer der Aufbewahrung sowie die Archivierung und die Vernichtung der Daten (Abs. 4).

Art. 25

Auskunftspflicht

Personen und Behörden, denen die ESTV nach den anwendbaren Abkommen und diesem Gesetz aus dem Ausland erhaltene Informationen übermittelt, sowie die schweizerischen Finanzinstitute müssen der ESTV Auskunft über alle Tatsachen erteilen, die für die Umsetzung der Abkommen und des Gesetzes relevant sind.

Art. 26

Geheimhaltungspflicht

Artikel 26 lehnt sich an Artikel 39 IQG und Artikel 10 ZBstG an. Jede Person, die mit dem Vollzug des anwendbaren Abkommens und dieses Gesetzes betraut ist, untersteht der Geheimhaltungspflicht. Diese Pflicht betrifft nur die mit dem Vollzug des anwendbaren Abkommens und dieses Gesetzes betrauten Behörden. Sie gilt nicht bei der Übermittlung von Informationen und bei Bekanntmachungen nach dem anwendbaren Abkommen und nach diesem Gesetz, beispielsweise bei der Übermittlung von Informationen an die Partnerstaaten.

Gegenüber Verwaltungs- und Rechtsmittelorganen kann die Geheimhaltungspflicht vom EFD im Einzelfall aufgehoben werden. Ebenfalls keine Geheimhaltungspflicht besteht, wenn die beiden folgenden Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind: Das anwendbare Abkommen lässt die Aufhebung der Geheimhaltungspflicht zu, und im schweizerischen Recht ist eine gesetzliche Grundlage für diese Aufhebung gegeben.

Nach dem Amtshilfeübereinkommen beispielsweise dürfen die erhaltenen Informationen nur den Personen oder Behörden (einschliesslich der Gerichte und Verwaltungs- oder Aufsichtsbehörden) zugänglich gemacht werden, die mit der Festsetzung, Erhebung, Vollstreckung oder Strafverfolgung oder der Entscheidung über Rechtsmittel hinsichtlich dieser Steuern oder mit der Aufsicht darüber befasst sind.

Die Informationen können auch für andere Zwecke verwendet werden, sofern diese Verwendung nach dem Recht des erteilenden Staates zulässig ist und die zuständige Behörde dieses Staates ihr zustimmt. In Bezug auf die zweite Voraussetzung statuiert beispielsweise Artikel 22a BPG eine Anzeigepflicht für Angestellte der Bundesverwaltung, wonach diese alle von Amtes wegen zu verfolgenden Verbrechen oder Vergehen, die sie bei ihrer amtlichen Tätigkeit feststellen oder die ihnen gemeldet werden, den Strafverfolgungsbehörden, ihren Vorgesetzten oder der Eidgenössischen Finanzkontrolle anzeigen müssen.

5509

Feststellungen über Dritte, die anlässlich einer Überprüfung nach Artikel 28 AIAGesetz gemacht werden, dürfen nur für die Durchführung des anwendbaren Abkommens verwendet werden.

Art. 27

Statistiken

Die ESTV kann die für die Peer Reviews des Global Forum erforderlichen Statistiken veröffentlichen. Es besteht kein Recht auf Zugang zu weitergehenden als den nach Absatz 1 veröffentlichten Informationen. Zum einen ist es wichtig, dass die Schweiz in diesem Bereich die internationale Praxis befolgen kann, ohne darüber hinaus zu gehen. Zum anderen dürfen die veröffentlichten Statistiken keine Identifikation von meldepflichtigen Personen oder von Finanzinstituten erlauben, noch es ermöglichen, Rückschlüsse auf Informationen zu ziehen, die den gesetzlich geschützten Berufsgeheimnissen unterstehen (zum Beispiel Marktanteile oder Geschäftspraktiken).

Art. 28

Überprüfung

Die ESTV überprüft die schweizerischen Finanzinstitute, um sicherzustellen, dass diese ihren Pflichten nach den anwendbaren Abkommen und diesem Gesetz nachkommen. Sie kann meldende, aber auch nicht meldende Finanzinstitute überprüfen, um sicherzustellen, dass die Qualifikation als nicht meldendes Finanzinstitut korrekt ist. Die von Finanzinstituten als undokumentiert gemeldeten Konten sind im Rahmen der Überprüfung zu kontrollieren. Im Rahmen der Überprüfung kann die ESTV zur Abklärung des Sachverhalts die Unterlagen des Finanzinstituts vor Ort prüfen oder deren Herausgabe verlangen, schriftliche und mündliche Auskünfte einholen oder Vertreter und Vertreterinnen und des Finanzinstituts einvernehmen. Werden Mängel festgestellt, so können die Finanzinstitute dazu Stellung nehmen. Auf Antrag erlässt die ESTV Feststellungsverfügungen über die Eigenschaft als Finanzinstitut oder den Inhalt der Meldungen nach den anwendbaren Abkommen und diesem Gesetz. Artikel 28 orientiert sich an Artikel 36 IQG und Artikel 8 ZBstG.

Art. 29

Anwendbares Verfahrensrecht

Soweit in diesem Gesetz nichts anderes vorgesehen ist, sind die Regelungen des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 196847 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) anwendbar.

Art. 30

Rechtsmittel

Gegen Verfügungen der ESTV nach den Artikeln 22­29 dieses Gesetzes kann Einsprache erhoben werden. Der Einspracheentscheid unterliegt der Beschwerde nach den allgemeinen Bestimmungen über die Bundesrechtspflege. Entscheide im Zusammenhang mit den Abkommen und dem AIA-Gesetz werden in der Regel technischer Natur sein, weshalb das AIA-Gesetz in Abweichung zum üblichen Verwaltungsverfahren die Möglichkeit der Einsprache bei der ESTV vorsieht.

47

SR 172.021

5510

Art. 31 Abschnitt IX der Beilage zum MCAA sieht vor, dass die den AIA umsetzenden Staaten über entsprechende Vorschriften und Verwaltungsverfahren verfügen sollen, die eine wirksame Umsetzung und die Einhaltung der Melde- und Sorgfaltspflichten des gemeinsamen Meldestandards sicherstellen. Sie sollen insbesondere Vorschriften einführen, die verhindern, dass Finanzinstitute, Personen oder Intermediäre Praktiken zur Umgehung der Melde- und Sorgfaltspflichten anwenden. Um dieser Verpflichtung nachzukommen, verbietet Artikel 31 Absatz 1 meldenden schweizerischen Finanzinstituten, Strukturen selber zu verwalten oder deren Verwendung zu unterstützen, von denen sie wissen, dass einziger oder hauptsächlicher Zweck die Umgehung der Verpflichtungen nach einem anwendbaren Abkommen oder nach diesem Gesetz ist. Von dieser Bestimmung nicht erfasst ist die Verschiebung von Vermögenswerten in einen anderen Staat oder ein anderes Hoheitsgebiet. Vermögenswerte, die in einen anderen Staat oder ein anderes Hoheitsgebiet verschoben werden, unterliegen der Rechtsordnung dieses Staates oder Hoheitsgebiets, weshalb eine Verletzung des anwendbaren Abkommens und dieses Gesetzes nicht möglich ist. Ebenfalls nicht erfasst sind Strukturen, welche aus anderen Gründen gewählt werden als die Umgehung der Steuer, zum Beispiel aus ökonomischen, anlagestrategischen oder rechtlichen Gründen.

Verstösst ein meldendes schweizerisches Finanzinstitut gegen diese Bestimmung, so muss es nach Absatz 2 seinen Verpflichtungen unter den anwendbaren Abkommen und diesem Gesetz nachkommen, wie wenn die Struktur nach Absatz 1 nicht errichtet worden wäre. Artikel 16, der die Verjährung regelt, ist vorbehalten. Die Verpflichtung zur Nachholung der Meldung besteht somit nur für den Zeitraum, für den der Anspruch auf Übermittlung der Meldung nicht verjährt ist. Ziel ist es, dass die zuständigen Behörden der Partnerstaaten die ihnen aufgrund des anwendbaren Abkommens zustehenden Informationen erhalten. Ebenfalls sind die Strafbestimmungen nach diesem Gesetz vorbehalten.

Art. 32 In Abschnitt 7 Absätze 3 und 4 des MCAA ist vorgesehen, dass die zuständige Behörde den AIA gegenüber einem Partnerstaat aussetzen oder kündigen sowie das MCAA kündigen kann. Die zuständige Behörde für das MCAA sind die in Anlage B des Amtshilfeübereinkommens genannten Personen
und Behörden (Abschn. 1 Abs. 1 Bst. b MCAA). In Übereinstimmung mit der Praxis bei den DBA und SIA soll im Rahmen des Amtshilfeübereinkommens der Vorsteher oder die Vorsteherin des EFD oder die zu seiner oder ihrer Vertretung bevollmächtigte Person als zuständige Behörde bezeichnet werden. Die Kompetenz zur Aussetzung und Kündigung von völkerrechtlichen Verträgen liegt jedoch als aussenpolitischer Akt grundsätzlich beim Bundesrat. Es wird deshalb vorgeschlagen, in Artikel 32 AIA-Gesetz klarzustellen, dass der Entscheid zur Aussetzung und Kündigung des AIA gegenüber einem Partnerstaat sowie der Entscheid zur Kündigung des MCAA in die Zuständigkeit des Bundesrates fällt. Die zuständige schweizerische Behörde kann somit nur mit Zustimmung des Bundesrates handeln.

5511

Allgemeines zu den Strafbestimmungen Die Strafbestimmungen dienen dazu, als ultima ratio den abkommens- und gesetzeskonformen Austausch der vereinbarten Meldungen sicherzustellen. Demzufolge beschränken sich die Strafbestimmungen auf die Pflichten zur Erhebung und Weitergabe der Meldungen, auf die wirksame Durchführung der Überprüfungen durch die ESTV, auf die Pflicht zur Information der betroffenen Personen sowie auf die Pflicht, keine Umgehungen der Meldepflichten zu unterstützen. Die Strafverfahren werden nach dem Verwaltungsstrafrecht geführt, sie richten sich gegen die beschuldigten natürlichen Personen.

Art. 33

Verletzung der Melde- und Sorgfaltspflichten

Die Sorgfaltspflichten, die Registrierungspflicht, die Informationspflicht sowie die Meldepflichten der Finanzinstitute sind zentral. Wer die im anwendbaren Abkommen und in den Artikeln 9­12 AIA-Gesetz enthaltenen Sorgfaltspflichten betreffend die Überprüfung der Konten und die Identifizierung der meldepflichtigen Personen verletzt, soll mit Busse bestraft werden. Es handelt sich dabei insbesondere um jene Sorgfaltspflichten, die in den Abschnitten II-VII der Beilage zum MCAA enthalten sind. Ebenfalls mit Busse bestraft werden soll, wer die Registrierungspflicht nach Artikel 13 AIA-Gesetz verletzt, namentlich wenn ein meldendes schweizerisches Finanzinstitut das An- oder Abmelden bei der ESTV unterlässt. Im Weiteren mit Strafe bedroht wird ein meldendes schweizerisches Finanzinstitut, das die Informationspflicht nach Artikel 14 Absätze 1 und 3 AIA-Gesetz verletzt oder seinen Meldepflichten nach Artikel 15 Absatz 1 AIA-Gesetz nicht nachkommt. Zudem kommt der Pflicht der Finanzinstitute, keine Umgehungsgeschäfte zu unterstützen, eine wichtige Bedeutung zu. Diese Pflicht gilt ebenso als Sorgfaltspflicht, damit das System kohärent und wirkungsvoll funktionieren kann. Aus diesem Grund ist die Verletzung dieser Pflicht ebenso strafwürdig wie die Verletzung der gesetzlichen Melde- und Sorgfaltspflichten. Entsprechende Verstösse werden als schwerwiegend erachtet, weshalb die Strafen hoch angesetzt sind. Da sich die Strafe auf eine Busse beschränkt, gilt die Widerhandlung strafrechtlich als Übertretung. Bei der Strafzumessung ist indessen zu beachten, dass die Strafen grundsätzlich gegen natürliche Personen auszufällen sind (vgl. die Ausnahme in Art. 35 AIA-Gesetz). Deshalb sind die finanziellen Verhältnisse der Täterschaft und nicht diejenigen des betroffenen Finanzinstitutes zu berücksichtigen.

Wird mit einer Tathandlung, welche zu diesen Pflichtverletzungen führt, auch eine weitere Straftat begangen, beispielsweise eine Unterdrückung von Urkunden (Art. 16 VStrR) oder Urkundenfälschung (Art. 251 StGB), so werden diese Taten durch die jeweils zuständigen Strafverfolgungsbehörden zusätzlich verfolgt.

Art. 34

Widerhandlungen gegen behördliche Anordnungen

Diese Strafbestimmung richtet sich gegen pflichtwidriges Verhalten anlässlich der Überprüfungen der ESTV. Zwecks wirksamer Überprüfung muss die ESTV widerspenstiges Verhalten mit einer Busse ahnden können. Um dem Gewicht zu verleihen, wird der Strafrahmen hoch angesetzt, so dass die Widerhandlung strafrechtlich nicht als Ordnungswidrigkeit, sondern als Übertretung gilt. Demgegenüber ist zu vermeiden, dass jede Nichtbeachtung einer behördlichen Frist oder einer Einforderung eo ipso strafbar ist. Aus diesem Grund hat die ESTV in den Verfügungen,

5512

welche eine entsprechende Bedeutung haben sollen, auf die Strafdrohung hinzuweisen. Ohne diesen Hinweis ist das Nichtbefolgen der Anordnung nicht strafbar.

Art. 35

Widerhandlungen in Geschäftsbetrieben

Analog zur Regelung im VStrR sollen auch in diesem Gesetz sehr aufwendige Nachforschungen nach dem Täter nicht dazu führen, dass kein Täter identifiziert und damit eine objektive Pflichtverletzung nicht gesühnt werden kann. Deshalb soll es möglich sein, dass nach einer Abwägung von Mitteleinsatz und mutmasslich verwirkter Strafe die Unternehmung, in deren Geschäftsbereich die Pflichtverletzung begangen wurde, zur Zahlung der Strafe verurteilt werden kann. In diesem Falle wird die Unternehmung nicht wegen der Pflichtverletzung, sondern ausschliesslich zur Bezahlung der Busse verurteilt. Die Bussengrenze für eine solche Verfahrensbeendigung ist angesichts des Bussenrahmens dieser Strafbestimmungen höher anzusetzen, als dies im VStrR vorgesehen ist.

Art. 36

Falsche Selbstauskunft

Die Selbstauskunft erfüllt einen wesentlichen Zweck im AIA: Sie gibt Auskunft über die steuerliche Ansässigkeit und ist damit entscheidend für die richtige Adressierung der Meldung. Über die eigene steuerliche Ansässigkeit weiss namentlich die meldepflichtige Person Bescheid. Sie ist deshalb verpflichtet, dem Finanzinstitut darüber vollständig und richtig Auskunft zu erteilen. Das Finanzinstitut andererseits hat die Pflicht, diese Angaben sorgfaltsgemäss zu prüfen. Diese Aufteilung der Pflichten entspricht den tatsächlichen Möglichkeiten der Parteien. Als ultima ratio zur Durchsetzung dieser Pflicht ist diese Strafbestimmung notwendig: Ebenso wie die Pflicht selber korreliert sie mit der Strafbestimmung zur Verletzung der Sorgfaltspflichten der Finanzinstitute. Sie ist auch geeignet, eine präventive Wirkung zu entfalten, indem sie den meldepflichtigen Personen die Bedeutung ihrer Angaben in der Selbstauskunft verdeutlicht. Da die Richtigkeit der Angaben wesentlich ist, wird auch die fahrlässige Tatbegehung unter Strafe gestellt. Dem ist selbstverständlich bei einer Strafzumessung Rechnung zu tragen.

Die Strafbestimmung soll zudem sicherstellen, dass die Angaben in der Selbstauskunft immer aktuell und richtig sind. Deshalb wird nicht nur mit Strafe bedroht, wer von Beginn an eine falsche Auskunft erteilt, sondern auch wer Änderungen in den Gegebenheiten (Art. 18 i.V.m. 11 Abs. 1 AIA-Gesetz) nicht meldet oder darüber eine falsche Angabe macht. Da es sich um eine Übertretung handelt, welche eine wichtige Pflicht durchsetzen soll, wird der Bussenrahmen für die Pflichtverletzung nach der im Strafgesetzbuch für Übertretungen vorgegebenen Obergrenze von 10 000 Franken festgelegt.

Wird die Pflicht zur korrekten und vollständigen Selbstauskunft nicht erfüllt, so geschieht dies typischerweise durch eine im Ausland ansässige Person. Die Strafverfolgung kann Schwierigkeiten mit sich bringen, da unter Anderem der Einbezug von Rechtshilfe durch das Ausland erforderlich wäre und ein Rechtshilfeverfahren wegen der Natur und des möglichen Bagatellcharakters der Tat unter Umständen nicht durchgeführt werden kann. Eine Strafverfolgung kann indessen auch in Abwesenheit des Beschuldigten geführt werden, was aber eines grossen Zeitaufwandes bedarf.

5513

Art. 37

Selbstanzeige

Infolge der Anwendung des VStrR (vgl. Art. 38 AIA-Gesetz) gilt grundsätzlich auch die dort in Artikel 13 geregelte Möglichkeit der straflosen Selbstanzeige. Da sich die Widerhandlungen gegen dieses Gesetz aber inhaltlich von den Straftaten des VStrR unterscheiden, sind die Voraussetzungen zur straflosen Selbstanzeige anzupassen.

Im Weiteren wird ­ auch dies wegen der Besonderheiten der unter Strafe gestellten Pflichtverletzungen ­ klargestellt, dass bei einer Selbstanzeige, welche die Bedingungen erfüllt, nicht nur der (Haupt-)Täter oder die (Haupt-)Täterin, sondern auch die Teilnehmer und Teilnehmerinnen (Anstifter, Gehilfen) straflos bleiben. Diese angepasste Regelung geht damit der Bestimmung über die straflose Selbstanzeige des VStrR vor. Die Selbstanzeige wegen fahrlässiger Begehung einer Straftat ist im Gegensatz zur vorsätzlichen Tatbegehung mehrfach und nicht nur einmal straflos.

Art. 38

Verfahren

Da es sich bei diesen Widerhandlungen um Verstösse gegen das Verwaltungsrecht des Bundes handelt, ist für das gesamte Verfahren das VStrR anzuwenden. Die Zuständigkeit für die Verfahrensführung sowie für Entscheidungen (Verfügungen, Strafbescheide und Strafverfügungen) obliegt aus demselben Grund der für die Anwendung des nationalen und internationalen Steuerrechts zuständigen ESTV. Die Rechtsmittel gegen Untersuchungsmassnahmen sowie gegen den Strafbescheid und die Strafverfügung sind umfassend im VStrR geregelt; dieses regelt auch die Zuständigkeit der Beschwerdeinstanzen.

Art. 39

Genehmigungskompetenz

Für die Einführung des AIA mit einem bestimmten Partnerstaat braucht es zusätzlich zum Amtshilfeübereinkommen, zum MCAA und zum AIA-Gesetz eine bilaterale Aktivierung. Dies wird in Form eines Bundesbeschlusses erfolgen, der das ordentliche Genehmigungsverfahren durchlaufen und der Bundesversammlung zur Genehmigung unterbreitet werden wird. Die Vorlage zum Bundesbeschluss wird sich mit der Frage befassen, ob der AIA mit einem bestimmten Staat eingeführt werden soll. Sie wird gegebenenfalls auch in die Zuständigkeit der Bundesversammlung fallende völkerrechtliche Verträge beinhalten betreffend den Marktzugang für Finanzdienstleister und die Möglichkeit der Steuerpflichtigen, ihre Steuersituation zu regularisieren.

Der Bundesrat schlägt vor, dass die Bundesversammlung abschliessend über diese Bundesbeschlüsse entscheiden kann und sie nicht dem fakultativen Referendum unterliegen; sie sollen also die Form des einfachen Bundesbeschlusses annehmen.

Mit der Genehmigung des MCAA und des AIA-Gesetzes, die beide dem fakultativen Referendum unterliegen, ist der Grundsatzentscheid für den AIA gefällt. Die Bundesbeschlüsse definieren lediglich den Anwendungsbereich des AIA. Zum Vergleich: Die rund 50 DBA-Revisionen zwecks Einführung eines standardkonformen Informationsaustauschs auf Ersuchen haben zu keinen Referenden geführt.

Art. 40

Änderung eines anderen Erlasses

Artikel 22 Absatz 6 StAhiG sieht vor, dass die Schweiz Amtshilfeersuchen zu Bankinformationen nur stellt, soweit diese Informationen nach schweizerischem Recht beschafft werden könnten. Dies ist nach geltendem Recht der Fall in Steuerstrafver5514

fahren, die nach dem Verwaltungsstrafrecht (Straftaten betreffend die Verrechnungssteuer, die Stempelabgaben, die Mehrwertsteuer sowie besondere Steueruntersuchungen nach Art. 190 ff. DBG) oder nach der Strafprozessordnung (Steuervergehen nach Art. 186 und 187 DBG) geführt werden. Mit dieser Regelung verzichtet die Schweiz darauf, in bestimmten Fällen, einen Partnerstaat um Informationen zu ersuchen, obwohl dieser gestützt auf das anwendbare Abkommen zur Beschaffung und Übermittlung der Informationen verpflichtet wäre. Diese Selbstbeschränkung beruht auf dem Umstand, dass die Schweizer Veranlagungsbehörden nach geltendem Recht bei Banken keine Informationen erheben können. Die Beschränkung führt somit zu einer Gleichbehandlung der Informationsbeschaffung im Ausland mit derjenigen im Inland.

Mit der Einführung des AIA wird die Schweiz von ihren Partnerstaaten Informationen über Finanzkonten erhalten. Diese Informationen sollen zur Anwendung und Durchsetzung des schweizerischen Steuerrechts unter Einhaltung der abkommensrechtlichen Schranken verwendet werden können. In gewissen Fällen werden die automatisch übermittelten Informationen jedoch nicht ausreichen, um die Steuerpflicht nach Schweizer Recht abschliessend festzulegen. Es werden zusätzliche Informationen notwendig sein. Erhält die Schweiz zum Beispiel die Angabe, dass eine bestimmte Person auf einem Konto im Ausland am Jahresende x 1 Million Franken hat und am Jahresende x+1100 Millionen Franken hat, kann es für die Steuerbehörde nötig sein, zusätzliche Angaben zu den Vermögenszuflüssen zu erhalten, um zu bestimmen, ob diese korrekt versteuert wurden. Bei den Vermögenszuflüssen kann es sich um Vermögenswerte handeln, die vor längerer Zeit erwirtschaftet wurden und damals korrekt versteuert wurden oder es kann sich um neues Einkommen handeln, dass bislang noch nicht versteuert wurde. Ohne diese Zusatzinformationen, kann die Steuerbehörde den Fall nicht abschliessend beurteilen. Vor diesem Hintergrund soll die Selbstbeschränkung gegenüber Staaten, von denen die Schweiz Informationen ohne vorgängiges Ersuchen erhalten kann, aufgehoben werden. Die Ausgangslage ist im Rahmen des spontanen Informationsaustauschs, der im Rahmen des Amtshilfeübereinkommens eingeführt werden soll, dieselbe wie im Rahmen des AIA. Die vorgeschlagene Anpassung des StAhiG
ist demnach ebenfalls Gegenstand der Vorlage zum Amtshilfeübereinkommen. Konkret wird vorgeschlagen, dass die Selbstbeschränkung gegenüber Staaten aufgehoben wird, mit denen die Schweiz den spontanen und/oder den AIA einführt, da in diesem Rahmen die Schweiz von den Partnerstaaten ohne vorgängiges Ersuchen Bankinformationen erhält.

Das Bankgeheimnis im Inland, das heisst die Situation für Steuerpflichtige in der Schweiz mit Bezug auf ihre Bankkonten in der Schweiz, wird durch die vorgeschlagene Änderung des StAhiG nicht tangiert. Die Regeln zur Beschaffung von Bankinformationen im Inland zur Anwendung und Durchsetzung des schweizerischen Steuerrechts werden durch diese Vorlage nicht geändert Art. 41

Referendum und Inkrafttreten

Der Gesetzesentwurf untersteht dem fakultativen Referendum. Der Bundesrat bestimmt das Inkrafttreten.

5515

5

Auswirkungen des MCAA und des Umsetzungserlasses

5.1

Auswirkungen auf Bund, Kantone und Gemeinden

Die Implementierung des AIA-Standards wird bei der ESTV zu einem erhöhten finanziellen Aufwand führen. Die ESTV wird zur eigentlichen Drehscheibe für den Datenaustausch mit Partnerstaaten wie auch mit kantonalen Steuerverwaltungen (und allenfalls weiteren Behörden, vgl. die Ausführungen zu Art. 20 Abs. 1 AIAGesetz) in Bezug auf vom Ausland eingehende Informationen. Sie wird sich frühzeitig auf die neuen Rahmenbedingungen vorbereiten und entsprechende Vorkehrungen treffen müssen (Entwicklung eines entsprechenden EDV Systems; Aufsetzen organisatorischer Prozesse innerhalb der ESTV bzw. mit den Finanzinstituten, mit Partnerstaaten, mit den kantonalen Steuerverwaltungen; Erstellung von Praxisanweisungen etc.).

Für die Umsetzung des Projekts AIA benötigt die ESTV in den Jahren 2015­2017 fünf Vollzeitstellen. Für die Entwicklung eines EDV-Systems fallen bis zur Inbetriebnahme Anfang 2018 Sachmittel von rund 7,5 Millionen Franken an. Die konkret benötigten Ressourcen für die Entwicklungsphase ab dem Jahr 2016 werden im Rahmen der Gesamtbeurteilungen Ressourcen im Personal- beziehungsweise Informatikbereich 2015 beantragt. Die für den laufenden Betrieb ab 2018 benötigten Personal- und Sachausgaben werden mit dem Inkraftsetzungsbeschluss zum AIA Gesetz bzw. mit Inkraftsetzungsbeschlüssen zu bilateralen Vereinbarungen zum Aufbau- und Ausbau des AIA Netzwerkes der Schweiz ab dem Jahr 2016 beantragt, da der konkrete Bedarf für den Betrieb des AIA zu diesem Zeitpunkt gezielter abgeschätzt werden kann.

Die für das Zinsbesteuerungsabkommen mit der EU sowie für die beiden Quellensteuerabkommen mit dem Vereinigten Königreich und mit Österreich eingesetzten personellen Ressourcen werden im Laufe der nächsten Jahre grundsätzlich freigesetzt.

Die Umsetzung des AIA-Standards führt auch bei den kantonalen Steuerverwaltungen zu personellen und informatikbezogenen Mehrkosten von schätzungsweise mehreren Millionen Franken. Die Informatiksysteme müssen angepasst werden, um die neu erhaltenen Daten zu integrieren, und Letztere müssen ausgewertet werden.

Dies kann auch zu Mehraufwendungen infolge von Nachbesteuerungsverfahren führen. Eine Schätzung dieser Kosten ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich, denn sie ist vom Umfang der Daten, welche die Schweiz aus dem Ausland erhält, abhängig. Der Umfang ist wiederum abhängig
davon, mit wie vielen und mit welchen Staaten die Schweiz den AIA einführt.

Artikel 21 AIA-Gesetz sieht vor, dass der Bundesrat für die Umsetzung des AIA eine schweizerische Steueridentifikationsnummer für natürliche Personen einführen kann. Die Einführung einer solchen Nummer ist für die Steuerbehörden mit Aufwand verbunden, erleichtert ihnen jedoch anschliessend die Verarbeitung der erhaltenen Daten. Sie wird sowohl auf kantonaler als auch auf eidgenössischer Ebene zusätzliche personelle und finanzielle Ressourcen, insbesondere auch im Informatikbereich, beanspruchen. Deren Höhe kann im heutigen Zeitpunkt nicht geschätzt werden. Sollte die Steueridentifikationsnummer bei der Einführung des AIA noch nicht eingeführt worden sein, wird die Auswertung der aus dem Ausland erhaltenen Daten voraussichtlich erschwert, denn die Zuordnung der erhaltenen Daten an einen 5516

bestimmten Steuerpflichtigen wird einzig gestützt auf Name, Adresse und Geburtsdatum vorgenommen werden können. Dies könnte einerseits dazu führen, dass gewisse Datensätze nicht ausgewertet werden, andererseits dass der personelle Mehrbedarf zwecks Auswertung der Daten sowohl bei der ESTV als auch bei den kantonalen Steuerverwaltungen höher ausfällt. Können die Daten nicht ausgewertet werden, könnte sich dies negativ auf die möglichen Mehreinnahmen bei den Steuern auswirken (vgl. Ziff. 5.3). Mit der Delegationsnorm in Artikel 21 AIA-Gesetz wird aber angestrebt, dass bereits bei Inkrafttreten des AIA-Gesetzes über die Steueridentifikationsnummer verfügt wird.

5.2

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

Der Übergang zum AIA ist einer der Faktoren ­ zusammen etwa mit der Umsetzung der von den G-20-Staaten angestossenen globalen Regulierungsagenda, vermehrten Rechtsunsicherheiten beim Marktzutritt für Schweizer Anbieter im Ausland sowie sinkenden Erträgen im Tiefzinsumfeld ­ die das Finanzgeschäft aus der Schweiz in naher und ferner Zukunft prägen dürften. Die Entwicklungen im internationalen Umfeld haben eine grundlegende Überprüfung der Geschäftsmodelle der Schweizer Finanzdienstleister in Gang gebracht.

Der Finanzsektor ist ein wichtiger Teil der Schweizer Volkswirtschaft und trägt pro Jahr rund 10 Prozent zum Bruttoinlandprodukt sowie knapp 6 Prozent zur Gesamtbeschäftigung bei. Gemäss Nationalbankstatistik beliefen sich die Wertschriftenbestände bei den Banken per Ende 2014 auf insgesamt 5565 Mrd. Franken, wovon ausländische Depotinhaber Guthaben von 3001 Mrd. Franken besassen. Rund 10 Prozent des Totals wird von unabhängig tätigen Vermögensverwaltern verwaltet.

Von der Einführung des AIA sind diejenigen Finanzinstitute direkt betroffen, die ausländische Kundenvermögen in der Schweiz verwalten und deshalb die für den AIA nötigen Prozesse einführen müssen. Auch ist ein Einfluss auf die Höhe der in der Schweiz verwalteten Vermögen möglich, wenn ausländische Kundinnen und Kunden ihre Vermögenswerte ins Ausland verschieben oder diese zur Steuerbegleichung verwenden.

Es ist nicht auszuschliessen, dass die von den Schweizer Finanzinstituten in der Schweiz verwalteten Vermögenswerte ausländischer Kunden im Zuge der steuerlichen Regularisierung tendenziell abnehmen. Ein zusätzlicher Abfluss von Kundengeldern durch die Einführung des AIA dürfte sich aber in Grenzen halten, da der Prozess der Vergangenheitsbewältigung in der Schweiz bereits seit einiger Zeit begonnen hat und anzunehmen ist, dass die entsprechenden Erwartungen gebildet sind: Mit der im Dezember 2009 verabschiedeten und im Februar 2012 konkretisierten Strategie zur Steuerkonformität hat der Bundesrat den Prozess zur Steuertransparenz eingeleitet. Die Schweiz hat in diesem Rahmen Abkommen in Kraft gesetzt, die in der einen oder anderen Form bereits eine (freiwillige) Meldung bzw. eine Steuer/Datenerhebung für das Ausland vorsehen (Quellensteuerabkommen mit dem Vereinigten Königreich und Österreich, FATCA-Abkommen mit den USA). Bereits
seit 2005 ist zudem das Zinsbesteuerungsabkommen mit der EU in Kraft, das freiwillige Meldungen erlaubt. Diese Abkommen haben zusammen mit bankeninternen Bemühungen und den teilweise bestehenden Regularisierungsprogrammen im Ausland zur Folge, dass die Vergangenheitsregularisierung für Personen mit Vermögenswerten in der Schweiz insbesondere aus den massgeblichen ausländischen Staaten bereits 5517

fortgeschritten oder zumindest eingeleitet ist.48 Insofern dürfte der Effekt des AIA auf die Finanzbranche und auch auf die Volkswirtschaft zwar spürbar, aber nicht abrupt sein. Die ökonomischen Auswirkungen des AIA sind zudem im Kontext der anderen aktuellen, erheblichen regulatorischen und wirtschaftlichen Herausforderungen an die Finanzbranche zu sehen. Sie sind davon nicht eindeutig abgrenzbar.

Kosten-Nutzen-Abwägungen Der hauptsächliche Nutzen für die Schweiz als Folge der Einführung des AIAStandards dürfte die Verbesserung der Reputation ihres Finanzplatzes und der bilateralen Beziehungen zu wichtigen Partnerstaaten im Wirtschafts- und Finanzbereich darstellen. Ein einheitlicher globaler AIA-Standard stärkt zudem die Rechtssicherheit für die im internationalen Geschäft tätigen Finanzinstitute und führt auf internationaler Ebene gleiche Ausgangsbedingungen ein.

Insbesondere während der Einführungsphase zum AIA wird dessen Umsetzung bei den betroffenen Finanzinstituten Zusatzkosten verursachen. Umsetzungskosten ergeben sich primär aus den juristischen und technischen Vorbereitungsarbeiten (z.B. Due Diligence, Personalschulungen, Informationsarbeiten), im Infrastrukturbereich (vor allem Informatiksysteme) im Zusammenhang mit der Gewinnung und Aufbereitung, dem Austausch und der Qualitätssicherung der Daten sowie den hierfür nötigen Personalkosten. Die Branche schätzt, dass die Einführung und Umsetzung des AIA den Bankensektor zwischen 300 und 600 Millionen Franken kosten könnte, respektive zwischen 3 und 15 Millionen Franken pro Institut.49 Diese Kosten sind zum jetzigen Zeitpunkt noch schwer abzuschätzen und hängen auch von der gewählten Art der Umsetzung ab. Zwar können die Finanzinstitute bereits auf die Prozesse und das damit verbundene Knowhow abstellen, die im Rahmen der internationalen Quellensteuerabkommen mit dem Vereinigten Königreich und Österreich, des FATCA-Abkommens mit den USA und des Zinsbesteuerungsabkommens mit der EU eingeführt wurden. Die Banken gehen dennoch davon aus, dass die Mehrkosten immer noch wesentlich sein werden, da die Synergien mit bestehenden Systemen eher theoretischer Natur sind. Die Versicherungen weisen darauf hin, dass sich die Umsetzungskosten minimieren, wenn es gelingt, den AIA möglichst kongruent an FATCA anzulehnen und das AIA-Gesetz keine Verschärfungen
im Vergleich zum gemeinsamen Meldestandard vornimmt.

Langfristig sollten sowohl die Fixkosten als auch die laufenden Kosten für Schweizer Finanzinstitute begrenzt sein, wenn es gelingt, auf einen einheitlichen, globalen Standard abzustellen.

48

49

Angaben der Schweizer Nationalbank und der ESTV sowie Geschäftsberichte der Banken zeigen, dass die Volumen der ausländischen Vermögen bei den Schweizer Banken in den letzten Jahren eher gestiegen sind. Die Vermögensabflüsse waren begrenzt und wurden durch Neuzuflüsse kompensiert, wobei diese allenfalls auch auf die positive Börsenentwicklung oder Wechselkursschwankungen zurückzuführen sind.

Vgl. www.snb.ch/de/iabout/stat (insbesondere die beiden Publikationen «Die Banken in der Schweiz» und «Statistisches Monatsheft») sowie www.estv.admin.ch/intsteuerrecht/themen/01319/01328/index.html?lang=de.

Gewisse Bankeninstitute gehen sogar von Gesamtkosten in der Höhe von knapp 1 Mrd.

Franken aus.

5518

Fazit Insgesamt haben 93 Staaten und Hoheitsgebiete dem Global Forum mitgeteilt, dass sie beabsichtigen den AIA-Standard umzusetzen, darunter wichtige mit der Schweiz konkurrierende Finanzplätze wie Luxemburg und Singapur (vgl. dazu Ziff. 1.1).

Damit sind zwischen diesen Staaten keine massiven Vermögensverlagerungen zu erwarten. Die Gewährleistung eines Level Playing Field, d.h. gleicher Voraussetzungen für alle Partnerstaaten, mit einer zeitlich abgestimmten Einführung des AIAStandards sind zentrale Voraussetzungen, um sicherzustellen, dass es kurz- bis mittelfristig nicht zu Vermögensverschiebungen zu Gunsten von Staaten kommt, die am AIA nicht teilnehmen. In der Hinsicht, dass die wichtigsten mit der Schweiz konkurrierenden Finanzplätze beabsichtigen den AIA-Standard zeitgleich mit der Schweiz umzusetzen, ist davon auszugehen, dass Wettbewerbsnachteile aufgrund des AIA für Schweizer Anbieter von Finanzdienstleistungen vermieden werden können. Zugleich können wichtige positive Wettbewerbsfaktoren der Schweiz, wie z.B. die politische Stabilität, das Humankapital und die Infrastruktur, in Zukunft an Bedeutung gewinnen. Die rasche Umsetzung des AIA wird voraussichtlich relativ hohe Umsetzungskosten für die betroffenen Finanzinstitute in der Schweiz mit sich bringen. Diese Entwicklungen sowie auch der verschärfte Wettbewerb unter den Banken dürften die Überprüfung der Geschäftsmodelle im Vermögensverwaltungsgeschäft beschleunigen und könnten Strukturanpassungen nach sich ziehen. Die durch den AIA verursachten Kosten sind letztlich abzuwägen gegen eine dauerhaft zu erwartende Stärkung der Standortfaktoren (u.a. Reputation und Rechtssicherheit).

5.3

Steuerliche Auswirkungen

Bei den steuerlichen Auswirkungen ist zu unterscheiden zwischen den Effekten der Meldungen der Schweiz zugunsten der ausländischen Steuerbehörden und den Meldungen, die der schweizerische Fiskus basierend auf der reziproken Wirkung der mit den Partnerstaaten vereinbarten Abkommen aus dem Ausland erhalten wird.

Aufgrund der Meldungen der Schweiz ins Ausland sind aus den folgenden Gründen Mindereinnahmen bei Bund und Kantonen möglich: ­

Die Finanzinstitute können die mit der Umsetzung des AIA verbundenen Kosten als Aufwand von der Bemessungsgrundlage der Gewinnsteuer abziehen. Auch tiefere Margen und ein allfälliger Rückgang der verwalteten Kundenvermögen als Folge des AIA reduzieren die Gewinne des Finanzsektors, was direkt die Gewinnsteuererträge und indirekt, über eine allfällige Abnahme der Beschäftigung und tendenziell tiefere Saläre, auch die Erträge der Einkommenssteuer vermindert.

­

Mindereinnahmen können auch bei der Verrechnungssteuer auf Anlageportfolios ausländischer Kundinnen und Kunden entstehen. Diese dürften jedoch kaum ins Gewicht fallen, da namentlich steuerunehrliche Kundinnen und Kunden einen hohen Anreiz haben, verrechnungssteuerbelastete Anlagen zu vermeiden.

­

Durch die Einführung des AIA mit der EU werden bisherige Entgelte bzw.

Bezugsprovisionen wegfallen, welche der Schweiz aufgrund des Zinsbesteuerungsabkommens mit der EU sowie aufgrund der Quellensteuerabkommen mit dem Vereinigten Königreich und mit Österreich heute zufallen (es fallen 5519

Entgelte aus dem Zinsbesteuerungsabkommen von rund 125 Millionen Franken (2014) und aus den Quellensteuerabkommen solche von rund 750 000 Franken (2013) an).

Umgekehrt beinhaltet das reziproke Element des AIA ein Potenzial für Mehreinnahmen für Bund und Kantone aus bisher unversteuerten Vermögen von in der Schweiz steuerpflichtigen Personen bei ausländischen Zahlstellen. Konkret kann sich das Mehreinnahmenpotenzial wie folgt realisieren: ­

Unversteuerte Vermögenswerte können unter Umständen aufgrund der ausländischen Meldungen aufgedeckt werden. Im Nachsteuerverfahren resultieren dann einmalige Mehreinnahmen (ordentliche Nachsteuer, Verzugszins und Busse). Das regularisierte Vermögen generiert danach in den Folgejahren permanente Mehreinnahmen bei der Einkommens- und der Vermögenssteuer.

­

Die drohende Meldung aus dem Ausland kann eine steuerunehrliche Person zu einer (straflosen) Selbstanzeige motivieren. Es resultieren dann einmalige Mehreinnahmen (ordentliche Nachsteuer und Verzugszins; im Wiederholungsfall zusätzlich reduzierte Busse) sowie permanente Mehreinnahmen aus dem regularisierten Vermögen bei der Einkommens- und der Vermögenssteuer.

­

Die drohende Meldung aus dem Ausland kann eine steuerunehrliche Person zu einer Repatriierung der Vermögenswerte in die Schweiz bewegen. Dies erhöht die Wertschöpfung in der inländischen Vermögensverwaltung, was auf indirektem Weg zusätzliche Gewinn- und Einkommenssteuern generiert.

Eine Schätzung der steuerlichen Minder- und Mehreinnahmen in Folge der Einführung des AIA kann nicht vorgenommen werden. Es fehlen Angaben zu verschiedenen Parametern, welche die Höhe dieser Minder- und Mehreinahmen beeinflussen, insbesondere zur Anzahl Partnerstaaten, mit denen der AIA aktiviert wird, zum Zeitpunkt der Aktivierung, zur Anzahl betroffener Kundinnen und Kunden und deren Verhalten im Vorfeld zur Einführung des AIA, sowie zur Höhe der bisher unversteuerten Vermögen von in der Schweiz steuerpflichtigen Personen bei ausländischen Zahlstellen.

6

Verhältnis zur Legislaturplanung

Die Vorlage ist weder in der Botschaft vom 25. Januar 201250 zur Legislaturplanung 2011­2015 noch im Bundesbeschluss vom 15. Juni 201251 über die Legislaturplanung 2011­2015 angekündigt, denn das MCAA und das AIA-Gesetz wurden erst mit der Verabschiedung des AIA-Standards durch den Rat der OECD am 15. Juli 2014 sowie mit der Verabschiedung der Verhandlungsmandate über die Einführung des AIA-Standards mit Partnerstaaten durch den Bundesrat am 8. Oktober 2014 spruchreif. Die Vorlage entspricht jedoch dem Ziel 3 der Legislaturplanung: «Stabilität und Standortattraktivität des Finanzplatzes sind gewährleistet». Gemäss diesem Ziel sind Massnahmen zu treffen, die das Vertrauen in den Schweizer Finanzplatz

50 51

BBl 2012 481 BBl 2012 7155

5520

wiederherstellen, diesen in Einklang mit den Regeln der Steuerkonformität bringen und seine Wettbewerbsfähigkeit gewährleisten.

7

Rechtliche Aspekte

7.1

Verfassungsmässigkeit

Bundesbeschluss über die Genehmigung Der Entwurf des Bundesbeschlusses über die Genehmigung des MCAA basiert auf Artikel 54 Absatz 1 der Bundesverfassung52 (BV), der dem Bund die allgemeine Kompetenz im Bereich der auswärtigen Angelegenheiten verleiht. Artikel 184 Absatz 2 BV ermächtigt den Bundesrat zur Unterzeichnung und Ratifizierung völkerrechtlicher Verträge. Nach Artikel 166 Absatz 2 BV obliegt die Genehmigung der völkerrechtlichen Verträge der Bundesversammlung, es sei denn, der Bundesrat ist durch ein Bundesgesetz oder einen von der Bundesversammlung genehmigten völkerrechtlichen Vertrag dazu ermächtigt, völkerrechtliche Verträge selbstständig abzuschliessen (Art. 7a Abs. 1 des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes vom 21. März 199753 [RVOG]). Beim MCAA handelt es sich um einen völkerrechtlichen Vertrag, wobei für dessen Genehmigung keine Zuständigkeit des Bundesrats besteht. Für die Genehmigung ist somit die Bundesversammlung zuständig.

Bundesgesetz über den internationalen automatischen Informationsaustausch in Steuersachen (AIA-Gesetz) Die Rechtsgrundlage für das AIA-Gesetz ist Artikel 173 Absatz 2 BV, wonach die Bundesversammlung alle Geschäfte behandelt, die in die Zuständigkeit des Bundes fallen und keiner andern Behörde zugewiesen sind. Das AIA-Gesetz regelt die Umsetzung des internationalen AIA in Steuersachen nach dem MCAA sowie weiteren internationalen Abkommen, die den AIA über Finanzkonten vorsehen. Da die landesrechtliche Regelung des Vollzugs des internationalen AIA in Steuersachen nicht in die Gesetzgebungskompetenz der Kantone oder einer anderen Bundesbehörde fällt, ist die Abstützung auf Artikel 173 Absatz 2 BV gerechtfertigt.

7.2

Erlassform

Dem fakultativen Staatsvertragsreferendum nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV unterstehen die Staatsverträge, die wichtige rechtsetzende Bestimmungen enthalten oder deren Umsetzung den Erlass von Bundesgesetzen erfordert. Nach Artikel 22 Absatz 4 des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 200254 gilt eine Bestimmung eines Staatsvertrages dann als rechtsetzend, wenn sie in unmittelbar verbindlicher und generell-abstrakter Weise Pflichten auferlegt, Rechte verleiht oder Zuständigkeiten festlegt. Als wichtig gelten Bestimmungen, die auf der Grundlage von Artikel 164 Absatz 1 BV in der Form eines Bundesgesetzes erlassen werden müssen. Das MCAA enthält wichtige rechtsetzende Bestimmungen, und seine 52 53 54

SR 101 SR 172.010 SR 171.10

5521

Umsetzung erfordert den Erlass eines Bundesgesetzes. Der Bundesbeschluss über die Genehmigung des MCAA ist deshalb dem fakultativen Referendum zu unterstellen. Das AIA-Gesetz untersteht dem fakultativen Referendum nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe a BV.

7.3

Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen

Nach Artikel 2 Absatz 2 AIA-Gesetz kann der Bundesrat den in den anwendbaren Abkommen verwendeten Begriff «teilnehmender Staat» für eine befristete Dauer breiter definieren als in den Abkommen. Eine breitere Definition des Begriffs würde für die meldenden schweizerischen Finanzinstitute eine Erleichterung darstellen.

International besteht im heutigen Zeitpunkt aber kein Konsens, ob und wenn ja wie der Begriff «teilnehmender Staat» breiter definiert werden könnte. Dem Bundesrat soll deshalb die Kompetenz eingeräumt werden, diesen Begriff für eine befristete Dauer breiter zu definieren. Damit kann sichergestellt werden, dass die Schweiz den AIA standardkonform umsetzt, gleichzeitig aber der Standort Schweiz keine Nachteile erleidet.

Nach Artikel 3 Absatz 11 und Artikel 4 Absatz 3 AIA-Gesetz kann der Bundesrat weitere Finanzinstitute als nicht meldende Finanzinstitute bzw. weitere Konten als ausgenommene Konten festlegen, bei denen ein geringes Risiko besteht, dass sie zur Steuerhinterziehung missbraucht werden und die im Wesentlichen ähnliche Eigenschaften aufweisen wie die nach den anwendbaren Abkommen nicht meldenden Finanzinstitute bzw. ausgenommenen Konten. Der Bundesrat soll die Kriterien festlegen, nach denen weitere Rechtsträger als nicht meldende Finanzinstitute bzw.

weitere Konten als ausgenommene Konten gelten und diese Rechtsträger bzw.

Konten bezeichnen. Diese Delegation ermöglicht es, neu identifizierte Finanzinstitute und Konten, welche die obigen Voraussetzungen erfüllen, rasch mittels bundesrätlicher Verordnung vom Anwendungsbereich des AIA auszunehmen. Andernfalls müssten diese für die Dauer des Gesetzgebungsverfahrens und bis zum Inkrafttreten einer Revision des AIA-Gesetzes den automatischen Informationsaustausch anwenden, bzw. im Rahmen dessen gemeldet werden. Artikel 3 enthält weiter in den Absätzen 7 und 10 Delegationen an den Bundesrat. Der Bundesrat soll die Organismen für gemeinsame Anlagen bezeichnen und die Kriterien festlegen, nach denen ein Organismus für gemeinsame Anlagen als nicht meldendes Finanzinstitut gilt.

Weiter soll er die Kriterien festlegen, nach denen eine Stockwerkeigentümergemeinschaft als nicht meldendes Finanzinstitut gilt. In beiden Fällen geht es um technische Präzisierungen der in den anwendbaren Abkommen bzw. im AIA-Gesetz festgehaltenen Grundsätze.
Nach Artikel 5 Absatz 5 AIA-Gesetz soll der Bundesrat ermächtigt werden, die Kriterien für die Bestimmung der Ansässigkeit von Finanzinstituten in der Schweiz zu regeln. Er soll insbesondere regeln, welche Art der Steuerpflicht erforderlich ist, um als in der Schweiz ansässig nach Artikel 5 Absatz 1 zu gelten. Zusätzlich soll er festlegen, welche steuerbefreiten Finanzinstitute als in der Schweiz ansässig nach Artikel 5 Absatz 1 gelten. Diese Delegation erscheint sachlich angemessen, um den Besonderheiten des AIA Rechnung zu tragen.

Nach Artikel 7 Absätze 2 und 3 AIA-Gesetz kann der Bundesrat Änderungen am gemeinsamen Meldestandard in die Beilage zum MCAA aufnehmen, sofern sie für meldepflichtige Personen und meldende schweizerische Finanzinstitute keine neuen 5522

Pflichten begründen oder keine bestehenden Rechte aufheben oder sich in erster Linie an die Behörden richten, administrativ-technische Fragen regeln oder keine bedeutenden finanziellen Aufwendungen verursachen. Diese Delegation erscheint sachlich angemessen und ermöglicht es, Änderungen des gemeinsamen Meldestandards von beschränkter Tragweite rasch nachzuvollziehen. Sind die Änderungen des gemeinsamen Meldestandards jedoch nicht von beschränkter Tragweite, müssen sie der Bundesversammlung zur Genehmigung unterbreitet werden.

Der Bundesrat soll in Artikel 9 Absatz 3 AIA-Gesetz ermächtigt werden festzulegen, welche der im Kommentar enthaltenen Alternativbestimmungen anwendbar sind.

Diese Kompetenzordnung rechtfertigt sich deshalb, weil die im Kommentar enthaltenen Alternativformulierungen grundsätzlich zu einer Erleichterung bei der Umsetzung des gemeinsamen Meldestandards führen. Sollte der Kommentar zum gemeinsamen Meldestandard zu einem späteren Zeitpunkt mit weiteren Alternativformulierungen ergänzt werden, könnten diese rasch ins Schweizer Recht überführt werden. Der Bundesrat kann auf dieser Grundlage keine Verpflichtungen auferlegen, die über den Rahmen des anwendbaren Abkommens und des AIA-Gesetzes hinausgehen.

Nach Artikel 10 Absatz 2 Buchstabe a AIA-Gesetz legt der Bundesrat die Kriterien fest, nach denen der Betrag und die Einordnung von Zahlungen zugunsten eines meldepflichtigen Kontos zu bestimmen sind. Dabei kann sich der Bundesrat an bestehenden Definitionen im schweizerischen Steuerrecht orientieren und, soweit für eine effiziente und kostengünstige Umsetzung des AIA nötig und angemessen, diese Definitionen für die Zwecke des AIA punktuell anpassen. Nach Artikel 10 Absatz 2 Buchstabe b AIA-Gesetz legt der Bundesrat zudem die Kriterien fest, nach denen die verschiedenen Typen von Konten den im anwendbaren Abkommen definierten Kategorien von Finanzkonten (z.B. Verwahrkonten, Einlagekonten) zuzuweisen sind. Je nach Kontotyp sind gemäss der Beilage zum MCAA andere Informationen zu übermitteln. Auf Verordnungsstufe ist deshalb soweit notwendig zu konkretisieren, nach welchen Kriterien die Abgrenzung der verschiedenen Typen von Konten erfolgen soll.

Um sicherzustellen, dass bei Neukonten alle nach dem anwendbaren Abkommen und dem AIA-Gesetz notwendigen Informationen gesammelt werden,
sieht Artikel 11 Absätze 8 und 9 vor, dass ein Neukonto zu schliessen oder zu sperren ist, wenn nicht alle Informationen vorliegen. Da verschiedene Branchen des Finanzsektors und verschiedene Kontoarten von der Regelung nach Artikel 11 Absätze 8 und 9 betroffen sind, sieht Absatz 10 vor, dass der Bundesrat Ausnahmen regeln kann.

Damit sollen praktikable Regelungen für alle Konstellationen gewährleistet werden.

Damit die in der Beilage zum MCAA, im Kommentar zum gemeinsamen Meldestandard und in diesem Gesetz enthaltenen Beträge sowohl in Schweizer Franken als auch in US-Dollar feststehen (mit Ausnahme der Beträge im Abschnitt 12 des AIAGesetzes, der die Strafbestimmungen enthält), ist der Bundesrat nach Artikel 12 Absatz 2 AIA-Gesetz zur Festlegung dieser Beträge befugt. Der Bundesrat wird ferner ermächtigt, die Beträge anzupassen, wenn besondere Umstände dies erfordern (Art. 12 Abs. 3 AIA-Gesetz). Eine ähnliche Regelung sieht beispielsweise Artikel 37h Absatz 4 des Bundesgesetzes vom 8. November 193455 über die Banken und

55

SR 952.0

5523

Sparkassen (Bankengesetz, BankG) vor. Diese Delegation entspricht der allgemeinen Vorgehensweise bei der Festlegung von Beträgen.

In der Schweiz gibt es keine auf eidgenössischer Ebene harmonisierte Steueridentifikationsnummer. Die Schweiz kennt eine Unternehmens-Identifikationsnummer, welche für die Rechtsträger als Steueridentifikationsnummer für den AIA verwendet werden kann. Allerdings gibt es keine entsprechende Nummer für natürliche Personen. Nach Artikel 21 AIA-Gesetz wird der Bundesrat ermächtigt, zur Erfüllung der Aufgaben nach diesem Gesetz eine schweizerische Steueridentifikationsnummer für natürliche Personen einzuführen. Die Bestimmung enthält eine nicht abschliessende Aufzählung der Bereiche, die der Bundesrat mittels Verordnung zur Einführung der Steueridentifikationsnummer regeln wird. So wird der Bundesrat insbesondere bestimmen, welche Stelle oder Behörde zuständig sein wird für die Zuweisung der Nummer an eine bestimmte natürliche Person, welche Personendaten im zu errichtenden Register bearbeitet werden, wer Zugriff auf das Register hat und wie die Zusammenarbeit mit den kantonalen Steuerverwaltungen erfolgen wird. Die Verordnung, die der Bundesrat gestützt auf Artikel 21 AIA-Gesetz erlassen wird, wird Gegenstand einer Vernehmlassung bilden. Es wird angestrebt, bereits bei Inkrafttreten des AIA-Gesetzes über die Steueridentifikationsnummer zu verfügen.

Nach Artikel 24 Absatz 4 AIA-Gesetz regelt der Bundesrat die Einzelheiten des Betriebs des ESTV-Informationssystems mit den im Rahmen des anwendbaren Abkommens und des AIA-Gesetzes erhaltenen Daten, namentlich die Organisation und Führung des Informationssystems, die Kategorien der bearbeiteten Personendaten, den Katalog der Daten über administrative und strafrechtliche Verfolgungen und Sanktionen, die Zugriffs- und Bearbeitungsberechtigungen, die Dauer der Aufbewahrung sowie die Archivierung und Vernichtung der Daten. Diese Delegation entspricht der allgemein üblichen Vorgehensweise.

Artikel 24 Absatz 5 sieht vor, dass die ESTV den schweizerischen Behörden, denen sie nach Artikel 20 Absatz 1 Informationen weiterleitet, im Abrufverfahren Zugriff auf die Daten im Informationssystem gewähren kann, die diese zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben benötigen. Der Bundesrat soll auf Verordnungsebene festlegen, welchen Behörden die ESTV für welche Daten Zugriff gewährt.

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