Bericht des Bundesrates über Massnahmen zur Deregulierung und administrativen Entlastung vom 3. November 1999

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren in Erfüllung der Motion Forster (96.3618): «Auswirkungen neuer und bestehender Gesetze und Verordnungen auf Klein- und Mittelbetriebe (KMU)» vom 11. Dezember 1996 unterbreiten wir Ihnen den vorliegenden Bericht zur Kenntnisnahme.

Gestützt auf diesen Bericht werden wir Ihnen im Rahmen des nächsten Geschäftsberichtes beantragen, die folgenden parlamentarischen Vorstösse abzuschreiben: 1995 P 95.3024 Administrative Entlastung für Klein- und Mitttelunternehmen (KMU) (30.1.1995, N Columberg) 1996 P 96.3167 Wirtschaftsrelevante Vorlagen. Zusatzinformationen (22.3.1996, N Spoerry) 1996 M 96.3190 Förderung der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) (zu Ziel 6 R12) (N6.6.96, Kommission NR 96.016; S 12.6.96) 1997 P 96.3583 Neue Instrumente zur Eindämmung der Regulierungsflut (N 21.3.97, Speck) 1997 M 96.3618 Auswirkungen neuer und bestehender Gesetze und Verordnungen auf Klein- und Mittelbetriebe (KMU) (S 30.4.97, Forster, M 19.12.97) 1997 P 97.3222 Steigerung der Dynamik der öffentlichen Verwaltung (N 20.6.97, Cavadini Adriano) 1997 P 97.3278 KMU. Optimierung von Verfahren (N 10.10.97, Hasler Ernst) 1997 M 97.3334 Vermeidung administrativer Hindernisse (N 3.12.97, Widrig; S 8.12.98) 1997 P 97.3334 Vermeidung administrativer Hindernisse (N 3.12.97, Widrig; S 8.12.98) 1997 P 97.3450 Reduktion von Formalitäten und ,,Papierkrieg,, (N 19.12.97, Speck) Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

3. November 1999

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Ruth Dreifuss Der Bundeskanzler: François Couchepin

994

1999-5817

Übersicht Im vorliegenden Bericht wird über die Verwirklichung einer Vielzahl von Massnahmen Aufschluss gegeben, die einer Deregulierung und der administrativen Entlastung der KMU dienen. Im Vordergrund steht eine bessere Regelung der wirtschaftsrechtlichen Verfahren, welche der Bund durchführt.

Die Massnahmen bezwecken eine Beschleunigung der Verfahren, eine bessere Koordination der beteiligten Behörden, die Schaffung von transparentem und liberalem Recht, die Verringerung der Tiefe staatlicher Interventionen und eine vermehrte Kundenorientierung der Verwaltung. Mit den in diesem Bericht vorgestellten Massnahmen wird einem Ziel der ablaufenden Legislatur und zahlreichen parlamentarischen Vorstössen entsprochen.

Berichtet wird einerseits über bereichsübergreifende Massnahmen, die der Bundesrat in seinem Verantwortungsbereich beschlossen hat (Fristensetzung für die erstinstanzliche Gesuchsbehandlung, Richtlinien für die Darstellung der volkswirtschaftlichen Auswirkungen von Vorlagen des Bundes). Anderseits werden ausgewählte sektorielle Massnahmen dargestellt, die für eine Ausweitung des unternehmerischen Handlungsspielraumes und/oder für eine Reduktion der administrativen Arbeiten sorgen. Dieser Teil trägt der Tatsache Rechnung, dass sich die Dichte des regulatorischen Geflechts und das Ausmass an administrativen Arbeiten ­ im internationalen Quervergleich durchaus noch günstig ­ aus einer Vielzahl von Massnahmen ergeben, die je für sich betrachtet zumeist eine hohe Berechtigung aufweisen. Die Deregulierung und administrative Entlastung ist folglich auch nur durch eine Vielzahl von Massnahmen mit oft beschränktem Wirkungsbereich zu erreichen. Die hier vorgestellten Massnahmen setzen allerdings in den wirtschaftsrechtlichen Regulierungsbereichen an, die zumindest nach der jährlichen Zahl an Verfahren an der Spitze stehen.

Was im vorliegenden Kontext nicht geleistet wird, sind Kosten-/Wirksamkeitsanalysen zu einzelnen materiellen Gesetzesbestimmungen. Dieser Schritt bleibt der Zukunft vorbehalten. Mit der beschlossenen Einführung einer systematisierten Prüfung der volkswirtschaftlichen Auswirkungen von Vorlagen wurden hierfür allerdings die analytischen und organisatorischen Grundlagen gelegt. Ein zweites Anliegen bleibt die Rationalisierung der periodisch wiederkehrenden administrativen Arbeiten (Abrechnungen mit den Sozialversicherungen und dem Fiskus usw).

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Bericht Allgemeiner Teil 1 1.1

Ausgangslage Die Motion Forster (96.3618) als Ausgangspunkt

Die Motion Forster verlangt in Punkt 3, dass den Eidgenössischen Räten ein Bericht vorgelegt wird, in dem aufgezeigt wird, welche Massnahmen, die eine Verringerung der administrativen Arbeiten für kleine und mittlere Unternehmen bewirken, der Bundesrat in seinem eigenen Zuständigkeitsbereich getroffen hat. Gleichzeitig soll dem Parlament eine Botschaft mit Gesetzesänderungen unterbreitet werden, die dem gleichen Zweck dienen. Schliesslich verlangt die Motion die Institutionalisierung einer Prüfung, die den Folgen von Vorlagen auf die kleinen und mittleren Unternehmen nachgeht. In der Dezembersession 1997 hat auch der Zweitrat den Vorstoss Forster in der verbindlichen Form der Motion überwiesen.

Zweck dieses Berichtes ist es, in Erfüllung der Motion Forster (96.3618) die eidgenössischen Räte über die Massnahmen in Kenntnis zu setzen, welche der Bundesrat zwecks Deregulierung und administrativer Entlastung in eigener Kompetenz getroffen hat oder dem Parlament zwecks Beschlussfassung unterbreitet.

Zu erwähnen ist, dass die Sichtung des Bundesrechts unter dem Aspekt des Abbaus der Regelungsdichte von Bundesrat und Parlament zu einem Richtliniengeschäft der ablaufenden Legislatur gemacht wurde (vgl. M 96.3190 zu Ziel 6, R12), und dass dieser Bericht auch Aufschluss geben soll, wie dem Auftrag in weiteren parlamentarischen Vorstössen entsprochen wird, so namentlich der Motion Widrig (97.3334; die Punkte 2 und 4 wurden als Postulat überwiesen).

1.2

Verhältnis dieses Berichtes zum Bericht des Bundesrates vom 17. Februar 1999 über ein Inventar und die Evaluation der wirtschaftsrechtlichen Verfahren in der Bundesgesetzgebung

Die Deregulierungsmassnahmen, über die hier berichtet wird, gehen vor allem, aber nicht nur, auf das Projekt «Inventar und Evaluation der wirtschaftsrechtlichen Verfahren in der Bundesgesetzgebung» zurück (vgl. BBl 1999 8387). Ein entsprechender Bericht war durch ein Postulat David (96.3607) verlangt worden. Darüber hinaus haben die Ergebnisse der Ressortforschung im Rahmen der Strukturberichterstattung wichtige Hinweise geliefert, wo mit Massnahmen angesetzt werden sollte (Schwerpunktthema: «Regelungsdichte und KMU»; die Vorstellung der Ergebnisse durch das zuständige Bundesamt für Wirtschaft und Arbeit erfolgte am 20.Okt.98).

Andere Quellen für Massnahmenvorschläge waren Besuche bei kleinen und mittleren Unternehmen sowie Eingaben von Verbänden und Branchenorganisationen.

Eine beachtliche Anzahl Massnahmen wurde auch von den zuständigen Ämtern selbst vorgeschlagen.

996

Die Ausweitung der Evaluation auf die wirtschaftsrechtlichen Verfahren, bei denen das Bundesrecht den Vollzug an die Kantone delegiert, dürfte zu neuen Massnahmenvorschlägen führen.

1.3

Aufbau des Berichtes

In den folgenden Abschnitten soll zunächst das allgemeine Anliegen der Deregulierung als Begriff zweckmässig gefasst werden. Dann wird auf Anstrengungen der Bundespolitik verwiesen, die diesem Anliegen gleichfalls dienen. Betrachtungen zum Zusammenhang zwischen Regulierung und Innovationsfähigkeit der Wirtschaft leiten über zu einem kurzen Überblick über die bereichsübergreifenden und sektorspezifischen Massnahmen, die der Bundesrat eingeleitet hat und die im besonderen Teil des Berichtes beschrieben sind. Abschliessend folgen Hinweise auf analoge Anstrengungen in den Kantonen, haben nach Artikel 94 Absatz 3 der neuen Bundesverfassung doch alle drei staatlichen Ebenen gemeinsam zum Ziel guter Rahmenbedingungen beizutragen.

2 2.1

Die Deregulierung als Begriff und wirtschaftspolitisches Anliegen Deregulierung ist mehr als der Abbau der Regelungsdichte

Deregulierung ist ein Ansatz, um den Einflussbereich des Staates zurückzudrängen und vermehrt marktwirtschaftlichen Prinzipien zum Durchbruch zu verhelfen.

Deregulierung kann dabei in einem juristischen Sinn verstanden werden. Sie wird dann als Abbau der Zahl der Rechtsvorschriften verstanden. Es ist allerdings zweckmässiger, Deregulierung in einem weiter gefassten, mehr aus der Optik der Wirtschaft heraus argumentierenden Sinn zu verstehen. Es geht in diesem Fall darum, den Wirtschaftssubjekten (agents économiques) mehr wirtschaftliche Betätigungsfreiheit zu geben. Dies kann auf verschiedenen Wegen geschehen: A.

Ein Ansatz sind Privatisierungen. Unternehmerische Tätigkeiten, die der Staat ­ aus welchen Gründen auch immer ­ übernommen hat, werden Privaten überantwortet. Das staatliche Unternehmen wird als AG ausgestaltet; nach einer Übergangsphase ist die Mehrheit der Aktien im Besitz des privaten Sektors.

B.

Ein zweiter Weg, privatwirtschaftliche Betätigungsmöglichkeiten auszuweiten, ist die Öffnung von Märkten, einerseits grenzüberschreitend (WTO, bilaterale Verhandlungen), anderseits im nationalen Rahmen. Letzteres war das Kernanliegen des Programms zur marktwirtschaftlichen Erneuerung (vgl. das Binnenmarktgesetz, aber auch die Kartellgesetzrevision und das Bundesgesetz über technische Handelshemmnisse [THG]). Grösste Restanz ist hier die Öffnung des Elektrizitätsmarktes. Der rasche weltwirtschaftliche Wandel wird allerdings neue Reformschritte unabdingbar machen.

C.

Der dritte Weg, der in der vorliegenden Unterlage ganz klar im Vordergrund steht, ist der Abbau der Regelungsdichte und der Übergang zu weniger weitreichenden Formen staatlicher Intervention (Beispiel: nachträgliche Kontrollen statt des Erfordernisses, vorgängig eine Bewilligung einzuholen).

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2.2.

Juristisch umgesetzt heisst «Deregulierung» zumeist «Reregulierung»

Die Abkehr von staatlichen Monopolen durch Privatisierungen und Marktöffnungen gibt oftmals zu einer Ausweitung des Umfangs der Systematischen Rechtssammlung Anlass. Der Grund liegt unter anderem darin, dass der Staat neu als Schiedsrichter in Märkten auftritt, die er früher recht weitgehend über verwaltungsinterne Weisungen regeln konnte. Auch treten wegen der Mehrzahl an Konkurrenten neue Fragen auf, die zweckmässig zu regeln sind. Ein Beispiel hierfür ist die Frage des Zusammenschaltens der Netze der verschiedenen Telekommunikationsanbieter nach erfolgter Abkehr vom staatlichen Monopol (Interkonnektion).

Der Abbau der Regelungsdichte dagegen sollte im Prinzip die Systematische Rechtssammlung entlasten. Ziel kann jedoch nicht sein, dass weniger reguliert wird ­ und dann die Lücke beispielsweise durch wenig transparentes Richterrecht aufgefüllt wird1. Auch Bestimmungen, die der Verwaltung eine Bewilligungskompetenz erteilen, ohne in den Grundzügen die anzuwendenden Kriterien mitzugeben, erachten wir als unzweckmässig. Solche Bestimmungen sind für die Marktteilnehmer intransparent, ergeben folglich keine hinreichend klare Planungsgrundlage und sind im Fall einer restriktiven Handhabung der Kompetenz gerne Quelle langwieriger Rekursverfahren. Das Ziel muss vielmehr sein, dass qualitativ möglichst hochstehend reguliert wird. Die Quintessenz ist folglich, dass das ökonomische Anliegen der «Deregulierung» bei der Umsetzung ins Recht zumeist auf eine «Reregulierung» hinausläuft. In bislang stark regulierten Bereichen ist allerdings auch ein bedeutender direkter Abbau der Zahl von Verordnungen und Gesetzen zu erreichen. Dies belegt das Projekt «Agrarpolitik 2002».

2.3.

Abgrenzung des vorliegenden Projektes zu verwandten Vorhaben der Bundespolitik

a.

Die Überführung von Anstalten und einzelnen Verwaltungseinheiten in zivilrechtliche, allenfalls spezialgesetzliche Aktiengesellschaften oder FLAGÄmter betrachten wir als Massnahme unter dem Obertitel der Regierungsund Verwaltungsreform. Diese Schritte bleiben auf Effizienzgewinn und nicht auf die Zurückdämmung des Staatseinflusses ausgerichtet, solange die öffentliche Hand mit Leistungsaufträgen die Geschäftstätigkeit dieser Einheiten bestimmt. Eine Liberalisierung findet erst dann statt, wenn parallel zur Umstrukturierung des staatlichen Leistungsträgers (private) Dritte mit analogen Angeboten auf dem entsprechenden Markt auftreten können.

b.

Aus der Betrachtung ausgeschlossen wird auch die Reform des Finanzausgleichs, d. h. die neue Aufgabenverteilung zwischen Bund und Kantonen; es ist allerdings zu beachten, dass diese gleichfalls auf Effizienzgewinn ausgerichteten Massnahmen durchaus einen wichtigen Beitrag zur administrativen Entlastung auch bei den Kunden der Verwaltung erbringen können, indem

1

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Wenn z.B. das Verwaltungsgericht systematisch nur 2 Dachluken je 10m Dachkantenlänge zulässt, schreibt man diese Bestimmung besser ins Baureglement der Gemeinde oder des Kantons (mit Ausnahmeklausel). Es wird so vermieden, dass ortsfremde Architekten unnützen Planungsaufwand treiben. Hinzu kommt, dass oftmals erst die niedergeschriebene Norm durch das Parlament aufgehoben oder geändert werden kann.

einige Vorhaben bewirken sollten, dass das Unternehmen oder der Bürger allein noch mit einer staatlichen Ebene in Kontakt stehen wird.

c.

Eine stufengerechte Zuordnung von Entscheidbefugnissen ist gleichfalls eine Massnahme, die zunächst nur verwaltungsintern wirkt. Soweit es jedoch um die weitere Delegation von Kompetenzen bei Bewilligungen, Plangenehmigungen und Konzessionen geht, können gerade bei einfacheren Geschäften erhebliche Zeitgewinne resultieren, wenn die sachkundige Stelle direkt entscheidet und nicht noch eine vorgesetzte Instanz zu dokumentieren und um einen seiner Natur nach oftmals rein formellen Akt zu ersuchen ist.

d.

Ein Zurückdämmen des Staatseinflusses erfolgt auch, wenn Subventionen abgebaut und Steuererleichterungen gestrichen werden; dieser Bereich ist jedoch durch den Subventionsbericht abgedeckt und braucht hier nicht erneut behandelt zu werden. Nicht zum Thema gehören die Klagen wegen der Höhe staatlicher Abgaben, obwohl hieraus oft die grössere Unzufriedenheit bei den Unternehmern resultiert als wegen des Umfangs administrativer Umtriebe und der Dichte des regulatorischen Geflechts.

e.

Das Programm zur marktwirtschaftlichen Erneuerung hat bereits zahlreiche Massnahmen im Sinne einer ökonomischen Deregulierung gebracht. Der Akzent lag vor allem auf der Marktöffnung (Fernmeldemarkt), in beschränktem Mass auch auf der Privatisierung (Käseunion). Daneben war der Abbau der Regelungsdichte auch bereits ein Thema der marktwirtschaftlichen Erneuerung. So wurden mit Bundesratsbeschluss vom 30. Juni 1996 über die Beseitigung technischer Handelshemmnisse im Bereich der Produktvorschriften verbindliche Aufträge zur Angleichung des technischen Rechts der Schweiz an die Vorschriften unserer wichtigsten Handelspartner erteilt. Die Umsetzung in den 18 bezeichneten Produktbereichen ist heute in den meisten Fällen abgeschlossen. Prominentes Beispiel für eine Einzelmassnahme aus dem Programm zur marktwirtschaftlichen Erneuerung ist die vom Parlament beschlossene ersatzlose Aufhebung der Sonderverkaufsvorschriften.

f.

Noch zwei weitere Vorhaben der marktwirtschaftlichen Erneuerung müssen hier besonders hervorgehoben werden, weil sie über mehrere Rechtsbereiche hinweg gewichtige Vorkehren im Sinne einer Verfahrensverbesserung bewirkten oder noch bewirken werden. Es geht einerseits um die Reform der UVP-Verordnung vom 5. September 1995 und anderseits um das Bundesgesetz über die Koordination und Vereinfachung von Entscheidverfahren vom 18. Juni 1999 (BBl 1999 5043).

2.4

Zu den Ursachen einer wachsenden Regelungsdichte

Eine Ursache für einen wachsenden Bestand an staatlichen Regelungen liegt im Aufbau und Ausbau von Aufgabengebieten der öffentlichen Hand. Zu nennen sind etwa der Ausbau des Sozialstaates oder der Aufbau einer Umweltpolitik, die heute weit über das Forstwesen und den Gewässerschutz hinausgeht. In andern Gebieten bringt das Erfordernis, international harmonisierten Anforderungen zu genügen, zusätzliche Erlasse und Bedingungen. Zu denken ist namentlich an die Aufsicht über den Finanzsektor. Es wäre offensichtlich verfehlt, gesellschaftlichen Entwicklungen wie dem Ideal des Sozialstaates, dem gewachsenen Umweltbewusstsein oder dem 999

Zwang zur verstärkten internationalen Zusammenarbeit einfach frontal entgegentreten zu wollen. All diese Interventionen erfolgten mit Blick auf Vorteile, die in der politischen Interessenabwägung bei Erlass der Massnahmen höher gewichtet wurden als erkannte Nachteile. In den genannten Fällen bestehen diese Vorteile in der verminderten Anhängigkeit des Schwachen gegenüber Ermessensentscheiden des Staates, in der Erhaltung einer möglichst intakten Umwelt oder im nicht-diskriminatorischen Zugang zu ausländischen Märkten. Folgt man wegleitenden Prinzipien, wie dem Subsidiaritätsprinzip staatlichen Handelns, dem Prinzip der Selbstverantwortung oder dem Prinzip der Hilfe zur Selbsthilfe, lässt sich allerdings auch in diesen Bereichen die staatliche Intervention begrenzen.

Eine wichtige Ursache dafür, dass diesen Prinzipien nicht in vollem Mass nachgelebt wird und eine unnötige Zunahme der Regulierungsdichte eintritt, liegt oft in Unfällen, «Pech und Pannen», Skandalen u. a. m.. Solche unerfreuliche Ereignisse schaffen meist eine hohe politische Handlungsbereitschaft, die sich nicht nur in weiteren Vorschriften, sondern oft auch in einer Vermehrung von Bewilligungsverfahren, Meldepflichten und Kontrollen niederschlägt, also in jenen Vorgängen, die im vorliegenden Bericht besonders anvisiert werden. In den administrativen, ggf.

strafrechtlichen Massnahmen, welche gegen die Verantwortlichen eingeleitet werden, wird oft eine ungenügende Sanktion und jedenfalls eine zu geringe präventive Wirkung gesehen. Dabei gibt es mildere Formen staatlicher Intervention, die ihren Zweck ebenso erfüllen und die oft nachteiligen Folgen eines Bewilligungsregimes vermeiden.

2.5

Internationaler Quervergleich

Im Zeichen der Globalisierung verliert der geographische Ursprungsort eines Unternehmens zunehmend an Bedeutung. Es verstärkt sich der Wettbewerb um die besseren staatlichen Rahmenbedingungen als ein wesentlicher Standortfaktor. Wenn wegen des gewachsenen Konkurrenzdruckes ein immer rascheres und beweglicheres Handeln der Unternehmen verlangt wird, so bedeutet dies auch, dass sie in ihrer Handlungsfreiheit nicht durch langwierige staatliche Bewilligungsverfahren eingeschränkt und durch aufwendige administrative Arbeiten von ihrer eigentlichen unternehmerischen Tätigkeit abgelenkt werden sollten. Dies gilt besonders auch für die kleineren und mittleren Unternehmen, die im Zeichen dieses Wandels und ohne über grosse Stäbe zu verfügen heute aus dem geschützten Raum lokalgewerblicher Traditionen heraustreten und sich gleichfalls in starkem Mass internationalisieren.

Internationale Quervergleiche zeigen einerseits, dass die administrativen Belastungen in der Schweiz vergleichsweise tief liegen. Auch werden im Ausland zum Schutz öffentlicher Interessen oftmals weiterreichende polizeiliche Vorkehren getroffen. Diese Tatsachen widerspiegeln sich im guten Ruf, den die Behörden in der Schweiz in internationalen Unternehmerbefragungen geniessen. Anderseits weisen gerade diese internationalen Unternehmerbefragungen auf eine schleichende Erosion dieses günstigen Standortfaktors hin. Ob durch Tatsachen untermauert oder nicht, die Schweiz büsst Ränge ein, eine Entwicklung, der begegnet werden muss. Im Sinne des sog. «benchmarking» ist einerseits die günstige Ausgangslage hervorzuheben, anderseits gilt es, das weiterhin vorhandene Verbesserungspotential mit konkreten Massnahmen zu erschliessen. Für das Vorhandensein eines solchen Verbesserungspotentials sprechen die zahlreichen in der Systematischen Rechtssammlung enthal-

1000

tenen Bestimmungen des Bundesrechts, die von den Unternehmen in den einzelnen staatlichen Regelungsbereichen zu beachten sind.

2.6

Regulierung und Innovation

Angesichts des hohen Standes des Gesetzgebungsprozesses in der Schweiz, den eine international vergleichende Studie der OECD aufzeigt, darf zwar von einer hohen Qualität der erlassenen Regelungen ausgegangen werden. Verhaltensweisen, die der Gesellschaft als untragbar erscheinen, dürften in der Regel wirksam unterbunden werden, selbst wenn Unterschiede im Vollzug, soweit dieser delegiert ist, belegt sind. Was beim Erlass solcher Vorschriften jedoch gern zu wenig bedacht wird, ist der Umstand, dass diese Vorschriften und Auflagen das Entstehen von Neuem zu hemmen vermögen. Sie unterbinden nicht nur die sichtbaren, unerwünschten Handlungsweisen. Sie unterbinden oftmals auch Vorhaben und Tätigkeiten, die neu sind und die sich über kurz oder lang zum Vorteil der Gesellschaft auswirken.

Gegen diese Argumentation kann eingewendet werden, dass hohe Anforderungen, die aus ehrgeizigen Regulationen hervorgehen, in der Produktentwicklung zu einem Durchbruch führen können, der dem anfänglich belasteten Hersteller in der Folge einen Vorsprung gegenüber dem nicht unterstellten Konkurrenten am Markt bringt (Vorteil des sogenannten «first mover»). Setzt man die Regulationen als Motor der Innovation ein, muss man allerdings bedenken, dass dieser Motor zumindest dann nicht anspringen dürfte, wenn für die neue Lösung kein ertragreicher Markt besteht, der den Rückfluss der meist erheblichen Entwicklungsaufwendungen sicherstellt.

2.7

Institutionelle Vorkehren gegen eine zu weitreichende Regelungsdichte (Punkt 1 der Motion Forster, 96.3618)

Vieles spricht folglich dafür, die Frage, ob und in welcher Form neue Regulierungen erlassen werden sollen, nach Möglichkeit auf möglichst objektive Grundlagen zu stellen. Zu diesem Zweck hat eine Mehrzahl der OECD-Staaten das Instrument der «Regulatory Impact Analysis» aufgebaut. Analoges fordern jetzt Punkt 1 der Motion Forster und weitere parlamentarische Vorstösse.

Auch in der Schweiz besteht an sich die Auflage, beim Erlass neuer Rechtsnormen die Auswirkungen auf die Wirtschaft zu klären. Zu verweisen ist namentlich auf Artikel 43 Absatz 3 des Geschäftsverkehrsgesetzes. Absatz 3 Buchstabe c verlangt in den Botschaften und Berichten des Bundesrates eine Darlegung der Folgen, welche die vorgesehenen Massnahmen für die Wirtschaft zeitigen. Absatz 3 Buchstabe d formuliert dann sogar das ehrgeizige Ziel, dass eine Kosten-/Nutzenstudie gemacht werden sollte. In der Praxis wird diesen Vorgaben nur in beschränktem Mass nachgelebt. Dies dürfte einerseits in den praktischen Schwierigkeiten begründet sein, die namentlich bei der Kosten-/Nutzen-Analyse bestehen. Anderseits besteht auch nicht immer ein hinreichendes Interesse, transparent zu machen, wer die Kosten trägt und wer die Nutzniesser einer Massnahme sind.

Die Schweiz stellt die Qualität ihrer Regulierungen vorab durch ein breit angelegtes Vernehmlassungsverfahren sicher, das auch im Bereich des nachgelagerten Rechts vielfach durchgeführt wird. Ein Mangel beim Vernehmlassungsverfahren besteht allerdings darin, dass bei der Auswertung gelegentlich nicht genügend über eine 1001

einfache, ungewogene Zählung der eingegangenen positiven und negativen Stellungnahmen hinausgegangen wird. Die in erster Linie nach politischen Kriterien erfolgende Konsensfindung kann gerade schlecht organisierten Gruppen ungebührliche Lasten überbinden.

Angesichts der weiter oben genannten Schwierigkeiten, Kosten und Erträge einer Regulation auf analytischem Weg zu erfassen, muss an den breit angelegten Vernehmlassungsverfahren zwar festgehalten werden. Um die Ausarbeitung und Auswertung der Stellungnahmen zu erleichtern, soll nach Beschluss des Bundesrates vom 15. September 1999 jedoch schon in den Vernehmlassungsunterlagen eine qualifizierte Äusserung über die durch eine Regelung Begünstigten und Belasteten gemacht werden, der sich die Vernehmlassungsteilnehmer dann anschliessen oder die sie in Frage stellen können. Diese Äusserung soll auf einer sogenannten Regulierungsfolgenabschätzung beruhen, für deren Durchführung der Bundesrat am 15. September 1999 Richtlinien erlassen hat.

Für die sogenannte «Regulierungsfolgenabschätzungen» soll bei weitem nicht der gleiche Aufwand wie für eine wissenschaftliche Kosten-Nutzen-Analyse getrieben werden. Tendenzaussagen, Erfahrungen und vorhandenes Zahlenmaterial sollen genutzt und Aufträge für eine Quantifizierung der Folgen einer neuen Regelung nur dort in Auftrag gegeben werden, wo dieser Aufwand von der Bedeutung der Sache her geboten ist.

Ergänzend zu dieser sogenannten Regulierungsfolgenabschätzung soll während der Legislaturperiode 1999­2003 versuchsweise ein «KMU-Verträglichkeitstest» treten.

Bei Gesetzesprojekten ist spätestens während des Vernehmlassungsverfahrens in jeweils 10 kleinen und mittleren Unternehmen abzuklären, wie sich die Regulation praktisch auswirkt. Analog soll bei Verordnungsrevisionen vorgegangen werden, für die ­ ihrer Tragweite wegen ­ die Durchführung eines formellen Vernehmlassungsverfahrens beschlossen wird.

Die Regulierungsfolgenabschätzung und der KMU-Veträglichkeitstest dienen vorab der Optimierung des dem Parlament unterbreiteten Regulierungsvorschlages. Dank dieser beiden Instrumente sollte aber auch eine minimale Einheitlichkeit der Ausführungen Kapitel zu den volkswirtschaftlichen Auswirkungen der Vorlagen des Bundes gewährleisten sein. Dieses Kapitel wird gemäss Bundesratsbeschluss vom 15. September 1999 in Erfüllung der Motion Forster neu in die Botschaften ans Parlament eingefügt werden.

2.8 2.8.1

Bereichsübergreifende und sektorspezifische Massnahmen zur Deregulierung und administrativen Entlastung (Punkte 2 und 3 der Motion Forster, 96.3618) Massnahmen im Kompetenzbereich des Bundes

Im nachfolgenden besonderen Teil des Berichtes finden sich nach weiterführenden Angaben zur sog. Regulierungsfolgenabschätzung und zum KMU-Verträglichkeitstest Aussagen zur Umsetzung derjenigen Massnahmen, die vom Bundesrat am 21. Oktober 1998 zwecks Erfüllung der Punkte 2 und 3 in der Motion Forster (96.3618) in die Wege geleitet wurden. Diese Massnahmen haben sich namentlich aufgrund der Evaluation der bundesrechtlichen Bewilligungsverfahren aufgedrängt und sind im einschlägigen Bericht beschrieben (Antwort auf das Postulat David).

1002

Sie sind oftmals nur für die Unternehmen eines einzelnen Wirtschaftszweiges von Bedeutung. Fallweise stehen diese Massnahmen stärker im Interesse der Deregulierung, d. h. der Ausweitung des unternehmerischen Handlungspielraumes, respektive der administrativen Entlastung, d. h. der Verringerung des Administrationsaufwandes.

Zwischen den Ausführungen zur Regulierungsfolgenabschätzung und zum KMUVerträglichkeitstest einerseits, der Beschreibung der sektoriellen Massnahmen anderseits finden sich Ausführungen, wie andern parlamentarischen Vorstössen entsprochen wurde, die im Zeichen der Deregulierung und administrativen Entlastung eingereicht wurden. Namentlich geht es hier um die Erfüllung eines Punktes in der Motion Widrig (97.3334), nämlich um den Erlass einer Verordnung über Ordnungsfristen für die Gesuchsbehandlung in erst-instanzlichen wirtschaftsrechtlichen Verfahren.

2.8.2

Einbezug der Kantone

Aus zeitlichen Gründen musste die Untersuchung des Bundesrechtes, dessen Vollzug an die Kantone delegiert ist, zurückgestellt werden. Nur wenige der vorliegenden Massnahmen berühren daher ihren Kompetenzbereich. Wir erachten es nicht als Nachteil, wenn der Bund vorerst Verbesserungen in den Bereichen anbringt, in denen er das Recht nicht nur erlässt, sondern auch selber weitgehend vollzieht. Dies legitimiert ihn, in einem zweiten Schritt Massnahmen in Gebieten vorzuschlagen, in denen der Vollzug delegiert ist. Der dritte Bereich wird durch jene Gebiete gebildet, in denen der Kanton sowohl legiferiert, als auch vollzieht. Hier kann auf das Beispiel des Kantons Graubündens verwiesen werden, der durch die zuständigen Ämter sämtliche Erlasse auf unnötige, überholte oder verbesserungswürdige Bestimmungen hin angesehen hat. Ein anderes Beispiel ist der Kanton Zürich, der ­ wie der Bund in Beantwortung des Postulates David ­ die Bewilligungsverfahren inventarisiert und evaluiert hat.

1003

Besonderer Teil 1 1.1 1.1.1

Bereichsübergreifende Massnahmen Prüfung der volkswirtschaftlichen Auswirkungen von Vorlagen des Bundes Form und Gegenstand der Prüfung der volkswirtschaftlichen Auswirkungen von Vorlagen des Bundes (M Forster, 96.3618; P Columberg, 95.3024; P Spoerry, 96.3167; P Loeb, 96.3221, Punkt 3)

Wie ausgeführt untergliedert sich die Prüfung der volkswirtschaftlichen Auswirkungen von Vorlagen des Bundes, deren Grundanliegen oben unter Ziffer 2.7. beschrieben wurde, der Form nach in zwei Teile mit je etwas unterschiedlicher Zielsetzung.

Die sog. Regulierungsfolgenabschätzung erfolgt aus einer gesamtwirtschaftlichen, wenn nicht gesamtgesellschaftlichen Optik heraus. Beim nur fallweise durchzuführenden KMU-Test wird dagegen aus der Optik des kleinen und mittleren Unternehmens heraus argumentiert; somit kommt hier eine partikulare Sicht der Dinge zum Ausdruck. Anders als die volkswirtschaftlich argumentierende Regulierungsfolgenabschätzung legt der KMU-Verträglichkeitstest das Augenmerk auf die betriebswirtschaftlichen Implikationen einer Regelung.

In die politische Abwägung, «ob» der Staat handeln soll, werden in erster Linie die Ergebnisse der Regulierungsfolgenabschätzung einfliessen, in deren Rahmen die Ergebnisse des KMU-Verträglichkeitstests nur ein Beurteilungselement unter anderen sind (für die anderen Beurteilungselemente vgl. unten unter Ziff. 1.1.2). Sehr viel stärker im Vordergrund steht der KMU-Verträglichkeitstest dort, wo es um die Frage geht, «wie» der Staat handeln soll. Es ist davon auszugehen, dass der Vollzug der meisten wirtschaftsrelevanten Erlasse die Unternehmen direkt berührt. Der KMU-Verträglichkeitstest soll sicherstellen helfen, dass ihre administrativen Belastungen möglichst tief bleiben, dass sich die Kosten einer neuen Massnahmen in Form von zusätzlichen Investitionen oder erschwerten Betriebsabläufen in Grenzen halten und dass der unternehmerische Handlungsspielraum eine möglichst geringe Einschränkung erfährt.

Gegenstand der Regulierungsfolgenabschätzung sind neue oder zu revidierende rechtliche Erlasse auf Stufe Verfassung, Gesetz und Verordnung. Der Einbezug der Verordnungen soll sicherstellen, dass im delegierten Rechtssetzungsbereich nicht eine Interventionstiefe erreicht wird, die der Gesetzgeber selber nicht gewollt hat.

Um den Aufwand zu begrenzen, soll allerdings nur bei Verordnungen, die der Bundesrat erlässt, eine Regulierungsfolgenabschätzung verlangt werden. Soweit es um Verordnungsänderungen geht, die nur in terminologischen und organisatorischen Änderungen bestehen und die keine wirtschaftlichen Auswirkungen zeitigen, lässt sich weiter auf den
kurzen Bericht verzichten, auf den der einschlägige Abschnitt im Antrag an den Bundesrat abstellen sollte.

Ein KMU-Verträglichkeitstest soll bei Gesetzesprojekten sowie bei Verordnungsrevisionen durchgeführt werden, die vom Bundesrat beschlossen werden und für die ­ wegen ihrer wirtschaftlichen Tragweite ­ ein formelles Vernehmlassungsverfahren durchgeführt wird. Dass auch bei einer Anzahl Verordnungen ein KMU-Test durchgeführt werden soll, ergibt sich aufgrund der Überlegung, dass die Vollzugsregelun1004

gen, die für den Administrativaufwand massgebend sind, typischerweise erst auf Verordnungsstufe getroffen werden. Wie der Bundesrat in der Stellungnahme zur Parlamentarischen Initiative Rhinow (96.456; Verbesserung der Vollzugstauglichkeit von Massnahmen des Bundes) anerkannt hat (BBl 1999 3411), ist der Frage des Vollzugs von Massnahmen des Bundes mehr Gewicht beizumessen und dies bereits im Zeitpunkt der Ausarbeitung der Entwürfe.

Zwischen Regulierungsfolgenabschätzung und KMU-Verträglichkeitstest besteht zeitlich gesehen eine gewisse Staffelung. Die Ergebnisse einer ersten, im weiteren Gesetzgebungsprozess noch zu verbessernden Regulierungsfolgenabschätzung sollen bereits in den erläuternden Bericht einfliessen, der mit dem Gesetzesprojekt zusammen in die Vernehmlassung gegeben wird. Um den Gesetzgebungsprozess nicht zu verzögern, wird der KMU-Verträglichkeitstest dagegen meist erst während des laufenden Vernehmlassungsverfahrens stattfinden.

Aufgabe des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartmentes ist es, Anleitungen für die Regulierungsfolgenabschätzung zur Verfügung zu stellen und in Zusammenarbeit mit den antragstellenden Ämtern den KMU-Verträglichkeitstest praktisch durchzuführen.

1.1.2

Handbuch für die Regulierungsfolgenabschätzung (Einleitungssatz zu M und P Widrig, 97.3337)

Abgestützt auf die Ergebnisse der Regulierungsfolgenabschätzung und des allfälligen KMU-Verträglichkeitstests, deren Erkenntnisse mit Vorteil in einem kurzen Bericht zusammengefasst werden, aber auch gestützt auf die Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens ist das Kapitel zu redigieren, in dem in den Botschaften des Bundesrates ans Parlament die volkswirtschaftlichen Auswirkungen einer Vorlage zur Darstellung kommen. Unter diesem Titel werden auch die sozialen und ökologischen Auswirkungen miterfasst, soweit sie sich in ökonomischen Kategorien messen lassen. Um eine gewisse Einheitlichkeit dieser Darstellungen zu erreichen, hat einerseits der Bundesrat in Richtlinien die Hauptpunkte festgelegt, zu denen sich das fragliche Botschaftskapitel äussern soll. Anderseits ist das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement (EVD) beauftragt, mittels eines Handbuches die Fachämter bei der Ausarbeitung dieses Textes zu unterstützen. Das Handbuch enthält weiterführende Fragen, welche die Prüfpunkte in der Richtlinie des Bundesrates konkretisieren. Namentlich das Handbuch erfüllt den Vorstoss Widrig, mit dem der Bundesrat beauftragt wurde, «einen Katalog von Kriterien zu erarbeiten, der von der Bundesverwaltung bei der Ausarbeitung von Gesetzen und Verordnungen zu beachten ist, und der dazu dient, der Entstehung neuer administrativer Hindernisse vorzubeugen.» Einige Musterlösungen ergänzen das Handbuch, das laufend zu überarbeiten und gemachten Erfahrungen anzupassen sein wird. Zum Handbuch hinzu treten direkte Kontakte zwischen EVD und federführendem Amt sowie Stellungnahmen des EVD und seiner Dienste im Rahmen von Ämterkonsultationen und Mitberichten.

1005

1.1.3

Der KMU-Verträglichkeitstest (M Durrer, 99.3284 2)

Wie ausgeführt, soll der KMU-Verträglichkeitstest die Optik der KMU zum Ausdruck bringen. Es geht weniger darum, die politische Haltung von Unternehmerkreisen zu einer Vorlage kennen zu lernen ­ was nicht zu vermeiden sein wird und durch die breitere Sicht der Regulierungsfolgenabschätzung relativiert werden soll ­, sondern vielmehr darum, die Belastung der KMU zu ermitteln. Zu Belastungen der Unternehmen kann es in dreifacher Hinsicht kommen, nämlich in Form von: a.

Veränderungen des Administrativaufwandes,

b.

Kosten des Erlasses in Form zusätzlicher Investitionen und erschwerter Betriebsabläufe,

c.

Einschränkungen des unternehmerischen Handlungsspielraumes.

Bei der Vorbereitung des KMU-Verträglichkeitstestes ist folglich die Vorlage zunächst auf diese drei Gesichtspunkte hin zu untersuchen. Bei Revisionsvorlagen ist dabei nicht nur zu fragen, was die geplanten Neuerungen mit Bezug auf diese drei Aspekte ergeben. Es ist auch zu prüfen, ob beim bestehenden Recht in dieser Hinsicht nicht Verbesserungen angebracht werden können.

Der Gegenstand der Prüfung ist bei einem Gesetzesvorhaben nicht ganz deckungsgleich mit dem Gegenstand der Prüfung bei Erlass der Verordnung: Hat der Test beim Erlass eines Gesetzes vorab die Frage zu klären, ob nicht grundlegende andere Regelungen besser geeignet sind, soll der Test bei Erlass einer Verordnung vorab die Schwierigkeiten im Vollzug der geplanten Massnahmen aufzeigen und zu Verbesserungen an einzelnen Bestimmungen führen.

Der nächste Schritt bei der Vorbereitung des KMU-Verträglichkeitstestes ist die Auswahl der zu kontaktierenden Unternehmen. Die in die Untersuchung einbezogenen Unternehmen sind in den am meisten betroffenen Wirtschaftszweigen möglichst nach objektiven Kriterien auszuwählen. Streng wissenschaftlich wäre die Ziehung einer Zufallsstichprobe aus dem Betriebs- und Unternehmensregister. Um statistisch abgesicherte Resultate zu erhalten, müssten grundsätzlich mehrere Hundert Unternehmen mittels eines Fragebogens befragt werden. Diesen Weg will der KMUVerträglichkeitstest bewusst nicht gehen. Es geht ja ­ wie ausgeführt ­ nicht darum, repräsentative Aussagen über die Haltung der Unternehmen zu einem Problemkreis zu gewinnen. Es geht vielmehr darum, die Implikationen eines Vorhabens auf der Ebene des Betriebs zu kennen. Und hier bestätigen eine Reihe von Unternehmensbesuchen, dass nach einem knappen Dutzend Kontakten nur noch wenige zusätzliche Erkenntnisse zu gewinnen sind. Um dem mit der Zahl abnehmenden Nutzen weiterer Unternehmensbesuche entgegenzuwirken, sind die Unternehmen deshalb nicht zufällig, sondern gezielt ­ im Sinne von Fallstudien ­ auszuwählen. Für die verschiedenen Implikationen eines neuen oder geänderten Erlasses sind entsprechend 1­2 kennzeichnende Anwendungsfälle aufzufinden. Um eine gewisse Stabilität der Ergebnisse zu gewährleisten, kann es allerdings angezeigt sein, diese Auswahl mindestens zum Teil aufgrund einer Liste von ­ beispielsweise ­ 200 Unternehmen aus verschiedensten Branchen zu treffen, die zu einer wiederholten Zusammenarbeit mit Bundesstellen bereit sind.

2

Mit Beschluss vom 15.9.1999 hat der Bundesrat entschieden, die Umwandlung des Vorstosses in ein Postulat zu beantragen.

1006

Betroffene Leistungserbringer, die keinen Erwerbszweck, sondern ideelle Motive verfolgen, sind den KMU gleichgestellt, so dass auch die ihnen erwachsenden Umtriebe und Kosten erfasst werden. Der Unternehmensbegriff ist folglich weit gefasst.

Er schliesst sowohl selbständig Erwerbende ein (inkl. Landwirte), wie Organisationen ohne Erwerbscharakter, die im fraglichen Feld tätig sind. Geht es um Zugangsbeschränkungen zu einem Beruf, sind auch die betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer anzusprechen.

Der KMU-Verträglichkeitstests wird vorerst versuchsweise eingeführt. Vor Ablauf der kommenden Legislatur wird in Zusammenarbeit mit den an diesen Untersuchungen beteiligten Ämtern eine Evaluation des neuen Instrumentes stattfinden müssen.

Dabei wird der Frage nach dem Verhältnis zwischen dem KMU-Verträglichkeitstest und dem Vernehmlassungsverfahren unter Würdigung der sich daraus ergebenden Erkenntnisse für die Rechtssetzung und die Dauer des Gesetzgebunsgverfahrens nachgegangen werden müssen.

1.1.4

Die Funktion des KMU-Forums (P SVP-Fraktion, 97.3143)

Um den Ergebnissen des KMU-Verträglichkeitstests mehr Resonanz zu verschaffen, sollen diese bei Vorlagen, die eine Mehrzahl aller Wirtschaftszweige betreffen, auch dem KMU-Forum unterbreitet werden. Beim KMU-Forum handelt es sich um eine Ende 1998 in Erfüllung eines Postulates eingesetzte Eidg. Expertenkommission.3 Geplant ist, dass die Unternehmer in diesem Forum bei 3­5 Vorlagen pro Jahr die Ergebnisse des KMU-Tests aufgreifen, mit den Erfahrungen aus ihrem Betrieb konfrontieren und daraus eine Stellungnahme ihrer Kommission im Rahmen der laufenden Vernehmlassung entwickeln.

Dem KMU-Forum kommt allerdings noch eine zweite Aufgabe zu. Es soll im Turnus den Kontaktflächen zwischen den Unternehmen und einzelnen Teilen der Verwaltung nachgehen. Im Vordergrund sollen hier die bestehenden Regelungen stehen, die es auf Verbesserungsmöglichkeiten hin anzusehen gilt. Zu denken ist an die Kontakte zu den Arbeitsmarktbehörden, zu den Gesundheitsbehörden, zu den Sozialversicherungen, zum Zoll, zu den Steuerbehörden, zu den Submissionsbehörden, zu Umweltinstanzen, zu den Instanzen, die das Privatrecht vollziehen helfen, zu den Einrichtungen der Sicherheitspolitik sowie zu den Vollzugsinstanzen in ausgewählten weiteren Rechtsgebieten. Hält das KMU-Forum am gewählten Rhythmus von 4 Sitzungen pro Jahr fest, kämen diese Gebiete etwa alle 2 Jahre zur Sprache, was angemessen erscheint. Mit dieser zweiten Funktion des KMU-Forums wird sichergestellt, dass nicht nur das neu Hinzukommende, sondern auch das Bestehende kritisch geprüft werden.

1.2 1.2.1

Schwellen im Gesetzgebungsprozess Erhöhung der formalen Anforderungen (Motion Widrig, 97.3334)

Mit den bereits erwähnten Richtlinien zur Darstellung der volkswirtschaftlichen Auswirkungen von Vorlagen des Bundes soll nicht nur den parlamentarischen For3

Vgl. das Mandat im Anhang

1007

derungen entsprochen werden, die ein entsprechendes Kapitel in den Botschaften verlangen. Wie ausgeführt, wird namentlich mit den Prüfpunkten 4 und 5 und ihrer Konkretisierung im Handbuch zur Regulierungsfolgenabschätzung auch der Motion Widrig Genüge getan werden.

Die Motion Widrig «Vermeidung administrativer Hindernisse» (97.3334) verlangt vom Bundesrat, «einen Katalog von Kriterien zu erarbeiten, der von der Bundesverwaltung bei der Ausarbeitung von Gesetzen und Verordnungen zu beachten ist, und der dazu dient, der Entstehung neuer administrativer Hindernisse vorzubeugen.» Dabei sollen insbesondere folgende Punkte Berücksichtigung finden: 1.

Neue Bewilligungsverfahren sollen nur auf Gesetzes-, nicht aber auf Verordnungsstufe eingeführt werden können.

2.

Präventive Bewilligungsverfahren sind grundsätzlich nur bei Vorliegen wichtiger Gründe einzuführen. Im allgemeinen soll jedoch der nachgehenden Aufsicht der Vorzug gegeben werden.

3.

Wo das Bundesrecht Bewilligungsverfahren vorsieht, ist der Instanzenweg abschliessend bundesrechtlich zu regeln. Dabei sind für die erstinstanzlichen Verfahren Behandlungsfristen (Vorschlag: grundsätzlich vier Monate) festzulegen.

4.

Dem Prinzip der Verfahrenskoordination muss immer Rechnung getragen werden. Die Verfahren müssen nach Möglichkeit zusammengefasst werden und dürfen höchstens dreistufig sein, d. h. Verwaltungsbehörde, Rekurskommission und Verwaltungsgericht.

Inhaltlich ist zu diesen Punkten zu bemerken: Punkt 1: Bei der Inventur der wirtschaftsrechtlichen Verfahren wurde ein zu weitreichendes Ausschöpfen von Delegationsnormen nicht festgestellt, hält man sich an das formale Kriterium, ob eine Bewilligung verlangt wird, und nicht an das Kriterium, was vom Gesuchsteller alles vorgekehrt werden muss, bis eine Bewilligung erteilt werden kann. Auch weiterhin sollen deshalb Bewilligungsverfahren erst auf Verordnungsstufe konkretisiert werden können, namentlich wenn dies dazu dient, Ausnahmen von allzu starren Regelungen vorzusehen, zwecks Überführung international geltender Bestimmungen ins nationale Recht, wenn die Verhältnisse im fraglichen Bereich ein rasches Handeln verlangen oder wenn es darum geht, weitere Güter und Dienstleistungen oder weitere Länder einer vorgängigen Kontrolle zu unterstellen, welche das Gesetz im fraglichen Gebiet bereits kennt. Im Einklang mit der geltenden Handhabung von Delegationsnormen soll die Unterstellung gänzlich neuer Gegenstände unter eine Bewilligungspflicht dagegen vom Gesetz vorgesehen werden. Im Rahmen der Regulierungsfolgenabschätzung sind der Schaffung von ausufernden Bewilligungsvoraussetzungen auf Verordnungsstufe Schranken zu setzen.

Punkt 2: Bei der Evaluation der wirtschaftsrechtlichen Verfahren wurde eine Abstufung der staatlichen Interventionen nach Intensität vorgenommen und es wurden im abschliessenden vierten Teil des Berichtes (vgl. BBl 1999 8387) Kriterien formuliert, wann eine Bewilligungspflicht ­ als weitreichendste Form staatlicher Intervention nach dem Verbot oder staatlichen Monopol ­ durch eine weniger weitreichende Form staatlicher Intervention abgelöst werden kann (bspw. durch eine Meldepflicht, durch eine Pflicht zur Zertifizierung durch private Stellen, durch die Beschränkung auf nachgängige Kontrollen, durch verstärktes Vertrauen in die privat1008

rechtlichen Handhaben der Interessenwahrung (Haftpflicht), oder durch den Übergang zu marktwirtschaftlichen Instrumenten). Prüfpunkt 4 fragt explizit, ob nicht eine weniger weitreichende Form staatlicher Intervention als eine Bewilligungspflicht genügt.

Punkt 3: Die abschliessende bundesrechtliche Regelung des Instanzenzuges ist eine Handlungsmaxime, die angesichts der föderativen Vielfalt bei der Verwaltungsrechtspflege an sich sinnvoll ist. Sie soll allerdings dort durchbrochen werden können, wo der Vollzug des Bundesrechts an die Kantone delegiert ist und wo dank dieser Delegation eine bessere Koordination mit parallelen kantonalen Verfahren (Baubewilligungsverfahren) möglich wird (vgl. die nachstehenden Ausführungen zu Punkt 4). Dem zweiten Teil des als Motion überwiesenen Punktes 3 im Vorstoss Widrig ist durch Erlass einer Ordnungsfristenverordnung Genüge getan worden (vgl.

unten Ziffer 2.2.1).

Punkt 4: Bei der Evaluation der wirtschaftsrechtlichen Verfahren wurde der Frage, ob Bedarf für eine Verfahrenskoordination besteht, grosse Beachtung geschenkt; zahlreiche Vorkehren sind in diesem Sinn eingeleitet. Es versteht sich, dass dieses Prinzip, wie auch das Prinzip des dreistufigen Instanzenzuges, auch «de lege ferenda» Anwendung finden müssen. Die Justizreform bringt Schritte in dieser Richtung.

Allerdings ist der Instanzenzug heute schon in aller Regel höchstens dreistufig. Es erscheint nicht sinnvoll, ihn dort auszuweiten, wo heute eine Behörde abschliessend urteilt oder der Weiterzug eines Entscheides nur einmal möglich ist. Hervorzuheben ist, dass das namhaft gemachte Problem vor allem bei den bodenbezogenen (Gross-)Projekten besteht, wo es auch öfters als in andern Gebieten zu anfechtbaren Zwischenverfügungen kommt. Hier greifen die Massnahmen gemäss Bundesgesetz über die Koordination und Vereinfachung von Entscheidverfahren vom 18. Juni 1999. Probleme können auch entstehen, wenn für ein Vorhaben Bundesrecht und kantonales Recht zur Anwendung kommt. Diesbezüglich verweisen wir auf die vorausgehenden Ausführungen zu Punkt 3 und auf die Feststellungen unten in Ziffer 2.3.5 («Beschleunigungsgesetz»).

Der Vorstoss Widrig wirft nicht nur materielle Fragen auf, es stellt sich auch die Frage, wie er der Form nach umzusetzen ist. Der einleitende Satz «Katalog von Kriterien bei der Ausarbeitung
von Gesetzen» spricht für die vom Bundesrat gewählte Umsetzung, nämlich den Erlass von Richtlinien, die der Bundesrat der Verwaltung für das Gesetzgebungsverfahren vorgibt. Schritte auf einer höheren Rechtsstufe müsste das Parlament selber im Rahmen der Revision des Geschäftsverkehrsgesetzes treffen, für die es die Federführung innehat.

1.2.2

Das Instrument der «Sunset Legislation» (Postulat Speck, 96.3583)

Das Prinzip der «Sunset Legislation» wurde im Ausland breit diskutiert und z.T.

auch praktisch zur Anwendung gebracht. Grundidee der «Sunset Legislation» ist, dass Massnahmen vorerst nur auf Probe hin erlassen werden. Nach wenigen Jahren muss dann eine Evaluation stattfinden, deren Ergebnisse massgebend sind, ob der Erlass ersatzlos ausläuft oder ob er ins Dauerrecht übergeführt wird.

Wir gehen davon aus, dass das Instrument der «Sunset Legislation» eine gleiche Anzahl Vorteile wie Nachteile aufweist. Dem Wegfall von Interventionen, die sich nicht bewähren, stehen die Rechtsunsicherheiten gegenüber, die sich vor dem Ent1009

scheid über die Überführung des Erlasses ins Dauerrecht unvermeidlich einstellen.

Wir sehen deshalb davon ab, eine bereichsübergreifende Anwendung dieses Prinzips vorzusehen. Eine fallweise Anwendung ist dagegen zu begrüssen. Nach den Möglichkeiten einer zeitlichen Befristung wird in der «Richtlinie für die Darstellung der volkswirtschaftlichen Auswirkungen von Vorlagen des Bundes» denn auch gefragt.

Besondere rechtliche Vorkehren für eine «Sunset Legislation» sind nicht zu treffen, steht doch ­ mit dem Inkrafttreten der neuen Bundesverfassung ­ das Gefäss der zeitlich befristeten Bundesgesetze (früher Bundesbeschlüsse) zur Verfügung. Als konkretes Beispiel lässt sich auf die dringlichen Bundesbeschlüsse im Bodenrecht verweisen (vgl. Botschaft vom 16. August 1989 [BBl 1989 III 169]), die schliesslich nicht ins Dauerrecht übergeführt wurden, sondern ersatzlos ausliefen.

Zweites wichtiges Element der «Sunset Legislation» ist neben der Befristung die vor der Überführung des Erlasses ins Dauerrecht durchzuführende Evaluation. Die oben unter Ziffer 1.1. vorgestellte Regulierungsfolgenabschätzung kann hier wertvolle Hinweise liefern, ist gegebenenfalls aber durch eine eigentliche, wesentlich aufwendigere Gesetzesevaluation zu vertiefen. Angesichts des zu leistenden Aufwandes werden Erlasse nur in ausgewählten Fällen dem Verfahren einer eigentlichen Gesetzesevaluation unterworfen werden können. Denkbar erscheint es, die Auswahl dieser Erlasse gestützt auf die Legislaturplanung vorzunehmen.

1.2.3

Schaffung eines Regulierungsbudgets (Postulat Speck, 96.3583)

Für die Erfüllung dieses Postulates wurden im Rahmen der Strukturberichterstattung des Bundesamtes für Wirtschaft und Arbeit (neu seco) die nötigen wissenschaftlichen Vorarbeiten geleistet. Einerseits wurde in zwei Studien der Stundenaufwand ermittelt, den die Unternehmen für administrative Arbeiten aufwenden müssen. Anderseits wurde das wirtschaftsrelevante Bundesrecht einer Analyse unterzogen, die zu einem Indikator führte, der Hinweise gibt, wie hoch die Regelungsdichte in einzelnen Rechtsgebieten, respektive für einzelne Wirtschaftszweige ist. Durch die periodische Aufdatierung dieses Regulierungsdichteindikators, wie auch durch die Erkenntnisse bezüglich des Administrativaufwandes, die im Rahmen des KMUVerträglichkeitstests anfallen, kann abgeschätzt werden, ob sich die Dichte des regulatorischen Geflechts, respektive ob sich die Belastung mit administrativen Arbeiten erhöht, gleichbleibt oder verringert.

2 2.1

Massnahmen zur Verfahrensverbesserung Grundprinzipien

Die vom Bundesrat eingeleiteten Massnahmen zur Verfahrensverbesserung folgen fünf Grundprinzipien. Gemäss diesen Grundprinzipien geht es darum, dass die Verwaltung 1.

rasch handelt,

2.

koordiniert vorgeht,

3.

transparentes und liberales Recht schafft,

1010

4.

die Tiefe der staatlichen Intervention möglichst begrenzt,

5.

sich kundenorientiert verhält.

Nachstehend wird über die Umsetzung der vom Bundesrat am 21. Oktober 1998 eingeleiteten sektoriellen Massnahmen berichtet. Dies erfolgt einerseits entsprechend diesen fünf Grundprinzipien, anderseits nach Ämtern gegliedert. Der Schwerpunkt der getroffenen Massnahmen bestimmt dabei die Zuordnung der einzelnen Ämter zu den Abschnitten dieses Kapitels, die jeweils einem dieser fünf Grundprinzipien gewidmet sind.

2.2 2.2.1

Massnahmen zur Verfahrensbeschleunigung Ordnungsfristen für die Gesuchsbehandlung in erster Instanz (Motion Widrig, 97.3334, Punkt 3, 2. Teil)

Die Wirtschaft steht heute unter zunehmendem Termindruck. Es ist für sie deshalb besonders belastend, wenn sie nicht weiss, innert welcher Frist sie über den behördlichen Entscheid verfügt, auf den sie zwecks Legitimierung ihres Vorhabens angewiesen ist. Umgekehrt sind oberflächliche erstinstanzliche Entscheide gerne Ursache langwieriger Rekursverfahren, mit welchen den Gesuchstellern auch nicht gedient ist. In einer Verwaltungsverordnung, welche der Bundesrat am .. November 1999 beschlossen hat (vgl. den Anhang zu diesem Bericht) und welche auf den 1. Januar 2000 in Kraft tritt, werden deshalb die Behandlungszeiten von Gesuchen in erster Instanz mittels Ordnungsfristen geregelt und zwar wie folgt: Dossiers, die in der Regel eine Bearbeitungszeit von wenigen Stunden verlangen, sollen innert Tagen entschieden sein, aufwendigere Dossiers, die der Behörde mehrere Tage Arbeit verursachen, sind innert Wochen nach Eingang zu entscheiden. Überschreitungen dieser Fristen müssen auf Gesuch hin begründet werden. Dort, wo die Behörde mehrere Wochen Arbeit auf ein Gesuch verwenden muss und wo Dritten genügend Zeit für eine fundierte Stellungnahme eingeräumt werden muss, soll dem Gesuchsteller spätestens nach 3 Monaten ein Zeitplan bis zum Vorliegen des Entscheides vorgelegt werden. Die Zeitvorgaben sollen aufgeschoben werden, wenn der Gesuchsteller vor Ablauf der genannten Fristen auf die Gesuchsunterlagen aufmerksam gemacht wurde, welche er noch beizubringen hat. Diese Mitteilungen der Behörde erleichtern es dem Gesuchsteller, seine Arbeiten zu planen und allenfalls mit geeigneten Mitteln (Einsprache bei der Behörde selbst, Aufsichtsbeschwerde bei vorgesetzten Behörden, ggf. Rechtsverzögerungsbeschwerde) einzuschreiten, wenn die Behörde seiner Auffassung nach von ihm zu weitreichende Unterlagen verlangt, selber unnötig weite Abklärungen trifft oder auf seine besondere Lage nicht genügend eingeht.

Anwendung finden soll die Verordnung auf alle wirtschaftsrechtlichen Verfahren mit Vollzug beim Bund.

2.2.2

Umsetzung des Koordinationsgesetzes vom 18. Juni 1999

Der neue Artikel 62c des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes verlangt für den Infrastrukturbereich, auf den sich das Koordinationsgesetz bezieht, explizit eine Fristsetzung für die Behörden. Die in der Verwaltungsverordnung für die Gesamtheit der wirtschaftsrechtlichen Verfahren getroffene Lösung wird sich im Kern auch in den nur sektoral geltenden Verordnungen finden, die an das Bundes1011

gesetz über die Koordination und Vereinfachung von Entscheidverfahren anzupassen sind. Auch hier sollen Überschreitungen der Fristen von der Behörde begründet werden müssen. Soweit es sich um Konzessionen und Plangenehmigungen für Bauten und Anlagen handelt, ist allerdings von wesentlichen längeren Bearbeitungszeiten auszugehen, als sie in wirtschaftsrechtlichen Verfahren sonst üblich sind. Dies rechtfertigt es, nicht die gesamte Behandlungszeit eines Gesuches ins Zentrum der Regelung zu rücken (wie unter Ziffer 2.2.1), sondern die Phasen, die das Gesuch durchläuft (Zeit bis zur Publikation und Planauflage, Zeitraum für Stellungnahmen, Zeitraum für die Entscheidfindung nach Eingang aller Stellungnahmen). Diese Differenzierung schafft Spielraum für Lösungen wie die Mediation, die erfahrungsgemäss langwierige Rekursverfahren verhindern hilft. Das Inkrafttreten der neuen Verordnungen ist gleichfalls für den 1. Januar 2000 geplant.

Es wäre allerdings falsch, unter den Massnahmen, welche das Bundesgesetz über die Koordination und Vereinfachung von Entscheidverfahren vorsieht, die Fristsetzungen für die Gesuchsbehandlung in erster Instanz in den Vordergrund zu rücken. Der Zeitgewinn aufgrund dieser Massnahmen dürfte insbesondere von der besseren Verfahrenskoordination herrühren. Diesem Aspekt nimmt sich Ziffer 2.3 in diesem Bericht an.

2.2.3

Andere Vorkehren (Antwort auf das Postulat Hasler, 97.3278)

Die Inventur der wirtschaftsrechtlichen Verfahren hat gezeigt, dass Einsprache- und Rekursverfahren nur in einem Bereich ­ bei den bodenbezogenen Grossprojekten ­ Ursache einer oft sehr langen Verfahrensdauer sind, wobei dies zum Teil auch an den Zeitrahmen liegt, die sich die richterlichen Instanzen gewähren. In den andern Rechtsgebieten kommt es nur selten vor, dass neben dem Gesuchsteller noch Dritte zur Erhebung eines Rekurses legitimiert sind. Dies führt zur Verneinung der im Postulat Hasler aufgeworfenen Frage, ob nicht «eine Einschränkung des Verbandsbeschwerderechts auf die Direktbetroffenen» angezeigt wäre. Hierzu ist zu bemerken, dass der Bundesrat die Beschwerdelegitimation gemäss Umweltschutz- und Naturund Heimatschutzgesetz überprüft hat und dass auch das Parlament in der Sommersession 1999 anlässlich der Behandlung der Motion Fehr (97.3360: Aufhebung des Verbandsbeschwerderechts) keinen entsprechenden Entscheid gefällt hat.

Zu der im gleichen Vorstoss angeregten weitergehenden Sanktionierung missbräuchlicher Einsprachen ist zu vermerken, dass im Interesse des Bürgers das Einspracheverfahren, soweit es besteht, möglichst formlos und offen gestaltet werden sollte und eine Sanktionierung vor allem dann in Frage kommt, wenn trotz klarer Ausführungen im Einspracheentscheid noch Rekurs erhoben wird. Hier auf Rechtsmissbrauch zu entscheiden, steht den richterlichen Behörden allerdings bereits offen, besteht doch eine entsprechende Bestimmung im Bundesrechtspflegegesetz (SR 173.110 Art. 36a Abs. 2). Weitergehende Schritte des Gesetzgebers erscheinen nicht angezeigt.

Ein dritter Vorschlag geht dahin, auch den Gerichten Fristen für die Behandlung von Rekursen zu setzen. Bevor ein solcher Schritt erwogen wird, gilt es allerdings, die Erfahrungen der Justizreform abzuwarten, die mit organisatorischen Vorkehren eine Beschleunigung der Verfahren vor richterlichen Behörden anstrebt.

1012

Die Frage nach der Einrichtung von Schnellverfahren wird in einem andern Vorstoss aufgeworfen (P Cavadini (97.3222): Steigerung der Dynamik der öffentlichen Verwaltung). Zu dieser Anregung ist festzustellen, dass ein beschleunigtes Verfahren bereits bei 49 der rund 300 inventarisierten Verfahren besteht, dass umgekehrt die Einrichtung von Schnellverfahren aber dort an Grenzen stösst, wo Dritten eine ausreichende Zeit für die Ausarbeitung einer fundierten Stellungnahme eingeräumt werden muss, was bei der angeregten Frist von 14 Tagen sicher nicht der Fall ist, und dass im weiteren die oben besprochene Setzung von Ordnungsfristen den Bedarf für Schnellverfahren senken wird. Die Vollzugsbehörden bleiben jedoch aufgefordert, für jedes Verfahren einzeln zu prüfen, wieweit es nötig und der Sache angemessen ist, ein Schnellverfahren einzurichten. Diese Frage kann im übrigen nicht beantwortet werden, solange nicht eine Prioritätenordnung für die Gesuchsbehandlung besteht und Kriterien für den Zugang zu einem beschleunigten Verfahren festgelegt werden können, die dem Gebot der Rechtsgleichheit genügen.

2.3 2.3.1

Massnahmen zur besseren Verfahrenskoordination Massnahmen im Bereich der Gesundheitspolizei

Die Vorkehren im Bereich der Gesundheitspolizei geben im Quervergleich unter den staatlichen Regelungsbereichen zu sehr vielen Verfahren Anlass. Klagen über Kompetenzkonflikte zwischen Lebensmittelpolizei und Heilmittelrecht sind häufig. Der Schutz von Bevölkerung, Arbeitnehmern und Umwelt vor schädlichen Substanzen involviert verschiedene Behörden. Das Lebensmittelrecht geht ­ im Einklang mit den international geltenden Vorschriften ­ im Detaillierungsgrad der Regelungen und in den Durchsetzungsmechanismen relativ weit, was auch gerechtfertigt erscheint, wenn man bedenkt, wie vehement bei Zwischenfällen die Schutzbedürfnisse der Bevölkerung artikuliert werden. Dennoch können im Bereich der Gesundheitspolizei weitreichende Vorkehren zur Verfahrensverbesserung und beschränkt auch Massnahmen im Sinne einer Deregulierung getroffen werden:

2.3.1.1

Heilmittelgesetz

Der Bundesrat hat am 1. März 1999 zuhanden der eidgenössischen Räte die Botschaft zu einem Bundesgesetz über Arzneimittel und Medizinprodukte (Heilmittelgesetz, HMG) verabschiedet. Der Gesetzesentwurf sieht vor, dass auf Bundesebene Bestimmungen über Heilmittel erlassen werden. Damit wird es möglich, in den Produktesektoren Lebensmittel, Chemikalien und Heilmittel auf Bundesebene Bewilligungsverfahren zu koordinieren und sowohl negative wie auch positive Zuständigkeitskonflikte besser zu lösen. Der Gesetzesentwurf ist zurzeit in parlamentarischer Beratung. Das Heilmittelgesetz kann frühestens am 1. Juli 2000 in Kraft gesetzt werden.

2.3.1.2

Chemikaliengesetz

Der Bundesrat wird die Botschaft zu einem Bundesgesetz über den Schutz vor gefährlichen Stoffen und Zubereitungen (Chemikaliengesetz, ChemG) voraussichtlich noch 1999 zuhanden des Parlaments verabschieden.

1013

Mit dem neuen Gesetz soll u. a.

­

im BAG eine zentrale Anmelde- und Verfügungsstelle für Chemikalien geschaffen werden, welche vor ihrem Entscheid die Dossiers an BUWAL, seco (Direktion für Arbeit) und BAG-intern zur Stellungnahme unterbreitet. Bei der Zulassung der Pflanzenschutzmittel übernimmt das BLW diese Aufgabe des «guichet unique».

­

der Artikel 31 des Epidemiengesetzes gestrichen werden; dies wird es gestatten, mit der Inkraftsetzung der Chemikalienverordnung die Desinfektionsmittelverordnung aufzuheben.

­

der Bereich Biozide in Analogie zu den Bestimmungen in der EU neu geregelt werden. Hier werden den Erleichterungen im Handelsverkehr allerdings erhöhte Prüfanforderungen gegenüberstehen.

2.3.1.3

Wasserversorgung

Die in Artikel 276 Absatz 1 der Lebensmittelverordnung vom 1. März 1995 (LMV, SR 817.02) verankerte Meldepflicht wird im Rahmen des Revisionspakets 1999 ersatzlos gestrichen. Weiter wird Artikel 276 Absatz 3 LMV in der Weise präzisiert, dass der vom BAG publizierten Liste von Normen, welche als dem Stand der Technik entsprechend anerkannt werden, kein abschliessender Charakter zukommt. Die entsprechenden Änderungen werden voraussichtlich im Frühjahr 2000 in die Vernehmlassung gegeben. Bezüglich der Änderung von Artikel 276 Absatz 3 LMV ist darauf hinzuweisen, dass der geltende Wortlaut genügend Spielraum lässt, um diese Bestimmung schon heute im Sinn der geplanten Revision auszulegen. Die entsprechende Praxisänderung wurde den betroffenen Kreisen bereits mitgeteilt. Die mit der Revision von Artikel 276 Absatz 3 LMV bezweckte Öffnung wurde faktisch somit erreicht.

2.3.1.4

Lebensmittelrecht

Die Arbeiten am Projekt Lebensmittelrecht 2000 sind im Gang. Mit der Umsetzung des Projekts kann im Verlauf des Jahrs 2001 gerechnet werden. Das Projekt erhält insofern eine neue Dimension, als im Rahmen der Verabschiedung der sektoriellen Abkommen zwischen der Schweiz und der EU auch das Lebensmittelgesetz geändert und eine weitergehende Delegation der Rechtsetzungskompetenz vorgesehen werden soll. Vorschriften vorwiegend technischer oder administrativer Art können künftig somit durch das BAG erlassen werden, was die Flexibilität bei der Übernahme des oft sehr technischen EG-Rechts zusätzlich erhöht. Die Einführung eines Systems zur Risikoeinstufung verläuft planmässig und wird Ende 1999 abgeschlossen werden können.

1014

2.3.2

Massnahmen im Bereich der öffentlichen und staatlichen Sicherheit

Mit der Schaffung eines «one stop shop»4 im BAWI (heute seco) im April 1998, der sowohl die Gesuche gemäss Kriegsmaterialgesetz, wie auch die Gesuche gemäss Güterkontrollgesetz entgegennimmt und beurteilt, sowie mit der Schaffung einer Zentralstelle Waffen per 1. Januar 1999, welche die Einfuhrgesuche gemäss Waffengesetz entgegennimmt, sind auf der Ebene der Verfahrenskoordination die wesentlichen Massnahmen getroffen worden. Dagegen bestehen auf der Stufe des anzuwendenden Rechts grosse Probleme, indem sich die anzuwendenden Gesetze in ihrem Anwendungsbereich überschneiden und dabei die Bewilligungsvoraussetzungen nicht kohärent regeln. Das EVD ist zusammen mit dem EJPD deshalb vom Bundesrat beauftragt worden, bis im Frühjahr 2000 eine Botschaft zur Harmonisierung von Kriegsmaterialgesetz, Güterkontrollgesetz, Sprengstoffgesetz und Waffengesetz vorzubereiten und hierzu vorgängig ein kleines Vernehmlassungsverfahren durchzuführen.

Eine bessere und damit auch benutzergerechte Abgrenzung unter den vier Gesetzen soll nach den folgenden Leitlinien erfolgen: Das Waffengesetz (WG) und das Sprengstoffgesetz (SprstG) sind primär binnenpolitisch motiviert und dienen namentlich der Sicherheit im Innern. Zu diesem Zweck müssen insbesondere die Einfuhr und die Herstellung kontrolliert werden. Die Zuständigkeit beim Vollzug soll bei der Zentralstelle Waffen liegen. Das Kriegsmaterialgesetz (KMG) und das Güterkontrollgesetz (GKG) hingegen sind primär aussen- und sicherheitspolitisch motiviert und dienen namentlich der Umsetzung der entsprechenden internationalen Verpflichtungen der Schweiz. Kontrolliert werden müssen insbesondere die Ausfuhr und die Durchfuhr. Die Zuständigkeit beim Vollzug ist beim seco anzusiedeln.

Umgesetzt werden sollen diese Leitlinien durch die Streichung der Kontrolle der Aus- und Durchfuhr aus dem WG und teilweise aus dem SprstG und, im Gegenzug, durch die Streichung der Einfuhrkontrolle und einer Reihe von Grundbewilligungen aus dem KMG (für (Hand- und Faustfeuer-)Waffen, deren -bestandteile und -zubehör, für Munition und Munitionszubehör sowie für Sprengmittel). Insgesamt soll durch die Harmonisierung das heute bestehende Kontrollniveau jedoch nicht geändert werden, weder im Sinne einer Verschärfung, noch im Sinne einer Verwässerung der heute bestehenden Massnahmen. Die Erleichterung
für die Wirtschaft, wie für die Verwaltung ergibt sich aus der besseren Verständlichkeit und leichteren Handhabung des einschlägigen Rechts sowie dem Wegfall gewisser doppelter Bewilligungspflichten.

Trotz der Generalausfuhrbewilligungen, welche für Exporte nach verschiedenen Ländern ausgestellt werden, kommt es in diesem Gebiet der öffentlichen und staatlichen Sicherheit pro Jahr zu vergleichsweise vielen Bewilligungen. Die Fälle bleiben zahlreich, in denen das einzelne Gesuch detailliert angesehen werden muss.

4

Mit «one stop shop» wird eine Einrichtung gemeint, die es dem Bürger gestattet, Geschäfte, die mehrere Verwaltungsstellen betreffen, im Kontakt mit einer einzigen Behördenstelle zu erledigen. In Frankreich ist hierfür der Begriff «guichet unique» gebräuchlich.

1015

2.3.3

Massnahmen im Bereich der Gewerbeaufsicht

Die Aufsicht über das Gewerbe im traditionellen Sinn ist eine Domäne der Kantone.

Ausnahmen sind der Reisendenberuf und die Arbeitsvermittlung, wo Bundesgesetze bestehen, die jedoch weitgehend kantonal vollzogen werden. Durch den Erlass des Binnenmarktgesetzes sind die Voraussetzungen für eine kantonsübergreifende gewerbliche Betätigung unter dem Gesichtspunkt des Rechtsanspruchs zwar verbessert worden. Die föderative Kompetenzaufteilung kann jedoch die Rechtsdurchsetzung erheblich erschweren, was namentlich von den Fahrenden bemängelt wird und mit ein Anlass ist, die das Wandergewerbe betreffende Gewerbeaufsicht neu zu regeln.5 Das Reisendengewerbegesetz, das in den kommenden Monaten vom Bundesrat verabschiedet werden soll, vereinheitlicht einerseits das bisher kantonal geregelte Wandergewerberecht auf Bundesebene, beseitigt dabei die geltende Rechtszersplitterung in diesem Bereich und eliminiert die teilweise hohen Abgaben. Damit wird für die Wandergewerbetreibenden eine für die ganze Schweiz geltende Freizügigkeit in der Berufsausübung realisiert. Andererseits wird ein Restbestand des geltenden Handelsreisendengesetzes, nämlich eine reduzierte Regelung der Kleinreisenden, in die Vorlage integriert. Das Reisendengewerbegesetz regelt die beiden Bereiche abschliessend, womit kein Raum für ergänzendes kantonales Recht mehr besteht.

In den beiden zusammengeführten Bereichen kommt es zu einer wesentlichen Liberalisierung, beim Wandergewerberecht gar zu einer erheblichen Entschlackung von zum Teil anachronistischen kantonalen Bestimmungen. Verfahrensabläufe bezüglich Bewilligungserteilung werden vereinfacht, was nicht nur für die Wandergewerbetreibenden, sondern auch für die involvierten Kantons- und Gemeindebehörden eine Entlastung bringt. Weitere Liberalisierungspunkte des neuen Erlasses sind: Aufhebung der Ausweiskartenpflicht für Grossreisende; Freistellung der Bestellungsaufnahme von Waren an Muster- und Modellausstellungen sowie an Messen; bewilligungsfreier Direktverkauf ab Wagen an gewerbliche Kundschaft. Indem sie die Ablösung von einem Bundesgesetz und 52 kantonalen Erlassen durch ein einziges Gesetz bewirkt, trägt die Vorlage wesentlich zu den Bestrebungen bei, die administrativen Verfahren auf Bundes- und Kantonsebene zu vereinfachen.

2.3.4

Erleichterungen im grenzüberschreitenden Warenverkehr

Neben der Modernisierung der Schutzbestimmungen in Handel und Verkehr, Gesundheit, Umwelt und öffentlicher Sicherheit steht im Aufgabenkatalog der gewerbepolizeilichen Instanzen die Harmonisierung der Vorschriften mit jenen der wichtigsten Handelspartner der Schweiz klar an vorderster Stelle (vgl. THG). Diese Massnahmen führen allerdings nicht durchwegs nur zu einer Entlastung von Wirtschaft und Industrie. Das erleichterte Inverkehrbringen von Waren auf Auslandmärkten dank international harmonisierten Anforderungen muss gelegentlich durch ein Anheben der Regelungsdichte in der Schweiz auf den internationalen Standard erkauft werden. Einen Ausgleich schaffen die Aufsichtsregelungen der EU, namentlich der «new and global approach», der den Herstellern sowie (privaten) Zertifizierungsstellen wesentliche Kompetenzen überträgt, die vormals staatliche Stellen allein innehatten.

5

Jüngere Beispiele für die Ablösung gewerbepolizeilicher Regelungen der Kantone durch Bundesrecht sind der Effektenhandel, das Waffengesetz und die Heilmittelkontrolle.

1016

Veranschaulicht werden diese Feststellungen durch die Entwicklungen im Bereich des Messwesens: Eine erste Modernisierung, Vereinfachung und Straffung der Verordnungen im Bereich der Metrologie ist in den vergangenen Jahren bereits erfolgt. Mit der Ermächtigung privater Eichstellen wurde das Staatsmonopol schon vor Jahren aufgegeben, hoheitliche Aufgaben der einschlägigen Industrie übertragen und damit der Wettbewerb ermöglicht.

Grössere grundsätzliche Neuerungen in Harmonisierung mit der Messmitteldirektive der EU müssen über die Umgestaltung der Eichverordnung eingeführt werden. Die bereitstehende Vorlage für diese Direktive ist dem Rat aber immer noch nicht eingereicht worden. Damit verzögert sich auch die Neufassung der Eichverordnung, deren Konzept Ende 1999 vorliegen wird. Fest steht schon heute, dass die Ersteichung durch den Hersteller vorgenommen werden darf. Diese in Hunderten von Lieferungen eintretende Erleichterung für die Unternehmen macht im Gegenzug bei den Behörden unabhängige periodische Nachprüfungen sowie eine verstärkte Marktaufsicht (auch zum Schutz der Industrie) unabdingbar.

Im Rahmen der für die Akkreditierung relevanten europäischen und internationalen Organisationen wurden in der letzten Zeit verschiedene multilaterale Abkommen über die gegenseitige Anerkennung von Konformitätszeugnissen abgeschlossen.

Daraus resultieren sowohl eine Öffnung des Marktes im Bereich Prüfen, Inspizieren und Zertifizieren wie auch verringerte administrative Umtriebe der Unternehmen bei der Durchführung von Konformitätsbewertungen.

Die volle gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen mit der EU (heute unilateral ­ und damit ohne Anspruch auf Gegenrecht ­ bereits weitgehend verwirklicht) wird erst nach Inkrafttreten der bilateralen Abkommen möglich und leider auch dann noch durch die restriktiven Ursprungsregeln der Gemeinschaft limitiert sein. Über die oben genannten multilateralen Abkommen im Rahmen der Akkreditierung besteht aber eine gute Basis für den Abschluss von Verträgen zum Abbau von technischen Handelshemmnissen auch mit anderen Staaten.

2.3.5

Zum Anwendungsbereich eines möglichen «Beschleunigungsgesetzes» (P Hasler, 97.3278, Punkt 5)

Der Terminus «Beschleunigungsgesetz» ist der Diskussion in Deutschland entnommen. Daselbst wurden im Verwaltungsverfahrensgesetz ähnliche Prinzipien verankert, wie dies in der Schweiz ­ bezogen auf das kantonale Baubewlligungsverfahren ­ anlässlich der Teilrevision des Raumplanungsgesetzes geschah (nämlich: Beratung durch die Behörde in Verfahrensfragen, Einrichtung einer Leitbehörde/eines Sternverfahrens, Antragskonferenz bei divergierenden Amtsmeinungen, Fristsetzungen usw.). Hinzu traten ein Gesetz zur Straffung der Verwaltungsgerichtsverfahren und ein Gesetz zur Vereinfachung immissionsrechtlicher Genehmigungen, zwei Bereiche, in denen im Fall der Schweiz die Justizreform und die Revision der UVPVerordnung greifen. Insbesondere zu erwähnen ist mit Bezug auf die Schweiz jedoch das Bundesgesetz über die Koordination und Vereinfachung von Entscheidverfahren vom 19. Juni 1999, das in dem Bereich, der in der Öffentlichkeit für das Bild der langwierigen Bewilligungsverfahren verantwortlich ist ­ nämlich den bodenbezogenen Grossprojekte ­ die nötigen Verbesserungen bringt. Diese bestehen insbesondere im Einbezug der Enteignungs- und Rodungsbewilligungsverfahren in 1017

die Plangenehmigungen und in der Ablösung (kantonaler) Baubewilligungen durch ein entsprechendes Anhörungsrecht des Kantons in einem nunmehr rein bundesrechtlichen Verfahren.

Zwar besteht im Bereich, wo eidgenössische und kantonale Kompetenzen ineinandergreifen, für die Idee eines Beschleunigungsgesetzes noch ein gewisses Anwendungsfeld (vgl. unten). Beachtet man Zahl und Bedeutung der Verfahren, ist dieser Punkt im Postulat Hasler (97.3278) aber unter Verweis auf die eben genannten Revisionen und das Bundesgesetz über die Koordination und Vereinfachung von Entscheidverfahren vom 19. Juni 1999 als erfüllt abzuschreiben.

Eidgenössische Plangenehmigungen und kantonale Baubewilligungen wird es im Infrastrukturbereich vorläufig noch bei den Luftseilbahnen geben. Im Rahmen des Bundesgesetzes über die Koordination und Vereinfachung von Entscheidverfahren wurde dieser Bereich in Erwartung der neuen Verfassung weitgehend ausgeklammert. In der zwischenzeitlich von Volk und Ständen angenommenen neuen Verfassung wurde für die Seilbahnen eine ausdrückliche Gesetzgebungskompetenz des Bundes verankert. Entgegen ursprünglichen Vorstellungen zu Artikel 87 nBV sind neu alle Seilbahnen erfasst, auch die Skilifte. Die Verfassung erlaubt also den Erlass eines Seilbahngesetzes. Wie es aussehen wird, steht jedoch noch offen. Die Konzeption des künftigen Seilbahngesetzes wird nicht nur durch die noch eingehend zu diskutierende Frage bestimmt sein, wie dieses im Kontext von Transportgesetz und Eisenbahngesetz eingeordnet werden soll, sondern auch von der weiteren ­ und vorläufig noch nicht übersehbaren ­ Entwicklung des Projektes einer Nationalen Sicherheitsagentur NASA. Es dürfte dem Bundesrat folglich frühestens Ende 2000 vorliegen. Dies rührt auch daher, dass die Umsetzung der Bahnreform für das BAV Priorität geniesst. Zu dieser Umsetzung der Bahnreform gehört die Regelung der Zuständigkeiten und des Verfahrens bei der Prüfung von Betriebsmitteln im Schienenverkehr. Diese Neuordnung, welche zu einer Neupositionierung von SBB bzw.

BAV führt, soll ab Beginn 2000 voll operationell sein. Mittelfristig wird sich auch hier unter Umständen ein Einfluss des Projektes einer NASA ergeben.

Andere Fälle mit parallelen eidgenössischen und kantonalen Kompetenzen lösen sich durch die zeitliche Abfolge der Projekte (Antennenanlagen,
Distillerien). So ist es eine grundlegend andere Frage, wer eine Konzession für die Mobiltelefonie erhalten soll und wo genau dann NATEL-Antennen aufgestellt werden können. Über diese Baubewilligungen wird zu Recht erst nach Vorliegen des Konzessionsentscheides und durch eine mit den lokalen Verhältnissen vertraute kantonale Behörde entschieden. Die Wettbewerbsposition der neu zugelassenen Anbieter sollte allerdings angesichts des ausgebauten Netzes des etablierten Anbieters durch aufwendige Verfahren nicht zu stark geschmälert werden.

Eidgenössisch geregelte Plangenehmigungen parallel zu kantonalen Baubewilligungen gibt es ferner bei den industriellen Betrieben gestützt auf das Arbeitsgesetz und bei den Einrichtungen der Tierzucht und der Tierverwertung gestützt auf das Veterinärrecht. Bei den industriellen Plangenehmigungen üben die Eidg. Arbeitsinspektorate jedoch nur eine Oberaufsicht aus, die Verfügungen werden durch die kantonalen Stellen erlassen, so dass eine kantonale Lösung zur Straffung der Baubewilligungsverfahren, sei es nach dem Konzentrations- oder nach dem Koordinationsmodell, durch diese bundesrechtlichen Regelungen nicht gestört wird.

Bei den Einrichtungen der Tierhaltung und der Tierverwertung ist es heute schon so, dass die Kantone für die Plangenehmigung bei kleineren Schlachtanlagen und die

1018

Betriebsbewilligungen von Schlachtanlagen, Entsorgungsbetrieben und Besamungsstationen zuständig sind. Bei grossen Schlachtanlagen, bei Entsorgungsbetrieben und bei Besamungsstationen treten zu den Bewilligungen des Bundes jedoch noch Baubewilligungen nach kantonalem oder kommunalem Recht hinzu. Hier erscheint eine Konzentration der Kompetenzen auf kantonaler Ebene unter teilweise obligatorischem Beizug der Expertise der Eidg. Behörden als die zweckmässigste Lösung, deren Verwirklichung allerdings aufgrund der geringen Fallzahlen nicht dringlich ist und jedenfalls im weiteren Kontext der Arbeitsteilung zwischen eidgenössischen und kantonalen Veterinärämtern analysiert werden muss.

2.4 2.4.1

Massnahmen im Zusammenhang mit Marktöffnungen Reform der alkoholrechtlichen Bestimmungen

Das Brennereiwesen erwies sich 1998 als einer der noch am dichtesten geregelten Bereiche. Auf dieses Gebiet entfiellen 14 der inventarisierten rund 300 wirtschaftsrechtlichen Verfahren mit Vollzug beim Bund. Vom zuständigen Departement wurden allerdings schon vor einiger Zeit bedeutende Liberalisierungsschritte eingeleitet, die nachstehend zusammengefasst sind.

­

Einführung eines Einheitssteuersatzes: Per 1. Juli 1999 wurde der Einheitssteuersatz von 29 Franken je Liter 100vol% für importierte und Schweizer Spirituosen eingeführt. Dies wird dazu führen, dass Spirituosen in konsumfertiger Verpackung und nicht mehr in hochkonzentrierter Form eingeführt werden. Dies rationalisiert den Vertrieb und senkt die administrativen Belastungen, da diese Einfuhren so nicht mehr unter die Bewilligungspflicht fallen, welche das Staatsmonopol bei hochprozentigem Alkohol (neu > 80°) schützt.

­

Steueraussetzung: Seit 1. Juli 1999 können zusätzlich zu den Schweizer Spirituosen neu auch importierte Spirituosen direkt ins betriebseigene Steuerlager transferiert werden. Ein Transfer unter Steueraussetzung zwischen den Steuerlagern ist mittels eines Verwaltungsdokumentes ebenfalls erlaubt. Erst beim Verlassen dieser Lager muss die Fiskalabgabe bezahlt werden. Die aufeinander abgestimmte Erhebung von Zöllen und andern Fiskalabgaben reduziert die administrativen Umtriebe.

­

Vereinfachte Einteilung der Alkoholproduzenten/-produzentinnen: Dieses Vorhaben war in der Vernehmlassung unbestritten. Neu d. h. seit 1. Juli 1999 sind die Produzenten und Produzentinnen in drei Kategorien eingeteilt: Gewerbeproduzenten, Landwirte und Kleinproduzenten. Bei den Landwirten wird die Einteilung neu aufgrund von einfacheren Kriterien und unter Rückgriff auf die im BLW gespeicherten Betriebsdaten vorgenommen.

­

Aufhebung des Tätigkeitsgebietes für fahrbare Lohnbrenner: Das Monopol, das die EAV den fahrbaren Lohnbrennern innerhalb eines Tätigkeitsgebietes zugesprochen und gleichzeitig auferlegt hatte, wurde per 1. Juli 1999 aufgehoben. Wer eine fahrbare Brennerei besitzt, muss inskünftig der EAV zu Kontrollzwecken nur noch mitteilen, wo gearbeitet wird.

­

Brennapparate: Ohne restriktive Auflagen wie z. B. Literkompensation können ab 1. Juli 1999 Lohn- und Gewerbebrenner ihre Brennapparate abändern, modernisieren und die Produktionskapazität vergrössern. Die glei1019

che Regelung gilt auch für die Landwirte mit einer Brennerei, wobei die Vergrösserung der Brennerei auf max. 150 Liter Blaseninhalt beschränkt ist.

­

Betrieb von Brennereien (Brennereipersonal): Im Zusammenhang mit der Konzessionserneuerung per 1. Juli 1999 für die Gewerbe- und Lohnbrennereien wurde die Bewilligungspflicht für Brennereiangestellte aufgehoben.

Das in einer Brennerei beschäftigte Personal wird der EAV lediglich noch zu Kontrollzwecken gemeldet.

­

Bewilligung für den Handel mit alkoholischen Getränken: Mit der Revision der Bundesverfassung wurde die Verpflichtung des Bundes zur Abgabe einer interkantonalen Kleinhandelsbewilligung (Art. 32bis Abs. 8 BV) eliminiert. Somit ist die Möglichkeit geschaffen, anlässlich der nächsten Revision des Alkoholgesetzes die Bewilligungspflicht in Artikel 42 aufzuheben, und die Regelungen über den Handel mit alkoholischen Getränken mit den Grundsätzen des Binnenmarktgesetzes in Einklang zu bringen.

­

Handel mit abgabebefreitem Sprit: Mit der am 12. Mai 1999 beschlossenen Alkoholverordnung wird ein sogenanntes Begleitdokument eingeführt (siehe oben unter Steueraussetzung). Denaturierter Alkohol ist steuerfrei. Für vollständig denaturierten Alkohol bestehen neu keine Kontrollen mehr. Die Denaturierung ist daher die zentrale hoheitliche Massnahme im Ethanolbereich.

Kurz hinzuweisen ist auf die steuerliche Begünstigung der Kleinproduzenten, die eigene Rohstoffe verarbeiten (Fr. 20.30 auf den ersten 5 l Reinalkohol statt Fr. 29.­) und auf den steuerfreien Eigenbedarf der Landwirte. Beim steuerfreien Eigenbedarf für Landwirte hat der aus Sicht der administrativen Umtriebe zweckmässige Vorschlag einer pauschal für alle Betriebe geltenden Ansetzung dieses Rechtes auf 20 l effektiver Gradstärke in der Vernehmlassung aus den in regulatorischer Hinsicht im Grundsatz auch achtenswerten Gründen des unverzerrten Wettbewerbs keine tragfähige Mehrheit gefunden.

2.4.2

Neuregelungen in der Zivilluftfahrt

Auch im Bereich der Zivilluftfahrt bestehen, gemessen an der Gesamtzahl der wirtschaftsrechtlichen Verfahren im Bund, verhältnismässig viele Bewilligungstatbestände. Zum Teil ist dieses Ergebnis durch die differenzierte Meldung der Bewilligungstatbestände im Bereich der Sicherheit der Luftfahrzeuge bedingt, ein Bereich, in dem die Schweiz kaum über einen autonomen Handlungsspielraum verfügt, kann sie doch nicht von den JAR, d. h. den Regelungen, welche die «Joint Aviation Authorities» erlassen, abweichen. Soweit es jedoch um die Zulassung zur gewerbsmässigen Luftfahrt geht, ist allerdings ein Liberalisierungsbedarf klar ausgewiesen, gewährleisten doch erst weitere Schritte, dass die Gesellschaften die Freiheiten aufgrund des «open sky»-Abkommens mit den USA, aufgrund der Revision des Luftfahrtgesetzes in der Schweiz und aufgrund des kommenden Luftverkehrsabkommens mit der EU voll nutzen können.

1020

2.4.2.1

Zugang zu Landerechten

Bezüglich der Zuteilung von Start- und Landezeiten (Slots) besteht eine EU-Regelung, welche von der Schweiz bei Gutheissung der sektoriellen bilateralen Abkommen zu übernehmen ist. Die Erneuerungen der Betriebskonzessionen der Flughäfen im Jahre 2001 wird es dem Bundesamt für Zivilluftfahrt gestatten, von den Betreibern eine am Wettbewerb orientierte Regelung dieses Punktes zu verlangen.

2.4.2.2

Zusammenarbeit unter Fluggesellschaften

Mit Blick auf die rasante Globalisierung im Bereich der Luftfahrt sind die Voraussetzungen zu klären, unter denen die Fluggesellschaften die vielfältigen Formen moderner Kooperation (wie Code Sharing, Wet Lease, Dry Lease usw.) nutzen können. Gemäss Artikel 117 der revidierten Luftfahrtverordnung (LFV, SR 748.01) ist das Departement Bewilligungsinstanz für die Durchführung bestimmter Linienflüge konzessionierter Unternehmen durch andere schweizerische oder durch ausländische Unternehmen. In Anlehnung an eine liberale Bewilligungspolitik verschiedener ausländischer Staaten ist vorgesehen, vorbehältlich des Gegenrechts die Bewilligungspflicht auf die durchführende Fluggesellschaft (operating carrier) zu beschränken. Betreffend Leasing (Dry Lease/Wet Lease) bestehen internationale Vorschriften über das Bewilligungsverfahren (JAR-OPS). Bei den Flugplänen und den Tarifen ist ein Übergang zu Meldepflichten (mehrere Tausend pro Jahr) weitgehend erfolgt.

2.4.2.3

Bewilligung für Nachtflüge

Im Zusammenhang mit einer Änderung der Lärmschutzverordnung (Grenzwerte) soll die Verordnung über die Infrastruktur der Luftfahrt dergestalt geändert werden, dass die Kriterien für die Bewilligung von Nachtflügen in die Verordnung aufgenommen werden und diese Zuweisung von Rechten somit transparenter wird. Die entsprechende Vernehmlassung hat im Juni 1999 stattgefunden.

Zwei weitere Massnahmen des BAZL stehen nicht im Zeichen der Regelung des Marktzugangs, sondern eines Rückgriffs auf weniger weitreichende Formen staatlicher Intervention, d. h. der Thematik des nachfolgenden Abschnittes.

2.4.2.4

Regelmässige Zustandskontrollen

Bei Luftfahrzeugen, die der nicht-gewerblichen Luftfahrt dienen, sollen in Zukunft ­ in Analogie zur Kontrolle der privaten Motorfahrzeuge ­ Zustandskontrollen ebenfalls von ermächtigten Dritten und nicht nur von der Behörde durchgeführt werden können. Dabei ist diese Massnahme heute zum Teil bereits realisiert. So sind etwa bei der Zustandskontrolle von Ballonen Sachverständige im Auftrag des Bundesamt für Zivilluftfahrt tätig. Eine Erweiterung der Delegation der Zustandskontrollen auf Luftfahrzeuge, die nur privat, nicht gewerblich genutzt werden, ist beabsichtigt.

Zum jetzigen Zeitpunkt laufen die Abklärungen über die notwendigen Änderungen der Gesetzesgrundlagen zur Realisierung der Delegation.

1021

2.4.2.5

Baubewilligungen auf Flugplätzen

Im Bereich der sog. Baukonzessionen ist vorgesehen, in Analogie zu vielen kantonalen Baugesetzen, wo kleine Installationen wie Fahrradständer usw. von der Baubewilligungspflicht ausgenommen wurden, auch bei den Bauten auf Flughäfen vermehrte Freistellungen vorzusehen. Diese Massnahme wird bei der Ausarbeitung der Revision der Verordnung über die Infrastruktur in der Luftfahrt (VIL) berücksichtigt werden, welche im Zusammenhang mit dem Bundesgesetz über die Koordination und Vereinfachung von Entscheidverfahren eingeleitet ist und welche voraussichtlich auf den 1. Januar 2000 in Kraft tritt.

2.5 2.5.1

Verringerung der Interventionstiefe, alternative Regulierungen Vereinfachung der Verfahren beim Zoll

Der Wegfall der Zollschranken ist einer der wesentlichen Vorteile, über den die Unternehmen in den Ländern, die als Mitglieder der EU am europäischen Binnenmarkt teilhaben, verfügen. Seitens der Schweiz kann nur dafür gesorgt werden, dass die Zollbehandlung diesseits der Grenze möglichst einfach ist und dass eine gute Zusammenarbeit mit den Zollbehörden der umgebenden Staaten besteht. Analysiert man die Verfahren am Zoll, stellt man denn auch fest, dass zahlreiche Verfahren deshalb bestehen, um gegenüber der ordentlichen Verzollung Erleichterungen gewähren zu können. Diese Erleichterungen können fiskalischer Art sein (Zollpräferenzabkommen, Veredelungsverkehr), sie können aber auch administrativer Art sein (Ursprungsnachweis im erleichterten Verfahren, Bewilligung zum Druck von amtlichen Formularen in eigener Kompetenz), oder das fiskalische und administrative Element miteinander verbinden (verschiedene Formen von Zolllagern).

Im hier interessierenden Bereich der administrativen Vereinfachungen ist vorab auf das Verfahren der Verzollung als zugelassener Empfänger/Versender zu verweisen, das Firmen offensteht, die jeden Monat in einem gewissen Umfang Sendungen durch den Zoll bringen müssen. Teil des Verfahrens ist der elektronische Datenverkehr mit dem zugewiesenen Zollamt. Der Status des zugelassenen Empfängers/Versenders erlaubt die Benützung der erweiterten Öffnungszeiten am Zoll (vgl. Zwischenbericht des Bundesrates zur administrativen Entlastung von KMU vom 22. Januar 1997, BBl 1997 II 283). Geregelt wird dieser Verkehr u. a. durch die am 1. April 1999 in Kraft getretene Verordnung über die Zollabfertigung mit elektronischer Datenverarbeitung (AS 1999 1300).

Für die eigentlichen Speditionsfirmen wird dieses Angebot dank der Verkopplung der elektronischen Datenverarbeitung mit dem gemeinsamen Versandverfahren einen entscheidenden Ausbau finden (NCTS = neues computerisiertes Transitsystem).

Für dieses Projekt wurde die Schweiz zusammen mit Deutschland, den Niederlanden, Spanien und Italien als Pilotland ausgewählt. Am Pilotbetrieb, der am 1. Dezember 1999 beginnt, werden auch drei Speditionsfirmen teilnehmen. Der Vorteil dieses Systems besteht darin, dass es die Mehrfacherfassung und Mehrfachübermittlung von Daten verhindert. Die einmal erfassten Angaben zu einer Sendung stehen nicht nur dem Spediteur und dem Zoll des Exportlandes zur Verfügung, sondern auch den Zollbehörden der Transitländer und des Bestimmungslandes. Im Endaus-

1022

bau werden sämtliche Transite über das EDV-System abgewickelt (im Juni 1999 gab es allein in der Schweiz 45'000 Transit-Sendungen).

Eine andere administrative Erleichterung wurde im Zollbegünstigungsverkehr eingeführt. Der Weiterverkauf von Waren, die aufgrund ihres Verwendungszweckes zu zollbegünstigten Ansätzen eingeführt wurden, muss neu nicht mehr den Zollbehörden gemeldet werden, sofern beim Weiterverkauf der deklarierte Verwendungszweck nicht ändert.

2.5.2

Dauerbewilligungen für Fahrten mit Spezialfahrzeugen

Mit der laufenden Revision des Strassenverkehrsgesetzes soll dem Bundesrat die Kompetenz erteilt werden, bei Motorfahrzeugen und Motorfahrzeuganhängern ganz auf die Typengenehmigung zu verzichten, wenn eine gleichwertige ausländische Typengenehmigung vorliegt und die Erhebung der Fahrzeugdaten sichergestellt bleibt. Werden heute rund 4000 Typengenehmigungen und rund 10 000 Befreiungen von der Typengenehmigung pro Jahr ausgesprochen, so wird sich diese Zahl bei den Typengenehmigungen nach Inkrafttreten des revidierten Strassenverkehrsgesetzes auf rund die Hälfte verringern. Die Aufwandreduktion ist zu einem erheblichen Teil allerdings bereits früher, durch vermehrten Verzicht auf die Nachkontrolle von in der EU bereits geprüften Fahrzeugen, eingetreten.

Mit der ebenfalls laufenden Revision der Verkehrsregelnverordnung soll Artikel 78 in dem Sinne geändert werden, dass Dauerbewilligungen (bis 36 Monate) auch bei Überschreitung der zulässigen Höchstbreite erteilt werden können, sofern das zulässige Höchstgewicht und die zulässige Maximalhöhe nicht überschritten werden und die Breite des unteilbaren Ladeguts und des Ausnahmefahrzeugs 3 m nicht übersteigt. Diese Revision wird noch vor Ende 1999 in die Vernehmlassung gegeben.

2.5.3

Wegfall der Arbeitsbewilligungen bei EU-Angehörigen

Bereits ab Inkrafttreten des Abkommens über den Personenverkehr besteht für Angehörige der EU in der Schweiz ein subjektiver Rechtsanspruch auf eine Arbeitsund Aufenthaltsbewilligung, anfänglich aber unter dem Vorbehalt der Kontingentierung, der Priorität der Inländer und der Kontrolle der Lohn- und Arbeitsbedingungen. Das Abkommen sieht eine Übergangsperiode von 5 Jahren vor, während der die Schweiz an der Kontingentierung festhalten kann. In einer ersten Phase, bis 2 Jahre nach Inkrafttreten des bilateralen Abkommens, bleiben neben der Kontingentierung auch die Priorität der Inländer sowie die Kontrolle der Lohn- und Arbeitsbedingungen bestehen; allerdings sind präferentielle Kontingente für EU-Bürger vorgesehen.

In einer zweiten Phase, ab dem 3. Jahr nach Inkrafttreten des Abkommens, fallen sowohl die Priorität der Inländer als auch die auf ausländische Arbeitnehmer beschränkte und daher nach Gemeinschaftsrecht diskriminierende Kontrolle der Lohnund Arbeitsbedingungen weg. Letztere wird ersetzt durch die flankierenden Massnahmen, wie sie in der Botschaft des Bundesrates zu den bilateralen Abkommen ausführlich dargestellt sind.

Es werden bereits in der ersten Phase, d. h. ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Abkommens, die darin vorgesehenen Aufenthaltserlaubnisse ausgestellt. Eine der zur Zeit diskutierten Varianten besteht darin, dass mit Inkrafttreten des bilateralen 1023

Abkommens der Vollzug bezüglich der Gesuche aus der EU auf die Kantone übergeht. Der Bund wäre in diesem Fall für die Behandlung der Gesuche aus dem NichtEU-Raum zuständig.

Für die Übergangsperiode stellt sich zudem die Frage, wer über die Vergabe der Kontingente entscheiden soll, der Bund oder die Kantone? Eine Arbeitsgruppe des Bundes und der Kantone (Paritätischer Leitungsausschuss Bund/Kantone) hat sich in ihrem Schlussbericht vom 22. März 1999 dafür ausgesprochen, dass die Kontingente zwar von den Kantonen beansprucht, vom Bund aber nicht auf diese aufgeteilt werden sollen. Im Rahmen des Vernehmlassungsverfahrens zu den bilateralen Abkommen hat sich indessen gezeigt, dass verschiedene Kantone zahlenmässige Vorgaben hinsichtlich der Kontingentsverteilung wünschen. Diese Frage wird deshalb näher geprüft.

Fünf Jahre nach Inkrafttreten des Abkommens werden von den Kantonen die entsprechenden Aufenthaltserlaubnisse an EU-Bürger ohne Kontingentsbelastung ausgestellt, wenn die Voraussetzungen gemäss Abkommen erfüllt sind. Ab diesem Zeitpunkt sind die Kontingente (unter dem Vorbehalt einer allfälligen vorübergehenden Wiedereinführung im Rahmen der besonderen Schutzklausel) für EU-Bürger aufgehoben. Es ist deshalb davon auszugehen, dass dannzumal nur noch eine fremdenpolizeiliche Kontrolle im Vordergrund stehen wird. Spätestens zu diesem Zeitpunkt werden auch Ersatzanstellungen ohne weitere arbeitsmarktliche Kontrolle bei Rekrutierungen im europäischen Raum möglich sein.

2.5.4

Vereinfachte Einfuhr von Tieren und tierischen Produkten

Die Einfuhr von Tieren zählt zu jenen Verfahren, die jedes Jahr zu den meisten Bewilligungen Anlass geben. Die Bewilligungsverfahren des Bundesamtes für Veterinärwesen, die hier in erster Linie zur Diskussion stehen, sind darauf ausgerichtet, die Ausbreitung von Seuchen zu verhindern und die Konsumentinnen und Konsumenten vor krankmachenden Lebensmitteln und Täuschung zu schützen.

Die Auflagen und Prozeduren beim Handel mit Tieren und Erzeugnissen tierischer Herkunft sind in der Regel gegeben durch unterschiedliche Seuchenlagen und Hygieneverhältnisse in den Herkunftsgebieten der Waren. Dies führt dazu, dass auf den ersten Blick komplizierte, vereinfachungsbedürftig erscheinende Verfahren aus Gründen des Risikos belassen werden müssen. Nebst dem Risiko der Übertragung von Krankheiten spielen internationale Verflechtungen in dem Sinne eine grosse Rolle, als für den Handel Schweizerware im Ausland nur akzeptiert wird, wenn nachgewiesen werden kann, dass ein gut funktionierendes Überwachungssystem der Handelsware in Funktion ist. Dies bedeutet, dass der Handel kontrolliert werden muss: Das Instrument des Bewilligungsverfahrens erlaubt es, Bedingungen an Tiere und Waren im Handel zu knüpfen und diese im Einzelfall auch bekanntmachen und vollziehen zu können.

Aus diesen Ausführungen ist ersichtlich, dass die grundsätzliche Existenz von Bewilligungsverfahren in diesem Bereich gerechtfertigt ist und dass es sorgfältige Abklärungen braucht, um zu eruieren, welche Freistellungen zu rechtfertigen sind. Die Verfahren an und für sich werden jedoch nach Möglichkeit vereinfacht, sei es dadurch, dass unnötig gewordene Zwischenschritte eliminiert werden, sei es dadurch, dass moderne Instrumente wie das Internet zur Anwendung gelangen.

1024

2.5.4.1

Einfuhr von Tieren (aus den EU-Mitgliedstaaten, ausser Pferden)

Die heutige Praxis beruht auf Einzeltierbewilligungen, wobei das BVET die Bewilligung erteilt, sofern die seuchenpolizeilich relevanten Bedingungen erfüllt sind und somit kein Risiko der Seucheneinschleppung besteht. Beim Eintreffen der Tiere an der Grenze werden diese heute vom grenztierärztlichen Dienst sowohl einer Dokumentenkontrolle wie auch einer physischen Kontrolle unterzogen und danach unter Quarantäne gestellt.

Nach dem Inkrafttreten der bilateralen sektoriellen Abkommen mit der EU werden im Prinzip die Bedingungen des innergemeinschaftlichen Handels mit Nutztieren gelten. Dort werden die Tiere mit einem Veterinärzeugnis versendet, begleitet von einer elektronischen Meldung vom Amtstierarzt des Versandlandes zum Amtstierarzt des Bestimmungslandes. Sind die Tiere für die Schweiz bestimmt, so ist vorgesehen, dass weiterhin eine Bewilligung eingeholt werden muss. Dies aus Gründen der Sicherheit, da dank günstiger Seuchenlage die Tiere für die Schweiz gegenüber den Tieren, die in der EU bleiben, zusätzliche Bedingungen erfüllen müssen. Da die Quarantäne im strengen Sinn des Wortes wegfallen wird, behält die Schweiz die Tiere über eine Bewilligung unter Kontrolle. Erleichterungen entstehen dadurch, dass die physische Kontrolle nur noch stichprobenweise durchgeführt wird und die Quarantäne in vereinfachter Weise erfolgt. Mit einer Änderung der Verordnung über die Ein-, Durch- und Ausfuhr von Tieren und Tierprodukten (EDAV) auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens der bilateralen Verträge wird die Import- (und Export-) regelung den ändernden Verhältnissen entsprechend angepasst werden. Dabei werden Belastungen, bedingt durch Bewilligungsverfahren, auf ein verantwortbares Minimum reduziert werden. Die wesentlichen Erleichterungen durch die bilateralen Verträge entstehen jedoch eher beim Export von Schweizer Tieren.

2.5.4.2

Einfuhr von tierischen Produkten

Die Einfuhr von tierischen Produkten (Fleisch, Fleischerzeugnisse, tierische Futtermittel, andere Waren tierischer Herkunft) unterliegen ebenfalls aus seuchenpolizeilichen und lebensmittelhygienischen Gründen je nach Risiko verschiedenen Bewilligungspraxen. Um die Verfahren zu vereinfachen, wurde schrittweise von Einzelbewilligungen zu Jahresbewilligungen übergegangen, bei unbedenklichen Waren werden die Importeure im Sinne einer generellen Bewilligung anerkannt. Sollten weitere Vereinfachungen eine Änderung der EDAV bedingen, würde dies mit der geplanten Änderung vorgenommen.

2.5.4.3

Andere Verfahren im Veterinärbereich

Das Bewilligungsverfahren für Aufstallungssysteme, die der nicht-gewerblichen Tierhaltung dienen, wird bei der nächsten sich bietenden Gelegenheit aus der Tierschutzverordnung eliminiert werden, da diese Systeme i. d. R. über den gesetzlichen Anforderungen liegen. Hier genügen nachgängige Kontrollen. Ebenso wird die erneute schweizerische Registrierung von bereits von ausländischen Behörden registrierten immunbiologischen Erzeugnissen geprüft werden. Derzeit wird geklärt, wie-

1025

weit unter Wahrung der Schutzziele eine Liste von Ländern erstellt werden kann, deren Registrierungen vom BVET nicht mehr nachgeprüft werden.

2.5.5

Verweis auf die Revision der Pflichtlagergesetzgebung

Der Bundesrat hat am 4. Oktober 1999 die Botschaft betreffend Aufhebung des Getreidegesetzes und Änderung des Landesversorgungsgesetzes zuhanden des Parlamentes verabschiedet. Kernpunkte der Vorlage sind der Wegfall der staatlichen Brotgetreideordnung und die Überführung der Brotgetreidepflichtlagerhaltung in das Landesversorgungsgesetz sowie die dadurch bedingten rechtlichen Anpassungen.

Zur Sicherstellung einer ausreichenden Versorgung der Schweiz mit Brotgetreide werden die entsprechenden Pflichtlager künftig nach den Vorschriften des Landesversorgungsgesetzes (LVG) gehalten. Das heutige LVG kennt allerdings keine Lagerpflicht für Inlandprodukte und muss deshalb angepasst werden. Da die Inlandproduktion mit dem bisherigen System der Generaleinfuhrbewilligung nicht erfasst werden kann, wurde ein Wechsel zum System des sogenannten ersten Inverkehrbringens vorgeschlagen. Wie bei anderen modernen Konsumbesteuerungssystemen soll die Lagerhaltungspflicht dabei an das Kriterium des ersten Inverkehrbringens geknüpft werden.

Die im Frühjahr 1999 durchgeführte Vernehmlassung hat ergeben, dass die Aufhebung des Getreidegesetzes unbestritten ist, der vorgesehene vollständige Wechsel vom bestehenden Importbewilligungssystem zum neuen System jedoch mehrheitlich abgelehnt wird. Die neue Lösung sei zu kompliziert und führe zu einem höheren administrativen Aufwand, wurde in der Kritik vorgebracht. Es wurde verlangt, entweder vorläufig auf das System des ersten Inverkehrbringens zu verzichten oder im Gesetz die Möglichkeit eines Nebeneinanders beider Varianten zu schaffen.

Diesen Einwänden wird in der Botschaft an das Parlament Rechnung getragen: Der Bundesrat erhält die Kompetenz, je nach Produkt zwischen dem bisherigen Regime der Importbewilligung und dem neuen System des ersten Inverkehrbringens wählen zu können.

Der Bundesrat hat zudem vom Bericht über die Pflichtlagerpolitik für die Jahre 2000­2003 Kenntnis genommen und das Eidg. Volkswirtschaftsdepartement beauftragt, die vorgeschlagenen Massnahmen umzusetzen. Versorgungsrisiken werden neu gewichtet, die Mengen in Pflichtlagern weiter reduziert, einzelne Produkte ganz abgebaut und die Kosten für Wirtschaft und Konsumenten dementsprechend verringert.

Die obligatorischen Pflichtlagermengen, z. B. für Reis, Kaffee, Benzin und Heizöl, die heute einem
Verbrauch von durchschnittlich sechs Monaten entsprechen, sollen bis Ende 2003 auf eine Menge für rund vier Monate abgebaut werden. Dies entspricht einer Reduktion von insgesamt rund 30 Prozent. Es werden aber nicht nur Mengen reduziert, verschiedene Produkte werden ganz aus den Pflichtlagern verschwinden, nämlich Kakao, Seifen und Textilwaschmittel, Feldsämereien (bis 2003) sowie Futtergetreide (bis 2007). Die Aufhebung von Kohle-Pflichtlagern ist im Gange, Tee ist bereits abgebaut.

Nicht nur Konsumentinnen und Konsumenten werden vom Pflichtlagerabbau profitieren, die geplanten Massnahmen bringen auch Erleichterungen für die Wirtschaft, 1026

so wird z. B. die Mindesthöhe eines Pflichtlagers angehoben. Damit können kleinere Unternehmen (Importeure, Händler) von der Pflichtlagerhaltung entlastet werden.

2.5.6

Revision der Verordnungen zum Arbeitsgesetz

Das revidierte Arbeitsgesetz bringt neben der Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Bezug auf die Arbeitszeiten den Betrieben mehr Flexibilität bei der Organisation der Arbeitszeit und verbessert dadurch die Rahmenbedingungen für unsere Wirtschaft. Umgekehrt trägt es aber auch den Schutzbedürfnissen der Beschäftigten Rechnung. Diesbezüglich sind insbesondere der verbesserte Schutz bei Nachtarbeit und Mutterschaft zu erwähnen.

Die Neuerungen im Arbeitsgesetz bedingen eine weitgehende Überarbeitung des Verordnungsrechts. Das neue Recht, das für eine Vielzahl von Betrieben Relevanz hat, soll am 1. April 2000 in Kraft gesetzt werden.

Die grundlegende Revision der Verordnung 1 (allgemeine Verordnung) ergibt sich unmittelbar als Folge der Gesetzesrevision. Weitergehende Änderungen sind nur in beschränktem Mass vorgesehen. Sie ergeben sich aus der Entwicklung der Verhältnisse seit Erlass der Verordnung 1966 und der Anwendungspraxis. Aus der Gesetzessystematik, wonach die neuen Flexibilisierungsspielräume im Gesetz selber geregelt sind, für die kompensatorischen Schutzmassnahmen dagegen weitgehend auf die Verordnung verwiesen wird, ergibt sich, dass bei der Verordnungsrevision die Schutzmassnahmen bei atypischen Arbeitszeiten sowie bei Mutterschaft einen breiten Raum einnehmen.

Die Verordnung 2 muss einer Totalrevision unterzogen werden. Diese war seinerzeit wegen der Gesetzesrevision zurückgestellt worden, auch wenn die gesetzlichen Grundlagen der Verordnung kaum geändert haben. Die Verordnung 2 bleibt weiterhin Gruppen von Betrieben oder Arbeitnehmern vorbehalten, die mit dem gesetzlichen Arbeits- und Ruhezeitrahmen nicht auskommen, wie etwa die Krankenhäuser, die Gastronomie oder die Freizeitbranche, deren Betriebszeiten abends, nachts oder sonntags ihre Schwerpunkte aufweisen. Zum Teil besteht heute für Sonderregelungen kein Bedürfnis mehr (u. a. wegen der neu bewilligungsfreien Abendarbeit bis 23 Uhr), zum Teil sind neue Bedürfnisse für Sonderbestimmungen hinzugekommen.

Die Verordnung 2 ist jedoch nicht auf Einzelfälle ausgerichtet. Ihnen ist weiterhin auf dem Bewilligungsweg im Rahmen des Gesetzes und der Verordnung 1 gerecht zu werden.

Mit der grundlegenden Revision der Verordnungen 1 und 2 zum Arbeitsgesetz werden die Voraussetzungen geschaffen sein, damit die Unternehmen in den Genuss
der Erleichterungen kommen, die das revidierte Arbeitsgesetz vorsieht und die in administrativer Hinsicht namentlich in der Einführung der bewilligungsfreien Abendarbeit und im Wegfall der Bewilligungspflicht für Überzeit bestehen.

2.5.7

Verweis auf die Neuregelungen bei der Versicherungsaufsicht

Parallel zum ersten Paket der marktwirtschaftlichen Erneuerung wurden verschiedene Versicherungszweige liberalisiert. Dies geschah namentlich im Gesetzespaket, das dem Parlament nach dem EWR-Nein unter dem Titel SWISSLEX vorgelegt wurde, aber auch in späteren Vorlagen (Beispiel: Motorfahrzeughaftpflicht). Nun 1027

soll es auch im Bereich der Lebensversicherung und Krankenversicherung zu einer Abkehr von der vorgängigen Produktegenehmigung kommen. Dafür soll die Solvenzkontrolle der Versicherungseinrichtungen verstärkt werden. Der Grund besteht darin, dass auch auf dem Versicherungsmarkt heute in sehr kurzer Frist neue Produkte konzipiert werden müssen. Die Aufhebung des Genehmigungsverfahrens soll diese Dynamik unterstützen. Die Botschaft zur Ablösung von verschiedenen aufsichtsrelevanten Erlassen durch ein einziges Versicherungsaufsichtsgesetz und zu Änderungen im Versicherungsvertragsgesetz ging im Herbst 1998 in die Vernehmlassung, die derzeit mit Blick auf die Vorlage der entsprechenden Botschaft ausgewertet wird.

2.5.8

Massnahmen im Bereich der Energie

Mit der Verabschiedung der Botschaft zum Elektrizitätsmarktgesetz am 7. Juni 1999 wurde die letzte bedeutende Restanz im 1992/93 eingeleiteten und 1994 weiter konkretisierten Programm zur marktwirtschaftlichen Erneuerung behoben (vgl. BBl 1993 I 805 und BBl 1994 III 1374). Zu erwähnen ist weiter die Gutheissung der neuen Bundesverfassung am 18. April 1999. Durch den neuen Text ist die Voraussetzung geschaffen, um beim Erlass des Elektrizitätsmarktgesetzes die von der alten Verfassung noch vorgesehene Bewilligungspflicht für den Export von Elektrizität aus Wasserkraft aufzuheben. Die analogen Bewilligungspflichten im Atomgesetz und im Wasserrechtsgesetz werden gleichfalls zur Streichung beantragt.

Ein anderer Teil der Energiepolitik sind die Massnahmen zugunsten einer rationellen Energieverwendung gemäss Energiegesetz. Neu gilt nach der Energieverordnung vom 7. Dezember 1998 (SR 730.01), dass auch für die Wassererwärmer, Warmwasser- und Wärmespeicher keine behördliche Zulassung mehr erforderlich ist, sondern eine Nachweispflicht gilt. Konkret müssen seit dem 1. Januar 1999 durch eine benannte Stelle die Konformitätserklärung des Herstellers geprüft und das Ergebnis dem BFE mitgeteilt werden.

Im Bereich der elektrischen Installationen sollen zwei Massnahmen getroffen werden. Einmal wird die neue Verordnung über das Plangenehmigungsverfahren für elektrische Anlagen, die voraussichtlich am 1. Januar 2000 in Kraft tritt, die elektrischen Anlagen explizit bezeichnen, die nicht der Bewilligungspflicht unterstehen oder für die bestimmte Verfahrenserleichterungen gelten. Bedeutender ist die geplante Massnahme im Bereich der Installationsbewilligungen. Hier wird vorgesehen, dass die Bewilligung für das Ausführen von Arbeiten an elektrischen Niederspannungsinstallationen für die gesamte Schweiz gelten soll und dass diese Bewilligung von einer einzigen Stelle erteilt und administriert wird. Für Elektroinstallateure, die im Versorgungsgebiet eines andern Elektrizitätsverteilers einen Auftrag ausführen wollen, entfallen so erhebliche administrative Belastungen und entsprechende Gebühren.

Die Arbeiten für eine Revision der Verordnung über die elektrischen Niederspannungsinstallationen wurden in Angriff genommen. Die entsprechende Vernehmlassung dürfte im nächsten Winter durchgeführt werden.

1028

2.5.9

Einführung einer VOC-Abgabe

Namentlich in der Umweltpolitik wird eine Ablösung von Geboten und Verboten durch marktwirtschaftliche Instrumente befürwortet. Diesen Weg ist der Bundesrat unter anderem mit der Einführung einer Abgabe auf leichtflüchtigen organischen Substanzen gegangen (VOC-Abgabe). Erste Erfahrungen in diesem komplexen Bereich zeigen allerdings, dass unter rein administrativen Aspekten marktwirtschaftliche Instrumente gleichfalls zu recht komplizierten Lösungen führen können. Dies geschieht auch darum, weil im vorliegenden Fall die Verbände der interessierten Wirtschaft differenzierte Regelungen durchsetzten. Aufgrund auftretender Vollzugsprobleme wurde die am 12. November 1997 verabschiedete Verordnung vom Bundesrat am 14. Dezember 1998 noch um folgende Erleichterungen ergänzt: ­

Die erstmalige Erhebung der Lenkungsabgabe wurde vom 1. Januar 1999 auf den 1. Januar 2000 verschoben. Die ursprünglich vorgesehene erste Abgabestufe mit Fr. 1.­ pro kg VOC entfällt.

­

Das sogenannte Verpflichtungsverfahren wurde ausgedehnt. Dieses Verfahren ermöglicht es Unternehmen, VOC vorläufig von der Abgabe befreit zu beziehen. Die Limite für den Zutritt zu diesem Verfahren wurde von 500 t auf 200 t VOC pro Jahr gesenkt. Der Kreis der Unternehmen, die Zutritt zu diesem Verfahren haben, wurde durch den Einbezug der Exporte und des Grosshandels erweitert.

­

Ein für die Wirtschaft wichtiger hochsiedender Stoff wurde aus der Liste der abgabepflichtigen VOC gestrichen.

Sämtliche Merkblätter und Formulare für den Vollzug der VOCV wurden mit Vertretern der Kantone und der Wirtschaft bereinigt und stehen den Betroffenen in ihrer definitiven Form seit Ende März 1999 zur Verfügung (Papierform und Internet).

Kantonen und Verbänden wurden sie abgegeben. Die Schulung der Betroffenen durch OZD und BUWAL anhand der Merkblätter und anhand von Fallbeispielen ist in der ersten Hälfte 1999 erfolgt. Einbezogen wurden die mit dem Vollzug betrauten kantonalen Stellen, die Verbände und die betroffenen Unternehmen selbst. Die mit dieser neuen Abgabe unvermeidlich einhergehenden zusätzlichen administrativen Arbeiten sollten so soweit möglich begrenzt worden sein.

2.5.10 2.5.10.1

Verzicht auf Verfahren Verzicht auf die Bewilligungspflicht für die Herstellung oder Einfuhr von münzähnlichen Gegenständen

Unter dem geltenden Recht wird in Artikel 8 Münzgesetz eine Bewilligungspflicht für die Herstellung oder Einfuhr von Gegenständen, «die den in Kurs stehenden Münzen in Gepräge, Gewicht oder Grösse ähnlich sind oder die einzelne Merkmale einer amtlichen Prägung aufweisen» statuiert. Bewilligungsbehörde ist das Eidgenössische Finanzdepartement. Diese Bewilligungspflicht hat sich in der Praxis nicht bewährt. Im Rahmen der Schaffung des neuen Bundesgesetzes über die Währung und die Zahlungsmittel, welches das heutige Münzgesetz integriert, sollte gemäss Botschaft des Bundesrates vom 26. Mai 1999 daher auf eine Bewilligungspflicht für die Herstellung und Einfuhr münzähnlicher Gegenstände gänzlich verzichtet werden. Der Schutz des Publikums vor Missbräuchen wäre durch eine neue Strafnorm zu gewährleisten. Diese würde ­ analog der heutigen Strafnorm über das Wiederge1029

ben und Nachahmen von Banknoten oder amtlichen Wertzeichen ohne Fälschungsabsicht (Art. 327 StGB) ­ eingreifen, wenn die Münzähnlichkeit eines Gegenstandes die Gefahr der Verwechslung mit echten Münzen schafft. Die Eigenverantwortung des Herstellers oder Importeurs solcher Gegenstände würde dadurch gestärkt. Die Beurteilung, ob sein Produkt die Sicherheit des Bargeldverkehrs gefährdet, wäre Bestandteil seiner Sorgfaltspflicht. Bei der Beratung der Botschaft über das Währungsund Zahlungsmittelgesetz ist der Erstrat dem Antrag des Bundesrates allerdings nicht gefolgt und hat die Bewilligungspflicht im Gesetz belassen.

2.5.10.2

Ablösung der Bewilligungspflichten für den Filmverleih und die Eröffnung eines Kinos durch einfache Registrierungspflichten

Mit der Revision des Filmgesetzes, das die im Titel genannten Bewilligungen enthält, ist eine Expertenkommission Moor beauftragt. Ihr Bericht wurde am 27. April 1999 der Presse vorgestellt. Der Entwurf schlägt vor, die Bewilligungspflicht in den Bereichen Verleih und Kino durch eine Registrierungspflicht in den Bereichen Verleih, Vertrieb und Kino zu ersetzen. Die Vielfalt des Filmangebots wird durch andere Massnahmen als ein Bewilligungsverfahren gestützt. Die Vernehmlassung zum Entwurf eines totalrevidierten Filmgesetzes läuft bis zum 31. Oktober 1999.

2.6 2.6.1

Vermehrte Kundenorientierung Einführung von Leistungsindikatoren, Messung der Kunden-zufriedenheit (Motion (Postulat) Cavadini, 97.3222, Punkt 4)

Nicht nur in den FLAG-Ämtern, in zunehmendem Masse auch in der «Kernverwaltung» werden die Prozesse zur Leistungserstellung konsequenter auf die Leistungsempfänger ausgerichtet. Zwar bilden gezielte und systematische «Kundenbefragungen» noch die Ausnahme. In verschiedenen Teilprojekten der Regierungsund Verwaltungsreform wurden zur Ausarbeitung von Verbesserungsvorschlägen jedoch Aussenstehende (z. B. Vertreter von Kantonen) einbezogen. In andern Teilprojekten wurden bei externen «Partnern» und «Leistungsempfängern» eigentliche «Kundenbefragungen» durchgeführt (z. B. BUWAL). Neben den organisatorischen und technischen Anpassungen kommt bei all diesen Bestrebungen insbesondere den kulturellen Veränderungen eine entscheidende Bedeutung zu. An vielen Stellen wird deshalb ein grosses Gewicht auf die Ausbildung gelegt. Um besser auf die Wünsche des «Kunden» eingehen zu können, werden für die Bürger und die andern Partner und Leistungsempfänger der Verwaltung zentrale Auskunftsdienste, Hot Lines, «Guichets», etc. eingerichtet. Dabei werden auch die technischen Möglichkeiten des Internet immer intensiver genutzt. Vermehrte Bedeutung erlangt die Qualitätssicherung. Vereinzelte Verwaltungseinheiten sind zertifiziert. Tatsache ist, dass gegenwärtig in der Bundesverwaltung ein vielgestaltiger und nachhaltiger Veränderungsprozess im Gange ist, bei dem die im genannten Vorstoss formulierten Anliegen bereits eine wichtige Rolle spielen. Die genannten Instrumente (Leistungsindikatoren, Kundenbefragungen) sollen allerdings eine noch breitere Anwendung finden.

1030

2.6.2

Gründungsadministration in 24 Stunden (M [P] Cavadini [97.3222], Punkt 3; P Hasler, 97.3447, Punkt 1)

Die Forderung, wonach es möglich sein soll, die administrativen Arbeiten bei der Unternehmensgründung in 24 Stunden abzuwickeln, stellt die als Postulat überwiesene Motion Cavadini (97.3222) auf (Punkt 3). «Die Bezeichung einer zentralen Stelle, die Formalitäten und nötige Beratungen bei Neugründungen von Unternehmen schnell, unkompliziert und koordiniert erledigt», verlangt ein Postulat Hasler (97.3447).

Eine Untersuchung6, in deren Rahmen eine Abklärung der EU-Kommission über die Gründungsformalitäten in den Mitgliedländern auf den Fall der Schweiz übertragen wurde, führte zum Ergebnis, dass die Gründungsadministration in der Schweiz im internationalen Quervergleich kein Problem darstellt. Während andere Staaten für die Aufnahme einer selbständigen Berufstätigkeit die Einholung einer «business licence» und ähnlicher Bewilligungen verlangen, kann heute in der Schweiz jedermann frei mit einer selbständigen Tätigkeit beginnen (ausgewählte geschützte Berufe vorbehalten (vgl. hierzu den Bericht «Inventar und Evaluation der wirtschaftsrechtlichen Verfahren in der Bundesgesetzgebung» mit Verweisen auf einschlägige kantonale Bestimmungen)). Erst wenn er bei der MWSt die Schwelle von 75'000 Franken Umsatz erreicht, muss er sich dort anmelden. Ein Handelsregistereintrag ist ab 100'000 Franken erforderlich (Ausnahmen vorbehalten), was viele Einzelfirmen nicht erreichen.

Diese günstige Feststellung will aber nicht heissen, dass kein Verbesserungspotential besteht: ­

Vorab können sich bei einer Aufnahme einer selbständigen Erwerbstätigkeit Probleme mit den Sozialversicherungen ergeben (Angestellten- oder Auftragsverhältnis?).

­

In zweiter Linie kann gerade die Tatsache, dass in der Schweiz der Start als selbständiger Unternehmer so formlos geschehen kann, zum Problem werden. Die AHV stellt sich auf den Standpunkt, dass sie in Zweifelsfällen den Entscheid, ob ein Anstellungsverhältnis oder ein Mitarbeiterverhältnis vorliegt, nicht sofort fällen muss, sondern zunächst die ersten Monate selbständiger Erwerbstätigkeit abwarten kann, bis sie einen Entscheid fällt, und begründet dies mit dem Versicherungsschutz, der bei Scheinselbständigkeit fehlt. Auch die Steuerwaltung gibt eine MWSt-Nummer erst ab, wenn aufgrund von Erfahrungswerten davon auszugehen ist, dass der Mindestumsatz von 75'000 Franken in den nächsten zwölf Monaten überschritten wird.

Bei der Klärung der Frage, wie den beiden Postulaten Genüge getan werden kann, war eine wesentliche Frage, ob es sich überhaupt um ein Problem des Bundes handelt. Denkt man in der Kategorie der involvierten Verwaltungseinheiten, beschränkt sich der Beitrag von Bundesstellen in der Tat im wesentlichen auf die Zuteilung einer MWSt-Nummer, die statistische Erfassung des Unternehmens im BUR (Betriebs- und Unternehmensregister) und die Erledigung der Emissionsabgabe, wenn es um die Gründung einer Kapitalgesellschaft geht. Hinzu kommen, wie gesagt, gewisse spezialgesetzliche Bewilligungen je nach Tätigkeitsgebiet der Firma (z. B. Bank).

6

Vgl. Vaterlaus et al. «Leistungsfähigkeit von Regionen in der Schweiz», erschienen in der Reihe «Strukturberichterstattung» des BWA, Bern, 1998, S. 43-45.

1031

Denkt man dagegen in den Kategorien der Gesetzgebung, sind es vorab Bundesgesetze, die für den Gründer Relevanz erlangen. Involvierte Gesetze sind: Alle Sozialversicherungsgesetze (kantonale Familienausgleichskassen vorbehalten), die Gesetzgebung über die direkte Bundessteuer, das Privatrecht mit den möglichen Gesellschaftsformen, verschiedene Spezialgesetzgebungen, die von kantonalen Stellen vollzogen werden (Beispiel: Eröffnung einer Arbeitsvermittlung). Hierzu Informationen abzugeben und Beratungsleistungen genereller Natur anzubieten, kann noch in den Aufgabenbereich einer vom Staat getragenen Stelle fallen.

Die vom Postulat Hasler gewünschten Anlaufstellen müssen allerdings auf kantonaler Ebene angesiedelt sein. Hierfür spricht neben dem dezentralisierten Vollzug der genannten Gesetze auch die Reisezeit, da der elektronische Schriftverkehr die persönliche Vorsprache weiterhin regelmässig nicht ersetzen kann. Die Aufgabe des Bundes muss sich auf die Schaffung geeigneter rechtlicher und organisatorischer Voraussetzungen sowie auf die Bereitstellung von geeigneten Informationen via Internet beschränken (vgl. den folgenden Abschnitt).

Gegenwärtig laufen Vorbereitungen, um in enger Zusammenarbeit mit einer kantonalen Einrichtung (Wirtschaftsförderung, Handelskammer) einen Pilotversuch für einen «guichet unique» zu starten. Parallel dazu sollen die involvierten Bundesstellen (Eidg. Amt für das Handelsregister, MWSt, evtl. Stempelsteuer, BFS (BUR), Sozialversicherungen, SUVA) die Erfassung des neu gegründeten Unternehmens in den einschlägigen Registern soweit möglich und sinnvoll koordinieren. Hinzu kommen der Ausbau des Informationsangebotes auf dem Internet sowie die fortgesetzte Prüfung der Frage der Anerkennung einer selbständigen Erwerbstätigkeit.

2.6.3

Elektronischer Behördenverkehr (P Speck, 97.3450)

Wie eine Untersuchung des Bundesamtes für Wirtschaft und Arbeit (neu seco) ergab, wird auch von den kleinen und mittleren Unternehmen das Internet zunehmend genutzt, vorab als Informationsquelle, in zunehmendem Mass aber auch für den täglichen Geschäftsverkehr. Zu diesem Geschäftsverkehr gehören nicht zuletzt die Kontakte mit Verwaltungsstellen, was diese veranlasst hat, in rasch wachsendem Umfang im Internet präsent zu sein. Auf elektronischem Weg einsehbar sind namentlich die Eintragungen im Handelsregister. Zwischen verschiedenen kantonalen Handelsregisterämtern, dem Eidgenössischen Handelsregisteramt und dem Schweizerischen Handelsamtsblatt ist schon länger ein elektronischer Datenaustausch operativ, was die Gründungsformalitäten wesentlich beschleunigen hilft.

Die von der «Task Force KMU» zu Beginn des Jahres 1999 eingerichtete InternetAdresse «www.kmuinfo.ch» soll den KMU als Einstiegspunkt zu einem möglichst breiten und auf ihre Bedürfnisse abgestimmten Informationsangebot dienen. Über diese Seite besteht unter anderem Zugang zum Inventar der wirtschaftsrechtlichen Verfahren, welche die Bundesverwaltung vollzieht. Diese Datenbank vermittelt einen Überblick über einen wesentlichen Teil dessen, was man als «staatliche Rahmenbedingungen» bezeichnet. Diese Dokumentation soll dadurch an Nutzen gewinnen, dass man vom Steckbrief zum einzelnen Verfahren auf die einschlägige Internet-Seite des zuständigen Amtes gelangt und dort ­ neben zusätzlichen Informationen ­ auch das Formular findet, das es ggf. auszufüllen gilt. Wenn sich bei der

1032

Mehrheit der 300 aufgeführten Verfahren7 der Übergang zu einem elektronischen Behördenverkehr auch nicht lohnen wird, da die Anzahl Fälle pro Jahr zu tief liegt (mehr als ein Drittel der Verfahren geben zu weniger als 10 Fällen pro Jahr Anlass, mehr als die Hälfte der Verfahren zu weniger als 100 Fällen pro Jahr), so rechtfertigen in andern Fällen die Fallzahlen durchaus die für 1999/2000 geplanten gesteigerten Investitionen in die Informationsvermittlung. Umfassende Informationsangebote, die bis zur elektronischen Bereitstellung der Formulare reichen, finden sich heute bereits bezüglich der Exportkontrollen gemäss KMG und GKG, bezüglich der Einfuhr von Tieren oder bezüglich der Meldepflichten, denen Anbieter von Telekommunikationsdienstleistungen unterstehen. Die in Form einer neuen Verordnung geplante Regelung von Zertifizierungsdiensten für die Verwendung elektronischer Unterschriften soll es gestatten, per e-mail, d. h. ohne Ausdruck des Formulars und physische Unterschrift, auch Anträge an Behörden auszufüllen. Viele Amtsstellen treten allerdings heute schon, ohne grosse formale Anforderungen zu stellen, auf per e-mail übermittelte Korrespondenz ein.

Das vielversprechendste Potential für den elektronischen Behördenverkehr liegt allerdings nicht in den Bewilligungsverfahren, die in den Unternehmen nur sporadisch anfallen, sondern in den regelmässig wiederkehrenden Behördenkontakten.

Für die Unfallmeldungen gibt die SUVA eine Diskette ab. Und das Steuerformular hat im Kanton Basel-Landschaft ein hoher Anteil unter den Steuerpflichtigen elektronisch ausgefüllt. Weitere Gebiete mit regelmässigem Behördenkontakt sind neben den Steuern ­ wo die MWSt-Verwaltung mit einem breiten Informationsangebot auf dem Internet aufwartet ­ die Statistik und die Sozialversicherungen. Bei den Sozialversicherungen wird seit kurzem an einer Informationsbroschüre für die KMU gearbeitet, die sich dank modularem Aufbau auch für den Zugriff via Internet eignen soll. Das Bundesamt für Statistik hat bei der Wertschöpfungsstatistik mit der Rückmeldung der ausgewerteten Ergebnisse an die befragten Unternehmen gute Erfahrungen gemacht. Die Bereitschaft zur Beteiligung an diesen, zunehmend auf der Basis von Stichproben abgewickelten Umfragen erhöhte sich sprunghaft. Rückmeldungen sollen, mit der Lohnerhebung 1998 beginnend,
nicht nur bei weiteren Statistiken eingeführt werden, es soll den Unternehmen auch systematisch ermöglicht werden, die Fragebogen auf elektronischem Weg auszufüllen und einzureichen. Entsprechende Module sind im Aufbau. Auf das vielfältige Angebot der Kantone und Gemeinden in Sachen elektronischer Behördenverkehr kann in dieser exemplarisch bleibenden Aufzählung nicht näher eingetreten werden.

2.6.4

Elektronischer Zugang zum Bundesrecht

Das Angebot an Rechtsdaten des Bundes, das auf elektronischem Weg abgerufen werden kann, ist in den letzten Monaten entscheidend verbessert worden. Bereits seit März 1998 sind der Inhalt der Systematischen Rechtssammlung (SR), Teil Landesrecht, und seit Ende 1998 die wöchentlichen Lieferungen der Amtlichen Sammlung (AS) auf dem Internet zugänglich. Für die nächsten Monate sind die Herausgabe der SR auf einer CD-ROM sowie die Publikation des Bundesblattes (BBl) und

7

Wegen des Übergangs auf die Verordnungen gemäss «Agrarpolitik 2002» konnte in der 1998 durchgeführten Erhebung der Landwirtschaftsbereich noch nicht vollständig erfasst werden. Namentlich fehlen Angaben zur zahlenmässigen Bedeutung der einzelnen Verfahren.

1033

der Verwaltungspraxis (VPB) auf dem Internet geplant. Die elektronische Bereitstellung von Rechtsdaten führt zu einer höheren Aktualität der bereitgestellten Informationen, erleichtert dem Kunden Suchprozesse und senkt die Kosten. So kann die EDMZ dank Einführung eines «printing on demand»-Systems beim Vertrieb der Separatausgaben Einsparungen aufgrund des reduzierten Lagerbestandes und einer vereinfachten Bewirtschaftung erzielen.

2.7

Ausblick auf weitere Vereinfachungen von Vorschriften und administrativen Arbeiten

Nach Verabschiedung des Mehrwertsteuergesetzes wird die Mehrwertsteuerverordnung möglichst rasch fertigzustellen sein. In den laufenden Arbeiten der Eidg. Steuerverwaltung kommt einer schlanken Regelung des Vollzugs dieser Steuer eine hohe Bedeutung zu. Im Anschluss an den Erlass dieser Verordnung sollen im Einklang mit den Forderungen in der als Postulat überwiesenen Motion Loeb (97.3221) die Quellensteuerabrechnungen ausländischer Arbeitskräfte auf Verbesserungsmöglichkeiten hin angesehen werden.

Das Postulat Gusset (97.3616) verlangt die Abrechnung der Beiträge an alle Sozialversicherungen auf einem Formular. Entsprechende Abklärungen sind im Bundesamt für Sozialversicherungen angelaufen. Von einer Senkung des Administrativaufwandes in diesem Bereich darf auch ein Beitrag an die Bekämpfung der Schwarzarbeit erwartet werden.

Die mit der Inventur der von Bundesstellen vollzogenen wirtschaftsrechtlichen Verfahren gewonnenen Erfahrungen sollen genutzt werden, um die Rechtsgrundlagen bei jenen Verfahren zu überprüfen, bei denen der Vollzug an die Kantone delegiert ist. Das Gesundheitswesen, die Zugangsregelungen zu geschützten Berufen sowie das Bauen ausserhalb der Bauzonen werden hier die wichtigsten Themen sein.

Die Überprüfung der Rechtsgrundlagen und die Quantifizierung der Deregulierung und des Abbaus administrativer Belastungen werden von Artikel 5 und Artikel 185 Absatz 2 Landwirtschaftsgesetz verlangt. Das BLW ist zur Zeit daran, eine jährliche Berichterstattung aufzubauen (ab 2001). Die Publikation von Evaluationsergebnissen zu allen agrarpolitischen Massnahmen gemäss Auftrag in Artikel 187 Absatz 13 LwG ist für das Jahr 2002 vorgesehen.

Durch den modularen Aufbau der Berufsbildung lassen sich die Belastungen der Unternehmen mit der Lehrlingsausbildung verringern. Die im Parlament hängige Revision des Berufsbildungsgesetzes zielt in diese Richtung.

Auf internationaler Ebene wird sich der Bundesrat dafür einsetzen, dass Erleichterungen des Handels in das Programm für die zukünftigen Verhandlungen im Rahmen der WTO aufgenommen werden. Dabei soll es nicht allein nur um die Zollabfertigung gehen; betrachtet werden sollen auch Bank-, Versicherungs- Transportund andere Leistungen.

1034

3

Finanzielle und personelle Auswirkungen auf den Bund, Auswirkungen auf die Kantone

Das Erzielen von Personaleinsparungen und/oder von finanziellen Einsparungen seitens des Bundes war keine Zielsetzung der Arbeiten, die im 2. Teil dieses Berichtes vorgestellt wurden. Es ergibt sich aber, dass wenn Unternehmen weniger oft mit Behörden in Kontakt treten müssen, bevor sie eine wirtschaftliche Aktivität entfalten können, dies auch verwaltungsseitig gewisse Entlastungen ergeben sollte.

Soweit mit den Massnahmen nicht nur bestehende personelle Engpässe korrigiert werden, werden freigespielte Ressourcen allerdings regelmässig für eine verstärkte Marktüberwachung eingesetzt werden müssen.

Die Fristsetzung sollte nur dort einen vorübergehenden personellen Mehrbedarf ergeben, wo ein Pendenzenberg so weit abgebaut werden muss, bis die Ordnungsfristen eingehalten werden können. Das vorübergehende Überschreiten der Ordnungsfristen bei Einführung neuer Bestimmungen wird in Kauf genommen werden müssen.

Was Belastungen aus dem Vollzug der restlichen Massnahmen anbetrifft, werden diese durch Umlagerungen personeller und finanzieller Ressourcen innerhalb der Departemente aufgefangen werden müssen. So sind im EVD 4 Stellen für die mit den Prüfung der volkswirtschaftlichen Auswirkungen verbundenen Aufgaben (namentlich den KMU-Test) vorgesehen.

Die Kantone werden nur punktuell von den vorgeschlagenen Massnahmen betroffen. Genaueren Aufschluss werden die Anträge auf Gesetzes- und Verordnungsänderungen geben, die dem Parlament, resp. dem Bundesrat zur Beschlussfassung vorgelegt werden.

4

Volkswirtschaftliche Auswirkungen

Die in diesem Bericht aufgezeigten Massnahmen setzen bei denjenigen Verfahren an, welche für die Wirtschaft zahlenmässig, aber auch wirtschaftlich die grösste Bedeutung haben: ­

Rein zahlenmässig ist es sicher am wichtigsten, dass die rund 2 Millionen Sendungen, die monatlich den Zoll passieren, möglichst schlank abgefertigt werden. Hier hilft der beschriebene Einsatz der Informatik wesentlich, den Aufwand für Unternehmen und Behörden zu senken.

­

Grosse wirtschaftliche Bedeutung für jedes einzelne Unternehmen besitzen die Bewilligungen für die Anstellung einer ausländischen Arbeitskraft. Die nicht-kontingentierten Bewilligungen der Kantone eingeschlossen, werden jedes Jahr ungefähr 80 000 bis 100 000 arbeitsmarktliche Bewilligungen an Staatsangehörige der EU/EFTA ausgestellt. Das Personenfreizügigkeitsabkommen mit der EU wird hier wesentliche Erleichterungen bringen.

­

Mit den bilateralen Abkommen ergeben sich nicht nur bei den Ausländerbewilligungen Vereinfachungen, es wird auch die bislang sehr aufwendige und komplexe Einfuhr von Tieren eine Neuregelung erfahren (gegen 25 000 Bewilligungen p. a.), wobei hier ein Ausgleich zwischen den seuchenpolizeilichen Schutzzielen (Quarantäne) und den Zielen eines möglichst ungehinderten Freihandels noch gefunden werden muss.

1035

­

Je im Bereich von 10 000 Fällen pro Jahr bewegen sich die Bewilligungen, die gestützt auf das Chemikaliengesetz, bzw. gestützt auf die 4 Gesetze KMG, GKG, WafG und SprG ausgestellt werden. Während im zweitgenannten Bereich unter Beibehaltung des Schutzniveaus das anzuwendende Recht geklärt und gewisse Bewilligungspflichten gestrichen werden, geht es im Bereich der chemischen Erzeugnisse um die Vermeidung von Doppelspurigkeiten zwischen dem schweizerischen und dem in der EU geltenden Recht sowie um die Koordinierung von bislang parallel in mehreren Bundesstellen ablaufenden Verfahren.

­

Eine markante Reduktion der Zahl der Typengenehmigungen (heute 4000 p. a.) wird die im Parlament hängige Revision des Strassenverkehrsgesetzes bringen.

­

Von der Zahl der Bewilligungen her (im Bereich von 5000 p. a.) sind die vielfältigen Vereinfachungen bedeutend, die im Zeichen der Liberalisierung des Brennereiwesens ergriffen wurden.

­

Mehr qualitativ denn quantitativ bedeutend sind die Massnahmen im Bereich der Zivilluftfahrt, sind mit Klärungen im nachgelagerten Recht doch Voraussetzungen zu schaffen, dass die durch Abkommen und Gesetzesrevisionen eingeleitete Marktöffnung sich auch in der Praxis verwirklicht.

­

Beim Abbau, der im Bereich der Pflichtlagerhaltung stattfinden soll, geht es nicht nur um eine Reduktion der Zahl der erforderlichen Bewilligungen.

Hier sind auch die Lagerkosten und andern Folgekosten, die der Erlass auslöst, bedeutend.

­

Das Reisendengewerbegesetz löst 52 kantonale und einen Erlass des Bundes ab. Es stellt die rund 5000 Grossreisenden von der Bewilligungspflicht frei, liberalisiert die Tätigkeit der gegen 4000 Kleinreisenden und verringert die administrativen und auch finanziellen Belastungen (Patentgebühren) für die weit über 2000 Personen, die bislang auf kantonaler Ebene um insgesamt gegen 7000 Hausier- und Wanderhandwerkpatente je Jahr nachsuchten.

­

Um eine ähnliche Massnahme geht es bei der Neuregelung der Erteilung der Installationsbewilligungen. Nach der Betriebszählung 1995 gibt es rund 3000 Elektroinstallationsbetriebe, die in der Regel über eine Installationsbewilligung von mehreren der rund 1000 Elektrizitätsversorgungsunternehmen (Gemeindewerke inkl.) verfügen müssen.

­

Hinzu kommen verschiedene Vorkehren, die zahlenmässig zwar eine gewisse Bedeutung haben, dafür wirtschaftlich nicht so sehr ins Gewicht fallen (Wegfall Bewilligungspflicht für die Einfuhr münzähnlicher Gegenstände), oder aber Bewilligungen, die zahlenmässig betrachtet selten vorkommen, im Einzelfall für den Betroffenen aber eine grosse wirtschaftliche Bedeutung haben können (Bewilligung zur Eröffnung eines Kinos z. B.).

In ihrer langfristigen Wirkung nicht zu unterschätzen sind unter den bereichsübergreifenden Massnahmen die Fristsetzung für die Gesuchsbehandlung in erster Instanz und die Einführung einer systematisierten Prüfung der volkswirtschaftlichen Auswirkungen von Vorlagen des Bundes, die dazu beitragen soll, dass schon in der Phase der Gesetzgebung möglichst liberales und im Vollzug einen möglichst geringen Aufwand verursachendes Recht gesetzt wird. Mit in eine Würdigung einbezogen werden müssen die Liberalisierungsmassnahmen, die im allgemeinen Teil dieses Be1036

richtes beschrieben sind (vgl. Ziff. 2.3). Im Ausblick am Schluss des besonderen Teils wurde aber auch deutlich gemacht, dass ein Verbesserungspotential weiter besteht, wobei nun ein Akzent auf die periodisch anfallenden administrativen Arbeiten gelegt werden soll. Zu wiederholen ist schliesslich die Feststellung, dass Bund, Kantone und Gemeinden gemeinsam die Verantwortung für möglichst gute staatliche Rahmenbedingungen tragen.

1037

Anhang 1

Richtlinien des Bundesrates für die Darstellung der volkswirtschaftlichen Auswirkungen von Vorlagen des Bundes vom 15. September 1999

1.

Grundsatz

Diese Richtlinien ergänzen die bestehenden Anleitungen für die Gestaltung von Botschaften und Berichten des Bundesrates an die eidgenössischen Räte sowie die Richtlinien für die Gestaltung der Anträge auf Erlass einer Verordnung durch den Bundesrat. Sie dienen der Systematisierung der möglichen Aussagen hinsichtlich der wirtschaftlichen Auswirkungen in Geschäften, die dem Bundesrat vorzulegen sind.

2.

Anwendungsbereich

Diese Richtlinien sollen Anwendung finden ­

bei Anträgen auf Erlass rechtssetzender Akte (Gesetze und Verordnungen) bzw. in Botschaftsentwürfen in jedem Fall

­

bei Anträgen an den Bundesrat zu rechtsanwendenden Akten dann, wenn das Geschäft eine grosse wirtschaftliche Bedeutung besitzt (Beispiel: Konzession einer Eisenbahn-Neubaustrecke).

3.

Prüfpunkte

Im Rahmen der Ausführungen zu den volkswirtschaftlichen Auswirkungen einer Vorlage ist eine Prüfung nach folgenden fünf Punkten vorzunehmen: Prüfpunkt 1: Notwendigkeit und Möglichkeit staatlichen Handelns Prüfpunkt 2: Auswirkungen auf die einzelnen gesellschaftlichen Gruppen Prüfpunkt 3: Auswirkungen auf die Gesamtwirtschaft Prüfpunkt 4: Alternative Regelungen Prüfpunkt 5: Zweckmässigkeit im Vollzug Ein «Handbuch des EVD zur Regulierungsfolgenabschätzung» konkretisiert diese Prüfpunkte.

4.

Detaillierungsgrad

Der Verzicht auf Aussagen zu einzelnen Prüfpunkten, Ergänzungen sowie Pauschalund Tendenzaussagen ohne Quantifizierung sind zulässig, soweit sie genügend plausibel und nachvollziehbar erscheinen. Die zugrunde liegenden Annahmen sind in ei1038

nem Grundlagenpapier zu dokumentieren, sowie sie nicht direkt in die Botschaft Eingang finden.

5.

Inkrafttreten

Diese Richtlinien gelten für alle Geschäfte, die der Bundesrat ab dem 1. November 1999 verabschiedet. Sie werden in geeigneter Form in die bestehenden Weisungen und Arbeitshilfen zur Gestaltung von Botschaften und zur Abfassung von Anträgen auf Erlass einer Verordnung durch den Bundesrat integriert.

1039

Anhang 2

Mandat des KMU-Forums Die Einsetzung eines KMU-Forums wurde vom Bundesrat am 21. Oktober 1998 im Grundsatz beschlossen. Die Einsetzungsverfügung des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes vom 22. Dezember 1998 umschreibt die Aufgaben des Forums wie folgt: «Das KMU-Forum setzt sich als ausserparlamentarische Expertenkommission dafür ein, dass die Bundesverwaltung in ihrer Tätigkeit der besonderen Bedeutung der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) Rechnung trägt.

Eine Hauptaufgabe des Forums ist es, im Rahmen von Vernehmlassungen zu Bundesgesetzen und Verordnungen eine Stellungnahme aus der Optik der KMU abzugeben. Besondere Beachtung soll dabei der Punkt finden, welche Belastungen der Vollzug der vorgesehenen Massnahmen mit sich bringt, sei dies administrativ, kostenmässig oder im Sinne einer Einschränkung der unternehmerischen Handlungsfreiheit.

Das Forum soll den ernannten Vertreterinnen und Vertretern der Wirtschaft aber auch die Möglichkeit verschaffen, im direkten Kontakt mit den zuständigen Bundesämtern die Anliegen der KMU zu artikulieren, um so deren Umtriebe im Behördenverkehr in Schranken zu halten. Das Forum nimmt sich an seinen Sitzungen jeweils ausgewählter Regelungsbereiche an, um den Bundesämtern, die mit den KMU in direktem Kontakt stehen, im Interesse eines möglichst schlanken Gesetzesvollzuges Vereinfachungen vorzuschlagen und alternative Regelungen nahezulegen.» Das Forum wird von sieben Unternehmerinnen und Unternehmern aus verschiedenen Wirtschaftszweigen gebildet. Weiter haben ein Vertreter der Volkswirtschaftsdirektorenkonferenz und ein Vertreter der Gründerzentren Einsitz. Vertreter der Bundesverwaltung werden entsprechend der behandelten Thematik beigezogen. Das Forum tagt viermal jährlich.

10671

1040

Verordnung Anhang 3 über Ordnungsfristen für die Behandlung von Gesuchen in erstinstanzlichen wirtschaftsrechtlichen Verfahren vom 17. November 1999

Der Schweizerische Bundesrat, gestützt auf die Artikel 8 und 9 Absatz 1 des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes (RVOG)8 sowie in Ausführung von Artikel 30 Absatz 1 der Regierungs- und Verwaltungsorganisationsverordnung vom 25. November 1998 9, verordnet:

Art. 1

Gegenstand

1

Diese Verordnung legt fest, in welchem zeitlichen Rahmen ein Gesuch in einem erstinstanzlichen wirtschaftsrechtlichen Verfahren des Bundes zu behandeln ist.

2

Ein wirtschaftsrechtliches Verfahren nach dieser Verordnung liegt vor, wenn eine Behörde einer gesuchstellenden Person im Zusammenhang mit einer auf Erwerb ausgerichteten Tätigkeit a.

eine Zustimmung erteilen muss;

b.

besondere wirtschaftliche Rechte gewährt;

c.

die Befolgung gewisser staatlicher Regelungen freistellt.

3 Bestimmungen über die Beachtung von Fristen in andern Erlassen des Bundesrechts gehen dieser Verordnung vor. Namentlich betrifft dies Regelungen in Ausführung von Artikel 62c RVOG.

Art. 2

Grundsätze

1

Die mit der Gesuchsbehandlung betraute Behörde behandelt jedes Gesuch so rasch als möglich.

2

Die Behörde sichtet das Gesuch bei seinem Eingang. Sie bestätigt der gesuchstellenden Person innert Tagen das Datum des Eingangs und teilt ihr bei dieser Gelegenheit offensichtliche Mängel in ihren Gesuchsunterlagen mit.

3

Sind gleichzeitig mehrere Gesuche zu bearbeiten, so kann die Behörde eine Prioritätenordnung aufstellen. Dabei trägt sie den besonderen Verhältnissen der Einzelfälle Rechnung. Sie berücksichtigt namentlich eine besondere Situation bei einzelnen gesuchstellenden Personen, die Dringlichkeit des Anliegens und die Konkurrenzverhältnisse.

SR 172.010.14 8 SR 172.010 9 SR 172.010.1

1041

Ordnungsfristen für die Behandlung von Gesuchen in erstinstanzlichen wirtschaftsrechtlichen Verfahren

Art. 3 1

AS 1999

Ordnungsfristen

Die Behörde trifft ihren Entscheid in der Regel: a.

über Gesuche, die in der Mehrzahl der Fälle eine Bearbeitungszeit von höchstens einigen Stunden erfordern: innert Tagen;

b.

über Gesuche, die in der Mehrzahl der Fälle eine Bearbeitungszeit von höchstens einigen Tagen erfordern: innert Wochen;

c.

über Gesuche, die voraussichtlich eine Bearbeitungszeit von mehr als einer Woche erfordern: innert eines Zeitraums, welcher der gesuchstellenden Person möglichst umgehend, spätestens jedoch nach drei Monaten, mitzuteilen ist.

2

Gegebenheiten, die sich aus dem Gegenstand des Gesuches ergeben, wie z. B.

Verderblichkeit der Ware, Bindung der Projektausführung an klimatische Voraussetzungen oder Vegetationsperioden, sind bei der Gesuchsbehandlung in jedem Fall zu berücksichtigen.

3

Die Behörde gibt die Ordnungsfristen für die von ihr durchgeführten Verfahren in geeigneter Weise bekannt.

4

Wird eine Ordnungsfrist nach Absatz 1 nicht eingehalten, so kann die gesuchstellende Person von der Behörde verlangen, dass sie die Überschreitung der Frist schriftlich begründet und ihr mitteilt, bis wann der Entscheid voraussichtlich zu erwarten ist. Dies gilt nicht, solange die gesuchstellende Person einer Aufforderung, die Gesuchsunterlagen zu vervollständigen, nicht nachgekommen ist.

Art. 4

Einholen von Stellungnahmen Dritter

1

Sind vor dem Entscheid über ein Gesuch Stellungnahmen Dritter einzuholen, so ist diesen für die Ausarbeitung ihrer Stellungnahme eine angemessene Frist zu setzen.

Diese Fristen treten zu den Behandlungsfristen nach Artikel 3 Absatz 1 hinzu.

2

Lässt eine zur Stellungnahme eingeladene Behörde die gesetzte Frist ohne Fristverlängerungsgesuch verstreichen und nutzt sie auch eine Nachfrist nicht, so entscheidet die zuständige Behörde ohne Vorliegen dieser Stellungnahme, falls ihr der Sachverhalt auch ohne diese Stellungnahme als hinreichend abgeklärt erscheint und die Zustimmung der andern Behörde nicht von Gesetzes wegen erforderlich ist.

3

Lässt eine zur Stellungnahme eingeladene Privatperson die gesetzte Frist verstreichen, so fordert die Behörde sie mit eingeschriebenem Brief auf, ihre Stellungnahme umgehend einzureichen, auf eine Stellungnahme förmlich zu verzichten oder ein Fristverlängerungsgesuch zu stellen. Unterbleibt innert einer Woche eine Antwort, so entscheidet die Behörde ohne Vorliegen dieser Stellungnahme.

1042

Ordnungsfristen für die Behandlung von Gesuchen in erstinstanzlichen wirtschaftsrechtlichen Verfahren

Art. 5

AS 1999

Übergangsbestimmung betreffend Ausländer-Bewilligungen

1

Der Eingang eines Gesuches, das sich auf das Bundesgesetz vom 26. März 193110 über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (ANAG) stützt, muss der gesuchstellenden Person nicht nach Artikel 2 Absatz 2 bestätigt werden.

2

Kann über ein derartiges Gesuch nicht innert der Ordnungsfristen nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe b entschieden werden, so bestätigt die Behörde der gesuchstellenden Person nachträglich den Eingang des Gesuches und teilt ihr mit, wann sie voraussichtlich über das Gesuch entscheiden wird.

3 Diese Bestimmung tritt zwei Jahre nach Inkrafttreten eines neuen Ausländergesetzes, spätestens aber am 31. Dezember 2004, ausser Kraft.

Art. 6

Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am 1. Januar 2000 in Kraft. Sie findet auf alle Gesuche Anwendung, die nach diesem Stichtag neu eingereicht werden.

17. November 1999

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates

10658

Die Bundespräsidentin: Ruth Dreifuss Der Bundeskanzler: François Couchepin

10

SR 142.20

1043