10.426 Parlamentarische Initiative Aufhebung der zolltariflichen Begünstigung der Importe von gewürztem Fleisch Bericht der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrates vom 11. Mai 2015

Sehr geehrter Herr Präsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit diesem Bericht unterbreiten wir Ihnen den Entwurf zu einer Änderung des Zolltarifgesetzes. Gleichzeitig erhält der Bundesrat Gelegenheit zur Stellungnahme.

Die Kommission beantragt, dem beiliegenden Entwurf zuzustimmen.

Eine Minderheit der Kommission (Jans, Bertschy, Birrer-Heimo, Caroni, Germanier, Leutenegger Oberholzer, Maier Thomas, Maire Jacques-André, Marra, Noser, Perrinjaquet, Wermuth) beantragt, auf die Vorlage nicht einzutreten.

11. Mai 2015

Im Namen der Kommission Der Präsident: Ruedi Noser

2015-1612

5663

Übersicht Mit der Schaffung der Welthandelsorganisation (WTO) im Jahre 1995 trat als Ergebnis der Uruguay-Runde das Übereinkommen über die Landwirtschaft (WTOAgrarabkommen) in Kraft. Dieses beinhaltete u. a. die Erleichterung des Marktzutritts auf internationaler Ebene beziehungsweise die gegenseitige stärkere Öffnung der Agrarmärkte und die Abschaffung von nichttarifären Handelshemmnissen. Vor dem Beitritt der Schweiz zur WTO waren die Einfuhrmöglichkeiten für Fleisch mengenmässig beschränkt. In den Verhandlungen der Uruguay-Runde wurde für die neue Tarifnummer 1602.5099 ein Ausserkontingentszollansatz (AKZA) von 638.00 Franken je 100 kg brutto festgelegt. Zu dieser Tarifnummer gehören gewürzte Fleischzubereitungen von Tieren der Rindviehgattung, z. B. Filet oder Huft. Die Importe sind mengenmässig nicht beschränkt und haben vor allem in den letzten zehn Jahren stark zugenommen.

Für die Mehrheit der Kommission stellt dies ein Problem für inländische Produzenten der Fleischbranche dar (steigender Preisdruck, Aushebelung der Marktordnung). Ausserdem führt sie Bedenken an, dass importiertes Fleisch nach Vorschriften produziert wurde, die schweizerischen Tierschutzrichtlinien nicht gerecht werden.

Der vorliegende Gesetzesentwurf schafft im Kapitel 2 und 16 des Zolltarifs neue schweizerische Anmerkungen, wonach gewürzte Fleischprodukte neu in das Kapitel 2 des Zolltarifs eingereiht werden und somit einer höheren Zollbelastung unterliegen (AKZA von über 2000 Franken je 100 kg brutto).

Eine Kommissionsminderheit beantragt, nicht auf die Vorlage einzutreten. Aus ihrer Sicht widerspricht die Ausdehnung des Geltungsbereichs des Kapitels 2 des Zolltarifs völkerrechtlichen Verpflichtungen der Schweiz.

5664

Bericht 1

Entstehungsgeschichte

Die parlamentarische Initiative 10.426 «Aufhebung der zolltariflichen Begünstigung der Importe von gewürztem Fleisch» wurde am 18. März 2010 von der Fraktion der Schweizerischen Volkspartei eingereicht. Mit der Initiative wird gefordert, dass die geltenden Rechtsgrundlagen dahingehend zu ändern sind, dass Fleischzubereitungen (z. B. gewürztes Fleisch), die gemäss aktueller Praxis in Kapitel 16 des Zolltarifs eingereiht sind und Fleisch aus dem Kapitel 2 des Zolltarifs konkurrenzieren, auch in Kapitel 2 des Zolltarifs eingereiht werden.

Die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrates (WAK-N) beschloss an ihrer Sitzung vom 18. April 2011 mit 13 zu 9 Stimmen bei 1 Enthaltung, der parlamentarischen Initiative Folge zu geben. Die ständerätliche Schwesterkommission (WAK-S) stimmte dem Entscheid am 31. Oktober 2011 mit 5 zu 4 Stimmen bei 1 Enthaltung nicht zu. Die WAK-N beantragte ihrem Rat daraufhin am 12. November 2012 mit 14 zu 10 Stimmen bei 1 Enthaltung ebenfalls, der Initiative keine Folge zu geben. Entgegen diesem Antrag gab der Nationalrat der Initiative aber am 5. März 2013 mit 97 zu 89 Stimmen Folge. Am 27. August 2013 stimmte die WAK-S diesem Beschluss mit 6 zu 0 Stimmen bei 7 Enthaltungen zu.

An ihrer Sitzung vom 8. April 2014 beauftragte die WAK-N gestützt auf Artikel 112 des Bundesgesetzes vom 13. Dezember 20021 über die Bundesversammlung (ParlG) die Eidgenössische Zollverwaltung (EZV) mit der Verfassung eines Berichts, in welchem Möglichkeiten und Konsequenzen der Umsetzung der parlamentarischen Initiative aufgezeigt werden sollten.

Am 18. August 2014 nahm die WAK-N Kenntnis vom oben genannten Bericht und beauftragte ihr Sekretariat in Zusammenarbeit mit der Verwaltung mit der Verfassung eines Vorentwurfs und eines erläuternden Berichts. Sie entschied sich dabei für eine Umsetzungsvariante, die zu den Kapiteln 2 und 16 des Zolltarifs neue Schweizerische Anmerkungen schafft.

Am 10. November 2014 prüfte die WAK-N den Vorentwurf und nahm diesen in der Gesamtabstimmung mit 13 zu 11 Stimmen an. Sie beschloss zudem, ihn zusammen mit dem erläuternden Bericht in die Vernehmlassung zu geben.

Die Vernehmlassung dauerte vom 1. Dezember 2014 bis 12. März 2015. An ihrer Sitzung vom 11. Mai 2015 nahm die WAK-N Kenntnis von den Vernehmlassungsergebnissen (vgl. Ziff. 2.4) und verabschiedete den beiliegenden Entwurf unverändert mit 12 zu 10 Stimmen zuhanden des Nationalrates.

1

SR 171.10

5665

2

Grundzüge der Vorlage

2.1

Geltendes Recht

2.1.1

Zolltarifgesetz und Zollgesetz

Der schweizerische Zolltarif ist im Zolltarifgesetz vom 9. Oktober 19862 (ZTG) geregelt. Er basiert wie die Kombinierte Nomenklatur der EU und die meisten Zolltarife weltweit auf dem international gültigen Harmonisierten System (HS)3. Der Nomenklatur des HS entsprechen die ersten sechs Ziffern der achtstelligen schweizerischen Tarifnummern (z. B. 1602.50). Auf Gesetzesstufe stehen somit: a)

der Wortlaut der Nummern;

b)

die Abschnitt- oder Kapitel-Anmerkungen;

c)

die «Allgemeinen Vorschriften für die Auslegung des Harmonisierten Systems».

Nach Artikel 1 ZTG müssen alle Waren, die über die schweizerische Zollgrenze einoder ausgeführt werden, nach dem Generaltarif in den Anhängen 1 und 2 verzollt werden. Vorbehalten bleiben Abweichungen, die sich ergeben aus Staatsverträgen, besonderen Bestimmungen von Gesetzen sowie Verordnungen des Bundesrates, die sich auf das ZTG abstützen.

Im Generaltarif sind die gesetzlichen und im Rahmen der WTO vertraglich vereinbarten Ansätze aufgeführt. Die gültigen Einfuhransätze, die Zollbegünstigungen, Gebühren, Steuern, Lenkungsabgaben, Ein- und Ausfuhrbeschränkungen sowie die statistischen Sonderausscheidungen werden gestützt auf entsprechende Ermächtigungen in verschiedenen Gesetzen auf Verordnungsstufe geregelt. Sie bilden den sogenannten Gebrauchstarif. Die Zusammenfassung dieser Regelungen wird seit 2005 als elektronischer Zolltarif «Tares» publiziert, der unter www.tares.ch kostenlos im Internet konsultiert werden kann.

Nach Artikel 19 des Zollgesetzes vom 18. März 20054 (ZG) bemisst sich der Zollbetrag nach Art, Menge und Beschaffenheit der Ware im Zeitpunkt, in dem sie der Zollstelle angemeldet wird. Ferner sind die Zollansätze und Bemessungsgrundlagen massgebend, die im Zeitpunkt der Entstehung der Zollschuld gelten.

2.1.2

Auslegungshilfen zum Zolltarif

2.1.2.1

Erläuterungen

Die «Erläuterungen zum Schweizerischen Zolltarif» sind Ausführungen über die tarifmässige Behandlung der Waren. Sie gelten als Auslegungshilfen und sollen die einheitliche Anwendung des Zolltarifs gewährleisten (Artikel 71 der Zollverordnung vom 1. November 20065; ZV). Sie enthalten die Erläuterungen zum HS und die sogenannten Schweizerischen Erläuterungen. Von der EZV werden sie in elektro-

2 3 4 5

SR 632.10, Anhang SR 0.632.11 SR 631.0 SR 631.01

5666

nischer Form veröffentlicht und können ebenfalls unter www.tares.ch im Internet konsultiert werden (Dokument D6).

2.1.2.2

Erläuterungen zum Harmonisierten System (HS)

Die Erläuterungen zum HS sind gemäss Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVGer) materiell verbindliches internationales Staatsvertragsrecht. In den HS-Erläuterungen zum Kapitel 2 ist in Bezug auf die Unterscheidung zwischen Fleisch und Schlachtnebenprodukten dieses Kapitels und Waren des Kapitels 16 Folgendes festgehalten: Hierher gehören nur Fleisch und Schlachtnebenprodukte von nachstehend angegebener Beschaffenheit, wobei es unerheblich ist, ob sie eine wenig starke Wärmebehandlung durch heisses Wasser oder Wasserdampf (wie Überdämpfen oder Blanchieren) erfahren haben, die keinen wirklichen Kochprozess darstellt: 1)

Frisch (d.h. in natürlichem Zustand), auch mit Salz zum Zwecke des Haltbarmachens während des Transports bestreut, leicht eingerieben oder mit Salzwasser übergossen.

2)

Gekühlt, d.h. im Allgemeinen bis auf etwa 0° C abgekühlt, ohne dass eine Gefrierung eintritt.

3)

Gefroren, d.h. auf eine Temperatur unterhalb des Gefrierpunktes bis zur Erstarrung in die innersten Teile abgekühlt.

4)

Gesalzen, in Salzlake, getrocknet oder geräuchert.

Fleisch, leicht mit Zucker überstreut, gehört ebenfalls zu diesem Kapitel.

Fleisch und Schlachtnebenprodukte der in den vorstehenden Ziffern 1­4 genannten Beschaffenheit bleiben auch dann in diesem Kapitel, wenn sie mit eiweissspaltenden Enzymen (z. B. Papain) behandelt wurden, um sie zart zu machen, oder wenn sie in Stücke oder Scheiben geschnitten oder gehackt sind. Ausserdem bleiben in diesem Kapitel Mischungen oder zusammengesetzte Erzeugnisse aus Waren verschiedener Nummern dieses Kapitels (z. B. Geflügelfleisch der Nr. 0207, das mit Schweinespeck der Nr. 0209 umwickelt ist).

Dagegen gehören Fleisch und Schlachtnebenprodukte in folgendem Zustand zu Kapitel 16: a)

In Form von Würsten oder dergleichen, gekocht oder nicht, der Nr. 1601.

b)

Gekocht, geröstet, geschmort oder gebraten, durch andere als in diesem Kapitel vorgesehene Verfahren zubereitet oder haltbar gemacht einschliesslich solchem Fleisch usw., das lediglich mit Teig umhüllt oder mit Paniermehl bestreut (paniert), getrüffelt oder gewürzt (z. B. mit Pfeffer und Salz) ist, einschliesslich Leberpastete (Nr. 1602).

Zu diesem Kapitel gehören auch zur menschlichen Ernährung geeignetes Mehl und Pulver von Fleisch und Schlachtnebenprodukten, gekocht.

Fleisch und Schlachtnebenprodukte von einer Beschaffenheit, wie sie in diesem Kapitel vorgesehen ist, können sich auch in luftdicht verschlossenen Behältnissen befinden (z. B. lediglich getrocknetes Fleisch in Dosen), ohne dass sich hierdurch ihre Tarifierung im Grundsatz ändert. Derart verpackte Waren gehören jedoch 5667

meist zu Kapitel 16, weil sie eine andere Zubereitung erfahren haben, als sie in diesem Kapitel zugelassen ist, oder weil die Konservierungsart von der für dieses Kapitel vorgesehenen Verfahren abweicht.

Fleisch und Schlachtnebenprodukte (z. B. Fleisch von Tieren der Rindviehgattung, frisch oder gekühlt) bleiben auch dann in diesem Kapitel, wenn sie in sog. «Verpackungen unter modifizierter Atmosphäre» (Modified Atmospheric Packaging (MAP)) aufgemacht sind. Bei dieser Methode (MAP) wird die Atmosphäre um das Produkt modifiziert oder kontrolliert, indem z. B. der Sauerstoff eliminiert und durch Stickstoff oder Kohlendioxid ersetzt wird, oder durch Reduzieren des Sauerstoffgehaltes bei gleichzeitiger Erhöhung des Stickstoff- oder Kohlendioxidgehaltes.

Aus den HS-Erläuterungen ergibt sich somit, dass gewürztes Fleisch grundsätzlich vom Kapitel 2 des Zolltarifs ausgeschlossen ist ­ es gehört zum Kapitel 16. Der Begriff «mit Pfeffer und Salz» ist dabei als Beispiel erwähnt. Ein nur mit Pfeffer bestreutes Fleischstück ist ebenfalls gewürzt. Dies gilt auch für alle anderen Gewürze und würzenden Zutaten (z. B. Zwiebeln, Knoblauch, Küchenkräuter, Marinaden usw.). Kein massgebendes Kriterium für die Unterscheidung zwischen den Kapiteln 2 und 16 ist ferner, ob das Fleisch bereits genussfertig ist oder nicht.

2.1.2.3

Schweizerische Erläuterungen zum Zolltarif

Als Vertragspartei übernimmt die Schweiz die HS-Erläuterungen und wendet sie an.

Dazu bleibt Raum für nationale Regelungen, sofern diese mit den gesetzlichen Bestimmungen und den HS-Erläuterungen im Einklang stehen. So kann die EZV zum Beispiel zusätzlich sogenannte Schweizerische Erläuterungen veröffentlichen.

Diese haben zwar den Charakter von Dienstvorschriften und wären im Beschwerdefall für das BVGer nicht verbindlich; das BVGer stellt sie aber nicht in Frage, wenn sie mit den gesetzlichen und internationalen Einreihungsvorschriften in Einklang stehen.

Im Falle des Geltungsbereichs des Kapitels 2 hat sich gezeigt, dass eine Präzisierung des Begriffs «gewürzt» sinnvoll ist. Eine restriktive Auslegung könnte im Extremfall beispielsweise bedeuten, dass eine ganze Rinderhälfte, die auf einem kleinen Teil der Oberfläche mit Pfeffer bestreut wäre, ins Kapitel 16 eingereiht werden müsste.

Es ist auch bekannt, dass typische Pökel- und Trockenfleischerzeugnisse der Tarifnummer 0210 im Verlaufe der Herstellung mit Würzstoffen behandelt werden (z. B.

Bündnerfleisch). Deshalb sind von der EZV Schweizerische Erläuterungen geschaffen worden, die heute den folgenden Wortlaut haben: Zum Kapitel 2 gehören auch Fleisch und geniessbare Schlachtnebenprodukte mit zugesetzten Würzstoffen, sofern dadurch der Charakter einer Ware dieses Kapitels nicht verändert wird. Massgebend ist die Art und Beschaffenheit der Ware im Zeitpunkt, in dem sie der Zollstelle angemeldet wird.

Als nicht charakterbestimmend gelten zugesetzte Würzstoffe insbesondere bei den folgenden Erzeugnissen: a)

5668

Fleisch und Schlachtnebenprodukte mit in beliebigen Mengen zugesetzten würzenden Zutaten, die mit einfachen Mitteln (z. B. durch Abwischen, Abwaschen oder Absaugen) vor der Weiterverarbeitung entfernt werden können.

Dazu gehören ganze Pfefferkörner, ganze Wacholderbeeren, ganze Gewürznelken, Lorbeerblätter, Rosmarinzweige usw.

b)

Fleisch und Schlachtnebenprodukte, bei denen die Würzstoffe (z. B. geschroteter, zerriebener oder gemahlener Pfeffer) nicht auf allen Flächen des Erzeugnisses verteilt oder mit blossem Auge nicht wahrnehmbar sind.

c)

Genussfertige Fleischwaren dieses Kapitels ohne geschmacklich deutlich wahrnehmbare Würzung. Dazu gehören vor allem Pökelfleischwaren und andere Spezialitäten der Nummer 0210.

Ausgeschlossen von diesem Kapitel sind hingegen Fleisch und Schlachtnebenprodukte, bei denen die Würzstoffe (z. B. zerriebener oder gemahlener Pfeffer) auf allen Flächen des Erzeugnisses verteilt und mit blossem Auge wahrnehmbar sind (i.d.R. 1602).

Nicht hierher gehören auch Fleischwaren, bei denen die Würzstoffe durch eine besondere Behandlung (z. B. im sog. «Tumblerverfahren») in das Innere eingedrungen und durch Geschmack deutlich wahrnehmbar sind.

Gestützt darauf werden Bünderfleisch und ähnliche Erzeugnisse (z. B. Bresaola) üblicherweise im Kapitel 2 des Zolltarifs eingereiht (Nrn. 0210.2010/2090).

Die geltenden Schweizerischen Erläuterungen stimmen weitgehend mit der Regelung in der «Kombinierten Nomenklatur» (KN)6 der EU überein. In der «Zusätzlichen Anmerkung» 6a zum Kapitel 2 der KN ist Folgendes festgehalten: Nichtgegartes, gewürztes Fleisch gehört zu Kapitel 16. Als «gewürzt» gilt nichtgegartes Fleisch, bei dem die Würzstoffe in das Innere eingedrungen oder auf allen Flächen des Erzeugnisses verteilt und mit bloßem Auge oder deutlich durch Geschmack wahrnehmbar sind.

2.1.3

Zollkontingente

Die auf Verpflichtungen im Rahmen der WTO beruhenden Zollkontingente sind im Anhang 2 des Generaltarifs aufgeführt. Rind- und Kalbfleisch gehören zum Zollkontingent Nr. 5 («Tiere zum Schlachten; Fleisch vorwiegend auf Raufutter produziert», sog. «rotes Fleisch»). Das minimale Kontingent beträgt 22 500 Tonnen.

Gesetzliche Grundlage für die Verwaltung und Verteilung bilden die Artikel 21 und 22 des Landwirtschaftsgesetzes vom 29. April 19987 (LWG). Für die Versteigerung ist Artikel 48 LWG massgebend. Die Einzelheiten sind in der Agrareinfuhrverordnung vom 26. Oktober 20118 (AEV) und der Schlachtviehverordnung vom 26. November 20039 (SV) geregelt.

Die Zuteilung der Zollkontingente wird veröffentlicht10.

6 7 8 9 10

KN, aktueller Stand vgl. ABl L 290 v. 31.10.2013 SR 910.0 SR 916.01 SR 916.341 Diese kann unter der Seite des Bundesamtes für Landwirtschaft (BLW) abgerufen werden: www.blw.admin.ch Themen Einfuhr von Agrarprodukten

5669

2.1.4

Tierschutz

Die schweizerischen Tierschutzbestimmungen haben keinen Einfluss auf die Einreihung von Fleisch und Fleischwaren im Zolltarif und damit auf die Höhe des Zollansatzes. Fleisch, das im Ausland nach Normen produziert wird, die weniger streng sind als die schweizerischen Vorschriften, wird somit im Zolltarif gleich eingereiht wie solches, das den inländischen Bestimmungen entspricht. Massgebend sind einzig Art, Menge und Beschaffenheit der Ware im Zeitpunkt, in dem sie der Zollstelle angemeldet wird (Art. 19 ZG).

2.2

Einfuhr von zubereitetem Rind- und Kalbfleisch der Zolltarifnummer 1602.5099

2.2.1

Importmengen

In den Jahren bis 2004 waren die ausserhalb des Zollkontingentes unter der Tarifnummer 1602.5099 zum Ansatz von 638.00 Franken je 100 kg brutto definitiv verzollten Mengen relativ bescheiden. Es kann angenommen werden, dass die Importeure keinen grösseren Bedarf an importiertem Fleisch hatten. Wie aus der folgenden Tabelle11 hervorgeht, kam es nach 2004 zu einem erheblichen Anstieg.

Jahr

Menge total (kg)

Ø je Monat (kg)

Ø Wert in Fr. je kg

2003

10 928

910

12.70

2004

83 137

6 928

8.30

2005

281 445

23 453

6.60

2006

340 849

28 405

8.47

2007

665 602

55 466

8.30

2008

591 156

49 263

10.80

2009

1 031 833

85 986

11.85

2010

1 813 497

151 125

13.05

2011

1 970 014

164 168

13.90

2012

1 750 824

145 902

14.37

2013

1 670 768

139 230

15.20

Seit 2011 sind die Importe rückläufig. Sie sind aber immer noch deutlich höher als in den Jahren vor 2010.

Zur Tarifnummer 1602.5099 gehören neben dem gewürzten Fleisch auch noch andere Erzeugnisse (z. B. Tafelspitz, Hamburger, Hackfleischzubereitungen). Eine vom BLW für das Jahr 2009 auf der Basis der einzelnen Zollanmeldungen gemachte Untersuchung hat zwar gezeigt, dass höchstens rund 400 von über 1000 Tonnen als Würzfleisch bezeichnet werden können. Insgesamt sind aber bis Ende 2012 keine 11

Quelle Swiss-Impex (Datenbank der schweizerischen Aussenhandelsstatistik); Zollertragsstatistik

5670

genauen Aussagen über die Art der eingeführten Fleischzubereitungen möglich.

Nach Einschätzung der EZV kann davon ausgegangen werden, dass die Entwicklung grösstenteils auf die Einfuhr von gewürztem Fleisch zurückzuführen ist.

Seit dem 1. Januar 2013 besteht unter der Tarifnummer 1602.5099 der statistische Schlüssel 915 «lediglich gewürzt (nicht weiter zubereitet)». Die Auswertung bestätigt, dass rund 90 % der eingeführten Menge unter diese Kategorie fällt (2013: rund 1500 Tonnen; Durchschnittswert pro kg: Fr. 15.07).

2.2.2

Inländischer Konsum

Bezogen auf den gesamten Konsum von 119 253 Tonnen Fleisch von Tieren der Rindviehgattung machte 2013 der Anteil des eingeführten gewürzten Rindfleischs der Tarifnummer 1602.5099 (1500 Tonnen) knapp 1,3 % aus. Von den gesamten Rindfleischimporten waren rund 6,4 % gewürztes Fleisch.12

2.2.3

Verwendung und genaue Bezeichnung

Über die Verwendung des unter der Tarifnummer 1602.5099 importierten Rind- und Kalbfleisches liegen keine genauen Angaben vor. Nach Einschätzung der EZV gelangt davon verhältnismässig wenig direkt in den Detailhandel. Der grösste Teil dürfte für die Gastronomie bestimmt sein. Ebenso kann keine genaue Aussage dazu gemacht werden, wie hoch der Anteil des Kalbfleisches ist.

Eine Auswertung der Einfuhrzollanmeldungen der im Jahre 2013 eingeführten rund 1500 Tonnen an gewürztem Rind- und Kalbfleisch durch die EZV hat Folgendes ergeben: ­

Bei mindestens 250 Tonnen handelt es sich um Kalbfleisch.

­

Bei rund 500 Tonnen dürfte es sich um gewürzte Rindsbinden handeln, die für die Herstellung von Trockenfleisch verwendet werden.

2.2.4

Kalbfleisch

Im Jahre 2013 wurden rund 485 Tonnen frisches und gefrorenes Kalbfleisch unter den Zolltarifnummern 0201 und 0202 importiert. Es handelte sich praktisch ausschliesslich um Importe innerhalb des Zollkontingentes mit tiefen Ansätzen (unter Fr. 150.00 je 100 kg brutto). Dieser Menge stehen die Importe von gewürztem Kalbfleisch unter der Tarifnummer 1602.5099 gegenüber. Wie in Ziffer 2.2.3 erwähnt, ist von mindestens 250 Tonnen auszugehen. In der Branche wird der Anteil noch höher geschätzt (vgl. Ziff. 2.3.1).

«Fleisch von Kälbern» wird unter den Tarifnummern 0201 und 0202 separat erfasst.

In den Erläuterungen (D6) ist es wie folgt umschrieben:

12

Quelle: Publikation Proviande Genossenschaft vom 9. April 2014

5671

Fleisch von Kälbern ist ein helles bis rosafarbenes, feinfaseriges Fleisch von Tieren der Rindviehgattung mit einem Alter bis 8 Monate und einem Schlachtgewicht bis 160 kg.

Die für die Kälberhaltung in der Schweiz geltenden Vorschriften der Tierschutzverordnung vom 23. April 200813 (TSchV) sind für das importierte Kalbfleisch ­ unabhängig von der Einreihung im Zolltarif ­ nicht anwendbar. Sie gelten somit auch nicht für das frische, gekühlte oder gefrorene Kalbfleisch, das unter den Tarifnummern 0201 und 0202 innerhalb oder ausserhalb des Zollkontingentes eingeführt wird. Die Vorschriften der TSchV sind grundsätzlich beim Import von Fleisch jeglicher Art nicht anwendbar. Eine Ausnahme bildet das importierte Fleisch von Hauskaninchen. Bei diesem Fleisch muss die Produktionsmethode nach der Landwirtschaftlichen Deklarationsverordnung vom 26. November 2003 (LDV)14 obligatorisch mit «aus in der Schweiz nicht zugelassener Haltungsform» gekennzeichnet werden, wenn gewisse Anforderungen der TSchV an die Produktionsmethode im Ausland vom Importeur nicht nachgewiesen werden können.

Nach Statistik der Proviande Genossenschaft15 ist der Inlandanteil (Selbstversorgungsgrad) am gesamten Konsum von Kalbfleisch seit dem Jahr 2010 von 97,0 % auf 97,6 % im Jahr 2013 angestiegen. Gemessen am Gesamtkonsum von Kalbfleisch hat die inländische Produktion anteilsmässig mehr zugenommen als der Import. Im Vergleich zu den anderen Fleischarten weist das Kalbfleisch den höchsten Selbstversorgungsgrad aus.

2.3

Handlungsbedarf: Erwägungen der Kommission

2.3.1

Argumente der Kommissionsmehrheit

Die Festlegung des tiefen Zollansatzes für das Würzfleisch im Rahmen der Umsetzung der Beschlüsse der Uruguayrunde hat für die Fleischbranche zu einer problematischen Ausgangslage geführt, die ursprünglich nicht vorausgesehen wurde. Wie in Ziffer 2.2 ausgeführt wurde, ist die Importmenge von gewürztem Rind- und Kalbfleisch stark angestiegen. Hierbei wurde Fleisch teilweise sogar als gewürztes Fleisch importiert und danach dessen Gewürze (insbesondere ganze Pfefferkörner) durch Abwaschen, Abwischen oder Absaugen entfernt, um als ungewürztes Fleisch auf den Schweizer Markt gebracht zu werden. Um diesem unbefriedigenden Zustand entgegenzuwirken, hat die EZV im Frühjahr 2010 die Spezifikation von Würzfleisch in dem Sinne geändert, dass mit ganzen Pfefferkörnern bestreutes Fleisch nicht mehr als zubereitet im Sinne des Kapitels 16 des Zolltarifs gilt (vgl. Ziff. 2.1.2.3). Die Lage hat sich seither etwas beruhigt, dennoch bleibt die Importmenge von gewürztem Fleisch im Vergleich zur Zeit vor der Festlegung des tiefen Zollansatzes unverhältnismässig hoch (vgl. Ziff. 2.2). Die Kontrollierbarkeit der Würzfleischimporte durch das Urteil des BVGer vom 1. April 201116 hat sich zudem weiter erschwert, da hierbei entschieden wurde, dass die Würzung beim Würzfleisch nicht kumulativ 13 14 15 16

SR 455.1 SR 916.51 Der Fleischmarkt im Überblick 2013, Proviande Genossenschaft Urteil A-7046/2010 des BVGer vom 1. April 2011, Zolltarif Einfuhr von mariniertem Fleisch, abrufbar unter: http://www.bvger.ch/publiws/pub/cache.jsf?displayName=A7046/2010&decisionDate=2011-04-01&lang=de

5672

optisch und sensorisch wahrgenommen werden muss. Die Situation für die Fleischbranche ist demzufolge trotz den Massnahmen der EZV prekär geblieben.

Der starke Anstieg der Würzfleischimporte hat den Preisdruck auf inländische Produzenten erhöht und die Marktordnung für Fleisch zunehmend ausgehebelt.

Insbesondere die Kalbfleischbranche ist davon negativ betroffen. In seiner Antwort vom 28. April 2010 auf die Interpellation Walter 10.3146 «Import von gewürztem Fleisch» hatte der Bundesrat auch geschrieben, dass «Störungen [...] bei den Kälberpreisen nicht auszuschliessen [sind], weil dieser Markt sehr preissensitiv ist».

Die Bestrebungen der Branche, den Schweizer Fleischmarkt bedürfnisgerecht mit Importen innerhalb der Zollkontingente zu versorgen, wurden unterlaufen. So verliert beispielsweise die Regelung, mit der in der Branchenorganisation Proviande alle Branchenpartner gemeinsam im Konsens Importmengen zur bedarfsgerechten Versorgung des Fleischmarktes festlegen, an Wirkung. Importvolumen werden in diesem gut funktionierenden Mechanismus unter Betrachtung der Inlandproduktion und den Bedürfnissen des Marktes festgelegt. Da gewürztes Fleisch diesem Mechanismus nicht unterstellt ist, wird es unkontrolliert und zusätzlich importiert, was den ausgeglichenen Markt stört und konkurrenziert. Auch die mit finanzieller Unterstützung des Bundes durchgeführten saisonalen Marktentlastungsmassnahmen der Branchenorganisation Proviande vermögen hierbei nicht effektiv zu sein, weil trotz den Marktentlastungsmassnahmen Würzfleisch importiert wird.

Neben den Schlachtviehproduzenten sind auch andere Bereiche der Fleischindustrie betroffen, wie z. B. die schlachtenden und verarbeitenden Betriebe. Dabei handelt es sich gerade um diejenigen Zweige der Schweizer Fleischbranche, die im Inland grosse Investitionen tätigen, Arbeitsplätze sichern und sich für die Zukunft des Produktionsstandortes Schweiz engagieren. Gewürztes Fleisch gelangt zudem auch in den Gastro- und in den Metzgerkanal, wobei beide Kanäle sich einem grossen Dilemma ausgesetzt sehen. Einerseits locken die grossen Preisunterschiede zwischen gewürztem und ungewürztem Fleisch, während andererseits der Bezug zur einheimischen Produktion bzw. die Glaubwürdigkeit in Frage gestellt wird.

In der momentanen Situation ist es möglich, Fleisch zu importieren,
das nicht den schweizerischen Tierschutzrichtlinien entspricht. Dies betrifft insbesondere helles Kalbfleisch, welches oftmals von fehlernährten Tieren stammt. So wurde im Jahre 2013 z. B. über 200 Tonnen Würzfleisch aus Holland und 250 Tonnen aus Italien importiert, wobei davon auszugehen ist, dass es sich hierbei um helles Kalbfleisch handelt. In der EU bestehen zwar Tierschutzrichtlinien für die Haltung von Kälbern und Schweinen, diese werden aber laut Aussagen von Tierschutzorganisationen der EU sehr schlecht überprüft. Zudem sind die Tierschutzrichtlinien der EU teilweise weniger streng als in der Schweiz. So können Bauern in der EU beispielsweise Kälber einzeln und auf Vollspaltenböden halten.

Die Kommissionsmehrheit hält aus diesen Gründen den Handlungsbedarf für gegeben und unterstützt die Umsetzung der parlamentarischen Initiative.

5673

2.3.2

Argumente der Kommissionsminderheit (Nichteintreten)

Die Forderungen der parlamentarischen Initiative wurden von der EZV grundsätzlich bereits erfüllt, indem diese die entsprechenden Erläuterungen ergänzt hat. Wie oben ausgeführt wurde, gilt mit ganzen Pfefferkörnern bestreutes Fleisch seit dem Frühjahr 2010 nicht mehr als Würzfleisch, womit dem Problem des «Importtricks» (Import von eigentlich ungewürztem Fleisch über den Zolltarif von gewürztem Fleisch) genügend Rechnung getragen wurde (vgl. Ziff. 2.1.2.3).

Eine weitergehende Ausdehnung des Geltungsbereichs von Kapitel 2 des Zolltarifs würde im Widerspruch zu völkerrechtlichen Verpflichtungen der Schweiz stehen, da die neuen Schweizerischen Anmerkungen nicht konform mit der HS-Nomenklatur und den Erläuterungen dazu wären. Es ist unwahrscheinlich, dass sich die Schweiz in einem Verfahren vor dem HS-Ausschuss durchsetzen könnte, womit sie die Gesetzesänderung rückgängig machen müsste. Die Tarifeinreihung von gewürztem Fleisch, welche den HS-Erläuterungen widerspricht, würde die Schweiz zudem mit ihren Verpflichtungen im Rahmen der WTO in Konflikt bringen. Zwar sind die HS-Nomenklatur und die Erläuterungen dazu nicht Bestandteil der WTO-Verpflichtungen, sie bilden aber die Grundlage für die WTO-Verpflichtungslisten und deren Auslegung. Zudem ist es auch fraglich, inwiefern sich die Vorlage mit dem Abkommen mit der Europäischen Gemeinschaft vom 21. Juni 199917 über den Handel mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen (Agrarabkommen) vereinbaren liesse.

Die Kommissionsminderheit vertritt die Ansicht, dass gerade die EU aufgrund der wirtschaftlichen Auswirkungen einer neuen gesetzlichen Anmerkung auf EU-Unternehmen eine Erhöhung der Zollbelastung von gewürztem Rindfleisch handelsrechtlich genau prüfen und in den dafür zuständigen bilateralen Gremien aufbringen dürfte. Nicht zuletzt könnte die Vorlage die Haltung der EU in der Diskussion zum weiteren Vorgehen in Marktzugangsfragen für Agrarprodukte und Lebensmittel beeinflussen und pragmatische Lösungen erschweren. Dies würde den agrarwirtschaftlichen Interessen der Schweiz entgegenlaufen.

Falls die Schweiz in einem WTO-Streitbeilegungsverfahren unterliegen und die Gesetzesänderung nicht rückgängig machen würde, ist davon auszugehen, dass sie von ihren Handelspartnern Gegenmassnahmen erdulden müsste. Da das von der Kommissionsmehrheit angeführte Problem
hauptsächlich Kalbfleisch betrifft, müssten für die Lösung dieses kleinen Problems entsprechende Sanktionen in Kauf genommen werden, die auch andere Teile der Landwirtschaft treffen könnten. Der Vorteil, der sich für die Fleischbranche aus der Umsetzung der parlamentarischen Initiative ergeben würde, hätte somit nachteilige Folgen in anderen Bereichen.

Die Bedenken bezüglich des Tierschutzes bei importiertem Kalbfleisch sind gerechtfertigt; es ist aber zielführender, die Produkte ­ insbesondere im Gastronomiebereich ­ entsprechend zu deklarieren. Es ist wichtig, die Eigenverantwortung der Konsumentinnen und Konsumenten zu wahren. Ausserdem muss aus dem Ausland importiertes Fleisch nicht zwingend Schweizer Tierschutzrichtlinien widersprechen, sondern kann von sehr hoher Qualität sein, wie dies z. B. bei Biofleisch aus Nachbarländern der Fall ist.

Die Kommissionsminderheit (Jans, Bertschy, Birrer-Heimo, Caroni, Germanier, Leutenegger Oberholzer, Maier Thomas, Maire Jacques-André, Marra, Noser, 17

SR 0.916.026.81

5674

Perrinjaquet, Wermuth) beantragt aus diesen Gründen, nicht auf die Vorlage einzutreten.

2.4

Vernehmlassungsverfahren18

Der Vorentwurf der Kommission bildete vom 1. Dezember 2014 bis 12. März 2015 Gegenstand des Vernehmlassungsverfahrens.

Zur Vernehmlassung wurden die Regierungen der 26 Kantone, die Konferenz der Kantonsregierungen (KdK), zwölf politische Parteien, drei gesamtschweizerische Dachverbände der Gemeinden, Städte und Berggebiete, acht gesamtschweizerische Dachverbände der Wirtschaft sowie 20 weitere Interessenten eingeladen.

Von 70 angeschriebenen Stellen haben 23 Kantone, vier Parteien, drei gesamtschweizerische Dachverbände der Wirtschaft und sieben weitere Interessenten Stellung genommen. Zusätzlich haben 15 nicht angeschriebene Teilnehmer eine Stellungnahme eingereicht.

2.4.1

Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens

Eine Mehrheit von 36 Vernehmlassungsteilnehmenden schliesst sich den Argumenten der Kommissionsmehrheit an. Es wird verschiedentlich darauf hingewiesen, dass die geschilderte Problematik nicht nur beim Rind- und Kalbfleisch sondern auch beim Schweinefleisch bestehe. Ein Vernehmlassungsteilnehmender verlangt explizit eine entsprechende Vereinbarung mit der WTO. Zudem solle ihm zufolge eine Ausnahme für gewürzte Binden, die für die Herstellung von Trockenfleisch verwendet werden, geschaffen werden.

15 Vernehmlassungsteilnehmende teilen die Ansicht der Kommissionsminderheit und lehnen den vorliegenden Entwurf ab. Insbesondere für die Hotellerie und die Gastronomie werden weitere Verschlechterungen der Wettbewerbsfähigkeit befürchtet. Im Lichte des Entscheides der Schweizerischen Nationalbank vom 15. Januar 2015 müsse eine Erhöhung der Handelsschranken für Importprodukte verhindert werden.

Aufgrund des klaren Ergebnisses der Vernehmlassung hat die Kommission den beiliegenden Entwurf unverändert mit 12 zu 10 Stimmen zuhanden des Nationalrates verabschiedet.

2.5

Andere von der Kommission geprüfte Umsetzungsvarianten

Im Laufe der Beratungen wurde abgeklärt, ob sich die Ziele der parlamentarischen Initiative auch anderweitig als durch die Schaffung von Schweizerischen Anmerkungen zum Zolltarif erreichen liessen.

18

Der Vorentwurf, der erläuternde Bericht und der Ergebnisbericht der Vernehmlassung sind abrufbar unter: www.parlament.ch Dokumentation Berichte Vernehmlassungen 2014

5675

Die diskutierten Lösungsansätze beinhalteten die Dekonsolidierung des Zollansatzes der Tarifnummer 1602.5099. Bevor die Schweiz ihre WTO-Verpflichtungsliste ändern kann, um den Zollansatz für ein bestimmtes Produkt erhöhen zu können, muss sie Konsultationen und Verhandlungen mit betroffenen und interessierten WTO-Mitgliedern führen. Es ist anzunehmen, dass ein höherer Zollschutz bei der Tarifnummer 1602.5099 durch Zollsenkungen bei anderen Tarifnummern oder durch ein grösseres Zollkontingent für Rind- und Kalbfleisch kompensiert werden müsste. Die Kommission bezweifelt deswegen, dass sich die Situation insgesamt für die inländische Schlachtvieh- und Fleischbranche verbessern würde.

Des Weiteren wurde auch eine Anpassung des HS sowie eine Änderung der Schweizerischen Erläuterungen zum Zolltarif durch die EZV besprochen. Die Kommission verwarf diese Ansätze, da sie bei den zuständigen Gremien des HS Einzelentscheide bzw. ein WTO-Streitbeilegungsverfahren gegen die Schweiz nach sich ziehen könnten.

Schliesslich wurden auch Massnahmen im Bereich der Lebensmittelkontrolle erwähnt. So könnte beispielsweise von den zuständigen Stellen geprüft werden, ob importiertes Fleisch, das bei der Einfuhr gewürzt war, auch tatsächlich als solches in den Verkauf gelangt. Dies wurde aber als nicht praktikabel erachtet und es fehlt eine entsprechende Rechtsgrundlage. Der nötige Zusatzaufwand bei den betroffenen Stellen des Bundes und der Kantone liesse sich kaum rechtfertigen.

Die Kommissionsmehrheit kommt somit zum Schluss, dass die Schaffung von Schweizerischen Anmerkungen zum Zolltarif durch den Gesetzgeber am zweckmässigsten ist, um den Zielen der parlamentarischen Initiativen zu entsprechen.

3

Erläuterungen zu den einzelnen Bestimmungen

Ingress Es handelt sich um eine rein formelle Anpassung (Bundesverfassung19, BV).

Anhang 1 Teil 1a Kapitel 2 und 16 In den Anhängen 1 und 2 des ZTG wird der Generaltarif festgelegt. Der Text des Generaltarifs wird gestützt auf Artikel 5 Absatz 1 des Publikationsgesetzes vom 18. Juni 200420 in der Amtlichen Sammlung durch Verweis veröffentlicht. Aus diesem Grund werden auch Änderungen des Generaltarifs in der Amtlichen Sammlung lediglich durch Verweis publiziert. (Gestützt auf Artikel 15 der Publikationsverordnung vom 17. November 200421 wird der Text des Generaltarifs auch nicht in der Systematischen Sammlung veröffentlicht.)

Es wird folgende Änderung des Generaltarifs vorgeschlagen: In Anhang 1 (Schweizerischer Zolltarif), Teil 1a (Einfuhrtarif), wird gewürztes Fleisch grundsätzlich vom Kapitel 16 ausgeschlossen und neu im Kapitel 2 eingereiht.

19 20 21

SR 101 SR 170.512 SR 170.512.1

5676

Es ist sinnvoll, die Texte auf frische, gekühlte oder gefrorene Erzeugnisse zu beschränken und nur die entsprechenden Tarifnummern zu nennen. Damit wäre auch die Gleichbehandlung aller Fleischarten gewährleistet (Rind, Schwein, Schaf, Ziege, Pferd, Hausgeflügel, Kaninchen usw.). Trockenfleisch- oder Wurstwaren wären indessen nach den bisherigen Bestimmungen einzureihen.

Als «Würzmittel» gelten unvermischte oder vermischte trockene Stoffe (z. B. Pfeffer, Würzmischungen), pastenförmige und flüssige Präparate (z. B. Marinaden). Es spielt auch keine Rolle, ob es sich um grössere Fleischstücke (z. B. ganze Filets und dgl.) oder um konsumfertig zugeschnittene Stücke (z. B. Braten, Steaks) und zerkleinertes Fleisch (z. B. Ragout, Geschnetzeltes, Hackfleisch) handelt.

4

Auswirkungen

4.1

Finanzielle und personelle Auswirkungen

Im Jahre 2013 belief sich der Zollertrag für das unter der Tarifnummer 1602.5099 verzollte gewürzte Fleisch mit einem Ansatz von 638.00 Franken je 100 kg brutto auf rund 10 Millionen Franken. Unterliegt die gleiche Menge den entsprechenden Zollansätzen ausserhalb der Zollkontingente im Kapitel 2, ergeben sich rein rechnerisch Zolleinnahmen von mehr als 30 Millionen Franken (Mehreinnahmen von rund 20 Mio. Fr.). Ob die bisherigen, unter der Tarifnummer 1602.5099 verzollten Mengen zu den Bedingungen, die für Fleisch der Tarifnummern 0201 und 0202 gelten (Zollansätze, Kontingente), weiterhin eingeführt würden, ist unklar. Vorbehalten bleiben ferner die finanziellen Auswirkungen von allfälligen Massnahmen gestützt auf die Zollerleichterungsverordnung vom 7. April 200722 (ZEV).

Die vorgeschlagene Schaffung von Schweizerischen Anmerkungen im Zolltarif führt weder im Personal- noch im Informatikbereich zu höherem Aufwand.

4.2

Vollzugstauglichkeit

Die Bestimmungen für die Einreihung von Fleischwaren im Zolltarif sind sowohl dem Personal der EZV als auch den Zollbeteiligten (Spediteure, Importeure usw.)

bekannt. Da keine grundsätzlich neuen Anforderungen gestellt werden, bietet die Vorlage mit Blick auf die Vollzugstauglichkeit keine Probleme.

5

Verhältnis zum europäischen Recht

Wie in Ziffer 2.1.2.3 erwähnt, kennt die EU eine Regelung für die Einreihung von gewürztem Fleisch. Die neuen Schweizerischen Anmerkungen stehen im Widerspruch dazu.

22

SR 631.012

5677

6

Rechtliche Grundlagen

6.1

Verfassungs- und Gesetzmässigkeit

Gemäss Artikel 133 der Bundesverfassung ist die Gesetzgebung über Zölle und andere Abgaben auf dem grenzüberschreitenden Warenverkehr Sache des Bundes.

Letztmals wurden im Agrarbereich mit dem Bundesbeschluss vom 16. Dezember 1994 über die Anpassung des Generaltarifs an die Liste LIX-Schweiz-Liechtenstein23 Schweizerische Anmerkungen im Abschnitt II (Zölle auf Futtermitteln) und im Kapitel 8 (Aufzählung der tropischen Früchte) eingefügt.

6.2

Vereinbarkeit mit den internationalen Verpflichtungen der Schweiz

Die neuen Schweizerischen Anmerkungen wären nicht konform mit der HS-Nomenklatur und den Erläuterungen dazu. Hält sich eine der heute 150 HS-Vertragsparteien nicht an die Verpflichtungen, enthält das HS-Übereinkommen Bestimmungen über die Beilegung von Streitigkeiten. Bei Streitigkeiten steht es jeder HS-Vertragspartei frei, die Angelegenheit vor den Ausschuss für das HS zu bringen.

Durch den Widerspruch zu den HS-Erläuterungen wird die Schweiz auch ihre Verpflichtungen im Rahmen der WTO verletzen, da die HS-Nomenklatur und die Erläuterungen dazu die Grundlage für die WTO-Verpflichtungslisten und deren Auslegung darstellen24. Eine Klage von Handelspartnern beim WTO-Schiedsgericht könnte Kompensationsforderungen zur Folge haben.

Ausserdem sind im Verhältnis zur EU spezifische vertragliche Regelungen zu berücksichtigen. Dies betrifft insbesondere das Abkommen vom 21. Juni 199925 zwischen der Schweiz und der Europäischen Gemeinschaft über den Handel mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen (Agrarabkommen).

6.3

Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen

Die Vorlage enthält keine Delegation von Rechtssetzungsbefugnissen.

23 24

25

BBl 1994 V 1129 Diese Sichtweise wurde in zwei WTO-Streitfällen mit der EU (als beklagte Partei) betreffend gefrorene und gesalzene Geflügelfleischstücke und betreffend Informationstechnologieprodukte bestätigt. DS269, 286 EC ­ Chicken Cuts: Die EU hatte gefrorene und gesalzene Geflügelfleischstücke mithilfe einer «Zusätzlichen Anmerkung» neu nicht mehr der Tarifnummer 0210 (= gesalzen) sondern der Nummer 0207 (= gefroren) zugeordnet. Somit waren gefrorene und gesalzene Geflügelfleischstücke bei der Einfuhr einem höheren Zollansatz unterstellt worden. Das WTO-Streitbeilegungsorgan beurteilte diese Massnahme als eine Verletzung von Artikel II:1 a) und Artikel II:1 b) GATT und basierte sich dabei auf den Entscheid des HS-Ausschusses, gemäss welchem gefrorene und gesalzene Geflügelstücke der Tarifnummer 0210 (=gesalzen) zuzuordnen sind.

SR 0.916.026.81

5678

6.4

Erlassform

Beim vorliegenden Entwurf geht es um eine Revision des Zolltarifgesetzes, Generaltarif, Anhang 1 (Schweizerischer Zolltarif), Teil 1a (Einfuhrtarif).

5679

5680