15.044 Botschaft zur Änderung des Obligationenrechts (Schutz vor missbräuchlichen Mietzinsen) vom 27. Mai 2015

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf einer Änderung des Miet- und Pachtrechts im Obligationenrecht.

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

27. Mai 2015

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Simonetta Sommaruga Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

2015-0712

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Übersicht Die vorgeschlagene Änderung des Miet- und Pachtrechts bezweckt mehr Transparenz und damit eine preisdämpfende Wirkung auf dem Mietwohnungsmarkt. Bei einem Mieterwechsel sollen neu in jedem Fall und in der ganzen Schweiz mittels Formular der bisherige Mietzins bekanntgegeben und eine allfällige Mietzinserhöhung begründet werden. Weitere Anpassungen im Interesse der Ausgewogenheit der Vorlage betreffen die Verwendung der mechanischen Unterschrift (Faksimile-Unterschrift) bei Änderungsmitteilungen sowie die einfache Schriftlichkeit bei Anpassungen von gestaffelten Mietzinsen. Weiter sollen alle mietrechtlichen Formulare neu durch den Bund erlassen oder genehmigt werden.

Ausgangslage Das heutige Mietrecht als Teil des Obligationenrechts (OR) ist am 1. Juli 1990 in Kraft getreten. Es stützt sich auf Artikel 109 der Bundesverfassung, der vorsieht, dass der Bund Vorschriften gegen Missbräuche im Mietwesen, namentlich gegen missbräuchliche Mietzinse, erlässt. In Umsetzung dieses Verfassungsauftrages hat der Gesetzgeber verschiedene Regeln zum Schutz vor missbräuchlichen Mietzinsen festgelegt: Gemäss Artikel 270 Absatz 1 OR kann der Mieter den Anfangsmietzins innert 30 Tagen nach Übernahme der Sache anfechten und dessen Herabsetzung verlangen, wenn er sich aufgrund einer Notlage oder wegen der örtlichen Marktverhältnisse zum Vertragsabschluss gezwungen sah oder wenn der Vermieter den Anfangsmietzins gegenüber dem früheren Mietzins für dieselbe Sache erheblich erhöht hat. Gemäss Artikel 270 Absatz 2 OR können die Kantone im Falle von Wohnungsmangel für ihr Gebiet oder einen Teil davon festlegen, dass beim Abschluss eines neuen Mietvertrages der vorherige Mietzins mittels einem Formular mitzuteilen ist. Gestützt auf diese Bestimmung haben die Kantone Nidwalden, Zug, Freiburg, Waadt, Neuenburg, Genf und Zürich die Formularpflicht für den Abschluss eines neuen Mietvertrages eingeführt.

Am 15. Mai 2013 hat der Bundesrat eine Aussprache zur Lage auf dem Wohnungsmarkt geführt. Dabei kam er zum Schluss, dass er sich durch verschiedene Massnahmen verstärkt für die Erhaltung von preisgünstigem Wohnraum einsetzen will, ohne dabei in die Preisbildung auf dem Wohnungsmarkt einzugreifen. Er sprach sich jedoch für mehr Transparenz auf dem Mietwohnungsmarkt aus, wodurch eine preisdämpfende Wirkung zu erwarten
sei, ohne dass die materiellen Rechte der Vermieterinnen und Vermieter tangiert werden.

Inhalt der Vorlage Hauptpunkt der Gesetzgebungsvorlage ist die unabhängig vom Vorliegen eines Wohnungsmangels in der ganzen Schweiz bestehende Pflicht, bei einem Mieterwechsel den bisherigen Mietzins mittels Formular bekannt zu geben und allfällige Mietzinserhöhungen zu begründen.

Wie nach geltendem Recht soll die Pflicht zur Mitteilung des Vormietzinses sowie zur Begründung einer allfälligen Mietzinserhöhung mittels Formular nur bei Wohn-

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räumen sowie bei gemischten Verträgen, die sowohl eine Wohn- als auch eine Geschäftsnutzung umfassen, gelten. Die Verwendung des Formulars ist auch bei nichtlandwirtschaftlichen Pachtverträgen vorgeschrieben. Im Unterschied zum geltenden Recht wird im Interesse einer administrativen Vereinfachung auf das Kriterium des Wohnungsmangels als Voraussetzung für die Geltung der Formularpflicht verzichtet.

Davon ausgehend, dass die Informationspflicht der Transparenz dienen und ihre preisdämpfende Wirkung vor allem präventiv entfalten soll, ist das Formular anders als gemäss heutiger Rechtspraxis bereits vor Abschluss des Mietvertrages abzugeben. Dadurch verfügen Mietinteressentinnen und -interessenten über Informationen, die für den Entscheid betreffend den Abschluss des Mietvertrages massgebend sein können. Die Nichtverwendung, die verspätete Abgabe des Formulars sowie Formfehler führen wie nach heutiger Rechtspraxis zu einer Teilnichtigkeit in Bezug auf die Mietzinsfestsetzung. Dies hat zur Folge, dass bei einer Anfechtung gegebenenfalls das Gericht den Anfangsmietzins zu bestimmen hat.

Mit der geografischen Ausdehnung der Formularpflicht auf die ganze Schweiz wird die Übertragung der Zuständigkeit für das mietrechtliche Formularwesen verbunden. Aus Gründen der Rechtssicherheit und der administrativen Vereinfachung erscheint es angezeigt, dass die Formulare für die Mitteilung des Vormietzinses oder von Mietzinserhöhungen sowie für die Kündigung von Mietverhältnissen künftig nicht mehr durch die Kantone, sondern durch den Bund zur Verfügung gestellt beziehungsweise genehmigt werden.

Im Interesse der Ausgewogenheit der Vorlage sind weitere Mietrechtsanpassungen vorgesehen, die sich eher zugunsten der Vermieterinnen und Vermieter auswirken: Als Unterschrift bei Mietzinserhöhungen und bei Anpassungen von Akontobeträgen für Nebenkosten ist auch eine mechanische Nachbildung (Faksimile-Unterschrift) möglich und bei gestaffelten Mietzinsen genügt für Mitteilungen von Mietzinserhöhungen die schriftliche Form. Die Bestimmung, wonach Mietzinserhöhungen wegen wertvermehrender oder energetischer Verbesserungen neu frühestens nach Ablauf eines Jahres seit Beginn des Mietverhältnisses wirksam werden können, wenn sie nicht vor Vertragsabschluss schriftlich angekündigt worden sind, ist für die Mieterseite von Vorteil.

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Botschaft 1

Grundzüge der Vorlage

1.1

Ausgangslage

Gemäss dem heute geltenden Artikel 270 Absatz 2 des Obligationenrechts1 (OR) können die Kantone vorsehen, dass im Fall von Wohnungsmangel beim Abschluss eines neuen Mietvertrages in ihrem Gebiet oder in einem Teil davon der vorherige Mietzins mittels eines Formulars mitzuteilen sei. Die Kantone Nidwalden, Zug, Freiburg, Waadt, Neuenburg, Genf und Zürich haben gestützt auf diese Bestimmung eine entsprechende Formularpflicht eingeführt. Gemäss Rechtsprechung des Bundesgerichts2 ist das Formular mit der Angabe des Vormietzinses und der Begründung einer allfälligen Erhöhung der Mieterschaft spätestens beim Bezug der Räumlichkeiten, in der Regel also bei der Übergabe der Schlüssel, auszuhändigen. Erfolgt dies erst in einem späteren Zeitpunkt, aber innerhalb von 30 Tagen nach dem Bezug der Mietsache, beginnt die Frist zur allfälligen Anfechtung des Anfangsmietzinses entsprechend später zu laufen. Wird das Formular trotz Formularpflicht nicht verwendet, weist es Formfehler auf oder wird es der Mieterschaft erst nach Ablauf der erwähnten Frist von 30 Tagen ausgehändigt, so ist der abgeschlossene Mietvertrag, was den Mietzins anbetrifft, teilweise nichtig. Dies hat zur Folge, dass der anwendbare Mietzins bei einer Anfechtung des Anfangsmietzinses oder im Falle einer späteren Anfechtung durch das Gericht zu bestimmen ist. Die durch Artikel 270 Absatz 1 OR statuierte Möglichkeit, unter bestimmten Voraussetzungen den Anfangsmietzins anzufechten, sowie die in einzelnen Kantonen bestehende Formularpflicht sollen direkt und aufgrund der entfalteten Präventivwirkung indirekt zur Vermeidung missbräuchlicher Mietzinse beitragen.

Die Lage auf dem Wohnungsmarkt hat sich in den letzten Jahren aufgrund einer hohen Nachfrage in verschiedenen Regionen verschärft. In der Folge sind unter anderem die Leerwohnungsziffern regional tief und die Mietzinse für neu angebotene Wohnungen stiegen stark.

Am 15. Mai 2013 führte der Bundesrat eine Aussprache über die Situation auf dem Wohnungsmarkt und prüfte dabei verschiedene Massnahmen im Hinblick auf die Bereitstellung und Erhaltung preisgünstiger Wohnungen. Unter anderem sprach er sich für mehr Transparenz auf dem Mietwohnungsmarkt aus und erteilte dem Eidgenössischen Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) den Auftrag zu prüfen, ob in der ganzen Schweiz bei
jedem Abschluss eines Mietvertrages der vorherige Mietzins standardmässig mittels Formular mitgeteilt werden solle. Zudem beschloss der Bundesrat, einen wohnungspolitischen Dialog mit Kantonen und Städten über mögliche Massnahmen für den Wohnungsmarkt und deren Koordination und über die rechtlichen Rahmenbedingungen des Wohnungsbaus zu führen.

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SR 220 BGE 121 III 56

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Entwicklung der Angebotsmieten: Index seit 1996

Quelle: Wüest & Partner

Am 15. Januar 2014 nahm der Bundesrat die Zwischenergebnisse des unter der Leitung des Bundesamts für Wohnungswesen (BWO) geführten wohnungspolitischen Dialogs zur Kenntnis. Gestützt auf die durch die Dialoggruppe abgegebenen Empfehlungen und aufgrund der Ergebnisse des Prüfberichts des WBF zur Formularpflicht sprach sich der Bundesrat im Grundsatz erneut für eine Revision des Mietrechts zur Erhöhung der Transparenz auf dem Mietwohnungsmarkt aus und erteilte den Auftrag zur Ausarbeitung einer entsprechenden Vernehmlassungsvorlage. Dabei sollten im Interesse der Ausgewogenheit der Vorlage weitere Mietrechtsanpassungen einbezogen werden.

1.2

Die beantragte Neuregelung

1.2.1

Generelle Formularpflicht bei Abschluss von neuen Mietverträgen

Hauptpunkt der Gesetzgebungsvorlage ist die geografische Ausweitung der Formularpflicht. Dadurch wird es in der ganzen Schweiz obligatorisch, beim Abschluss eines neuen Mietvertrags ein Formular zu verwenden. Aufgrund der Formularpflicht ist die vermietende Partei verpflichtet, den Mietzins und den im vorherigen Mietverhältnis geltenden Mietzins anzugeben sowie eine allfällige im Vergleich zum vorangehenden Vertragsverhältnis erfolgte Erhöhung des Mietzinses für dasselbe Objekt zu begründen. Mit dem Formular ist ebenfalls die bisherige und die neue Belastung der Mieterin oder des Mieters mit Nebenkosten anzugeben (Art. 19 Abs. 3 i. V. m.

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Abs. 1 Bst. a Ziff. 1 und 2 der Verordnung vom 9. Mai 19903 über die Miete und Pacht von Wohn- und Geschäftsräumen [VMWG]). Durch die Verwendung des Formulars wird die Mieterschaft zudem über die Möglichkeit und das Verfahren zur Anfechtung des Anfangsmietzinses informiert (Art. 19 Abs. 3 i. V. m. Abs. 1 Bst. c VMWG).

Verzicht auf das Kriterium des Wohnungsmangels Im Zusammenhang mit der geografischen Ausweitung der Formularpflicht stellt sich unter anderem die Frage, ob die Verwendung des Formulars generell in der ganzen Schweiz oder in Anlehnung an das bisherige Recht nur in denjenigen Gebieten obligatorisch sein soll, in denen ein Wohnungsmangel besteht. Mit dem vorliegenden Gesetzesentwurf wird eine unabhängig vom lokalen Wohnungsmarkt für die ganze Schweiz einheitlich geltende bundesrechtliche Regelung angestrebt. Auf das Kriterium des Wohnungsmangels gemäss geltendem Artikel 270 Absatz 2 OR wird demnach verzichtet.

Geltung nur für Wohnräume Nach dem geltenden Wortlaut von Artikel 270 Absatz 2 OR und der Rechtsprechung des Bundesgerichts4 gelten die Pflicht zur Mitteilung des Vormietzinses sowie die Pflicht zur Begründung einer allfälligen Mietzinserhöhung mittels Formular grundsätzlich nur bei Wohnräumen. Die Formularpflicht gilt zudem bei gemischten Verträgen, die sowohl eine Wohn- als auch eine Geschäftsnutzung umfassen, nicht aber für die reine Geschäftsraummiete. An diesem Grundsatz wird durch den vorliegenden Gesetzesentwurf nichts geändert.

Nichtlandwirtschaftliche Pachtverträge Aufgrund von Artikel 253b Absatz 1 OR gelten die Bestimmungen über den Schutz vor missbräuchlichen Mietzinsen sinngemäss auch für nichtlandwirtschaftliche Pachtverträge. Infolgedessen gilt die Pflicht zur Verwendung des Formulars auch für die Mitteilung des Vorpachtzinses und die Begründung einer allfälligen Pachtzinserhöhung. Voraussetzung ist auch hier eine Wohnnutzung.

Zeitpunkt der Mitteilung Mit der unterbreiteten Änderung wird festgelegt, dass das Formular anders als gemäss heutiger Rechtspraxis bereits vor Abschluss des Mietvertrages abgegeben werden muss.

Rechtsfolgen Formfehler wie die Nichtverwendung, die verspätete Abgabe des Formulars oder die fehlende Begründung haben Rechtsfolgen. Die bereits heute geltende Rechtspraxis erscheint dabei sachgerecht: Der abgeschlossene Mietvertrag ist, was den Mietzins anbetrifft, teilweise nichtig, was zur Folge hat, dass der anwendbare Mietzins bei einer Anfechtung gegebenenfalls durch das Gericht zu bestimmen ist5.

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SR 221.213.11 BGE 117 Ia 331 ff.

BGE 120 II 341

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Neben der Feststellung der Teilnichtigkeit und der Festlegung des Mietzinses kann die Mieterschaft die Rückerstattung von allfällig zu viel bezahlten Mietzinsbeträgen verlangen. Dabei gelangen gemäss Rechtsprechung6 die im Zusammenhang mit der ungerechtfertigten Bereicherung geltenden Verjährungsregeln zur Anwendung: Gemäss Artikel 67 Absatz 1 OR verjährt der Bereicherungsanspruch mit Ablauf eines Jahres, nachdem der Verletzte von seinem Anspruch Kenntnis erhalten hat, in jedem Fall aber mit Ablauf von zehn Jahren seit Entstehung des Anspruchs. Gemäss Botschaft vom 29. November 20137 zur Änderung des Obligationenrechts (Verjährungsrecht) soll die relative Verjährungsfrist gemäss Artikel 67 Absatz 1 OR von einem Jahr auf drei Jahre verlängert werden.

Es ist zwischen der Formularpflicht und der Möglichkeit der Anfechtung des Anfangsmietzinses zu unterscheiden. Mit dem Formular muss über dieses Anfechtungsrecht informiert werden. Die Tatsache, dass eine Formularpflicht besteht, bedeutet aber nicht, dass erleichtert angefochten werden kann.

1.2.2

Zuständigkeit für das Formularwesen

Nach geltendem Recht liegt die Zuständigkeit für die mietrechtlichen Formulare bei den Kantonen. Gemäss Artikel 266l Absatz 2 OR sowie Artikel 298 Absatz 2 OR müssen Vermieter beziehungsweise Verpächter mit einem Formular kündigen, das vom Kanton genehmigt ist. Und nach Artikel 269d Absatz 1 OR müssen Mietzinserhöhungen mit einem vom Kanton genehmigten Formular mitgeteilt werden. Mit der beantragten Neuregelung wird vorgeschlagen, dass die Zuständigkeit für das Formularwesen neu auf den Bund übertragen wird. Die Formulare müssen durch das BWO erstellt oder genehmigt worden sein.

Aus Gründen der Rechtssicherheit und angesichts der Entwicklungen im Bereich der elektronischen Datenverarbeitung erscheint es naheliegend, dass über das Internet einheitliche Formulare für die Mitteilung des Vormietzinses oder von Mietzinserhöhungen und für die Kündigung von Mietverhältnissen zur Verfügung gestellt werden. Neben den vom Bund erstellten Formularen ist jedoch weiterhin eine Genehmigung eines Formulars möglich, sodass Vermieterinnen und Vermieter mit entsprechenden Präferenzen nach wie vor diesen Weg wählen können.

1.2.3

Weitere Mietrechtsanpassungen

Der Bundesrat hat am 15. Januar 2014 beschlossen, weitere Änderungen einzubeziehen, damit die Vorlage dem Grundsatz der Ausgewogenheit der Interessen von Mieter- und Vermieterseite gerecht wird. Hintergrund dieser Zielsetzung ist die Überlegung, dass die Ausdehnung der Formularpflicht auf die ganze Schweiz sich in erster Linie zugunsten der Mieterseite auswirkt, da für alle neu abgeschlossenen Mietverträge Transparenz in Bezug auf den Vormietzins und die Begründung einer allfälligen Erhöhung resultiert. Die damit verknüpfte Übertragung der Zuständigkeit für das Formularwesen auf den Bund dürfte zwar überwiegend im Interesse der

6 7

Urteil (des Bundesgerichts) 4A_168/2014 vom 30. Oktober 2014 BBl 2014 235

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Vermieterseite liegen (vgl. Ziff. 3.1), führt aber für sich alleine noch nicht zu einem Ausgleich der Interessen innerhalb der Gesetzesvorlage.

Um dem Anspruch auf Ausgewogenheit gerecht zu werden, erfolgen deshalb zwei weitere Mietrechtsanpassungen, die eher eine Verbesserung zugunsten der Vermieterseite darstellen. Komplettiert wird die Vorlage mit einer weiteren neuen Bestimmung, die sich eher zugunsten der Mieterseite auswirkt.

Faksimile-Unterschrift Gemäss Artikel 269d Absatz 5 des Gesetzesentwurfes ist als Unterschrift bei Mietzinserhöhungen und bei Anpassungen von Akontobeträgen für Nebenkosten auch eine mechanische Nachbildung der Unterschrift (Faksimile-Unterschrift) möglich.

Schriftliche Form der Mietzinserhöhung bei der Staffelmiete Der neue Absatz 6 zu Artikel 269d des Gesetzesentwurfes sieht vor, dass für die Mitteilung von Mietzinserhöhungen, die in einer Vereinbarung über gestaffelte Mietzinse vorgesehen sind, die schriftliche Form genügt. Es muss demnach kein Formular verwendet werden.

Karenzfrist für Mietzinserhöhungen wegen wertvermehrender oder energetischer Verbesserungen Artikel 269d Absatz 2 des Gesetzesentwurfes sieht vor, dass Mietzinserhöhungen wegen wertvermehrender oder energetischer Verbesserungen frühestens nach Ablauf eines Jahres seit Beginn des Mietverhältnisses wirksam werden können, wenn sie nicht vor Vertragsabschluss schriftlich angekündigt worden sind.

1.2.4

Übergangsbestimmungen

Es ist eine Übergangsfrist von zwei Jahren vorgesehen, während der bereits bewilligte Formulare weiterhin verwendet werden können. Neue Formulare sind dagegen schon während der Übergangsfrist beim BWO und nicht mehr bei den kantonalen Behörden genehmigen zu lassen. Mit einer weiteren Übergangsbestimmung wird festgelegt, dass Artikel 269d Absatz 2 OR nicht für Mietverträge gilt, die vor dem Inkrafttreten der Rechtsänderung abgeschlossen wurden.

1.3

Begründung und Bewertung der vorgeschlagenen Lösung

1.3.1

Hauptpunkt der Vorlage: Generelle Formularpflicht

Mit der Ausweitung der Formularpflicht wird die Rechtssicherheit verbessert.

Bereits vor Abschluss des Mietvertrages wird Transparenz hergestellt, sodass sich die Mieterinnen und Mieter im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses über die einer Mietzinsanpassung zugrunde liegenden Faktoren im Klaren sind. Dies fördert die Akzeptanz und kann zur Vermeidung von Streitigkeiten beitragen. Umgekehrt kann die Regelung in einem Teil der Fälle dazu führen, dass Mietverträge, die Konfliktpotential bergen, gar nicht abgeschlossen werden. Dadurch ist das Risiko einer Anfechtung kleiner, was letztlich ebenfalls im Interesse der Vermieterschaft liegt. In diesem 4094

Zusammenhang kann auch auf die Bestimmungen über den Konsumentenschutz hingewiesen werden, die vergleichbare Orientierungs- und Informationspflichten des Anbieters vorsehen, so beispielsweise für Haustürgeschäfte und ähnliche Verträge (Art. 40d OR) oder für Pauschalreisen (Art. 4 des Bundesgesetzes vom 18. Juni 19938 über Pauschalreisen).

Im Rahmen des vom 28. Mai bis 30. September 2014 durchgeführten Vernehmlassungsverfahrens9 sind zu diesem zentralen Punkt der Revision je etwa gleich viele zustimmende und ablehnende Stellungnahmen eingegangen. Damit hat sich die Erfahrung bestätigt, dass im Bereich des Mietrechts die Meinungen weit auseinandergehen. Dennoch ist festzustellen, dass sich mit nur zwei Ausnahmen alle politische Parteien und neben den Mieter- auch zwei Vermieterorganisationen für die Ausdehnung der Formularpflicht aussprechen. Von der Seite der Befürwortenden wurden vor allem die Transparenz, die preisdämpfende Wirkung sowie die Geringfügigkeit des Eingriffs hervorgehoben. Die ablehnenden Stimmen wurden dagegen insbesondere durch den Hinweis auf die Vertragsfreiheit, auf zusätzlichen administrativen Aufwand für die Vermietenden oder auf die zu erwartende Zunahme von Streitfällen begründet. Weiter wurde geltend gemacht, dass sich die Formularpflicht negativ auf die Investitionstätigkeit im Wohnungsmarkt auswirken werde und dass die Bestimmung unnötig sei, da Mietende bereits nach geltendem Recht einen Anspruch auf Bekanntgabe des Vormietzinses haben und sich zudem über andere Kanäle, so beispielsweise das Internet, über die ortsüblichen Mietzinse informieren können.

Es ist zutreffend, dass Mieterinnen und Mieter gestützt auf Artikel 256a Absatz 2 OR die Mitteilung des Mietzinses des vorangegangenen Mietverhältnisses verlangen können. Die entsprechende Auskunftspflicht der vermietenden Partei besteht jedoch erst nach Vertragsschluss und nur auf Verlangen der Mieterin oder des Mieters.

Zudem ist an die Verletzung dieser Pflicht keine Rechtsfolge geknüpft, sodass der Informationsanspruch nur schwer durchgesetzt werden kann. Die in Artikel 256a Absatz 2 OR enthaltene Regelung ist nicht dazu geeignet, die angestrebte Transparenzwirkung zu erzielen und bildet daher keinen stichhaltigen Einwand gegen die vorgeschlagene Bestimmung zur Formularpflicht.

Auch die Möglichkeit, sich über Inserate
in der Presse oder im Internet ein Bild des ortsüblichen Mietzinsniveaus zu verschaffen, vermag die über das Formular zugänglichen Informationen nicht zu ersetzen. Bei den veröffentlichten Vermietungsofferten handelt es sich um Angebotsmieten, die in der Regel über dem Niveau der Bestandesmieten und oft auch über demjenigen der tatsächlich neu abgeschlossenen Mieten liegen. Insbesondere aber fehlt dabei die Angabe der Höhe des Vormietzinses für das zur Diskussion stehende Mietobjekt, der im Hinblick auf die Einschätzung einer möglichen Missbräuchlichkeit grosse Bedeutung zukommt.

Zum Argument der nachteiligen Auswirkungen für den Mietwohnungsmarkt ist festzuhalten, dass die Formularpflicht keinen direkten Eingriff in die Preisbildung darstellt. Die Regeln zur Möglichkeit der Anfechtung des Anfangsmietzinses bleiben ebenso unverändert wie die materiell-rechtlichen Bestimmungen über die Missbräuchlichkeit eines Mietzinses. Die mit der Revision angestrebte preisdämpfende Wirkung wird dadurch erzielt, dass in Einzelfällen zu hoch bemessene Mietzinse im 8 9

SR 944.3 www.admin.ch > Bundesrecht > Vernehmlassungen > Abgeschlossene Vernehmlassungen > [2014] > WBF

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Rahmen eines Anfechtungsverfahrens auf einen nicht missbräuchlichen Wert reduziert werden können. Damit verbunden ist eine präventive Wirkung: Da eine allfällige Mietzinserhöhung begründet werden muss, ist davon auszugehen, dass Vermieterinnen und Vermieter bei der Festlegung des Mietzinses tendenziell zurückhaltender sein werden. Jedoch bleiben sie im Rahmen der unverändert geltenden Missbrauchsgrenzen weiterhin frei bei der Mietzinsgestaltung. Der unabhängig vom Bestehen einer Formularpflicht zulässige, nicht missbräuchliche Mietzins führt nach Meinung des Bundesrats zu einem angemessenen Ertrag. Die gemäss der Rechtsprechung des Bundesgerichts zulässige Bruttorendite liegt bei den für Wohnbauinvestitionen massgebenden neueren Bauten derzeit im Bereich von 4 Prozent. Dieser Wert ist nicht zuletzt auch gemessen an den Renditen bestehender Anlagealternativen attraktiv. Dies zeigt sich unter anderem daran, dass auch in den Kantonen, in denen die Formularpflicht schon heute gilt, eine rege Wohnbautätigkeit zu verzeichnen ist.

Die Ausweitung der Formularpflicht hat keinen Einfluss auf die Voraussetzungen für die Anfechtung des Anfangsmietzinses. Auch bleiben sowohl die Verfahrensbestimmungen als auch die materiellen Beurteilungsregeln unverändert. Daher werden die im Rahmen der Vernehmlassung thematisierten Prinzipien der Vertragsfreiheit und der Vertragstreue («pacta sunt servanda») durch die Gesetzesvorlage nicht berührt. Soweit die bereits geltenden Regeln des Mietrechts diese Prinzipien tangieren, stützen sie sich auf Artikel 109 Absatz 1 der Bundesverfassung10 (BV) und entsprechen damit dem Verfassungsauftrag zum Erlass von Vorschriften gegen Missbräuche im Mietwesen, namentlich gegen missbräuchliche Mietzinse.

Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass die Pflicht zur Verwendung des Formulars vor Abschluss eines neuen Mietvertrages einen administrativen Aufwand für die vermietende Partei darstellt. Jedoch ergibt sich nur in denjenigen Kantonen ein Mehraufwand, in denen die Formularpflicht bisher noch nicht gegolten hat. Auch in diesen Kantonen sind die Vermieterinnen und Vermieter mit dem Umgang mit einem mietrechtlichen Formular bereits vertraut, ist ein solches doch bei Mietzinserhöhungen und anderen Vertragsänderungen sowie im Falle einer Kündigung zu verwenden. Es kommt hinzu, dass die
Übertragung der Zuständigkeit zur Erstellung und Genehmigung der Formulare auf den Bund zu einer Entlastung führen wird, sodass sich die Vor- und Nachteile im administrativen Bereich insgesamt die Waage halten.

In der Schweiz werden für Wohnräume jährlich geschätzte 350 000 Mietverträge abgeschlossen. Die Schlichtungsbehörden in Mietsachen erledigten im Jahr 2014 in der ganzen Schweiz gut 800 Verfahren, die eine Anfechtung des Anfangsmietzinses von Wohn- und Geschäftsräumen zum Gegenstand hatten11. Gemessen an der Anzahl der Abschlüsse entspricht dies einem Anteil von rund zwei Anfechtungsfällen pro 1000 Mietverträge. Gleichzeitig entspricht diese Zahl einem ebenfalls tiefen Anteil von nur rund 2,5 Prozent aller durchgeführten Schlichtungsverfahren. Alle anderen in der Statistik der Tätigkeit der Schlichtungsbehörden aufgeführten Kategorien (Mietzinserhöhung, Mietzinssenkung, Nebenkosten, ordentliche Kündigung, ausserordentliche Kündigung, Erstreckung, Forderung auf Zahlung, Mängel an der Mietsache sowie andere Gründe der Anrufung) weisen deutlich höhere Fallzahlen auf. So wurden beispielsweise im Bereich der Mietzinserhöhungen mehr als 1800 10 11

SR 101 www.bwo.admin.ch > Themen > Mietrecht > Schlichtungsbehörden

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und im Bereich der Mietzinssenkungen rund 2400 Verfahren durchgeführt. Am meisten Schlichtungsverfahren gab es 2014 im Bereich der ordentlichen Kündigungen mit einer Gesamtzahl von über 4500.

Auch führt die Formularpflicht nicht notwendigerweise zu einer Zunahme bei den Anfechtungen. So gab es 2014 im Kanton Zug nur einen einzigen und im Kanton Nidwalden gar keinen den Anfangsmietzins betreffenden Anfechtungsfall. Dies obwohl in beiden Kantonen bereits heute die Formularpflicht gilt. Dagegen stieg im Kanton Zürich im Jahr 2014 ­ nach der 2013 erfolgten Wiedereinführung der Formularpflicht ­ die Zahl der erledigten Verfahren zum Anfangsmietzins auf 133. Vor der Wiedereinführung der Formularpflicht waren es 2012 noch 14 Fälle gewesen.

Wie bereits ausgeführt, ist jedoch davon auszugehen, dass die bereits vor Abschluss des Mietvertrages bestehende Transparenz zur Vermeidung von Streitfällen führen kann. Aus diesen Gründen ist trotz einer Ausweitung der Formularpflicht auf die ganze Schweiz davon auszugehen, dass Anfechtungen des Anfangsmietzinses weiterhin selten erfolgen werden. Auch ist zu erwarten, dass weiterhin die überwiegende Mehrheit der Schlichtungsverfahren durch eine Einigung oder in Form eines angenommenen Urteilsvorschlages erledigt werden können. Im Jahr 2014 war dies bei über drei Viertel aller Anfechtungen des Anfangsmietzinses der Fall.

1.3.2

Die Modalitäten der Formularpflicht

Die verfassungsmässige Aufgabe des Bundes, in der ganzen Schweiz gegen missbräuchliche Mietzinse vorzugehen, besteht unabhängig von einem Wohnungsmangel. Dieser stellt auch nicht das einzige den Mietzins beeinflussende Element dar.

Zudem kann ein Mangel auch einzelne Segmente wie beispielsweise Klein- oder Familienwohnungen betreffen, ohne durch eine den gesamten Wohnungsmarkt betreffende Kennziffer zum Ausdruck gebracht zu werden. Für die Geltung der Formularpflicht rechtfertigt es sich daher, auf das einschränkende Kriterium des Wohnungsmangels zu verzichten. Nicht zuletzt wird dadurch auch eine administrative Vereinfachung bewirkt und die Rechtssicherheit für alle Beteiligten erhöht.

Die Vorlage hat die Verbesserung der Transparenz auf dem Mietwohnungsmarkt zum Ziel. Vor diesem Hintergrund rechtfertigt es sich, den bisherigen Anwendungsbereich der Formularpflicht beizubehalten. Eine Ausdehnung auf reine Geschäftsräume erscheint nicht zweckmässig, zumal die Transparenzwirkung in vielen Fällen nicht erreicht werden kann oder unter dem Aspekt des Geschäftsgeheimnisses problematisch erscheint, weil der Mietzins in diesem Bereich bei entsprechender Vereinbarung vom Umsatz abhängig sein kann.

Die Informationspflicht soll eine preisdämpfende Wirkung vor allem auch präventiv entfalten, weshalb es sachgerecht erscheint, dass das Formular bereits vor Abschluss des Mietvertrages abgegeben werden muss. Nur wenn Mieterinnen und Mieter Kenntnis des Vormietzinses haben, verfügen sie über Informationen, die für den Entscheid betreffend den Abschluss des Mietvertrages massgebend sein können.

Dies kann dazu beitragen, dass weniger Anfechtungen des Anfangsmietzinses erfolgen.

Durch die Übertragung der Zuständigkeit auf den Bund wird das Verfahren vereinfacht und die Praxis vereinheitlicht, was zu mehr Rechtssicherheit führt. Es ist zu erwarten, dass künftig in der Regel das vom Bund erstellte Formular verwendet wird 4097

und nur noch ausnahmsweise private Formulare zu genehmigen sind. Die überwiegende Zustimmung der Kantone im Vernehmlassungsverfahren ist vor allem auf die Verfahrensvereinfachung und -vereinheitlichung sowie die damit verbundene Entlastung der Kantone zurückzuführen. Die wenigen ablehnenden Stimmen werden damit begründet, dass sich die kantonale Zuständigkeit bewährt hat. Auch bei den Parteien und Organisationen überwiegt die Zustimmung. Kritische Stellungnahmen werden teilweise nicht weiter begründet und dürften grösstenteils mit der Ablehnung im Hauptpunkt in Zusammenhang stehen.

1.3.3

Weitere Mietrechtsanpassungen

Die vorgeschlagenen zusätzlichen Anpassungen (vgl. Ziff. 1.2.3) waren bereits Teil des Revisionsentwurfes, den der Bundesrat mit der Botschaft vom 12. Dezember 200812 zur Änderung des Obligationenrechts (Schutz vor missbräuchlichen Mietzinsen) dem Parlament unterbreitete. Sie waren im Gegensatz zur gesamten Revisionsvorlage damals allesamt nicht umstritten. Insbesondere entspricht die Möglichkeit der mechanischen Nachbildung der Unterschrift (Faksimile-Unterschrift) für Mietzinserhöhungen und Anpassungen von Akontobeträgen für Nebenkosten einem Anliegen, welches von der Vermieterseite wiederholt eingebracht wurde. Dadurch wird ein erheblicher Verwaltungsaufwand eingespart, ohne dass die Rechtsposition der Mieterschaft beeinträchtigt wird.

Hinsichtlich der Karenzfrist für Mietzinserhöhungen wegen wertvermehrender oder energetischer Verbesserungen überwiegt im Vernehmlassungsverfahren bei den Kantonen die Zustimmung deutlich. Nur zwei politische Parteien und auch nur ein Teil der Vermieterorganisationen sprechen sich gegen diese Änderung aus. Auf der anderen Seite wird von einzelnen Parteien und von Mieterorganisationen eine längerdauernde Karenzfrist von beispielsweise drei Jahren vorgeschlagen. Insgesamt kann die vorgeschlagene Regelung deshalb als angemessen betrachtet werden.

Die Faksimile-Unterschrift sowie die ebenfalls vorgeschlagene Anpassung, wonach für die Mitteilung von Mietzinserhöhungen bei gestaffelten Mietzinsen die schriftliche Form genügt, wurden im Vernehmlassungsverfahren mit deutlichen Mehrheiten begrüsst.

1.4

Abstimmung von Aufgaben und Finanzen

Die unterbreitete Gesetzesvorlage betrifft in erster Linie das Privatrecht und damit das Verhältnis zwischen privaten Marktakteuren. Auswirkungen auf die öffentlichen Finanzen hat dabei einzig die vorgesehene Verlagerung der Zuständigkeit für das Formularwesen von den Kantonen auf den Bund. Der Mehraufwand beim Bund steht dabei in einem günstigen Verhältnis zum Minderaufwand bei den Kantonen.

Die finanziellen Auswirkungen für den Bund dürften sich auf eine relativ kurze Phase vor und nach Inkrafttreten der Gesetzesänderung und damit auf einen Initialaufwand beschränken. Nebst Ausgaben für die technische Infrastruktur ist ein auf beschränkte Dauer befristeter Personalaufwand absehbar. Dieser kann durch amtsinterne Umlagerungen bewältigt werden. Die Bedeutung der Gesetzesänderung und 12

BBl 2009 347

4098

der dem Bund dadurch entstehende finanzielle Aufwand stehen damit in einem angemessenen Verhältnis zueinander.

1.5

Rechtsvergleich

In der Europäischen Union (EU) sind für die Regelung des Mietrechts die einzelnen Mitgliedstaaten zuständig. Die historisch gewachsene mietrechtliche Gesetzgebung ist jeweils sehr unterschiedlich ausgestaltet. Vergleiche sind zudem wegen der divergierenden Bedeutung des Mietwohnungsmarktes in den verschiedenen Staaten und des differenten Anteils der geförderten Wohnungen bzw. der realisierten Wohnbauförderungsmassnahmen schwierig.

Das bisher geltende deutsche Mietrecht enthält keine Pflicht der Vermieterschaft, die Mieterschaft oder die Mietinteressierten betreffend den Mietzins im vorangegangenen Mietverhältnis mit Dritten zu informieren. Der Entwurf zum Mietrechtsnovellierungsgesetz, der am 5. März 2015 vom deutschen Bundestag beschlossen wurde, sieht jedoch neu eine sogenannte «Mietpreisbremse» vor und enthält einen Auskunftsanspruch der Mieterschaft betreffend den Vormietzins. Auf das Verlangen der Mieterschaft hin soll die Vermieterschaft verpflichtet werden, Auskunft über diejenigen Tatsachen zu erteilen, welche für die Zulässigkeit der vereinbarten Miete relevant sind. Sämtliche Erklärungen haben schriftlich zu erfolgen. Bereits nach dem geltenden Mietrecht sind Informationspflichten der Vermieterschaft betreffend Erhaltungs- und Modernisierungsmassnahmen vorgesehen. Die Information über Modernisierungsmassnahmen hat mindestens drei Monate vor dem Beginn der Massnahme in Textform zu erfolgen. Neben anderen Punkten ist die Mieterschaft über eine geplante Mietzinserhöhung infolge der Modernisierungsmassnahmen und über künftige Betriebskosten zu informieren. Die Ankündigung von Erhaltungsmassnahmen hat rechtzeitig zu erfolgen.

In Österreich sind mehrere parallel anwendbare Modelle der Preisfindung im Mietrecht vorhanden, welche sich auf das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch (ABGB) und das Mietrechtsgesetz (MRG) stützen. Im Vollanwendungsbereich des MRG besteht eine Verpflichtung der Vermieterschaft, bis spätestens am 30. Juni jedes Jahres eine sogenannte Hauptmietzinsabrechnung betreffend das vergangene Kalenderjahr vorzulegen. Diese enthält eine Gegenüberstellung von Einnahmen und Ausgaben der Vermieterschaft. Eine spezifische Pflicht der Vermieterschaft, die Mieterschaft über die Höhe des vorherigen Mietzinses zu informieren, ist in den mietrechtlichen Gesetzen nicht vorgesehen. Sofern
jedoch das Modell des Richtwertsystems zur Anwendung kommt, hat die Vermieterschaft die Pflicht, die für einen Lagezuschlag massgebenden Umstände der Mieterschaft in Textform bis spätestens zum Zeitpunkt des Zustandekommens des Mietvertrags bekannt zu geben.

In Frankreich muss der Mietvertrag seit 2014 unter anderem den Mietzins sowie den Betrag und den Zahlungstermin des im vorherigen Mietverhältnis geschuldeten Mietzinses enthalten. Die erwähnte Information ist der Mieterschaft dann abzugeben, wenn die frühere Mieterin oder der frühere Mieter die Wohnung weniger als 18 Monate vor der Unterzeichnung des Vertrags verlassen hat. Bei Fehlen dieser Angaben kann nach Ermahnung der vermietenden Partei der Rechtsweg beschritten und Mietreduzierung verlangt werden. Für die Geltendmachung der fehlenden Informationen und die Mietzinsherabsetzung ist eine Frist von einem Monat nach Vertragsbeginn vorgesehen.

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Im italienischen Recht gilt eine gegenseitige Pflicht, die Gegenpartei während der Vertragsverhandlungen über alle mit Blick auf den Inhalt der Vereinbarung relevanten Umstände zu informieren. Eine explizite Verpflichtung, den Mietzins aus dem vorherigen Mietverhältnis bekannt zu geben, besteht dagegen nicht. Mietverträge mit einer Dauer von mehr als 30 Tagen müssen aber bei der zuständigen Behörde registriert werden.

1.6

Umsetzung

Die Ausweitung der Formularpflicht auf die ganze Schweiz und die Übertragung der Zuständigkeit für das Formularwesen auf den Bund erfordern kleine Anpassungen und Präzisierungen in der VMWG. Für die Umsetzung des Formularwesens auf Bundesebene ist das BWO zuständig, bei dem die Verantwortung für die Erstellung und Genehmigung der Formulare liegt. Die Kantone werden von dieser Aufgabe entlastet. In der Zeit vor der Inkraftsetzung der Gesetzesänderung wird sich eine Phase der parallelen Umsetzung ergeben. Im Rahmen des noch geltenden bisherigen Rechts werden die Kantone, soweit dies erforderlich ist, weiterhin für die Formulargenehmigung zuständig bleiben. Gleichzeitig wird das BWO die entsprechende Tätigkeit für die nach neuem Recht zu erteilenden Genehmigungen aufnehmen.

2

Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln

Art. 266l Abs. 2 Nach bisherigem Recht muss die Genehmigung des Formulars zur Mitteilung von Kündigungen in jedem Kanton einzeln eingeholt werden. Neu wird die Kompetenz für die Erstellung und Genehmigung des Formulars auf das BWO übertragen.

Dadurch wird das Verfahren vereinfacht und die Praxis vereinheitlicht. Im Übrigen bleibt die Bestimmung unverändert.

Art. 269d

Mietzinserhöhungen und andere einseitige Vertragsänderungen durch den Vermieter

Absatz 1 und 4: Für Mietzinserhöhungen und andere einseitige Vertragsänderungen wird die Kompetenz für die Erstellung oder Genehmigung des Formulars neu auf das BWO übertragen, um das Verfahren zu vereinfachen und die Praxis zu vereinheitlichen. Dies dient namentlich Vermieterinnen und Vermietern, die in mehreren Kantonen über Mietobjekte verfügen. Hinsichtlich der Begründungspflicht und der Informationen, die das Formular enthalten muss, bleibt die heutige Rechtslage unverändert.

Absatz 4 entspricht inhaltlich dem bisherigen Absatz 3, wobei aufgrund des neu eingefügten zweiten Absatzes der Geltungsverweis nicht mehr auf die Absätze 1 und 2, sondern auf die Absätze 1 und 3 erfolgt.

Absatz 2: Nach Artikel 269a Buchstabe b OR sind Mietzinse in der Regel nicht missbräuchlich, wenn sie durch Mehrleistungen des Vermieters begründet sind.

Gemäss Artikel 14 Absätze 1 und 2 VMWG gelten als Mehrleistungen Investitionen für wertvermehrende Verbesserungen, die Vergrösserung der Mietsache, zusätzliche 4100

Nebenleistungen sowie energetische Verbesserungen. Der neue Absatz 2 von Artikel 269d OR soll verhindern, dass die Mieterschaft bereits kurz nach Mietbeginn mit unerwarteten Mietzinserhöhungen infolge von baulichen Veränderungen konfrontiert wird. Die Sperrfrist gilt nicht bei anderen Mehrleistungen wie der Vergrösserung der Mietsache oder zusätzlichen Nebenleistungen.

Die Frist läuft ab Mietbeginn. Sie gilt allerdings nur, wenn die Vermieterschaft vor Vertragsabschluss der Mietpartei keine entsprechende Ankündigung zugehen liess.

Eine Mietzinserhöhung infolge wertvermehrender oder energetischer Verbesserungen ist demnach frühestens nach Ablauf eines Jahres nach Mietbeginn wirksam, sofern sie nicht vor Vertragsabschluss schriftlich (Art. 12 ff. OR) angekündigt wurde. Mit einer solchen Information, für die auch das Formular zur Mitteilung des Anfangsmietzinses verwendet werden kann, haben Vermieterinnen und Vermieter beispielsweise die Möglichkeit anzuzeigen, dass energetische Massnahmen geplant sind, die bereits nach kurzer Zeit eine Mietzinsanpassung zur Folge haben werden.

Dabei liegt es in der Natur der Sache, dass der Betrag der zukünftigen Mietzinserhöhung bis zum Vertragsabschluss in der Regel noch nicht beziffert werden kann.

Jedoch muss die vermietende Partei zumindest angeben, welche Arbeiten zu einer Mietzinserhöhung vor Ablauf eines Jahres seit Beginn des Mietverhältnisses führen sollen.

Zu Artikel 269d Absatz 1 des geltenden OR besteht eine Rechtsprechung betreffend die verspätete Zustellung der Vertragsänderungsmitteilung. Analog zu dieser Rechtsprechung hat auch eine vor Vertragsabschluss nicht angekündigte Mietzinserhöhung infolge von wertvermehrenden oder energetischen Verbesserungen, die auf einen Zeitpunkt vor Ablauf eines Jahres ab Mietbeginn mitgeteilt worden ist, keine Nichtigkeit zur Folge. Indessen entfaltet sie ihre Wirkungen gleich wie eine verspätete Ankündigung gemäss Absatz 1 erst auf den nächstmöglichen Kündigungstermin nach Ablauf eines Jahres ab Mietbeginn. Die Frist von 30 Tagen zur Anfechtung der Mietzinserhöhung gemäss Artikel 270b Absatz 1 OR gilt unverändert.

Absatz 3 entspricht dem bisherigen Absatz 2 von Artikel 269d OR.

Absatz 5: Diese Regelung gilt für Mitteilungen von Mietzinserhöhungen und Anpassungen von Akontobeträgen, nicht jedoch für andere
einseitige Vertragsänderungen.

Es handelt es sich um eine Ergänzung der allgemeinen Bestimmung von Artikel 14 Absatz 2 OR, welcher festhält, dass eine Nachbildung der eigenhändigen Schrift auf mechanischem Weg nur da als genügend anerkannt wird, wo deren Gebrauch im Verkehr üblich ist. Bei den Mitteilungen von Mietzinserhöhungen und Anpassungen von Akontobeträgen für Nebenkosten handelt es sich um Dokumente, deren Gebrauch im Verkehr üblich ist und die in grosser Anzahl versendet werden. Die Verwendung einer Faksimile-Unterschrift auf den entsprechenden Mitteilungen war bisher jedoch nicht verkehrsüblich. Mit dem neuen Absatz 5 von Artikel 269d OR wird nun eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage für die Faksimile-Unterschrift in einem genau definierten Bereich geschaffen.

Absatz 6: Da die Staffelung von den Parteien vertraglich vereinbart wird und eine solche Vereinbarung unter anderem auch den Erhöhungsbetrag in Franken und den dafür geltenden Zeitpunkt enthalten muss und daher der mietenden Partei bereits bekannt ist, bedarf es nicht zusätzlich einer Ankündigung mit einem Formular. Bei Mietzinserhöhungen aufgrund einer vereinbarten Staffelung soll daher künftig eine schriftliche Mitteilung (Art. 12 ff. OR) durch die Vermieterschaft genügen. Die

4101

mündliche Mitteilung einer in der Vereinbarung über gestaffelte Mietzinse vorgesehenen Mietzinserhöhung ist dagegen nichtig.

Die Mieterschaft kann gestaffelte Mietzinse gemäss Artikel 270d OR unter Vorbehalt der Anfechtung des Anfangsmietzinses grundsätzlich nicht anfechten. Das Schreiben der Vermieterschaft kann jedoch fehlerhaft sein. So kann eine Mietzinserhöhung angezeigt werden, welche nicht der vertraglich vereinbarten Staffelungsklausel entspricht. Weiter kann die Anpassung zu früh, zu spät oder auf einen falschen Termin hin angezeigt werden, sodass eine Anfechtung möglich sein muss.

Sofern die Mieterschaft in einem entsprechenden Fall nicht auf das Schreiben betreffend Mietzinsanpassung reagiert, kann ihr unter Umständen entgegengehalten werden, dass eine konsensuale Änderung des Mietvertrages und der Staffelungsklausel vorliegt13.

Art. 270 Abs. 2 Auch für die Mitteilung des Anfangsmietzinses und die Begründung einer allfälligen Mietzinserhöhung wird die Kompetenz für die Erstellung oder Genehmigung des Formulars neu auf das BWO als zuständige Verwaltungseinheit des Bundes übertragen.

Die Pflicht zur Verwendung dieses Formulars besteht nur im Zusammenhang mit dem Abschluss eines neuen Mietvertrages, also wenn eine Wohnung an eine neue Partei vermietet wird. Dies kann beispielsweise auch dann der Fall sein, wenn in Anwendung von Artikel 264 OR ein neuer Mieter (Ersatzmieter) vorgeschlagen wird. Nicht Gegenstand der Formularpflicht bilden Änderungsverträge, die eine geringfügige Anpassung eines zwischen den Parteien bereits bestehenden Vertragsverhältnisses zum Inhalt haben. In solchen Fällen muss je nach den konkreten Begleitumständen das Mietzinserhöhungsformular gemäss Artikel 269d OR dennoch verwendet werden, so zum Beispiel, wenn die mietende Partei ausnahmsweise keine Kenntnis von ihren Anfechtungsrechten hat. Bei der ersten Vermietung einer neu erstellten oder im Grundriss wesentlich veränderten Wohnung (beispielsweise hinsichtlich Anzahl der Wohnräume) fehlt es an einem im vorherigen Mietverhältnis geltenden vergleichbaren Mietzins. In diesen Fällen ist das Formular gemäss Artikel 270 OR ebenfalls zu verwenden, jedoch muss kein vorheriger Mietzins und infolgedessen auch keine Erhöhungsbegründung angegeben werden. Hier erfüllt das Formular nur den Zweck, die Mieterschaft über die
Möglichkeit sowie das Verfahren zur Anfechtung des Anfangsmietzinses zu informieren (Art. 19 Abs. 3 VMWG).

Erfolgt dagegen eine umfassende Sanierung ohne Grundrissänderung, so muss der vorherige Mietzins mitgeteilt und eine allfällige Mietzinserhöhung begründet werden.

Das Formular zur Bekanntgabe des vorherigen Mietzinses ist auch bei der Vereinbarung von indexierten Mietzinsen gemäss Artikel 269b OR und der Vereinbarung von gestaffelten Mietzinsen gemäss Artikel 269c OR zu verwenden14. Da die Artikel 270c OR betreffend die indexierten Mietzinse und 270d OR in Bezug auf die gestaffelten Mietzinse die Anfechtungsmöglichkeit eng definieren, kommt dem 13

14

Bezugnehmend auf das Formular: Weber Roger, N. 3 zu Art. 269c OR, in: Honsell/Vogt/Wiegand (Hrsg.), Basler Kommentar, Obligationenrecht I, Art. 1­529 OR, 5. Auflage, Basel 2011.

Higi Peter, Obligationenrecht, Teilband V 2b, Die Miete, Dritte Lieferung, Art. 269­270e OR, Zürich 1998, N. 64 zu Art. 269b OR und N. 49 zu Art. 269c OR.

4102

Formular zur Bekanntgabe des Vormietzinses und der Begründung einer allfälligen Erhöhung eine besondere Bedeutung zu. Als Vormietzins ist der Mietzins zu verstehen, der tatsächlich im Zeitpunkt, in welchem das bisherige Mietverhältnis beendet worden ist, geschuldet war. Bei indexierten und gestaffelten Mietzinsen ist die letzte vor der Beendigung des Mietverhältnisses erfolgte Anpassung massgebend15.

Die Einzelheiten zum Formularinhalt und die mit dem Formular mitzuteilenden Informationen werden heute durch den Bundesrat in der VMWG geregelt. In Artikel 19 Absatz 3 VMWG ist festgehalten, dass die für das Formular zur Mitteilung von Mietzinserhöhungen und anderen einseitigen Vertragsänderungen im Sinne von Artikel 269d OR geltenden Bestimmungen sinngemäss anzuwenden sind, wenn die Verwendung des Formulars vor dem Abschluss eines Mietvertrages obligatorisch ist. Aufgrund der vorgesehenen Bundeszuständigkeit für das Formularwesen wird Artikel 19 VMWG entsprechend anzupassen sein.

Das Formular muss vor Abschluss des Mietvertrages abgegeben werden. Um nachzuweisen, dass die Mitteilung mittels Formular rechtzeitig erfolgt ist, kann die vermietende Partei sich beispielsweise eine entsprechende schriftliche Bestätigung der Mieterin oder des Mieters geben lassen. Diese kann auf einem Doppel des Formulars angebracht werden, welches der Mieterschaft zusammen mit dem Vertragsentwurf unterbreitet wird.

Wird das Formular nicht verwendet, enthält es nicht alle obligatorischen oder unrichtige Angaben, weist es Formfehler auf oder wird es der Mieterschaft verspätet, also nicht vor Abschluss des Mietvertrages ausgehändigt, so ist der abgeschlossene Mietvertrag aufgrund des Verweises auf Artikel 269d OR sowie der geltenden Rechtspraxis teilweise nichtig, soweit er den Mietzins betrifft. Dies hat zur Folge, dass der massgebende Mietzins im Falle einer Anfechtung durch eine richterliche Instanz zu bestimmen ist.

Betreffend die Anfechtung des Anfangsmietzinses werden die bisherigen formellen Kriterien von Artikel 270 Absatz 1 Buchstaben a und b OR beibehalten. Eine Anfechtung des Anfangsmietzinses ist demnach möglich, wenn sich eine Mieterin oder ein Mieter wegen einer persönlichen oder familiären Notlage oder wegen der Verhältnisse auf dem örtlichen Markt für Wohn- und Geschäftsräume zum Vertragsabschluss gezwungen
sah oder wenn der Anfangsmietzins gegenüber dem früheren Mietzins erheblich erhöht wurde. In Bezug auf den Anfechtungsgrund der Verhältnisse auf dem örtlichen Wohnungsmarkt wird die Beweislage für die mietende Partei jedoch etwas erschwert: Aufgrund des Verzichts auf das Kriterium des Wohnungsmangels im neuen Artikel 270 Absatz 2 OR ist die Formularpflicht hierfür kein Beurteilungsmerkmal mehr. Für die Marktbeurteilung kann aber je nach konkreten Umständen des Einzelfalls auf die Leerwohnungsziffer abgestellt werden. Da diese von den zuständigen Behörden veröffentlicht wird und damit im zumutbaren Informationsbereich der betroffenen Mieterinnen und Mieter liegt, ergibt sich insgesamt keine einschneidende Veränderung.

Bei einer Mietzinserhöhung wird sich die vermietende Partei wohl in den meisten Fällen auf ein absolutes Kriterium zur Mietzinsfestlegung berufen, so auf den ungenügenden Ertrag gemäss Artikel 269 OR, bei neueren Bauten auf die kostendecken15

Zahradnik Peter, Fragen im Zusammenhang mit der Anfechtung der Anfangsmiete und der Formularpflicht, mp 4/14, S. 289, m. H. a. Fetter Sébastien, La contestation du loyer initial, Étude de l'article 270 CO, Thèse, Études de droit suisse, Berne 2005, Rz. 188.

4103

de Bruttorendite gemäss Artikel 269a Buchstabe c OR oder auf die Orts- und Quartierüblichkeit gemäss Artikel 269a Buchstabe a OR. In solchen Fällen kann die Mieterschaft ein allfälliges Herabsetzungsbegehren ebenfalls nur mit absoluten Kriterien begründen. Die Geltendmachung eines relativen Kriteriums, wie beispielsweise eine Senkung des Referenzzinssatzes, bleibt ihm verwehrt.

Die vermietende Partei kann die Erhöhung des Anfangsmietzinses aber auch mit relativen Anpassungsgründen wie beispielsweise einer Unterhaltskostensteigerung rechtfertigen. In diesem Fall kann die Mieterschaft zur Begründung eines Herabsetzungsbegehrens ebenfalls relative Anpassungsgründe geltend machen und beispielsweise auf eine Zinssatzsenkung hinweisen. Sie kann sich aber auch auf ein absolutes Kriterium berufen und geltend machen, dass die Vermieterin oder der Vermieter einen übersetzten Ertrag erzielt.

Art. 298 Abs. 2 In Übereinstimmung mit dem für die Miete geltenden Artikel 266l wird auch für die Pacht die Kompetenz für die Genehmigung des Formulars zur Mitteilung von Kündigungen auf das BWO übertragen.

Übergangsbestimmungen zur Änderung vom ... des VIII. und VIIIbis. Titels Mit der Übergangsfrist gemäss Artikel 1 ist sichergestellt, dass die vermietenden Parteien genügend Zeit zur Verfügung haben, um ihre Formulare durch das BWO genehmigen zu lassen. Zudem kann dadurch der Initialaufwand des Bundes auf einen grösseren Zeitraum verteilt werden, was die Umsetzung erleichtert und die Planung vereinfacht.

Mit dieser Bestimmung wird auch klargestellt, dass neue Genehmigungen nur durch das BWO erteilt werden können. Die kantonalen Behörden sind mit dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung nicht mehr zuständig und können keine Formulare mehr rechtswirksam genehmigen.

Bei Vermietungen in den sieben Kantonen, in denen bereits nach geltendem Recht für den Abschluss eines Mietvertrages die Formularpflicht gilt, muss neben dem Formular für die Mitteilung von Mietzinserhöhungen und anderen einseitigen Vertragsänderungen (Art. 269d Abs. 1) und demjenigen für die Mitteilung der Kündigung (Art. 266l Abs. 2 und 298 Abs. 2) schon heute auch für die Mitteilung des Anfangsmietzinses ein vom Kanton genehmigtes Formular verwendet werden. In allen drei Konstellationen bleiben die alten Formulare in der Übergangszeit gültig.

Andererseits
ist in den anderen Kantonen für die Zeit ab dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung das durch Artikel 270 Absatz 2 OR neu vorgeschriebene, durch das BWO zu genehmigende Formular zu verwenden. Dies ist im Vorfeld von Vertragsabschlüssen, die in der Zeit ab dem Inkrafttreten des neuen Rechts erfolgen, durch die rechtzeitige Verwendung des Formulars zu berücksichtigen. Das BWO wird diesem Umstand Rechnung zu tragen haben, indem es das entsprechende Formular frühzeitig zur Verfügung stellt und Bewilligungsgesuche für private Formulare zur Mitteilung des Anfangsmietzinses rasch bearbeitet.

Aufgrund von Artikel 2 gilt die Sperrfrist für die Mitteilung von Mietzinserhöhungen von einem Jahr seit Beginn des Mietverhältnisses wegen wertvermehrender oder energetischer Verbesserungen erst für Mietverträge, die nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes abgeschlossen werden. So wird sichergestellt, dass die vermietende 4104

Partei vor dem Inkrafttreten der neuen Bestimmung keine diesbezüglichen Vorkehren treffen muss.

3

Auswirkungen

3.1

Auswirkungen auf den Bund

3.1.1

Finanzielle Auswirkungen

Die Übertragung der Kompetenz im Bereich der mietrechtlichen Formulare würde erfordern, dass die vom Bund erstellten Formulare auf der Website des BWO zur Verfügung gestellt und dort bezogen werden können. Die Formulare wären im Portable Document Format (PDF) aufzuschalten und so auszugestalten, dass die Benutzerinnen und Benutzer die jeweiligen Angaben betreffend Vertragsparteien, Mietobjekt, Mietzins und Nebenkosten, bisheriger Mietzins, Begründung einer allfälligen Mietzinserhöhung etc. direkt in das Dokument eintragen und dieses dann herunterladen oder direkt ausdrucken können. Da die Angabe der örtlich zuständigen Schlichtungsbehörde auch künftig einen obligatorischen Inhalt des Formulars darstellen soll (vgl. Art. 9 Abs. 1 Bst. e und Art. 19 Abs. 1 Bst. c Ziff. 2 VMWG), erscheint es naheliegend, das Formular mit einer Funktion zu verknüpfen, die aus der Angabe des Ortes des Mietobjektes (Gemeindename oder Postleitzahl) direkt die Adresse der örtlich zuständigen Behörde generiert. Eine entsprechende Informatiklösung würde einmalige Kosten im geschätzten Bereich eines mittleren fünfstelligen Frankenbetrages verursachen, was einem guten Kosten-Nutzen-Verhältnis entspricht.

3.1.2

Personelle Auswirkungen

Es ist zu erwarten, dass künftig in der Regel das vom Bund erstellte Formular verwendet wird, sodass weniger häufig private Formulare zu genehmigen sind. Deshalb ist davon auszugehen, dass diese Aufgabe nach erfolgter Umstellung vom bisherigen auf das neue System mit den vorhandenen Ressourcen bewältigt werden kann. Aus der Praxis ist bekannt, dass im Laufe der Zeit jeder Kanton durchschnittlich mehrere hundert private Formulare genehmigt hat. Die häufigere Verwendung des Bundesformulars, Handänderungen sowie Fusionen im Immobilienbereich und vor allem der Umstand, dass Eigentümerinnen und Eigentümer von Mietobjekten in verschiedenen Kantonen für jedes Formular nur noch eine einzige statt wie bisher mehrere Genehmigungen einholen müssen, werden zu einer deutlichen Verminderung der Anzahl von Gesuchen führen. Dennoch ist davon auszugehen, dass der Personalaufwand in der Zeit vor und aufgrund der Übergangsbestimmungen bis zwei Jahre nach Inkrafttreten der neuen Regelung erheblich sein wird, da in dieser Periode die Vorbereitungsarbeiten erledigt und zudem alle Genehmigungsgesuche für private Formulare bearbeitet werden müssen. Dabei ist von einer Gesamtzahl im tiefen vierstelligen Bereich auszugehen.

Um diesen Arbeitsaufwand bewältigen zu können, besteht ein befristeter Bedarf an zusätzlichen personellen Ressourcen. Dieser kann durch amtsinterne Umlagerungen bewältigt werden.

4105

3.1.3

Andere Auswirkungen

Im Zusammenhang mit der Übertragung des Formularwesens auf das BWO besteht allenfalls Bedarf für eine Informatiklösung zur Erhöhung der Benutzerfreundlichkeit der elektronisch zur Verfügung zu stellenden Versionen der verschiedenen mietrechtlichen Formulare. Das entsprechende Produkt könnte entweder durch das Bundesamt für Informatik und Telekommunikation (BIT) oder von einem externen Anbieter zur Verfügung gestellt werden. Die damit gegebenenfalls anfallenden IKTKosten für den Bund dürften insgesamt gering ausfallen.

3.2

Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden sowie auf urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete

Abgesehen von der Einführung in den Kantonen und Gebieten, die die Pflicht zur Verwendung eines Formulars beim Abschluss eines neuen Mietvertrages bisher nicht kannten, hat die Gesetzesvorlage keine nennenswerten Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden sowie auf urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete. Zwar ist eine Mehrbelastung der Schlichtungsstellen und Gerichte aufgrund einer möglichen Zunahme der Anfechtungsfälle nicht ausgeschlossen, doch ist auch denkbar, dass der Zeitpunkt der Verwendung des Formulars vor dem Vertragsabschluss zur Vermeidung von Streitfällen und damit zu einer Minderbelastung der Gerichtsbehörden führen kann. Die Übertragung des Formularwesens auf den Bund führt zur administrativen und finanziellen Entlastung aller Kantone und teilweise auch der Gemeinden.

3.3

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

In der Schweiz hat sich die marktwirtschaftliche Versorgung mit Wohnraum unter verschiedenen konjunkturellen Vorzeichen grundsätzlich bewährt. Wie in Ziffer 1.1 ausgeführt, hat sich jedoch die Lage auf dem Wohnungsmarkt in den letzten Jahren aufgrund einer hohen Nachfrage in verschiedenen Regionen verschärft. Eine starke Zuwanderung hat die Verknappungstendenzen zusätzlich verstärkt. Die Mieterinnen und Mieter können nur beschränkt auf Preisänderungen reagieren, da sie auf eine Wohnung in angemessener Grösse angewiesen sind und ein Wohnungswechsel zu einem Verlust des sozialen Umfelds führen kann. Diese Marktstruktur sowie die Tatsache, dass das Wohnen ein Grundbedürfnis darstellt, begründen das Erfordernis von Schutzmassnahmen zugunsten der Mieterseite. Es kommt hinzu, dass die Miete ein Dauerschuldverhältnis ist und sich folglich ein allfälliges Ungleichgewicht zwischen den geschuldeten Vertragsleistungen über eine längere Zeitdauer und damit verstärkt auswirkt. Aus diesen Gründen erteilt die BV dem Bund die Kompetenz und den Auftrag zum Erlass einer Missbrauchsgesetzgebung. Da der Preismechanismus durch Transparenzvorschriften nicht ausser Kraft gesetzt wird, kann die Formularpflicht als marktkonformer Eingriff angesehen werden. Durch den staatlichen Eingriff soll auf dem Mietmarkt mehr Transparenz in Bezug auf vorbestehende Mietverträge geschaffen werden. Dies wirkt sich zugunsten der Mieterseite

4106

aus. Ein transparenter Mietwohnungsmarkt kann auch die Mobilität der Mieterschaft fördern, was sich positiv auf eine Volkswirtschaft auswirkt.

In Nidwalden, Zug, Freiburg, Waadt, Neuenburg, Genf und Zürich und damit gesamtschweizerisch in 45 Prozent aller Mietverhältnisse gilt die Formularpflicht schon heute. In diesen Kantonen führt die Rechtsänderung zu einer gewissen Schlechterstellung der Mieterinnen und Mieter, da die heute unter bestimmten Voraussetzungen mit der Formularpflicht verbundene Vermutung des bestehenden Wohnungsmangels wegfällt. Dadurch wird es tendenziell etwas schwieriger, die Legitimation zur Anfechtung des Anfangsmietzinses mit den Verhältnissen auf dem örtlichen Wohnungsmarkt zu begründen. Bei Unternehmungen und Privatpersonen im Bereich der Immobilienbewirtschaftung werden in der Form der vorgesehenen Informationsaufbereitung für das Formular administrative Kosten anfallen. Für Vermieterinnen und Vermieter, die über Kantonsgrenzen hinweg tätig sind, ergibt sich aber eine Vereinfachung, da nun für alle Kantone ein einheitliches Formular gilt. Weiter wird der administrative Aufwand bei Mietzinserhöhungen mit der Möglichkeit der mechanischen Unterschrift gesenkt werden.

Die finanziellen Auswirkungen dürften insgesamt gering sein, da die Bereitstellung des Formulars durch den Bund nur gewisse Initialkosten verursacht (vgl. Ziff. 3.1).

Da diesen Kosten grössere Einsparungen auf Kantonsebene gegenüberstehen, ergibt sich insgesamt eine Entlastung.

Die Auswirkung der Formularpflicht auf den Preis kann nicht abschliessend geklärt werden. Ein durch das BWO befragter Experte konnte einen geringen positiven Effekt der Formularpflicht gegen steigende Mieten nachweisen, ein zweiter Experte fand keinen signifikanten Effekt, was aber nicht heisst, dass es diesen nicht gibt.

Auch die Auswirkungen der Formularpflicht auf die Investitionstätigkeit sind kaum untersucht. Eine Forschungsarbeit16 hat für den Zeitraum von 1990­2011 für die Stadt Zürich nachgewiesen, dass die Formularpflicht keinen Einfluss auf die Investitionen hatte. Da dieser Studie mit 22 Beobachtungseinheiten jedoch nur eine relativ kleine Stichprobe zugrunde liegt, ist die Aussagekraft des Resultats gering.

Gesamtwirtschaftlich betrachtet dürfte die Einführung der Formularpflicht keinen grossen Effekt auf Preise,
Investitionen, Konsum oder Staatsausgaben haben. Da der Mietmarkt einen geografisch abgeschlossenen Markt darstellt, wird auch die Exportindustrie im engeren Sinne nicht weiter beeinflusst. Einzig ausländische Investitionen in den schweizerischen Markt für Immobilienfonds können durch die Formularpflicht tangiert werden, da Investoren eine allfällige preisdämpfende Wirkung der Formularpflicht als tiefere Renditeerwartung des Liegenschaftsmarktes interpretieren könnten. Direktinvestitionen durch ausländische Unternehmen oder Private sind durch das Bundesgesetz vom 16. Dezember 198317 über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland (Lex Koller) geregelt.

16 17

Bleiker Miryam, Auswirkung der Einführung der Formularpflicht in der Stadt Zürich auf die Entwicklung der Mietpreise, Masterthese an der Universität Zürich, Zürich 2013.

SR 211.412.41

4107

3.4

Auswirkungen auf die Gesellschaft

Wenn sich die Formularpflicht preisdämpfend auf den Mietwohnungsmarkt auswirkt, wird das Angebot von Mietwohnungen an guten Lagen für eine breitere Bevölkerungsschicht erschwinglich. So erhalten durch preiswerteren Wohnraum, zum Beispiel in der Nähe von Bildungsinstitutionen, auch Personen mit unterdurchschnittlicher Einkommenssituation die Möglichkeit, eine ihnen entsprechende Bildungsinstitution ausserhalb ihres angestammten Umfelds zu wählen. Damit werden das Zusammenleben der verschiedenen Bevölkerungsgruppen und der soziale Zusammenhalt gefördert.

4

Verhältnis zur Legislaturplanung und zu nationalen Strategien des Bundesrates

4.1

Verhältnis zur Legislaturplanung

Die Vorlage ist weder in der Botschaft vom 25. Januar 201218 zur Legislaturplanung 2011­2015 noch im Bundesbeschluss vom 15. Juni 201219 über die Legislaturplanung 2011­2015 angekündigt. Die Revision des Mietrechts im OR ist dennoch angezeigt, da es sich bei der Ausdehnung der Formularpflicht auf das Gebiet der ganzen Schweiz um ein Instrument handelt, das im Rahmen der bundesrätlichen Aussprache zu Personenfreizügigkeit und Wohnungsmarkt definiert und durch den wohnungspolitischen Dialog von Bund, Kantonen und Städten ausdrücklich befürwortet wurde.

4.2

Verhältnis zu nationalen Strategien des Bundesrates

In der Strategie zur nachhaltigen Entwicklung 2012­201520 hält der Bundesrat als Zielorientierung fest, dass der soziale Zusammenhalt gestärkt, die kulturelle Entfaltung und die Integration gefördert sowie demografische Herausforderungen frühzeitig angegangen werden sollen. Durch die erwartete leicht preisdämpfende Wirkung der Formularpflicht wird der Zugang zu bezahlbarem Wohnraum für breitere Bevölkerungskreise gefördert. Dies wirkt sich positiv aus auf die gesellschaftliche Durchmischung und damit auf den sozialen Zusammenhalt wie auch auf die Integration bestimmter Bevölkerungsschichten.

5

Rechtliche Aspekte

5.1

Verfassungs- und Gesetzmässigkeit

Die beantragten Gesetzesänderungen bewegen sich im Rahmen, den die Bundesverfassung setzt. Gestützt auf Artikel 109 BV erlässt der Bund Vorschriften gegen Missbräuche im Mietwesen, namentlich gegen missbräuchliche Mietzinse. Die beantragten Gesetzesänderungen dienen der Umsetzung dieses Verfassungsauftrags.

18 19 20

BBl 2012 481 BBl 2012 7155 www.are.admin.ch > Nachhaltige Entwicklung > Strategie Nachhaltige Entwicklung

4108

Die Übertragung der Zuständigkeit für das Formularwesen auf den Bund erweist sich als nötig, weil dadurch einheitliche Kriterien für die Mitteilung von zentralen mietrechtlichen Informationen geschaffen werden. Dadurch werden die Rechtssicherheit und die Rechtsklarheit erhöht. Der Vermieterschaft bleibt es unbenommen, ein privates Formular zu schaffen und dieses durch das BWO genehmigen zu lassen. Die Ausweitung der Formularpflicht und die Einführung der Karenzfrist für Mietzinserhöhungen wegen wertvermehrender oder energetischer Verbesserungen betreffen nicht den Bestand von Rechten und Pflichten, sondern die Modalitäten der Rechtsausübung. Die Mieterinnen und Mieter haben im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses die nötigen Kenntnisse über die der Mietzinsfestlegung zugrunde liegenden Faktoren. Im Rahmen der unverändert geltenden Missbrauchsgrenzen bleiben die Vermieterinnen und Vermieter in der Mietzinsgestaltung frei. Transparenzgründe sprechen damit für die Ausweitung und Anpassung der Formularpflicht.

Durch die Karenzfrist für Mietzinserhöhungen wegen wertvermehrender oder energetischer Verbesserungen wird verhindert, dass die Mieterschaft bereits kurze Zeit nach dem Vertragsabschluss eine Mietzinserhöhung erhält, mit der sie nicht gerechnet hat. Die Vermieterschaft wird jedoch nicht davon abgehalten, im ersten Jahr nach Vertragsabschluss Investitionen in eine Liegenschaft zu tätigen. Sie hat die Möglichkeit, die Mieterschaft vor dem Vertragsabschluss über ein solches Vorhaben zu informieren. Dadurch wird die Mieterschaft davor geschützt, einen Mietvertrag abzuschliessen, der die finanziellen Möglichkeiten bereits nach kurzer Zeit übersteigt, und die Vermieterschaft profitiert davon, dass die Vertragspartnerin oder der Vertragspartner die wertvermehrenden oder energetischen Verbesserungen in einem bestimmten Umfang mitträgt. Sofern die Ausweitung der Formularpflicht und die Einführung der Karenzfrist für Mietzinserhöhungen wegen wertvermehrender oder energetischer Verbesserungen überhaupt als Grundrechtseingriff ­ sei es als Eingriff in die Wirtschafts- und Vertragsfreiheit, sei es als Eingriff in die Eigentumsgarantie ­ angesehen werden, wäre ein solcher Eingriff als leicht zu qualifizieren. Er stützt sich auf eine ausdrückliche Grundlage im Gesetz. An den Gesetzesänderungen besteht ein
öffentliches Interesse und der Eingriff ist verhältnismässig. Der Kerngehalt der Wirtschafts- und Vertragsfreiheit bzw. der Eigentumsgarantie ist nicht berührt. Die übrigen beantragten Gesetzesänderungen wie die Faksimile-Unterschrift für Mietzinserhöhungen, die Anpassungen von Akontobeträgen für Nebenkosten und die schriftliche Form der Mietzinserhöhung bei der Staffelmiete greifen nicht in den Schutzbereich eines Grundrechts ein.

5.2

Erlassform

Artikel 164 Absatz 1 BV sieht vor, dass alle wichtigen rechtsetzenden Bestimmungen in der Form des Bundesgesetzes zu erlassen sind. Die beantragten Gesetzesänderungen sind bedeutend und ändern bestehende Artikel des OR. Aus diesen Gründen sind die beantragten Modifikationen in der Form des Bundesgesetzes zu erlassen.

4109

5.3

Unterstellung unter die Ausgabenbremse

Artikel 159 Absatz 3 Buchstabe b BV hält fest, dass Subventionsbestimmungen sowie Verpflichtungskredite und Zahlungsrahmen, die neue einmalige Ausgaben von mehr als 20 Millionen Franken oder neue wiederkehrende Ausgaben von mehr als 2 Millionen Franken nach sich ziehen, die Zustimmung der Mehrheit der Mitglieder jedes der beiden Räte bedürfen. Weil die Vorlage weder Subventionsbestimmungen noch Finanzierungsbeschlüsse beinhaltet, unterliegt sie nicht der Ausgabenbremse.

5.4

Datenschutz

Mit der Formularpflicht ist die Mitteilung des Mietzinses und der Nebenkosten verbunden, die durch die vormietende Partei bezahlt worden sind. Dies dürfte oftmals der Bekanntgabe von Personendaten im Sinne von Artikel 3 Buchstabe a des Bundesgesetzes vom 19. Juni 199221 über den Datenschutz (DSG) entsprechen.

Aufgrund von Artikel 270 Absatz 2 OR, der diese Bekanntgabe für den Fall des Abschlusses eines neuen Mietvertrages vorschreibt, liegt dafür eine gesetzliche Rechtfertigung im Sinne von Artikel 13 Absatz 1 DSG vor.

21

SR 235.1

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