15.070 Botschaft zum Doppelbesteuerungsabkommen zwischen der Schweiz und Liechtenstein und zu seiner Umsetzung (Änderung des Bundesgesetzes über die Durchführung von zwischenstaatlichen Abkommen des Bundes zur Vermeidung der Doppelbesteuerung) vom 28. Oktober 2015

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung: ­

den Entwurf eines Bundesbeschlusses über die Genehmigung des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen der Schweiz und Liechtenstein,

­

den Entwurf einer Änderung des Bundesgesetzes über die Durchführung von zwischenstaatlichen Abkommen des Bundes zur Vermeidung der Doppelbesteuerung.

Gleichzeitig beantragen wir Ihnen, den folgenden parlamentarischen Vorstoss abzuschreiben: 2014

M 12.3046

Doppelbesteuerungsabkommen mit Liechtenstein.

Doppelbesteuerung vermeiden (N 15.6.12, Müller Walter; 10.9.13; N 10.3.14)

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

28. Oktober 2015

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Simonetta Sommaruga Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

2015-2320

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Übersicht Zwischen der Schweiz und Liechtenstein besteht ein Abkommen vom 22. Juni 1995 über verschiedene Steuerfragen. Dieses vermeidet Doppelbesteuerungen nicht mehr in dem gewünschten Ausmass.

Aus diesem Grund haben die beiden Vertragsstaaten Ende 2013 Verhandlungen über ein Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen aufgenommen. Die Verhandlungen konnten Anfang 2015 abgeschlossen werden. Das Abkommen wurde am 10. Juli 2015 unterzeichnet.

In der Vernehmlassung haben die Kantone und die interessierten Kreise aus der Wirtschaft den Abschluss des Abkommens begrüsst.

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Botschaft 1

Grundzüge des Abkommens

1.1

Ausgangslage

Zwischen der Schweiz und Liechtenstein besteht ein Abkommen über verschiedene Steuerfragen1 (nachfolgend «Abkommen 1995»). Es wurde am 22. Juni 1995 unterzeichnet und bislang nicht revidiert.

Das Abkommen 1995 regelt nur die Besteuerung gewisser Einkommensarten. Erfasst sind das Einkommen aus unselbstständiger Erwerbstätigkeit, Ruhegehälter und Zinsen auf Grundpfandforderungen. Bei diesen Einkünften waren mit dem Inkrafttreten des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 19902 über die direkte Bundessteuer (DBG) per Anfang 1995 zahlreiche Fälle von Doppelbesteuerungen absehbar, da die damals geltenden Vereinbarungen der Kantone St. Gallen und Graubünden mit Liechtenstein für die direkte Bundessteuer keine Anwendung fanden.

Anfang 2011 ist in Liechtenstein ein neues Steuergesetz in Kraft getreten. Gestützt darauf erhebt Liechtenstein seit 2012 auf Leistungen der dortigen AHV eine Quellensteuer. Diese führt mangels Regelung der Besteuerung von Leistungen aus Sozialversicherungen im Abkommen 1995 zu einer Doppelbesteuerung dieser Leistungen für in der Schweiz wohnhafte Rentnerinnen und Rentner. Vor diesem Hintergrund wurde der Bundesrat mit der Anfang 2012 eingereichten Motion 12.3046 mit dem Abschluss eines Doppelbesteuerungsabkommens mit Liechtenstein beauftragt, das Doppelbesteuerungen generell vermeiden soll. Der Bundesrat hat die Annahme dieser Motion beantragt.

Gleichzeitig zeichnete sich ab, dass Liechtenstein mit der ausschliesslichen Besteuerung der Grenzgänger/innen im Ansässigkeitsstaat unter dem Abkommen 1995 unzufrieden war und eine entsprechende Revision des Abkommens 1995 fordern würde. Der Wortlaut der Motion 12.3046 wurde in der Folge in den Beratungen der eidgenössischen Räte dahingehend geändert und verabschiedet, dass der Bundesrat im auszuhandelnden Doppelbesteuerungsabkommen die Beibehaltung der Besteuerung der Grenzgänger/innen durch den Ansässigkeitsstaat sicherzustellen habe.

1.2

Verlauf und Ergebnis der Verhandlungen

Die Verhandlungen über den Abschluss eines Doppelbesteuerungsabkommens begannen im Dezember 2013 und konnten Anfang 2015 abgeschlossen werden. Am 10. Juli 2015 erfolgte die Unterzeichnung des Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (nachfolgend «DBA-LI»).

1 2

SR 0.672.951.43 SR 642.11

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1.3

Würdigung

Die Schweiz und Liechtenstein sind wohlhabende Industrieländer mit vergleichbarer Wirtschaftsstruktur. Neben Industrie verfügen beide Länder über einen bedeutenden Finanzsektor. Zudem besteht zwischen den beiden Ländern in vielen Bereichen eine äusserst enge Zusammenarbeit, die durch eine Vielzahl von Staatsverträgen ermöglicht wird. Neben zahlreichen Abkommen zwischen Liechtenstein und den angrenzenden Kantonen sind auf Bundesebene insbesondere der Vertrag vom 29. März 19233 zwischen der Schweiz und Liechtenstein über den Anschluss des Fürstentums Liechtenstein an das schweizerische Zollgebiet und der Währungsvertrag von vom 19. Juni 19804 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Fürstentum Liechtenstein zu nennen, kraft deren die Schweiz und Liechtenstein ein einheitliches Zollgebiet und einen einheitlichen Währungsraum bilden. Weiter besteht eine Vielzahl von Staatsverträgen über die Zusammenarbeit in verschiedenen Bereichen wie Justiz, Bevölkerungsschutz, Sozialwesen, Bildung, Wirtschaft, Gesundheitspflege oder Infrastruktur.

Bedingt durch die räumliche Nähe, die enge Zusammenarbeit in vielen Bereichen sowie das gemeinsame Zollgebiet und den gemeinsamen Währungsraum sind grenzüberschreitende Wirtschaftsaktivitäten zwischen der Schweiz und Liechtenstein häufig. Dementsprechend treten bei den im Abkommen 1995 nicht geregelten Einkunftsarten verschiedentlich Doppelbesteuerungen auf. Mit dem Inkrafttreten des neuen Steuergesetzes in Liechtenstein haben diese wesentlich zugenommen. Der Abschluss eines umfassenden Doppelbesteuerungsabkommens rechtfertigt sich aus diesem Grund.

Sehr eng sind die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen der Schweiz und Liechtenstein insbesondere auf dem Arbeitsmarkt. Im Jahr 2013 pendelten 10 048 in der Schweiz ansässige Arbeitnehmer/innen nach Liechtenstein. Davon wohnten 8 209 im Kanton St. Gallen und 868 im Kanton Graubünden. In die umgekehrte Richtung pendelten in demselben Jahr 1780 Personen. Die grosse Differenz erklärt sich namentlich dadurch, dass die Möglichkeiten zur Wohnsitznahme in Liechtenstein stark eingeschränkt sind, sodass Zupendler/innen aus dem Ausland rund die Hälfte der dort beschäftigten Arbeitnehmer/innen stellen.

Trotz der engen Zusammenarbeit zwischen den beiden Staaten und der vergleichbaren Wirtschaftsstrukturen lagen die
Ausgangspositionen in wichtigen Regelungspunkten des DBA-LI weit auseinander. Insbesondere führte die Differenz der Pendlerströme in Bezug auf die Besteuerung der Grenzgänger/innen sowie der Ruhegehälter zu gegensätzlichen Interessen. Während Liechtenstein eine beschränkte Besteuerung des Erwerbseinkommens dieser Personen durch den Quellenstaat forderte, hatte die Schweiz ein starkes Interesse an der Beibehaltung der Besteuerung im Ansässigkeitsstaat. Weiter kennt Liechtenstein keine Quellensteuer auf Dividenden und Zinsen, während die Schweiz diese Kapitalerträge grundsätzlich mit der Verrechnungssteuer erfasst. Entsprechend hat Liechtenstein eine vollständige Quellensteuerbefreiung für Dividenden und Zinsen gefordert, während die Schweiz im Einklang mit ihrer Abkommenspolitik an einer gewissen Quellenbesteuerung festhalten wollte. Weiter ist auch zu berücksichtigen, dass Liechtenstein wie die Schweiz über einen ausgeprägten Finanzdienstleistungssektor verfügt und für den 3 4

SR 0.631.112.514 SR 0.951.951.4

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wichtigen Dienstleistungszweig der Vermögensverwaltung die Frage der Gewährung von Vorteilen von Doppelbesteuerungsabkommen an Vehikel zur kollektiven Kapitalanlage und privaten Vermögensverwaltung von grosser Bedeutung ist. Während die Abkommensberechtigung von solchen Gefässen zur liechtensteinischen Abkommenspolitik gehört, ist die Schweiz entsprechend ihrer Politik diesbezüglich zurückhaltend.

Im Bereich der Besteuerung der Grenzgänger/innen soll die bisher geltende ausschliessliche Besteuerung im Ansässigkeitsstaat weiter gelten. Massgebend dafür war, wie bereits unter dem Abkommen 1995, dass die Schweiz generell und besonders die Grenzkantone St. Gallen und Graubünden mit Liechtenstein sehr eng und unter zuvorkommenden Bedingungen zusammenarbeiten. So wird Liechtenstein z.B.

in den kostenintensiven Bereichen der Gesundheit und Bildung wie ein schweizerischer Kanton behandelt.

Die Lösung hinsichtlich der Ruhegehälter reflektiert die unterschiedliche Abkommenspolitik der Schweiz und Liechtensteins in diesem Bereich. Ruhegehälter werden, mit Ausnahme der Ruhegehälter aus öffentlichem Dienst, weiterhin ausschliesslich im Ansässigkeitsstaat besteuert, wobei die Schweiz das Besteuerungsrecht für Ruhegehälter von Arbeitnehmenden ohne Grenzgängerstatus mit einer jährlichen Ausgleichszahlung von 450 000 Franken abgilt.

In den Bereichen der Besteuerung von Dividenden, Zinsen und Lizenzgebühren sowie der Gewährung der Vorteile des DBA-LI an liechtensteinische Vermögensstrukturen konnten für das DBA-LI Regelungen gefunden werden, die der Abkommenspolitik der Schweiz entsprechen. So besteht für Dividenden aus Portfoliobeteiligungen (weniger als 10 Prozent des Kapitals) ein Quellenbesteuerungsrecht und steuerlich transparente Vermögensstrukturen kommen nicht in den Genuss der Vorteile des DBA-LI.

Schliesslich enthält das DBA-LI eine Bestimmung über den Informationsaustausch in Einklang mit dem internationalen Standard sowie eine Bestimmung zur Verhinderung der missbräuchlichen Inanspruchnahme des DBA-LI.

Unter Berücksichtigung der stark divergierenden Ausgangspositionen stellt das DBA-LI insgesamt ein gutes Verhandlungsresultat dar, das den besonderen Verhältnissen zwischen der Schweiz und Liechtenstein und den Interessen der betroffenen angrenzenden Kantone Rechnung trägt. Das DBA-LI erfüllt in
Bezug auf die Grenzgängerbesteuerung überdies auch den Auftrag der Motion 12.3046. Mit dem DBA-LI konnte ein ausgewogenes Ergebnis erzielt werden, das zur weiteren positiven Entwicklung der bilateralen Wirtschaftsbeziehungen beitragen wird.

Die Kantone sowie die interessierten Kreise aus der Wirtschaft haben in ihren Vernehmlassungen den Abschluss des Abkommens begrüsst.

1.4

Erledigung parlamentarischer Vorstösse

Die Motion 12.3046 von Nationalrat Walter Müller, in der durch den Ständerat am 10. September 2013 geänderten Fassung, beauftragt den Bundesrat, mit Liechtenstein ein Doppelbesteuerungsabkommen auszuhandeln. Das Abkommen muss dem Titel und der Begründung der Motion entsprechend umfassend sein und Doppelbesteuerungen auf allen Arten von Einkommen verhindern. Weiter soll das Abkommen die Umstände des Arbeitsortes Liechtenstein und des Wohnortes in den angrenzen7835

den Kantonen und Gemeinde angemessen berücksichtigen und betreffend die Besteuerung der Grenzgänger/innen am Status quo der Besteuerung durch den Ansässigkeitsstaat beibehalten.

Das DBA-LI erfüllt die Anforderung der Motion 12.3046, weshalb diese als erfüllt zu betrachten ist. Der Bundesrat beantragt der Bundesversammlung aus diesem Grund, die Motion 12.3046 abzuschreiben.

2

Erläuterungen zu einzelnen Bestimmungen des Abkommens

Das DBA-LI folgt sowohl in formeller als auch in materieller Hinsicht weitgehend dem OECD-Musterabkommen sowie der Abkommenspolitik der Schweiz. Die nachfolgenden Ausführungen beschränken sich auf die wichtigsten Abweichungen gegenüber dem OECD-Musterabkommen, dem Abkommen 1995 und der schweizerischen Abkommenspolitik.

Art. 2

Unter das Abkommen fallende Steuern

Unter das DBA-LI fällt namentlich die liechtensteinische Couponsteuer von 4 Prozent der ausgeschütteten Dividenden, die mit der schweizerischen Verrechnungssteuer vergleichbar ist. Die Couponsteuer wurde per Anfang 2011 abgeschafft, wobei allerdings im Abschaffungszeitpunkt bestehende ausschüttungsfähige Reserven weiterhin der Couponsteuer unterlagen. Aus diesem Grund umfasst der sachliche Geltungsbereich des DBA-LI auch die Couponsteuer.

Art. 3

Allgemeine Begriffsbestimmungen

Der Begriff der «Person» umfasst auch ruhende Nachlässe (Art. 3 Abs. 1 Bst. c DBA-LI). Dabei handelt es sich um unverteilte Erbschaften, die in Liechtenstein als eigenes Steuersubjekt gelten. Der Nachlass ruht bis zur Teilung durch einen Gerichtsentscheid. Das Verfahren hierzu ist von Amtes wegen einzuleiten, sodass es nicht im Belieben der Erbinnen und Erben steht, einen Nachlass ruhen zu lassen und dadurch dessen Einkünfte der Besteuerung in Liechtenstein zu unterwerfen.

Auf Vorschlag der Schweiz enthalten die Begriffsbestimmungen auch eine Definition der Vorsorgeeinrichtung. Vorsorgeeinrichtungen müssen in einem Vertragsstaat errichtet sein, den Vorschriften dieses Staates unterliegen und vorwiegend der Verwaltung oder Gewährung von Vorsorgeleistungen dienen. Da liechtensteinische Vorsorgeeinrichtungen nicht in allen Fällen von der Besteuerung ausgenommen sind, wurde auf das gemäss schweizerischer Abkommenspolitik üblicherweise enthaltene Merkmal der steuerlichen Befreiung verzichtet. Die Bestimmung wird in Ziffer 1 des Protokolls weiter präzisiert. Der Begriff der Vorsorgeeinrichtung umfasst die Einrichtungen beider Staaten der ersten und der zweiten Säule sowie der Säule 3a. Nicht als Vorsorgeeinrichtungen gelten dagegen Pensionsfonds nach dem liechtensteinischen Pensionsfondsgesetz. Die kollektive Kapitalanlage, in welche ausschliesslich Vorsorgeeinrichtungen investieren, wird gleich behandelt wie die direkte Kapitalanlage durch die Vorsorgeeinrichtungen selbst.

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Art. 4

Ansässige Person

Die Regelung der Ansässigkeit folgt dem OECD-Musterabkommen.

Im Protokoll wird festgehalten, dass Vorsorgeeinrichtungen und Organisationen mit religiösen, wohltätigen, wissenschaftlichen, kulturellen, sportlichen oder Ausbildungszwecken als in einem Vertragsstaat ansässige Person gelten (Ziff. 2 Bst. a röm.

Ziff. i und ii). Diese Bestimmungen dienen lediglich der Klarstellung, denn in der Schweiz gelten solche Institutionen auch ohne eine entsprechende Bestimmung nach innerstaatlichem Recht als ansässig für Zwecke der Doppelbesteuerungsabkommen, selbst wenn diese Institutionen aufgrund der von ihnen verfolgten Zwecke steuerbefreit sind.

Wie in der Schweiz sind Stiftungen in Liechtenstein juristische Personen und führen zu einer rechtlichen Verselbständigung des Stiftungsvermögens. Das liechtensteinische Stiftungsrecht lässt dem Stifter bzw. der Stifterin im Gegensatz zum Schweizer Recht jedoch einen grossen Ausgestaltungsspielraum. Namentlich kann sich der Stifter oder die Stifterin verschiedene Möglichkeiten der Einflussnahme bis hin zum Widerruf der Stiftung vorbehalten. Für liechtensteinische Stiftungen sowie stiftungsähnlich (d.h. ohne Anteilsrechte) ausgestaltete Anstalten und Treuunternehmen («Trust reg.») mit Stifter/in oder Begünstigten in der Schweiz hält das Protokoll (Ziff. 2 Bst. a röm. Ziff. iii) deshalb die Mindestanforderungen für die Anerkennung als ansässige Person fest. Die Ansässigkeit für die Zwecke des DBA-LI verlangt im Grundsatz, dass eine rechtliche und tatsächliche Entäusserung des Stiftungsvermögens stattgefunden haben muss und dass das Stiftungsvermögen sowie dessen Erträge nicht dem Stifter bzw. der Stifterin oder den begünstigten Personen zuzurechnen ist. Dies schliesst jede Möglichkeit der Einflussnahme auf die Geschäftsführung der Stiftung durch Stifter/innen, Begünstigte oder Nahestehende aus.

Vereinbart wurde weiter ein Indizienkatalog, der als Negativaufzählung verschiedene verbreitete Möglichkeiten der Einflussnahme auf die Stiftung enthält, die gemäss den kantonalen Praxen zur Verweigerung der Anerkennung der Stiftung führen.

Disqualifizierend sind unter anderem die Widerrufbarkeit der Stiftung sowie die Möglichkeit zur Änderung der Errichtungsdokumente. Ebenfalls unzulässig sind Möglichkeiten irgendeiner Art zur Beeinflussung der Stiftungsorgane. Dies
schliesst insbesondere Einflussnahme infolge Personalunion mit den Organen sowie auch Bindung der Organe durch Mandatsverträge oder ähnliche Absprachen irgendeiner Art aus, seien diese auch nur konkludent getroffen worden. Ebenfalls unvereinbar mit einer Anerkennung der Ansässigkeit sind weiter durchsetzbare Rechtsansprüche von Begünstigten auf Zuwendungen von der Stiftung.

Die Regelung zur Ansässigkeit liechtensteinischer Stiftungen und stiftungsähnlich ausgestalteter juristischer Personen bildet die bestehenden kantonalen Praxen ab und fasst diese zusammen. Der Indizienkatalog schliesst die Überprüfung zusätzlicher Kriterien nach schweizerischem Recht nicht aus und steht der Weiterführung der kantonalen Praxen daher nicht im Weg.

Nicht als ansässig gelten Personen, die in Liechtenstein ausschliesslich der Mindestertragssteuer unterliegen (Ziff. 2 Bst. b des Protokolls). Dies betrifft insbesondere die juristischen Personen, die den Steuerstatus der «Privatvermögensstruktur» haben. Dieser Status steht grundsätzlich juristischen Personen offen, die nur der Verwaltung des eigenen Vermögens dienen und keine wirtschaftlichen Aktivitäten entfalten. Privatvermögensstrukturen bezahlen in Liechtenstein nur die jährliche Mindestertragssteuer von zurzeit 1200 Franken.

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Schliesslich wird in Ziffer 2 Buchstabe c des Protokolls der Vorbehalt des Vertrags vom 29. März 19235 über den Anschluss des Fürstentums Liechtenstein an das schweizerische Zollgebiet festgehalten. Das in Liechtenstein stationierte Zollpersonal sowie dessen im selben Haushalt lebende Angehörige gelten kraft Artikel 23 des Zollanschlussvertrages weiterhin als in der Schweiz ansässig.

Art. 5 und 7

Betriebsstätte und Unternehmensgewinne

Die Definition der Betriebsstätte und die Zuteilung der Unternehmensgewinne folgen dem OECD-Musterabkommen.

Art. 10, 11 und 12

Dividenden, Zinsen und Lizenzgebühren

Die Regelung der Besteuerung von Dividenden, Zinsen und Lizenzgebühren entspricht der aktuellen schweizerischen Abkommenspolitik in diesem Bereich. Dementsprechend sieht das DBA-LI für Dividenden einen generellen Residualsteuersatz von 15 Prozent vor. Keiner Residualsteuer unterliegen jedoch Dividenden, die Gesellschaften aus massgeblichen Beteiligungen (10 Prozent mit Mindesthaltedauer von einem Jahr) erzielen, sowie Dividenden an Vorsorgeeinrichtungen oder an die Vertragsstaaten. Zinsen und Lizenzgebühren unterliegen keiner Residualsteuer. Sie können nur im Ansässigkeitsstaat der an den Erträgen nutzungsberechtigten Person besteuert werden.

Art. 13

Gewinne aus der Veräusserung von Vermögen

Dieser Artikel entspricht weitgehend der Bestimmung des OECD-Musterabkommens und sieht in Absatz 4 insbesondere vor, dass die Gewinne aus der Veräusserung von Anteilen an einer Gesellschaft, deren Wert zu über 50 Prozent direkt oder indirekt aus unbeweglichem Vermögen in einem Vertragsstaat stammen, in diesem besteuert werden können. Um den Handel von börsenkotierten Aktien an Immobiliengesellschaften nicht zu erschweren, wurde entsprechend der schweizerischen Abkommenspolitik zusätzlich eine Ausnahme von Absatz 4 für solche Titel vereinbart (Bst. a). Ebenso gilt eine Ausnahme für Anteile an einer Gesellschaft, deren Wert zwar zu mehr als 50 Prozent aus unbeweglichem Vermögen in einem Vertragsstaat besteht, die aber ihre Geschäftstätigkeit in diesen Liegenschaften ausübt (Bst. b).

Art. 15

Unselbstständige Arbeit

Die Regelung der Besteuerung des Einkommens aus unselbstständiger Arbeit folgt dem OECD-Musterabkommen. Eine besondere Regelung gilt jedoch für das Erwerbseinkommen der unselbstständig erwerbstätigen Grenzgänger/innen. Dieses kann ausschliesslich von deren Ansässigkeitsstaat besteuert werden (Art. 15 Abs. 4 DBA-LI). Als Grenzgänger/innen gelten Personen, die sich in der Regel an jedem Arbeitstag von ihrem Wohnsitz in einem Vertragsstaat an ihren Arbeitsort im anderen Vertragsstaat und nach Arbeitsende wieder zurück begeben.

Diese Bestimmung wird im Protokoll (Ziff. 5) weiter präzisiert: Als Wohnsitz gilt das Hauptsteuerdomizil. Personen, die z.B. als Wochenaufenthalter/innen von einem 5

SR 0.631.112.514

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Zweitwohnsitz an den Arbeitsort im anderen Vertragsstaat pendeln, gelten somit nicht als Grenzgänger/innen. Weiter wird festgehalten, dass als Arbeitsort der Ort gilt, an dem die Person in den Betrieb des Arbeitgebers eingegliedert ist. Dies entspricht dem Ort, an dem die Arbeit üblicherweise ausgeführt wird. Die Grenzgängereigenschaft entfällt, wenn die Person in einem Kalenderjahr an mehr als 45 Arbeitstagen nach Arbeitsende aus beruflichen Gründen nicht an ihren Wohnsitz zurückkehrt. Berufliche Gründe schliessen im Arbeitsverhältnis begründete Verhinderungen ein, wie z.B. Geschäftsreisen, Bereitschaftsdienst oder Anwesenheitspflicht, aber auch die grosse Distanz zwischen dem Hauptsteuerdomizil und dem Arbeitsort, die eine regelmässige Rückkehr unzumutbar macht.

Die Besteuerung der Grenzgänger/innen ist Gegenstand einer gemeinsamen Erklärung der Regierungen anlässlich der Unterzeichnung des DBA-LI. In dieser Erklärung werden die Gründe für die vereinbarte Lösung dargelegt und die Möglichkeit einer Revision der Regelung bei einer wesentlichen Änderung der Umstände festgehalten. Die Erklärung begründet keine zusätzlichen Verpflichtungen für die Schweiz.

Art. 18

Ruhegehälter

Ruhegehälter (einschliesslich Kapitalleistungen), mit Ausnahme von Ruhegehältern aus öffentlichem Dienst, bleiben wie bis anhin im Ansässigkeitsstaat des Leistungsempfängers bzw. der Leistungsempfängerin steuerbar. Zur Abgeltung des Besteuerungsrechts betreffend die Ruhegehälter von Personen, die nicht Grenzgänger/innen im Sinne von Artikel 15 Absatz 4 DBA-LI waren, leistet die Schweiz eine jährliche Ausgleichszahlung von 450 000 Franken (Ziff. 6 des Protokolls).

Die Abkommenspolitik der Schweiz und Liechtensteins unterscheidet sich grundlegend hinsichtlich der Leistungen der beruflichen Vorsorge. Während Liechtenstein das Besteuerungsrecht in seinen Doppelbesteuerungsabkommen dem Quellenstaat zuweist, vereinbart die Schweiz üblicherweise die Besteuerung im Ansässigkeitsstaat des Empfängers. Die getroffene Lösung ist ein Kompromiss zwischen den beiden Positionen. Sie beruht auf einer Unterscheidung zwischen Leistungsempfängerinnen und -empfängern, die früher als Grenzgänger/innen im anderen Staat gearbeitet haben, und solchen, die dies nicht getan haben. Da eine tatsächliche Aufteilung zwischen diesen Personenkategorien einen erheblichen Aufwand für Verwaltung und Steuerpflichtige verursacht hätte, wurde eine jährliche pauschale Abgeltungszahlung der Schweiz an Liechtenstein vereinbart. Der Betrag entspricht den geschätzten Mehreinnahmen der Schweiz aus der Besteuerung von Ruhegehältern von in der Schweiz ansässigen Personen ohne früheren Grenzgängerstatus nach Verrechnung mit den geschätzten Mehreinnahmen Liechtensteins von solchen in Liechtenstein ansässigen Personen.

Betreffend die innerstaatliche Tragung der Ausgleichszahlung wird auf die Erläuterungen zum Umsetzungserlass verwiesen (siehe Ziff. 3).

Art. 19

Öffentlicher Dienst

Die vereinbarte Regelung entspricht jener des Abkommens 1995, die sich bewährt hat. Die von den Vertragsstaaten für geleistete Dienste bezahlten Vergütungen, einschliesslich Ruhegehälter, können nur vom betreffenden Vertragsstaat besteuert werden.

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Diese Regel gilt nicht für Vergütungen, die von Institutionen geleistet werden, an denen beide Vertragsstaaten respektive deren politische Unterabteilungen oder lokale Körperschaften beteiligt sind. Auf solche Vergütungen sind die Artikel 15 und 18 DBA-LI anwendbar. Der Kreis der unter diese Regeln fallenden gemeinsam getragenen Institutionen wird zwischen den betroffenen Kantonen und Liechtenstein bilateral geregelt. Auf Bundesebene bestehen derzeit keine solchen Institutionen.

Art. 21

Andere Einkünfte

Die Besteuerung der nicht in den anderen Bestimmungen des DBA-LI angesprochenen Einkünfte erfolgt entsprechend der Regelung im OECD-Musterabkommen ausschliesslich im Ansässigkeitsstaat.

Entgegen der sonst üblichen Regelung in schweizerischen Doppelbesteuerungsabkommen gilt Artikel 21 DBA-LI auch für Gewinne aus Lotterien. Hintergrund dieser Regelung ist, dass Liechtenstein im Rahmen eines Vertrages mit der Genossenschaft Swisslos Interkantonale Landeslotterie (Swisslos) zusammenarbeitet. Liechtenstein erhält gegen die Einräumung von Exklusivrechten zur Durchführung von Grosslotterien von der Swisslos eine Gewinnausschüttung, die sich nach denselben Grundsätzen wie die Ausschüttungen an die Genossenschafterkantone bemisst. Liechtenstein und die Schweiz haben entsprechend ein Interesse daran, dass in Liechtenstein ansässige Personen Lotterien der Swisslos spielen. Diese Lotterien sind allerdings aufgrund der Verrechnungssteuerpflicht für die Gewinne nach Artikel 6 des Verrechnungssteuergesetzes vom 13. Oktober 19656 für Personen in Liechtenstein steuerlich ungünstig, insbesondere im Vergleich zu den quellensteuerfreien österreichischen Lotterien. Dieser steuerliche Wettbewerbsnachteil schweizerischer Lotterien soll mit dem vorgesehenen Bundesgesetz über Geldspiele, das auch die Abschaffung der Verrechnungssteuer auf Lotteriegewinnen vorsieht (Anhang der Vernehmlassungsvorlage), beseitigt werden. Um den durch ein Rückerstattungsverfahren bezüglich die schweizerische Verrechnungssteuer auf Lotteriegewinnen verursachten Verwaltungsaufwand in der Zeit bis zu deren voraussichtlicher Abschaffung in Grenzen zu halten, hat die Schweiz sich allerdings in Ziffer 9 des Protokolls das Recht vorbehalten, Gewinne unter 75 000 Franken zu besteuern, solange sie eine entsprechende Quellensteuer erhebt.

Art. 23

Vermeidung der Doppelbesteuerung

Liechtenstein vermeidet die Doppelbesteuerung wie die Schweiz mittels Freistellung unter Progressionsvorbehalt und der Anrechnungsmethode für Dividenden nach Artikel 10 DBA-LI und hat sich zusätzlich für Organentschädigungen im Sinne von Artikel 16 DBA-LI die Anrechnungsmethode vorbehalten. Weiter hat Liechtenstein sich ebenfalls vorbehalten, die Befreiung für Gewinne nach Artikel 13 Absatz 4 DBA-LI nur unter der Bedingung einer effektiven Besteuerung in der Schweiz zu gewähren.

Art. 25

Verständigungsverfahren

Die Bestimmung über das Verständigungsverfahren folgt jener des OECD-Musterabkommens und umfasst eine Schiedsklausel. Das Schiedsverfahren wird auf Ver6

SR 642.21

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langen der betroffenen steuerpflichtigen Person eingeleitet, sofern sich die zuständigen Behörden der beiden Vertragsstaaten nicht innert drei Jahren nach Vorlage des Falls einigen können. Der Entscheid der Schiedsstelle ist im Einzelfall für die Vertragsstaaten verbindlich, sofern keine der direkt betroffenen steuerpflichtigen Personen die Verständigungsvereinbarung, die den Entscheid umsetzt, ablehnt oder die zuständigen Behörden und die betroffenen Personen sich nicht innert sechs Monaten nach dem Entscheid auf eine andere Lösung einigen.

Art. 26

Informationsaustausch

Das DBA-LI enthält eine Bestimmung über den Informationsaustausch nach dem internationalen Standard. Die nachfolgenden Ausführungen gehen lediglich auf einzelne Punkte in Artikel 26 DBA-LI sowie die dazugehörigen Protokollbestimmungen (Ziff. 10 und 11) ein.

Wie in den Doppelbesteuerungsabkommen der Schweiz mit diversen anderen Staaten, sowie im OECD-Musterabkommen gilt die Bestimmung über den Informationsaustausch für sämtliche Steuern. Die Vertragsstaaten haben jedoch in Ziffer 11 des Protokolls klargestellt, dass der Informationsaustausch für den Bereich der Mehrwertsteuer nach wie vor auf der Grundlage des Vertrages vom 28. Oktober 19947 betreffend die Mehrwertsteuer im Fürstentum Liechtenstein erfolgen soll. Dieses Verfahren hat sich bewährt.

Die Bestimmungen von Artikel 26 werden im Protokoll (Ziff. 10) konkretisiert. Es regelt unter anderem im Detail die Voraussetzungen, die ein Auskunftsersuchen erfüllen muss (Bst. b). Notwendig sind insbesondere die Identifikation der betroffenen steuerpflichtigen Person sowie, soweit bekannt, Name und Adresse der Person (z.B. einer Bank), in deren Besitz der ersuchende Staat die gewünschten Informationen vermutet. Ebenso hält das Protokoll fest, dass diese Voraussetzungen nicht formalistisch ausgelegt werden dürfen (Bst. c).

Gemäss dem internationalen Standard ist der Informationsaustausch auf konkrete Anfragen beschränkt. Dazu gehören nach dem weiterentwickelten OECD-Standard auch konkrete Anfragen, die auf eine genau definierte Gruppe von Steuerpflichtigen abzielen, bei denen davon ausgegangen werden muss, dass sie ihren Steuerpflichten im ersuchenden Staat nicht nachgekommen sind. Das DBA-LI ermöglicht es, solchen Ersuchen Folge zu leisten. Die Identifikation kann durch Name und Adresse der betroffenen Person erfolgen, aber auch durch andere Mittel, z.B. durch die Beschreibung eines Verhaltensmusters. Diese Auslegung beruht auf der Auslegungsklausel (Bst. c in Verbindung mit Bst. b), die die Vertragsstaaten zu einer Auslegung der Erfordernisse an ein Ersuchen mit dem Ziel eines möglichst weit gehenden Informationsaustauschs verpflichtet, ohne dass «fishing expeditions» zugelassen sind. Die prozeduralen Voraussetzungen für die Erfüllung von Gruppenersuchen sind im Steueramtshilfegesetz vom 28. September 20128 geregelt.

Liechtenstein verfügt gegenwärtig
noch nicht über die gesetzliche Grundlage für die Beantwortung von Gruppenersuchen. Liechtenstein anerkennt jedoch, dass Gruppenersuchen zum internationalen Standard gehören, und wird eine Rechtsgrundlage für die Bearbeitung von Gruppenersuchen schaffen. Dies ist im laufenden Jahr vorgesehen. Die gegenwärtig fehlende Möglichkeit zur Bearbeitung von Gruppen7 8

SR 0.641.295.142 SR 651.1

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ersuchen durch Liechtenstein dürfte daher das DBA-LI nicht tangieren. Dieser Umstand wird durch den letzten Satz von Ziffer 10 Buchstabe c des Protokolls zum Ausdruck gebracht.

Die Schweiz hat der liechtensteinischen Delegation mitgeteilt, dass sie keine Amtshilfe leisten wird, wenn das Amtshilfegesuch auf illegal beschafften Daten beruht.

Art. 29

Inkrafttreten

Das Abkommen 1995 wird mit dem DBA-LI ausser Kraft gesetzt, bleibt jedoch anwendbar für vor der Anwendbarkeit des DBA-LI zugetragene Sachverhalte.

Protokoll Ziff. 4 (zu Art. 10, 11, 12 und 21)

Missbrauch

Zur Verhinderung des Missbrauchs des DBA-LI wurde eine Bestimmung vereinbart, die die Inanspruchnahme der Bestimmungen über die Dividenden, Zinsen, Lizenzgebühren und anderen Einkünften in missbräuchlichen Fällen versagt. Durch den Einschluss der anderen Einkünfte (Art. 21) werden auch Zahlungen aus Derivaten erfasst, die nicht als Dividenden, Zinsen oder Lizenzgebühren gelten, mit diesen aber in unmittelbarer Verbindung stehen. Als missbräuchlich gelten Transaktionen und Zwischenstrukturen, die mit dem hauptsächlichen Zweck eingesetzt oder errichtet werden, die Vorteile der erwähnten Bestimmungen des DBA-LI in Anspruch zu nehmen, vorausgesetzt, dass die betroffenen Einkünfte, würden die Transaktionen oder Zwischenstrukturen weggedacht, einer Person zuzurechnen wären, die weder in Liechtenstein noch in der Schweiz ansässig ist (Bst. a) oder die die für die Gewährung der entsprechenden Abkommensvorteile spezifischen Voraussetzungen nicht erfüllt (Bst. b). Werden die Einkünfte einer solchen Person zugerechnet und hätte diese, wenn sie die Einkünfte direkt vereinnahmt hätte, Zugang gehabt zu gleichwertigen oder günstigeren Zuteilungsregeln, so wird vermutet, dass die Transaktionen und Zwischenstrukturen nicht hauptsächlich dem Zweck dienen, die Bestimmungen des DBA-LI in Anspruch zu nehmen (Bst. c).

Die Bestimmung erfasst sowohl Fälle des Gewinndurchlaufs (z.B. solche des sogenannten «Dividenden-Stripping») als auch Fälle, bei welchen Zwischenstrukturen (i.d.R. Gesellschaften) eingesetzt werden, ohne dass es zu einer Weiterleitung der Erträge kommt. Ebenfalls abgedeckt sind Situationen, in welchen Anteile an Gesellschaften mit ausschüttbaren Reserven übertragen werden.

Die vereinbarte Lösung entspricht der Entwicklung der schweizerischen Abkommenspolitik auf diesem Gebiet und der von der Schweiz befolgten Praxis im Zusammenhang mit der Bekämpfung von Abkommensmissbräuchen.

Protokoll Ziff. 8 (zu Art. 18, 19 und 21)

Bescheinigung

Im DBA-LI wird eine Bescheinigungspflicht der Vorsorgeeinrichtungen festgehalten, die Leistungen an im anderen Vertragsstaat ansässige Personen auszahlen.

Damit soll die korrekte Besteuerung dieser Leistungen im Ansässigkeitsstaat erleichtert werden.

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3

Ausführungen zum Umsetzungserlass

Die im Zusammenhang mit der Besteuerung von Ruhegehältern in Ziffer 6 des Protokolls zu Artikel 18 DBA-LI vereinbarte Ausgleichszahlung im Betrag von jährlich 450 000 Franken wird von Liechtenstein dem Bund in Rechnung gestellt und von diesem bezahlt. Sie soll jedoch von den Kantonen getragen werden, die im besonderen Mass von der im DBA-LI vorgesehenen Besteuerung von Ruhegehältern im Ansässigkeitsstaat profitieren.

Es ist vorgesehen, die Ausgleichszahlung nach Massgabe der Verteilung der Zupendler/innen nach Liechtenstein auf die Kantone zu verteilen, in denen per Ende 2013 eine signifikante Anzahl Zupendler/innen nach Liechtenstein wohnhaft waren.

Die betroffenen Kantone haben sich damit im Grundsatz einverstanden erklärt.

Das Eidgenössische Finanzdepartement soll die Tragung der Ausgleichszahlung im Einvernehmen mit den betroffenen Kantonen regeln und die entsprechenden Rechtsgrundlagen erlassen können. Dies wird mit der beantragten Änderung des Bundesgesetzes vom 22. Juni 19519 über die Durchführung von zwischenstaatlichen Abkommen des Bundes über die Vermeidung der Doppelbesteuerung festgehalten.

Das Einverständnis der jeweils betroffenen Kantone mit der zu erlassenden Regelung ist notwendig.

Die Änderung des Bundesgesetzes hinsichtlich die Zuständigkeit des Eidgenössischen Finanzdepartementes betrifft vorwiegend organisatorische Fragen innerhalb der Bundesbehörde im Sinne von Artikel 3 Absatz 1bis des Vernehmlassungsgesetzes vom 18. März 200510. Für die Änderung des Bundesgesetzes wurde daher auf die Durchführung eines Vernehmlassungsverfahrens verzichtet. Aufgrund der vorgängigen Konsultationen der betroffenen Kantone und Amtsstellen des Bundes war zudem nicht mit einem Zugewinn an Erkenntnissen durch ein Vernehmlassungsverfahren zu rechnen, weswegen sich ein Verzicht darauf auch in materieller Hinsicht rechtfertigt.

4

Finanzielle Auswirkungen

Bezüglich der Einkommens-, Gewinn-, Vermögens- und Kapitalsteuern schränkt das DBA-LI das schweizerische Besteuerungsrecht im Vergleich zum Abkommen 1995 nur unwesentlich ein. Die Beschränkung des Besteuerungsrechts für Dividenden an in der Schweiz ansässige Personen im Umfang der Residualsteuer ist mangels Quellensteuern in Liechtenstein nur theoretisch. Die Ausgleichszahlung von 450 000 Franken (Ziff. 6 des Protokolls) scheint gemessen am gesamten Steuersubstrat aus Vorsorgeleistungen aus Liechtenstein an in der Schweiz ansässige Personen vernachlässigbar.

Die Erhebung der Verrechnungssteuer auf Dividenden und Zinsen aus der Schweiz wird in den Artikeln 10 und 11 DBA-LI eingeschränkt. Aussagen über damit einhergehende Ausfälle im Vergleich zur aktuellen Lage unter dem Abkommen 1995, das diesbezüglich keine Einschränkungen vorsieht, sind allerdings schwierig, da über den Bestand liechtensteinischer Direktinvestitionen in der Schweiz keine gesicherten Informationen vorliegen.

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SR 672.2 SR 172.061

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Es ist zu erwarten, dass unter dem DBA-LI Investitionen aus Liechtenstein in die Schweiz zunehmen, womit der Wirtschaftsstandort insgesamt und damit die Steuerbasis der Schweiz gestärkt wird. Das neue Abkommen führt damit zu einer Standortverbesserung und somit grundsätzlich auch zu zusätzlichen Steuereinnahmen.

Das vorliegende Abkommen kann im Rahmen der bestehenden personellen Ressourcen umgesetzt werden.

5

Rechtliche Aspekte

5.1

Verfassungsmässigkeit

5.1.1

Doppelbesteuerungsabkommen zwischen der Schweiz und Liechtenstein

Verfassungsgrundlage für das Abkommen ist Artikel 54 der Bundesverfassung11 (BV), der die Zuständigkeit für auswärtige Angelegenheiten dem Bund zuweist.

Artikel 184 Absatz 2 BV ermächtigt den Bundesrat, völkerrechtliche Verträge zu unterzeichnen und zu ratifizieren. Nach Artikel 166 Absatz 2 BV ist die Bundesversammlung für die Genehmigung des Abkommens zuständig.

5.1.2

Bundesgesetz über die Durchführung von zwischenstaatlichen Abkommen des Bundes zur Vermeidung der Doppelbesteuerung

Verfassungsgrundlage für die Änderung des Bundesgesetzes vom 22. Juni 195112 über die Durchführung von zwischenstaatlichen Abkommen des Bundes über die Vermeidung der Doppelbesteuerung sind die Artikel 54 Absatz 1 und 172 Absatz 1 BV.

5.2

Erlassform

5.2.1

Erlassform des Genehmigungsbeschlusses

Nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d BV unterstehen dem fakultativen Referendum völkerrechtliche Verträge, die unbefristet und unkündbar sind, den Beitritt zu einer internationalen Organisation vorsehen oder wichtige rechtsetzende Bestimmungen enthalten oder deren Umsetzung den Erlass von Bundesgesetzen erfordert.

Das Abkommen ist auf unbestimmte Zeit abgeschlossen, kann aber jederzeit unter Einhaltung einer Frist von sechs Monaten auf das Ende eines Kalenderjahrs gekündigt werden. Es sieht keinen Beitritt zu einer internationalen Organisation vor. In Anlehnung an Artikel 22 Absatz 4 des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 200213 gilt eine Bestimmung eines Staatsvertrags dann als rechtsetzend, wenn sie auf unmittelbar verbindliche und generell-abstrakte Weise Pflichten auferlegt, Rechte verleiht oder Zuständigkeiten festlegt.

11 12 13

SR 101 SR 672.2 SR 171.10

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Die neue Bestimmung zum Informationsaustausch gemäss dem OECD-Musterabkommen stellt eine gewichtige Neuerung der schweizerischen Abkommenspolitik im Bereich der Doppelbesteuerung dar. Das Abkommen enthält damit wichtige neue Bestimmungen im Sinne von Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV.

Der Bundesbeschluss über die Genehmigung des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen der Schweiz und Liechtenstein ist daher dem fakultativen Staatsvertragsreferendum für völkerrechtliche Verträge nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV zu unterstellen.

5.2.2

Erlassform des Umsetzungserlasses

Nach Artikel 141a Absatz 2 BV können die Gesetzesänderungen, die der Umsetzung eines völkerrechtlichen Vertrags dienen, der dem fakultativen Referendum untersteht, in den Genehmigungsbeschluss aufgenommen werden. Die vorgeschlagene Änderung des Bundesgesetzes vom 22. Juni 1951 über die Durchführung von zwischenstaatlichen Abkommen des Bundes über die Vermeidung der Doppelbesteuerung dient zwar der Umsetzung des DBA-LI. Die Änderung ist jedoch auf sämtliche in Doppelbesteuerungsabkommen zugesagten Zahlungen an Vertragsstaaten anwendbar. Der Umsetzungserlass soll deshalb auch nicht mit dem Genehmigungsbeschluss rechtlich verknüpft werden.

Die Änderung erfolgt aus diesem Grund in einem separat dem fakultativen Referendum nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe a BV unterstellten Erlass.

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