15.009 Aussenpolitischer Bericht 2014 vom 14. Januar 2015

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Wir unterbreiten Ihnen den Aussenpolitischen Bericht 2014 und ersuchen Sie, davon Kenntnis zu nehmen.

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

14. Januar 2015

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Simonetta Sommaruga Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

2014­2787

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Übersicht Der Aussenpolitische Bericht 2014 gibt einen Gesamtüberblick über die Schweizer Aussenpolitik im Berichtsjahr. Er richtet sich in seiner Form und Ausgestaltung nach dem Beschluss des Bundesrates von 2011, der das EDA beauftragt, dem Bundesrat in einem Bericht die aussenpolitischen Aktivitäten der Schweiz im jeweiligen Kalenderjahr darzulegen. Entsprechend dem Postulat der Aussenpolitischen Kommission des Ständerates (06.3417), das eine Zusammenfassung aller periodisch erscheinenden Berichte zur Aussenpolitik fordert, umfasst dieser Bericht einen Anhang zu den Aktivitäten der Schweiz im Europarat. Mittels Postulat der Aussenpolitischen Kommission des Nationalrates vom 14. August 2000 wurde der Bundesrat damit beauftragt, dem Parlament im Laufe jeder Legislatur Rechenschaft über die Schweizer Aussenpolitik im Bereich Menschenrechte abzulegen. Daher liegt diesem Aussenpolitischen Bericht als Beilage auch der «Bericht über die Aussenpolitik im Bereich Menschenrechte: Bilanz 2011­2014 und Perspektiven» bei.

In Erfüllung der Motion 10.3212 («Klare strategische Ausrichtung der Aussenpolitik») verabschiedete der Bundesrat im Februar 2012 den Bericht über die aussenpolitischen Schwerpunkte der Legislatur (Aussenpolitische Strategie 2012­2015). Der Bericht legt die folgenden strategischen Stossrichtungen fest: Beziehungen zu den Nachbarstaaten, Beziehungen zur Europäischen Union (EU), Stabilität in Europa und der Welt, strategische Partnerschaften ausserhalb Europas und globale Gouvernanz. Der Aussenpolitische Bericht 2014 orientiert sich in seiner Struktur wesentlich an diesen strategischen Stossrichtungen und zeigt auf, in welcher Weise sie im Berichtsjahr umgesetzt worden sind. Er enthält zudem ein einleitendes Kapitel, das die Aussenpolitik der Schweiz im Berichtsjahr zusammenfassend würdigt, sowie als diesjähriges Schwerpunktthema ein Kapitel zum OSZE-Vorsitz 2014.

Die starke Gewichtung eines umfassenden Engagements für Frieden und Sicherheit und der Beziehungen zu den europäischen Partnern in der aussenpolitischen Strategie des Bundesrats hat sich im Berichtsjahr bewährt. Das Jahr 2014 war durch eine Anhäufung von Krisen in den östlichen und südlichen Grenzregionen Europas und zunehmende weltpolitische Volatilität gekennzeichnet. Mit ihrer eigenständigen, bürgernahen und mitgestaltenden
Aussenpolitik vermochte die Schweiz nützliche Beiträge an die internationalen Bemühungen um Stabilität und multilaterale Handlungsfähigkeit zu leisten und im teilweise polarisierten internationalen Umfeld Brücken zu bauen. Gleichzeitig blieb die Gestaltung stabiler Beziehungen mit der EU eine Kernaufgabe der Schweizer Aussenpolitik. Als Folge der Annahme der Volksinitiative «Gegen Masseneinwanderung» durch Volk und Stände am 9. Februar 2014 strebt der Bundesrat neben der Konsolidierung und Erneuerung des bilateralen Wegs als zweites strategisches Ziel eine verstärkte Steuerung der Zuwanderung in die Schweiz an.

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Schwerpunkt OSZE-Vorsitz 2014 Das Vorsitzjahr der Schweiz in der OSZE war von Beginn weg durch die Ukrainekrise geprägt. Die Chancen einer eigenständigen Aussenpolitik zeigten sich in dieser Rolle des OSZE-Vorsitzes besonders deutlich. Auch dank Schweizer Vermittlungsbemühungen hat sich die OSZE als wichtigster internationaler Akteur des Krisenmanagements in der Ukraine etabliert. Generell ist es gelungen, der OSZE als brückenbauender Organisation im euroatlantischen und eurasischen Raum neue Geltung zu verschaffen. Die Schweiz vermochte damit einen für sie wichtigen multilateralen Handlungsrahmen zu stärken. Sie wird sich über ihren Vorsitz hinaus für Kontinuität und Handlungsfähigkeit in der OSZE einsetzen und sich für eine Lösung der Ukrainekrise und eine Überwindung der Krise der europäischen Sicherheit engagieren. Mit dem OSZE-Vorsitz konnte die Schweiz das internationale Bewusstsein für ihre verantwortungsbewusste und glaubwürdige Aussenpolitik schärfen. Der Erfahrungsgewinn und die starke internationale Vernetzung, die aus dem OSZEVorsitz resultierten, werden der Schweiz in der Förderung ihrer Interessen und Werte von Nutzen sein.

Nachbarstaaten Die Schweiz ist mit ihren Nachbarstaaten eng vernetzt und pflegt mit ihnen ein vielseitiges und konstruktives Verhältnis. Die grosse Bedeutung, welche die Schweiz Deutschland, Frankreich, Italien, Liechtenstein und Österreich beimisst, manifestierte sich auch 2014 in einer intensiven bilateralen und regionalen Besuchsdiplomatie. Mit sämtlichen Staats- und Regierungschefs konnten die Beziehungen gepflegt werden, wobei der Staatsbesuch des italienischen Staatspräsidenten in der Schweiz einen Höhepunkt darstellte. Die Stellung des Departementsvorstehers des EDA als Bundespräsident und Vorsitzenden der OSZE ermöglichten der Schweiz einen privilegierten Zugang zu Regierungsmitgliedern und Verwaltung. Dies gilt namentlich für Deutschland, mit dem sich im Zuge der Ukrainekrise auf allen Ebenen eine aussergewöhnlich enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit entwickelte.

Eine wichtige Aufgabe bestand 2014 darin, die Nachbarstaaten weiter für die grosse Bedeutung stabiler Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU und die Vorzüge eines erneuerten bilateralen Wegs zu sensibilisieren und Verständnis für das Anliegen einer besseren Steuerung der Migration zu fördern.
Europapolitik Die Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU waren im Berichtsjahr geprägt von der Annahme der Initiative «Gegen Masseneinwanderung». Der Bundesrat war 2014 damit beschäftigt, parallel an der Umsetzung des Verfassungstexts zu arbeiten, mit der EU eine Lösung im Migrationsbereich zu suchen und die Gespräche mit der EU in allen anderen offenen Dossiers weiterzuführen. Die Verhandlungen über die institutionellen Fragen wurden lanciert. Für die Zeitspanne von September 2014 bis Ende 2016 konnte eine Lösung zur Teilassoziierung der Schweiz an das europäische Forschungsrahmenprogramm «Horizon 2020» gefunden werden. Bei den Steuerdossiers wurden Fortschritte erzielt; so konnte mit der Einigung bei der Unternehmensbesteuerung ein langjähriger Streit beigelegt werden. Das Parlament billigte den Rahmenkredit für den Erweiterungsbeitrag für Kroatien von 45 Millionen Franken.

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Stabilität in Europa und der Welt Neben dem Ukrainekonflikt prägten auch der Vormarsch der Terrororganisation des sogenannten Islamischen Staates in Syrien und im Irak, vier humanitäre Katastrophen grössten Ausmasses in Syrien, im Irak, im Südsudan und in der Zentralafrikanischen Republik, die Ebola-Epidemie sowie der Konflikt im Gazastreifen das Krisenjahr 2014. In diesen Krisenherden engagierte sich die Schweiz insbesondere mit der Humanitären Hilfe und, soweit möglich, mit friedensfördernden Massnahmen. Die guten Dienste der Schweiz kamen beispielsweise im Rahmen ihres Engagements für den palästinensischen Versöhnungs- und Wiedervereinigungsprozess zum Tragen. Auch in anderen Brennpunkten setzte die Schweiz ihre vielfältigen Aktivitäten im Rahmen der internationalen Zusammenarbeit und im Dienste von Frieden, Stabilität und Rechtsstaatlichkeit fort. Eine der Prioritäten der internationalen Zusammenarbeit bestand in der Verstärkung des Engagements in fragilen Kontexten. Die Schweiz beteiligte sich aktiv an der Ausarbeitung der globalen Agenda für eine Nachhaltige Entwicklung nach 2015 (Post-2015-Agenda) und hat diese wesentlich beeinflusst. Auf der Grundlage ihrer langjährigen Erfahrung im Umgang mit Potentatengeldern und der dabei entwickelten Lösungsansätze organisierte die Schweiz Anfang November 2014 auf Anfrage der G7 das «Arab Forum on Asset Recovery» (AFAR) in Genf. Die Gründung des «Global Community Engagement and Resilience Fund» (GCERF) mit Sitz in Genf ermöglicht die Durchführung von lokalen Programmen mit dem Ziel, Radikalisierungstendenzen, die zu gewalttätigem Extremismus und Terrorismus führen könnten, vorzubeugen.

Strategische Partnerschaften und globale Themen Der Stärkung und Diversifizierung der strategischen Partnerschaften mit aussereuropäischen Ländern misst die Schweizer Aussenpolitik grosse Bedeutung zu. Dabei bemüht sich die Schweiz im Rahmen des Grundsatzes der Universalität traditionell, nicht nur die bilateralen Beziehungen mit Gross- und Regionalmächten zu pflegen, sondern auch mit mittleren und kleineren Staaten. Mit Blick auf die Stärkung globaler Gouvernanz lancierte die Schweiz 2014 mehrere erfolgreiche Initiativen im UNO-Menschenrechtsrat. Sie unterstützte verschiedene Reformbemühungen der UNO-Verwaltung hin zu einer modernen und effizienten Betriebsführung und
setzte sich weiter für die Reform der Arbeitsmethoden des UNO-Sicherheitsrates ein. Das internationale Genf ist ein wertvoller Standortvorteil mit vielen Vorzügen für die schweizerische Aussenpolitik und wurde entsprechend gepflegt. Im Rahmen der gemeinsamen Initiative des IKRK und der Schweiz zur besseren Einhaltung des humanitären Völkerrechts haben Konsultationen im Hinblick auf die Gründung einer Konferenz der Vertragsstaaten der Genfer Konventionen im Jahr 2015 stattgefunden.

Unterstützung von Schweizer Staatsangehörigen im Ausland und konsularische Dienstleistungen Die Helpline des EDA ist zur zentralen Anlaufstelle rund um die Uhr und 365 Tage im Jahr für Fragen zu konsularischen Dienstleistungen von Privatpersonen, Behörden, privaten Dienstleistern und anderen geworden. Mit der Applikation Itineris

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unterstützt und informiert das EDA Schweizerinnen und Schweizer weltweit direkt über deren Mobilgeräte. Neben der Krisenbewältigung bildeten die Eventualplanungen für die Olympischen Winterspiele in Sotschi und für die Fussball-Weltmeisterschaft in Brasilien einen Tätigkeitsschwerpunkt des KrisenmanagementZentrums. Im Bereich der Terrorismusbekämpfung blieb die Politik des Nichtzahlens von Lösegeld in Entführungsfällen eine Priorität und bildete einen Schwerpunkt der vom Schweizer OSZE-Vorsitz im April 2014 in Interlaken organisierten internationalen Konferenz zur Terrorismusbekämpfung.

Information und Kommunikation 2014 verfügte die Schweiz bei der breiten Bevölkerung im Ausland weiterhin über ein positives und gut gefestigtes Image. Das generell positive Bild der Schweiz wird dabei stark von traditionellen Bildern und Produkten geprägt. In der Tendenz etwas kritischer als in der breiten Öffentlichkeit sieht die Wahrnehmung der Schweiz in den ausländischen Medien aus. Insbesondere Finanz- und Steuerthemen sowie die Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU ­ vor dem Hintergrund der Volksinitiative «Gegen Masseneinwanderung» ­ fanden dort 2014 Beachtung. 2014 boten die Auftritte an den Olympischen Winterspielen in Sotschi, an der FussballWeltmeisterschaft in Brasilien sowie im Rahmen des «Giro del Gusto» in Italien der Schweiz die Gelegenheit, ihre Stärken und ihre Vielfalt der Öffentlichkeit und den Medien zu präsentieren. Spezifisch für solche Anlässe wurde das Rahmenkonzept «House of Switzerland» (HoS) als Instrument der Public Diplomacy erweitert.

Ressourcen und Aussennetz In einer Welt im Wandel, in der sich die globalen Gewichte verschieben, in der neue Akteure verstärkt eine bedeutende Rolle spielen (BRICS, G20-Länder, weitere Schwellenländer) und andere gleichzeitig ihre Bedeutung für die Schweiz behalten (USA, EU), muss ein unabhängiges Land wie die Schweiz mit einer eigenständigen Aussenpolitik über ein leistungsfähiges und universelles Aussennetz verfügen. Das EDA ist bestrebt, die Kohärenz der Schweizer Aussenpolitik noch weiter zu erhöhen, und treibt daher die Schaffung von integrierten Botschaften mit dem Ziel «1 Standort = 1 Schweizer Vertretung» voran. 2014 wurde das Netz der Schweizer Vertretungen im Ausland mit der Eröffnung einer Botschaft in Muskat (Oman) sowie eines
Generalkonsulats in Ho Chi Minh City (Vietnam) ausgebaut. Die im Rahmen der Aufgabenüberprüfung 2014 beschlossene Schliessung der Generalkonsulate in Chicago (USA), Jeddah (Saudi-Arabien) und Toronto (Kanada) wurde im Berichtsjahr abgeschlossen. Ausserdem musste die Schweizer Botschaft in Libyen aus Sicherheitsgründen vorübergehend geschlossen werden.

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Inhaltsverzeichnis Übersicht

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1

Schweizer Aussenpolitik 2014: Würdigung und Ausblick 1.1 Weltpolitische Entwicklungslinien 1.1.1 Ein Jahr der Krisen 1.1.2 Die internationale Ordnung im Stresstest 1.2 Eine eigenständige und mitgestaltende Aussenpolitik 1.3 Mitgestalten zum Nutzen der Schweiz 1.4 Der Kompass stimmt 1.4.1 Der OSZE-Vorsitz als Ausdruck einer verantwortungsbewussten Aussenpolitik 1.4.2 Umfassendes Engagement für Stabilität 1.4.3 Erweiterte strategische Zielsetzung in den Beziehungen zur EU

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Der Schweizer OSZE-Vorsitz 2014 2.1 Überblick 2.2 Die Ukrainekrise 2.3 Im Schatten der Ukrainekrise: Vermittlung zwischen der Republik Moldau und Transnistrien 2.4 Schwerpunkte des Schweizer OSZE-Vorsitzes 2.4.1 Versöhnung und Zusammenarbeit auf dem Westbalkan 2.4.2 Dialog und Vertrauensbildung im Südkaukasus 2.4.3 Modernisierung des Wiener Dokumentes und Austausch zu konventioneller Rüstungskontrolle in Europa 2.4.4 Stärkung der Gouvernanz im Sicherheitssektor 2.4.5 Umsetzung der Verpflichtungen in der menschlichen Dimension 2.4.6 Sicherer Umgang mit Naturkatastrophen 2.4.7 Bekämpfung von transnationalen Bedrohungen 2.4.8 Weiterentwicklung der OSZE: 40 Jahre HelsinkiSchlussakte 2.4.9 Erhöhung der Mediationskapazitäten 2.4.10 Verstärkter Einbezug der Zivilgesellschaft, insbesondere auch der Jugend 2.5 Einschätzung und Perspektiven

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2

3

Aussenpolitische Aktivitäten der Schweiz im Berichtsjahr 3.1 Nachbarstaaten 3.2 Europapolitik 3.2.1 Europäische Union 3.2.2 Beziehungen zu den Staaten Europas und Zentralasiens 3.3 Stabilität in Europa und der Welt 3.3.1 Europarat 3.3.2 Internationale Sicherheit 3.3.3 Internationale Zusammenarbeit

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Förderung des Friedens und der menschlichen Sicherheit Internationale Finanz- und Wirtschaftspolitik Völkerrecht, humanitäres Völkerrecht, internationale Strafgerichtsbarkeit und Terrorismusbekämpfung Strategische Partnerschaften und globale Themen 3.4.1 Strategische Partnerschaften zu aussereuropäischen Staaten 3.4.2 UNO und internationales Genf 3.4.3 Nachhaltige Entwicklung 3.4.4 Sektorielle Aussenpolitiken Unterstützung von Schweizer Staatsangehörigen im Ausland und konsularische Dienstleistungen Information und Kommunikation Ressourcen und Aussennetz 3.3.4 3.3.5 3.3.6

3.4

3.5 3.6 3.7

1125 1135 1139 1144 1144 1157 1162 1164 1173 1177 1179

Abkürzungsverzeichnis

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Länderindex

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Anhang: Ergänzende Angaben zum Europarat

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Beilage: Bericht über die Menschenrechtsaussenpolitik der Schweiz: Bilanz 2011­2014 und Perspektiven

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1061

Bericht 1

Schweizer Aussenpolitik 2014: Würdigung und Ausblick

1.1

Weltpolitische Entwicklungslinien

1.1.1

Ein Jahr der Krisen

Das Jahr 2014 war geprägt durch eine Anhäufung von Krisen in den Grenzregionen Europas. Die Ukrainekrise und die damit zusammenhängenden Spannungen zwischen Russland und dem Westen haben die europäische Sicherheit negativ beeinflusst. In der südlichen Nachbarschaft Europas hat sich die Lage in verschiedenen Konfliktherden verschlechtert, die regionale Instabilität nimmt weiter zu. Hinzu kommt die Ebola-Epidemie im westlichen Afrika. Selten waren die internationale Diplomatie und das internationale humanitäre System so stark gefordert wie in diesem Berichtsjahr.

Mit der Ukrainekrise ist der Krieg nach Europa zurückgekehrt. Während die Ukraine noch 2012 zusammen mit Polen die Fussball-Europameisterschaft austrug, ist das Land im vergangenen Jahr zum Schauplatz eines der schwerwiegendsten Konflikte im OSZE-Raum seit dem Fall der Berliner Mauer geworden. Bis Ende 2014 forderte dieser Konflikt über 4700 Tote, mehrere hunderttausend Menschen wurden vertrieben. Vor allem in den umkämpften Regionen im Osten des Landes herrscht grosse humanitäre Not.

Die Gründe für die Ukrainekrise sind vielschichtig. Seit ihrer Unabhängigkeit im Jahr 1991 ringt die Ukraine um ihre aussenpolitische Ausrichtung zwischen Russland und dem Westen. Dieses innenpolitische Ringen hat sich in jüngerer Zeit auch deshalb akzentuiert, weil sich die vor über zehn Jahren konzipierten Partnerschaften zwischen Russland und der EU sowie der NATO nicht wie erhofft entwickelten und sich Moskau wieder vermehrt vom Westen abgrenzte. Nach dem Aufbau der Eurasischen Union sahen sich die Ukraine und weitere gemeinsame Nachbarn Russlands und der EU zunehmend mit einer geoökonomischen und geopolitischen Konkurrenzsituation konfrontiert.

Der Verlauf der Ukrainekrise macht dabei deutlich, dass sich der Konflikt auch um nicht geklärte Fragen postsowjetischer Identität dreht. Zunächst stand die Kontroverse um die Unterzeichnung eines Assoziierungsabkommens mit der EU im Zentrum des Konflikts, wobei die Euromaidan-Bewegung neben der Annäherung an den Westen auch bessere Regierungsführung und eine bürgernähere Verwaltung einforderte. Nach dem abrupten Ende der Präsidentschaft Janukowitschs im Februar 2014 und der Einsetzung einer prowestlichen Übergangsregierung reagierte Russland seinerseits mit scharfer Kritik an Kiew und dem Westen, der
völkerrechtswidrigen Annexion der Krim sowie dem Schüren von Separatismus im mehrheitlich russischsprachigen Osten der Ukraine.

Den verlustreichen Bemühungen Kiews, die staatliche Kontrolle über die von illegalen bewaffneten Gruppierungen besetzten Gebiete in den Regionen von Donetsk und Luhansk mit militärischen Mitteln wiederherzustellen, war vor diesem Hintergrund kein Erfolg beschieden. Die im September 2014 erzielte Einigung der Konfliktparteien auf einen Waffenstillstand und einen politischen Prozess hat zwar wichtige 1062

Perspektiven für eine friedliche Lösung der Krise eröffnet. Die Schwierigkeiten bei der Umsetzung dieser Minsker Vereinbarungen und die stark divergierenden Positionen der beteiligten Akteure lassen aber erkennen, wie anspruchsvoll dieser Weg sein wird. Die Ukraine sieht sich mit enormen politischen, wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen und einem dementsprechend grossen Reformbedarf konfrontiert.

Im Kontext der Ukrainekrise hat sich auch die Krise der europäischen Sicherheit markant verschärft. Die Annexion der Krim stellt Grundpfeiler der europäischen Sicherheitsordnung fundamental in Frage. Die vielfache Missachtung der HelsinkiPrinzipien in der Ukrainekrise hat zu einem Vertrauensverlust und einer Abnahme an sicherheitspolitischer Berechenbarkeit geführt. Die Polarisierung zwischen Russland und dem Westen zeitigt sicherheitspolitisch wie wirtschaftlich negative Konsequenzen für Europa. Abzuwarten bleibt, inwieweit sich die wachsenden wirtschaftlichen Herausforderungen Russlands, welche die Sanktionen und der tiefe Ölpreis mit sich bringen, auf die Aussenpolitik Moskaus auswirken.

25 Jahre nach dem Fall der Berliner Mauer steht Europa vor der Aufgabe, die Verfestigung neuer Bruchlinien zu vermeiden. Die Frage nach einer stabilen paneuropäischen Sicherheitsordnung stellt sich mit neuer Dringlichkeit. Die entsprechenden Debatten werden auch davon abhängen, wie die Ukrainekrise weiter verläuft.

Während sich die Ukrainekrise und die damit zusammenhängenden Folgen im Berichtsjahr zu einem neuen sicherheitspolitischen Brennpunkt entwickelten, ist die südliche Nachbarschaft Europas seit Jahren durch Krisen geprägt. 2014 hat die Instabilität in dieser Region weiter zugenommen.

Drei Jahre nach dem «Arabischen Frühling» zerfällt in Libyen, Jemen, Syrien und im Irak die politische und gesellschaftliche Ordnung. In Ägypten wurde wieder ein autoritäres System etabliert, das wenig Raum für politische und gesellschaftliche Aussöhnung lässt. Einzig in Tunesien gibt es positive Anzeichen für eine Entwicklung in Richtung pluralistische Demokratie. Den Forderungen nach Teilhabe, wirtschaftlichen Perspektiven und einem Leben in Würde, die in den Massenprotesten des «Arabischen Frühlings» laut wurden, kommen die Staaten in der Region heute kaum nach. Solange sie nicht bürgernäher werden, rechtsstaatliche
Strukturen und zivilgesellschaftliche Freiräume fördern sowie leistungsfähige Ökonomien und Bildungssysteme entwickeln, dürfte keine nachhaltige Stabilität erreicht werden.

Die Ausrufung eines Kalifats durch den sogenannten Islamischen Staat (IS) verdeutlicht die Risiken, die mit dem Zerfall von Staaten in der Region einhergehen. Die mit massloser Gewalt agierende dschihadistische Terrororganisation hat ein zusammenhängendes Territorium im Irak und in Syrien unter ihre Kontrolle gebracht. Sie gefährdet nicht nur die regionale Ordnung, sondern auch die internationale Sicherheit. Der syrisch-irakische Krisenherd wird zum Anziehungspunkt für eine wachsende Zahl ausländischer Kämpfer. Gleichzeitig zählen Syrien und der Irak zu denjenigen Staaten, die 2014 mit den grössten humanitären Krisen konfrontiert wurden. Bald jeder zweite Einwohner Syriens wurde intern vertrieben oder ist ins Ausland geflohen; die Anzahl Todesopfer liegt seit Ausbruch der Aufstände bei über 200 000.

Der jahrzehntealte Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern war im Berichtsjahr ebenfalls durch eine negative Dynamik geprägt. Nach dem Scheitern der neunmonatigen Friedensverhandlungen im April 2014 folgte im Sommer ein weiterer 1063

Krieg im Gazastreifen, der grosse Zerstörung brachte und mehr als 2000 Todesopfer forderte. Im Ringen um eine Lösung im Streit um das iranische Atomprogramm wiederum wurden die Verhandlungen im November 2014 um sieben Monate verlängert.

Neben diesen zahlreichen machtpolitisch bedingten Krisen wurde auch der Ausbruch von Ebola in Westafrika zu einer grossen Herausforderung für die Staatengemeinschaft. Bis zum Ende des Berichtsjahrs forderte die Epidemie über 7500 Todesopfer, wobei Liberia, Sierra Leone und Guinea zu den am schwersten betroffenen Staaten zählen. Die Epidemie hat nicht nur gravierende Folgen für die Gesundheitsversorgung der betroffenen Länder, sondern auch für deren Sicherheitslage, die Nahrungsmittelversorgung und die wirtschaftliche Situation. Erstmals in seiner Geschichte erklärte der UNO-Sicherheitsrat eine Krise im Gesundheitsbereich zu einer Bedrohung der internationalen Sicherheit.

Trotz dieser Zunahme von Krisen in den östlichen und südlichen Grenzregionen Europas blieb das nähere Umfeld der Schweiz durch relative Stabilität geprägt. Die EU steht zwar vor anhaltend grossen Herausforderungen: Die Eurokrise ist noch nicht überwunden, die Arbeitslosigkeit bleibt in vielen Staaten hoch, das Wachstum gering. Die Europawahl 2014 hat deutlich gemacht, dass die Euroskepsis zunimmt.

Der Verbleib Grossbritanniens in der EU ist ungewiss. Dennoch bilden die 28 EU-Staaten einen Stabilitätsanker in Europa, der nach wie vor massgeblich zur Sicherheit und zum Wohlstand der Schweiz beiträgt.

1.1.2

Die internationale Ordnung im Stresstest

Die Anhäufung von Krisen geht einher mit einer zunehmenden weltpolitischen Volatilität und Unübersichtlichkeit. Eine stabile internationale Ordnung, welche die globalen Machtverlagerungen reflektiert und den Erwartungen aller relevanten Akteure gerecht wird, zeichnet sich nicht ab. Der regionale Status Quo wurde im Berichtsjahr nicht nur im postsowjetischen Raum und im Nahen Osten, sondern auch in Ostasien vermehrt in Frage gestellt. Neben der verstärkten Artikulation von Geopolitik lässt sich ein abnehmender Respekt für internationale Regeln beobachten. Die zahlreichen Verletzungen des Völkerrechts im Jahr 2014 geben Anlass zur Sorge.

Die gemeinsame Bewältigung von Krisen und globalen Herausforderungen ist vor diesem Hintergrund eine sehr anspruchsvolle Aufgabe. Allerdings hat sich im Berichtsjahr auch gezeigt, dass die Staatengemeinschaft trotz aller Divergenzen in der Lage ist, Konsenslösungen zu erarbeiten und Gestaltungskraft zu entwickeln.

Die Handlungsunfähigkeit des UNO-Sicherheitsrats betreffend Syrienkrieg und Ukrainekrise darf nicht den Blick dafür verstellen, dass 2014 in anderen Bereichen konkrete Fortschritte erzielt und wichtige Massnahmen getroffen werden konnten.

So hat der UNO-Sicherheitsrat im April 2014 eine integrierte UNO-Mission zur Stabilisierung der Lage in der Zentralafrikanischen Republik mit rund 10 000 Blauhelmen beschlossen. In 16 Friedensmissionen sind derzeit weltweit insgesamt über 120 000 Personen im Einsatz, darunter 90 000 Blauhelme. Im Kampf gegen Ebola hat der Sicherheitsrat erstmals eine integrierte Mission zur Bekämpfung einer Krise im Gesundheitsbereich eingesetzt. Handlungsfähig hat er sich auch mit der im

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September verabschiedeten Resolution gegen ausländische terroristische Kämpfer gezeigt, die für alle Staaten verbindliche Massnahmen vorsieht.

Mit der im Dezember 2014 bestätigten Verabschiedung des Bali-Pakets einigten sich die 160 WTO-Mitgliedstaaten erstmals in der fast zwanzigjährigen Geschichte der Welthandelsorganisation auf ein multilaterales Handelsabkommen. Die intensiven Vorarbeiten für die Verhandlung eines neuen strategischen Rahmens für die internationale Zusammenarbeit für Nachhaltige Entwicklung (Post-2015-Agenda), der auf einem UNO-Gipfel im September 2015 verabschiedet werden soll, verliefen konstruktiv und zielorientiert. Auch die Chancen auf ein substanzielles, für alle Staaten verbindliches neues Klima-Abkommen bis zum UNO-Klimagipfel Ende 2015 bleiben nach den Verhandlungen im Berichtsjahr intakt.

In einer zunehmend multipolaren Welt ohne klare Konturen ist effektiver Multilateralismus möglich und notwendiger denn je. Aufgabe der Diplomatie ist es, die jeweiligen Prozesse mit der erforderlichen Beharrlichkeit, Glaubwürdigkeit, Kreativität und Kompromissfähigkeit zu gestalten. Der Schweiz als eigenständiger und brückenbauender Akteurin kommt dabei immer wieder eine wichtige Rolle zu.

1.2

Eine eigenständige und mitgestaltende Aussenpolitik

Die Schweiz zeichnete sich 2014 durch weiterhin hohe innere Stabilität aus. Im internationalen Vergleich steht sie in vielerlei Hinsicht nach wie vor sehr gut da. Sie verfügt über eine in Bezug auf ihre Bevölkerungsgrösse weit überdurchschnittliche Wirtschaftskraft. Gemessen am Bruttoinlandprodukt ist sie die zwanziggrösste Volkswirtschaft weltweit. In Ranglisten betreffend Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit belegt sie Spitzenplätze. Ihre Arbeitslosenquote, die Inflationsrate und die Korruption sind im internationalen Vergleich sehr niedrig, und der Lebensstandard ist hoch.

Ihre Stabilität und ihren Wohlstand verdankt die Schweiz verschiedenen Faktoren.

Dazu zählen ihre politische Kultur und politischen Institutionen, ihr leistungsfähiges Bildungssystem sowie ihre starke globale Vernetzung und ihre Weltoffenheit. Auch die Aussenpolitik leistet einen wichtigen Beitrag.

Die Aussenpolitik der Schweiz ist eigenständig und mitgestaltend. Im Berichtsjahr kamen diesen Charakteristika besondere Geltung zu. Die Chancen, die mit einer eigenständigen Aussenpolitik einhergehen, zeigten sich besonders deutlich. Als europäischer Staat, der für westliche Werte eintritt, aber nicht Mitglied der EU und der NATO ist, kann die Schweiz eine spezifische Rolle in der Friedensförderung wahrnehmen. Sie verfügt über Handlungsfreiheit und kann im krisengeprägten und teilweise polarisierten internationalen Umfeld Brücken bauen.

2014 kam eine solche Rolle der Schweiz insbesondere in der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) zum Tragen. Als eigenständiges und glaubwürdiges Vorsitzland vermochte die Schweiz Kompromisslösungen zu vermitteln, den hohen Nutzen der Organisation darzulegen und zu deren Revitalisierung beizutragen. Aber auch in anderen Kontexten wie im Nahostkonflikt leistete die Schweiz im Berichtsjahr gute Dienste (siehe unten). Eigenständigkeit heisst dabei keineswegs, dass die Schweiz hauptsächlich alleine handeln würde. Wirksame Friedensförderung ist mehr denn je eine Verbundaufgabe.

1065

Die Schweiz kann vor allem dort nützliche Beiträge leisten, wo sie sich mit langfristiger Präsenz und mit dem Aufbau von Kompetenzen und Kapazitäten Glaubwürdigkeit verschafft. Eine Vermittlerrolle auf der Basis ihrer eigenständigen Aussenpolitik kann insbesondere dann zum Tragen kommen, wenn sie sich vor Ort umfassend engagiert, über ein breites Kontaktnetz verfügt, das Vertrauen der relevanten Akteure geniesst und Detailkenntnisse zu den konkreten Sachverhalten besitzt.

Gerade in Krisenzeiten kann und soll die Schweiz die internationalen Beziehungen mitgestalten und an die internationalen Bemühungen zur Bewältigung von Konflikten und gemeinsamen Herausforderungen ihre spezifischen Beiträge leisten. Mit ihrer Neutralität geht diesbezüglich eine besondere Verantwortung einher. Ein Engagement der Schweiz für Frieden und Sicherheit ist zudem nicht nur für die Staatengemeinschaft von Nutzen. Es ist auch und vor allem im Interesse der Schweiz.

1.3

Mitgestalten zum Nutzen der Schweiz

Die Wahrung der Unabhängigkeit, Sicherheit und Wohlfahrt der Schweiz erfordert heute eine Aussenpolitik, die das Umfeld mitgestaltet und sich für internationale Sicherheit, Stabilität und die Einhaltung des Völkerrechts einsetzt. Davon profitiert direkt oder indirekt auch die Bevölkerung der Schweiz. Das Engagement im Ausland ist für sie umso mehr von Nutzen, als Schweizer Aussenpolitik bürgernah ist.

So hat die Schweiz ihre inneren Stärken zu Kernthemen ihrer Aussenpolitik gemacht. Sie setzt sich ein für Dialog, Einbindung, Machtteilung und Ausgleich, sei es zwischen Volks- und Sprachgruppen oder zwischen Zentrum und Regionen. Ein Blick auf die aktuelle Konfliktkarte genügt, um zu sehen, welche Bedeutung diesen Prinzipien zukommt. Auch fördert die Schweiz mit ihrer Aussenpolitik ihre Werte.

Dazu zählen die Linderung von Not und Armut, die Achtung der Menschenrechte und die Förderung der Demokratie, das friedliche Zusammenleben der Völker sowie die Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen.

Schweizer Aussenpolitik ist auch deshalb bürgernah, weil der Souverän auf ihre Ausgestaltung Einfluss nehmen kann. So haben die Schweizerinnen und Schweizer mit der Annahme der Eidgenössischen Volksinitiative «Gegen Masseneinwanderung» am 9. Februar 2014 dem Bundesrat den Auftrag erteilt, die Zuwanderung aktiver zu steuern. Gleichzeitig haben sie in mehreren Abstimmungen ihren Willen ausgedrückt, am bilateralen Weg mit der EU festzuhalten. Ziel des Bundesrats ist es, beide Vorgaben umzusetzen und miteinander in Einklang zu bringen.

Die eigenständige Aussenpolitik der Schweiz birgt viele Vorteile. Manchmal hat sie aber auch einen Preis. Es ist Aufgabe der Diplomatie, die Vorteile für die Förderung der Interessen und Werte der Schweiz zu nutzen und den Preis zu minimieren. Das erfordert auch, wichtige Entwicklungen zu antizipieren. So gilt es etwa, die Vorteile einer eigenständigen Freihandelspolitik zu nutzen und sich gleichzeitig bereits heute mit den möglichen Konsequenten einer Transatlantischen Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP) für die Schweiz auseinanderzusetzen.

Im Zeitalter der Globalisierung ist eine eigenständige und mitgestaltende Aussenpolitik ein anspruchsvolles Unterfangen. Neben Instrumenten für ein unabhängiges Lagebild erfordert eine solche Aussenpolitik ein umfassendes und leistungsfähiges 1066

Aussennetz, geeignetes Personal, wirksame Instrumente zur Unterstützung von Schweizer Staatsangehörigen im Ausland, eine aktive Landeskommunikation, eine enge Verzahnung von bi- und multilateraler Diplomatie und generell möglichst hohe Kohärenz. Der Rechenschaftsteil in diesem Bericht legt dar, wie sich die Schweiz im Berichtsjahr um weitere Verbesserungen in diesen Bereichen bemüht hat. Diese Arbeiten werden 2015 fortgesetzt.

1.4

Der Kompass stimmt

In der Aussenpolitischen Strategie 2012­2015 identifizierte der Bundesrat die aussenpolitischen Schwerpunkte für die Legislaturperiode. Konkret legte er vier strategische Prioritäten fest, nämlich (1) den Ausbau der Beziehungen zu den Nachbarstaaten, (2) die Anpassung und Vertiefung der Beziehungen zur EU, (3) die Fortsetzung und Anpassung des Engagements der Schweiz zugunsten der Stabilität in Europa, in dessen Grenzregionen und in der übrigen Welt sowie (4) die Stärkung und Diversifizierung der strategischen Partnerschaften der Schweiz, kombiniert mit einem Engagement für eine bessere globale Gouvernanz und der Förderung des internationalen Genf.

Auch für die kommende Legislatur wird der Bundesrat eine aussenpolitische Strategie vorlegen. Mit Blick auf das Jahr 2014 lässt sich sagen, dass sich die starke Gewichtung eines umfassenden Engagements für Frieden und Sicherheit und der Europa-Beziehungen in der aktuellen Strategie als richtig erwiesen hat. Der mit der Strategie vorgegebene Kompass für die Schweizer Aussenpolitik hat sich bewährt.

Mit dem OSZE-Vorsitz trug die Schweiz im Berichtsjahr wesentliche Mitverantwortung in den Bemühungen um Sicherheit und Stabilität in Europa, und dies in einer Organisation, die den Stärken, Zielen und Bedürfnissen ihrer Aussenpolitik wesentlich entspricht. Auch jenseits dieses Engagements im OSZE-Rahmen leistete die Schweiz wichtige und innovative Beiträge an die Förderung von Stabilität und wirksamer globaler Gouvernanz. Einen weiteren Schwerpunkt bildeten schliesslich die Bemühungen um eine Konsolidierung und Erneuerung des bilateralen Wegs mit der EU bei gleichzeitiger Umsetzung des neuen Verfassungsartikels betreffend Zuwanderung.

1.4.1

Der OSZE-Vorsitz als Ausdruck einer verantwortungsbewussten Aussenpolitik

Die OSZE stellt für die Schweiz seit jeher einen wichtigen aussenpolitischen Handlungsrahmen dar. Sie steht für kooperative und umfassende Sicherheit, die durch inklusiven Dialog, Vertrauensbildung, gemeinsame Normen sowie die Zusammenarbeit in einem breiten Themenspektrum erarbeitet werden soll. Die OSZE verfügt zudem über verschiedene zivile Instrumente zur Prävention und Bewältigung von Konflikten. Sie ist gleichsam Dialogplattform und Krisenakteur. Sie entspricht der Schweiz auch deshalb, weil sie konsensbasiert ist und die Verpflichtungen politischer Natur sind. Zudem wurde in der Helsinki-Schlussakte von 1975 auf Betreiben der Schweiz hin das Recht auf Neutralität verankert.

Als erster Staat hatte die Schweiz 2014 bereits zum zweiten Mal nach 1996 den Vorsitz der OSZE inne. Mit der Übernahme dieser anspruchsvollen Funktion doku1067

mentiert sie ihre Bereitschaft, ihren Teil zur gemeinsamen Sicherheitsproduktion in Europa beizutragen und dabei ihre spezifischen Stärken einzubringen. Zwar hat sich im Berichtsjahr die Sicherheitslage in Europa verschlechtert. Der Schweiz ist es aber gelungen, der OSZE als brückenbauender Organisation im euroatlantischen und eurasischen Raum neue Geltung zu verschaffen. Die OSZE ist das einzige Dialogforum, in dem alle relevanten Akteure der Ukrainekrise und der Krise der europäischen Sicherheit im Dialog bleiben. Auch wenn die Diskussionen zu diesen Themen häufig kontrovers ausfallen, vermochte sich die OSZE zudem als wichtigster internationaler Akteur des operationellen Krisenmanagements in der Ukrainekrise zu etablieren, der wichtige Beiträge an die Deeskalationsbemühungen leistet.

Die Ukrainekrise prägte den Schweizer OSZE-Vorsitz von Beginn weg. Als Vorsitzender der OSZE betrieb der EDA-Departmentsvorsteher eine aktive und brückenbauende Krisendiplomatie. Das zeitgleiche Amt des Bundespräsidenten ermöglichte wichtige Kontakte mit den höchsten Stellen aller relevanten Akteure der Krise. Den Dialog förderte die Schweiz auch in Wien am Sitz der OSZE sowie innerhalb der Ukraine.

Eine wichtige Rolle nahm Botschafterin Tagliavini als Vertreterin des OSZEVorsitzenden in der Trilateralen Kontaktgruppe ein, in der hochrangige Vertreter der Ukraine, Russlands und der OSZE Auswege aus der Krise im Osten der Ukraine suchen. Die Minsker Vereinbarungen wurden im Rahmen dieser Kontaktgruppe unterzeichnet. Auch für die fortlaufenden Gespräche betreffend die Umsetzung dieser Vereinbarungen ist die Kontaktgruppe von zentraler Bedeutung. Botschafterin Tagliavini wird ihr Amt auf Wunsch des serbischen Vorsitzes 2015 weiterführen.

Erstmals seit über 10 Jahren konnten sich die 57 teilnehmenden Staaten der OSZE auf die Lancierung zweier neuer Feldmissionen einigen, einer kleinen Beobachtungsmission an zwei russischen Grenzposten sowie der Special Monitoring Mission to Ukraine (SMM). Diese Konsensentscheide waren auch dank Schweizer Vermittlungsbemühungen in den Verhandlungen zustande gekommen. Sie zeigen, dass die OSZE trotz Divergenzen Kompromisslösungen erzielen und handlungsfähig sein kann. Die SMM, die bis zu 500 Monitore einsetzen kann, ist dabei zu einem zentralen Instrument der Deeskalation in der Ukraine
geworden. Im Berichtsjahr engagierten sich 13 Schweizerinnen und Schweizer in der SMM und 2 in der Grenzbeobachtungsmission. Die Schweiz unterstützte die SMM zudem mit 2,9 Millionen Franken und war damit einer der wichtigsten Beitragszahler.

Die eigenständige Aussenpolitik der Schweiz erwies sich in der Ukrainekrise als Vorteil. Ihr Engagement als Brückenbauerin wurde von allen Seiten als glaubwürdig betrachtet. Diese Glaubwürdigkeit beruhte auch darauf, dass der Bundesrat die Annexion der Krim durch Russland als Bruch des Völkerrechts verurteilte, gleichzeitig aber die Dialogkanäle mit Moskau offenhielt. Glaubwürdig und eigenständig war die Positionierung der Schweiz auch in Bezug auf die Sanktionspolitik. Die Schweiz übernahm die EU-Sanktionen gegen Russland nicht, ergriff aber die notwendigen Massnahmen, damit die Sanktionen nicht über das schweizerische Staatsgebiet umgangen werden können.

Trotz des Fokus auf die Ukrainekrise forcierte die Schweiz auch die Arbeit an den Schwerpunktthemen, die sie vor der Übernahme des Vorsitzes festgelegt hatte. Wie im nachfolgenden Kapitel zum OSZE-Vorsitz erläutert wird, liessen sich nicht bei allen diesen Themen gleichermassen Fortschritte erzielen. Teilweise liess sich das auf die Ukrainekrise zurückzuführen. Teilweise war es aber auch Ausdruck einer 1068

wachsenden Skepsis einiger Staaten gegenüber Verpflichtungen in der menschlichen Dimension der OSZE. Umso grössere Bedeutung mass die Schweiz den von ihr initiierten fünf Konferenzen mit der Zivilgesellschaft bei, die in Empfehlungen mündeten, die der Vorsitz den OSZE-Teilnehmerstaaten zukommen liess. Ebenfalls erfreulich gestaltete sich das «Model OSCE»-Projekt, im Rahmen dessen 57 Jugendliche einen Jugendaktionsplan aushandelten, der die OSZE zur Erarbeitung eines eigenen Jugendaktionsplans inspirieren soll.

Am OSZE-Ministerrat im Dezember 2014 in Basel gelang es, eine ganze Reihe von Konsensentscheiden und -erklärungen in wichtigen Bereichen wie etwa der Terrorbekämpfung zu erzielen. Die OSZE-Staaten unterstrichen damit, dass auch in Zeiten erhöhter Spannungen kooperative Lösungsansätze unabdingbar sind, um den gemeinsamen sicherheitspolitischen Herausforderungen wirksam begegnen zu können.

Auch der Ministerrat stand allerdings im Zeichen der Ukrainekrise. Die rekordhohe Teilnahme von 53 Ministern und um die 1300 Delegierten war ein Hinweis darauf, dass der OSZE in dieser Krise hohe Bedeutung beigemessen wird und sie generell an internationaler Wertschätzung gewonnen hat. Das Treffen wurde zu einem insgesamt konstruktiven Dialog über verschiedene Aspekte der Ukrainekrise und der Krise der europäischen Sicherheit genutzt, wobei der Vorsitz als Novum die Ratssitzungen mit informellen Diskussionsformaten ergänzte.

Mit dem OSZE-Vorsitz ist es der Schweiz gelungen, in einer schwierigen Zeit international geschätzte Beiträge an die Förderung von Sicherheit und Kooperation in Europa zu leisten. Die Schweiz wurde damit einem Kernanliegen ihrer aussenpolitischen Strategie gerecht und vermochte mit der OSZE gleichzeitig einen für sie wichtigen aussenpolitischen Handlungsrahmen zu stärken. Mit ihrem Engagement hat die Schweiz die Glaubwürdigkeit ihrer Aussenpolitik weiter gestärkt und die Kompetenz und Zuverlässigkeit ihrer Diplomatie geltend machen können. Auftritte des Bundespräsidenten vor dem UNO-Sicherheitsrat, dem EU-Aussenministerrat, anlässlich des NATO-Gipfels in Wales oder im Rahmen der jeweiligen Botschafterkonferenzen in Berlin und Tallinn haben dazu beigetragen, das internationale Bewusstsein für die verantwortungsbewusste Aussenpolitik der Schweiz zu schärfen.

Von Nutzen für die Schweiz
ist auch die starke Vernetzung, die sich aus dem OSZEVorsitz ergibt. Sowohl auf der politischen wie der diplomatischen Ebene konnten die Beziehungen zu vielen der 57 OSZE-Staaten intensiviert werden. Treffen, die im Rahmen des OSZE-Vorsitzes stattfanden, konnten vom Bundespräsidenten dazu genutzt werden, auch andere Themen anzusprechen, so etwa das Verhältnis der Schweiz zur EU. Die bilateralen Partnerschaften und der Erfahrungsgewinn, die aus dem Vorsitz resultieren, sind für einen eigenständigen Akteur wie die Schweiz besonders bedeutsam.

Die Schweiz wird sich über das Vorsitzjahr hinaus für Kontinuität und Handlungsfähigkeit in der OSZE engagieren. Als Mitglied der Troika wird sie 2015 eng mit dem Vorsitzland Serbien und mit Deutschland als Vorsitz 2016 zusammenarbeiten.

Betreffend Ukrainekrise wird sie sich jenseits der OSZE auch vermehrt bilateral engagieren und mit Akteuren der ukrainischen Zivilgesellschaft zusammenarbeiten.

Unterstützen wird die Schweiz auch die Arbeiten des von ihr noch als Vorsitz lancierten Panel of Eminent Persons on European Security as a Common Project, das

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unter anderem Wege zu einer Stärkung kooperativer Sicherheit in Europa aufzeigen soll.

Im Weiteren wird die Schweiz für ein verstärktes Engagement der OSZE an der Schnittstelle von Handels- und Sicherheitsfragen werben, deren Bedeutung in der Ukrainekrise offenkundig geworden ist. Da sie 2015 den Vorsitz der asiatischen Partnerstaaten der OSZE innehat, wird sie sich schliesslich auch für eine Förderung von Ansätzen kooperativer Sicherheit im ostasiatischen Raum einsetzen, wo die zunehmenden sicherheitspolitischen Risiken aufgrund der nur wenig ausgeprägten multilateralen Sicherheitsstrukturen Anlass zur Sorge geben.

1.4.2

Umfassendes Engagement für Stabilität

Über den Vorsitz der OSZE hinaus hat sich die Schweiz im Berichtsjahr umfassend für internationale Stabilität engagiert.

Im Bereich der globalen nachhaltigen Entwicklung bildeten die Vorarbeiten für die Verhandlungen über die Post-2015-Agenda einen Schwerpunkt. Die Bilanz des vorhergehenden politisch-strategischen Rahmens der Entwicklungszusammenarbeit, der bis 2015 zu erreichenden Millenniumsentwicklungsziele, fiel in wichtigen Bereichen positiv aus. So konnten zum Beispiel die extreme Armut und die Kindersterblichkeit halbiert und im Gesundheitsbereich generell Fortschritte erzielt werden.

Entwicklungszusammenarbeit wirkt. Demensprechend bedeutsam ist die Ausgestaltung des neuen Rahmenwerks, das bis 2030 Gültigkeit haben wird.

Die Post-2015-Agenda soll neu für alle Länder gültig sein und soziale und wirtschaftliche Entwicklung mit dem Schutz und der nachhaltigen Nutzung der natürlichen Ressourcen kombinieren. Sie steht im Zeichen nachhaltiger Entwicklung. Die Position der Schweiz mit Schwerpunkten in den Bereichen Wasser, Gesundheit, Geschlechtergleichstellung, Frieden und inklusive Gesellschaften, nachhaltige Produktion und nachhaltiger Konsum, Verringerung des Katastrophenrisikos sowie Migration konnte erfolgreich in Schlüsselprozesse und -dokumente der Post-2015Agenda eingebracht werden. Viele Vorschläge der Schweiz wurden übernommen und gelten nun als Grundlage für die Verhandlungen.

Einen weiteren Schwerpunkt bildete der Ausbau des Engagements in Ländern mit fragiler Staatlichkeit. 40 % des Budgets der bilateralen Entwicklungszusammenarbeit fallen auf solche Staaten. In diesem Zusammenhang übernahm die Schweiz 2014 den Ko-Vorsitz im Internationalen Netzwerk zu Konflikt und Fragilität der OECD, welches internationale Normen setzt und den Dialog zwischen Entwicklungspartnern fördert. Mit ihrem Engagement in fragilen Kontexten trägt die DEZA der Tatsache Rechnung, dass Krisen, Konflikte und Katastrophen ein Haupthindernis für Entwicklung darstellen und fast die Hälfte der Armen heute in fragilen Regionen leben.

Grosse Bedeutung wurde zudem der Minderung globaler Risiken beigemessen. Im Globalthema Wasser wurde die Initiative «Blue Peace» zur Förderung einer besseren grenzüberschreitenden Wasserbewirtschaftung vorangetrieben. EDA-Leitlinien für ein gesamtdepartementales Engagement an der
Schnittstelle von Wasser- und Sicherheitsfragen sind in Erarbeitung. Mit der Dotierung der Globalen Umweltfazilität und dem neuen Grünen Klimafonds, welcher 2015 operationell wird, konnte die Unterstützung von Klimaprogrammen gestärkt werden. Im Bereich Nahrungsmittel1070

sicherheit hat sich die Schweiz für den erfolgreichen Abschluss der Verhandlungen der Prinzipien für verantwortungsvolle Investitionen in der Landwirtschaft eingesetzt. Im Globalthema Gesundheit wurden zusammen mit dem Privatsektor unter anderem kostengünstige Verfahren für die Diagnose vernachlässigter Tropenkrankheiten und die Entwicklung neuer Substanzen unterstützt.

Die Anhäufung von Krisen im Berichtsjahr manifestierte sich in der Rekordzahl von weltweit 52 Millionen Flüchtlingen und einer sehr grossen humanitären Not. Die schweizerische humanitäre Nothilfe konzentrierte ihr Engagement auf die vier grössten humanitären Katastrophen in Syrien, im Irak, im Südsudan und in der Zentralafrikanischen Republik. Die Schweiz stellte zudem bis Ende 2014 29 Millionen Franken bereit, um den Menschen in den von Ebola betroffenen Staaten Hilfe zukommen zu lassen. Dazu gehörten auch 30 Tonnen Schutz- und Hilfsmaterial.

Auch in der Förderung von Frieden und internationaler Sicherheit bildeten die Krisenherde in der südlichen Nachbarschaft Europas einen wichtigen Schwerpunkt im Engagement der Schweiz. Die guten Dienste der Schweiz kamen beispielsweise im Kontext des Nahostkonflikts zum Tragen. Im Rahmen ihres aktiven Engagements für den palästinensischen Versöhnungs- und Wiedervereinigungsprozess, der eine Voraussetzung für die Verwirklichung einer Zweistaatenlösung bildet, war die Schweiz massgeblich an der Ausarbeitung einer Roadmap für die schrittweise Reintegration der zivilen Verwaltung in Gaza in gesamtpalästinensische Strukturen beteiligt. Auf Wunsch der beteiligten lokalen Parteien und im Einverständnis mit den involvierten internationalen Akteuren förderte sie in diesem Zusammenhang eine vorübergehende Lösung für die Salärkrise, die Mitarbeitende der zivilen Verwaltung in Gaza wie etwa Ärzte und Lehrer betrifft.

Eine besondere Rolle auf der Basis ihrer eigenständigen Aussenpolitik spielt die Schweiz nach wie vor als Schutzmacht der USA in Iran. Sie unterstützte auch die Verhandlungen zum iranischen Nuklearprogramm, indem sie die Aktivitäten der Internationalen Atomenergieagentur (IAEA) zur Verifikation des im November 2013 in Genf abgeschlossenen Interimsabkommens mitfinanzierte. Ebenso hat sie sich an den Kosten zur Vernichtung der syrischen Chemiewaffenbestände beteiligt.

In Nordafrika setzt
die Schweiz ihr Engagement zur Förderung von Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechten und zivilgesellschaftlichen Aktivitäten fort. Im Friedensprozess im Südsudan unterstützt sie die für die Friedensverhandlungen zuständige Intergovernmental Authority on Development (IGAD) unter anderem dadurch, dass sie die Mediationskapazitäten den IGAD-Mitgliedstaaten stärkt. Auf der Basis eines Ausbaus der Mediationskapazitäten im EDA will die Schweiz künftig noch vermehrt die Mediationsfähigkeiten von Staaten und auch Organisationen wie der OSZE stärken.

Im Südkaukasus intensivierte die Schweiz ihr Engagement zur Bearbeitung der drei Sezessionskonflikte (Abchasien, Südossetien, Berg-Karabach). Weitere geografische Schwerpunkte der zivilen Friedensförderung sind der Westbalkan, Süd- und Südostasien, die Grossen Seen, West- und Zentralafrika sowie der Friedensprozess in Kolumbien. Ebenfalls führt die Schweiz für die Förderung der Menschenrechte in sechs Ländern (China, Nigeria, Russland, Senegal, Tadschikistan und Vietnam) bilaterale Menschenrechtsdialoge oder -konsultationen.

Zur Förderung der Kohärenz wird die Botschaft über die internationale Zusammenarbeit 2017­2020 neben den Rahmenkrediten für die Aktivitäten von DEZA und SECO erstmals auch denjenigen der Abteilung Menschliche Sicherheit umfassen.

1071

Ebenfalls werden vermehrt spezifische Kooperationsstrategien erarbeitet, um die verschiedenen Aktivitäten und Instrumente in den Bereichen Entwicklung, humanitäre Hilfe, Friedensförderung und Menschenrechte sowie Völkerrecht noch besser zu koordinieren.

Das Engagement zur Stärkung des Völkerrechts ist für die Schweiz wichtiger denn je. Als Schutz vor Machtpolitik und Willkür kommt dem Völkerrecht in diesen Zeiten erhöhter internationaler Spannungen zentrale Bedeutung zu. Eine regelbasierte internationale Ordnung ist für die Sicherheit, den Wohlstand und die Unabhängigkeit der Schweiz essentiell.

Ein Schwerpunkt der diesbezüglichen Aktivitäten der Schweiz bildet traditionell die Stärkung des humanitären Völkerrechts. Im Rahmen einer gemeinsamen Initiative mit dem IKRK zur besseren Einhaltung des humanitären Völkerrechts haben im Berichtsjahr Konsultationen stattgefunden im Hinblick auf die Gründung einer Konferenz der Vertragsstaaten der Genfer Konventionen im Jahr 2015. Als Depositar der IV. Genfer Konvention über den Schutz von Zivilpersonen in Kriegszeiten hat die Schweiz zudem nach umfangreichen Konsultationen am 17. Dezember 2014 eine Konferenz «Hoher Vertragsparteien» zur Umsetzung dieser Konvention im Besetzten Palästinensischen Gebiet, einschliesslich Ost-Jerusalem, einberufen. Die an dieser Konferenz in Genf teilnehmenden 126 Vertragsparteien verabschiedeten im Konsens eine Erklärung, welche die Prinzipien des humanitären Völkerrechts für alle Kriegsparteien in Erinnerung ruft und rechtlich relevante Entwicklungen seit 2001, dem Zeitpunkt der letzten Erklärung im Rahmen einer solchen Konferenz, kritisch würdigt.

Die Schweiz hat 2014 eine Initiative zur Stärkung der Effizienz des Internationalen Strafgerichtshofs lanciert. Zudem hat sie im November 2014 auf der Grundlage ihrer langjährigen Erfahrung im Umgang mit Potentatengeldern und der dabei entwickelten Lösungsansätze auf Anfrage der G7 das Arab Forum on Asset Recovery in Genf organisiert. Schliesslich setzte sich die Schweiz in verschiedenen Foren wie der OSZE, der UNO und dem Global Counterterrorism Forum dafür ein, dass der Terrorismus auf der Basis des Völkerrechts bekämpft wird.

Neben dem Respekt für das Völkerrecht sind für einen Staat wie die Schweiz auch wirksame multilaterale Strukturen und Regime zur Lösung globaler
Herausforderungen wichtig. Auch im Berichtsjahr war die Schweiz ein sehr aktives Mitglied in der UNO und hat deren Aktivitäten mitgestaltet. So nimmt sie beispielsweise im Bereich der Verbesserung der Arbeitsmethoden des Sicherheitsrats eine führende Stellung ein. Sie leitet die sogenannte ACT-Gruppe, die eine Verbesserung hinsichtlich Rechenschaft, Kohärenz und Transparenz anstrebt. Auch engagiert sich die Schweiz dafür, dass der Förderung und dem Schutz der Menschenrechte, einem der drei Hauptpfeiler der UNO, künftig ein grösserer Anteil des regulären Budgets als die aktuell drei Prozent zukommen. Die Schweiz setzt sich zudem für eine verantwortungsvolle Wirtschaft ein, welche die Menschenrechte respektiert. Sie fördert den Dialog zwischen dem Privatsektor und der Zivilgesellschaft und unterstützt freiwillige, multipartite Initiativen mit Beteiligung der verschiedenen Interessensgruppen, wie zum Beispiel die Voluntary Principles on Security and Human Rights, für welche die Schweiz bis im März 2014 die Präsidentschaft innehatte. Das breite Engagement der Schweiz für eine verstärkte Handlungsfähigkeit der UNO wird international wahrgenommen und gibt ihr innerhalb der Weltorganisation politisches Kapital.

1072

Die Schweiz setzt sich auch für wirksame multilaterale Abrüstungs- und Nonproliferationsgremien ein. So sitzt sie seit September 2014 für drei Jahre im Gouverneursrat der IAEA und beteiligt sich an den Debatten über eine Neugestaltung der Überwachungsmassnahmen im nuklearen Bereich (safeguards). Im Berichtsjahr übernahm sie zudem den Vorsitz des Biologiewaffenübereinkommens.

Schliesslich leistet die Schweiz auch mit ihrer kontinuierlichen Förderung des internationalen Genf einen wichtigen Beitrag an die globale Gouvernanz. Mit der Internationalen Friedenskonferenz zu Syrien im Januar und den Ukraine-Gesprächen im April 2014 war Genf auch im vergangenen Jahr eine wichtige Bühne der Weltpolitik. Im Berichtsjahr konnte zudem der Global Community Engagement and Resilience Fund in Genf angesiedelt werden, dem in der Bekämpfung der Ursachen von Terrorismus künftig eine wichtige Rolle zukommen soll. Die Schweiz hat ferner angeboten, das Sekretariat des Vertrags über den Waffenhandel in Genf anzusiedeln und damit optimale Voraussetzung für dessen Umsetzung zu schaffen.

Das internationale Genf stellt einen wichtigen Standortvorteil für die Schweizer Aussenpolitik dar. Die einzigartige Konzentration verschiedener internationaler Akteure in Genf eröffnet Einflussmöglichkeiten, enge Kontakte zu wichtigen Institutionen und Akteuren und verleiht der Schweiz zusätzliche Glaubwürdigkeit. Das neu eröffnete Maison de la Paix wird der Zusammenarbeit der verschiedenen Akteure vor Ort förderlich sein und die Positionierung Genfs als Stadt des Friedens weiter stärken. Mit der Verabschiedung der Botschaft vom 19. November 20141 zu den Massnahmen zur Stärkung der Rolle der Schweiz als Gaststaat hat der Bundesrat signalisiert, dass er der Förderung der Attraktivität und Wettbewerbsfähigkeit des internationalen Genf hohe Bedeutung beimisst.

1.4.3

Erweiterte strategische Zielsetzung in den Beziehungen zur EU

Seit mehreren Jahren ist das strategische Ziel der Schweizer Europapolitik die Konsolidierung und Erneuerung des bilateralen Wegs mit der EU. Der Bundesrat arbeitet beharrlich an diesem Ziel. Ende 2013 hatte er in diesem Zusammenhang das Mandat zu Verhandlungen über die institutionellen Fragen verabschiedet. Im Berichtsjahr setzte der Bundesrat diese Bemühungen fort. Allerdings erweiterte er als Folge der vom Souverän am 9. Februar 2014 angenommenen Volksinitiative «Gegen Masseneinwanderung» die strategische Zielsetzung. Zusätzlich zur Sicherung des bilateralen Wegs verfolgt er als zweites strategisches Ziel eine verstärkte Steuerung der Zuwanderung in die Schweiz.

Der neue Verfassungsartikel (Art. 121a der Bundesverfassung2, BV) sieht vor, die Zuwanderung durch Kontingente und jährliche Obergrenzen zu beschränken sowie den Inländervorrang auf dem schweizerischen Arbeitsmarkt anzuwenden. Der Bundesrat hat die Arbeiten zur Umsetzung dieses Verfassungsauftrags rasch an die Hand genommen. Auf der Basis eines im Juni 2014 vorgelegten Umsetzungskonzepts wird er Anfang 2015 den Entwurf eines Ausführungsgesetzes verabschieden.

1 2

BBl 2014 9229 SR 101

1073

Die Annahme der Volkinitiative «Gegen Masseneinwanderung» war kein Votum gegen den bilateralen Weg mit der EU. Mehrere Abstimmungen in den letzten Jahren haben deutlich gemacht, dass das Festhalten am bilateralen Weg dem Volkswillen entspricht. Auch die Ablehnung der Volksinitiative «Stopp der Überbevölkerung ­ zur Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen» (sog. ECOPOP-Initiative) durch Volk und Stände am 30. November 2014 kann in diesem Sinne interpretiert werden. Dementsprechend arbeitet der Bundesrat auf beide Ziele hin: die Erneuerung des bilateralen Wegs und die verstärkte Steuerung der Zuwanderung.

Allerdings ist der neue Verfassungsartikel unvereinbar mit dem Personenfreizügigkeitsabkommen (FZA) zwischen der Schweiz und der EU3. Die Schweizer Diplomatie strebt deshalb an, eine Lösung für dieses Abkommen mit der EU zu finden. Bis zum Ende des Berichtsjahres trat die EU auf den Wunsch der Schweiz nach einer Neuverhandlung und Anpassung des FZA nicht ein. Dabei wird immer wieder darauf hingewiesen, dass die Personenfreizügigkeit ein Grundprinzip des Binnenmarkts und ein nicht verhandelbares Recht der Bürgerinnen und Bürger in der EU sei. Bereit zeigte sich die EU hingegen zu einer Diskussion über Umsetzungsprobleme des FZA. Auf dieser Basis will der Bundesrat Anfang 2015 ein Verhandlungsmandat zur Revision des FZA verabschieden.

Die Schweiz unternimmt grosse Anstrengungen, um alle 28 Mitgliedstaaten der EU davon zu überzeugen, dass die Union auf solche Gespräche eingeht. Im Berichtsjahr gab es zahlreiche Treffen mit Vertretern von EU-Staaten. Allein der Bundespräsident traf 23 Amtskollegen aus EU-Staaten und diskutierte mit diesen die bilateralen Beziehungen. Vor allem mit den Nachbarstaaten, mit denen die Schweiz besonders eng verflochten ist, kam es zu zahlreichen Begegnungen auf den höchsten Stufen.

Mit der neuen EU-Aussenbeauftragten Federica Mogherini kam es am Rande des OSZE-Ministerrats zu einem ersten Austausch, wobei die bilateralen Beziehungen im Zentrum standen.

Die Schweiz erwartet von der EU eine konstruktive Haltung. Das Interesse an stabilen bilateralen Beziehungen ist angesichts der engen Verflechtung gegenseitig. Die Schweiz ist die viertgrösste Handelspartnerin der EU und leistet wichtige Beiträge an die Stabilität und Kohäsion in Europa. 55 % der Warenexporte der Schweiz
gehen in den EU-Raum und 73 % der Importe kommen von dort. 43 % der schweizerischen Direktinvestitionen im Ausland befinden sich in der EU (2013: rund 465 Mrd. CHF), 82 % des ausländischen Kapitals in der Schweiz stammt aus der EU (2013: insgesamt rund 562 Mrd. CHF). Zudem leben und arbeiten 430 000 Schweizerinnen und Schweizer in der EU. Nahezu 1,3 Millionen EU-Bürgerinnen und -Bürger leben ihrerseits in der Schweiz und machen somit rund 15 % der Schweizer Wohnbevölkerung aus. Täglich kommen zudem rund 288 000 Grenzgängerinnen und Grenzgänger zur Arbeit in die Schweiz.

Die Suche nach einer für beide Seiten tragfähigen Lösung wird 2015 fortgesetzt.

Von ihrem Erfolg dürfte die Zukunft des bilateralen Wegs massgeblich abhängen.

Eine Kündigung des FZA wäre nicht im Interesse der Schweiz. Sie würde die Bilateralen I hinfällig machen. Die EU weist zudem darauf hin, dass auch die Mitgliedschaft der Schweiz im Schengenraum und beim Dubliner Asylabkommen gefährdet

3

Abkommen vom 21. Juni 1999 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit, SR 0.142.112.681

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wäre. Auf der anderen Seite muss eine Lösung unter Respektierung der vom Bundesrat formulierten roten Linien erfolgen.

Die Ausgangslage für eine Erneuerung des bilateralen Wegs hat sich als Folge des neuen Verfassungsartikels verkompliziert. Zwar liess sich eine Lösung finden, damit Staatsangehörige Kroatiens auch ohne Unterzeichnung des Protokolls III zur Ausweitung des FZA auf dieses jüngste EU-Mitglied Zugang zum schweizerischen Arbeitsmarkt bekommen. Auf dieser Basis verabschiedete die EU im Mai 2014 ein Mandat zu Verhandlungen über die institutionellen Fragen, die sich seither gut entwickelt haben. Auch erklärte sich die EU bereit, die Verhandlungen in anderen bilateralen Dossiers wie Elektrizität und Emissionszertifikate wieder aufzunehmen.

Der Abschluss eines institutionellen Rahmenabkommens und neuer Marktzugangsabkommen und damit die angestrebte Erneuerung des bilateralen Wegs sind für die EU aber eng mit der Frage der Fortführung der Personenfreizügigkeit verknüpft.

Auch die Assoziierung der Schweiz am EU-Rahmenforschungsprogramm Horizon 2020 wird nach 2016 davon abhängen, ob sich mit der EU eine Lösung in der Frage der Personenfreizügigkeit finden lässt.

Der bilaterale Weg ist diejenige europapolitische Option, mit der sich gleichzeitig die Unabhängigkeit der Schweiz wahren und ihr Wohlstand ausbauen lässt. Der bilaterale Weg ermöglicht der Wirtschaft den Zugang zum Binnenmarkt, stärkt die Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz, schafft Arbeitsplätze, eröffnet wichtige internationale Perspektiven für die Ausbildung der Jugend und für die Forschung und gibt der Schweiz Zugang zur für sie wichtigen Schengen- und Dublinkooperation. Die Konsolidierung und Erneuerung des bilateralen Wegs bei gleichzeitig besserer Steuerung der Zuwanderung stellt eine zentrale Herausforderung und prioritäre Aufgabe der kommenden Jahre dar, wobei die Zeit für die Umsetzung des Verfassungsartikels und Neuverhandlungen des FZA knapp bemessen ist.

2

Der Schweizer OSZE-Vorsitz 2014

2.1

Überblick

Die Schweiz übernahm am 1. Januar 2014 für ein Jahr den Vorsitz der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE). Die OSZE ist die weltweit grösste regionale Sicherheitsorganisation und umfasst 57 Staaten aus dem euroatlantischen und dem eurasischen Raum (siehe unten). Im Vergleich zu anderen multilateralen Organisationen wird die OSZE weniger durch institutionelle Organe wie das Sekretariat als vielmehr durch den Vorsitz und insbesondere durch den Amtierenden Vorsitzenden (den jeweiligen Aussenminister oder die Aussenministerin des Vorsitzlands) gesteuert. So liegt die Gesamtverantwortung für die OSZEAktivitäten bei der oder dem Vorsitzenden, dem Kopf der täglichen Exekutivarbeit.

Der Ministerrat sowie der Ständige Rat werden vom Vorsitzland geleitet; der Vorsitz setzt den Ton für die gemeinsame Arbeit, bestimmt die Agenda und nimmt eine zentrale Rolle im Krisenmanagement ein. In der Ausübung seiner Aufgaben wird der Vorsitz vom Generalsekretär unterstützt sowie von denjenigen beiden Staaten, die im Jahr vorher und im Jahr danach den Vorsitz innehaben und zusammen mit dem amtierenden Vorsitz die «OSZE-Troika» bilden. Der Schweiz fielen damit ein breites Aufgabenspektrum und viel Verantwortung zu. Gleichzeitig verfügte sie als Vorsitz über einen beträchtlichen Gestaltungsspielraum.

1075

Kurzporträt der OSZE ­

Gegründet 1975 als Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE), seit 1994 Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE)

­

Regionale Sicherheitsorganisation gemäss Kapitel VIII der UNO-Charta (Regionale Vereinbarung zur Wahrung des Weltfriedens und internationaler Sicherheit)

­

Sitz: Wien, Österreich

­

57 Teilnehmerstaaten (neben allen europäischen Ländern auch die USA, Kanada, alle Nachfolgestaaten der Sowjetunion sowie seit 2013 die Mongolei)

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6 Mittelmeerländer als Kooperationspartner (Ägypten, Algerien, Israel, Jordanien, Marokko und Tunesien)

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5 asiatische Staaten als Kooperationspartner (Afghanistan, Japan, Thailand, Südkorea, Australien)

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Vorsitz 2013: Ukraine

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Vorsitz 2014: Schweiz

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Vorsitz 2015: Serbien

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Vorsitz 2016: Deutschland

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Vorsitz 2017 Österreich

­

Generalsekretär: Lamberto Zannier (Italien)

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Jahresbudget 2014: rund 142 Mio. EUR (davon ca. 70 % für Feldaktivitäten)

­

Konsensprinzip

­

umfassendes Sicherheitskonzept in 3 Dimensionen: politisch-militärische Dimension, Wirtschafts- und Umweltdimension und menschliche Dimension (Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie)

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3 unabhängige Institutionen: das Büro für demokratische Institutionen und Menschenrechte in Warschau, die Beauftragte für Medienfreiheit in Wien und die Hohe Kommissarin für nationale Minderheiten in Den Haag

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Parlamentarische Versammlung

­

18 Feldoperationen in Südosteuropa, in Osteuropa, im Südkaukasus und in Zentralasien, davon unter Schweizer Vorsitz geschaffen: 1 Sondermission zur Beobachtung der Lage in der Ukraine; 1 Beobachtungsmission in Russland an 2 russisch-ukrainischen Grenzposten

Die OSZE vermochte unter dem Schweizer Vorsitz ihre Bedeutung als Dialogplattform und Akteurin des Krisenmanagements zu demonstrieren. Sie hat international an Glaubwürdigkeit und Profil gewonnen und ihrem kooperativen und umfassenden Ansatz der Sicherheit Geltung verschafft. Dies vor allem, weil sie sich als wichtigste brückenbauende Akteurin in der Ukrainekrise etablieren konnte, in den internationalen Bemühungen um Deeskalation in diesem Konflikt eine zentrale Bedeutung eingenommen hat und so eine operationelle Rolle in der Umsetzung diplomatischer Vereinbarungen spielt.

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Der Vorsitz war auch für die Schweizer Aussenpolitik von Nutzen. Mit ihrem Engagement in der OSZE vermochte die Schweiz ihren Ruf als glaubwürdiges, kompetentes und verlässliches Land, das mit einer eigenständigen und verantwortungsbewussten Politik nützliche Beiträge an die internationale Sicherheit leistet, weiter zu stärken. Auch konnte die Schweiz dank dem Vorsitz ihre bilateralen Beziehungen zu wichtigen Staaten vertiefen. Dies trifft namentlich auf die Beziehungen mit Deutschland zu, das in den internationalen diplomatischen Bemühungen um eine Lösung der Ukrainekrise eine wichtige Rolle eingenommen und dabei das Engagement der OSZE konsequent unterstützt hat.

Dass der Departementsvorsteher des EDA im Berichtsjahr gleichzeitig Bundespräsident war, erwies sich für die Aufgaben als Amtierender Vorsitzender der OSZE als Vorteil. Diese Konstellation ermöglichte dem Vorsitzenden einen direkten Zugang zu den Staats- und Regierungschefs der OSZE-Teilnehmerstaaten. In verschiedenen Kontexten, insbesondere in der Krisendiplomatie betreffend der Ukraine und im Rahmen der Reisen des Vorsitzenden in den Westbalkan, in den Südkaukasus und nach Zentralasien, erhöhte dies die politische Hebelwirkung für den Schweizer Vorsitz.

Das Leitmotiv des Schweizer OSZE-Vorsitzes lautete «Eine Sicherheitsgemeinschaft im Dienste der Menschen schaffen», und drei Ziele wurden gesteckt: Sicherheit und Stabilität fördern, die Lebensbedingungen der Menschen verbessern und die Handlungsfähigkeit der OSZE stärken. Diese übergeordneten Ziele orientierten sich an den schweizerischen Grundwerten Sicherheit, Freiheit und Verantwortung.

Von diesen übergeordneten Zielen ausgehend hatte der Schweizer Vorsitz zehn geografische und thematische Schwerpunkte für seine Aktivitäten gesetzt. Die Schweiz stimmte ihre Schwerpunkte dabei gemeinsam mit Serbien in Form eines zweijährigen Arbeitsplanes ab. Serbien hat den OSZE-Vorsitz auf den 1. Januar 2015 übernommen. Es war das erste Mal in der Geschichte der OSZE, dass zwei Länder einen aufeinander abgestimmten, sogenannt konsekutiven Vorsitz ausüben.

Diese mehrjährige Planung soll die Kontinuität sowohl inhaltlich wie auch personell sicherstellen und die Effizienz der OSZE steigern.

Kurz vor Ende der Präsidentschaft, am 4. und 5. Dezember 2014, hat die Schweiz die Aussenminister der 57
OSZE-Staaten sowie 11 Kooperationspartner zum Treffen des Ministerrats nach Basel eingeladen. Im Vordergrund dieses zentralen OSZEBeschluss- und Leitungsgremiums auf Ebene der Aussenminister stand, am ersten Tag, die Frage der künftigen Sicherheit in Europa und, am Folgetag, die Bekämpfung des internationalen Terrorismus. Zum Auftakt hat der Amtierende Vorsitzende der OSZE, Bundespräsident Didier Burkhalter, am Abend des 3. Dezember 2014 mit den anwesenden Aussenministerinnen und Aussenministern in einem informellen Rahmen die Situation in der Ukraine erörtert.

Als Leitplanken für die weitere Arbeit der OSZE verabschiedete der Ministerrat in Basel verschiedene Erklärungen, unter anderem zur Weiterführung des Reformprozesses «Helsinki+40», zum gemeinsamen Vorgehen gegen Terrorismus und gegen Lösegeldzahlungen bei Entführungen, zur Korruptionsbekämpfung, zur Prävention von Naturkatastrophen und gegen häusliche Gewalt gegen Frauen. Zum Abschluss des diesjährigen Ministerrats begrüsste der Amtierende OSZE-Vorsitzende die Kontinuität bei der Arbeit der Organisation: Mit dem Entscheid des Ministerrats, den Vorsitz der OSZE 2016 Deutschland und 2017 Österreich zu übertragen, ist die

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Leitung der Organisation für die nächsten Jahren sichergestellt. Das Modell der konsekutiven Vorsitze scheint somit Schule zu machen.

Zur Kenntnis genommen hat der Ministerrat auch die Empfehlungen der 57 «Youth Ambassadors» für einen Jugend-Aktionsplan, dank dem die Jugend verstärkt in die Arbeit der OSZE eingebunden werden soll. Die Empfehlungen hatten die jungen Frauen und Männer während mehrerer Treffen im Rahmen des Projekts «Modell OSZE» ausgehandelt, bei dem die jungen Vertreterinnen und Vertreter der 57 OSZE-Staaten die Arbeit der Organisation simulieren konnten.

2.2

Die Ukrainekrise

Die Ukrainekrise hat die Arbeit des Schweizer OSZE-Vorsitzes stark geprägt. Sie war eine grosse Herausforderung für die Schweizer Diplomatie, aber gleichzeitig auch eine Chance, die Instrumente der OSZE nutzbringend einzusetzen in einem Konflikt, der von vielen als die bisher schärfste politische Konfrontation des 21.

Jahrhunderts innerhalb Europas beschrieben wird.

Die erste Phase der Krise zwischen Herbst 2013 und Februar 2014 war weitgehend geprägt von einer inner-ukrainischen Konfrontation zwischen der ukrainischen Führung um Präsident Wiktor Janukowitsch und der Protestbewegung rund um den Kiewer Maidan Nesaleschnosti (dt. Unabhängigkeitsplatz). Auslöser der Demonstrationen war insbesondere der Entscheid der damaligen Regierung, das Assoziierungsabkommen mit der Europäischen Union und das damit einhergehende umfassende Freihandelsabkommen nicht zu unterzeichnen und stattdessen eine engere politische und wirtschaftliche Anlehnung an Russland zu suchen. Die zunächst friedlichen Demonstrationen wurden nach und nach von Gewalthandlungen überschattet, es mehrten sich Berichte über Misshandlungen von Demonstranten und Journalisten durch Sonderpolizei-Einheiten.

Vor dem Hintergrund dieser Eskalation intensivierte der OSZE-Vorsitzende Didier Burkhalter seine diplomatischen Kontakte und traf den ukrainischen Ministerpräsidenten Mykola Asarow am 24. Januar 2014 am Rande des Weltwirtschaftsforums in Davos, den ukrainischen Aussenminister Leonid Koschara am 1. Februar 2014 am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz sowie den Präsidenten Wiktor Janukowitsch am 7. Februar 2014 am Rande der Olympischen Winterspiele in Sotschi.

Dabei bot er die Unterstützung der OSZE für den Dialog zwischen der Regierung und der Opposition an. Präsident Janukowitsch ging jedoch auf die Angebote der OSZE nicht ein. Am 16. Februar 2014 gelang dem Schweizer OSZE-Vorsitz dennoch ein erster punktueller Vermittlungserfolg: Die Maidan-Demonstrantinnen und -Demonstranten waren bereit, besetzte Gebäude freizugeben, nachdem das Parlament ein Amnestiegesetz verabschiedet hatte. Der Schweizer Botschafter in Kiew vermittelte anschliessend als Vertreter des OSZE-Vorsitzes die Übergabe des besetzen Kiewer Stadthauses von den Besetzern an die Stadtverwaltung.

Nach einer blutigen Eskalation auf dem Maidan, als Scharfschützen in die Menge
feuerten, gelang es den drei Aussenministern aus Deutschland, Frankreich und Polen sowie einem russischen Emissär am 21. Februar 2014, eine Einigung auf vorgezogene Neuwahlen und eine Reihe von Deeskalationsmassnahmen zwischen dem Präsidenten und der Opposition herbeizuführen. Noch in derselben Nacht setzte sich jedoch Präsident Janukowitsch fluchtartig nach Russland ab. Das ukrainische Parla1078

ment bildete daraufhin eine Übergangsregierung unter Premierminister Jazeniuk, die frühere Ministerpräsidentin Julia Timoschenko wurde freigelassen und die Verfassung von 2004 wurde wieder in Kraft gesetzt.

Am 24. Februar 2014 skizzierte der OSZE-Vorsitzende in einer Rede vor dem UNOSicherheitsrat ein umfassendes Massnahmenpaket zur Stabilisierung der Ukraine. Er ernannte Botschafter Guldimann zu seinem Sondergesandten in der Ukraine. Er forderte eine rasche OSZE-Menschenrechtsmission zur Aufklärung allfälliger Verbrechen während der Maidan-Proteste und rief zur Schaffung einer internationalen Kontaktgruppe auf, in der die wichtigsten Akteure ihre Politik zur Stabilisierung der Ukraine koordinieren sollten. Botschafter Guldimann traf noch am selben Tag in Kiew ein und erhielt im Laufe der folgenden Woche die Zustimmung der Kiewer Übergangsregierung zu einer OSZE-Menschenrechtsmission, zum Besuch der OSZE-Beauftragten für Medienfreiheit, zum Besuch der OSZE-Hochkommissarin für Nationale Minderheiten sowie zu einer OSZE-Wahlbeobachtung für die vorgezogenen Präsidentschaftswahlen.

Am 28. Februar 2014 entschied der Bundesrat die Sperrung allfälliger Vermögenswerte des ehemaligen ukrainischen Präsidenten und seines Umfeldes in der Schweiz, um jegliches Risiko einer Veruntreuung von staatlichem ukrainischem Eigentum zu vermeiden. Der seit Ende 2013 bestehende Bewilligungsstopp für die Ausfuhr von Kriegsmaterial in die Ukraine wurde Anfang März 2014 auf die Russische Föderation ausgeweitet.

Am 1. März 2014 besetzten bewaffnete Kräfte öffentliche Gebäude auf der Krim.

Innert weniger Tage brachten sie die Halbinsel unter ihre Kontrolle, wechselten die politische Führung aus und veranstalteten ein sogenanntes «Referendum» über den Anschluss an Russland. Später bestätigte Präsident Putin, dass russische Armeeeinheiten an dieser Operation beteiligt waren. Am 18. März 2014 beschloss Russland die Annexion der Krim. Die Europäische Union, die USA und eine Reihe weiterer Staaten erliessen Sanktionen gegen Russland, die in den Monaten darauf in mehreren Schritten verschärft und teilweise durch russische Gegensanktionen beantwortet wurden.

Der OSZE-Vorsitzende verurteilte am 18. März 2014 die russische Annexion als klaren Bruch des Völkerrechts und Verletzung der Helsinki-Schlussakte, des Grundlagendokuments
der OSZE. Er erinnerte an die Verpflichtungen, welche die OSZEStaaten eingegangen waren; darunter insbesondere das Recht jedes OSZE-Staates auf Sicherheit und dass kein Staat seine eigene Sicherheit auf Kosten eines anderen durchsetzen darf. Der OSZE-Vorsitzende rief dazu auf, durch offenen und ehrlichen Dialog Lösungen zu suchen. Auch der Bundesrat verurteilte die Annexion der Krim durch Russland und beschloss am 2. April 2014 alle erforderlichen Massnahmen zu ergreifen, damit das Schweizer Staatsgebiet nicht zur Umgehung der Sanktionen missbraucht wird.

Am 21. März 2014 verabschiedete der Ständige Rat der OSZE das Mandat einer Sonderbeobachtungsmission in der Ukraine. Unbewaffnete zivile OSZE-Beobachterinnen und -Beobachter erhielten den Auftrag, über politische Entwicklungen, insbesondere in Bezug auf Sicherheit, Menschenrechte und Minderheitenfragen, zu berichten und den Dialog vor Ort zu fördern. Das Ziel der Mission besteht darin, zum Abbau der Spannungen und zur Förderung des Friedens, der Stabilität und Sicherheit sowie zur Beobachtung und Unterstützung der Umsetzung aller OSZEPrinzipien und -Verpflichtungen beizutragen.

1079

Diesem Beschluss, der einen Konsens aller 57 OSZE-Staaten voraussetzte, waren eine intensive Verhandlung durch den OSZE-Vorsitz und zahlreiche Telefongespräche des Amtierenden Vorsitzenden vorangegangen, unter anderem mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin.

Die ersten OSZE-Beobachter standen bereits 48 Stunden nach dem Konsensbeschluss in Kiew im Einsatz. Die «OSCE Special Monitoring Mission to Ukraine» (SMM) entwickelte sich rasch zu einem zentralen Instrument der Staatengemeinschaft im internationalen Krisenmanagement in der Ukraine: Als «Augen und Ohren» der internationalen Gemeinschaft sorgt sie mit ihren täglichen Berichten für eine unabhängige und faktentreue Berichterstattung aus zehn Regionen der Ukraine, inklusive der umkämpften Gebiete Luhansk und Donetsk im Osten. Seit der Unterzeichnung des Minsker Protokolls und des Minsker Memorandums im September 2014 kommt der SMM zudem eine wichtige Rolle in der Umsetzung dieser Verpflichtungen zu (siehe unten).

Im März und April 2014 besetzten bewaffnete Gruppen zahlreiche öffentliche Gebäude in verschiedenen Städten der Ostukraine und errichteten Strassensperren.

Die wichtigsten Wortführer stammten augenscheinlich aus Russland. Ukrainische Truppen, unterstützt von Freiwilligenverbänden, starteten Gegenaktionen. Mit der gewaltsamen Eskalation des Konflikts in der Ostukraine, die bis zum Ende des Berichtsjahr über 4700 Todesopfer forderte und hunderttausende Menschen in die Flucht trieb, begann die dritte und bisher blutigste Phase der Ukrainekrise. Die SMM berichtete über diese Ereignisse, konnte sie aber nicht verhindern. Acht SMMMitarbeiter, darunter ein Schweizer, gerieten Ende Mai 2014 in Geiselhaft von separatistischen Kräften, was die Bewegungsfreiheit der SMM einschränkte. Die bedingungslose Freilassung dieser Geiseln konnte erst nach über einem Monat intensiver Verhandlungsbemühungen mit den Akteuren vor Ort sowie diplomatischen Kontakten auf allen Stufen erreicht werden. Am 2. Oktober 2014 starb ein Schweizer Mitarbeiter des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz bei Artilleriebeschuss in der Nähe von Donetsk.

Am 17. April 2014 einigten sich die Ukraine, die Russische Föderation, die USA und die Europäische Union in Genf auf eine gemeinsame Deklaration, die einen Gewaltverzicht und die Entwaffnung von illegal bewaffneten
Gruppierungen, die Rückgabe besetzter Gebäude und Plätze sowie einen transparenten und inklusiven Verfassungsprozess mit einem breiten nationalen Dialog forderte. Der Sonderbeobachtungsmission wurde eine führende Rolle bei der Umsetzung dieser Schritte zugesprochen. Die Krim wurde hingegen in der Genfer Deklaration nicht erwähnt.

Angesichts nur schleppender Fortschritte in den Bemühungen um eine Deeskalation der Lage erarbeitete der Schweizer Vorsitz eine Roadmap zuhanden der vier in Genf vertretenen Parteien, die konkrete Massnahmen und eine verstärkte Unterstützung der OSZE für die Umsetzung der Genfer Deklaration aufzeigte. Anlässlich des Besuchs von Bundespräsident Burkhalter in Moskau vom 7. Mai 2014 äusserte sich Präsident Putin erstmals positiv über die vorgezogenen ukrainischen Präsidentschaftswahlen («ein Schritt in die richtige Richtung»), deren Legitimität Russland zuvor stets in Frage gestellt hatte, und plädierte für einen nationalen Dialog.

Der OSZE-Vorsitzende ernannte Botschafter Wolfgang Ischinger zu seinem Beauftragten für die Durchführung von landesweiten Diskussionen an sogenannten Runden Tischen zur nationalen Einheit, die im Vorfeld der vorgezogenen Präsidentschaftswahlen von der ukrainischen Regierung mit OSZE-Unterstützung veranstaltet 1080

wurden. In drei Gesprächsrunden kamen Akteure aus allen politischen Lagern und Vertreter der Zivilgesellschaft aus allen Teilen des Landes zusammen. Ergebnis dieser Diskussionen war ein Memorandum of Understanding, welches Massnahmen zur Verfassungsreform, zur Dezentralisierung, zur Reform der Sicherheitsorgane und zum Status der russischen Sprache enthielt. Diese Massnahmen wurden von einer grossen Mehrheit des damaligen Parlaments befürwortet. Der Vorsitz regte die Wiederaufnahme des nationalen Dialogs in der zweiten Jahreshälfte mehrfach an; die ukrainische Regierung hat jedoch bislang keine diesbezüglichen Schritte unternommen.

Am 25. Mai 2014 gewann Petro Poroschenko die Präsidentschaftswahlen überraschend bereits im ersten Wahlgang mit klarer Mehrheit. Gut einen Monat nach Amtsantritt legte Poroschenko einen umfassenden Friedensplan vor. Die Wahlbeobachtungsmission des OSZE-Büros für Demokratische Institutionen und Menschenrechte (ODIHR) ­ mit über 1300 Beobachtern die grösste in der Geschichte der OSZE ­ bescheinigte, dass der Prozess grösstenteils in Übereinstimmung mit internationalen Verpflichtungen stattfand und die Grundrechte respektierte. Allerdings konnten Wählerinnen und Wähler aus der Krim und aus einzelnen Gebieten der Ostukraine nicht oder nur erschwert an den Wahlen teilnehmen. Eine zweite OSZE/ODIHR-Wahlbeobachtungsmission, eingesetzt für die vorgezogenen Parlamentswahlen vom 26. Oktober 2014, kam in ihrem vorläufigen Bericht zu einer sehr ähnlichen Einschätzung. Vertreter der Parlamentarischen Versammlung der OSZE, des Europarats, des europäischen Parlaments und der NATO beteiligten sich an beiden Wahlbeobachtungsmissionen.

Anlässlich der Feierlichkeiten zum Gedenken an die Landung der Alliierten in der Normandie von 1944 führten die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Präsidenten Frankreichs, der Ukraine und der Russischen Föderation Gespräche zur Ukraine. Tags darauf, am 7. Juni 2014, schuf der ukrainische Präsident Petro Poroschenko die sogenannte Trilaterale Kontaktgruppe, in der die Ukraine, Russland und der OSZE-Vorsitz vertreten sind. Der OSZE-Vorsitzende ernannte Botschafterin Tagliavini zu seiner Sondergesandten für die Gruppe, welche regelmässig in Kiew zusammentritt und immer wieder auch mit Vertretern der Separatisten in der Ostukraine Gespräche
führt. Diese Kontaktgruppe ist das einzige permanente Gremium, in dem Russland, die Ukraine und die Separatisten regelmässig und strukturiert über Waffenstillstand, Friedenspläne und humanitäre Fragen diskutieren.

Die Trilaterale Kontaktgruppe etablierte sich als einzig wirksames Gremium zur Lösung drängender Fragen. Sie schuf nicht nur einen direkten Gesprächskanal zwischen Russland und der Ukraine, sondern öffnete durch gemeinsame Sitzungen und Videokonferenzen auch einen direkten, formellen Gesprächskanal zu Vertretern der Separatisten. Zusammen mit der SMM leistete die Trilaterale Kontaktgruppe wichtige Beiträge beim Austausch von Gefangenen oder bei der Aushandlung des Zugangs der Internationalen Abklärungsmission nach der Malaysia-AirlinesFlugzeugkatastrophe.

Am 2. Juli 2014 veröffentlichten die Aussenminister der Ukraine, der Russischen Föderation, Frankreichs und Deutschlands nach einem Treffen in Berlin im sogenannten Normandie-Format eine gemeinsame Deklaration. Darin begrüssten sie unter anderem die Bereitschaft der Russischen Föderation, OSZE-Grenzbeobachter an zwei russische Grenzposten an der russisch-ukrainischen Grenze einzuladen. Mit einem Konsensentscheid des Ständigen Rates der OSZE vom 24. Juli 2014 wurde diese Beobachtungsmission offiziell geschaffen. Das Mandat der Mission wurde 1081

bereits drei Mal verlängert und läuft aktuell bis am 23. März 2015. Verschiedene Teilnehmerstaaten fordern eine personelle und geografische Erweiterung auf weitere Grenzposten. Dafür fehlt zurzeit jedoch der Konsens.

Am 5. September 2014 konnte in Minsk im Rahmen der Trilateralen Kontaktgruppe ein Protokoll über die nächsten Schritte zur Umsetzung des Friedensplans des ukrainischen Präsidenten Poroschenko und der Initiativen von Präsident Putin unterzeichnet werden. Mit der Unterzeichnung des Protokolls trat noch gleichentags ein Waffenstillstand in Kraft. Am 19. September 2014 unterzeichneten alle Parteien des Minsker Protokolls ein Memorandum zur weiteren Umsetzung des vereinbarten Waffenstillstands. Wie schon bei der Umsetzung früherer diplomatischer Initiativen wurde der OSZE-Sonderbeobachtungsmission wiederum eine zentrale Rolle zugesprochen. Ihr wurde dabei insbesondere der Auftrag gegeben, die Einhaltung der Waffenruhe zu beobachten.

Der ukrainische und der russische Generalstab entsandten infolge einer bilateralen Absprache Offiziere in die Ostukraine, um entlang der sogenannten Kontaktlinie zwischen den Stellungen beider Seiten eine 30 Kilometer breite Sicherheitszone gemeinsam zu überwachen und Waffenstillstandsverletzungen zu registrieren. Diese Struktur ist als Joint Centre for Control and Coordination (JCCC) bekannt. Die SMM hat ihre Beobachtungstätigkeit darauf ausgerichtet und berichtet regelmässig über die Aktivitäten des JCCC.

Ende 2014 verfügte die SMM unter der Leitung des türkischen Botschafters Ertugrul Apakan ­ sein Stellvertreter ist der Schweizer Alexander Hug ­ über mehr als 350 internationale Beobachter (davon aktuell 11 Schweizerinnen und Schweizer). Seit dem Beginn des Waffenstillstandes vom 5. September 2014 baut die Mission ihre Präsenz insbesondere in der Ostukraine stetig aus, um die damit verbundenen Aufgaben wie die Waffenstillstandsbeobachtung wahrnehmen zu können. Die Schweiz unterstützt die Mission mit einem substanziellen finanziellen Beitrag von 2,9 Millionen Franken. Seit November 2014 konnten mit dem Einsatz von Aufklärungsdrohnen die technischen Kapazitäten der Mission erweitert werden, auch wenn diese aufgrund schwieriger meteorologischer Bedingungen, Abschussversuchen und elektronischer Störversuche bislang nur eingeschränkt zur Anwendung kamen. Die
personelle und finanzielle Unterstützung der Schweiz für die SMM, die OSZEGrenzbeobachtungsmission, die Kontaktgruppe, die OSZE-Wahlbeobachtungsmissionen und weitere Engagements des OSZE-Vorsitzes in der Ukraine konnten dank einem dringlichen Nachtragskredit über 6 Millionen Franken, welchen die eidgenössischen Räte im September 2014 bewilligt hatten, finanziert werden.

Bei der Umsetzung der Minsker Dokumente konnten neben dem weiterhin gültigen, wenn auch brüchigen Waffenstillstand Fortschritte bei der Freilassung von Gefangenen verzeichnet werden. Die SMM beobachtete die Freilassung von mindestens 500 Personen. Gleichzeitig erlitt der Prozess beispielsweise mit der Durchführung von «Wahlen» durch illegal bewaffnete Gruppierungen am 2. November 2014, die nicht im Einklang mit den Minsker Vereinbarungen waren, einen Rückschritt. Weiterführende Konsultationen der Kontaktgruppe und ein geplantes Treffen aller Seiten in Minsk zielen darauf ab, neuen Schwung in die Umsetzung der Vereinbarungen zu bringen.

Die Schweiz wird sich auch im kommenden Jahr für die Lösung der Ukrainekrise einsetzen. Sie wird dafür im Rahmen der OSZE-Troika 2015, bestehend aus Serbien, der Schweiz und Deutschland, eng mit dem serbischen Vorsitz zusammenarbeiten.

1082

Die Vertreterin des OSZE-Vorsitzes in der Trilateralen Kontaktgruppe, Botschafterin Tagliavini, wird ihre Funktion auch 2015 ausüben.

Der OSZE ist es unter Schweizer Vorsitz gelungen, mehrere ihrer Instrumente zielgerichtet einzusetzen. Die Beobachtung und die unabhängige Berichterstattung der SMM leisteten direkte Beiträge zur Deeskalation in einem Umfeld, das stark von gegenseitigen Anschuldigungen geprägt ist. Die Grenzbeobachtungsmission in Russland schuf punktuelle Transparenz in einem höchst sensitiven Umfeld. Durch die Trilaterale Kontaktgruppe, die Vermittlungsmissionen der Sonderbeauftragten Tagliavini und Guldimann und die Krisendiplomatie durch den OSZE-Vorsitzenden sowie den Einsatz für einen nationalen Dialog in der Ukraine wurden mehrfach Kompromisse ermöglicht und Fortschritte erleichtert. Die Wahlbeobachtungsmissionen, die gemeinsame Menschenrechtsmission von ODIHR und der Hochkommissarin für nationale Minderheiten (HCNM) zu Beginn des Jahres, die stille Diplomatie der HCNM und der Beauftragten für Medienfreiheit leisteten in kritischen Momenten wichtige Beiträge zur Stärkung des fragilen ukrainischen Staates.

Gleichzeitig hat der Krisenverlauf die Grenzen des Einflusses der OSZE deutlich gemacht: Wo eine minimale Bereitschaft der Konfliktparteien zur Deeskalation erkennbar war, vermochte die OSZE Kompromisse zu fördern und deren Umsetzung zu stärken. In denjenigen Momenten, in denen eine Eskalationslogik und militärische Gewalt dominierten, stiessen die Friedensbemühungen der OSZE aber auch an ihre Grenzen.

Die OSZE hat unter Schweizer Vorsitz über das gesamte Jahr hinaus bewiesen, dass sie in der Annäherung und Zusammenarbeit in Europa eine relevante Rolle einnehmen kann. Dabei kann sie vor allem von ihren Stärken profitieren, nämlich vom Konsensprinzip und der Verankerung der Organisation und ihrer Grundprinzipien westlich wie östlich von Wien. Die wachsende Polarisierung zwischen Russland und dem Westen geht jedoch nicht spurlos an der OSZE vorbei. Sie limitiert deren Spielraum und erschwert ihre Arbeit. Mit den Konsensentscheiden zur Schaffung der Sonderbeobachtungsmission in der Ukraine und der Beobachtungsmission an der russisch-ukrainischen Grenze ­ die ersten grossen Feldmission der OSZE seit den späten 1990er-Jahren ­ hat die OSZE indessen bewiesen, dass sie trotz internationaler Spannungen handlungsfähig bleibt.

2.3

Im Schatten der Ukrainekrise: Vermittlung zwischen der Republik Moldau und Transnistrien

Im Rahmen der Arbeitsteilung des Doppel-Vorsitzes stellte Serbien bereits unter dem Schweizer Vorsitz den Sonderbeauftragten für die Gespräche zwischen der Republik Moldau und Transnistrien. Der seit 1992 eingefrorene Konflikt ­ ein Erbe des Zerfalls der Sowjetunion ­ gewann im Schatten der Ukrainekrise wieder an Brisanz. Dieser vergessene Konfliktherd kann als Vorläufer der Ukrainekrise gesehen werden und ist nun ein Nebenschauplatz. Es ist der einzige Konflikt, in dem die Mediatorenrolle der OSZE dank einem Ministerratsentscheid aller Teilnehmerstaaten formalisiert ist. Damit hat der Verhandlungsprozess zur Beilegung der Transnistrien-Frage eine hohe Bedeutung für die OSZE.

Das schweizerisch-serbische Mediationsteam unter Leitung von Botschafter Radojko Bogojevi wurde von beiden Konfliktparteien mit hohen Erwartungen 1083

begrüsst. Jede Seite projizierte ihre Hoffnungen auf jeweils eigene Art auf Serbien und die Schweiz. Der serbische Sonderbeauftragte machte rasch klar, dass er sich als verlässlicher Vermittler im Auftrag des Amtierenden Vorsitzenden im Dialog auf der Basis von Völkerrecht und internationalen Standards von keiner Seite instrumentalisieren lassen würde.

Die zunehmenden Spannungen in der Ukraine spiegelten sich unmittelbar in der Situation zwischen der Republik Moldau und Transnistrien. Im ersten Halbjahr konnten noch kleine Verhandlungserfolge erzielt werden: So konnte beispielsweise die Aufhebung von einseitig verhängten Zöllen und Gebühren bewirkt und eine Schliessung der rumänischsprachigen Minderheitenschulen in Transnistrien verhindert werden. Dank Intervention des Sonderbeauftragten erhielt die Grenzmission der Europäischen Union für die Republik Moldau und die Ukraine wieder Zugang zu den Arbeitsgruppen über vertrauensbildende Massnahmen. Der fachspezifische Beitrag dieser Mission im Prozess erleichterte es, einer möglichen Eskalation an der Grenze entgegenzuwirken und am Verhandlungstisch darüber zu beraten.

Während der Aufwand zur Weiterführung des Verhandlungsprozesses stetig anstieg, nahmen die Chancen kontinuierlich ab, auch nur kleine Verhandlungserfolge zu erzielen. Anstatt der ursprünglich angestrebten fünf offiziellen Verhandlungsrunden im sogenannten «5+2 Format», bei denen nebst den beiden Konfliktparteien die OSZE, die Russische Föderation und die Ukraine als Mediatoren («5») sowie die Europäische Union und die USA als Beobachter («+2») am Verhandlungstisch sitzen, konnten nur deren zwei durchgeführt werden. Angesichts des polarisierten regionalen Umfelds ist das Interesse der Konfliktparteien geschwunden, eine Lösung des Konflikts zu suchen. Jedoch konnte dank der Bemühungen des OSZE-Vorsitzes der Dialog weitergeführt werden, was als Ventil und Eskalationsprävention nützlich war.

Trotz des schwierigen Umfeldes gelang es dem Schweizer Vorsitz gegen Ende Jahr, einen Konsens unter den im Prozess beteiligten Teilnehmerstaaten zu erreichen, dass die grundlegenden Prinzipien zur Lösung der Transnistrien-Frage, inklusive der Wahrung der territorialen Integrität der Republik Moldau, weiterhin Gültigkeit bewahren. Um den Prozess zu deblockieren soll anfangs 2015 ein Verhandlungskalender
festgelegt werden. Dieser Entscheid der Teilnehmer im «5+2 Format» wurde schliesslich durch eine Ministerratserklärung aller 57 OSZE-Aussenminister mitgetragen.

2.4

Schwerpunkte des Schweizer OSZE-Vorsitzes

Während die Bewältigung der Ukrainekrise im Zentrum des OSZE-Vorsitzes stand, arbeitete die Schweiz auch tatkräftig an anderen Prioritäten. Zur Umsetzung der drei Ziele hatte sie 10 Schwerpunkte definiert (siehe Abbildung). Sämtliche Schwerpunkte wurden so gewählt, dass sie das Profil der OSZE schärfen und gleichzeitig Schweizer Anliegen und Stärken ­ gemäss der aussenpolitischen Legislaturstrategie 2012­2015 ­ zum Ausdruck bringen.

1084

Abbildung

2.4.1

Versöhnung und Zusammenarbeit auf dem Westbalkan

Die Schweiz engagiert sich seit vielen Jahren im Westbalkan. Darum war es nur folgerichtig, dass diese Region ein Schwerpunkt des OSZE-Vorsitzes war. Im Rahmen der OSZE hat sich die Schweiz dafür eingesetzt, dass die regionale Zusammenarbeit gestärkt wird und der Versöhnungsprozess voranschreitet. Didier Burkhalter hat als OSZE-Vorsitzender Botschafter Gérard Stoudmann als Sonderbeauftragten für den Westbalkan eingesetzt. Dieser hat die Normalisierung im Nordkosovo, die regionale Zusammenarbeit, die Integration von Minderheiten, Vertrauensbildung und Versöhnung sowie die Durchführung von Wahlen durch hochrangige Kontakte, Pendeldiplomatie und Vermittlung unterstützt.

Die Reise von Bundespräsident Didier Burkhalter als OSZE-Vorsitzender vom 24. und 25. April 2014 nach Serbien, Albanien und Kosovo hatte drei vorrangige Ziele: Erstens, der Normalisierung der Situation im Nordkosovo die nötige politische Unterstützung von Seiten der OSZE zu gewähren und die Relevanz der OSZE bei der Umsetzung des historischen Abkommens, das Belgrad und Pristina im April 2013 abgeschlossen hatten, aufzuzeigen. Zweitens, die Versöhnung in der Region, zu fördern, insbesondere die Lösung der Frage der vermissten Personen. Und drittens, die Intensivierung der regionalen Zusammenarbeit auf höchster Ebene anzusprechen.

So unterstützte der Schweizer Vorsitz die Rolle der OSZE bei den Parlamentswahlen im Nordkosovo am 8. Juni 2014, die zum ersten Mal auf dem gesamten Territorium des Landes durchgeführt werden konnten. Die OSZE unterstützte dabei insbesondere die Organisation der Wahlen in den vier Gemeinden im Norden des Landes. In 1085

Abstimmung mit der Europäischen Union und Serbien baute die OSZE zudem ihre Aktivitäten im Nordkosovo aus. Dazu gehörte zum Beispiel die Ausbildung der kosovoserbischen Polizei wie auch der neu gewählten Gemeindebehörden, und somit deren Integration in die Rechtsstrukturen des Kosovo.

Dank der Unterstützung des Schweizer Sonderbeauftragten konnten die vier Präsidenten von Bosnien und Herzegowina, Kroatien, Montenegro und Serbien am 29.

August 2014 eine historische Erklärung zur Rolle der Staaten in der Frage der vermissten Personen unterzeichnen. Dies ist ein wichtiger Schritt im regionalen Aussöhnungsprozess und ebnet den Weg für die weitere Verbesserung der regionalen Zusammenarbeit. Serbien hat den Westbalkan als ein Schwerpunkt seines OSZEVorsitzes definiert und wird 2015 weiter durch den Schweizer Sonderbeauftragten für den Westbalkan unterstützt.

2.4.2

Dialog und Vertrauensbildung im Südkaukasus

Die ungelösten Konflikte um Berg-Karabach (Aserbaidschan) sowie die georgischen Regionen Südossetien und Abchasien belasten die Entwicklung im Südkaukasus seit über zwanzig Jahren. Aufbauend auf ihren Erfahrungen in der Region hatte sich die Schweiz das Ziel gesetzt, während ihres OSZE-Vorsitzes in den ungelösten Konflikten der Region neue Impulse zu vermitteln, die Vertrauensbasis zwischen den Konfliktparteien zu stärken und den Austausch der Zivilgesellschaften zu fördern.

Botschafter Angelo Gnädinger wurde vom Amtierenden Vorsitzenden als Sonderbeauftragter für den Südkaukasus ernannt. Er wird seine Arbeit auch unter serbischem Vorsitz weiterführen. Diese Kontinuität wird von den Konfliktparteien und den Ko-Vermittlern geschätzt. Er vertritt die OSZE als Ko-Vermittler in den Genfer Gesprächen zum Georgienkonflikt und begleitet die Bemühungen der Minsker Gruppe der OSZE für eine Beilegung des Nagorno-Karabach-Konflikts. Die Spannungen in der Ukraine haben auch den Dialog zwischen dem Westen und Russland über Lösungsansätze im Südkaukasus erschwert.

Nach zwei schwierigen Runden der Genfer Gespräche zum Konflikt um die beiden georgischen Regionen Südossetien und Abchasien in der ersten Jahreshälfte 2014 gelang es in intensiven Konsultationen im Sommer, die Weiterführung der Verhandlungen sicherzustellen. Ab dem Herbst konnten die Arbeiten für eine kollektive «Gewaltverzichtserklärung» wieder vorangebracht werden. Am 10. Dezember 2014 einigten sich Tiflis und Suchumi auf eine Kooperation im Bereich der vom Krieg betroffenen Kulturgüter. Es handelt sich um das erste Projekt, das die OSZE seit dem Krieg von August 2008 innerhalb von Abchasien umsetzen kann. Der Mechanismus zur Verhinderung und Regelung von Zwischenfällen an der georgischsüdossetischen Administrativgrenze funktionierte 2014 einwandfrei und half mit, die Sicherheitslage zu stabilisieren. Diverse Verhaftungen und strafrechtlich relevante Zwischenfälle konnten durch die pragmatische Zusammenarbeit der Sicherheitsakteure der beiden Konfliktparteien rasch geklärt werden, wodurch sich die Arbeitsatmosphäre deutlich verbesserte. Unter Mitwirkung des Sonderbeauftragten Gnädinger konnte beispielsweise im April innerhalb von 24 Stunden die Freilassung von drei georgischen Journalisten erreicht werden, die an der südossetischen Administrativgrenze verhaftet worden waren. Ein Schweizer Vorschlag zur Aufklärung des Schicksals von vermissten Personen wurde sowohl in Tiflis als auch in Tskhinvali

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(Südossetien) grundsätzlich positiv aufgenommen. Erfreulicherweise gab es 2014 keine tödlichen Zwischenfälle an den Administrativgrenzen.

Weiter konnten unter dem Schweizer Vorsitz diverse Begegnungen zwischen Georgiern, Russen, Abchasen und Südosseten ermöglicht werden, unter anderem zwischen Künstlern, Jugendlichen und auf Behördenebene. Auch lancierte der Schweizer Vorsitz in Südossetien ein kleines Projekt, das älteren Menschen in abgelegenen Dörfern die Versorgung mit Lebensmitteln per Lieferwagen ermöglicht. Es handelt sich um das erste Schweizer Projekt in Südossetien seit dem Krieg von 2008.

Im Nagorno-Karabach-Konflikt wurde, besonders in der ersten Jahreshälfte, eine aussergewöhnlich hohe Anzahl tödlicher Zwischenfälle an der armenisch-aserbaidschanischen Waffenstillstandslinie gemeldet. Insgesamt sollen 2014 mindestens 60 Personen ums Leben gekommen sein. Die Arbeit des Persönlichen Vertreters des OSZE-Vorsitzenden für den Nagorno-Karabach-Konflikt, Andrzej Kasprzyk, sowie der drei Ko-Vorsitzenden der Minsker Gruppe der OSZE (USA, Russland und Frankreich) war dementsprechend schwierig. Sie erwies sich aber als konstruktiv und konnte durch die derzeit unter Schweizer Leitung stehende hochrangige Planungsgruppe wirkungsvoll unterstützt werden.

Der Schweizer Vorsitz setzte sich stark für die Förderung des Dialogs zwischen den Konfliktparteien, den internationalen Vermittlern und der Zivilgesellschaft ein. So kamen am 26. Mai 2014 die Minsker Ko-Vorsitzenden und zivilgesellschaftliche Experten aus der Region zu einer Konferenz in Bern zusammen. Die internationalen Vermittler und der Schweizer Vorsitz haben damit begonnen, in einer informellen Nagorno-Karabach-Kontaktgruppe von Expertinnen und Experten aus der Region mitzuwirken.

Bei seinem Besuch im Südkaukasus Anfang Juni 2014 warb der Amtierende Vorsitzende für die Idee eines intensivierten und strukturierten Verhandlungsprozesses zum Nagorno-Karabach-Konflikt. Heute besteht der Vermittlungsprozess im Wesentlichen aus einer Reihe von «Ad-hoc»-Treffen der Präsidenten und Aussenminister Armeniens und Aserbaidschans. Der Schweizer Vorschlag wurde von den Medien und den Ko-Vorsitzenden positiv aufgenommen und bleibt weiterhin im Gespräch. US-Aussenminister John Kerry diskutierte den Vorschlag am 4. September 2014 in Wales am Rande des
NATO-Gipfels mit den Präsidenten Armeniens und Aserbaidschans, und der französische Präsident Hollande nahm ihn am 27. Oktober 2014 in Paris mit den beiden Parteien erneut auf. Ähnlich wie beim Entwurf des strukturierten Verhandlungsprozesses wird der Schweizer Sonderbeauftragte auch 2015 inhaltliche Inputs in den Minsker Prozess einspeisen.

2.4.3

Modernisierung des Wiener Dokumentes und Austausch zu konventioneller Rüstungskontrolle in Europa

Das Wiener Dokument 2011 über vertrauens- und sicherheitsbildende Massnahmen verpflichtet die OSZE-Staaten, sich gegenseitig über signifikante Truppenbewegungen und Manöver zu informieren, Daten über Bestände von Hauptwaffensystemen und militärischem Personal auszutauschen sowie diesbezügliche Inspektionen und Überprüfungen zuzulassen. Damit spielt das Wiener Dokument eine wichtige Rolle zur Schaffung von Transparenz und Vertrauen in Europa. Die Schweiz hatte sich 1087

zum Ziel gesetzt, die umfassende Umsetzung des Wiener Dokuments zu fördern. Sie arbeitete auch darauf hin, das Wiener Dokument auf die militärischen Realitäten des 21. Jahrhunderts abzustimmen, indem statt eines rein quantitativen Ansatzes die militärischen Fähigkeiten und Doktrinen im Vordergrund rüstungskontrollpolitischer Überlegungen stehen sollen. Angesichts der Ukrainekrise konnte jedoch die geplante Modernisierung des Wiener Dokuments substanziell nicht vorangebracht werden. In der aktuellen Krisensituation ist der Erhalt des Wiener Dokuments in der heutigen Form aber bereits ein Erfolg.

Gespräche über konventionelle Rüstungskontrolle in Europa sind seit der NichtRatifizierung des Angepassten Vertrags über konventionelle Streitkräfte in Europa (AKSE) von 1999 durch die NATO-Staaten und der nachfolgenden Aussetzung der Implementierung des Vertrags über Konventionelle Streitkräfte in Europa (KSE) durch Russland im Dezember 2007 ausgesetzt. Die seit 2009 in Wien geführten Gespräche über ein Mandat für künftige Verhandlungen zur Modernisierung des konventionellen Rüstungskontrollregimes in Europa sind mangels Konsens bereits anlässlich der Ministerkonferenz in Dublin im Dezember 2012 in eine Sackgasse geraten. Der Schwerpunkt des Schweizer OSZE-Vorsitzes «Austausch zur konventionellen Rüstungskontrolle» hatte zum Ziel, in dieser Frage in bestehenden OSZEGefässen und informellen Formaten einen Beitrag zur Deblockierung zu leisten.

Dieses ambitiöse Vorhaben wurde durch die Ukrainekrise und der damit verbundenen erneuten Blockade in den OSZE-Gremien zusätzlich belastet, sodass in dieser Thematik im Berichtsjahr wenig signifikantes Vorankommen möglich war.

Die verschiedenen Kapitel und Massnahmen des Wiener Dokuments kamen im Laufe der Ukrainekrise mehrfach zur Anwendung. So wurden zum einen seitens der Ukraine militärische Beobachter gemäss des Kapitels «Verminderung der Risiken» eingeladen. Zum anderen wurden bilaterale Inspektionen in der Ukraine gemäss des Kapitels «Regionale Massnahmen» durchgeführt. Letzteres ermöglichte faktisch eine kontinuierliche Präsenz von Inspektoren, vor allem aus NATO-Staaten. In den bevorstehenden Diskussionen bezüglich der «Anwendung des Wiener Dokuments in Krisensituationen» wird es unter anderen darum gehen, gestützt auf eine vertiefte Analyse die Lehren aus
der Ukrainekrise zu ziehen und im Lichte dessen die Möglichkeiten zur Modernisierung des Wiener Dokuments unter Wahrung des Acquis im Bereich der Vertrauensbildung auszuloten.

2.4.4

Stärkung der Gouvernanz im Sicherheitssektor

Die demokratische Kontrolle von Streitkräften konnte in den vergangenen Jahren in der UNO als transversales Anliegen verankert werden, noch nicht aber in der OSZE.

Deshalb hat die Schweiz diese Thematik als Priorität formuliert. Der Vorsitz hat unter anderem eine Studie in Auftrag gegeben, welche die Aktivitäten der OSZE im Bereich Sicherheitssektor-Reform und -Gouvernanz aufzeigen. Für die Sensibilisierung der Teilnehmerstaaten wurde gemeinsam mit der UNO eine Konferenz zum Thema Stärkung der Gouvernanz im Sicherheitssektor organisiert. Zurzeit werden interne Richtlinien für die OSZE zu diesem Thema ausgearbeitet. Unter slowakischer Schirmherrschaft wurde zudem 2014 eine sogenannte OSZE-Freundschaftsgruppe geschaffen, die sich zum Ziel gesetzt hat, politische Unterstützung zu generieren. Serbien wird dieses Thema weiterhin vorantreiben und hierzu 2015 eine regionale Konferenz organisieren.

1088

Vor 20 Jahren hatte sich die Schweiz bei der Erarbeitung des OSZE-Verhaltenskodex über politisch-militärische Aspekte von Sicherheit stark engagiert und massgeblich dazu beigetragen, dass die Verpflichtungen aus dem Dokument umgesetzt wurden und das Dokument über die OSZE hinaus Verbreitung fand. Während des Schweizer Vorsitzes wurde grosser Wert auf die kontinuierliche Sensibilisierung und eine bessere Umsetzung des Verhaltenskodex gelegt. Zum ersten Mal wurden Aktivitäten in Richtung der OSZE-Kooperationspartner im Mittelmeerraum und in Asien geplant und durchgeführt. Ein Höhepunkt war der Anlass zum 20. Jahrestag des Verhaltenskodex in Wien, in dessen Folge eine Erklärung vom Ministerrat in Basel angenommen wurde. Zudem wurde vom Schweizer Vorsitz eine Publikation zu 20 Jahren OSZE-Verhaltenskodex veröffentlicht. Darüber hinaus hat der Schweizer Vorsitz gemeinsam mit der Schweizer Delegation bei der Parlamentarischen Versammlung der OSZE eine parlamentarische Resolution zum OSZE-Verhaltenskodex vorbereitet, die der Parlamentarischen Versammlung der OSZE im Jahr 2015 zur Annahme vorgelegt werden soll.

2.4.5

Umsetzung der Verpflichtungen in der menschlichen Dimension

Die OSZE-Staaten haben sich in den vergangenen Jahren zu umfassenden Verpflichtungen im Menschenrechtsbereich bekannt. Bei der Umsetzung dieser Verpflichtungen bestehen in mehreren Teilnehmerstaaten beträchtliche Mängel. Die Schweiz hat daher die Umsetzung dieser Verpflichtungen zu einer Priorität erklärt. Die Umsetzung setzt neben einer aktiven Regierung und einer organisierten Zivilgesellschaft auch eine abgestimmte Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen internationalen Akteuren vor Ort voraus.

Die Menschenrechtsverteidiger spielen als Teil der Zivilgesellschaft eine bedeutende Rolle bei der Umsetzung von Verpflichtungen im Menschenrechtsbereich, kommen aber gleichzeitig in immer mehr OSZE-Staaten unter Druck. Der Schweizer Vorsitz hat daher die Rolle der Menschenrechtsverteidiger zum ersten Mal seit Jahren in der OSZE wieder thematisiert und in Zusammenarbeit mit Serbien und dem OSZE-Büro für Demokratische Institutionen und Menschenrechte (ODIHR) im Juni 2014 eine Konferenz in Bern organisiert. Die Konferenz erhielt beträchtliche Aufmerksamkeit.

Als wichtiger Beitrag zum Thema wurden an der Konferenz die Schweizer Leitlinien zum Schutz von Menschenrechtsverteidigerinnen und -verteidigern vorgestellt und die entsprechenden ODIHR-Leitlinien lanciert.

Die Zusammenarbeit zwischen der OSZE und anderen relevanten internationalen und regionalen Organisationen, wie dem Europarat und der UNO, trägt zu einer verbesserten Umsetzung der Verpflichtungen in der menschlichen Dimension bei.

Deshalb hat die Schweiz diese Zusammenarbeit gestärkt. Die Schweiz hat systematisch relevante Expertinnen und Experten von regionalen und internationalen Organisationen und Institutionen an alle Veranstaltungen der OSZE eingeladen. Um spezifisch Synergien zwischen dem Europarat und der OSZE zu nutzen, hat die Schweiz im Februar 2014 zusammen mit dem österreichischen Europarats-Vorsitz eine Konferenz zum Thema Menschenhandel organisiert, aus der ein Aktionsrahmen entstanden ist. Zudem konnte durch die Vermittlung der Schweiz im Juni 2014 erstmalig eine enge Zusammenarbeit zwischen dem UNO-Hochkommissariat für Menschenrechte (OHCHR) und ODIHR vereinbart werden. Durch diesen Austausch 1089

und die dadurch geknüpften Kontakte erhofft sich die Schweiz eine bessere Abstimmung der internationalen Akteure und eine gegenseitige Unterstützung in dieser Thematik.

Als Reaktion auf ein Anliegen der zivilgesellschaftlichen Vertreter aus dem OSZERaum ist die Schweiz als erstes Land mit gutem Beispiel vorangegangen und hat sich einer Selbstevaluation unterzogen. Das Schweizerische Kompetenzzentrum für Menschenrechte (SKMR) hat die Umsetzung der OSZE-Verpflichtungen in der Schweiz evaluiert und Empfehlungen zur Verbesserung abgegeben. Die Evaluation diente als Grundlage für fruchtbare Diskussionen zwischen Schweizer Nichtregierungsorganisationen und Behörden, die zudem je eine schriftliche Reaktion auf den Bericht des SKMR publizierten. Serbien sieht vor, sich nächstes Jahr ebenfalls einer solchen Evaluation zu unterziehen. Die Schweiz wird sich diesbezüglich auch mit Deutschland absprechen und die Fortführung dieser Praxis nahelegen. Das beispielhafte Vorangehen der Vorsitzländer soll insgesamt zu einer verbesserten Umsetzung von OSZE-Verpflichtungen führen.

Gemäss der traditionellen Ausrichtung der schweizerischen MenschenrechtsAussenpolitik wurde der thematische Fokus auf die Bereiche Folterprävention und Gleichstellung der Geschlechter gelegt. Zu letzterem Thema ist es der Schweiz gelungen, in Basel zwei Ministerratsentscheide im Konsens zu verabschieden. Es handelt sich dabei um einen Entscheid zur Erarbeitung eines Addendums zum Gender-Aktionsplan und zur Prävention und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen, inklusive häuslicher Gewalt.

Der Schweiz ist es zudem gelungen, das Thema Folterprävention wieder hoch auf der Agenda der OSZE zu platzieren und konkreten Diskussionen zu diesem Thema Platz zu bieten. Sowohl Nichtregierungsorganisationen wie auch staatliche Behörden haben sich während des ganzen Jahres an mehreren von der Schweiz einberufenen Anlässen über Empfehlungen zur effizienten Prävention von Folter in der OSZE ausgetauscht. Obwohl bedauerlicherweise kein Konsens für eine Ministerratsentscheidung zu diesem Thema möglich war, wird die Schweiz die OSZE auch in Zukunft bei der Realisierung der diskutierten Ziele unterstützen.

Zehn Jahre nach der ersten Antisemitismus-Konferenz und der Verabschiedung der sogenannten Berliner Erklärung hat der Schweizer Vorsitz zusammen mit Deutschland
eine Konferenz gegen Antisemitismus in Berlin durchgeführt. Zusammen mit Bundesminister Frank-Walter Steinmeier und Michael Georg Link, Direktor des OSZE-Büros für Demokratische Institutionen und Menschenrechte, eröffnete Bundespräsident Burkhalter Mitte November 2014 die Konferenz, die mit einer hochrangigen Teilnahme vieler OSZE-Teilnehmerstaaten aufwarten konnte und auf grosses Interesse von Seiten der Zivilgesellschaft stiess. Auf Basis der Schlussfolgerungen des Schweizer Vorsitzes zu dieser Konferenz konnte ein Ministerratsentscheid im Konsens verabschiedet werden, der die Antwort der OSZE auf heutige Herausforderungen stärkt.

2.4.6

Sicherer Umgang mit Naturkatastrophen

Eine Aktionslinie zur Verbesserung der Lebensbedingungen der Menschen fokussierte auf den sicheren Umgang mit Naturkatastrophen. Dies unter anderem mit dem Ziel, die Zusammenarbeit zwischen den Staaten zu stärken ­ und somit eine weitere 1090

vertrauensbildende Massnahme im OSZE-Raum zu schaffen ­ und den Akzent der politischen Planung stärker auf die Prävention statt bloss auf die reaktive Bewältigung von Naturkatastrophen zu legen. Die Jahrhundert-Überschwemmungen in Serbien, Bosnien und Herzegowina und Kroatien im Mai 2014 veranschaulichten auf tragische Weise die Aktualität dieses Themas für den OSZE-Raum.

Die Schweiz hat die Thematik der Prävention von Naturkatastrophen anhand von mehreren thematisch aufeinander abgestimmten Treffen des OSZE-Wirtschafts- und -Umweltforums 2014 bearbeitet. In Koordination mit internationalen Partnern konzentrierte sie sich dabei auf praktische Fragen, zum Beispiel im Umgang mit Naturereignissen, sowie auf den Austausch erprobter Praktiken bei der Katastrophenvorsorge. Mit einem Entscheid des Ministerrates in Basel zur Risikoprävention bei Naturkatastrophen gelang es dem Schweizer Vorsitz, dieses Thema innerhalb der OSZE zu verankern. Für die OSZE ist dabei wichtig, dass eine Zusammenarbeit auch beispielsweise in Konfliktregionen stattfindet, sodass durch die Bewältigung von gemeinsamen Problemen Vertrauen aufgebaut werden kann.

Die Schweiz organisierte für OSZE-Vertreterinnen und Vertreter und Fachleute der 57 OSZE-Länder Feldbesuche im Wallis, die Einblicke in die Vorsorge von Naturgefahren in der Schweiz boten. Eine Exkursion widmete sich der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit im Berggebiet zwischen Italien und der Schweiz und den Auswirkungen des Klimawandels entlang der Transitroute des Grossen St. Bernhard.

Die zweite Exkursion fokussierte auf den Zusammenhang zwischen Naturgefahren und chemischen Industrieunfällen in der Rhone-Ebene bei der Gemeinde Monthey.

Während des Vorsitzjahrs wurden ausserdem mehrere Projekte lanciert, welche die Komponenten eines erfolgreichen integralen Risikomanagement-Ansatzes ins Zentrum stellen: gute Regierungsführung, partizipative Ansätze, Bewusstseinsbildung und Kapazitätsaufbau. Serbien wird 2015 das Thema Risikomanagement im Bereich der Wasser-Gouvernanz vertreten und wird dabei auf den Projekten der Schweiz aufbauen können.

2.4.7

Bekämpfung von transnationalen Bedrohungen

Der Kampf gegen den Terrorismus zählt trotz geopolitischen Verwerfungen zu den zentralen Themen, wo Kooperation über Gräben hinweg möglich ist. Ende April führte die Schweiz eine Konferenz zur Terrorismusbekämpfung durch. In- und ausländische Fachleute und Vertreter von Nichtregierungsorganisationen diskutierten über Vorschläge zur Unterbindung der Terrorismusfinanzierung, über die Wahrung der Menschenrechte bei der Terrorismusbekämpfung sowie über die Problematik der sog. ausländischen Kämpfer, d. h. über Möglichkeiten, Personen aus OSZEStaaten davon abzuhalten, sich bewaffneten Gruppen anzuschliessen und im Ausland an Kampfhandlungen teilzunehmen. Schätzungen zufolge sind derzeit allein in Syrien rund 2000 Personen aus OSZE-Teilnehmerstaaten als ausländische Kämpfer im Einsatz. Die Staaten müssen sich dabei auch mit den Bedrohungen für ihre innere Sicherheit auseinandersetzen, die bei der Rückkehr solcher Personen entstehen können.

Im Zusammenhang mit der Terrorismusfinanzierung wurde in Interlaken auch das Problem der Entführungen gegen Lösegeld intensiv diskutiert. Diese sind eine wichtige Einkommensquelle für die Finanzierung terroristischer Handlungen. Der 1091

Schweizer Vorsitz engagierte sich dafür, eine geschlossene Front aller Staaten aufzubauen, die der Entführung gegen Lösegeld als Quelle zur Terrorismusfinanzierung ein Ende setzen wollen. Der Vorsitz legte am Ende der Konferenz Schlussfolgerungen vor, welche als Ausgangspunkt für weitere Debatten über die Terrorismusbekämpfung in der OSZE dienen.

Der Ministerrat hat zu den Themen Entführung gegen Lösegeld und ausländische Kämpfer Erklärungen verabschiedet. Im Fall von ausländischen Kämpfern ruft die Deklaration dazu auf, die Zusammenarbeit zwischen den Teilnehmerstaaten zu vertiefen, um beispielsweise ausländische Kämpfer vor Gericht zu stellen. Die Deklaration zum Thema Entführung gegen Lösegeld steht im Zusammenhang mit der UNO-Sicherheitsratsresolution 2133. Diese Resolution fordert, dass Terroristen weder von Lösegeldern noch von politischen Konzessionen profitieren. Die OSZEDeklaration fordert alle Teilnehmerstaaten auf, das Phänomen der Entführung gegen Lösegeld einzudämmen.

Ende 2013 hatten die OSZE-Teilnehmerstaaten eine erste Serie von vertrauensbildenden Massnahmen im Bereich Informations- und Kommunikationstechnologie («cyber») verabschiedet. Die Schweiz hat sich während ihres Vorsitzes innerhalb der OSZE für die Umsetzung und Weiterentwicklung dieser Massnahmen eingesetzt.

Sie hat diese Massnahmen auch ausserhalb der OSZE propagiert.

2.4.8

Weiterentwicklung der OSZE: 40 Jahre Helsinki-Schlussakte

Die OSZE will sich 40 Jahre nach der Unterzeichnung der Helsinki-Schlussakte (siehe Kasten) reformieren, um fit für die Zukunft zu sein und ihre Handlungsfähigkeit zu stärken. Dieser Reformprozess wurde 2012 angestossen und läuft als sogenannter «Helsinki+40-Prozess». Ende 2013 haben die Schweiz, Serbien und die Ukraine einen gemeinsamen Fahrplan vorgestellt, der die Fortführung des Reformprozesses anhand von thematischen Arbeitsgruppen vorsieht.

Schlussakte von Helsinki Nach zweijährigen Verhandlungen in Genf wurde am 1. August 1975 die Schlussakte der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) in Helsinki unterschrieben. Die Schlussakte von Helsinki ist kein völkerrechtlicher Vertrag, sondern eine selbstverpflichtende Aussage der Staaten. Ziel der KSZE war es, den Ost-West-Gegensatz durch die Erarbeitung gemeinsamer Grundlagen und Normen europäischer Sicherheit abzumildern und die Sicherheit aller Teilnehmerstaaten durch Dialog, vertrauensbildende Massnahmen und Kooperation zu erhöhen. 1994 wurde die KSZE in eine Organisation, die OSZE, umgewandelt.

Die in der Schlussakte festgeschrieben 10 Prinzipien für die Gestaltung der zwischenstaatlichen Beziehungen bilden bis heute die Grundlage der europäischen Sicherheitsordnung: 1.

Souveräne Gleichheit, Achtung der Souveränität innewohnenden Rechte

2.

Enthaltung von der Androhung oder Anwendung von Gewalt

3.

Unverletzlichkeit der Grenzen

4.

Territoriale Integrität der Staaten

1092

5.

Friedliche Regelung von Streitfällen

6.

Nichteinmischung in innere Angelegenheiten

7.

Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten, einschliesslich der Gedanken-, Gewissens-, Religions- und Überzeugungsfreiheit

8.

Gleichberechtigung und Selbstbestimmungsrecht der Völker

9.

Zusammenarbeit zwischen den Staaten

10. Erfüllung völkerrechtlicher Verpflichtungen nach Treu und Glauben Die Entwicklungen in der Ukraine warfen ihren Schatten auch auf diesen Reformprozess. Die Ukrainekrise machte Fortschritte praktisch unmöglich und warf grundsätzliche politische Fragen auf. Mehrere Teilnehmerstaaten sind der Ansicht, dass die Verletzung der Prinzipien der Schlussakte von Helsinki bei der Annexion der Krim durch die Russische Föderation den «Helsinki+40»-Prozess unterlaufen habe und damit dieser Prozess nicht weitergeführt werden könne. So kam denn auch der institutionelle Reformprozess «Helsinki+40» der OSZE nur schleppend voran.

Dennoch, die Ukrainekrise hat die Notwendigkeit der Stärkung der OSZE-Instrumente im Bereich Konfliktprävention und -bewältigung aufgezeigt. Die meisten Teilnehmerstaaten waren denn auch in Basel der Ansicht, dass der OSZE-Reformprozess wichtig und die Organisation auch weiterhin als handlungsfähige Dialogplattform für europäische Sicherheitsfragen relevant seien. Die Minister haben sich in einer Ministererklärung zur Weiterführung des Reformprozesses «Helsinki+40» bekannt und hierfür insbesondere Serbien und der OSZE-Troika ihre Unterstützung für 2015 zugesprochen.

2.4.9

Erhöhung der Mediationskapazitäten

Die Rolle der OSZE in der Ukrainekrise hat gezeigt, wie wichtig Mediationskapazitäten für diese Organisation sind. Die Absicht des Schweizer Vorsitzes, die Mediationsfähigkeiten der OSZE zu stärken, war deshalb zentral. Dies geschah durch die Einrichtung eines «Mediation Support Teams», die Schulung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, Coaching der Sonderbeauftragten des Vorsitzes als Mediatoren sowie die Publikation eines Handbuches. Der Schweizer Vorsitz stärkte dabei nicht nur die Kapazitäten im Sekretariat der Organisation in Wien, sondern auch in den Feldmissionen vor Ort. Zudem verankerte die Schweiz das Thema der Mediation im gesamten Instrumentarium des Konfliktzyklus der OSZE.

Im März 2014 haben Finnland, die Türkei und die Schweiz gemeinsam eine Freundschaftsgruppe zu Mediation ins Leben gerufen mit dem Ziel, die Teilnehmerstaaten für die Thematik zu sensibilisieren und sie zu motivieren, das Knowhow der OSZE in diesem Bereich zu nutzen.

2.4.10

Verstärkter Einbezug der Zivilgesellschaft, insbesondere auch der Jugend

In der OSZE besteht im Unterschied zu anderen multilateralen Organisationen die Möglichkeit, die Zivilgesellschaft einzubinden, sodass sich diese bei offiziellen Veranstaltungen auf Augenhöhe mit staatlichen Vertretern austauschen kann. Die 1093

Schweiz und Serbien haben sich zum Ziel gesetzt, auf diesem Mehrwert der OSZE aufzubauen und die Zivilgesellschaft noch stärker und in der ganzen thematischen Breite der OSZE einzubeziehen.

Didier Burkhalter hat bei seinen Reisen als OSZE-Vorsitzender den direkten Dialog mit der Zivilgesellschaft gesucht. Zusätzlich haben auf Initiative der Schweiz vier regionale Workshops mit 150 Vertreterinnen und Vertretern der Zivilgesellschaft aus über 30 Ländern stattgefunden. Ziel dieser Workshops war es, von der Zivilgesellschaft konkrete Empfehlungen an die OSZE, ihre Feldmissionen und Institutionen sowie an die OSZE-Teilnehmerstaaten ausarbeiten zu lassen. An der Parallelkonferenz der Zivilgesellschaft, die direkt vor dem Ministerratstreffen in Basel stattfand, hat Didier Burkhalter die gesammelten Empfehlungen der Zivilgesellschaft entgegengenommen.

Auch in der Schweiz wurde der Dialog mit der Zivilgesellschaft gepflegt. Die Schweizer NGO schlossen sich zu einer «Arbeitsgruppe OSZE» zusammen, die zu allen OSZE-Anlässen eingeladen wurden, insbesondere auch zu den vier regionalen Workshops der Zivilgesellschaft. Die Schweizer Arbeitsgruppe traf sich zudem regelmässig mit dem Schweizer Vorsitz, unter anderem zweimal mit dem Amtierenden Vorsitzenden Didier Burkhalter.

Der Schweizer Vorsitz hat die Jugend in den Vordergrund gerückt. Er hat sich zum Ziel gesetzt, Jugendlichen innerhalb der OSZE eine Stimme zu geben und sie mit OSZE-Strukturen und -Themen vertraut zu machen. Zu diesem Zweck hat die Schweiz eine Modell-OSZE mit 57 jungen Frauen und Männern aus den OSZETeilnehmerstaaten veranstaltet.

Diese Modell-OSZE hat in zwei simulierten Verhandlungsrunden einen ModellOSZE-Jugendaktionsplan verhandelt. In informellen Verhandlungen, in nachgeahmten Vorbereitungs-Komitees, in Simulationen des Ständigen Rats sowie einem Modell-Ministerrat haben die Jugendbotschafter einen Modell-OSZE-Jugendaktionsplan entworfen, diskutiert und schliesslich im Konsens verabschiedet. Der Jugendaktionsplan enthält 136 Empfehlungen, die sowohl an die Teilnehmerstaaten als auch an die OSZE-Strukturen gerichtet sind. Die Empfehlungen decken ein breites Spektrum an Themen ab. Dabei legen die Jugendlichen die Schwerpunkte beispielsweise auf Sicherheitsfragen, auf zu Terrorismus führenden gewalttätigen Extremismus und Radikalisierung,
auf Bildung, Beschäftigung und Unternehmertum sowie auf die Institutionalisierung von Jugend als Thema und Akteur in der OSZE.

Der Modell-OSZE-Jugendaktionsplan wurde im September 2014 den Delegationen in Wien offiziell vorgestellt. Drei Jugendbotschafter erhielten als Gäste die Gelegenheit, im Ständigen Rat der OSZE zu sprechen und darzulegen, was sie als junge Menschen von der Organisation erwarten. In Basel hatten die Jugendbotschafter die Gelegenheit, ihren Jugendaktionsplan dem Ministerrat vorzustellen. Der Jugendaktionsplan wurde zudem in Buchform allen Teilnehmenden der Ministerratskonferenz übergeben.

Zusätzlich thematisierte der Schweizer OSZE-Vorsitz das Thema Jugend in einem Beschluss, der vom Ministerrat verabschiedet wurde. Zentrales Anliegen dabei war, das ausserordentliche Potenzial der Jugend in der wirtschaftlichen, politischen und sozialen Entwicklung von Gesellschaften sowie ihre Rolle in der Unterstützung der Teilnehmerstaaten in der Umsetzung von OSZE-Verpflichtungen in allen drei Dimensionen anzuerkennen. Der Beschluss soll auch dazu dienen, den kommenden serbischen Vorsitz darin zu stärken, einen dimensionsübergreifenden OSZE-Jugend1094

aktionsplan zu erarbeiten; ein Vorhaben, das im gemeinsamen Arbeitsplan des Schweizer und des Serbischen Vorsitzes verankert wurde. Der Modell-OSZEJugendaktionsplan soll in der Erarbeitung eines Jugendaktionsplans der OSZE als Referenz und Inspiration dienen.

2.5

Einschätzung und Perspektiven

Der OSZE-Vorsitz der Schweiz fiel in eine anspruchsvolle, von Krisen geprägte Zeit. Er barg eine Vielzahl von Herausforderungen, bot aber gleichzeitig die Möglichkeit, konkrete Beiträge an die Stabilität in Europa und in den Nachbarregionen zu leisten. In der sich seit Ende 2013 rasch entwickelnden Krise in der Ukraine hat die Schweiz wesentliche Akzente im Krisenmanagement und der Konfliktbearbeitung durch die OSZE gesetzt.

Es ist dem Schweizer Vorsitz gelungen, die Organisation als relevanten und wirksamen Akteur auf dem internationalen Parkett zu positionieren. Erstmals seit vielen Jahren spielt die OSZE eine zentrale Rolle bei der Entschärfung eines grösseren bewaffneten Konfliktes. Sie hat unter schweizerischer Führung in der Ukrainekrise unter Beweis gestellt, wie wichtig sie für eine gesamteuropäische Friedens- und Sicherheitsordnung ist.

Infolge der Ukrainekrise hat die OSZE ihre Feldpräsenz stark ausgebaut. Mit der Sonderbeobachtungsmission in der Ukraine und der Beobachtungsmission an zwei ukrainisch-russischen Grenzposten wurden erstmals seit den 1990er-Jahren in einem Konsensbeschluss zwei neue Missionen geschaffen. Hinzu kamen zwei grosse Wahlbeobachtungsmissionen. Die Beobachtung der vorgezogenen Präsidentschaftswahlen in der Ukraine am 25. Mai 2014 war mit über 1300 Beobachterinnen und Beobachtern die grösste Wahlbeobachtungsmission in der Geschichte der OSZE.

Die Schweiz hat sich in ihrem Vorsitzjahr nicht nur mit der Ukrainekrise beschäftigt, sondern hat auch die Umsetzung ihrer 10 Schwerpunkte aktiv vorangebracht. Es ist der Schweiz dabei gelungen, relevante Themen wie die Reform des Sicherheitssektors, die Prävention von Naturkatastrophen oder die Gleichstellung der Geschlechter auf die politische Agenda der OSZE zu setzen und Initiativen zu lancieren, die sich bisher im OSZE-Kontext als schwierig erwiesen hatten.

Der Schweizer Vorsitz hat sich ambitionierte Ziele gesteckt. Diese konnten namentlich aufgrund der Ukrainekrise nicht immer erreicht werden, und es mussten pragmatische Anpassungen vorgenommen werden. So ist es beispielsweise bei den eingefrorenen Konflikten im Südkaukasus oder in der Republik Moldau bereits als Erfolg zu werten, dass sich die Sicherheitslage im Kontext der Ukrainekrise nicht wesentlich verschlechtert hat. Primäres Ziel der Schweiz war daher die
Aufrechterhaltung des Dialogs und der bestehenden Verhandlungsformate, sodass die Grundlage für künftige Fortschritte bestehen bleibt.

Kaum ein Vorankommen gab es bei der Modernisierung des Wiener Dokumentes und der Debatte zur Rüstungskontrolle. Diese beiden Dossiers blieben im Berichtsjahr blockiert. Die politisch-militärische Dimension hat im Jahr 2014 im Lichte der Ukrainekrise dennoch an Wichtigkeit gewonnen. Es ist der Schweiz dank einer engen und vorbildhaften Zusammenarbeit zwischen dem EDA und dem Eidgenössi-

1095

schen Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) gelungen, ihre sicherheitspolitischen Interessen effektiv einzubringen.

Die Entwicklungen im Berichtsjahr machen deutlich, dass das friedliche Zusammenleben in Europa keine Selbstverständlichkeit ist. Die Situation in der Ukraine hat dabei die tieferliegenden Probleme der europäischen Sicherheitsarchitektur deutlich gemacht, die sich in zunehmend blockierten Kooperationsplattformen manifestieren.

Dies bei gleichzeitigem Bewusstsein um die Notwendigkeit einer Zusammenarbeit mit der Russischen Föderation. Die OSZE ist die einzige regionale Sicherheitsorganisation, in der sowohl die westlichen Länder als auch die Russische Föderation gleichberechtigte Teilnehmerstaaten sind. Das gibt der OSZE die Möglichkeit, einen Dialog zwischen allen relevanten Akteuren zu führen und inklusiv tätig zu sein, bedeutet aber auch, dass die unterschiedlichen Positionen ­ und zwar in fast allen wesentlichen Fragen ­ zwischen der Russischen Föderation und den westlichen Staaten täglich sichtbar sind und nur ein langsames Vorankommen der Organisation erlauben.

Der Schweizer Vorsitz hat im Rahmen der OSZE eine Diskussion über die künftige Ausgestaltung der europäischen Sicherheitsordnung angestossen. Der Amtierende Vorsitzende Didier Burkhalter hat an einem informellen Treffen von OSZEMinistern in New York am Rande der UNO-Generalversammlung im September 2014 vorgeschlagen, eine «Gruppe von Eminenten Personen» einzusetzen, die mögliche Wege zur Wiederherstellung von Vertrauen und zur Förderung von kooperativer Sicherheit in Europa aufzeigen soll. Nach weiteren Konsultationen mit den Teilnehmerstaaten hat der Schweizer Vorsitz die «Gruppe von Eminenten Personen» unter der Leitung von Botschafter Wolfgang Ischinger am 4. Dezember 2014 in Basel lanciert. Das unabhängige Gremium wird 2015 Lehren aus der Ukrainekrise und Empfehlungen zur Stärkung der europäischen Sicherheit als ein gemeinsames Projekt vorlegen.

Zum Abschluss des OSZE-Vorsitzes war die Schweiz Gastgeberin des Ministerrates, dem höchsten beschlussfassenden Gremium der OSZE. An der in Basel durchgeführten Grossveranstaltung nahmen 53 Aussenministerinnen und Aussenminister und rund 1300 Delegierte teil ­ eine im Quervergleich mit früheren Jahren sehr hohe Zahl.

2014 und 2015 üben zum ersten
Mal in der Geschichte der OSZE zwei Länder einen konsekutiven Vorsitz aus. Die Zusammenarbeit mit Serbien ist 2014 reibungslos verlaufen, insbesondere auch mit Blick auf die Bemühungen um Versöhnung auf dem Balkan. Weitergeführt wird 2015 nicht nur die Umsetzung des gemeinsamen Arbeitsplans, sondern auch das vom Schweizer Vorsitz aufgegleiste Engagement in der Ukraine. Die Schweiz wird ausserdem ihre Dienste in der Konfliktvermittlung im Rahmen der OSZE fortsetzen, unter anderem mit den Sondergesandten für den Westbalkan und für den Südkaukasus. Zudem kann die Schweiz den 2014 übernommenen Vorsitz der Hochrangigen Planungsgruppe für Nagorno-Karabach auch 2015 fortführen. Die Schweiz wird darüber hinaus das Team des serbischen Vorsitzes personell und inhaltlich unterstützen. So werden beispielsweise einige Schweizer Expertinnen und Experten ins serbische Vorsitz-Team in Wien entsandt. Der gemeinsame Vorsitz mit Serbien hat im Übrigen auch die bilateralen Beziehungen auf eine neue Grundlage gestellt und für die Schweiz neue Perspektiven in Südosteuropa eröffnet.

1096

Der von der Schweiz gewählte partnerschaftliche Ansatz des konsekutiven Vorsitzes mit gemeinsamem Arbeitsplan und gemeinsamer Besetzung von Schlüsselstellen über zwei Jahre hinweg gilt inzwischen als innovativer Ansatz zur Stärkung der Planbarkeit, Effektivität und Nachhaltigkeit der OSZE und hat breite Anerkennung gefunden.

2015 wird die Schweiz gemeinsam mit Serbien und Deutschland, dem Vorsitzland 2016, als Teil der OSZE-Troika zur Kontinuität der Arbeiten im Rahmen der OSZE weiter beitragen. Zudem wird die Schweiz 2015 den Vorsitz der OSZE-Kooperationspartnerschaft mit Asien innehaben. Sie wird darauf hinarbeiten, diese Kooperationspartnerschaft zu stärken, die Beziehungen der OSZE zu ostasiatischen Sicherheitsforen zu vertiefen und die Idee kooperativer Sicherheit auch in Ostasien besser zu verankern.

Die Schweiz ist überzeugt, dass die OSZE in der wohl schwersten Krise der europäischen Sicherheit seit dem Fall der Berliner Mauer eine starke und positive Rolle gespielt hat und ihre Handlungsfähigkeit beweisen konnte. Mit Serbien, Deutschland und Österreich als zukünftige Vorsitzländer stehen die Chancen gut, dass die neue Dynamik in der OSZE weitergetragen wird.

3

Aussenpolitische Aktivitäten der Schweiz im Berichtsjahr

3.1

Nachbarstaaten

Gute Beziehungen zu den Nachbarländern sind nicht selbstverständlich und müssen gepflegt werden. Daher waren entsprechend der Aussenpolitischen Strategie 2012­ 2015 auch im Berichtsjahr die Beziehungen zu den Nachbarstaaten ein Schwerpunkt der Schweizer Aussenpolitik. Diese Beziehungen konnten, begünstigt durch die Stellung des Departementsvorstehers des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA) als Bundespräsident und gleichzeitig Vorsitzender der OSZE, weiter intensiviert werden. Dies gilt insbesondere für die Zusammenarbeit zwischen dem EDA und dem deutschen Auswärtigen Amt, die als Folge des Schweizer OSZE-Vorsitzes an Dynamik und Qualität gewann.

Die zahlreichen Treffen mit den Staats- und Regierungschefs sowie Ministerinnen und Ministern der Nachbarstaaten dienten jeweils auch dazu, Lösungen für bilaterale Fragen zu finden und konkrete Zusammenarbeitsbereiche zu identifizieren. Angesichts der Tatsache, dass die bilateralen Interessen oft direkt oder indirekt mit den Beziehungen der Schweiz zur EU zusammenhängen, bestand 2014 eine wichtige Aufgabe darin, die Nachbarstaaten weiter für die Schweizer Europapolitik zu sensibilisieren und über die Umsetzung der Volksinitiative «Gegen Masseneinwanderung» zu informieren. Die Personenfreizügigkeit stellt einen wichtigen Pfeiler der Beziehungen insbesondere mit den Nachbarstaaten dar und erhält mit der Grenzgänger-Frage eine zusätzliche Dimension.

Zur neuen Regierung in Deutschland konnten nach der Konstituierung des Kabinetts von Bundeskanzlerin Merkel im Dezember 2013 rasch Kontakte aufgebaut werden.

Eine Reihe hochrangiger Treffen ­ auch zwischen dem Bundespräsidenten und der Bundeskanzlerin ­ fanden in Berlin und Bern statt. Am 1. April 2014 empfingen beispielsweise Bundespräsident Burkhalter und Bundesrätin Sommaruga den deutschen Bundespräsidenten Gauck zu einem Arbeitsbesuch in Bern. Die Schweiz und 1097

Deutschland verbinden zahlreiche gemeinsame Interessen, zum Beispiel im Bereich Forschung, Wissenschaft und Innovation sowie bei Verkehrs- und Finanzfragen. Am 1. Januar 2014 trat die bilaterale Vereinbarung über die grenzüberschreitende Aufsichtszusammenarbeit in Kraft, mit welcher der Marktzugang für Schweizer Finanzinstitute in Deutschland erleichtert wird. Im Energiesektor ist Deutschland ein zentraler Partner, besonders im Bereich innovativer Technologien, in dem eine Vertiefung der Zusammenarbeit angestrebt wird. Die Treffen im Rahmen der Reise zum Thema Energieeffizienz einer Schweizer Wirtschafts- und Wissenschaftsdelegation in Deutschland im März unter Leitung der SECO-Staatssekretärin, des SBFIStaatssekretärs und des Direktors des Bundesamts für Energie haben dieses gemeinsame Interesse bestätigt. Deutschland ist für die Schweiz auch bei der Suche nach Lösungen im Europadossier ein wichtiger Partner, namentlich bei der Teilnahme an europäischen Initiativen im Bereich Forschung und Innovation, insbesondere dem EU-Forschungsrahmenprogramm Horizon 2020, oder beim Strommarktabkommen.

In der Ukraine-Krise spielt Deutschland eine besonders aktive Rolle. Die Zusammenarbeit mit dem Schweizer OSZE-Vorsitz war dabei intensiv. Dies spiegelte sich auch in der Einladung des Bundespräsidenten in seiner Funktion als Vorsitzender der OSZE an die deutsche Botschafterkonferenz in Berlin wider. Angesichts der Bedeutung der an die Schweiz angrenzenden Bundesländer und der engen Beziehungen mit diesen wurde die Besuchsdiplomatie im Berichtsjahr intensiv fortgesetzt.

Beispielsweise fand auf Einladung des Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg ein Treffen zwischen Schweizer Parlamentarierinnen und Parlamentariern und der Regierung dieses Bundeslandes statt. Die Verbesserung der grenzüberschreitenden regionalen Verkehrsverbindungen stellte dabei einen wichtigen Diskussionspunkt dar.

Mit Frankreich standen Finanz- und Steuerfragen sowie die Zusammenarbeit in der Grenzregion im Fokus der bilateralen Beziehungen. Der im November 2013 initiierte Fiskaldialog wurde weitergeführt, und eine Vereinbarung über die Amtshilfe in Steuersachen konnte im Juni 2014 unterzeichnet werden. Damit wurde eine vollständige Anpassung an den international anerkannten OECD-Standard vorgenommen. Im Frühjahr 2014 lehnte es der
Nationalrat ab, auf ein neues Erbschaftssteuerabkommen mit Frankreich einzutreten, worauf Frankreich im Juni 2014 das bestehende bilaterale Erbschaftssteuerabkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung aus dem Jahre 1953 kündigte (vgl. Ziff. 3.3.5). In einer gemeinsamen Erklärung vom Juni 2014 bestätigten die Finanzminister beider Länder, dass dieser Umstand den Steuerdialog zwischen der Schweiz und Frankreich nicht gefährden werde. Im Berichtsjahr ist es der Schweiz und Frankreich gelungen, die Grundzüge einer Lösung für die Steuerfragen am Flughafen Basel-Mulhouse aufzuzeigen.

Darauf aufbauend soll eine bilaterale Vereinbarung gefunden werden. Die entsprechenden Diskussionen mit Frankreich werden fortgeführt. Dadurch könnte auch der Weg zu einer bilateralen Vereinbarung für eine Schienenanbindung des Flughafens Basel-Mulhouse an die bestehende Eisenbahnlinie Basel­Mulhouse geebnet werden.

In Wissenschaft und Forschung sind die Schweiz und Frankreich wichtige Partner, was sich in einem regen Austausch von Studierenden und Forschenden sowie einer grossen Zahl an Kooperationsverträgen zwischen schweizerischen und französischen Universitäten manifestiert. Während 2013 das erste Innovationsforum SchweizFrankreich in Lausanne auf Initiative der EPFL gemeinsam mit der französischen Botschaft durchgeführt wurde, fanden im Juni 2014 zwei Foren im Bereich Innovation und Forschung statt, nämlich an der ETH Zürich zur Internet-Sicherheit und in Lyon zum Thema Energie. Im Migrationsbereich unterhalten die Schweiz und 1098

Frankreich eine enge Zusammenarbeit. Im Asylbereich wurde eine Verwaltungsvereinbarung über die praktischen Modalitäten bezüglich der vereinfachten Anwendung der Dublin-Verordnung unterzeichnet. Diese soll die Zusammenarbeit im Rahmen des Dubliner Abkommens einfacher und effizienter gestalten. Mit Frankreich sind die Beziehungen in den Grenzregionen namentlich im Bereich Verkehr und Gesundheit besonders ausgeprägt. Die Schweiz und Frankreich unterzeichneten am 19. März 2014 ein Abkommen über die Eisenbahnverbindung von Genf nach Annemasse, das die Zuständigkeiten für die Planung, den Bau, das Management und die Finanzierung der 16 Kilometer langen, doppelspurigen Linie Cornavin­EauxVives­Annemasse (CEVA) regelt. Ebenso konnte am 11. August 2014 ein Abkommen unterzeichnet werden, welches die Wiedereröffnung der Bahnlinie zwischen Belfort und Delle und die diesbezügliche Mitfinanzierung durch die Schweiz sowie den Betrieb der Bahnlinie zwischen Belfort, Delle und Delsberg zum Inhalt hat.

Die Zusammenarbeit mit Italien erwies sich 2014 auch wegen des italienischen EU-Ratsvorsitzes im zweiten Semester als intensiv. Höhepunkt war der Staatsbesuch im Mai 2014, bei dem der italienische Staatspräsident Napolitano, begleitet von der damaligen italienischen Aussenministerin und aktuellen Hohen Vertreterin der EU für Aussen- und Sicherheitspolitik, Federica Mogherini, Mitglieder des Bundesrates sowie die Regierung des Kantons Tessin traf. Das Verhältnis der Schweiz zur EU war bei allen Treffen, insbesondere auch mit dem italienischen Ministerpräsidenten zu Beginn des italienischen EU-Vorsitzes, ein zentrales Thema. So konnten gemeinsame Interessen im Energiebereich, im Bereich Wissenschaft und Forschung oder bei Migrationsfragen diskutiert werden. Eine enge Zusammenarbeit mit Italien fand auch im Rahmen der beiden Präsidentschaften statt, nämlich des Schweizer OSZEVorsitzes einerseits und der italienischen EU-Ratspräsidentschaft andererseits. Im bilateralen Verhältnis wurden beim Fiskaldossier Fortschritte in der Ausarbeitung einer Roadmap erzielt, welche die Eckwerte für Lösungen in den verschiedenen Fragen festhält. Die Roadmap soll schnellstmöglich finalisiert werden. Zur Umsetzung der Roadmap sollen in einer ersten Phase die Fragen des Informationsaustausches auf Anfrage im Steuerbereich sowie die
Grenzgängerbesteuerung in separaten Rechtstexten kodifiziert werden. Für Italien hängt die Grenzgängerbesteuerung mit dem Freizügigkeitsabkommen zusammen. Im Verkehrsbereich unterzeichneten die Schweiz und Italien ein Abkommen zur Finanzierung von Ausbaumassnahmen auf der Luino-Zufahrtsstrecke, um so die Realisierung und Finanzierung eines 4-MeterKorridors auf den Zulaufstrecken zur NEAT sicherzustellen. Vertreter der Schweiz und Italiens haben sich Ende 2014 zum ersten Mal zu einem Umweltdialog getroffen, der institutionalisiert werden soll. Im Juli 2014 begannen die Arbeiten zur Errichtung des Schweizer Pavillons auf dem Gelände der Weltausstellung (EXPO) in Mailand. Die EXPO 2015 bietet, nach der italienischen EU-Ratspräsidentschaft, eine weitere Gelegenheit, um die bilateralen Beziehungen zu vertiefen. Verschiedene Anlässe fanden 2014 im Rahmen des Schweizer Begleitprogramms «Verso l'Expo Milano 2015» statt, wie zum Beispiel die Gastronomie-Tour «Giro del Gusto» mit Halt in den Städten Mailand, Rom und Turin, die auch die Möglichkeit für ein Treffen der beiden Landwirtschaftsminister bot.

Die erste Auslandreise von Bundespräsident Burkhalter führte ihn im Januar 2014 nach Österreich, und der österreichische Bundeskanzler reiste nach der Kabinettsumbildung vom Dezember 2013 zu seinem ersten Auslandbesuch nach Bern. Diese Erstbesuchstradition ist Ausdruck der langjährigen, engen und guten bilateralen Beziehungen. Im Sinne der Schweizer Bemühungen für Transparenz im Steuerbe1099

reich konnten die 2013 mit Österreich gemachten ersten Erfahrungen bei der Umsetzung des Quellensteuerabkommens 2014 weiter vertieft werden. Das Abkommen brachte Österreich im Berichtsjahr namhafte Steuereinnahmen ein und bietet der Schweiz bis zur Anwendung des automatischen Informationsaustauschs (AIA) eine Lösung für die Regularisierung der Vergangenheit und die Sicherstellung der Besteuerung von Kapitaleinkünften mit Österreich. Im Berichtsjahr wurde der revidierte Vertrag zur polizeilichen Zusammenarbeit zwischen der Schweiz, Österreich und Liechtenstein vom Parlament genehmigt, womit für 2015 mit dessen Inkrafttreten gerechnet werden darf. Damit wird die Polizeizusammenarbeit zwischen den drei Staaten weiter vereinfacht und ausgebaut. In der konsularischen Zusammenarbeit bleibt Österreich ein wichtiger Partner für die Schweiz. Für die gemeinsame Benutzung von Vertretungsräumlichkeiten im Ausland und der daraus resultierenden Nutzung von Synergien wurde am 24. Juli 2014 eine Absichtserklärung unterzeichnet. Als Sitzstaat der OSZE spielte Österreich während des Schweizer OSZE-Vorsitzes eine wichtige Rolle. Eine enge Zusammenarbeit fand auch im Rahmen der österreichischen Präsidentschaft des Europarates im ersten Halbjahr 2014 und des Schweizer OSZE-Vorsitzes statt. Im Vordergrund stand eine Vertiefung der institutionellen Zusammenarbeit zwischen diesen beiden Organisationen.

Mit Liechtenstein wurde 2014 die aktive Besuchsdiplomatie aufrechterhalten.

Obwohl Liechtenstein nicht Mitglied der EU ist, stellt die Personenfreizügigkeit im Nachgang zur Abstimmung über die Volksinitiative «Gegen Masseneinwanderung» auch mit diesem Nachbarstaat ein zentrales Thema in den bilateralen Beziehungen dar, weil die Umsetzung der Initiative die bilaterale Regelung über die Personenfreizügigkeit im Rahmenvertrag von 2008 tangiert.4 Die im Dezember 2013 aufgenommenen Verhandlungen über ein bilaterales Doppelbesteuerungsabkommen wurden 2014 weitergeführt; die vierte Verhandlungsrunde fand Anfang Dezember 2014 statt. Es besteht der gemeinsame Wille, innert nützlicher Frist zu einem ausgeglichenen Ergebnis zu kommen.

Neben den erwähnten bilateralen und regionalen Bereichen der Zusammenarbeit sowie im Rahmen des Verhältnisses der Schweiz zur EU findet auch im multilateralen und transversalen Kontext eine intensive
Kooperation mit den Nachbarländern statt. Die Alpenstaaten engagierten sich 2014 gemeinsam für die Ausarbeitung einer makroregionalen Strategie für den Alpenraum ­ seitens der Schweiz im engen Austausch mit den Kantonen. In der Berufsbildung sind die Nachbarstaaten mit dualen Berufsbildungssystemen zentrale Partner, was sich im September 2014 in ihrer Teilnahme am Berufsbildungskongress in Winterthur widerspiegelte. Auf Ministerebene fand 2014 wieder eine Vielzahl von Treffen unter den deutschsprachigen Ländern statt. Die Dreier- oder Vierertreffen der Aussen-, Finanz-, Wirtschafts-, Innen-, Gesundheits-, Justiz- und Umweltminister der Schweiz, Deutschlands, Österreichs und Liechtensteins dienen zur Vertiefung der Beziehungen unter Staaten, die neben einer gemeinsamen Sprache und Kultur auch gleiche Werte teilen.

4

Rahmenvertrag vom 3. Dez. 2008 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Fürstentum Liechtenstein über die Zusammenarbeit im Bereich des Visumverfahrens, der Einreise und des Aufenthalts sowie über die polizeiliche Zusammenarbeit im Grenzraum, SR 0.360.514.2

1100

3.2

Europapolitik

3.2.1

Europäische Union

Entwicklungen innerhalb der EU und Auswirkungen auf die Schweiz Die Europäische Union erneuerte 2014 ihre Institutionen. Die Wahlen ins Europäische Parlament waren von einem schwindenden Rückhalt der traditionellen politischen Parteien in der Bevölkerung und einem Zuwachs der Sitze von Minderheitsparteien geprägt. Dieses Misstrauensvotum gegenüber den grossen Parteien könnte eine Folge der Austeritätspolitik sein, welche die EU den von der Krise am stärksten getroffenen Volkswirtschaften auferlegt hat, das Ergebnis politischer Spannungen innerhalb der EU, aber auch Ausdruck einer gewissen EU-Skepsis. Die beiden wichtigsten Fraktionen im Europäischen Parlament, die Europäische Volkspartei (EVP) und die Progressive Allianz der Sozialisten und Demokraten (S&D) konnten jedoch ihre Mehrheitsposition halten.

Die Wahlen hatten erstmals einen direkten Einfluss auf die Wahl des künftigen Präsidenten der Europäischen Kommission. Jean-Claude Juncker, der designierte Kandidat der EVP, wurde zum Präsidenten der Kommission ernannt. Präsident des Europäischen Rates wurde Donald Tusk, und das Amt der Hohen Beauftragten für Aussen- und Sicherheitspolitik wurde Federica Mogherini übertragen. Die neue Kommission hat ihre Arbeit im November 2014 aufgenommen. Die Wahlen beziehungsweise die Erneuerung der Kommission hatten im zweiten Halbjahr 2014 die Tätigkeit der EU-Institutionen gebremst.

Auf wirtschaftlicher Ebene leiden einige Mitgliedsländer des Euro-Raums immer noch stark unter der Krise. Die Europäische Zentralbank ergriff daher neue Massnahmen: Sie senkte einmal mehr ihre Zinssätze und kündigte ein neues Programm sehr langfristiger Darlehen für Banken an. Die EU setzte ihre Bestrebungen zur wirtschaftlichen Integration fort; die Arbeiten an einer Bankenunion wurden weitergeführt, insbesondere mit dem Inkrafttreten einer gemeinsamen Bankenaufsicht. In diesem Zusammenhang wirkt sich die Krise nach wie vor auf die Schweiz aus: Die Exportindustrie spürt das Ausbleiben eines nachhaltigen wirtschaftlichen Aufschwungs in der EU. Der Aufwertungsdruck auf den Schweizerfranken kann sich rasch verstärken, und das Risiko für die schweizerische Finanzwirtschaft, mit neuen Marktzugangshindernissen konfrontiert zu werden, ist nach wie vor präsent. Die EU und die USA setzten 2014 die im Juli 2013 aufgenommenen Verhandlungen
über das transatlantische Freihandelsabkommen (TTIP) in zügigem Tempo fort.

Im Fokus der EU-Aussenpolitik stand 2014 der Umgang mit der Ukraine-Krise.

Dabei verschlechterten sich die Beziehungen zwischen der EU und Russland. Die EU räumte der Wiederherstellung der gesamtwirtschaftlichen Stabilität in der Ukraine Priorität ein; sie gewährte dem Land finanzielle Unterstützung im Wert von mindestens 11 Milliarden Euro in Form von Krediten und Subventionen. Sie führte überdies mit der Ukraine und mit Russland Gespräche, um eine Lösung für die Streitigkeiten im Energiebereich zu finden. Darüber hinaus verstärkte die EU ihre Unterstützung für die Reformbemühungen der neuen ukrainischen Regierung. Auf Ersuchen der ukrainischen Behörden beschloss sie, eine Beratende Mission für eine Reform des zivilen Sicherheitssektors (EUAM Ukraine) zu schaffen. Diese Mission wird gemeinsam mit anderen internationalen Akteuren vor Ort, insbesondere der OSZE und ihrer Beobachtermission, eingerichtet. Die EU verurteilte die illegale Annexion der Krim durch Russland und verhängte mehrere Pakete von Sanktionen 1101

gegen Russland. Im Visier standen zunächst Personen und Unternehmen, später wurden die Sanktionen auf Sektoren ausgeweitet (vgl. Ziff. 2).

Die EU hat ihre Beziehungen zu den Ländern der Östlichen Partnerschaft (ÖP) weiter ausgebaut. Mit der Ukraine, Georgien und der Republik Moldau wurden Assoziierungsabkommen einschliesslich einer uneingeschränkten und vertieften Freihandelszone abgeschlossen. Nachdem Russland Bedenken geäussert hatte, nahmen die EU, Russland und die Ukraine einen tripartiten Dialog über die Folgen der Umsetzung dieser Abkommen auf.

Nicht nur in der Ukraine war die EU bestrebt, international vermehrt Einfluss zu nehmen. Sie spielte weiterhin eine aktive Rolle in den Verhandlungen über das iranische Atomprogramm sowie im Dialog zwischen Serbien und dem Kosovo.

Darüber hinaus lancierte die EU neue Missionen in Mali und in der Zentralafrikanischen Republik mit dem Ziel, die Sicherheit und die Stabilität im Afrika südlich der Sahara zu verstärken. Nur wenig präsent war die EU hingegen in den Verhandlungen über eine Lösung des israelisch-palästinensischen Konflikts, und sie spielte lediglich eine Nebenrolle in der Bewältigung der Krisen, die ihre Nachbarn im Süden ­ insbesondere Syrien, Ägypten und Libyen ­ erschüttern. Die Region stellt für die EU nach wie vor eine bedeutende Herausforderung dar, insbesondere im Hinblick auf die Zuwanderung. Angesichts des bedrohlichen Terraingewinns der bewaffneten islamistischen Organisation des sogenannten «Islamischen Staats» im Irak und in Syrien hat die EU die internationalen Bemühungen unterstützt, namentlich die Einberufung einer internationalen Konferenz zu Frieden und Sicherheit im Irak und deren Schlussfolgerungen. Sie hat zudem den Beschluss einiger Mitgliedsländer unterstützt, dem Irak ­ einschliesslich der kurdischen Regionalbehörden ­ militärisches Material zu liefern(vgl. Ziff. 3.4.1 Naher Osten und Nordafrika).

Im Rahmen der EU-Erweiterungspolitik wurden im Januar 2014 anlässlich einer ersten zwischenstaatlichen Konferenz in Brüssel die Beitrittsverhandlungen mit Serbien aufgenommen. Im Juni 2014 wurde Albanien der Status eines offiziellen Beitrittskandidaten verliehen.

Entwicklung der Beziehungen Schweiz/EU Die Annahme der Initiative «Gegen Masseneinwanderung» durch Volk und Stände am 9. Februar 2014 blieb nicht ohne Auswirkungen
auf die Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU und führte zu Unsicherheit in Bezug auf die Zukunft des bilateralen Wegs. Der neue Verfassungsartikel (Art. 121a der Bundesverfassung, BV) ist unvereinbar mit dem Personenfreizügigkeitsabkommen (FZA) zwischen der Schweiz und der EU, denn er sieht eine Beschränkung der Einwanderung durch Kontingente und jährliche Obergrenzen sowie den Inländervorrang auf dem schweizerischen Arbeitsmarkt vor. Der Bundesrat war daher während eines grossen Teils des Jahres 2014 damit beschäftigt, parallel an der Umsetzung des Verfassungstexts zu arbeiten, mit der EU eine Lösung im Migrationsbereich zu suchen und die Gespräche mit der EU in allen anderen offenen Dossiers weiterzuführen.

Federführend bei den Arbeiten zur Umsetzung von Artikel 121a BV ist das EJPD.

Unter Einbezug der interessierten Kreise, der Kantone, der Sozialpartner und der politischen Parteien wurde bis im Juni ein Umsetzungskonzept erarbeitet. Der Bundesrat wird voraussichtlich Anfang 2015 über den Entwurf eines Ausführungsgesetzes entscheiden und anschliessend die Vernehmlassung dazu eröffnen.

1102

Hinsichtlich der Gespräche mit der EU im Migrationsbereich strebt die Schweiz formell eine Neuverhandlung des FZA an. Die EU lehnte es ab, auf eine Neuverhandlung des FZA einzutreten, mit der Kontingente oder Obergrenzen für die Einwanderung sowie ein Inländervorrang auf dem Arbeitsmarkt eingeführt werden sollten, denn dies widerspreche den Zielen des Abkommens. Sie zeigte sich jedoch bereit, über die praktischen Probleme zu reden, die bei der Umsetzung des FZA aufgetreten sind. Auf dieser Grundlage hat der Bundesrat den Entwurf eines Verhandlungsmandats zur Revision des FZA verabschiedet. Gemäss diesem Mandat sollen die Verhandlungen zu einer Anpassung des FZA führen, die es der Schweiz ermöglicht, die Zuwanderung zu steuern und zu begrenzen, dies unter Wahrung der gesamtwirtschaftlichen Interessen, sowie den bilateralen Weg zu erhalten. Parallel dazu wurden Ende Jahr Sondierungsgespräche mit der EU geführt, um bei der Umsetzung des Abkommens Lösungsmöglichkeiten im Sinne der Anforderungen der neuen Verfassungsbestimmungen zu identifizieren.

Die Annahme der Initiative «Gegen Masseneinwanderung» hatte auch in den anderen schweizerischen Dossiers mit der EU Konsequenzen. Zunächst sah sich der Bundesrat ausser Stande, das Protokoll III der Ausweitung des FZA auf Kroatien zu unterzeichnen. Die EU sistierte daraufhin die laufenden Verhandlungen über Marktzugang und Zusammenarbeit sowie die Annahme ihres Verhandlungsmandats über institutionelle Fragen. Diese Blockade konnte überwunden werden, indem eine Lösung für den Zugang kroatischer Staatsangehöriger zum schweizerischen Arbeitsmarkt gefunden wurde, die auf einem Abkommen zu separaten Kontingenten für kroatische Staatsangehörige sowie verbesserter Anerkennung ihrer beruflichen Qualifikationen basiert. Der Bundesrat bekräftigte überdies seine Absicht, einen Erweiterungsbeitrag von 45 Millionen Franken zugunsten Kroatiens zu leisten, und das Parlament genehmigte den entsprechenden Rahmenkredit. Dank dieser Lösung für Kroatien konnten die Gespräche über die vorübergehend eingefrorenen Dossiers wieder aufgenommen werden, und die EU verabschiedete ihr Verhandlungsmandat zu den institutionellen Fragen. Sie verband dieses Mandat jedoch mit einer Erklärung, die jeglichen Abschluss von Verhandlungen über den Marktzugang von der Beibehaltung des FZA abhängig
macht.

Die Verhandlungen über die institutionellen Fragen sind im Gang, und es wurden erhebliche Fortschritte bei den Fragen der Übernahme von Weiterentwicklungen des einschlägigen EU-Rechts, der Überwachung der Anwendung der Abkommen und ihrer Auslegung sowie der Streitbeilegung erzielt. Die Verhandlungen über ein Elektrizitätsabkommen und über eine Verbindung der schweizerischen und der EU-Handelssysteme für Emissionszertifikate sind ebenfalls vorangekommen. Aufgrund der bereits erwähnten Haltung der EU können die Schweiz und die EU diese Abkommen jedoch nicht unterzeichnen, solange keine Lösung für das FZA gefunden worden ist.

Die Beteiligung der Schweiz an den EU-Rahmenprogrammen Horizon 2020 (Forschung), Erasmus+ (Bildung und Jugend) und Kreatives Europa (Kultur) wurde durch die Verhandlungsblockade nach der Abstimmung vom 9. Februar ebenfalls erschwert. Während für die Forschungsprogramme der EU die Lösung einer Teilassoziierung der Schweiz für die Zeitspanne von September 2014 bis Ende 2016 gefunden werden konnte, sind die Gespräche in den Bereichen Bildung, Jugend und Kultur noch im Gang (vgl. Ziff. 3.4.4). Daher hat der Bundesrat interne Übergangsmassnahmen beschlossen, um eine indirekte Beteiligung der Schweiz an diesen Programmen zu finanzieren.

1103

Beim Steuerdossier konnten 2014 bedeutende Fortschritte erzielt werden. Angesichts der internationalen Entwicklungen (Verabschiedung eines globalen Standards zum automatischen Informationsaustausch durch die OECD) beschloss der Bundesrat, die im Januar 2014 begonnenen Verhandlungen über eine technische Revision des Zinsbesteuerungsabkommens neu auszurichten. Er verabschiedete daher im Oktober 2014 ein Mandat über die Aufnahme von Verhandlungen mit der EU über den automatischen Informationsaustausch (AIA). Die Verhandlungen wurden Ende 2014 aufgenommen (vgl. Ziff. 3.3.5).

Eine Einigung konnte im Rahmen des Dialogs über die Unternehmensbesteuerung gefunden werden, der mit der EU seit 2012 geführt wird. Eine entsprechende Erklärung wurde von den Vertretern der Schweiz und der EU im Oktober 2014 unterzeichnet. Diese Erklärung beendet einen Streit, der seit fast einem Jahrzehnt die Beziehungen zwischen den beiden Parteien belastet (vgl. Ziff. 3.3.5). Das 2013 unterzeichnete Kooperationsabkommen mit der EU zur Zusammenarbeit der Wettbewerbsbehörden ist von der Bundesversammlung im Juni 2014 genehmigt worden und am 1. Dezember 2014 in Kraft getreten.

Weiter konsolidiert hat sich das Verhältnis Schweiz­EU in den Bereichen Justiz und innere Angelegenheiten. Im Juni 2014 wurde ein Abkommen über die Beteiligung der Schweiz am Europäischen Unterstützungsbüro für Asylfragen (EASO) unterzeichnet. Überdies verabschiedete der Bundesrat zwei Verhandlungsmandate zur Beteiligung der Schweiz am Fonds für innere Sicherheit sowie betreffend Zugang der schweizerischen Polizeibehörden zur Datenbank EURODAC. Weiter hat er den Entwurf eines Verhandlungsmandats zur Teilnahme der Schweiz an der Prümer Zusammenarbeit (Datenaustausch unter Polizeibehörden) verabschiedet. Die Bundesversammlung genehmigte 2014 mehrere Weiterentwicklungen des SchengenBesitzstands, unter anderem die neuen Regeln betreffend Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen, den neuen Schengen-Evaluierungsmechanismus sowie das Grenzkontrollsystem EUROSUR. Ausserdem genehmigte sie die Weiterentwicklung der Dublin- und EURODAC-Bestimmungen.

3.2.2

Beziehungen zu den Staaten Europas und Zentralasiens

West- und Zentraleuropa Besondere Aufmerksamkeit wurde den Beziehungen zu den Staaten West- und Zentraleuropas gewidmet, insbesondere nach der Annahme der Volksinitiative «Gegen Masseneinwanderung» am 9. Februar 2014. Das Ergebnis dieser Abstimmung und seine Folgen haben zahlreiche Fragen aufgeworfen, die es in einem engen Dialog mit diesen Ländern zu klären galt.

Anfang Jahr wurde Bundespräsident Burkhalter zu einem Staatsbesuch nach Polen eingeladen. Dabei wurden eine gemeinsame Erklärung über die Vertiefung der bilateralen Zusammenarbeit sowie ein gegenseitiges Vertretungsabkommen für die Erteilung von Schengen-Visa vereinbart. In der Folge fanden Arbeitsbesuche in der Tschechischen Republik und in der Slowakei statt, wo die Schweiz eingeladen wurde, am Gipfeltreffen der Visegrad-Gruppe teilzunehmen. Die vier Mitglieder dieser Gruppe ­ Polen, Ungarn, die Tschechische Republik und die Slowakei ­ koordinieren ihre Positionen in der EU, entwickeln gemeinsame Kooperationspro1104

gramme im Rahmen der Östlichen Partnerschaft (ÖP) und stellen somit auch dort wichtige Partner für die Schweiz dar.

Anfang April wurde Bundespräsident Burkhalter zu einem Staatsbesuch nach Finnland eingeladen. Dabei waren die Europapolitik der Schweiz, der Schweizer OSZEVorsitz und Fragen der Sicherheit in Europa die wichtigsten Gesprächsthemen. Die gleichen Themen standen auch im Mittelpunkt der Kontakte, welche die Schweiz mit den baltischen Staaten pflegte, insbesondere im Rahmen von Arbeitsbesuchen des Bundespräsidenten in Estland und Lettland, das im ersten Halbjahr 2015 den Vorsitz des Rates der EU übernehmen wird.

Das Treffen der Staatsoberhäupter deutschsprachiger Länder, das am 18. September 2014 in Rostock stattfand, bot Gelegenheit, auch die Beziehungen mit Belgien und Luxemburg zu vertiefen, die erstmals zu diesem Gipfeltreffen eingeladen worden waren. Der Bundespräsident reiste überdies anlässlich der Gedenkfeiern zum Ersten Weltkrieg nach Belgien. Er wurde von König Philippe, Premierminister Michel und Aussenminister Reynders empfangen. Der luxemburgische Premierminister Bettel wiederum stattete der Schweiz einen Besuch ab. Luxemburg wird im zweiten Halbjahr 2015 den Vorsitz des Rates der EU übernehmen.

Anlässlich eines Besuchs des maltesischen Aussenministers Vella in der Schweiz im November wurde die Lage im Mittelmeerraum unter anderem in Bezug auf die Migrationspolitik besprochen. Weitere hochrangige Treffen fanden namentlich mit dem Vereinigten Königreich, Ungarn, Spanien und Portugal statt.

Ebenfalls auf bilateraler Ebene wurden die Gespräche mit mehreren europäischen Staaten vertieft, bei denen es um eine mögliche Zusammenarbeit im Botschaftsbereich (gemeinsame Benützung der Infrastruktur, administrative Zusammenarbeit) oder auch um die gegenseitige Vertretung beim Ausstellen von Schengen-Visa ging.

Die Schweiz trieb ausserdem die Umsetzung des schweizerischen Erweiterungsbeitrags voran, wobei sie eng mit den begünstigten Staaten in der EU zusammenarbeitete.

Südosteuropa Die Förderung von Frieden, Stabilität und wirtschaftlicher Prosperität in Südosteuropa bleibt ein zentrales Anliegen der schweizerischen Aussenpolitik, unter anderem auch wegen der bestehenden engen persönlichen Bindungen: Fast 400 000 in dieser Region geborene Personen leben in der Schweiz. Die Schweiz
hat 2014 Beiträge von mehr als 150 Millionen Franken an Programme in den Bereichen Entwicklung und Zusammenarbeit, menschliche Sicherheit und Friedenserhaltung im Westbalkan geleistet. Dieses Ziel verfolgt auch die EU: Sie eröffnet den Ländern des Westbalkan im Rahmen ihrer Erweiterungspolitik neue politische und wirtschaftliche Perspektiven. Mit der Aufnahme der Beitrittsverhandlungen mit Serbien sowie der Verleihung des Status eines offiziellen Beitrittskandidaten an Albanien wurde nun ein weiterer Schritt in diese Richtung vollzogen.

Das Abkommen vom April 2013 zwischen Belgrad und Pristina bildet die nötige Grundlage für eine Normalisierung der Beziehungen zwischen Serbien und Kosovo.

Die von der Schweiz unterstützten informellen Runden Tische, die am Rande der offiziellen Verhandlungen stattfanden, sowie die Stärkung der Präsenz der OSZE in Nordkosovo, die im Rahmen des Schweizer OSZE-Vorsitzes erreicht wurde, stellen wichtige Beiträge zur Stabilisierung der Region dar.

1105

Die Schweiz hat ihr Engagement für die Stabilität in Kosovo und in der Region erneuert, indem sie die Mission der SWISSCOY bis Dezember 2017 verlängerte.

Das Kontingent soll von 220 auf 235 Armeeangehörige erhöht werden, was es der Schweiz erlauben wird, die internationale friedenserhaltende Mission KFOR weiterhin wirksam zu unterstützen. In Bosnien-Herzegowina setzt die Schweiz ihr Engagement im Rahmen der Mission EUFOR ALTHEA mit maximal 20 Armeeangehörigen und sechs Armee-Experten fort.

Weitere Herausforderungen, insbesondere gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Art, bleiben jedoch bestehen. Die sehr hohe Jugendarbeitslosigkeit beispielsweise droht eine ganze Generation zu entmutigen und in die Emigration zu treiben.

Darüber hinaus erhöht sie die Gefahr politischer Konflikte. Die Schweiz hat ihr Engagement zugunsten struktureller Reformen des privaten Sektors und der Berufsbildung für die Jugend erhöht, um die Chancen der Jungen auf dem lokalen Arbeitsmarkt zu verbessern.

Mit über 50 Toten, fast einer Million Vertriebener und Schäden, deren Höhe auf 3,5 Milliarden Euro geschätzt wird, litten Bosnien-Herzegowina und Serbien schwer unter den Überschwemmungen vom Mai 2014. Die Schweiz leistete Nothilfe: Sie entsandte Fachleute und einen Helikopter und lieferte Material für die Aufbereitung und Verteilung von Trinkwasser. Mittel- und langfristig wird die Schweiz den Wiederaufbau und die Prävention von Naturkatastrophen mit einem Beitrag von 15 Millionen Franken unterstützen (vgl. Ziff. 3.3.3).

In zahlreichen Ländern der Region fanden wichtige Wahlen statt. Die Schweiz trug zum ordentlichen Ablauf dieser Wahlen bei, indem sie 21 Beobachterinnen und Beobachter zu Wahlen in Bosnien-Herzegowina, Kosovo, Mazedonien und Serbien entsandte. Überdies finanzierte die Schweiz die ersten landesweiten Parlamentswahlen in Kosovo mit, die von der OSZE unterstützt wurden.

Die Schweiz intensivierte ihre politischen Kontakte mit zahlreichen Ländern der Region. Der griechische Präsident Papoulias besuchte die Schweiz ­ der erste Besuch eines griechischen Präsidenten seit der Aufnahme diplomatischer Beziehungen mit Griechenland vor 119 Jahren. Dabei bot sich die Gelegenheit, die Beziehungen zu dem Land auszubauen, das im ersten Halbjahr 2014 den EU-Vorsitz innehatte. Der kroatische Präsident, der bulgarische
Präsident sowie der mazedonische Präsident statteten der Schweiz ebenfalls offizielle Besuche ab. Bundespräsident Burkhalter besuchte in seiner Eigenschaft als amtierender Vorsitzender der OSZE Serbien, Albanien und Kosovo und nutzte die Gelegenheit, die Beziehungen zu diesen Ländern zu stärken. Im Migrationsbereich wurden der intensive Dialog sowie die operationellen Programme mit Bosnien-Herzegowina, Kosovo und Serbien im Rahmen der Migrationspartnerschaften fortgeführt.

Die Schweiz und die Türkei unterhalten vielfältige Beziehungen, wobei die Beziehungen auf höchster Stufe im Berichtsjahr wenig intensiv waren. Dennoch konnten Dossiers in Gebieten beidseitigen Interesses vorangetrieben werden, namentlich im Konsularwesen sowie in den Bereichen Wirtschaft, Energie, Polizei, Justiz und Migration und Terrorismusbekämpfung. Im vergangenen Jahr leistete die Schweiz überdies weitere Unterstützung, um der Türkei bei der Bewältigung der humanitären Notlage aufgrund des Konflikts an ihren Grenzen zu helfen. Der Rekurs der Schweiz bei der Grossen Kammer des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) im Fall Perinçek ist noch pendent. Dieser Fall trübte die Beziehungen zwischen der Türkei und der Schweiz.

1106

Osteuropa und Zentralasien Die kritische Lage in der Ukraine und deren Folgen für die internationale Sicherheit prägten das Berichtsjahr. Der Bundesrat bemühte sich im Rahmen seiner eigenständigen Aussenpolitik, zu einer friedlichen Lösung in der Ukraine beizutragen. Dem friedenspolitischen Engagement der Schweiz wurde durch die Aktivitäten des schweizerischen OSZE-Vorsitzes 2014 eine erhöhte Visibilität verschafft (vgl.

Ziff. 2). So engagierte sich die OSZE namentlich für die Förderung des Dialogs in der Ukraine und zwischen den internationalen Akteuren, der Beobachtung und Berichterstattung über die Situation vor Ort zur Wahrung von Sicherheit, Stabilität und Schutz der Menschenrechte sowie in der Wahlbeobachtung. DEZA und SECO bleiben mit einem Engagement von jährlich über 20 Millionen Franken in der Ukraine tätig. Bereits zu Beginn der Krise verfügte der Bundesrat einen Bewilligungsstopp für die Ausfuhr von Kriegsmaterial in die Ukraine (Dez. 2013) und nach Russland (März 2014). Zudem liess er allfällige Vermögenswerte des ehemaligen ukrainischen Präsidenten Janukowitsch und seines Umfeldes in der Schweiz sperren, um jegliches Risiko einer Veruntreuung von staatlichem ukrainischem Eigentum zu vermeiden. Der Bundesrat hat die Annexion der Krim durch Russland als völkerrechtswidrig verurteilt und beschlossen, die Sanktionen der EU gegenüber Russland zwar nicht zu übernehmen, jedoch die notwendigen Massnahmen zu ergreifen, damit die Schweiz nicht zur Umgehung dieser Sanktionen missbraucht wird (vgl.

Ziff. 3.3.5). Die Fortsetzung der Verhandlungen für den Abschluss des Freihandelsabkommens zwischen der EFTA und der Zollunion Russland, Belarus und Kasachstan wurde im Einvernehmen mit den anderen EFTA-Mitgliedern bis auf weiteres aufgeschoben.

Seit 2007 finden regelmässig bilaterale Konsultationen mit Russland in verschiedenen Themenbereichen statt, darunter auch im Menschenrechtsbereich. Die Schweiz war an den Olympischen Winterspielen 2014 in Sotschi durch das «House of Switzerland» vertreten (vgl. Ziff. 3.6). Auch wurden 2014 im Rahmen des 200-Jahre-Jubiläums der Aufnahme diplomatischer Beziehungen mit Russland Veranstaltungen vorab im kulturellen Bereich durchgeführt. Im Berichtsjahr kam es aufgrund der Ukraine-Krise zu einer gewissen Zurückhaltung bei der Besuchsdiplomatie, insbesondere
militärische Kontakte wurden reduziert.

Bundespräsident Burkhalter besuchte im November 2014 als Vorsitzender der OSZE die fünf Länder Zentralasiens. Die Zusammenarbeit mit den Ländern Osteuropas und Zentralasiens bleibt für die Schweiz wichtig ­ dies angesichts der politischen und wirtschaftlichen Relevanz, aufgrund von Sicherheits- und Migrationsfragen sowie der Zugehörigkeit einiger dieser Staaten zu den Schweizer Stimmrechtsgruppen in den Bretton-Woods-Institutionen. Auch deshalb führt die Schweiz im Rahmen ihrer Entwicklungszusammenarbeit ihr Engagement in Georgien, Armenien, Aserbaidschan, Kirgistan, Tadschikistan, Usbekistan, der Ukraine sowie der Republik Moldau fort, namentlich in den Bereichen der Wasserversorgung, der Gesundheit, der Förderung der Privatwirtschaft sowie der humanitären Hilfe und Menschenrechte(vgl. Ziff. 3.3.3).

Im Südkaukasus stehen die politische, wirtschaftliche und technische Zusammenarbeit, die Förderung der Menschenrechte sowie das friedensfördernde Engagement im Vordergrund. Dazu zählen die Vertretung der Interessen Russlands in Georgien und umgekehrt durch die Schweiz sowie die Umsetzung des georgisch-russischen Abkommens über die Zollverwaltung und die Überwachung von Handelsgütern im Zusammenhang mit dem 2012 erfolgten WTO-Beitritt Russlands. Auch unterstützt 1107

die Schweiz weiterhin den Normalisierungsprozess zwischen der Türkei und Armenien. Anfang Juni 2014 führte Bundespräsident Burkhalter als Vorsitzender der OSZE politische Gespräche in Armenien, Aserbaidschan und Georgien und unterzeichnete ein Investitionsschutzabkommen der Schweiz mit Georgien.

3.3

Stabilität in Europa und der Welt

3.3.1

Europarat

Die Krise in der Ukraine überschattete 2014 auch das Geschehen im Europarat.

Andererseits wurde die Aufmerksamkeit auf die wichtige Rolle gelenkt, welche die Strassburger Organisation für die Stabilität auf dem Kontinent spielen will. Das Fachwissen und die Unterstützung verschiedener Organe des Europarates ­ beispielsweise auf Ebene des Ministerkomitees, der Venedigkommission oder der Fachausschüsse (wie zum Beispiel der Konsultationsausschuss für den Schutz nationaler Minderheiten) ­ haben im Ukraine-Konflikt zur Beruhigung und zur Aufrechterhaltung des Dialogs zwischen den Parteien beigetragen. Die Zusammenarbeit zwischen dem Europarat und der OSZE hat im Fall der Ukraine gut geklappt. Dass die Schweiz im Berichtsjahr den OSZE-Vorsitz innehatte, dürfte die Zusammenarbeit begünstigt haben.

Für die Schweiz war das Jahr 2014 geprägt durch die Ratifizierung des Übereinkommens des Europarats vom 25. Oktober 20075 zum Schutze von Kindern vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch (Lanzarote-Konvention) sowie durch die Unterzeichnung mehrerer anderer Verträge und Protokolle. Ihrer Gewohnheit getreu wirkte die Schweiz aktiv an der Erarbeitung neuer Konventionen mit, unter anderem der Konvention betreffend die Bekämpfung des Handels mit menschlichen Organen, die Anfang 2015 für die Mitgliedstaaten zur Unterzeichnung aufgelegt wird, sowie der Konvention gegen Wettkampfmanipulation im Sport, die im September 2014 in Magglingen unterzeichnet wurde.

2014 erliess der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte 18 Urteile, welche die Schweiz betrafen. Diese Urteile befassten sich hauptsächlich mit dem Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens, dem Recht auf Freiheit und Sicherheit sowie dem Recht auf ein faires Gerichtsverfahren. In der Schweiz warfen gewisse Urteile des Gerichtshofs die Frage nach dem Verhältnis zwischen Völker- und Landesrecht auf. Der Europarat ist ein wichtiger Partner der Schweiz. Er bildet die wichtigste Plattform für die Vereinheitlichung von europäischen und internationalen Rechtsnormen und ermöglicht es der Schweiz, von der guten Praxis anderer europäischer Staaten zu profitieren und diese wiederum von eigenen Erfahrungen in Bezug auf Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit profitieren zu lassen.

Im Anhang zu diesem Bericht finden sich weitere Angaben zur Tätigkeit des Europarates im Zusammenhang mit der Schweiz während des Berichtsjahres.

5

SR 0.311.40

1108

3.3.2

Internationale Sicherheit

Die Schweiz betreibt eine lagegerechte und zukunftsweisende Aussensicherheitspolitik. Die nationale Sicherheit soll durch Kooperation mit Partnerstaaten, internationalen Organisationen und nichtstaatlichen Akteuren gestärkt werden. Die Schweiz ist bestrebt, die Handlungsfähigkeit internationaler Organisationen zu stärken und dabei auch selber Verantwortung zu übernehmen, wie dies der OSZE-Vorsitz 2014 gezeigt hat (vgl. Ziff. 2).

Rüstungskontrolle, Abrüstung und Nichtweiterverbreitung von Waffen Mit einem verstärkten Engagement in den Bereichen der Rüstungskontrolle, Abrüstung und Nonproliferation will die Schweiz zur Verbesserung und Stärkung der internationalen Sicherheit und Stabilität beitragen. Die Schweiz hat ein starkes Interesse an funktionierenden multilateralen Rüstungskontroll- und Abrüstungsgremien sowie einer Stärkung des Abrüstungsstandorts Genf (vgl. Ziff. 3.4.2). Im vergangenen Jahr setzte sich der Trend fort, dass in den multilateralen Verhandlungsfora aufgrund des geopolitischen Kontextes und unterschiedlicher Zielvorstellungen höchstens punktuell Verhandlungsfortschritte erreicht werden konnten. Die Schweiz versuchte in diesem schwierigen Umfeld, den Abrüstungsdiskussionen neue Impulse zu geben.

Initiativen im Bereich der Massenvernichtungswaffen (Nuklear-, Bio- und Chemiewaffen) Die Schweiz setzt sich für ein Verbot sämtlicher Arten von Massenvernichtungswaffen ein und folgt dabei der Überzeugung, dass zur Erreichung dieses Ziels nicht nur die Abrüstungsbemühungen voranzutreiben sind, sondern auch die Weiterverbreitung solcher Waffen und ihrer Bestandteile einzudämmen ist.

Im Nuklearwaffenbereich unterstrich die Schweiz den Handlungsbedarf bei der Umsetzung der im nuklearen Nichtweiterverbreitungsvertrag (NPT) eingegangenen Verpflichtungen und leistete Beiträge, die zu einer erfolgreichen Überprüfungskonferenz im Jahr 2015 führen sollen. Zu diesem Zweck unterstützte die Schweiz weiterhin den finnischen Fazilitator, der sich um die Einberufung der an der Überprüfungskonferenz des NPT 2010 beschlossenen Konferenz für die Schaffung einer massenvernichtungswaffenfreien Zone im Nahen und Mittleren Osten bemüht, indem sie die Durchführung mehrerer Konsultationsrunden mit den Hauptakteuren der Region in der Schweiz ermöglichte. Einen weiteren Schwerpunkt bildete die Thematisierung
des hohen operationellen Bereitschaftsgrads von weltweit annähernd 2000 Nuklearwaffen. Dazu brachte die Schweiz erneut eine Resolution in die UNOGeneralversammlung ein. Zudem leistete die Schweiz Diskussionsbeiträge zu den generell von Nuklearwaffen und nuklearen Sicherheitsdoktrinen ausgehenden Risiken. Damit versucht sie, die in den letzten Jahren aufgekommene Debatte über die katastrophalen humanitären Auswirkungen eines Nuklearwaffeneinsatzes zu alimentieren.

Darüber hinaus war die Schweiz im Rahmen der Internationalen Atomenergieagentur (IAEA) aktiv; sie hat seit September 2014 für drei Jahre Einsitz im Gouverneursrat. Sie beteiligte sich an den Debatten über eine konzeptionelle Neugestaltung der Überwachungsmassnahmen der IAEA (safeguards) und unterstützte die Verhandlungen zum iranischen Nuklearprogramm mit einem finanziellen Beitrag an die Aktivitäten der IAEA zur Verifikation des im November 2013 in Genf abgeschlos1109

senen Interimsabkommens (vgl. Ziff. 3.4.1 Naher Osten und Nordafrika). Am Nuclear Security Summit im März 2014 in Den Haag war die Schweiz durch Bundespräsident Burkhalter vertreten. Dieser von US-Präsident Obama initiierte Prozess hat zum Ziel, die Sicherheit von waffenfähigem Spaltmaterial weltweit zu erhöhen und somit den möglichen Zugriff auf Nuklearmaterial durch terroristische Gruppierungen zu verhindern.

2014 übernahm die Schweiz den Vorsitz des Biologiewaffenübereinkommens und setzte sich insbesondere zugunsten der weiteren Universalisierung des Übereinkommens sowie für die konkrete Umsetzung ein. Sie unterstützte weiterhin die Stärkung der vertrauensbildenden Massnahmen sowie eine intensivierte Auseinandersetzung mit Fragen der Regeleinhaltung (compliance). Ein weiterer Schwerpunkt bildete das Engagement zugunsten einer systematischen Auseinandersetzung mit den Auswirkungen des biotechnologischen Fortschritts und seinen Folgen für die Konvention, beispielsweise durch die Schaffung einer wissenschaftlichen Arbeitsgruppe im Hinblick auf die nächste Überprüfungskonferenz im Jahr 2016.

Im Mittelpunkt des Schweizer Engagements im Rahmen des Chemiewaffenübereinkommens (CWÜ) und der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) standen die Ereignisse im Kontext des syrischen Chemiewaffenprogramms. Die Schweiz leistete 2014 weitere Unterstützung an die gemeinsame UNO/OPCWMission zur Vernichtung der syrischen Chemiewaffenbestände und hat der OPCW seit 2013 einen Betrag von insgesamt 1,5 Millionen Franken zur Verfügung gestellt.

Zudem beteiligt sie sich aktiv an Verbesserungsprozessen des Mechanismus des UNO-Generalsekretärs zur Untersuchung von mutmasslichen Einsätzen chemischer und biologischer Waffen, der auch in Syrien zur Anwendung kam. Davon abgesehen unterstützt die Schweiz weiterhin die reguläre Inspektorenausbildung der OPCW sowie den Kapazitätsaufbau in CWÜ-Vertragsstaaten im Bereich des Schutzes vor Chemiewaffen und gegenseitiger Hilfeleistung.

Initiativen im Bereich konventioneller Waffen Auch die Herausforderungen durch konventionelle Waffen erforderten im Berichtsjahr weiterhin grosse Aufmerksamkeit. Der Bundesrat hat am 29. Januar 20146 die Botschaft zur Genehmigung des Vertrags über den Waffenhandel (Arms Trade Treaty, ATT) zuhanden der eidgenössischen Räte verabschiedet. Der
ATT wurde von beiden Räten ohne Gegenstimme angenommen. Er setzt erstmals auf internationaler Ebene völkerrechtlich verbindliche Standards bei der Regelung und der Kontrolle des internationalen Handels mit konventionellen Waffen fest. Damit soll durch missbräuchlichen Waffengebrauch verursachtes menschliches Leid vermindert werden. Die Schweiz bietet an, das Sekretariat des ATT in Genf anzusiedeln und die für die effiziente Umsetzung des neuen Vertrages optimalen Bedingungen zu schaffen.

Die neue Thematik der sogenannten autonomen Waffensysteme oder Lethal Autonomous Weapons Systems hat 2014 erhebliche Aufmerksamkeit erfahren. Die Schweiz beteiligte sich an einem Expertenprozess im Rahmen der UNO-Konvention über das Verbot oder die Beschränkung des Einsatzes bestimmter konventioneller Waffen (CCW), wobei sie Klärungsbedarf im Bereich rechtlicher sowie militärischoperationeller Aspekte identifizierte. Weiterhin engagierte sich die Schweiz in den

6

BBl 2014 1541

1110

Bereichen der Kleinwaffen und leichten Waffen sowie der beiden Verbotskonventionen zu Personenminen und Streumunition (vgl. Ziff. 3.3.4).

Partnerschaft für den Frieden Zusammen mit der EU und der OSZE gehört die NATO (North Atlantic Treaty Organization) zu den drei für die Sicherheit in Europa wichtigsten Organisationen.

Der Austausch der Schweiz mit der NATO findet im Euro-Atlantischen Partnerschaftsrat (EAPC) und in der Partnerschaft für den Frieden (PfP) statt. Dies sind für die Schweiz nützliche Instrumente zur sicherheitspolitischen Zusammenarbeit und Förderung der Stabilität. Die PfP erleichtert es der Schweiz, punktuell und nach eigenen Interessen mit Staaten des regionalen Umfeldes sicherheitspolitisch zusammenzuarbeiten. Damit wird die Sicherheit der Schweiz erhöht, und sie kann Erkenntnisse für die Weiterentwicklung ihrer Sicherheitspolitik gewinnen. Für die Schweizer Armee ergeben sich Möglichkeiten zur Ausbildungszusammenarbeit (inkl. Teilnahme an Übungen) sowie zum Informations- und Knowhow-Gewinn. Im Kontext des politischen Dialogs mit der NATO nahm die Schweiz im September 2014 an einem Treffen der Verteidigungsminister im Rahmen des NATO-Gipfels in Wales teil.

Die NATO ist mit dem Ende der grossen Operationen ­ der Beendigung des ISAFEinsatzes in Afghanistan und der progressiven Reduktion des Personals der KFOR im Kosovo ­ im Wandel. Gemeinsam mit der NATO wandelt sich auch deren Partnerschaftspolitik. Die Schweiz beteiligte sich aktiv an der Diskussion über die Weiterentwicklung der Partnerschaften und nimmt an der neuen Plattform der NATO für die Zusammenarbeit mit Partnern teil. 2014 stieg die Anzahl Veranstaltungen mit einer flexiblen Anzahl Partnern, die je nach Thematik und Umständen variiert. In diesem Rahmen wurden vermehrt Konsultationen zwischen der NATO und westeuropäischen neutralen und allianzfreien Partnern (Österreich, Irland, Schweden, Malta, Finnland, Schweiz) geführt. Die Schweiz ist an diesen an Wichtigkeit zunehmenden, flexiblen Formaten interessiert, legt jedoch gleichzeitig grosses Gewicht auf die Aufrechterhaltung der etablierten Plattform für den politischen Dialog und einer auf gemeinsamen Werten basierenden Kooperation im Rahmen von EAPC/PfP.

2014 führte die Schweiz ihre Unterstützung für Aktivitäten in Bereichen weiter, in denen sie über besondere
Kompetenzen verfügt, wie beispielsweise militärische und sicherheitspolitische Ausbildung, Reform des Sicherheitssektors, humanitäres Völkerrecht, Rüstungskontrolle, Abrüstung sowie die Sicherung und Vernichtung von Munitionsbeständen. Ein besonderes Ereignis war die von der Schweiz organisierte Jahreskonferenz der NATO über Rüstungskontrolle, Abrüstung und Nichtverbreitung von Massenvernichtungswaffen (Annual NATO Conference on WMD Arms Control, Disarmament and Non-proliferation). Im Gegenzug profitierte die Schweiz von Ausbildungsangeboten und multilateralen Übungen der PfP.

Cybersicherheit Die Schweiz engagierte sich ebenfalls im Bereich der sogenannten transnationalen Bedrohungen und neuen sicherheitspolitischen Herausforderungen. Schwerpunkte waren erneut die Terrorismusbekämpfung (vgl. Ziff. 3.3.6) und die Stärkung der Sicherheit im Cyber-Bereich. Im Rahmen der nationalen Cyber-Strategie förderte die Schweiz Massnahmen zur Erhöhung von Transparenz und Vertrauen im CyberRaum. Sie setzte sich aktiv für die Umsetzung und Weiterentwicklung der 2013 im 1111

OSZE-Rahmen verabschiedeten vertrauensbildenden Massnahmen ein und will aufgrund des globalen Charakters des Cyber-Raums dazu beitragen, diese über den OSZE-Rahmen hinaus zu verbreiten. Die steigende sicherheitspolitische Bedeutung der Internet Governance hat das EDA veranlasst, aktiver in der Reformdiskussion mitzuwirken. Ferner wurde der internationale Dialog mit ausgewählten Staaten und internationalen Organisationen verstärkt.

Private Sicherheitsdienstleistungen Eine weitere Herausforderung betrifft den Umgang mit privaten Militär- und Sicherheitsdienstleistern (vgl. Ziff. 3.3.3 und 3.3.6). Im Rahmen des neuen Bundesgesetzes vom 27. September 20137 über die im Ausland erbrachten privaten Sicherheitsdienstleistungen wird im EDA eine Behörde zur Umsetzung des Gesetzes aufgebaut.

Dadurch werden die Voraussetzungen geschaffen, damit das Gesetz 2015 in Kraft treten kann.

3.3.3

Internationale Zusammenarbeit

Obwohl sich in einigen Ländern die Gesamtsituation aufgrund von Konflikten oder Naturkatastrophen verschlechterte, leisteten die Programme der DEZA in allen Schwerpunktländern einen Beitrag zur Armutsreduktion. Eine Grosszahl bewaffneter Konflikte löste humanitäre Bedürfnisse ungeahnten Ausmasses aus. 2014 ist die Zahl der Flüchtlinge auf ein Rekordniveau angestiegen, nämlich auf 52 Millionen Menschen, davon über die Hälfte Kinder und Jugendliche.

Die internationale Zusammenarbeit befindet sich im Wandel. Die zunehmende Anzahl Akteure erhöht die Komplexität der Kooperationsbeziehungen und von Verhandlungen auf allen Ebenen. Die Interventionen von nicht-traditionellen staatlichen Gebern nehmen zu. Nebst der öffentlichen Entwicklungshilfe spielen Investitionen des Privatsektors und privater Stiftungen, Finanzflüsse aus dem internationalen Handels-, Dienstleistungs- und Finanzbereich sowie Geldsendungen von Migrantinnen und Migranten eine zunehmend wichtige Rolle. Auch die Empfängerländer bilden keine homogene Gruppe: In internationalen Verhandlungen treten sie in verschiedenen Staatengruppen und Koalitionen auf.

Fragen der Geschlechtergleichheit stehen immer wieder im Brennpunkt der entwicklungspolitischen Diskussion. Eine 2014 durchgeführte interne Analyse hat Optimierungsmöglichkeiten identifiziert, womit 2015 konkrete Massnahmen in den Bereichen Erfolgskontrolle sowie Ausbildung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Angriff genommen werden können, was diesem wichtigen Thema zu neuem Elan verhelfen wird.

Post-2015-Agenda Die bis 2015 zu erreichenden Millenniumsentwicklungsziele (Millennium Development Goals, MDG) bilden seit 2000 den politisch-strategischen Rahmen der internationalen Entwicklungszusammenarbeit. Für die Zeit nach 2015 soll ein neues, universell gültiges Rahmenwerk etabliert werden, welches soziale und wirtschaftliche Entwicklung mit ökologischer Verantwortung kombiniert. Die Agenda für eine Nachhaltige Entwicklung nach 2015 (Post-2015-Agenda) wird, im Gegensatz zu den 7

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MDG, für alle Länder gültig sein und soll die nationalen und internationalen Anstrengungen zur Lösung globaler Herausforderungen leiten.

Mit dem Anspruch der Universalität und der ausgewogenen Integration der sozialen, wirtschaftlichen und umweltbezogenen Dimension soll der neue Referenzrahmen bis 2030 zur angestrebten Transformation hin zu einer nachhaltigen Entwicklung beitragen. Ansätze zur Überwindung von potenziellen Zielkonflikten ­ beispielsweise zwischen dem Schutz der natürlichen Ressourcen und wirtschaftlichem Wachstum ­ sollen so gestärkt werden. Die Agenda für eine Nachhaltige Entwicklung nach 2015 wird auch das Paradigma der Entwicklungszusammenarbeit verändern: Die bisher mit den MDG verfolgte, vorrangig soziale Entwicklungsagenda wird durch neue Themen erweitert, insbesondere aus den Bereichen Wirtschaft und Umwelt, während die Umsetzung und Finanzierung den Einbezug neuer Ansätze, Instrumente und Akteure erfordern. Zur erfolgreichen Umsetzung der Post-2015-Agenda bedarf es beispielsweise der Erschliessung neuer Finanzierungsquellen über die öffentliche Entwicklungshilfe hinaus, einer stärkeren Rolle des Privatsektors sowie der Anwendung innovativer Umsetzungsinstrumente und -partnerschaften. Diese Neuerungen werden sich auch auf die Ausrichtung der Schweiz auswirken und sich unter anderem in der neuen Botschaft zur internationalen Zusammenarbeit 2017­2020 widerspiegeln.

Die Schweiz beteiligt sich seit Beginn aktiv am Ausarbeitungsprozess für die Post2015-Agenda und hat diesen wesentlich beeinflusst (vgl. Ziff. 3.4.3). Viele Vorschläge der Schweiz wurden übernommen und gelten nun als Grundlage für die zwischenstaatlichen Verhandlungen im kommenden Jahr sowie die im September 2015 anlässlich eines Gipfeltreffens zu verabschiedende Post-2015-Agenda.

Umsetzung der Botschaft über die internationale Zusammenarbeit 2013­2016 Die Botschaft vom 15. Februar 20128 über die internationale Zusammenarbeit 2013­ 2016 umfasst vier Rahmenkredite, die die internationale Zusammenarbeit der Schweiz im Bereich der humanitären Hilfe, der technischen Zusammenarbeit und Finanzhilfe zugunsten von Entwicklungsländern, der wirtschafts- und handelspolitischen Massnahmen im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit sowie der Zusammenarbeit mit den Staaten Osteuropas und der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten
betreffen. Dank dieses strategischen Rahmens und der für seine Umsetzung erforderlichen finanziellen Mittel, die ein Verpflichtungsvolumen in Höhe von 11,35 Milliarden Franken umfassen, kann die Schweiz vor allem zur Förderung einer nachhaltigen globalen Entwicklung im Hinblick auf die Minderung von Armut und globalen Risiken beitragen.

Mit der Botschaft 2013­2016 richtet die Schweiz ihre Strategie für die internationale Zusammenarbeit auf fünf strategische Ziele aus: 1) Krisen, Konflikte und Katastrophen verhüten und überwinden, 2) Zugang zu Ressourcen und Dienstleistungen für alle schaffen, 3) nachhaltiges Wirtschaftswachstum fördern, 4) Transition zu demokratischen, marktwirtschaftlichen Systemen unterstützen, 5) entwicklungsfördernde, umweltschonende und sozialverträgliche Globalisierung mitgestalten.

Ein besonderer Schwerpunkt lag 2014 auf der Verhütung und Überwindung von Krisen, Konflikten und Katastrophen, der Minderung globaler Risiken und der Zusammenarbeit mit dem Privatsektor. In dieser Hinsicht verfügt die DEZA derzeit 8

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über rund 30 öffentlich-private Partnerschaften, von denen zwei Drittel bereits vielversprechende Ergebnisse hervorgebracht haben.

2014 wurde eine strategische institutionelle Partnerschaft mit dem Versicherungsund Rückversicherungsunternehmen Swiss Re unterzeichnet. Ferner baute die Schweiz ihr Engagement in den fragilen Staaten, die in der Botschaft 2013­2016 als wichtige Partner der DEZA benannt werden, deutlich aus. 2014 konzentrierte die DEZA ihre Aktivitäten auf zwanzig Länder, darunter zwölf sogenannte fragile Länder, auf die 40 % des Budgets ihrer bilateralen Entwicklungshilfe entfallen.

Zudem wurden sechs Globalprogramme der Schweizer Entwicklungszusammenarbeit konsolidiert und innovative Pilotprojekte konzipiert, beispielsweise die Initiative «Blue Peace» zur Förderung einer besseren grenzüberschreitenden Wasserbewirtschaftung. 2014 beschloss die Schweiz, ihre Zusammenarbeit mit einigen für sie prioritären multilateralen Organisationen (zum Beispiel Weltbank, UNICEF) zu intensivieren und gewisse Partnerschaften durch zusätzliche Beiträge zu stärken. Mit gezielten Massnahmen und spezifischen Beiträgen will die Schweiz dazu beitragen, die Präsenz und das Engagement dieser Partner in fragilen Staaten auszubauen und das Risikomanagement und die Prävention von Naturkatastrophen zu verbessern.

Der OECD-Ausschuss für Entwicklungshilfe hob bei seiner jüngsten regelmässigen Überprüfung der Schweiz die Qualität und Effizienz der internationalen Zusammenarbeit der Schweiz hervor. Darüber hinaus gab er Empfehlungen ab, für die ein Umsetzungsplan («management response») aufgestellt wurde und mit deren Umsetzung 2014 begonnen wurde.

Humanitäre Hilfe Die Humanitäre Hilfe (HH) des Bundes trägt zur Umsetzung des Verfassungsauftrages der Linderung von Not in der Welt bei. Sie unterstützt nicht nur humanitäre Organisationen wie das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) oder die UNO sowie internationale und lokale Nichtregierungsorganisationen mit Geld- und Sachbeiträgen, sondern ist auch vor Ort präsent und führt mit dem Schweizerischen Korps für Humanitäre Hilfe (SKH) selber Projekte und Programme durch. Zusätzlich konnten 2014 den humanitären Organisationen der UNO 81 Expertinnen und Experten des SKH zur Verfügung gestellt werden ­ unter anderem in den Bereichen Wasser, Bau und Schutz der
Zivilbevölkerung.

Nothilfe in Krisen grössten Ausmasses: Die HH konzentrierte ihr Engagement im Bereich der Nothilfe gemäss Mandat auf diejenigen Gebiete, welche die dringlichsten Bedürfnisse aufweisen. 2014 war von ausgesprochen grosser humanitärer Not geprägt. Die vier Konflikte in Syrien, Irak, Südsudan und der Zentralafrikanischen Republik ­ von der UNO als humanitäre Katastrophen grössten Ausmasses definiert ­ ziehen schwerwiegende Konsequenzen für die Bevölkerung mit sich, insbesondere für Kinder und Frauen. Die Schweiz reagierte auf die steigende Not und auf die humanitären Aufrufe der UNO und des IKRK mit einer Konzentration der Mittel zugunsten dieser vier Kriegsgebiete. Sie unterstützte die humanitären Aktivitäten mit finanziellen Beiträgen, Hilfsgüterlieferungen und Expertise.

Finanzielle Beiträge an humanitäre Partnerorganisationen: Erstens konnte die Schweiz auf diese Weise die humanitären Partner bei der Gestaltung und Ausdehnung ihrer Hilfsprogramme unterstützen und dazu beitragen, Millionen von betroffenen Menschen mit Nahrung, Hygieneartikeln und Medizin zu versorgen und ihnen einen Zugang zu sauberem Wasser zu verschaffen. Zwei Drittel des Budgets 1114

der HH des Bundes fliessen an das IKRK und die humanitären UNO-Organisationen. In der Zentralafrikanischen Republik beispielsweise unterstützte die Schweiz die Operationen des IKRK, des UNO-Hochkommissariats für Flüchtlinge (UNHCR), der Nichtregierungsorganisation Ärzte ohne Grenzen und weiterer humanitärer Organisationen mit finanziellen Beiträgen. Damit konzentrierte sie sich insbesondere auf die Bereiche Gesundheit und Bevölkerungsschutz. Aufgrund der ausserordentlich grossen humanitären Bedürfnisse im Jahr 2014 hat der Bundesrat Ende Oktober beschlossen, zusätzlich 40 Millionen Franken für die humanitäre Hilfe zur Verfügung zu stellen. Ein Teil des Betrages wurde intern innerhalb der DEZA kompensiert. Für die restlichen 17,5 Millionen Franken hat das Parlament einem Nachtragskredit zugestimmt. Die Gelder kamen je zur Hälfte den Hilfsoperationen im Zusammenhang mit der Ebola-Epidemie sowie den Krisen in Syrien und Irak zugute.

Entsendung von Expertinnen und Experten: Zweitens entsandte die Schweiz zusätzliche Expertinnen und Experten des SKH zur Unterstützung an UNO-Organisationen, welche zugunsten der vier Länder tätig sind. So stellte sie dem UNHCR für seine Tätigkeit im kurdischen Norden des Irak eine Spezialistin und einen Spezialisten zur Verfügung, welche die Organisation bei der Bereitstellung von Notunterkünften für irakische und syrische Binnenvertriebene sowie bei der Verbesserung des Zugangs der betroffenen Bevölkerung zu Wasser und sanitären Einrichtungen unterstützen.

Direktaktionen und Hilfsgüterlieferungen: Drittens setzte die Schweiz eigene Projekte um. In Jordanien wurden zum Beispiel in der Nähe eines Flüchtlingslagers im Norden des Landes Schulgebäude saniert. Das Projekt wurde gemeinsam mit dem jordanischen Bildungsministerium durchgeführt und von Liechtenstein mitfinanziert.

Seit Ausbruch der Krise hat die Schweiz insgesamt 25 Schulgebäude renoviert, so dass rund 18 000 syrische und jordanische Schülerinnen und Schüler wieder in einem normalen Unterrichtsumfeld lernen können. Um die vertriebenen Menschen im kurdischen Norden des Irak im Hinblick auf den Winter 2014/2015 zu unterstützen, lieferte die Humanitäre Hilfe wintertaugliche Zelte, Heizöfen, Decken, Schlafmatten und Kochsets für 1300 Familien beziehungsweise rund 8000 Personen.

Humanitäre Hilfe im Zusammenhang
mit der Ebola-Epidemie: Die Schweiz stand 2014 gemeinsam mit der internationalen Gemeinschaft vor der Herausforderung, dass neben den vier zentralen Kriegsgebieten weitere Krisen ­ wie beispielsweise in Gaza oder der Ukraine ­ ein humanitäres Engagement verlangten. Auch die EbolaEpidemie in Westafrika brachte das humanitäre System an seine Grenzen. Die Krise mutierte innerhalb von Monaten von einem lokalen Ereignis zu einer Seuche, welche die betroffenen Länder an den Rand des Abgrunds brachte und eine Intervention des UNO-Sicherheitsrates erforderte. Die Schweiz stellte im Berichtsjahr 29 Millionen Franken bereit, um den Menschen in den von der Epidemie betroffenen Staaten die notwendige Hilfe zukommen zu lassen. Damit wurden unter anderem Geldbeiträge an Ärzte ohne Grenzen Schweiz, den humanitären Flugdienst der UNO (UNHAS), das Welternährungsprogramm WFP oder das Schweizerische sowie das Internationale Rote Kreuz gesprochen. Auf Ersuchen der liberianischen Regierung lieferte die HH zudem 30 Tonnen Schutz- und Hilfsmaterial.

Schutz der Zivilbevölkerung in bewaffneten Konflikten: Basierend auf dem humanitären Völkerrecht ist der Schutz der Würde und Rechte der Zivilbevölkerung zentral in allen Aktionen der Humanitären Hilfe. Das Engagement ist Teil der neuen schweizerischen Strategie zum Schutz der Zivilbevölkerung in bewaffneten Konflik1115

ten (vgl. Ziff. 3.3.4). Ein Augenmerk liegt auf dem Schutz besonders verletzlicher Bevölkerungsgruppen, wie Flüchtlingen und Vertriebenen, insbesondere Frauen und Kindern. Im Südsudan beispielsweise unterstützte die Schweiz mehrere Programme des UNHCR, welche einen Schwerpunkt auf die Sicherheit von Frauen und Kindern in den Flüchtlingslagern und den ungehinderten Zugang zur Hilfe setzten.

Gemeinsam mit ihren Partnern plädiert die Schweiz für die Respektierung des humanitären Völkerrechts, wirkt an der Gestaltung des internationalen humanitären Systems mit und setzt sich dafür ein, dass der Raum für humanitäre Arbeit gewährt bleibt. Die Schweiz hat das 150. Jubiläum der ersten Genfer Konvention zum Anlass genommen, die Öffentlichkeit über die Herausforderungen im Bereich des humanitären Völkerrechts und des Schutzes der Zivilbevölkerung zu sensibilisieren (vgl.

Ziff. 3.3.6).

Verminderung von Katastrophenrisiken: Neben der Nothilfe und dem Engagement zum Schutz der Zivilbevölkerung setzt die Humanitäre Hilfe einen Schwerpunkt im Bereich der Verminderung von Katastrophenrisiken. Im Fokus stehen dabei Dürren, Tsunamis, Erdbeben oder Hochwasser. So schickte die Schweiz nach den verheerenden Überschwemmungen in Bosnien und Herzegowina und Serbien vom Mai 2014 Sofort-Einsatz-Teams zur Unterstützung der Betroffenen und begann, ihre laufenden Projekte vor Ort auf die Verminderung von Katastrophenrisiken auszurichten (vgl. Ziff. 3.2.2). Dabei wendet die Schweiz die Grundsätze des integralen Risikomanagements an: Mit Vorsorgemassnahmen sollen bestehende Risiken vermindert und die Entstehung neuer Risiken vermieden werden. Gleichzeitig soll ein angepasster Wiederaufbau nach einem Ereignis zukünftige Schäden minimieren.

Ein Beispiel für einen solchen Wiederaufbau ist Haiti, wo die Humanitäre Hilfe seit 2005 tätig ist. Die umfassenden Wiederaufbaumassnahmen nach dem Erdbeben im Januar 2010 beinhalten nebst dem Errichten von erdbebensicheren Schulen die Sensibilisierung und Ausbildung für erdbeben- und wirbelsturmsicheres Bauen von privaten Häusern. Mit von Expertinnen und Experten des SKH eigens entwickelten didaktischen Unterlagen und Ausbildungsmodulen konnten die praktischen Kompetenzen von Maurern wesentlich verbessert werden. Bis heute haben rund 500 Maurer eine Weiterbildung erfolgreich absolviert. Dieses
Erwachsenenbildungsprogramm soll eine Grundlage für die Einführung einer umfassenden Maurerausbildung bilden, die in dieser Art in Haiti bis anhin nicht existierte.

Die Schweiz setzte sich auch auf politischer Ebene für eine Verminderung der Katastrophenrisiken ein. Sie war im Juli und im November 2014 Gastgeberin für die Vorbereitungstreffen der globalen Konferenz vom März 2015, welche den HyogoAktionsplan ­ den globalen Referenzrahmen im Bereich des Katastrophenrisikomanagements ­ neu aushandeln wird. Im Rahmen ihres OSZE-Vorsitzes setzte sich die Schweiz mit Erfolg für einen vorwärtsblickenden Umgang mit Katastrophenrisiken ein, der die Begleitung des politischen Prozesses (Ministerratsbeschluss), die Mitgestaltung von themenrelevanten Anlässen und die Finanzierung von Projekten im OSZE-Raum umfasste (vgl. Ziff. 2). Zudem investierte sie in Ausbildung und Wissenstransfer. Dank der Schulung durch Schweizer Expertinnen und Experten konnte im Oktober 2014 die marokkanische Katastrophenrettung UNO-klassifiziert werden.

Zeitgleich wurde die Schweizer Rettungskette erfolgreich gemäss internationalen Standards reklassifiziert.

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Bilaterale Entwicklungszusammenarbeit Auf der Grundlage der Botschaft über die internationale Zusammenarbeit 2013­ 2016 trug die Verwirklichung der die strategische Ausrichtung und die Steuerung der bilateralen Entwicklungszusammenarbeit betreffenden Ziele zu einer stärkeren Kohärenz der Entwicklungspolitik im Rahmen der Schweizer Aussenpolitik und somit zu ihrer höheren Wirksamkeit bei. Die Aktivitäten konzentrieren sich auf acht relativ stabile Schwerpunktländer und -regionen sowie auf zwölf eher fragile Länder Afrikas, Asiens und Lateinamerikas. Dafür werden im Durchschnitt mindestens 20 Millionen Franken jährlich je Land oder Region bereitgestellt. Die Höhe der eingesetzten Mittel richtet sich nach verschiedenen Kriterien wie den politischinstitutionellen Bedingungen, sicherheitsrelevanten Aspekten, der Möglichkeit einer direkten Zusammenarbeit mit der jeweiligen Regierung (Reformbereitschaft) sowie der Verfügbarkeit und den Durchführungskapazitäten effizienter Partnerorganisationen.

Engagement in fragilen Kontexten: Eine der Prioritäten besteht in der Verstärkung des Engagements in den Ländern und Regionen mit fragiler Staatlichkeit. 2014 übernahm die Schweiz den Ko-Vorsitz im Ausschuss für Entwicklungshilfe, einer Untergruppe der OECD, im Hinblick auf die Massnahmen in fragilen Kontexten.

Mit ihrem Engagement verfolgt die Schweiz das Ziel, die Lebensbedingungen der Bevölkerung zu verbessern, die tieferen Ursachen der Konflikte zu ermitteln und zu bekämpfen und die Widerstandsfähigkeit der ausgewählten Länder gegenüber Krisen zu stärken. Voraussetzung dafür ist die Achtung der Menschenrechte. Erwartungsgemäss ist dieses Engagement mit zahlreichen Unwägbarkeiten verbunden.

Trotz der äusserst konfliktreichen Lage in Somalia und der Terroranschläge in den Nachbarländern bemüht sich die Schweiz, mit den Projekten am Horn von Afrika die Zivilbevölkerung zu erreichen, und engagiert sich weiterhin im Rahmen von Programmen. Ob die Schweiz ihr Engagement in Pakistan und der sehr instabilen Region Hindukusch weiterführt, soll auf der Grundlage einer für Anfang 2015 geplanten externen Evaluation entschieden werden.

Verstärkung des Engagements zur Bewältigung globaler Risiken: Die globalen Risiken Klimawandel, Wassermangel, Ernährungssicherheit, Migration und Gesundheit beeinträchtigen die Entwicklung
der armen Länder. Aus diesem Grund wenden die von der bilateralen Entwicklungszusammenarbeit erfassten Länder und Sektoren mehr als 40 % ihres Budgets für die in der Botschaft 2013­2016 festgelegten globalen Themen auf. Während der Schwerpunkt in Afrika und Asien vor allem auf der Ernährungssicherheit und Gesundheit liegt, spielt in Lateinamerika die Minderung der vom Klimawandel ausgehenden Risiken eine wesentliche Rolle. In diesem Zusammenhang wird als erstes die Verbesserung der Wasserbewirtschaftung angestrebt. Im Bereich Gesundheit fällt ein erheblicher Anteil der Aktivitäten unter die bilaterale Entwicklungszusammenarbeit. Die Zusammenarbeit mit den Globalprogrammen wird intensiviert, und die verschiedenen Ansätze, die sich die Schweizer Entwicklungszusammenarbeit mit der Botschaft 2013­2016 zu eigen gemacht hat, sollen noch stärker zum Zuge kommen.

Zusammenarbeit mit dem Privatsektor: Für diese Zusammenarbeit gibt es immer mehr Beispiele, die bereits Früchte tragen. Interessante Projekte in Bezug auf Wertschöpfungsketten werden in Zentralamerika (Kakao) und Haiti (Parfüms) durchgeführt. Eine umfassende Zusammenarbeit besteht im Bereich Finanzdienstleistungen (Risikoversicherung für arme Bevölkerungsgruppen, Finanzierung von Mikrofinanzinstitutionen). Gemeinsam mit dem SECO und der AMS wird derzeit an einem 1117

Konzept für Nachhaltigkeitsstandards im Rohstoffsektor gearbeitet, welche jedoch für die privaten Unternehmen auf Freiwilligkeit beruhen.

Westafrika: Die für 2014 erhoffte Stabilisierung der Sahelzone ist bislang ausgeblieben. Die internationale Gemeinschaft, deren Sicherheitspolitik unter der Federführung Frankreichs steht, hat jedoch klar zum Ausdruck gebracht, dass sie nicht gewillt ist, die riesigen Wüstengebiete den Terrorgruppen zu überlassen, sondern sich für die Stärkung der Staaten einsetzen wird. Die Schweiz ist seit langem in der Region präsent und stützt sich auf die Arbeitshypothese, wonach es für die Zukunft der Region erforderlich ist, zusätzlich zu den in jedem Land unternommenen Anstrengungen auch die Zusammenarbeit auf regionaler Ebene zu verbessern.

Ferner müssen die Programme im Einklang mit den Grundsätzen der Konfliktbewältigung stehen. Die Zusammenarbeit mit der Afrikanischen Entwicklungsbank spielt nach wie vor eine wichtige Rolle. Zudem hat das Thema Bildung in Afrika einen besonderen Stellenwert, wobei das Schwergewicht auf dem Zugang zur Bildung für marginalisierte Bevölkerungsgruppen sowie auf der Qualität der Ausbildung liegt.

Östliches und südliches Afrika: In den drei Schwerpunktländern (Mosambik, Tansania und Tschad) und den drei Schwerpunktregionen (südliches Afrika, Grosse Seen und Horn von Afrika) findet die regionale Zusammenarbeit in sehr unterschiedlichen Kontexten statt. Die Programme sind hier auf drei vorrangige Bereiche konzentriert: Gesundheit, ländliche Entwicklung und Gouvernanz. In den durch eine hohe politische und institutionelle Instabilität geprägten Regionen wie den Grossen Seen und dem Horn von Afrika liegt der Schwerpunkt auf der Umsetzung integrierter Strategien unter Einbezug der HH und der AMS. Dank der Koordination der verschiedenen aussenpolitischen Instrumente (Entwicklungshilfe, humanitäre Hilfe, Friedenspolitik und Diplomatie) kann der Komplexität der politischen, sicherheitsrelevanten, humanitären und entwicklungsbezogenen Herausforderungen in diesen Regionen wirksamer Rechnung getragen werden.

Südasien: In dieser Region, die eine Schlüsselrolle für die nachhaltige Entwicklung weltweit spielt, lebt die Mehrzahl der Armen der Erde, zum grossen Teil in Ländern mit mittlerem Einkommen, wodurch starke Spannungen entstehen können. Afghanistan
und Pakistan sind sicherheitspolitisch sensible Länder mit hoher Relevanz für die weltpolitische Lage. Nepal befindet sich inmitten des Spannungsgebiets zwischen Indien und China und muss für den Erhalt seiner politischen und gesellschaftlichen Stabilität kämpfen. Der politische Prozess zur Einführung föderalistischer Strukturen schreitet nur langsam voran, was die Schaffung eines wirtschaftlich stabilen Umfelds verhindert. Als kleine Akteurin im Gesamtprozess kann die Schweiz lediglich durch den geschickten Einsatz ihrer Instrumente Einfluss nehmen.

Es gilt, die von der Schweiz mittels gezielter Projekte im Bereich Arbeit und Einkommensförderung und im Politikdialog unternommenen Anstrengungen weiter zu verfolgen und einen Dialog mit den Schweizer Unternehmen zugunsten dieser Anstrengungen zu führen. Um sicherzustellen, dass die Entwicklung reibungslos verläuft und die in Afghanistan und teilweise in Pakistan getätigten Investitionen nicht zu einer Verschärfung bestehender Konflikte beitragen, bedarf es der gesellschaftlichen und politischen Integration.

Ostasien: Die Ausgangslage für die regionale Zusammenarbeit in Ostasien ist komplex, da sich die Länder der Region hinsichtlich ihrer sozialen, ökologischen und wirtschaftlichen Entwicklung stark unterscheiden. Der ungleiche Entwicklungsstand birgt Gefahren in Bezug auf soziale Spannungen und die Stabilität in der Region.

Die Schweiz engagiert sich vor allem in den am wenigsten entwickelten Ländern ­ 1118

Laos, Kambodscha, Myanmar, Vietnam und Bhutan ­ mit Beiträgen an den Abbau von Ungleichheiten und die Reduktion der ökonomischen und sozialen Verletzlichkeit der Menschen. Das Hauptgewicht liegt auf transparentem Management in Landfragen, Rechenschaft der Regierungen gegenüber ihren Bürgerinnen und Bürgern, Ernährungssicherheit, Stärkung der Zivilgesellschaft und der Institutionen, Berufsbildung sowie Zugang zu Gesundheitsdienstleistungen. Wichtige Partner dafür sind unter anderem die ASEAN, die Mekong-Fluss-Kommission und ein Agrarforschungsinstitut in Thailand. Die Mongolei wird auf explizite Anfrage der Regierung hin in Dezentralisierungs- und Demokratisierungsfragen unterstützt. Mit China führte die Schweiz einen entwicklungspolitischen Dialog namentlich in Bezug auf Armutsbekämpfung, sozial ausgewogene Entwicklung und über methodologische Ansätze in der Entwicklungszusammenarbeit.

Lateinamerika und Karibik: Die regionale Zusammenarbeit wird ihre Tätigkeit in Bolivien, Zentralamerika (Nicaragua, Honduras), Haiti und Kuba fortführen. Nachdem sich die Erkenntnis durchgesetzt hat, dass ein nachhaltiges Wachstum nur möglich ist, wenn sich breite Schichten der Bevölkerung daran beteiligen, erleben viele Länder dieser Weltgegend nun ein wirtschaftliches Wachstum, das mit vermehrten politischen Massnahmen zur Förderung der sozialen Gerechtigkeit einhergeht. Trotz erheblicher Unterschiede zwischen den Ländern ist davon auszugehen, dass diese positive Entwicklung anhält. Das Engagement in den Bereichen Beschäftigung und Einkommen sowie Berufsbildung hat dabei grosse Auswirkungen auf die Minderung der Armut und der Ungleichheit. Die konsequente Arbeit der Schweiz bei der Förderung der Gleichstellung von Frau und Mann in der Region soll in den nächsten Jahren Früchte tragen. Ein Beispiel ist die Anpassung an den Klimawandel, bei der Frauen dank konsequentem Politikdialog und mittels konkreter Aktionen eine rechtlich abgestützte Vertretung in lokalen Wasserbehörden haben und ihre Funktion dank Ausbildung effizient wahrnehmen.

Naher Osten und Nordafrika: Im Einklang mit der Botschaft werden 5 % der Mittel in Form von bilateralen Krediten für die Entwicklungszusammenarbeit zugunsten der Bevölkerung des Besetzten Palästinensischen Gebiets und der seit 2011 bestehenden Begleitung des Transformationsprozesses
in Nordafrika eingesetzt und von der Abteilung Europa und Mittelmeerraum verwaltet. Die Region ist derzeit eines der Hauptkonfliktgebiete der Welt, was Auswirkungen auf regionaler und internationaler Ebene hat. Angesichts der wiederkehrenden Krisen im Besetzten Palästinensischen Gebiet und der ungelösten Flüchtlingsprobleme sind immer mehr humanitäre Massnahmen erforderlich. Die internationale Entwicklungszusammenarbeit ist möglich und erbringt positive Ergebnisse. Sie findet allerdings unter schwierigen Bedingungen statt und unterliegt der ständigen Gefahr, dass die Aufbauarbeit von Konflikten unterbrochen oder zunichte gemacht wird. Das eher optimistische Szenario in Tunesien und Marokko steht im Gegensatz zur Lage in Ägypten und vor allem in Libyen und muss aus einer Perspektive des langfristigen, von Höhen und Tiefen geprägten Übergangs angegangen werden. Das Engagement der Schweiz gestaltet sich kontextabhängig und dient der langfristigen Unterstützung positiver Entwicklungen.

Globalprogramme und strategische Partnerschaften Wasser: Die Verhandlungen über die künftigen Ziele der Nachhaltigen Entwicklung (Post-2015-Agenda) sind in die Schlussphase eingetreten. Die Schweiz verstärkte erfolgreich ihr Engagement für ein wasserbezogenes Ziel, das immer mehr Zustim1119

mung findet. In der Frage des sogenannten Wasserfussabdrucks («water footprint») führte die Schweiz ihre Partnerschaften mit der Wirtschaft in Kolumbien, Peru, Chile und Vietnam fort, woraus grossflächig anwendbare Lösungsansätze wie die Senkung des Wasserverbrauchs hervorgingen. Im Juli 2014 wurde mit der Annahme der ISO-Norm, die die Bewertung des Wasserfussabdrucks eines Produkts oder einer Dienstleistung vom Abbau der dafür erforderlichen Rohstoffe bis zur Entsorgung auf internationaler Ebene regelt, ein entscheidender Fortschritt erzielt.

Klimawandel: Die Schweiz engagiert sich aktiv für die Eindämmung des Klimawandels sowie in der Anpassung an die Folgen der Klimaerwärmung. Zu diesem Zweck setzt sich die Schweiz für ein starkes und faires globales UNO-Klimaabkommen für die Zeit nach 2020 ein (vgl. Ziff. 3.4.3). Dank der 6. Wiederauffüllung der Globalen Umweltfazilität (GEF) stehen unter Einbezug von Beiträgen der Schweiz für die nächsten vier Jahre neu rund eine Milliarde US-Dollar für Umweltprojekte zur Verfügung, namentlich für Klimaprogramme zur Emissionsminderung und zur Anpassung an den Klimawandel in Entwicklungsländern. Der neue Grüne Klimafonds (GCF) konnte erfolgreich strukturiert werden und wird ab 2015 operationell. Die Schweiz hat im Exekutivrat aktiv mitgearbeitet. Das Schweizer Globalprogramm Klimawandel finanziert einen ersten Beitrag der Schweiz an die vom Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) und den USA ins Leben gerufene Länderkoalition Climate and Clean Air Coalition und engagiert sich dort spezifisch für die Reduktion der Emissionen aus ineffizienter Herstellung von Ziegel- und Backsteinen in Entwicklungsländern. Der 2014 eingereichte nationale Klimabericht der Schweiz an die UNO enthält Details über die finanzielle Unterstützung der Schweiz für Klimamassnahmen in Entwicklungsländern und über die wichtigsten Resultate.

Ernährungssicherheit: Die Schweiz hat in der Referenzgruppe zur Überprüfung der Reformfortschritte der internationalen landwirtschaftlichen Forschungspartnerschaft (CGIAR) mitgearbeitet. Sie beteiligt sich an der Umsetzung der daraus entstandenen Empfehlungen, um die Partnerschaft zu stärken und die Herausforderungen in der globalen Nahrungsmittelsicherheit in den nächsten 30 Jahren wirkungsvoll anzugehen. Die Schweiz hat sich für den erfolgreichen
Abschluss der Verhandlungen der Prinzipien für verantwortungsvolle Investitionen in der Landwirtschaft unter der Verhandlungsleitung der Schweizer Mission in Rom eingesetzt und dabei ein hohes aussenpolitisches Ansehen erlangt. Bei der Thematik der Landgouvernanz ­ die Schweiz ist insbesondere in der jährlich stattfindenden Grosskonferenz der Weltbank als wichtiger Akteur und Partner anerkannt ­ hat sich die Schweiz auch bei den Bemühungen um eine Reduktion von Nachernteverlusten in Afrika, der Förderung von ökologischer Landwirtschaft sowie beim wirkungsvollen Einbezug von Bauernorganisationen in politische Prozesse und in multilaterale Organisationen einen Namen gemacht.

Gesundheit: Im Rahmen ihrer bilateralen und multilateralen Aktivitäten investiert die Schweiz jährlich mehr als 150 Millionen Franken in die Gesundheit, einen Schwerpunktbereich ihrer Tätigkeit in mehreren Ländern Afrikas, Myanmar und der Mehrzahl der Länder Osteuropas. Darüber hinaus befasst sie sich mit der globalen Dimension von Gesundheit aufgrund folgender Prioritäten: (1) Zugang zu Medikamenten bei der Bekämpfung von vernachlässigten Tropenkrankheiten und Malaria, (2) dauerhafte Finanzierung der Gesundheitssysteme (zum Beispiel über Krankenkassen), (3) sexuelle und reproduktive Gesundheit von Jugendlichen und (4) Stär-

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kung der globalen Gouvernanzstrukturen im Gesundheitsbereich (beispielsweise WHO).

Durch innovative Partnerschaften mit dem Privatsektor sollen kostengünstige Verfahren für die Diagnose vernachlässigter Tropenkrankheiten erarbeitet werden.

Ähnlich ist das Vorgehen bei der Entwicklung neuer Substanzen zur Bekämpfung der Anopheles-Mücke als Malariaüberträger. Dies macht deutlich, dass die Schweiz die Notwendigkeit erkannt hat, neben normativen Aktivitäten mit den multilateralen Partnern und den Gesundheitssystemen in den Entwicklungsländern auch technologische Innovationen anzustossen, die eine kostengünstigere Bekämpfung von Krankheiten ermöglichen. Dafür ist die Partnerschaft mit dem Privatsektor unerlässlich.

Migration und Entwicklung: Die Verankerung der Migration im Schlussdokument der offenen Arbeitsgruppe für Ziele für eine Nachhaltige Entwicklung der UNO ist Zeugnis des Einsatzes der Schweiz in diesem Bereich. Die Vorreiterrolle der Schweiz legimitiert sich durch das politische Engagement auf globaler Ebene sowie das Einbringen von praktischer Erfahrung in den Politikdialog.

Im Nachgang zum Taifun Haiyan wurden die Ressourcen der Diaspora gezielt mobilisiert, um die lokalen Behörden und die Bevölkerung auf den Philippinen zu unterstützen. Mit Staaten der Golfregion und in Zusammenarbeit mit der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) konnten vielversprechende Partnerschaften im Bereich Arbeitsmigration lanciert werden. In Sri Lanka erhielten Migrantinnen und Migranten umfassende Unterstützung, um die Migration möglichst sicher zu gestalten. Diese Hilfe beinhaltete Vorinformationen zu den Gefahren der Migration, zu den Rechten und Pflichten der Migrantinnen und Migranten in den jeweiligen Destinationsländern sowie zur Verwaltung der Gehälter und der sicheren Überweisung der Gelder in die Ursprungsländer. Zudem wurden die Migrantinnen und Migranten juristisch und psychosozial unterstützt. Durch die Lancierung neuer Projekte wurden auch die Migrationspartnerschaften, zum Beispiel mit Tunesien, Nigeria sowie Bosnien und Herzegowina, ausgebaut.

Forschung zu globalen Herausforderungen: Für die Verminderung von Armut und globalen Risiken spielen Forschung und technologische Innovationen eine zentrale Rolle. Im Schweizer Programm für Forschung zu globalen Entwicklungsthemen (www.r4d.ch),
ein gemeinsames Programm der DEZA und des Schweizerischen Nationalfonds, werden bis 2022 rund 100 Millionen Franken für Partnerschaften zwischen Forschungsinstitutionen der Schweiz, Afrikas, Asiens und Lateinamerikas investiert. 2014 war der Startschuss für die ersten sechs ausgewählten Forschungsprojekte in den Themenbereichen soziale Konflikte und Beschäftigung. Das Thema öffentliche Gesundheit wurde ausgeschrieben, und in den Schwerpunkten Ernährungssicherheit und Ökosysteme wurden die Förderentscheide gefällt.

Zusammenarbeit mit multilateralen Organisationen Nach fruchtbaren Verhandlungen über den strategischen Kurs für mehrere prioritäre multilaterale Partner im Zeitraum 2014­2017 beschloss der Bundesrat im ersten Halbjahr 2014, der Weltbank, der Afrikanischen Entwicklungsbank, dem Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (UNICEF) und dem Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen (UNFPA) zusätzliche Mittel in Höhe von insgesamt 1,43 Milliarden Franken für die Umsetzung dieses Kurses bereitzustellen. Damit trägt sie dem Engagement dieser Partner für die ärmsten Länder, den von ihnen erbrachten positiven 1121

Ergebnissen und ihrer strategischen Ausrichtung an den entwicklungspolitischen Zielsetzungen der Schweiz entsprechend der Botschaft 2013­2016 Rechnung.

Zur Stärkung der Partnerschaft mit mehreren prioritären Organisationen ­ unter anderem dem UNO-Entwicklungsprogramm (UNDP), der UNO-Einheit für Gleichstellung und Ermächtigung der Frauen (UN Women) und der Weltbank ­ und zur Stärkung der Einflussnahme auf diese Organisationen wurden ferner gezielte Massnahmen lanciert und spezifische Beiträge geleistet, um die Präsenz und das Engagement dieser Partner in fragilen Staaten zu erhöhen, die Schaffung von Arbeitsplätzen und die Steigerung der Einkommen von Frauen zu fördern und das Risikomanagement und die Prävention im Zusammenhang mit Naturkatastrophen zu verbessern.

Die Gestaltungsfähigkeit der Schweiz in Bezug auf die multilateralen Organisationen war auch 2014 beachtlich. Als aktives Mitglied unterstützte die Schweiz die für sie prioritären UNO-Organisationen bei der Fokussierung ihres Portfolios, der Umsetzung von Reformen zur Harmonisierung der Prozesse sowie zur besseren Koordination und Nutzung von Synergien zwischen den Organisationen. Die privilegierte Stellung, welche sich die Schweiz durch die Fazilitation der Politiküberprüfung der operativ tätigen UNO-Organisationen durch die Generalversammlung (Quadrennial Comprehensive Policy Review) erarbeitet hat, sowie die substanziellen Finanzbeiträge, welche sie an diese Organisationen leistet, sind wesentliche Elemente dieses politischen Kapitals.

Der grösste Teil der operationellen Aktivitäten der UNO wird von Organisationen umgesetzt, welche dem Wirtschafts- und Sozialrat der UNO (ECOSOC) Bericht erstatten, weshalb die Diskussionen in diesen Gremien direkte Implikationen für das UNO-Entwicklungssystem haben. Bei der Umsetzung der Post-2015-Agenda hat sich die Schweiz erfolgreich für eine zentrale Rolle der UNO, insbesondere des Hochrangigen Forums für eine Nachhaltige Entwicklung, für die Ausgestaltung eines wirksamen Mechanismus zur Überprüfung, Rechenschaftsablegung und Berichterstattung über die Umsetzung der Ziele für Nachhaltige Entwicklung durch Staaten sowie des UNO-Systems, eingesetzt (vgl. Ziff. 3.4.3).

Für die Schweiz ist die regelmässige Beurteilung der Leistung und Wirksamkeit der von ihr mitfinanzierten multilateralen Organisationen
von zentraler Bedeutung. Das Netzwerk, welches die Leistung der multilateralen Organisationen einschätzt (Multilateral Organisation Performance Assessment Network, MOPAN) und dem die Schweiz mit 17 anderen Gebern angehört, kommt diesbezüglich eine zentrale strategische Bedeutung zu. Die Schweiz hat sich daher stark an dessen Erneuerungsprozess beteiligt und den Vorsitz der Strategischen Arbeitsgruppe übernommen. Dank dieses Engagements werden ab 2015 sämtliche für die Schweiz prioritären multilateralen Organisationen in einem Vierjahresrhythmus evaluiert.

In der Zusammenarbeit mit den regionalen Entwicklungsbanken leistete die Schweiz einen Beitrag zu deren finanziellen Stabilität, zur Schärfung der Resultatorientierung und zur Verstärkung der Wirkung. Durch gemeinsame Projekte mit der Interamerikanischen Entwicklungsbank und der Afrikanischen Entwicklungsbank im Bereich Wasser und Hygiene konnte der Zugang von benachteiligten Bevölkerungsschichten zu wichtigen Dienstleistungen beträchtlich verbessert werden.

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Ostzusammenarbeit In der Botschaftsperiode 2013­2016 unterstützt die Schweiz im Westbalkan und in acht Ländern der ehemaligen Sowjetunion die Transition zu demokratischen und marktwirtschaftlichen Systemen. Der von der DEZA und dem SECO gemeinsam umgesetzte Rahmenkredit 2013­2016 beläuft sich auf 1,125 Milliarden Franken.

2014 haben die DEZA und das SECO zusammen 239 Millionen Franken für Projekte und Programme ausgegeben.

Nach dem Jahrhunderthochwasser in Bosnien und Herzegowina und in Serbien im Mai 2014 unterstützt die Schweiz nun im Rahmen ihrer laufenden Programme die Partnerregierungen bei der Einführung von Massnahmen zur Reduktion von Katastrophenrisiken. Nach der russischen Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim wurden die dort laufenden Projektaktivitäten eingestellt und durch ähnliche Aktivitäten auf dem ukrainischen Festland ersetzt. Als Folge des Konfliktes in der Ostukraine wird das Schweizer Landesprogramm verstärkt und umgestaltet, damit auch der Friedens- und Versöhnungsprozess unterstützt werden kann. Es zieht bewusst alle Bevölkerungs- und Landesteile mit ein.

Nach wie vor weisen viele Transitionsländer gewisse demokratische Defizite auf und verzeichnen nur ein geringes Wirtschaftswachstum. Substanzielle Resultate des Schweizer Engagements wurden insbesondere auf der lokalen Ebene in Zusammenarbeit mit lokalen Akteuren, unter anderem mit Gemeinden und lokalen öffentlichen Versorgungsunternehmen, erreicht. Im Westbalkan führte die Schweizer Unterstützung von Gemeinden zu verbesserten Dienstleistungen und wirkungsvollerer Arbeitsteilung zwischen den Zentral- und Gemeinderegierungen. In einigen Ländern der ehemaligen Sowjetunion wurden die Kapazitäten von lokalen Behörden in der Entwicklungsplanung gestärkt und in Tadschikistan eine öffentliche Buchhaltung nach internationalen Standards eingeführt. Reformfortschritte im Wassermanagement und im Energiesektor führten seit 2012 in Zentralasien, im Westbalkan, in der Ukraine und in der Republik Moldau zur Verbesserung der Wasserversorgung und Abwassersysteme für mindestens 200 000 Menschen sowie der Energieversorgung für über 300 000 Menschen. Mit Projekten zur Förderung des Privatsektors wurden in ländlichen Gegenden im Westbalkan und im Südkaukasus über 1500 Arbeitsplätze geschaffen und für mindestens 22 000 Bäuerinnen und Bauern
höhere Einkommen generiert.

Erweiterungsbeitrag: Mit dem Erweiterungsbeitrag trägt die Schweiz seit 2007 zum Abbau sozialer und wirtschaftlicher Ungleichheiten in der erweiterten EU bei.

Gleichzeitig verstärkt die Schweiz damit die Grundlage für solide bilaterale Beziehungen zu den neuen EU-Mitgliedstaaten. Die seit 2012 vereinbarten 210 Projekte für die Beitrittsländer von 2004 (EU-10) mit einem Verpflichtungsvolumen von einer Milliarde Franken haben bereits konkrete Ergebnisse erzielt. Zum Beispiel wurden mit der Vergabe von Stipendien die individuellen Kompetenzen von über 500 jungen Forscherinnen und Forschern aus den neuen EU-Mitgliedstaaten gestärkt und der akademische Austausch mit der Schweiz gefördert. Im Rahmen des Projekts Strassensicherheit tragen verkehrsberuhigende Massnahmen und Schulungen von Polizeikadern und Verkehrsplanerinnen und -planern in Polen zu einer erhöhten Verkehrssicherheit bei.

Im Fall von Rumänien und Bulgarien wurden bis Ende 2014 die vom Parlament zur Verfügung gestellten 257 Millionen Franken verpflichtet. Die Finanzierung aller verpflichteten Projekte (EU-12) führte 2014 auf Schweizer Seite zu Ausgaben in 1123

Höhe von 272 Millionen Franken. Das Parlament hat in der Wintersession den Rahmenkredit für einen Erweiterungsbeitrag von 45 Millionen Franken zugunsten von Kroatien genehmigt. Er soll bis Ende Mai 2017 für Projekte in Kroatien verpflichtet werden.

Politikkohärenz für Entwicklung Der OECD-Entwicklungsausschuss beurteilte im Rahmen der Peer Review 2013/14 auch die schweizerische Entwicklungszusammenarbeit (Switzerland ­ DAC Peer Review of Development Co-operation 2013). In seinem Abschlussbericht beurteilte der OECD-Entwicklungsausschuss die Entwicklungszusammenarbeit der Schweiz grundsätzlich als sehr positiv und gut ausgerichtet. Das Gremium empfahl der Schweiz, für den Bereich Politikkohärenz für Entwicklung ein systematisches Monitoring und entsprechende Analysen durchzuführen; als Gefäss hierfür nannte der Bericht insbesondere eine regelmässige Berichterstattung zuhanden des Parlaments im Rahmen des Aussenpolitischen Berichts. Die DEZA und das SECO hielten in ihrer Stellungnahme vom 7. April 2014 fest, dass bei der Stärkung der Politikkohärenz Fortschritte erzielt worden seien, dass aber weitere Schritte notwendig sind.

Dazu gehört unter anderem, dass im Aussenpolitischen Bericht zu dieser Thematik Bericht erstattet wird.

Weitere Massnahmen zur Umsetzung der Empfehlung umfassen eine aktive Beteiligung an der internationalen Debatte ­ namentlich in der OECD und im Prozess zur Erarbeitung von neuen Zielen der Nachhaltigen Entwicklung (Post-2015-Agenda) ­, die Erarbeitung methodischer Grundlagen sowie Vertiefungsstudien. Besonderes Augenmerk wird dabei dem Einbezug der Entwicklungsländer in Analyse und Debatte gewidmet. Entsprechende Projekte wurden von den zuständigen Fachämtern 2014 an die Hand genommen beziehungsweise realisiert, wie zum Beispiel eine von der DEZA finanzierte Studie zu unkoordinierten Politiken und ihren Folgen im Bereich Ernährungssicherheit in Burkina Faso, die im Rahmen eines OECD-Programms durchgeführt wird.

Ein zentraler Stellenwert bei der Sicherung grösstmöglicher Politikkohärenz kommt der Vorbereitung von Bundesratsentscheiden im Rahmen von Ämterkonsultationen und Mitberichtsverfahren oder interdepartementaler thematischer Plattformen zu.

Dies wurde auch gegenüber der OECD so erklärt. In diesen Prozessen sind Fachstellen aller Departemente bemüht, Synergien zwischen
verschiedenen Politiken aus den Bereichen Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt zu fördern, bei allfälligen Zielwidersprüchen Lösungsvorschläge zu entwickeln und allfällige negative Nebeneffekte einzelner sektorpolitischer Entscheide anzugehen.

Reformen des EDA mit Bezug auf die DEZA Die Reformen des EDA seit 2008 umfassten im Wesentlichen die Reorganisation der DEZA (2008­2012), die Etablierung der Direktion für Ressourcen (DR) als Dienstleistungszentrum für das gesamte Departement und die Integration der Vertretungen im Ausland.

Die Umsetzung der Massnahmen, die in Absprache mit den verschiedenen Direktionen des EDA definiert wurden, ist noch nicht abgeschlossen. In Bezug auf die internationale Zusammenarbeit betrifft dies insbesondere Massnahmen im Bereich der integrierten Vertretungen, der Sicherheit, der Kommunikation, des Personals sowie der Harmonisierung der Buchhaltung und der Zusammenlegung der drei Buchungskreise im EDA. In allen Bereichen wurden 2014 wegweisende Umsetzungsfort1124

schritte erzielt, und in Bezug auf die Einführung eines einheitlichen Buchhaltungssystems sind 2015 wichtige Massnahmen geplant. Die Zusammenarbeit der verschiedenen betroffenen Stellen im Departement hat sich weiter gefestigt.

Im Personalbereich wurden seit 2012 administrative Prozeduren vereinfacht, Unterschiede zwischen den Personalkategorien mehrheitlich abgebaut und die Dienstleistungen gegenüber den Direktionen verbessert. Mit diesen Massnahmen soll unter anderem auch die Durchlässigkeit des Personals zwischen den verschiedenen Direktionen gefördert werden, um eine bessere Nutzung des Humankapitals für die Aussenpolitik der Schweiz sicherstellen zu können.

Bei den integrierten Vertretungen haben die involvierten Akteure ­ die DR, die DEZA und die Politische Direktion ­ im Detail Massnahmen definiert, Arbeitsgruppen etabliert und die Umsetzung der Integration der betroffenen Vertretungen in Angriff genommen. Insbesondere wurden die Führung und das Management im Fall der integrierten Vertretungen festgelegt, womit sichergestellt wird, dass Führungsfragen geklärt sind und Synergien zwischen den Tätigkeiten der verschiedenen Direktionen genutzt werden, aber auch die jeweiligen Direktionen ihre Mandate optimal erfüllen können. Dabei wurde darauf geachtet, dass keine Quersubventionierung der Kosten des Aussennetzes durch Mittel der internationalen Zusammenarbeit oder umgekehrt stattfindet.

3.3.4

Förderung des Friedens und der menschlichen Sicherheit

Im Zentrum der menschlichen Sicherheit steht der Schutz des Individuums und der Gemeinschaft. Gefördert wird dieser durch Aktivitäten in den Bereichen Frieden, Menschenrechte, Demokratie, humanitäre Politik und Migrationsaussenpolitik. Die Tätigkeiten der Schweiz im Bereich der menschlichen Sicherheit erfolgen über den Rahmenkredit vom 22 Dezember 20119 zur Weiterführung von Massnahmen zur Förderung des Friedens und der menschlichen Sicherheit 2012­2016.

Frieden und Sicherheit: Geografische Schwerpunkte Westbalkan: 2014 führte die Schweiz mehrere Dialogrunden zur Umsetzung des Normalisierungsabkommens zwischen Kosovo und Serbien durch und unterstützte die Vergangenheitsarbeit in der Region. Sie beteiligte sich in diesem Zusammenhang an Kriegsverbrecherprozessen und an Exhumierungen aus Massengräbern.

Zusätzlich wurden Schweizer Expertinnen und Experten an die EU-Mission EULEX, an das UNDP und an die OSZE im Kosovo und in Serbien entsandt.

Süd- und Südostasien: Mit Unterstützung der Schweiz verliefen die Wahlen für eine verfassunggebende Versammlung in Nepal Ende 2013 sowie die darauffolgende Regierungsbildung friedlich. In Sri Lanka setzte sich die Schweiz für die Einhaltung der Menschenrechte ein, insbesondere jene von Angehörigen verschwundener Personen und von Minderheiten. Schweizer Expertinnen und Experten für die Gestaltung von Waffenstillständen und Friedensprozessen trugen zu einer Annäherung der Positionen im Konflikt zwischen der Regierung und ethnischen Minderheiten in Myanmar bei. Erzielt wurden unter anderem eine Einigung in Bezug auf die Struktur 9

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der Verhandlungen für ein nationales Waffenstillstandsabkommen und inhaltliche Kompromisse. Damit wurde der Weg für weitere Verhandlungen geebnet.

Kaukasus: Im Südkaukasus intensivierte die Schweiz ihr Engagement im Bereich der Friedensförderung. Das 2013 lancierte regionale Schwerpunktprogramm konzentriert sich auf die Bearbeitung der drei ungelösten Sezessionskonflikte im Südkaukasus (Abchasien, Südossetien, Berg-Karabach) sowie auf die Förderung von Demokratie und Menschenrechten. Im Nordkaukasus unterstützt die Schweiz die Suche nach Personen, welche während dem Konflikt in den Neunzigerjahren verschwunden sind, und setzt sich für die Prävention von Entführungen ein.

Nordafrika und Naher Osten: Das Schweizer Engagement in Nordafrika konzentrierte sich 2014 auf Ägypten, Libyen, Tunesien und Marokko. Die Schweiz unterstützte konfliktsensitive Projekte zur Förderung des Dialogs, der Vergangenheitsarbeit und der Stärkung inklusiver Wahl- und Verfassungsprozesse, welche der zunehmenden Polarisierung in den nordafrikanischen Ländern entgegenwirken sollen. Des Weiteren unterstützte die Schweiz Projekte zum Schutz der Menschenrechte, insbesondere im Bereich der Bekämpfung von Folter. Die Schweiz förderte konfliktsensitive Projekte zur Stärkung inklusiver Wahl- und Verfassungsprozesse, zur Menschenrechts- und Vergangenheitsarbeit sowie zur Dialogförderung, welche der zunehmenden Polarisierung in den nordafrikanischen Ländern entgegenwirken sollen. In Syrien unterstützte die Schweiz lokale und internationale Hilfswerke, um die Selbsthilfekapazitäten der syrischen Zivilgesellschaft zu stärken, die Voraussetzungen für eine politische Lösung des Konflikts zu verbessern und die Straflosigkeit zu bekämpfen. In Israel und dem Besetzten Palästinensischen Gebiet setzt sich die Schweiz weiterhin für die Umsetzung der auf dem Verhandlungsweg herbeigeführten Zweistaatenlösung ein. Eine Grundvoraussetzung für die Realisierbarkeit der Zweistaatenlösung ist die palästinensische Wiedervereinigung, weshalb sich die Schweiz schwerpunktmässig in diesem Bereich engagiert. Daneben unterstützt sie weiterhin die Genfer Initiative sowie Projekte zur Förderung des Friedens, des humanitären Völkerrechts und der Menschenrechte in Israel und im Besetzten Palästinensischen Gebiet.

Horn von Afrika: Die Schweiz fördert die von
der Zwischenstaatlichen Behörde für Entwicklung (Intergovernmental Authority on Development, IGAD) geführten Friedensverhandlungen für den Südsudan durch einen finanziellen Beitrag und durch die Verstärkung der Kapazitäten der IGAD-Mitgliedstaaten im Bereich Mediation.

Sie ist zudem eine der treibenden Kräfte bei der Unterstützung des südsudanesischen Versöhnungsprozesses, der vor allem durch den Beitrag von Expertise gestärkt wird.

In Somalia verfolgt die Schweiz den durch die nationale Regierung geleiteten Staatsbildungsprozess. Insbesondere hilft sie den somalischen Behörden beim Staatsaufbau und bei der Umsetzung der in der Verfassung verankerten föderalistischen Konzepte. Die Schweiz unterstützt auch den Aufbau von Dialogplattformen zwischen einzelnen Regionen und zwischen Zentralstaat und Regionen.

Grosse Seen: In Burundi führte die Schweiz trotz einer politisch volatilen Situation ihr umfangreiches friedenspolitisches Engagement weiter. Ihre Aktivitäten haben zu einem konstruktiven Dialog zwischen Regierung und Opposition hinsichtlich der Wahlen 2015 beigetragen. Im Bereich der Menschenrechte unterstützte die Schweiz den Kampf gegen die Straflosigkeit und ermöglichte den von der Justiz verfolgten politischen Aktivisten den Zugang zu juristischer Unterstützung. In der Demokratischen Republik Kongo konnte sie ihr friedenspolitisches Engagement konsolidieren.

Durch ihren Einsatz für den Dialog zwischen Konfliktparteien und für die Men1126

schenrechte trägt sie zur Umsetzung des im Februar 2013 von elf Staaten der Region unterzeichneten Addis-Abeba-Abkommens zur Befriedung des Ost-Kongos sowie der internationalen Stabilisierungsstrategie für die Region bei.

West- und Zentralafrika: 2014 förderte die Schweiz Initiativen zur Konflikttransformation in Mali, im Niger und im Tschad und hielt gleichzeitig ihr hohes Engagement aufrecht, insbesondere in Mali, wo sie auf die Expertise und Unterstützung ihres Sondergesandten für den Sahel zurückgreifen konnte. Zudem trug sie zur Schaffung neuer Dialogfora in der Sahel-Sahara-Region bei. Diese Fora ermöglichten namentlich im Tschad und in der Zentralafrikanischen Republik die Einleitung eines Prozesses zur Wiederherstellung des gegenseitigen Vertrauens sowie in Nigeria einen Austausch über die Sicherheitsprobleme an den Grenzen und die Ausarbeitung konkreter Lösungen für ihre Beilegung. Darüber hinaus nutzten Vertreter Malis, des Niger, des Tschad und Mauretaniens die Fora, um Spannungslinien in Bezug auf politische Akteure mit religiösem Hintergrund aufzuzeigen und Ansatzpunkte für Projekte zur Transformation dieser Konflikte zu bestimmen. Aufbauend auf ihren bisherigen Anstrengungen leistete die Schweiz weiter fachliche und finanzielle Unterstützung für die zivile Komponente der Friedenssicherungseinsätze in Afrika südlich der Sahara, der «Ecole de maintien de la paix» in Bamako und der Wirtschaftsgemeinschaft der westafrikanischen Staaten (ECOWAS). Schliesslich unterstützte die Schweiz in Mali, im Niger und im Tschad Prozesse zur Stärkung des Vertrauens und zur Aufarbeitung der Vergangenheit.

Kolumbien: Die Schweiz unterstützte auch 2014 den kolumbianischen Friedensprozess auf verschiedenen Ebenen. Sie stellte Expertise in den Bereichen Mediation, Entwaffnung, Demobilisierung und Reintegration für die Verhandlungen in Havanna zur Verfügung und trug durch die Unterstützung von regionalen Konsultationsfora dazu bei, dass auch die Stimme der ländlichen und vom Konflikt stark betroffenen Bevölkerung am Verhandlungstisch Gehör fand. Ein weiterer Schwerpunkt lag auf der Arbeit mit der kolumbianischen Armee. So begleitete die Schweiz den Austausch zwischen der nationalen Historikerkommission und den kolumbianischen Streitkräften, wodurch die unterschiedlichen Auffassungen von der Geschichte des
Konflikts und der damit verbundenen individuellen und institutionellen Verantwortung diskutiert werden konnten.

Frieden und Sicherheit: Thematische Schwerpunkte Berücksichtigung der unterschiedlichen Bedürfnisse und Rollen von Frauen und Männern und Förderung der Rechte der Frauen im Kontext der Friedenspolitik: Nachhaltiger Frieden und Sicherheit können nur dann entstehen, wenn friedensfördernde Massnahmen die geschlechterspezifischen Bedürfnisse und die unterschiedliche Betroffenheit von Männern und Frauen in Konflikt- und Nachkonfliktsituationen gleichermassen berücksichtigen und wenn eine gleichberechtigte Partizipation von Frauen an Friedensverhandlungen und Übergangsprozessen gewährleistet ist. Das Grundlagendokument zur Integration einer sogenannten Gender-Perspektive in die Friedens- und Sicherheitspolitik ist der Nationale Aktionsplan zur Umsetzung der UNO-Sicherheitsratsresolution 1325 zu Frauen, Frieden und Sicherheit. 2014 wurde die Umsetzung dieser Politik weiter vorangetrieben, zum Beispiel durch den Einsatz der Schweiz für die verstärkte Partizipation von Frauen, das Engagement für die Bekämpfung geschlechterspezifischer Gewalt oder die Förderung des Dialogs mit nichtstaatlichen bewaffneten Gruppen. Die Schweiz hat sich auf internationaler Ebene in multilateralen Fora sowie als aktive Teilnehmerin und Gastgeberin von 1127

internationalen Konferenzen mit der Position profiliert, dass die Stärkung der Rechte der Frauen und Mädchen ein grundlegender Beitrag zur Prävention von genderspezifischer Gewalt ist. Um zusammen mit der verantwortlichen UNO-Sonderbeauftragten mehr Aufmerksamkeit auf dieses Thema zu lenken, hat die Schweiz am 12. November 2014 die internationale Geberkonferenz für die Aktion der Vereinten Nationen gegen sexuelle Gewalt in Konflikten (UN Action Against Sexual Violence in Conflict) in Genf veranstaltet.

Religiöse Faktoren, Weltbilder und Konfliktbeilegung: Gestützt auf ihre Expertise trug die Schweiz durch konkrete Dialogprojekte sowie die Verbreitung von gezielten politischen Botschaften auf internationaler Ebene dazu bei, Konflikte in Nordafrika, im Sahel und in Südostasien einzudämmen. Bei diesen Konflikten begegnen sich politische Akteure mit unterschiedlichen Weltbildern oder Religionen, die als Quellen für die soziale Konstruktion der Wirklichkeit verstanden werden. Auf Anfrage lokaler Partner wurden in innovativen Dialogprojekten in Nordafrika entsprechende Akteure zusammengebracht. Diese entwickelten beispielsweise in Tunesien Instrumente zur Verhinderung von Polarisierung und Gewalt.

Bewaffnete Gewalt und Entwicklung: Die Genfer Erklärung über bewaffnete Gewalt und Entwicklung ist eine diplomatische Initiative, die von der Schweiz 2006 gemeinsam mit dem Entwicklungsprogramm der UNO (UNDP) lanciert wurde. Ziel der Initiative ist es, bis 2015 einen nachweisbaren Rückgang der bewaffneten Gewalt und ihrer schädlichen Auswirkungen auf die gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung zu erreichen. Die Schweiz leitet die Lenkungsgruppe der Genfer Erklärung, in der 15 Staaten vertreten sind. Aktivitäten im Rahmen der Genfer Erklärung fokussierten sich im Berichtsjahr auf den multilateralen Prozess zur Erarbeitung von neuen Zielen für eine Nachhaltige Entwicklung. Es wurden weltweit verschiedene regionale Treffen veranstaltet.

Kleinwaffen und leichte Waffen: Die Schweiz ist eines der wenigen Länder mit einer Kleinwaffenstrategie. Sie spielt bei der Thematisierung der negativen Auswirkungen des unerlaubten Handels mit Kleinwaffen und leichten Waffen sowie deren missbräuchlichen Verwendung international eine Vorreiterrolle. Gerade auf regionaler Ebene hat die Schweiz durch Projekte zum lokalen
Kapazitätsaufbau zugunsten der Sicherheit im Umgang mit Waffen und Munition nachhaltige und international anerkannte Beiträge geleistet. Mit militärischer Expertise wird zudem ein Beitrag zum Aufbau der Kapazitäten im Bereich der Sicherung und Vernichtung von Waffen und Munitionsbeständen in Bosnien und Herzegowina, Mali sowie der Republik Moldau geleistet. In multilateralen Fora setzt sie sich für die Entwicklung und Umsetzung der Regelwerke und Instrumente im Kleinwaffenbereich ein.

Genfer Zentren: Die internationale Zusammenarbeit in der Friedens- und Sicherheitspolitik hat in einer zunehmend multipolaren und vernetzten Welt einen besonders hohen Stellenwert und stärkt auch die Sicherheit der Schweiz. Die Schweiz unterstützt die drei Genfer Zentren auf der Basis des Bundesbeschlusses vom 9. Juni 201110 für vier Jahre (2012­2015) mit 119,9 Millionen Franken (ohne Zusatzkredit von 1,7 Millionen Franken für den Umzug der Zentren ins Maison de la Paix). Das Genfer Zentrum für Sicherheitspolitik (GCSP), das Genfer Internationale Zentrum für humanitäre Minenräumung (GICHD) und das Genfer Zentrum für die demokratische Kontrolle der Streitkräfte (DCAF) sind sichtbare und weltweit geschätzte 10

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Kompetenzzentren. Sie leisten mit ihren Aktivitäten auch einen Beitrag an die Bemühungen für die Reform der Gouvernanz und der multilateralen Architektur im Bereich der Friedensförderung und der Sicherheit. Dabei stärken sie die Positionierung des Standorts Genf. Im Jahr 2015 wird der Umzug der drei Zentren in das neu eröffnete Maison de la Paix des Hochschulinstituts für internationale Studien und Entwicklung (IHEID) abgeschlossen sein, was die Synergien und die Effektivität der Zentren fördern wird.

Personenminen, Streumunition und explosive Kriegsmunitionsrückstände: Die Aktivitäten der Schweiz orientieren sich an der Minenstrategie des Bundes 2012­2015.

Schwerpunkte sind sowohl die politische Stärkung und Universalisierung der entsprechenden völkerrechtlichen Instrumente als auch die Unterstützung operationeller Aktivitäten in betroffenen Ländern. Auf politischer Ebene war das multilaterale Genf auch 2014 ein wichtiger Dreh- und Angelpunkt, wobei sich die Schweiz unter anderem erfolgreich für die Etablierung des Sekretariats des Streumunitionsübereinkommens im Maison de la Paix (beim GICHD) engagierte. Auf operationeller Ebene belaufen sich die Ausgaben des Bundes auf rund 16 Millionen Franken pro Jahr, wobei rund die Hälfte dieses Betrages zur Unterstützung des GICHD eingesetzt wird. Die andere Hälfte wurde für die institutionelle Stärkung der relevanten Vertragswerke und des multilateralen politischen Dialogs, für konkrete Projekte in den betroffenen Ländern sowie für die Entsendung von Expertinnen und Experten der Schweizer Armee verwendet. Im Berichtsjahr wurden unter anderem Minenräumprogramme in Bosnien und Herzegowina, Burundi, Libyen, auf den Philippinen sowie im Sudan unterstützt. Das VBS stellte zudem den UNO-Minenräumprogrammen in der Demokratischen Republik Kongo, in Somalia (Somaliland und Puntland), im Südsudan, in der Westsahara sowie am Hauptquartier der UNO in New York Expertinnen und Experten zur Verfügung.

Militärische Friedensförderung: Das internationale Engagement der Schweizer Armee im Bereich Friedensförderung wurde 2014 mit rund 280 eingesetzten Armeeangehörigen fortgesetzt. Das Schwergewicht der Einsätze lag auf dem Balkan (Kosovo mit SWISSCOY und Bosnien und Herzegowina mit EUFOR ALTHEA), wo zum Selbstschutz bewaffnete Armeeangehörige stationiert sind. Das grösste
Detachement an unbewaffneten Schweizer Militärbeobachtern und Stabsoffizieren, welches im Berichtsjahr 14 Personen zählt, steht bei der UNO-Mission zur Überwachung des Waffenstillstandes (UNTSO) in Israel, Syrien und im Libanon im Einsatz.

Ebenso stehen Militärbeobachter und Stabsoffiziere in der Demokratischen Republik Kongo (MONUSCO), im Südsudan (UNMISS), in Mali (MINUSMA), in der Westsahara (MINURSO) sowie im Kaschmir (UNMOGIP) im Einsatz. Auch die Präsenz mit fünf Offizieren auf der Koreanischen Halbinsel (Neutral Nations Supervisory Commission, NNSC) ist weiterhin notwendig, wie die wiederholten Spannungen in jüngster Zeit belegen. Im Bereich der humanitären Minenräumung sowie der Sicherung von Munitionsbeständen und deren Vernichtung konnte das Engagement ausgebaut werden. Schliesslich werden die regionalen Ausbildungszentren für Friedensförderung in Ghana (Kofi Annan International Peacekeeping Training Centre) und in Kenia (International Peace Support Training Centre) mit Instruktorinnen und Instruktoren unterstützt.

Zivile Friedensoperationen: Der kontinuierliche Einsatz von Schweizer Expertinnen und Experten in internationalen Organisationen wie der UNO, OSZE und EU hat sich als ein wirksames Instrument der Schweizer Friedens- und Menschenrechtsförderung bewährt. Die Auswahl der Länder, Organisationen und Stellen für den Ein1129

satz von Expertinnen und Experten orientiert sich dabei an den geografischen und thematischen Schwerpunkten der Schweiz im Bereich der menschlichen Sicherheit.

Die Expertinnen und Experten konzentrieren sich auf Themen wie Stärkung der staatlichen Strukturen, Rechtsstaatlichkeit, Vergangenheitsarbeit, Mediation, Menschenrechte, humanitäres Recht sowie Wahlbeobachtung. Für den Einsatz in den Bereichen Polizei, Grenzwacht und Zoll bestehen Vereinbarungen und eine enge Zusammenarbeit mit der Oberzolldirektion, der Konferenz der kantonalen Justizund Polizeidirektorinnen und -direktoren und den kantonalen Polizeikorps. Die Schweiz entsandte Expertinnen und Experten an die Special Monitoring Mission (SMM) der OSZE in der Ukraine sowie an die OSZE-Beobachtermission an der ukrainisch-russischen Grenze. Neue Teilnahmeabkommen mit der EU zur Beteiligung an der European Union Training Mission (EUTM) in Mali sowie der EU Border Assistance Mission (EUBAM) in Libyen wurden abgeschlossen. 2014 wurden insgesamt 247 Expertinnen und Experten der zivilen Friedens- und Menschenrechtsförderung in kurzen oder längeren multilateralen und bilateralen Missionen in 43 Ländern eingesetzt. Im Schnitt waren 109 Personen, davon 47 % Frauen, gleichzeitig im Einsatz, darunter 23 Beraterinnen und Berater für menschliche Sicherheit auf bilateraler Ebene. Die Beteiligung an Wahlbeobachtungen der OSZE, der EU und der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) ist ein traditioneller Schwerpunkt des Schweizer Engagements. 2014 wurden 85 der 247 Expertinnen und Experten bei Wahlbeobachtungen in 13 Missionen in 11 Ländern eingesetzt.

Mediation und Mediationsunterstützung: 2014 konnte die Schweiz ihre Mediationsexpertise in diversen Konflikten zur Verfügung stellen. So bereitete sie unter anderem in Äthiopien, Kolumbien, Mali, Myanmar, Südsudan, Syrien und Thailand Konfliktparteien und Mediationsteams auf Verhandlungen vor. Sie unterstützte zudem die UNO mit Mediationsexpertinnen und -experten und bot Ausbildungen zur Friedensmediation an, die weltweit bei Spezialistinnen und Spezialisten Anklang fanden. Die Partnerschaften im Mediationsbereich, insbesondere mit dem Mediation Support Project (mit der ETH-CSS und Swisspeace) und mit dem Centre pour le Dialogue Humanitaire in Genf wurden weitergeführt.

Demokratie, Wahlen und Gewaltenteilung
2014 wurden verstärkte Bemühungen unternommen, Wahl- und Verfassungsprozesse zu unterstützen und somit zur Beilegung von Konflikten und politischen Krisen beizutragen. In Ägypten, Burundi, Jemen und Tunesien förderte die Schweiz die Einrichtung integrativer Fora, die es Politikern und Organisationen der Zivilgesellschaft ermöglichen, sich über die Neudefinition der Grundprinzipien ihrer Gesellschaft zu verständigen, die Mandate der sie regierenden Institutionen festzulegen oder zu überarbeiten und sich über die Machtteilung und die Wahlmodalitäten zu einigen. In Tunesien unterstützte die Schweiz namentlich die Verhandlungen zwischen den politischen Parteien, aus denen eine Magna Charta hervorging, in der sie sich zum Verzicht auf Gewalt und Provokationen in allen Phasen des Wahlprozesses verpflichteten. In Ägypten förderte die Schweiz in einem von starken Spannungen geprägten Kontext die Einführung eines Mechanismus für die Koordination zwischen den lokalen zivilgesellschaftlichen Wahlbeobachtern und den Wahlbehörden, der für mehr Transparenz sorgen soll. Zudem stellte die Schweiz in diesen verschiedenen Situationen Wahlexperten bereit, um die Wahlbehörden und die zuständigen Organe bei der Planung und Koordination der Sicherheit, der Ausgestaltung des Rechtsrahmens, der Regelung von Streitsachen und der Einführung einer zivilen Wahlbeobachtung zu unterstützen. Darüber hinaus leistet die Schweiz in 1130

weiteren Bereichen einen Beitrag zur Demokratieförderung, zum Beispiel im Bereich der Menschenrechte, der politischen Teilhabe von Frauen, der Reform des Sicherheitssektors und der Vergangenheitsarbeit, sei es durch multilaterale Initiativen, bilaterale Projekte oder die Entsendung von Expertinnen und Experten in internationale Organisationen. In allen Fällen geht es darum, die betroffenen Länder in die Lage zu versetzen, allmählich eine Basis für demokratischere Praktiken, Institutionen und Abläufe zu schaffen und so zu einer grösseren Stabilität und Gerechtigkeit in diesen Gesellschaften beizutragen.

Vergangenheitsarbeit und Prävention von Gräueltaten 2014 richtete die Schweiz das Hauptaugenmerk ihrer Aktivitäten auf die Begleitung der Regierungen und der Mitglieder der Zivilgesellschaft, unter anderem in Burundi, Mali, Tschad, Kolumbien, Kosovo und den Philippinen. Auf Ersuchen der beiden Vertragsparteien des Friedensabkommens für die Region Bangsamoro, der philippinischen Regierung und der Moro Islamischen Befreiungsfront (MILF), übernahm sie zum Beispiel im Mai 2014 den Vorsitz der Kommission für Übergangsjustiz und Versöhnung. Auf Initiative der Schweiz begleitet seit Juni 2014 eine Schweizer Beraterin im Kosovo die auf Empfehlung des Vermittlers Martti Ahtisaari eingesetzte interministerielle Gruppe für Vergangenheitsarbeit. Ausserdem hat die Schweiz den Vorsitz des Internationalen Beratenden Ausschusses des Zentrums für Historische Erinnerung in Kolumbien inne und unterstützt die EU in der Formulierung ihrer Politiken im Bereich der Übergangsjustiz.

Die Schweiz wirkt aktiv an der Ausarbeitung internationaler Normen und Standards mit. Gemeinsam mit Argentinien und Marokko und der Unterstützung von über 80 Staaten lancierte die Schweiz 2014 die Resolution für die Erneuerung des Mandats des Sonderberichterstatters zur Förderung der Wahrheit, Gerechtigkeit, Wiedergutmachung und Garantien der Nichtwiederholung. Im Bereich der konzeptionellen Entwicklung realisierte die Schweiz eine umfassende Studie mit dem Ziel, bewährte Verfahren hinsichtlich der Garantie der Nichtwiederholung von Gräueltaten und dabei gewonnene Erkenntnisse besser herauszuarbeiten. Für eine erste vorbereitende Diskussion brachte die Schweiz fünf Regierungen an einen Tisch, um gemeinsam ein zwischenstaatliches Zentrum für
die Vergangenheitsarbeit und die Prävention von Gräueltaten zu lancieren. Mehr als 25 hochrangige Regierungspartner und Persönlichkeiten der Zivilgesellschaft nahmen erneut am Kurs zu Vergangenheitsarbeit teil.

Die Schweiz wirkt auch auf die Schaffung von Allianzen hin. Sie hat unter anderem die Synergien zwischen verschiedenen Gruppen von Akteuren im Bereich der Prävention von Völkermord und der Schutzverantwortung gefördert. Aus diesen Bemühungen ging die Initiative Global Action Against Mass Atrocities Crimes (GAAMAC) hervor, deren erstes Treffen im März 2014 in Costa Rica stattfand. Es wurde gemeinsam von der Schweiz, Argentinien, Australien, Costa Rica, Dänemark und Tansania organisiert und brachte Vertreter von 52 Regierungen zusammen. In der Abschlusserklärung wird im Konsens hervorgehoben, wie wichtig der Aufbau einer nationalen Politik und institutionellen Architektur als zentrale Pfeiler der Prävention von Gräueltaten sind.

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Schutz der Zivilbevölkerung in bewaffneten Konflikten Die Strategie des Bundes zum Schutz der Zivilbevölkerung 2013­2017 hat zum Ziel, die Politikentwicklung, die Durchsetzung des humanitären Völkerrechts sowie die konkreten Engagements im Feld zu stärken. Als wichtiges Beispiel sei das Engagement der Schweiz für Kinder in bewaffneten Konflikten genannt: Am 14. Oktober 2014 präsentierte der Bundespräsident den Schweizer Aktionsplan des EDA zum Schutz von Kindern, die in bewaffneten Konflikten Streitkräften oder bewaffneten Gruppen angeschlossen sind.

Der Zugang von humanitären Akteuren zur betroffenen Bevölkerung ist in den heutigen Konflikten eine grosse Herausforderung. Die Schweiz hat deshalb in Zusammenarbeit mit Conflict Dynamics International, dem IKRK und dem UNOBüro für die Koordination der humanitären Hilfe (OCHA) ein Handbuch über die rechtlichen Rahmenbedingungen sowie einen praktischen Leitfaden herausgegeben.

Zudem soll ein praktischer Leitfaden die humanitären Akteure unterstützen. Mit Schweizer Unterstützung wurden diese Produkte in den relevanten Kreisen verbreitet und entsprechende Weiterbildungen angeboten.

Die Einhaltung des humanitären Völkerrechts und damit der Schutz der Zivilbevölkerung in bewaffneten Konflikten ist eine Verpflichtung nicht nur von Staaten, sondern auch von bewaffneten Gruppen, die Gebiete kontrollieren. Die Schweiz setzte sich deshalb auch 2014 für den Dialog mit bewaffneten Gruppen ein, dies unter anderem durch die Unterstützung der NGO Geneva Call, die mit sogenannten Verpflichtungserklärungen die bewaffneten Gruppen zur Einhaltungen von Normen des humanitären Völkerrechts anhält. Dies bedeutet im Übrigen in keiner Weise eine Legitimierung dieser Gruppen.

Die Terrorismusbekämpfung, so entscheidend sie ist, kann unter Umständen die humanitäre Aktion in bewaffneten Konflikten behindern. Die Schweiz bemüht sich bei der Terrorismusbekämpfung um einen ganzheitlichen Ansatz: Ursachenbekämpfung, Prävention, Repression, Aufbau von staatlichen Kapazitäten und die Einhaltung der Menschenrechte und des humanitären Völkerrechts müssen Hand in Hand gehen. Die Schweiz unterstützt Partner, wie beispielsweise die Harvard Law School, bei der juristischen Analyse von entsprechenden rechtlichen Grundlagen, die für die humanitäre Arbeit und die Respektierung des humanitären
Völkerrechts relevant sind.

Die Schweiz arbeitete 2014 mit dem Program on Humanitarian Policy and Conflict Research (HPCR) der Universität Harvard Richtlinien für Untersuchungskommissionen bezüglich Verstössen gegen das Völkerrecht aus. Diese sollen dazu beitragen, die Arbeit der Kommissionen durch effektivere Strukturierung zu verbessern.

2014 gab es die grösste Zahl von Binnenflüchtlingen seit dem Zweiten Weltkrieg.

Die Schweiz setzte sich deshalb insbesondere für den Schutz von Vertriebenen innerhalb der Landesgrenzen ein. Sie unterstützte die Arbeit des Sonderberichterstatters für die Menschenrechte Binnenvertriebener des Büros des OHCHR sowie anderer strategischer Partner wie der Brookings Institution in Washington oder des Internal Displacement Monitoring Centre (IDMC) in Genf. Im Rahmen ihrer Migrationspartnerschaft mit Nigeria und ihrer Unterstützungsarbeit für die Umsetzung der Kampala-Konvention setzte sich die Schweiz für die Stärkung der lokalen Kompetenzen im Bereich der Rechte intern Vertriebener und die Verbesserung der Datenlage zu interner Vertreibung in Nigeria ein.

1132

Förderung und Schutz der Menschenrechte Die Förderung der Achtung der Menschenrechte gehört zu den fünf Hauptzielen der Schweizer Aussenpolitik. Die Schweiz tritt zwar für das Konzept der Unteilbarkeit, Interdependenz und Universalität der Menschenrechte ein, muss jedoch auch Entscheidungen darüber treffen, in welchen Bereichen und Ländern sie sich vorrangig engagiert, vor allem um die ihr zur Verfügung stehenden Mittel möglichst wirksam einsetzen und konkrete politische und operative Ergebnisse erzielen zu können.

Diese prioritären Aktionsbereiche werden gefördert, indem eine breite Palette multilateraler und bilateraler Instrumente eingesetzt und Unterstützung für verschiedene Aktivitäten der Zivilgesellschaft geleistet wird.

Weltweite Abschaffung der Todesstrafe: Die Schweiz trägt dazu bei, die internationale Gemeinschaft für die weltweite Abschaffung der Todesstrafe zu gewinnen. Im Juni 2014 verabschiedete der Menschenrechtsrat eine von der Schweiz miteingebrachte Resolution zu diesem Thema. Die Resolution soll die Einleitung eines Prozesses ermöglichen, der die Auswirkungen der Anwendung der Todesstrafe auf die Menschenrechte der Verurteilten und der ihnen nahestehenden Personen aufzeigt. Ferner beteiligte sich die Schweiz aktiv an den Beratungen zur Resolution der UNO-Generalversammlung über die Einführung eines Moratoriums, die im Dezember 2014 angenommen wurde. Anlässlich des Internationalen Tages gegen die Todesstrafe am 10. Oktober 2014 wurde auf Initiative der Schweiz ein weltweiter Appell gegen die Todesstrafe veröffentlicht, der von zwölf Aussenministern aus Ländern aller Regionen der Welt unterzeichnet wurde. Dieser Appell vereint zum ersten Mal Befürworter wie Gegner der Todesstrafe und ruft zu einem konstruktiven Dialog über die Todesstrafe sowie deren Risiken und Probleme auf.

Achtung der Menschenrechte im Privatsektor: Die Achtung der Menschenrechte durch den Privatsektor in Form einer verantwortungsvollen Unternehmensführung trägt entscheidend zur Stabilität und zum Wohlbefinden der Bevölkerung bei.

Umgekehrt kann unverantwortliches unternehmerisches Handeln negative Auswirkungen auf die Bevölkerung haben, und zwar in Bezug auf Konflikte, die Verletzung der Menschenrechte und Umweltschäden. Im Berichtsjahr setzte die Schweiz ihr Engagement in diesem Bereich fort, namentlich
indem die Redaktion einer nationalen Strategie zur Umsetzung der UNO-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte vorangetrieben wurde. Im Rahmen der Folgemassnahmen zu dem vom Bundesrat veröffentlichten Grundlagenbericht Rohstoffe engagiert sich die Schweiz durch einen partizipativen Prozess zur Ausarbeitung eines Leitfadens für die soziale Verantwortung im Bereich des Rohstoffhandels. Während der Präsidentschaft der Initiative «Freiwillige Grundsätze zur Wahrung der Sicherheit und der Menschenrechte», die die Schweiz von März 2013 bis März 2014 innehatte, gelang es ihr, neue Mitglieder aufzunehmen sowie eine Strategie zur Verstärkung dieser Initiative auszuarbeiten, welche später angenommen wurde. Zudem leitete die Schweiz erfolgreich die Arbeiten der Vereinigung des internationalen Verhaltenskodex für private Sicherheitsunternehmen, die auf die Einführung eines Gouvernanzund Aufsichtsmechanismus für den Kodex abzielten.

Menschenrechtsverteidiger: Wie die aktive Begleitung des Gerichtsverfahrens gegen die am Widerstand von La Puya in Guatemala beteiligten Aktivisten illustriert, engagiert sich die Schweiz prioritär für die Stärkung des Schutzes der Menschenrechtsverteidiger. Sie setzt sich auch für die Meinungsäusserungsfreiheit, die Versammlungsfreiheit und die Vereinigungsfreiheit, insbesondere den Schutz der Menschenrechte im Rahmen von friedlichen Kundgebungen ein. Zudem engagiert sich 1133

die Schweiz vorrangig zugunsten der Rechte der Frauen. Ein Beispiel dafür ist ihre Vermittlerrolle bei den Verhandlungen im Rahmen der UNO-Kommission für die Rechtsstellung der Frau im März 2014. Darüber hinaus ist die Schweiz weiterhin im Bereich der Verhütung und Bekämpfung von Folter sowie der Jugendgerichtsbarkeit aktiv. Schliesslich unterstützt sie die Anstrengungen, die darauf gerichtet sind, die für internationale Gouvernanz zuständigen Institutionen zu einer stärkeren Berücksichtigung der Menschenrechte und einer Steigerung der Kohärenz und Wirksamkeit ihres Handelns zu veranlassen.

Diese Bereiche stehen im Zentrum des Engagements der Schweiz auf multilateraler Ebene, sei es beim Menschenrechtsrat, dem Dritten Ausschuss der UNO-Generalversammlung, im Europarat oder bei der OSZE. Im Rahmen ihrer OSZE-Präsidentschaft organisierte die Schweiz Diskussionsfora zwischen den Teilnehmerstaaten und der Zivilgesellschaft mit dem Ziel, die Rolle der Zivilgesellschaft und der Menschenrechtsverteidiger zu fördern, die nationalen und internationalen Mechanismen zur Verhütung von Folter zu stärken und die Anstrengungen zugunsten der Geschlechtergleichstellung zu unterstützen. Auf bilateraler Ebene unternimmt die Schweiz Demarchen in spezifischen Fällen von Rechtsverletzungen oder Drohungen gegenüber Menschenrechtsverteidigern und führt Menschenrechtsdialoge oder -konsultationen. 2014 fanden Konsultationsrunden mit Nigeria, Russland, Tadschikistan und Vietnam statt. Gemeinsam mit China und Senegal sind dies die Partner, mit denen die Schweiz einen solchen strukturierten Dialog unterhält. Flankierend dazu finanziert die Schweiz in diesen Ländern den Austausch von Experten sowie Projekte vor Ort, die konkrete Verbesserungen im Bereich der Menschenrechte bewirken sollen.

Migration und Bekämpfung des Menschenhandels Die Schweizer Migrationsaussenpolitik erfolgt im Rahmen der interdepartementalen Migrationszusammenarbeit, die die Kohärenz gewährleistet.

Migrationspartnerschaften: Die Schweiz führte ihre bilaterale Zusammenarbeit mit Bosnien und Herzegowina, dem Kosovo, Nigeria, Serbien und Tunesien im Rahmen der Migrationspartnerschaften fort. In regelmässigen Abständen wurden bilaterale Dialoge abgehalten, die einerseits die Festlegung und Durchführung von Projekten und Aktivitäten von gemeinsamem Interesse
(beispielsweise in den Bereichen Migration und Entwicklung, Schutz von Flüchtlingen und verletzlichen Migranten, Menschenhandel, reguläre Migration sowie Rückführung und Wiedereingliederung) und andererseits eine Vertiefung des Vertrauensverhältnisses zwischen der Schweiz und den betreffenden Staaten ermöglichten. Eine prägende Entwicklung war 2014 ferner die vertiefte Evaluation des aussenpolitischen Instruments der Migrationspartnerschaften, mit der dem Postulat Amarelle vom 27. September 2012 (Postulat 12.3858) und einem Auftrag des Bundesrates entsprochen wurde. Der Evaluationsbericht wird es erlauben festzustellen, inwieweit die Migrationspartnerschaften den Erwartungen und Interessen der Schweiz und der Partnerländer gerecht werden.

Programme zum Schutz von Flüchtlingen, intern Vertriebenen (IDP) und Migrantinnen und Migranten: Aufgrund des seit 2011 andauernden Bürgerkriegs in Syrien und den damit verbundenen Auswirkungen auf die gesamte Region sowie aufgrund von Konflikten und Naturkatastrophen am Horn von Afrika und im Jemen engagiert sich die Schweiz weiterhin in diesen Regionen (vgl. Ziff. 3.3.3). Ziel ist es, schutzbedürftigen Personen möglichst schnell einen wirksamen Schutz in ihrer Herkunftsregion bieten zu können. Erstaufnahme- und Transitländer werden dabei unterstützt, 1134

diesen Personen gemäss den internationalen Verpflichtungen die notwendige Sicherheit zu bieten. Ergänzend zum bestehenden bilateralen Engagement und der humanitären Hilfe verfolgt die Schweiz aufgrund der interdependenten Migrationsund Flüchtlingsbewegungen am Horn von Afrika einen regionalen Ansatz. Die Zusammenarbeit und der Dialog mit der IGAD in Ostafrika wurden intensiviert, und es wurde eine strategische Partnerschaft im Rahmen einer Absichtserklärung abgeschlossen.

Internationaler Dialog über Migration und Entwicklung: Im Nachgang zum zweiten UNO-Dialog auf hoher Ebene über internationale Migration und Entwicklung im Oktober 2013 und gemäss den Prioritäten, die die Mitgliedstaaten aus diesem Anlass in ihrer ersten Ministererklärung aufstellten, setzte die Schweiz ihre Aktivitäten auf multilateraler Ebene fort, um einen zielgerichteten, dynamischen und nachhaltigen internationalen Dialog über Migration und Entwicklung herbeizuführen. Sie engagierte sich in verschiedenen internationalen Prozessen und Fora, etwa bei der Ausarbeitung der Post-2015-Agenda, im Menschenrechtsrat und im Globalen Forum für Migration und Entwicklung (GFMD). Sie beteiligte sich aktiv an den Vorbereitungen und der Abhaltung des GFMD-Gipfels unter dem Vorsitz Schwedens und arbeitete anschliessend mit der türkischen Präsidentschaft zusammen, wodurch das GFMD als informelle Plattform für einen globalen Dialog gestärkt wurde.

Nansen-Initiative: Die 2012 gemeinsam mit Norwegen lancierte Nansen-Initiative zielt darauf ab, eine intergouvernementale Agenda für den Schutz von Menschen zu etablieren, die infolge von Naturkatastrophen ins Ausland fliehen müssen. Insgesamt wurden 2014 fünf Konsultationen in den besonders vom Phänomen betroffenen Regionen durchgeführt, nämlich in Kenia, in Costa Rica, auf den Cookinseln, auf den Philippinen sowie in Südasien. Auf der Basis der gewonnen Resultate wurde ein erster Entwurf der Schutzagenda erarbeitet.

Bekämpfung des Menschenhandels: Die Schweiz konnte 2014 ihr Engagement insbesondere auf multilateraler Ebene sowie an der Schnittstelle zwischen Aussenund Innenpolitik weiter ausbauen. Unter anderem wurde die bestehende, aktive Zusammenarbeit mit der vom Menschenrechtsrat ernannten Sonderberichterstatterin für Menschenhandel weitergeführt und das Mandat finanziell unterstützt. Anlässlich
des Europäischen Tages gegen Menschenhandel organisierte die Schweiz in Zusammenarbeit mit den in Genf ansässigen UNO-Agenturen eine halbtägige Konferenz, die zum Ziel hatte, die Bedeutung der Mandate der in Genf ansässigen Organisationen für die Bekämpfung des Menschenhandels aufzuzeigen und wichtige Synergien zu stärken. Des Weiteren wurden im Rahmen mehrerer internationaler Rundtische aktuelle Herausforderungen in der Bekämpfung des Menschenhandels thematisiert.

3.3.5

Internationale Finanz- und Wirtschaftspolitik

Sicherung der Steuerkonformität Am 8. Oktober 2014 hat der Bundesrat Verhandlungsmandate zur Einführung des neuen globalen Standards für den automatischen Informationsaustausch in Steuersachen (AIA) mit Partnerstaaten beschlossen. Die Mandate enthalten die folgenden Eckpunkte: Mit der EU soll über die Einführung des AIA verhandelt werden. Mit den USA soll bezüglich der Umsetzung von FATCA über ein Abkommen nach dem 1135

Modell 1 ­ automatischer Datenaustausch zwischen den zuständigen Behörden auf gegenseitiger Basis ­ verhandelt werden. Ein weiterer Eckpunkt ist die Aufnahme von Verhandlungen zum AIA mit zusätzlichen ausgewählten Ländern. In einer ersten Phase werden Staaten in Betracht gezogen, zu denen enge wirtschaftliche und politische Beziehungen bestehen und die ihren Steuerpflichtigen, soweit angemessen, eine genügende Regularisierungsmöglichkeit bereitstellen. Die Einführung des AIA mit dem Ausland wird mittels Abkommen mit den Partnerstaaten erfolgen.

Zudem wird im innerstaatlichen Recht ein Umsetzungsgesetz notwendig sein.

Im Weiteren hat der Bundesrat am 8. Oktober 2014 einem Schreiben des Eidgenössischen Finanzdepartements an das Globale Forum für Transparenz und Informationsaustausch in Steuersachen (Global Forum on Transparency and Exchange of Information for Tax Purposes) zugestimmt. Darin bekräftigt die Schweiz die Absicht, die gesetzliche Basis für den AIA zeitgerecht einzuführen, so dass Schweizer Finanzinstitute 2017 mit der Erhebung von Kontodaten ausländischer Steuerpflichtiger beginnen könnten und ein erster Datenaustausch 2018 stattfinden könnte ­ dies unter dem Vorbehalt, dass das Parlament und allenfalls die Stimmberechtigten die nötigen Gesetze und Abkommen rechtzeitig genehmigen.

Das der OECD angehängte Globale Forum für Transparenz und Informationsaustausch in Steuersachen, das Länderprüfungen für den Austausch von Steuerinformationen durchführt, hat im Juli 2014 die Anfrage der Schweiz für einen Zusatzbericht angenommen. Die Schweiz kann in die zweite Prüfungsphase übertreten, wenn der Zusatzbericht, dessen Prüfung vom Global Forum für Anfang 2015 vorgesehen ist, angenommen wird. Seit der ersten Prüfphase im Jahre 2011 hat die Schweiz die Empfehlungen des Forums weitgehend erfüllt.

Bilaterale Steuerpolitik Die Anzahl der unterzeichneten Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) mit einer standardkonformen Amtshilfeklausel konnte bis Ende Oktober 2014 auf 49 erhöht werden. Bis zum gleichen Zeitpunkt hat die Schweiz zudem ihr Netz von Steuerinformationsabkommen (TIEA-Abkommen) auf insgesamt sieben unterzeichnete Abkommen erweitert, wovon drei (mit Jersey, Guernsey und der Insel Man) im Oktober 2014 in Kraft getreten sind.

Mit dem unilateralen Foreign Account Tax Compliance Act (FATCA) wollen
die USA erreichen, dass sämtliche im Ausland gehaltenen Konten von Personen, die in den USA steuerpflichtig sind, besteuert werden können. Die Schweiz hat FATCA durch ein bilaterales Abkommen nach dem Modell 2 umgesetzt, welches am 2. Juni 2014 in Kraft getreten ist.11 Das entsprechende Umsetzungsgesetz hat der Bundesrat auf den 30. Juni 2014 in Kraft gesetzt.12 Der Bundesrat beschloss am 8. Oktober 2014 ein Mandat zu Verhandlungen mit den USA über einen Wechsel zu Modell 1, das den AIA vorsieht.

Das 2013 unterzeichnete neue Erbschaftssteuerabkommen mit Frankreich wurde vom Parlament abgelehnt ­ mit der Begründung, das Abkommen würde Frankreich ein unangemessen weites Besteuerungsrecht einräumen. Im Juni 2014 kündigte 11

12

Abkommen vom 14. Febr. 2013 zwischen der Schweiz und den Vereinigten Staaten von Amerika über die Zusammenarbeit für eine erleichterte Umsetzung von FATCA, SR 0.672.933.63 Bundesgesetz vom 27. Sept. 2013 über die Umsetzung des FATCA-Abkommens zwischen der Schweiz und den Vereinigten Staaten, (FATCA-Gesetz), SR 672.933.6

1136

Frankreich daraufhin das zurzeit in Kraft befindliche Erbschaftssteuerabkommen von 1953 per 1. Januar 2015.

OECD-Steuerfragen Im Juli 2014 verabschiedete die OECD den AIA in Steuersachen, zu dem sich alle wichtigen Finanzplätze der Welt bekennen sollen. Die Schweiz unterstützte den Standard, den sie in den OECD-Gremien aktiv mitgestaltet hatte und der die Vorgaben des Bundesrates vom 14. Juni 2013 erfüllt: Er gewährleistet den Datenschutz, die ausgetauschten Informationen dürfen nur für den vereinbarten Zweck verwendet werden, und der Informationsaustausch muss reziprok erfolgen. Der Standard sieht zudem die Identifikation der wirtschaftlich Berechtigten von Trusts und anderen Finanz-Konstrukten vor. Die G20-Staaten bestätigten den globalen Standard an ihrem Finanzministertreffen vom September 2014 in Cairns sowie am G20-Gipfeltreffen in Brisbane.

Die OECD hat, von der G20 unterstützt, 2014 die Arbeiten im Projekt Base Erosion and Profit Shifting (BEPS) zur Bekämpfung der Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung durch Unternehmen fortgesetzt und die ersten Ergebnisse verabschiedet.

Die Schweiz wirkt aktiv in den entsprechenden Arbeitsgruppen mit. Ziel ist es, aggressive Steueroptimierungspraktiken multinationaler Unternehmen zu bekämpfen und sicherzustellen, dass steuerbare Gewinne grundsätzlich am Ort der tatsächlichen Geschäftstätigkeit besteuert werden. Das Projekt wird voraussichtlich 2015 beendet, und seine Schlussergebnisse werden die Anpassung des internen Rechts und Änderungen des OECD-Musterabkommens erfordern.

Finanzdialoge Die Schweiz führt mit der Mehrheit der G20-Länder Finanzdialoge, um regelmässige Kontakte mit den in Finanzfragen involvierten Behörden der Partnerstaaten zu unterhalten und die jeweiligen Positionen in den relevanten internationalen Organisationen abstimmen zu können. Im Rahmen dieser Dialoge werden auch bilaterale Themen behandelt. 2014 wurden mit den folgenden Ländern Dialoge durchgeführt: Australien, Brasilien, China, Deutschland, Japan, Polen, Vereinigtes Königreich und neu mit den USA. Im zweiten Finanzdialog mit China, der am 26. Juni 2014 in Bern stattfand, stand die verstärkte Rolle des Schweizer Finanzplatzes bei der Internationalisierung der chinesischen Währung Renminbi im Vordergrund. Die Schweiz ist bestrebt, für die Entwicklung eines Renminbi-Zentrums
in der Schweiz eng mit China zusammenzuarbeiten und die dafür nötigen Schritte zu unternehmen.

Financial Action Task Force (FATF/GAFI) Die Arbeiten zur Anpassung des schweizerischen Dispositivs an die 2012 revidierten Empfehlungen der FATF/GAFI zur Bekämpfung der Geldwäscherei, Terrorismus- und Proliferationsfinanzierung sind weitergeführt worden. Am 13. Dezember 2013 hat der Bundesrat eine Botschaft zuhanden des Parlaments zur Umsetzung der revidierten FATF/GAFI-Empfehlungen verabschiedet.13 Sanktionen Aussenpolitische Interessen spielen bei der Abwägung zur Übernahme beziehungsweise Teil- oder Nichtübernahme von EU-Sanktionen eine gewichtige Rolle. In der 13

BBl 2014 605

1137

bisherigen Praxis hat die Schweiz mehrheitlich die von der EU beschlossenen Sanktionen übernommen. In Fall des Iran wurden die EU-Sanktionen nur teilweise übernommen. Der Bundesrat hat am 29. Januar und 13. August 2014 aufgrund der positiven Entwicklungen bei den Nuklearverhandlungen in Genf eine punktuelle Suspendierung der Sanktionen beschlossen. Im Zusammenhang mit der Situation in der Ukraine hat der Bundesrat im Berichtsjahr eine eigenständige und auf Glaubwürdigkeit ausgerichtete Sanktionspolitik verfolgt. Der Bundesrat beschloss darum, die EU-Sanktionen nicht zu übernehmen, aber alle notwendigen Massnahmen zu ergreifen, damit die internationalen Sanktionen gegen Russland nicht über das schweizerische Staatsgebiet umgangen werden können. Bundesratsbeschlüsse erfolgten am 26. März, 13. August und 12. November 2014. Die entsprechende Verordnung14 sieht Massnahmen im Finanz- und Handelsbereich vor. Im Rahmen ihrer eigenständigen Aussenpolitik versucht die Schweiz, einen Beitrag zu einer friedlichen Lösung in der Ukraine zu leisten. Der Bundesrat behält sich vor, je nach Entwicklung der Situation weitere Massnahmen zu beschliessen.

IWF/Quoten- und Gouvernanzreform Die 2010 beschlossene Reform der IWF-Quoten und der Gouvernanz ist weiterhin nicht von der notwendigen Mehrheit der Mitglieder ratifiziert worden. Die Wahrscheinlichkeit, dass der US-Kongress bis Ende Jahr der Reform zustimmt, wird als zunehmend gering eingeschätzt. Die Schweiz hat das Reformpaket 2012 ratifiziert.

Falls bis Ende Jahr keine Fortschritte festzustellen sind, wird der IWF Optionen für das weitere Vorgehen vorlegen. Für die Schweiz ist die integrale Umsetzung der Reform wichtig. Dies schliesst insbesondere die noch ausstehenden Beiträge zum Abbau europäischer Sitze im Exekutivrat des IWF ein.

G20 2013 war die Schweiz von der russischen G20-Präsidentschaft erstmals zu den Treffen der G20-Finanzminister und -Zentralbankgouverneure sowie der G20-Arbeitsgruppen in den Bereichen Finanzpolitik, Korruptionsbekämpfung und Energieund Rohstofffragen, dem sogenannten G20 Finance Track, eingeladen worden.

Unter der australischen Präsidentschaft 2014 war dies nicht möglich. Die Schweiz hat daher ihren Standpunkt zu den Themen der australischen Präsidentschaft im Rahmen bilateraler Kontakte zu den G20-Staaten aktiv übermittelt und
sich so indirekt am Meinungsbildungsprozess beteiligt. Die Schweiz nahm zudem auf Einladung Australiens an einzelnen Seminaren und technischen Workshops der G20 teil. Darüber hinaus ist die Schweiz 2014 Mitglied der Global Partnership for Financial Inclusion der G20 geworden, die auch Nicht-G20-Ländern offen steht.

Somit kann sie indirekt zur Agenda der G20 Development Working Group beitragen.

Korruptionsbekämpfung Die Schweiz ratifizierte im September 2009 das UNO-Übereinkommen gegen Korruption (UNCAC).15 Im selben Jahr führte deren Staatenkonferenz (COSP) einen Mechanismus zur Überprüfung der Umsetzung der Vertragspflichten (Peer Review Mechanism) ein. Aufgrund der gesammelten Erfahrungen als prüfender und geprüfter Mitgliedstaat und in der Absicht, den UNCAC-Mechanismus transparenter 14 15

SR 946.231.176.72 Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 31. Okt. 2003 gegen Korruption, SR 0.311.56

1138

und effizienter zu gestalten, erarbeitete die Schweiz Reformvorschläge, die sie in Form einer Resolution an der Staatenkonferenz der UNCAC in Panama Ende November 2013 einbrachte. Diese forderte von den Mitgliedstaaten unter anderem einen verstärkten Einbezug der Zivilgesellschaft in die Länderprüfungen, die Publikation der finalisierten Länderberichte und die Einrichtung eines eigentlichen Follow-up-Mechanismus. Statt die Resolution zu verabschieden, wurde indes entschieden, die sogenannte Implementation Review Group (IRG) im Hinblick auf die nächste COSP Ende 2015 in Russland mit der Evaluation von Anpassungen am Überprüfungsmechanismus zu beauftragen. Die Schweiz unterbreitete an den seither abgehaltenen IRG-Treffen verschiedentlich konkrete Verbesserungsvorschläge, wobei sie den Fokus auf die Etablierung eines internationalen Follow-up-Mechanismus legte. Strategisches Ziel ihrer Bemühungen rund um die Fortentwicklung des Überprüfungsmechanismus ist es namentlich, aufstrebende Handelspartner in Asien, Afrika und Lateinamerika auf eine effektive Implementierung von UNCAC zu verpflichten und damit im Bereich der Korruptionsbekämpfung ein Level Playing Field zu schaffen ­ womit Schweizer Unternehmen besser vor Benachteiligungen geschützt werden könnten.

Die Interdepartementale Arbeitsgruppe zur Korruptionsbekämpfung (IDAG Korruptionsbekämpfung) veröffentlichte am 8. Oktober 2014 ihren Tätigkeitsbericht 2011­2013.16 Dieser legt die Umsetzungsarbeiten zu den Empfehlungen der Kerngruppe der IDAG Korruptionsbekämpfung von 2011 dar, informiert über Aufklärungsmassnahmen, aktuelle Gesetzgebungsvorhaben sowie internationale Entwicklungen im Bereich der Korruptionsbekämpfung und spricht weitere Empfehlungen zur Stärkung des Schweizer Antikorruptionsdispositivs aus.

3.3.6

Völkerrecht, humanitäres Völkerrecht, internationale Strafgerichtsbarkeit und Terrorismusbekämpfung

Das Völkerrecht schützt Werte, denen sich die Schweiz seit jeher verpflichtet hat, wie Frieden, Sicherheit, Entwicklung und Menschenrechte. Eine verlässliche Völkerrechtsordnung ist die Grundlage für eine funktionierende internationale Zusammenarbeit, von der die Schweiz, insbesondere im Wirtschafts- und Finanzbereich, nachhaltig profitiert. Entsprechend hat die Schweiz der Bedeutung des Rechts im Rahmen der internationalen Beziehungen stets eine grosse Bedeutung beigemessen: Die Rechtssicherheit im Ausland erleichtert Schweizer Unternehmen nicht nur den Warenexport und den Zugang zu Märkten (Freihandelsabkommen), sondern schützt diese auch vor Diskriminierungen und unrechtmässigen Enteignungen, wenn sie im Ausland investieren (Investitionsschutzabkommen). Die Gewährleistung der internationalen Rechtssicherheit ist auch bei grenzüberschreitenden Themen wichtig, beispielsweise beim internationalen Umweltschutz oder, konkret auf die Schweiz bezogen, beim Schienenverkehr (NEAT). Die Schweiz setzt sich deshalb für eine stabile internationale Rechtsordnung und eine friedliche Streitbeilegung ein. So publizierte sie im Berichtsjahr ein umfassendes Handbuch zum Internationalen Gerichtshof, welches Staaten in ihren Bemühungen unterstützen soll, die Gerichts-

16

www.eda.admin.ch > Aussenpolitik > Finanzplatz und Wirtschaft > Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung > Korruption

1139

barkeit des Hauptrechtssprechungsorgans der UNO anzuerkennen und sich dadurch stärker ins internationale Rechtssystem einzubinden.

Initiative für die bessere Einhaltung des humanitären Völkerrechts Seit Langem setzt sich die Schweiz für die Entwicklung des Völkerrechts und die internationale Justiz ein. Vor 150 Jahren wurde die erste Genfer Konvention ins Leben gerufen, ein Moment, der die «Geburt» des modernen humanitären Völkerrechts markiert. Obwohl es seither in mehreren Schritten weiterentwickelt und seine Gültigkeit ausgedehnt wurde, wird das humanitäre Völkerrecht noch heute regelmässig verletzt. Aus diesem Grund hat die Schweiz gemeinsam mit dem IKRK eine Initiative lanciert, welche die Stärkung des humanitären Völkerrechts anstrebt. Sie soll dazu beitragen, auf die weitverbreiteten Verletzungen des humanitären Völkerrechts zu reagieren und den Schutz der Opfer bewaffneter Konflikte zu stärken. Mit diesem Anliegen widerspiegelt die Initiative die Auffassung einer überwiegenden Mehrheit von Staaten: Die bestehenden Kontrollmechanismen der Genfer Konventionen von 1949 und der Zusatzprotokolle von 1977 werden den heutigen Gegebenheiten bewaffneter Konflikte nicht mehr gerecht und sind daher wirkungslos. Zudem fehlt dem humanitären Völkerrecht ­ anders als in anderen Rechtsbereichen ­ ein institutioneller Rahmen, um Fragen der Einhaltung systematisch zu erörtern. Ziel der Initiative ist demnach, mögliche Massnahmen, insbesondere die Schaffung wirkungsvoller zwischenstaatlicher Mechanismen zur Förderung der Einhaltung des humanitären Völkerrechts, zu entwickeln.

Zu diesem Zweck fanden seit Juni 2012 drei Staatentreffen und mehrere informelle Konsultationen statt. Die Durchführung dieser Treffen veranschaulicht eine neue Dynamik innerhalb der Diskussion, denn noch nie haben sich die Vertragsstaaten seit dem Bestehen der Genfer Konventionen so häufig zusammengefunden. Im Rahmen des dritten Treffens vom 30. Juni und 1. Juli 2014 sprach sich die Mehrheit der Staaten für die Gründung einer regelmässigen Konferenz der Vertragsstaaten der Genfer Konventionen aus. Im Rahmen dieses Forums werden sich die Staaten nun erstmals systematisch mittels eines Berichtsverfahrens mit der Erfüllung ihrer rechtlichen Pflichten befassen. Allmählich soll so ein Gesamtbild über die Umsetzung des humanitären Völkerrechts
und der damit verbundenen drängendsten Herausforderungen entstehen. Diese können alsdann zielgerichtet angegangen und die Zusammenarbeit im Bereich der Förderung bewährter Massnahmen (best practices) und des Aufbaus staatlicher Kompetenzen und Kapazitäten (capacity building) gestärkt werden.

Eine weitere informelle Konsultationsrunde im Dezember 2014 diente der vertieften Diskussion über die institutionelle Struktur der Konferenz der Vertragsstaaten der Genfer Konventionen und der Frage der Finanzierung. Die im Rahmen des Konsultationsprozesses erarbeiteten Vorschläge werden der 32. Internationalen Rotkreuzund Rothalbmondkonferenz Ende 2015 unterbreitet, die über deren Umsetzung befinden soll. Ziel ist es, Mitte 2016 die erste Konferenz der Vertragsstaaten der Genfer Konventionen durchzuführen.

Weitere Aktivitäten im Zusammenhang mit dem humanitären Völkerrecht Im Dezember 2013, fünf Jahre nach Verabschiedung des Montreux-Dokuments über die rechtlichen Verpflichtungen der Staaten und «Best Practices» betreffend den Einsatz von privaten Militär- und Sicherheitsunternehmen in bewaffneten Konflikten (PMSC), haben die Schweiz und das IKRK die Montreux+5-Konferenz organi1140

siert, die sich mit den Problemen beim Einhalten der Verpflichtungen bezüglich Einsatz von privaten Militär- und Sicherheitsunternehmen befasst hat. Die Staaten und internationalen Organisationen kamen überein, sich zuerst auf die nationale Umsetzung der Verpflichtungen diesen Unternehmen gegenüber zu konzentrieren und danach die rechtlichen Verpflichtungen der PMSC zu klassifizieren. Sie äusserten den Wunsch nach einem Forum, dem Montreux Document Forum, das es den Teilnehmenden am Montreux-Dokument erlaubt, einen regelmässigen und institutionalisierten Dialog über diese Fragen zu führen. Im Verlauf des Jahres 2014 hat die Schweiz zusammen mit dem IKRK die Diskussionen zur Einrichtung des Montreux Document Forum unterstützt. Das Forum wird von der Schweiz und dem IKRK gemeinsam geleitet und trat am 16. Dezember 2014 zum ersten Mal zusammen. Parallel dazu hat die Schweiz sich weiter bemüht, den Kreis der Staaten, die das Montreux-Dokument unterstützen, zu erweitern. So hat sie namentlich zusammen mit dem IKRK und dem Zentrum für Demokratische Kontrolle der Streitkräfte (DCAF) am 3./4. Juni in Dakar ein regionales Seminar organisiert, um die Staaten in der Region für das Problem der privaten Militär- und Sicherheitsunternehmen und für die Lösungen, die das Montreux-Dokument bietet, zu sensibilisieren. Zurzeit wird das Montreux-Dokument von 50 Staaten und drei internationalen Organisationen (OSZE, NATO, EU) unterstützt.

Am 5. November 2009 hatte die UNO-Generalversammlung die Resolution 64/10 verabschiedet, in der sie der Schweiz als Depositär der Genfer Konventionen empfahl, Schritte zu unternehmen, um möglichst rasch eine Konferenz zur Frage der Anwendung der IV. Genfer Konvention über den Schutz von Zivilpersonen in Kriegszeiten im Besetzten Palästinensischen Gebiet, einschliesslich Ostjerusalem, einzuberufen. Als Depositär der Genfer Konvention verfügt die Schweiz nicht über ein Mandat, um eigenständig über die Einberufung einer Konferenz von Vertragsparteien zu entscheiden. Nur die Vertragsparteien selbst können über die Opportunität einer Konferenz entscheiden. Dabei geht der Depositär davon aus, dass es für die Feststellung des notwendigen kollektiven Willens nicht der Zustimmung aller 196 Vertragsparteien bedarf. Ausschlaggebend ist, dass eine Konferenz von einer kritischen Masse von Parteien
aus allen Weltregionen unterstützt wird.

Bereits in den Jahren 2009 und 2010 hatte die Schweiz im Rahmen einer ersten Konsultationsrunde zu eruieren versucht, ob unter den Vertragsparteien ein ausreichender kollektiver Wille zur Einberufung einer solchen Konferenz vorhanden war.

Der Depositär kam damals zum Schluss, dass dies nicht der Fall war. Nach einer neuen Analyse aller relevanten Entwicklungen mit Bezug zum Besetzten Palästinensischen Gebiet entschied er am 22. Juli 2014, die Konsultationen wieder aufzunehmen. Im Rahmen von drei Konsultationsrunden befragte er eine geografisch repräsentative Auswahl von rund 50 Vertragsparteien, ob sie die Einberufung einer Konferenz befürworten und welche prozeduralen und inhaltlichen Erwartungen sie gegebenenfalls an eine solche Konferenz knüpfen würden. Am 9. Dezember 2014 kam Bundespräsident Burkhalter unter Berücksichtigung aller Rückmeldungen zum Schluss, dass eine Konferenz einzuberufen sei, weil eine sehr grosse Zahl von Vertragsparteien aus allen Regionen einen solchen Schritt befürwortete.

An der Konferenz, die am 17. Dezember 2014 in Genf stattfand, verabschiedeten 126 Hohe Vertragsparteien eine Abschlusserklärung im Konsens, in der sie die grundlegenden Prinzipien des humanitären Völkerrechts bekräftigten, welche die Vertragsparteien der IV. Genfer Konvention beachten müssen. Die Erklärung unterstreicht zudem, dass diese Grundsätze auch für nichtstaatliche Akteure gelten. Sie 1141

bestätigt schliesslich die Abschlussdokumente der beiden früheren Konferenzen zum gleichen Thema aus den Jahren 1999 und 2001 und bekräftigt die rechtlichen Verpflichtungen in Bezug auf die Entwicklungen im Besetzten Palästinensischen Gebiet seit 2001.

Internationale Strafgerichtsbarkeit Im Berichtsjahr setzte sich die Schweiz für die Stärkung des Internationalen Strafgerichtshofs ein. Im Fokus ihrer Bemühungen lagen insbesondere die Effizienzsteigerung des Gerichts und damit einhergehend die Stärkung der Glaubwürdigkeit der Institution: Verfahren sollen in ihrer Dauer reduziert, unnötige Kosten eingespart und die Rechte der Angeklagten und Opfer gestärkt werden. Die Schweiz unterstützte eine Expertengruppe, die praxisbezogene Vorschläge zur Verbesserung der Effizienz erarbeitet hat. Diese wurden anlässlich einer internationalen Konferenz in der Schweiz besprochen, an der Vertreterinnen und Vertreter des Internationalen Strafgerichtshofs, Staaten und die Zivilgesellschaft teilnahmen. Die Ergebnisse regten insbesondere die Diskussionen im Rahmen der Versammlung der Vertragsstaaten sowie beim Gericht selbst an. Gleichzeitig war 2014 das letzte Jahr der dreijährigen Schweizer Vizepräsidentschaft der besagten Versammlung. Das Engagement der Schweiz im Rahmen dieses Mandats trug dazu bei, dass die Zusammenarbeit zwischen den Staaten sowie mit dem Gericht nachhaltig verbessert wurde, dies insbesondere im Bereich Kommunikation sowie hinsichtlich der Optimierung verschiedener Arbeitsprozesse. Auf nationaler Ebene legte der Bundesrat dem Parlament die Änderungen des Römer Statuts betreffend das Verbrechen der Aggression und die Kriegsverbrechen zur Genehmigung vor.

Menschenrechte Zusammen mit einer Gruppe gleichgesinnter Staaten setzt sich die Schweiz seit mehreren Jahren dafür ein, dass im Rahmen der gezielten Sanktionen des UNOSicherheitsrates gegen das Al-Kaida-Netzwerk die Verfahrensrechte der von den Sanktionen betroffenen Personen besser eingehalten werden. Sie berücksichtigt dadurch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und trägt ebenso dem Anliegen des Parlaments Rechnung, welches im September 2013 die Motion Marty (09.3719) um ein Jahr verlängerte.

Im April 2014 unterbreitete die Schweiz zusammen mit der Gruppe der gleichgesinnten Staaten erneut Vorschläge für eine
weitere Stärkung der Wirksamkeit und Unabhängigkeit der 2009 geschaffenen Ombudsstelle. An diese Stelle können sich die von Sanktionen betroffenen Personen wenden, um eine Streichung von der Sanktionsliste zu erwirken. Das langjährige Engagement der Schweiz hat dazu beigetragen, dass sich der menschenrechtliche Schutzstandard seit dem fünfzehnjährigen Bestehen dieses Sanktionsregimes wesentlich verbessert hat: Ein Eingreifen des Sicherheitsrates gegen eine Streichungsempfehlung der Ombudsperson ist nur noch in Ausnahmefällen denkbar und ist bisher in keinem der 50 Fälle erfolgt.

Zukünftig wird sich die Schweiz dafür einsetzen, dass auch die übrigen Sanktionsregime des Sicherheitsrates hinsichtlich der Verfahrensrechte der betroffenen Personen und Entitäten verbessert werden.

Terrorismusbekämpfung Die Schweiz setzt sich auf aussenpolitischer Ebene für eine wirksame Prävention und Bekämpfung des grenzüberschreitenden Terrorismus ein. Im Brennpunkt steht 1142

der sogenannte dschihadistisch motivierte Terrorismus des Al-Kaida-Netzwerks mit seinen regionalen Ablegern. Im Berichtsjahr beteiligte sich die Schweiz in multilateralen Fora wie der UNO, dem Global Counterterrorism Forum (GCTF), der OSZE und dem Europarat am Informationsaustausch und an der Entwicklung normativer und operationeller Abwehrmassnahmen. Sie setzte sich im Rahmen ihres Vorsitzes in der OSZE sowie in der UNO und im GCTF dafür ein, dass der Terrorismus auf der Basis des Völkerrechts bekämpft wird und dass insbesondere die Menschenrechte und in bewaffneten Konflikten das humanitäre Völkerrecht respektiert werden.

Thematische Schwerpunkte bildeten dabei die internationale Zusammenarbeit bei terroristisch motivierten Entführungsfällen, um die Freilassung von Geiseln ohne Bezahlung von Lösegeld zu erreichen, sowie die Verhinderung von grenzüberschreitenden Reisen von Personen in Konfliktgebiete mit der Absicht, Terrorakte zu verüben oder sich daran zu beteiligen. Die Schweiz hat in diesen Bereichen aktiv an der Stärkung der internationalen Kooperation mitgewirkt und zudem verstärkt Dialoge mit Partnerstaaten geführt. Zweck dieses Engagements war auch, den Informationsfluss zwischen dem Ausland und nationalen Sicherheitsakteuren sicherzustellen. Anlässlich der vierten Überprüfung der Globalen Strategie der UNO im Juni 2014 unterbreitete die Schweiz Ideen für die institutionelle Stärkung der UNO bei der Bekämpfung des Terrorismus.

Im Rahmen des GCTF, dem 29 Staaten aus allen Erdteilen und die EU angehören, entstand die Idee eines Global Community Engagement and Resilience Fund (GCERF). Der GCERF hat zur Aufgabe, mit öffentlichen und privaten Geldern Präventionsprojekte zu finanzieren, die darauf ausgerichtet sind, Radikalisierungstendenzen und gewalttätigem Extremismus vorzubeugen. Der Bevölkerung sollen wirtschaftliche, bildungsorientierte und soziale Perspektiven aufgezeigt und solche gefördert werden, die sie vor einem Abgleiten in gewalttätigen Extremismus bewahren. Gegenüber anderen Entwicklungsfonds unterscheidet sich der GCERF dadurch, dass er sich auf lokaler Ebene auf Gemeinschaften konzentriert, die leicht zur Rekrutierungsbasis von terroristischen Netzwerken und Organisationen werden könnten.

Prävention und Ursachenbekämpfung von Terrorismus, die friedliche Lösung von Konflikten
und die Verbesserung der Situation in sogenannten fragilen Ländern gehören zu den Schwerpunkten des aussenpolitischen Engagements der Schweiz.

Entsprechend bot sie sich an, den GCERF als Stiftung nach Schweizer Recht in Genf anzusiedeln. Am 13. August hat der Bundesrat die Unterstützung des GCERF beschlossen und dem EDA das Mandat erteilt, mit dem GCERF ein Sitzabkommen zu verhandeln. Der GCERF wurde in der Folge am 9. September in Genf gegründet.

Restitution von Potentatengeldern Die Schweiz restituierte in den vergangenen zwanzig Jahren Potentatengelder in der Höhe von über 1,7 Milliarden Franken an die Herkunftsländer. Jüngster Erfolg dieser Bemühungen ist die Einziehung der Duvalier-Gelder (rund 6 Millionen Franken), welche nun über Entwicklungsprojekte nach Haiti zurückgeführt werden können.

Die langjährige Erfahrung der Schweiz im Umgang mit Potentatengeldern und die dabei entwickelten Lösungsansätze stossen international auf zunehmendes Interesse.

Der Einbezug der Schweiz in Fora der EU oder der G7 (ehemals G8) illustriert diesen Umstand. Die Schweiz wiederum nutzt diese Möglichkeiten, sich international noch stärker einzubringen und die Entwicklung internationaler Standards zu fördern. Sie orientiert sich dabei an aussenpolitischen Zielen wie der Stärkung der 1143

Rechtsstaatlichkeit und dem Kampf gegen die Straflosigkeit. Gleichzeitig stimmt sie ihre Politik bei der Rückführung von Potentatengeldern eng mit ihrem Engagement in der Entwicklungszusammenarbeit ab, insbesondere im Bereich der Korruptionsbekämpfung, und garantiert somit Kohärenz in der Schweizer Aussenpolitik. Anfang November 2014 organisierte die Schweiz auf Anfrage der G7 das Arab Forum on Asset Recovery (AFAR) in Genf. Mit der Schweiz führte somit erstmals ein Drittstaat und nicht die G7-Präsidentschaft diese internationale Konferenz durch.

Im Rahmen der Umsetzung eines Mandats der Vertragsstaatenkonferenz zum UNOÜbereinkommen gegen die Korruption (UNCAC) initiierte die Schweiz 2014 in Zusammenarbeit mit dem Basler International Centre for Asset Recovery (ICAR) und im Beisein der Weltbank eine Initiative mit dem Ziel, internationale Leitlinien bei der Abwicklung von Potentatengelderfällen zu verabschieden. Diese Leitlinien sollen ­ auf der Grundlage der Schweizer Erfahrungen ­ die Wirksamkeit der Bemühungen um die Rückerstattung von Vermögenswerten durch zunehmende internationale Koordination erhöhen. Zugleich sind sie ein wichtiger Schritt zur Schaffung gleicher Ausgangsbedingungen (level playing field) für alle Finanzplätze, also eines Umfelds, in dem alle Akteure der Finanzindustrie an dieselben Regeln gebunden sind.

Der Bundesrat verabschiedete am 21. Mai 201417 die Botschaft zum Bundesgesetz über die Sperrung und Rückerstattung unrechtmässig erworbener Vermögenswerte ausländischer politisch exponierter Personen.

3.4

Strategische Partnerschaften und globale Themen

3.4.1

Strategische Partnerschaften zu aussereuropäischen Staaten

Der Stärkung und Diversifizierung der strategischen Partnerschaften mit aussereuropäischen Ländern misst die Schweizer Aussenpolitik grosse Bedeutung zu. Dabei bemüht sich die Schweiz im Rahmen des Grundsatzes der Universalität traditionell, nicht nur die bilateralen Beziehungen mit Gross- und Regionalmächten zu pflegen, sondern auch mit mittleren und kleineren Staaten.

Bilaterale und multilaterale Themen überlappen sich in einer interdependenten Welt häufig. Daher nehmen multilaterale Aspekte einen wichtigen Teil der bilateralen Beziehungen ein. Bilaterale Kontakte werden systematisch genutzt, um multilateralen Anliegen und Interessen der Schweiz Gehör zu verschaffen, gleichgesinnte Staaten zu identifizieren beziehungsweise zu pflegen und die Kooperation in multilateralen Fora zu stärken. Gleichzeitig bleiben bilaterale Themen zentrale Herausforderungen für die schweizerische Aussenpolitik, da Staaten weiterhin die wichtigsten Akteure im internationalen System sind.

Amerikanischer Kontinent Entwicklungen in der Region Die USA sind trotz innenpolitischer Blockaden und aussenpolitischer Rückschläge noch immer die einzige globale Supermacht. Andere Staaten gewinnen indes, vor17

BBl 2014 5265

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erst zumindest regional, an Bedeutung. Die aussenpolitische Bilanz der ObamaAdministration ist auch 2014 durchzogen. Die geostrategische Zurückhaltung, die unter anderem der Kriegsmüdigkeit und der Priorisierung der Innenpolitik geschuldet ist, hat traditionelle Partner der USA irritiert und Vakua geschaffen. Die Ukraine-Krise veranlasste Präsident Obama, sich wieder stärker Europa und der NATO zuzuwenden. Der sogenannte Reset mit Russland ist ebenso gescheitert wie die Bemühungen von Aussenminister Kerry für einen Nahostfrieden. Die Rückzüge aus dem Irak sowie aus Afghanistan haben langfristig noch kaum abschätzbare geopolitische Konsequenzen. Eine Normalisierung der Beziehungen mit dem Iran könnte das Kernstück des aussenpolitischen Erbes Obamas werden, falls die zähen Verhandlungen über das iranische Nuklearprogramm zu einer Einigung führen. Mitte Dezember kündigten die Präsidenten der USA und Kubas die Normalisierung der Beziehungen an. Die Gespräche über die Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP) kamen 2014 voran. Für eine nachhaltige Belastung der Beziehungen mit den europäischen Partnern haben die NSA-Affäre sowie der sogenannte Feinstein-Bericht zu den Folterpraktiken der CIA gesorgt. In Kanada konzentriert sich die konservative, in wirtschaftlichen Belangen liberale Regierung auf die Aussenwirtschaftspolitik. Sie profiliert sich zudem mit einer dezidiert proisraelischen Haltung und hat sich im Ukrainekonflikt, nicht zuletzt wegen der starken ukrainischen Diaspora, klar auf die Seite Kiews gestellt. In Mexiko war das Jahr geprägt durch die Verabschiedung weiterer tiefgreifender Reformen, deren Implementierung nun ansteht. Bei der Eindämmung der Gewalt des organisierten Verbrechens konnte Präsident Peña Nieto ­ wie dies die Entführung und Ermordung von 43 Studenten in Iguala Ende September illustrierte ­ hingegen noch kaum nachhaltige Erfolge verbuchen.

In Südamerika haben mehrere Regierungen die Unzufriedenheit ihrer Bürger zu spüren bekommen, was regional Signalwirkung hatte und paradoxerweise zumindest teilweise auf den durch bisherige Reformen angehobenen Lebensstandard und eine politische Emanzipation zurückzuführen ist. Die Proteste im Vorfeld der FussballWeltmeisterschaft in Brasilien, die, wie die knappe Wiederwahl von Präsidentin Rousseff im Oktober zeigt,
durch die Opposition nicht in einen Erfolg an der Urne umgemünzt werden konnten, lenkten weltweit die Aufmerksamkeit auf die auf dem Subkontinent bestehenden sozialen Missstände und die Korruption. In Venezuela offenbarten die massiven Unruhen die tiefe politische Spaltung sowie die nach wie vor ungelösten sozialen, politischen und wirtschaftlichen Probleme. Die Rezession in Argentinien hat sich durch die Mitte Jahr eingetretene technische Zahlungsunfähigkeit verschärft. Dank der Wiederwahl von Präsident Santos hat der jüngste, 2012 begonnene und relativ fortgeschrittene Friedensprozess in Kolumbien mit der linken FARC-Guerilla weiterhin eine Chance auf Erfolg. Interessant sind die in Lateinamerika zu beobachtenden Diskussionen in der Drogenpolitik, in der innovative Ansätze evaluiert und zum Teil schon angewandt werden, die sich von lange praktizierten repressiven Massnahmen unterscheiden.

Der regionale Integrationsprozess ist durch zahlreiche Organisationen sowie die Komplexität und Vielfältigkeit der nationalen Interessen geprägt. Dank ihrer pragmatischen Integrationsdynamik sticht bei den regionalen Organisationen die von Chile, Peru, Kolumbien und Mexiko 2012 gegründete, wirtschaftlich liberale Pazifik-Allianz heraus.

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Aktivitäten der Schweiz Die Beziehungen zwischen der Schweiz und den Ländern des amerikanischen Kontinents sind traditionell gut. Dazu tragen die historisch gewachsenen, engen kulturellen Verbindungen, weitgehend ähnliche Werte und Interessen ebenso bei wie die wichtigen Auslandschweizer-Kolonien. Das Image der Schweiz ist generell weiterhin ausgezeichnet.

Die USA als globale Supermacht sind für die Schweiz ein unumgänglicher Partner.

Hinter der EU sind die USA der mit Abstand wichtigste Exportmarkt für die Schweizer Wirtschaft und weltweit die bedeutendste Destination für Schweizer Investitionen. Die schweizerisch-amerikanische Zusammenarbeit im Bereich Forschung und Innovation ist intensiv und für beide Seiten gewinnbringend. Historisch sind die bilateralen Beziehungen eng, aber aufgrund des Grössen- und Machtunterschiedes stark asymmetrisch. Der Steuerstreit und die NSA-Affäre haben die bilateralen Beziehungen 2014 erheblich belastet, wurden aber im bilateralen Dialog auf Experten- und auf politischer Ebene oder in multilateralen Fora thematisiert und konstruktiv bearbeitet. Während die Politik der USA vis-à-vis der Schweiz hierzulande genau analysiert wird und grosse mediale Aufmerksamkeit erfährt, ist dies umgekehrt nicht der Fall. Dies ändert nichts am Interesse der Schweiz an der Pflege und ­ soweit beidseitige Interessen bestehen ­ der Intensivierung der vielschichtigen Beziehungen und des Dialogs auf allen Ebenen. Bundespräsident Burkhalter traf sich am 24. Januar 2014 in Davos mit Aussenminister Kerry sowie am 25. Februar 2014 im Weissen Haus mit Vizepräsident Biden. Bei beiden Gesprächen standen der OSZE-Vorsitz sowie die bilateralen Beziehungen im Vordergrund, wobei sowohl problematische Aspekte als auch bestehende und neue Themen der Kooperation diskutiert wurden. Bei beiden Gelegenheiten dankten die amerikanischen Gesprächspartner der Schweiz für ihre Schutzmachttätigkeit für die USA (Iran und Kuba). Dieser Dank zeigt die Wertschätzung für die Dienste der Schweiz, die für Zuverlässigkeit und Glaubwürdigkeit stehen. Als ein neuer Bereich der Zusammenarbeit wurde die Berufsbildung definiert. Mitte September besuchte Jill Biden, die Gattin des Vizepräsidenten, die Schweiz, um das Schweizer Modell der Berufsbildung besser kennenzulernen. Auch anlässlich eines Treffens zwischen dem
amerikanischen Arbeitsminister und Bundesrat Schneider-Ammann wurde das Interesse an einer Vertiefung der Zusammenarbeit im Berufsbildungsbereich bekundet. Im Mai 2014 fand die jährliche Joint Working Group Schweiz/USA in Washington statt, die es erlaubte, die bilateralen Beziehungen in ihrer ganzen Breite zu würdigen.

Mit Kanada wurden 2014 bilaterale politische Konsultationen sowie Konsultationen zu Fragen der menschlichen Sicherheit durchgeführt. Mexiko ist, wie beim Treffen zwischen Bundespräsident Burkhalter und Präsident Peña Nieto anlässlich des WEF im Januar zum Ausdruck kam, in multilateralen Fora ein zunehmend wichtiger und gleichgesinnter Partner der Schweiz. Mit Mexiko wurden wiederum bilaterale politische Konsultationen sowie bilaterale Konsultationen zu multilateralen Fragen abgehalten. In Kuba machte der Prozess der Integration der Schweizer Vertretung in Havanna 2014 Fortschritte. Die Integration bietet der Schweiz Opportunitäten, um Synergien zwischen den verschiedenen Instrumenten ihrer Aussenpolitik besser zu nutzen und ihre Mittel in Kuba effizienter einzusetzen. Mit Kuba fanden 2014 wiederum politische Konsultationen statt.

Brasilien nimmt als G20- und BRICS-Land und einflussreichstes Mitglied des MERCOSUR eine strategisch wichtige Stellung ein, und die Schweiz hat die bilateralen Beziehungen namentlich im Bereich Forschung und Innovation weiterentwi1146

ckelt. Bundesrat Schneider-Ammann eröffnete im April 2014 in Rio de Janeiro den ersten Aussenposten des Wissenschafts- und Bildungsnetzwerks swissnex in Lateinamerika. Im Bereich der Landeskommunikation ist auf das intensive SchweizStandortmarketing anlässlich der Fussball-Weltmeisterschaft zu verweisen. Die bilateralen Beziehungen zum G20-Land Argentinien blieben in vielen Gebieten, namentlich dem Menschenrechtsbereich, dynamisch, und im November fanden zum achten Mal politische Konsultationen statt. Dem wirtschaftlichen Verhältnis sind in gewissen Bereichen aufgrund des unterschiedlichen Wirtschaftsmodells Grenzen gesetzt. Zum zweiten Mal und unter dem Motto «Junge Sportler ohne Grenzen ­ Kolumbien» hat das EDA junge, aus einer krisengeschüttelten Region stammende Kolumbianerinnen und Kolumbianer in die Schweiz eingeladen, um ihnen neue Lebensperspektiven aufzuzeigen. Das Thema der Jugend in bewaffneten Konflikten war 2014 ein besonderes Anliegen von Bundespräsident Burkhalter. Mit Chile, einem gleichgesinnten und zunehmend wichtigen Partner, fanden im November politische Konsultationen statt.

Ein 2014 verabschiedetes EDA-internes Strategiepapier zu den Karibik-Kleinstaaten ermöglicht eine verbesserte Koordination und die punktuelle Intensivierung der Beziehungen zu den entsprechenden Ländern. Auch für Zentralamerika wurde die Redaktion einer EDA-internen strategischen Roadmap eingeleitet, die der ganzen Breite der Interessen und Aktivitäten der Schweiz in der Region Rechnung tragen soll. 2014 trat das EFTA-Freihandelsabkommen mit Costa Rica und Panama in Kraft, und die entsprechenden Verhandlungen mit Guatemala wurden abgeschlossen.

Die Schweiz engagierte sich im Rahmen des im November 2013 erlangten Beobachterstatus bei der Pazifik-Allianz und nahm erstmals an einem Gipfel der Organisation teil. Bei einem bilateralen Treffen im Oktober in Chile zeigten sich die Länder der Pazifik-Allianz an einer Zusammenarbeit mit der Schweiz im Bereich Innovation interessiert. In Bern rief das EDA eine Plattform für den Dialog mit den vier Mitgliedstaaten ins Leben.

Die Schweiz setzte in Lateinamerika und der Karibik im Rahmen der gut etablierten DEZA- und AMS-Programme rund 110 Millionen Franken ein. Diese werden in Zentralamerika, namentlich Nicaragua und Honduras, in Haiti, Kuba, Bolivien und Kolumbien
verwendet und stellen einen wichtigen und sichtbaren Teil der Beziehungen zu diesen Staaten dar. Dazu wurden 2014 neue, vielversprechende Formen der Zusammenarbeit im Rahmen der DEZA-Globalprogramme Wasser und Klimawandel in den Anden (Bolivien, Peru, Ecuador, Chile, Kolumbien) weiterentwickelt.

Zusätzlich engagiert sich das SECO mit wirtschaftlichen Entwicklungsprogrammen in der Region (Schwerpunktländer Peru und Kolumbien), die die Vielfältigkeit der internationalen Zusammenarbeit der Schweiz aufzeigen und sich 2014 auf über 45 Millionen Franken beliefen (vgl. Ziff. 3.3.3).

Asien und Pazifik Entwicklungen in der Region Auch 2014 war der Raum Asien/Pazifik die wirtschaftlich dynamischste Weltregion.

Ihr Anteil am Weltbruttosozialprodukt wuchs auf über 39 % an, und sie könnte bis 2035 50 % der globalen Wirtschaftsleistung aufbringen. Schon heute steuert die Region gut die Hälfte zum globalen Wirtschaftswachstum bei und stellt mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung. Die Mittelklasse der Region Asien/Pazifik wird 2030 1147

ungefähr fünfmal grösser sein als jene Europas. Sechs Mitglieder der G20 befinden sich im Raum Asien/Pazifik (China, Japan, Indien, Südkorea, Indonesien, Australien).

Die regionale ökonomische Integration in Asien schreitet mit einem System von sich überlappenden regionalen und überregionalen Wirtschaftspartnerschaften voran. Bis Ende 2015 soll die ASEAN-Gemeinschaft mit den drei Pfeilern Wirtschaft, Politik und Sicherheit in Kraft treten. In fortgeschrittenem Verhandlungsstadium befindet sich das Trans-Pacific Partnership Agreement (TPP), welches neben zahlreichen Partnern im asiatisch-pazifischen Raum auch die USA, Mexiko, Chile, Peru und Kanada umfasst. Parallel dazu laufen seit 2012 Verhandlungen für die Regional Comprehensive Economic Partnership (RCEP). Diese Wirtschaftspartnerschaft basiert auf dem ASEAN-Netzwerk und umfasst 16 Länder des asiatisch-pazifischen Raums, inklusive China und Japan, aber nicht die USA.

Trotz der immer engeren wirtschaftlichen Verflechtung in Asien nahmen im Berichtsjahr die Spannungen insbesondere in Ostasien aufgrund territorialer Streitigkeiten im Ost- und Südchinesischen Meer zu. Es besteht dabei ein Eskalationsrisiko, wie zum Beispiel die Konfrontation zwischen chinesischen und vietnamesischen Schiffen im Mai 2014 und die darauf folgenden gewalttätigen Proteste in Vietnam zeigen. Experten beobachten deshalb das sich verändernde Machtgleichgewicht und die militärische Aufrüstung der involvierten Staaten mit Sorge. Falls die Streitigkeiten um die verschiedenen Inselgruppen und deren Gas- und Ölvorkommen sowie Fischgründe in einen bewaffneten Konflikt münden sollten, könnte dies das bisher kontinuierlich starke Wachstum in der Region beeinträchtigen und den maritimen Güterverkehr empfindlich stören.

In China wurden 2014 die im November 2013 von der kommunistischen Partei angekündigten tiefgreifenden Reformen weiter umgesetzt. Der Schwerpunkt liegt auf wirtschaftlichen Neuerungen, zum Beispiel der verstärkten Liberalisierung des Finanzsektors oder dem Ausbau von Sonderwirtschaftszonen. In Japan legte die Regierung im Juli 2014 die japanische Verfassung neu dahingehend aus, dass neben der individuellen in Zukunft auch die kollektive Selbstverteidigung verfassungskonform ist. In Indien propagiert der im Frühling 2014 mit deutlicher Mehrheit gewählte Premierminister
Narendra Modi eine wirtschaftsfreundliche Reformagenda und die Annäherung insbesondere an die Nachbarstaaten. In Afghanistan kam es nach zwei Wahlgängen mit erfreulich hoher Stimmbeteiligung zu langwierigen Streitigkeiten hinsichtlich der Stimmenauszählung. Unter Vermittlung insbesondere der USA und der UNO wurden im September 2014 der Erstplatzierte zum neuen Präsidenten und der Zweitplatzierte zum Vorsitzenden des Ministerrates ernannt. Die internationalen Kampftruppen zogen Ende 2014 aus Afghanistan ab und wurden durch eine kleinere Ausbildungsmission ersetzt. Pakistan startete im Berichtsjahr eine Grossoffensive gegen islamistische Gruppen in Nordwaziristan, gewärtigte aber auch politische Unruhen. Die Grenzstreitigkeiten zwischen Indien und Pakistan in der KaschmirRegion steigerten sich im September und Oktober in unüblich intensive Schusswechsel. Die Wahlen in Bangladesch vom Januar wurden von Beobachtern als demokratisch nicht einwandfrei gewertet. In Sri Lanka stockten die Versöhnungsbemühungen zwischen den Bevölkerungsgruppen. So kann der 2013 gewählte Provinzrat im Norden sein verfassungsmässiges Amt bisher nur beschränkt ausüben.

In Thailand übernahm im Mai 2014 das Militär die Macht, nachdem der Machtkampf zwischen zwei politischen Lagern das Land in eine tiefe Regierungskrise gestürzt hatte. Die Präsidentschaftswahlen in Indonesien im Juli zeugten von der 1148

Festigung der Demokratie in diesem Land. Myanmar hat sich in den vergangenen zwei Jahren aussenpolitisch geöffnet und innenpolitisch einen Reformkurs beschritten.

Aktivitäten der Schweiz Aufgrund der wachsenden wirtschaftlichen und politischen Bedeutung hat die Schweiz 2014 ihre Beziehungen mit Asien/Pazifik weiter vertieft und ausgebaut.

Der Handel der Schweiz mit der Region hat sich in den letzten zehn Jahren mehr als verdoppelt. Als global vernetztes Land mit einer eigenständigen und universalen Aussenpolitik und mit weltweit tätigen Unternehmen hat die Schweiz ein besonderes Interesse, ihr Verhältnis zu den Ländern der Region weiter aktiv auszubauen. Dabei gilt es nicht nur die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu verbessern, sondern auch im bilateralen und im multilateralen Bereich weitere Möglichkeiten der Zusammenarbeit auszuloten und im gegenseitigen Interesse Partnerschaften aufzubauen. Gerade bei der Bewältigung globaler Herausforderungen, zum Beispiel in der Klimapolitik, sind ohne die konstruktive Mitarbeit der grossen asiatischen Staaten kaum Lösungen möglich.

Die Schweiz verfolgt in der heterogenen, durch grosse historische, soziale, politische und ökonomische Vielfalt geprägten Region eine Strategie, die auf drei Pfeilern beruht: Erstens sollen die bilateralen politischen Kontakte auf allen Ebenen mittels eines punktuellen und pragmatischen Ausbaus des vertraglichen Netzwerks intensiviert werden. Dabei sollen nicht nur die Kontakte zu den grossen Partnern China, Japan und Indien gepflegt, sondern ebenfalls die Beziehungen mit den an politischer und wirtschaftlicher Bedeutung gewinnenden mittelgrossen und kleineren Staaten gezielt ausgebaut werden. Zweitens wird eine verstärkte Zusammenarbeit in multilateralen Fora mit den Staaten der Region sowie eine Annäherung an die Regionalorganisationen der Region Asien/Pazifik angestrebt. Drittens soll die Region in den Bereichen Entwicklung, Frieden und Menschenrechte sowie der humanitären Hilfe in Notlagen solidarisch unterstützt werden.

Die bilateralen Beziehungen zwischen der Schweiz und China konnten mit dem Inkrafttreten des Freihandelsabkommens am 1. Juli 201418 einen Meilenstein verbuchen, und der politische Dialog mit der Schweiz wurde mit dem Besuch des chinesischen Vize-Aussenministers im Oktober fortgesetzt. Im Juli konnte der
Präsident des Direktoriums der Schweizerischen Nationalbank in Peking ein bilaterales SwapAbkommen mit der chinesischen Zentralbank unterzeichnen, was einen wichtigen Schritt in Richtung Etablierung der Schweiz als «Offshore-Hub» der chinesischen Währung Renminbi darstellt (vgl. Ziff. 3.3.5). Die regelmässigen fachspezifischen Dialoge (Finanz-, Menschenrechts-, Migrationsdialog, Dialog über geistiges Eigentum) konnten wie geplant durchgeführt werden.

Die Beziehungen mit Japan standen ganz im Zeichen des 150-Jahre-Jubiläums der offiziellen bilateralen Beziehungen, das mit zahlreichen Anlässen gefeiert wurde.

Bundespräsident Burkhalter besuchte im Februar Tokio und traf neben dem japanischen Premierminister, den er bereits im Januar getroffen hatte, und dem Aussenminister auch das Kaiserpaar. Im Juni 2014 wurde der japanische Kronprinz Naruhito in der Schweiz empfangen, und einen Monat später besuchte Bundesrat SchneiderAmmann mit einer Wirtschaftsdelegation Tokio und die von der Dreifachkatastro18

Freihandelsabkommen vom 6. Juli 2013 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Volksrepublik China, SR 0.946.292.492

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phe vom März 2011 betroffene Region in Nordostjapan. Der politische Dialog fand im Dezember auf Stufe Staatssekretär in Tokio statt.

Im Januar 2014 wurde die Präsidentin von Südkorea, Park Geun-Hye, zu einem Staatsbesuch in der Schweiz empfangen. Im Rahmen dieses Besuches wurden ein Sozialversicherungsabkommen sowie mehrere Verständigungsprotokolle abgeschlossen. Darüber hinaus wurden Abkommen zwischen privaten Unternehmen geschlossen. Nicht zuletzt konnte eine Lösung für Probleme im Zollbereich (Ursprungsnachweise) gefunden werden. Im Dezember fand der politische Dialog auf Stufe Staatssekretär in Seoul statt.

Mit Nordkorea jährte sich die Aufnahme der bilateralen Beziehungen zum vierzigsten Mal. Im Juni empfing Staatsekretär Rossier den nordkoreanischen Aussenminister zu einem Höflichkeitsbesuch. Die Strategie der Humanitären Hilfe in Nordkorea wurde bis 2016 verlängert. Mit der Mongolei feierte die Schweiz das 50-JahreJubiläum der bilateralen Beziehungen. Zu diesem Anlass besuchte der Direktor der DEZA im Mai 2014 die Mongolei. Im Bereich Migration (Rückführung) konnten deutliche Fortschritte erzielt werden.

Die Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen der EFTA mit Indien konnten vor der Wahlperiode in Indien vom Mai 2014 nicht abgeschlossen werden. Die EFTA steht hinsichtlich einer Fortsetzung der Verhandlungen in Kontakt mit der indischen Seite. Im Rahmen der bilateralen Beziehungen fanden im November eine weitere Dialogrunde der politischen Konsultationen sowie Migrationsgespräche in Delhi statt. In Dhaka (Bangladesch) und Kathmandu (Nepal) wurde der Prozess der Integration der Schweizer Vertretungen abgeschlossen.

Mit Pakistan wurde im November eine weitere Runde des politischen Dialogs in Bern durchgeführt. In Bezug auf Sri Lanka unterstützte die Schweiz den Appell des UNO-Menschenrechtsrates zur Versöhnung und Aufklärung von Verbrechen vor Ende des Kriegs. Zudem standen Schweizer Vertreter im regelmässigen Kontakt mit den Behörden Sri Lankas in Bezug auf die beiden nach ihrer Rückkehr nach Sri Lanka im Juli/August 2013 in Colombo verhafteten Tamilen. Durch ihre Teilnahme an der London-Konferenz über Afghanistan im Dezember und an den Treffen der internationalen Kontaktgruppe zu Afghanistan bekräftigte die Schweiz ihre Politik der Solidarität und des Engagements am Hindukusch.
Der Präsident von Singapur wurde im Mai 2014 von drei Bundesräten in Bern empfangen. Der Wille zu einer engeren bilateralen Zusammenarbeit wurde durch die Vereinbarung eines politischen Dialogs bekräftigt. Im Juni reiste SBFI-Staatssekretär Dell'Ambrogio anlässlich der Feierlichkeiten zum zehnjährigen Bestehen des swissnex nach Singapur und anschliessend nach Vietnam, wo er, begleitet von einer Wissenschaftsdelegation, Forschungseinrichtungen besuchte und sich mit Ministerialvertretern traf. Bereits im Februar war in Hanoi eine weitere Runde des politischen Dialogs mit Vietnam durchgeführt worden. Im September hat die Schweiz in der Wirtschaftsmetropole Ho Chi Minh City ein neues Generalkonsulat in Betrieb genommen. Mit dem G20-Land Indonesien konnten die bilateralen Beziehungen im Juni anlässlich der zweiten Runde des politischen Dialogs weiter vertieft werden. Im September 2014 besuchte U Thein Sein als erster Präsident von Myanmar die Schweiz, wo er in Bern vom Bundespräsidenten empfangen wurde. Anlässlich des Besuches wurde die Aufnahme eines regelmässigen politischen Dialogs vereinbart und die fortgesetzte Unterstützung der Schweiz für die Transition Myanmars bekräftigt.

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Die bilateralen Beziehungen mit Australien haben seit dem Besuch von Bundesrat Burkhalter im Oktober 2013 und der Vereinbarung eines bilateralen strategischen Dialoges an Dynamik gewonnen. Im März 2014 besuchte die australische Aussenministerin die Schweiz, wo sie von Bundespräsident Burkhalter empfangen wurde.

Bei dieser Gelegenheit bekundeten beide Länder ihr Interesse an einer Ausweitung der Zusammenarbeit ­ zum Beispiel in den Bereichen Wirtschaft, Bildung und Forschung oder in multilateralen Gremien ­ und an der gemeinsamen Nutzung von Botschaftsräumlichkeiten. Im Juli 2014 fand zudem in Canberra die dritte Runde des politischen Dialoges statt. Auch mit Neuseeland konnten die Beziehungen vertieft werden. Seit Juli übernehmen die neuseeländischen Vertretungen im Pazifikraum (Cookinseln, Niue, Tonga, Kiribati, Salomoneninseln, Vanuatu) den konsularischen Schutz für in Not geratene Schweizer Bürgerinnen und Bürger. Im Februar 2014 hat Fidschi als erster pazifischer Inselstaat eine permanente Vertretung in Genf eröffnet.

Das EDA fördert im Rahmen seiner Pazifikstrategie die Teilnahme pazifischer Staaten an der multilateralen Diplomatie und an Aktivitäten im Zusammenhang mit dem internationalen Genf.

Im Oktober 2014 nahm Bundespräsident Burkhalter am Gipfeltreffen des AsienEuropa-Treffens der ASEM in Mailand teil, dem wichtigsten politischen Dialogforum zwischen Europa und Asien. Bezüglich der regionalen Integration strebt die Schweiz zudem eine Erweiterung der Beziehungen mit der ASEAN an. Zentrale Bereiche einer verstärkten Zusammenarbeit konnten im Juli 2014 in Jakarta sowie am Rande des ASEM-Gipfels in Mailand mit dem Generalsekretariat ebendieser Organisation identifiziert werden. Die Teilnahme eines Schweizer Vertreters am 45. Pacific Islands Forum auf Palau im Sommer erlaubte die Annäherung an eine weitere regionale Organisation in der Region Asien/Pazifik. Schliesslich war die Schweiz im September 2014 an der alle zehn Jahre stattfindenden UNO-Konferenz der Small Island Developing States (SIDS) auf Samoa vertreten.

Naher Osten und Nordafrika Entwicklungen in der Region Dreieinhalb Jahre nach Beginn des «Arabischen Frühlings», der eine Phase grosser politischer, wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Veränderungen einläutete, befinden sich die Länder im Nahen Osten und in Nordafrika
noch immer im Umbruch.

Die angestrebten Reformen verlieren jedoch an Tempo, die wirtschaftliche Situation verschlechtert sich, und der anfängliche Enthusiasmus wird von Spaltungstendenzen verdrängt. Es ist unübersehbar, dass die eingeleiteten Transitionsprozesse grosse und langwierige Hindernisse bewältigen müssen.

Im Irak und in Syrien hat die bewaffnete dschihadistische Organisation des sogenannten «Islamischen Staats» die Kontrolle über einen Teil des Territoriums auf beiden Seiten der Grenze übernommen, was eine grosse Herausforderung für die internationale Sicherheit darstellt. Der massive Zustrom von Flüchtlingen schwächt die Nachbarstaaten, deren Gleichgewicht und Infrastrukturen bereits stark unter Druck stehen, noch zusätzlich.

Die Sistierung der israelisch-palästinensischen Friedensverhandlungen unter der Leitung des amerikanischen Aussenministers Kerry, die Fortführung der Besiedlung des Westjordanlands und die erneute militärische Intervention Israels im Gazastreifen im Sommer 2014 lassen die Hoffnungen auf eine Verhandlungslösung für den Konflikt weiter schwinden.

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Während in Nordafrika der demokratische Transitionsprozess in Tunesien mit der Durchführung von Parlaments- und Präsidentschaftswahlen im Herbst Fortschritte macht, zerfällt in Libyen der Staat in den Händen der Milizen, und die Präsenz grenzüberschreitender Islamistengruppen im Sahel und im Sinai nimmt zu. In Ägypten, nach der Absetzung von Präsident Mursi im Juli 2013, wurde im Juni 2014 der General Sisi zum Präsidenten gewählt.

Aktivitäten der Schweiz Die Schweiz hat in diesem Teil der Welt zahlreiche Interessen, insbesondere sicherheitspolitische, wirtschaftliche und migrationspolitische. Daher hat sich der Bundesrat rasch und entschieden dafür eingesetzt, einen Beitrag zum langfristigen Erfolg der Reformprozesse zu leisten. Trotz der vielen Krisen hat die Schweiz ihre Aktivitäten während des ganzen Jahres 2014 fortgesetzt, wobei sie den Entwicklungen vor Ort angepasst werden mussten. Zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang, dass der Bundesrat im Rahmen seiner Ziele für 2014 das EDA beauftragt hat, die aktuelle Situation in den Ländern dieser Region seit dem Ausbruch der Aufstände von 2011 zusammenzufassen und Szenarien möglicher Entwicklungen aufzuzeigen, um sich besser auf die Zukunft vorbereiten zu können. Das entsprechende Dokument wurde vom Bundesrat an der Bundesratssitzung vom 28. November besprochen und zur Kenntnis genommen.

Die Schweiz konnte ihren Ruf als neutrale und glaubwürdige Partnerin behaupten.

Es gelang ihr auch, während des vergangenen Jahres einen hohen Rhythmus regelmässiger Besuche in den Ländern der Region und in der Schweiz aufrechtzuerhalten, um den auch Menschenrechtsaspekte beinhaltenden politischen Dialog, namentlich mit Israel, der palästinensischen Autonomiebehörde, dem Iran, Oman, Bahrain und Marokko fortzuführen. Im Übrigen wurde das Netz der Schweizer Vertretungen im Ausland mit der Eröffnung einer Botschaft in Muskat (Oman) ausgebaut. Die Schweizer Botschaft in Libyen hingegen musste im Juli 2014 aus Sicherheitsgründen geräumt werden und ist vorübergehend geschlossen.

Die Tätigkeit der Schweiz bei der Unterstützung des demokratischen Übergangs und der Menschenrechte wurde in drei Ländern (Ägypten, Tunesien, Libyen) verstärkt mit dem Einsatz von Beraterinnen und Beratern für menschliche Sicherheit, die in den sogenannten integrierten Botschaften tätig
sind. Damit konnte insbesondere das Netz an lokalen Partnern in den Regierungen und der Zivilgesellschaft ausgebaut werden.

Bei den Wirtschaftsbeziehungen ist die Inkraftsetzung eines EFTA-Freihandelsabkommens mit den Ländern des Golf-Kooperationsrates GCC am 1. Juli 2014 zu erwähnen.19 Dieser Schritt zeugt vom neuen Schwung, den die Schweiz dem Handels- und Finanzverkehr mit diesen Ländern verleihen will, der bereits jetzt bedeutend ist.

Die Schweiz engagiert sich in den internationalen Gremien für die Friedensförderung. So hat sie sich im Nahostkonflikt weiter für eine Zweistaatenlösung (Israel und Palästina) eingesetzt, obwohl es der amerikanischen Diplomatie 2014 nicht gelungen ist, die Friedensverhandlungen neu zu lancieren. In Syrien hat die Schweiz ihren Einsatz für eine politische Verhandlungslösung weitergeführt, im Geiste der Dialog19

Freihandelsabkommen vom 22. Juni 2009 zwischen den EFTA-Staaten und den Mitgliedstaaten des Kooperationsrates der Arabischen Golfstaaten, SR 0.632.311.491

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bereitschaft, die die legitimen Anliegen aller Beteiligten ernst nimmt. So fand in Montreux am 22. Januar 2014 die sogenannte Genf II-Konferenz mit den Delegationen der syrischen Regierung und der verschiedenen Oppositionsgruppen statt. Parallel dazu nahm die Schweiz an mehreren trilateralen Verhandlungen mit Vertreterinnen und Vertretern der syrischen und der iranischen Regierung teil, um für humanitäre Organisationen einen besseren Zugang zur notleidenden Bevölkerung sicherzustellen.

Betreffend Iran und die Nuklearfrage hat die Schweiz in Genf mehrere Verhandlungsrunden zwischen Teheran und den fünf ständigen Mitgliedern des Sicherheitsrates und Deutschland empfangen. Eine Übergangsvereinbarung, die im November 2013 unterzeichnet wurde, ist am 20. Januar 2014 in Kraft getreten. Im Juli und im November 2014 verlängerten die Unterzeichnenden die Frist, sodass diese nun bis zum 30. Juni 2015 gilt. Ziel ist es, bis dahin eine definitive Vereinbarung abzuschliessen, die den ausschliesslich friedlichen Charakter des iranischen Nuklearprogramms garantiert und im Gegenzug sämtliche Sanktionen des Westens und der UNO aufhebt. Die Schweiz ist weiterhin bereit, ihre guten Dienste anzubieten und zur Lösung der Situation beizutragen.

Das internationale Engagement der Schweiz fokussierte sich auch auf die Wahrung von Völkerrecht und Menschenrechten sowie auf den Kampf gegen die Straflosigkeit. In der UNO-Vollversammlung setzte sich der Bundesrat für eine nicht politisierte, konstruktive Haltung ein. Das Gleiche gilt für den Menschenrechtsrat, wo die Schweiz zusammen mit 46 Staaten eine gemeinsame Erklärung zur besorgniserregenden Situation in Bahrain und zusammen mit 26 Staaten eine gemeinsame Erklärung über die Menschenrechtssituation in Ägypten unterzeichnet hat, welche die massive Gewalt der Sicherheitskräfte gegen Demonstrierende kritisiert und eine unabhängige Untersuchung allfälliger Verbrechen in diesem Zusammenhang fordert.

In Bezug auf den Nahen Osten organisierte die Schweiz aufgrund des ihr von der UNO-Vollversammlung übertragenen Mandats (Resolution 64/10 vom 5. Nov.

2009) und als Depositarstaat der Genfer Konventionen am 17. Dezember 2014 in Genf eine Konferenz, in deren Rahmen 126 «Hohe Vertragsparteien» eine Abschlusserklärung im Konsens verabschiedeten, in der sie die grundlegenden Prinzipien
des humanitären Völkerrechts bekräftigten, welche die Vertragsparteien der IV. Genfer Konvention beachten müssen (vgl. Ziff. 3.3.6). In Bezug auf Syrien hatte die Schweiz im Januar 2013 zusammen mit 57 anderen Staaten einen Brief an den Sicherheitsrat geschrieben und ihn gebeten, die Situation in diesem Land dem internationalen Strafgerichtshof vorzulegen. Mit derselben Bitte gelangte Frankreich im Mai 2014 an den Sicherheitsrat, sie blieb jedoch wegen der Vetos von Russland und China ohne Erfolg.

Angesichts der sehr angespannten demografischen Situation, der schlechten wirtschaftlichen Bedingungen und der in den meisten Ländern der Region sehr unsicheren politischen Aussichten könnte sich der Migrationsdruck rasch verstärken. Aus diesem Grund verfolgt die Schweiz die Entwicklung der Lage aufmerksam, damit sie bei Bedarf die nötigen Massnahmen ergreifen kann, um gemeinsam mit allen betroffenen Partnern auf internationaler Ebene den Migrationsfluss der Flüchtlinge und Vertriebenen wirksam zu steuern.

Im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit und der finanziellen und humanitären Hilfe war die Schweiz seit Beginn der Aufstände im Jahr 2011 sehr aktiv und führte ihre Tätigkeit während des ganzen vergangenen Jahres im Rahmen globaler Programme namentlich im Bereich Wasser, als Koordinatorin der Geberländer und als 1153

wichtige Beitragszahlerin der United Nations Relief and Works Agency for Palestine (UNRWA) sowie mit der Unterstützung verschiedener UNO-Programme fort (UNHCR, ILO, UNIDO, UNDP). Die Schweiz hat sich ebenfalls auf die Fortführung langfristiger Projekte konzentriert, die ab 2011 gestartet wurden und den Übergang zur Demokratie und die wirtschaftliche Entwicklung besonders in Nordafrika unterstützen sollen, sowie auf humanitäre Noteinsätze in Krisenländern. So hat der Bundesrat nach der militärischen Intervention Israels im Gazastreifen rasch reagiert und die Mittel für die humanitäre Hilfe um 3,65 Millionen Franken erhöht, zusätzlich zu den 21,5 Millionen Franken, die die DEZA jährlich für die Hilfe im Palästinensergebiet zur Verfügung hat. Im Irak hat sie ihre Hilfe nach dem Vormarsch der dschihadistischen Organisation des sogenannten «Islamischen Staats» aufgestockt.

Insgesamt unterstützt die Schweiz die Opfer der Syrien- und Irakkrise seit 2011 mit Hilfsmassnahmen im Betrag von 135 Millionen Franken.

Subsahara-Afrika Entwicklungen in der Region Das Jahr 2014 war auf dem afrikanischen Kontinent von zahlreichen Krisen geprägt.

Vor allem in Regionen mit gewaltsamen Konflikten, in sogenannt fragilen und unbeständigen Kontexten, ist die Bevölkerung Menschenrechtsverletzungen, Entwicklungshemmnissen und humanitärer Not und Epidemien, wie zum Beispiel dem Ebola-Virus, ausgesetzt. In mehreren Ländern Subsahara-Afrikas leben erhebliche Bevölkerungsanteile weiterhin unter der absoluten Armutsgrenze.

Der Südsudan, der jüngste Staat Afrikas, leidet seit Ende 2013 unter einem Bürgerkrieg, da bei den Friedensverhandlungen noch immer kein Durchbruch erzielt wurde. In der Zentralafrikanischen Republik ist die Situation nach der militärischen Rettungsaktion Frankreichs weiterhin sehr instabil, weshalb der UNO-Sicherheitsrat im April 2014 eine integrierte UNO-Mission (MINUSCA) beschloss, die im September 2014 startete. Die Übergangsregierung kämpft mit fehlenden finanziellen und personellen Ressourcen sowie internen Spaltungen. Sie ist nicht in der Lage, ein Minimum an Dienstleistungen sicherzustellen und kann das vorgesehene Wahldatum nicht einhalten. In Mali finden gestützt auf das 2013 geschlossene Abkommen von Ouagadougou im Rahmen der internationalen Mediationsbestrebungen unter algerischer Leitung seit
September 2014 Gespräche zwischen der Regierung Malis und den bewaffneten Gruppierungen des Nordens statt. Ziel ist die Einigung auf ein alle Parteien einbeziehendes Friedensabkommen, das die langfristige Stabilität und eine nachhaltige soziale und wirtschaftliche Entwicklung im ganzen Land sicherstellen soll. Im Norden Malis kommt es häufig zu Zusammenstössen zwischen den Tuareg oder Truppen der Multidimensionalen Integrierten Stabilisierungsmission der Vereinten Nationen in Mali (MINUSMA) und dschihadistischen Gruppierungen, die Opfer unter der Zivilbevölkerung fordern. Die dschihadistische Vereinigung Boko Haram, die während langer Zeit nur in Nigeria ein Problem war, gewinnt auch im Norden Kameruns an Boden. Schliesslich hat sich das Ebola-Virus in Westafrika ausgebreitet und droht einen grossen Teil der ganzen Region zu destabilisieren. Die internationale Gemeinschaft hat reagiert und zum ersten Mal in der Geschichte der UNO eine integrierte Mission zur Bekämpfung einer Krise im Gesundheitsbereich (UNMEER) eingesetzt (vgl. Ziff. 3.3.3).

Gleichzeitig gibt es in Afrika auch rund ein Dutzend Staaten mit einer sehr dynamischen Wirtschaftsentwicklung, wie zum Beispiel Angola, Nigeria, Äthiopien, Ruanda und Mosambik. Um ihr Wachstum zu fördern, setzen die meisten Staaten 1154

des Kontinents heute vermehrt auf die Entwicklung des Privatsektors sowie von Wirtschaftspartnerschaften. Die multilateralen Gipfel zwischen globalen Wirtschaftsmächten und afrikanischen Staaten nehmen dabei zu: Vorreiter sind die USA, die EU und China, dicht gefolgt von aufstrebenden Volkswirtschaften wie Indien, der Türkei oder den Vereinigten Arabischen Emiraten. All diese Länder interessieren sich seit einem Jahrzehnt für Afrika und erhalten Konzessionen für Unternehmen sowie Rohstofflieferungen im Austausch für den Ausbau von Infrastrukturen. Der Rohstoffabbau, das anhaltende Wirtschaftswachstum und die Entstehung eines Marktes mit einer Milliarde Konsumenten bewegen die meisten industrialisierten Länder dazu, sich in Afrika neu zu positionieren. Dies gilt auch in Bezug auf die BRICS-Staaten, die ihren wirtschaftlichen und politischen Einfluss auf dem ganzen Kontinent ausgebaut haben.

Aktivitäten der Schweiz Neben der Entwicklungszusammenarbeit, der humanitären Hilfe sowie ihrem Engagement in der Friedenspolitik und der menschlichen Sicherheit etabliert die Schweiz auch einen politischen Dialog mit denjenigen afrikanischen Staaten, die sich sowohl politisch als auch wirtschaftlich zu kontinentalen Schwergewichten entwickeln.

Bisher existieren zwei solcher Dialoge, mit Südafrika und Nigeria, den Wirtschaftsmächten des Kontinents. 2014 wurde verschiedentlich der Grundstein gelegt, um die bilateralen Beziehungen mit weiteren Partnerländern auszubauen. Mit der Ausweitung ihres Engagements und der Durchführung hochrangiger Treffen hat die Schweiz der zunehmenden Bedeutung der Länder Afrikas Rechnung getragen.

Mit Südafrika, einem traditionellen strategischen Partner auf dem afrikanischen Kontinent, verbindet die Schweiz neben den Interessen in Wirtschaft, Wissenschaft und Forschung sowie Entwicklungszusammenarbeit eine trilaterale Zusammenarbeit zugunsten Drittländer in der Friedensförderung und in multilateralen Themen. Die Zusammenarbeit mit Nigeria beschränkt sich nicht nur auf eine konstruktive Migrationspartnerschaft, sondern wird dank den jährlich stattfindenden Konsultationen in den Bereichen Politik und Menschenrechte verstärkt. Zudem hat der Besuch der SECO-Staatssekretärin zur Entscheidung des EDA beigetragen, ein Generalkonsulat in Lagos zu eröffnen.

Mit Angola, Land das in der Region
politisch an Gewicht zunimmt, dessen Bedeutung wirtschaftlich steigt und welches 2015/16 zusätzlich ein Mitglied des UNOSicherheitsrats sein wird, wurde eine Absichtserklärung verhandelt, die einen regelmässigen politischen Dialog ermöglichen soll. Die Rückgabe der in der Schweiz blockierten angolanischen Gelder erhöht ausserdem die Sichtbarkeit der Schweiz.

Das schweizerische Engagement in Somalia zielt darauf ab, einen Beitrag zur Stabilisierung dieses Landes und dessen Nachbarn zu leisten, um die bestehenden Probleme zu bekämpfen und die damit zusammenhängenden internationalen Auswirkungen zu minimieren. Für die Schweiz sind, sowohl aus humanitärer wie auch aus asylpolitischer Sicht, Migrationsfragen wichtig. Im Rahmen eines Besuchs des somalischen Premierministers in Bern im März 2014 konnten die für die Schweiz zentralen Themen Sicherheit und Terrorismusbekämpfung, Aufbau von Infrastruktur sowie Föderalismus, bei denen sie nicht nur einen Mehrwert generieren kann, sondern auch entsprechende Sichtbarkeit und Wertschätzung geniesst, diskutiert werden. Nachdem der Bundesrat im Frühjahr 2013 einen Botschafter und Sondergesandten für Somalia ernannt hatte, wurde die zunehmende Bedeutung der Region mit einer Mission auf Stufe Staatssekretär unterstrichen. Mit dem Sudan wurde 1155

anlässlich eines Austauschs mit dem Staatsminister des Aussenministeriums vereinbart, regelmässige Besuche und politische Gespräche durchzuführen.

Der Arbeitsbesuch von Staatssekretär Rossier diente dazu, die Beziehungen der Schweiz zu strategischen Partnerländern und Regionalorganisationen wie der Afrikanischen Union (AU) und der Intergovernmental Authority on Development (IGAD) zu vertiefen. Bei Letzterer handelt es sich um eine regionale Organisation, welche die neun Länder des Horns von Afrika, nämlich Äthiopien, Kenia, Uganda, Eritrea, Somalia, Dschibuti, Jemen, Südsudan und Sudan, umfasst. Die IGAD nimmt für die Stabilität und Entwicklung der Region eine zunehmend wichtige Rolle ein, weshalb die Schweiz mit ihr ein Rahmenabkommen zur Partnerschaft und Zusammenarbeit abgeschlossen hat. Diese Partnerschaft erlaubt es der Schweiz, mit der IGAD und ihren Mitgliedsländern einen politischen Dialog zu führen und die Wirkung des schweizerischen Engagements in der Region zu vergrössern. In Kenia und Äthiopien konnte der Staatssekretär zentrale Themen wie die Verbesserung der Zusammenarbeit im Migrationsbereich besprechen. Mit Äthiopien wurde eine Absichtserklärung unterzeichnet, welche in regelmässigen Abständen bilaterale politische Konsultationen vorsieht.

Die Zuspitzung der Krise in Mali 2013 machte deutlich, dass die Schweiz ihr Engagement im Sahel anpassen muss. Das EDA hat diesbezüglich strategische Leitlinien für die Periode 2014­2018 erarbeitet, damit auf die Herausforderungen in der Region adäquater reagiert werden kann: Die Schweizer Aussenpolitik in der Region wird an den drei Achsen wirtschaftliche und soziale Entwicklung, Gouvernanz und Sicherheit ausgerichtet. In Mali hat die Schweiz als Mitglied des von der UNO geleiteten internationalen Begleit- und Evaluationsausschusses für das vorläufige Friedensabkommen von Ouagadougou den Mediationsprozess Algeriens eng begleitet und unterstützt.

Als Reaktion auf den Ausbruch der Krise in der Zentralafrikanischen Republik (ZAR) im Jahr 2013 hat die Schweiz ein konsequentes Engagement im Bereich der humanitären Hilfe gestartet. Bei der UNO hat sich die Schweiz in die ZARKonfiguration in der Kommission für Friedenskonsolidierung eingebracht. Damit kann die Schweiz die internationalen Diskussionen zugunsten der Menschenrechte und des Schutzes der
Zivilbevölkerung in der ZAR beeinflussen. Das EDA erwägt ein langfristiges Engagement der Schweiz in der Zentralafrikanischen Republik. Die Auswirkungen der Krise auf den Nachbarn Kamerun haben die Schweiz dazu veranlasst, dieses Land bei der Aufnahme von Flüchtlingen zu unterstützen. Anlässlich des offiziellen Besuchs von Bundesrätin Sommaruga im Oktober 2014 wurde eine Migrationspartnerschaft zwischen der Schweiz und Kamerun abgeschlossen.

Auf multilateraler Ebene ist die Internationale Organisation der Frankophonie (Organisation internationale de la Francophonie, OIF) für die Schweiz eine wichtige Plattform für den Austausch mit den Ländern Subsahara-Afrikas zur Förderung des Friedens, der Demokratie und der Aus- und Weiterbildung dar. Der alle zwei Jahre stattfindende Gipfel der Frankophonie wurde im November 2014 zum 15. Mal durchgeführt, dieses Mal in Dakar. Dort konnten die zwei neuen strategischen Ausrichtungen der OIF auf die Wirtschaft und die Jugend konkretisiert werden, womit den Bedürfnissen der frankophonen Bevölkerung Rechnung getragen wird. In diesem Sinn haben die Staatspräsidenten von Senegal und der Schweiz im Rahmen einer gemeinsamen Erklärung einen Aufruf zur Förderung der Berufsbildung und der universitären Online-Kurse, die namentlich von der ETH Lausanne und ihren Partnerinstitutionen in Afrika angeboten werden, lanciert. Mit dieser gemeinsamen 1156

Erklärung wurde die von der Schweiz am Rande der Deklaration von Dakar eingebrachte Resolution unterstützt, die die Frankophonie für die Ausbildung der Frauen und der Jugend im digitalen Zeitalter mobilisieren will. Diese gemeinsame Aktion mit dem das OIF präsidierenden Senegal innerhalb der Frankophonie markiert auch den Beginn einer begrenzten Zusammenarbeit mit diesem Land in Bildungsfragen.

Ausserdem steht sie im Zusammenhang mit der Berufsbildungskonferenz der Frankophonie in Lausanne, die von der Schweiz organisiert wurde und an welcher 23 frankophone Staaten Afrikas und der OIF teilgenommen haben.

3.4.2

UNO und internationales Genf

UNO-Generalversammlung Im Zentrum der breitgefächerten Tätigkeiten der UNO-Generalversammlung standen die intensiven Vorarbeiten zur neuen internationalen Agenda für eine Nachhaltige Entwicklung nach 2015 (vgl. Ziff. 3.3.3 und 3.4.3). Diese wird als umfassender globaler Referenzrahmen die Tätigkeiten der UNO im Bereich nachhaltige Entwicklung für die kommenden fünfzehn Jahre prägen. Die offene Arbeitsgruppe über Ziele für eine Nachhaltige Entwicklung verabschiedete im Juni 2014 ihren Bericht, welcher zusammen mit dem Bericht des UNO-Generalsekretärs von Ende November 2014 die wesentlichen Grundlagen für die zwischenstaatlichen Verhandlungen von 2015 bildet. Die Vorbereitungsarbeiten für den Gipfel im September 2015 wurden an die Hand genommen. Die Schweiz setzte sich auch dafür ein, dass das internationale Genf im Rahmen dieser Diskussionen eine wichtige Rolle spielt und unterstützte dazu ein Ausbildungsprojekt des United Nations Institute for Training and Research (UNITAR).

Menschenrechte und Menschenrechtsrat Der Menschenrechtsrat mit Sitz in Genf ist das wichtigste Organ innerhalb des UNO-Systems im Bereich der Menschenrechte und hat für die Umsetzung der Ziele der Schweizer Aussenpolitik eine grosse Bedeutung. Die zunehmenden Aktivitäten des Rates können als ein Zeichen seines Erfolgs gewertet werden. Allerdings stossen sich diese Aktivitäten an der eklatanten Unterfinanzierung der Menschenrechtstätigkeiten im UNO-System: Die Förderung und der Schutz der Menschenrechte ist einer der drei Hauptpfeiler der UNO, erhält aber lediglich rund drei Prozent des regulären Budgets. Vor diesem Hintergrund hat die Schweiz den UNO-Generalsekretär in einem von 55 Staaten mitunterzeichneten Schreiben aufgefordert, dem Menschenrechtsteil der UNO in der Budgetplanung 2016­2017 mehr Mittel zukommen zu lassen.

Seit Beginn des «Arabischen Frühlings» haben sich die Diskussionen im Menschenrechtsrat grundsätzlich konstruktiv entwickelt. Die neue Ratsmitgliedschaft verschiedener menschenrechtskritischer Staaten hat die Dynamik seit Anfang 2014 allerdings negativ beeinflusst. Im Vergleich zu den Vorjahren waren die Debatten vermehrt polarisiert und politisiert. Trotzdem bewertet die Schweiz die Arbeit des Rates 2014 als insgesamt positiv und unverändert wichtig.

Die Schweiz hat ihre Kandidatur für eine erneute
Mitgliedschaft im Menschenrechtsrat für 2016­2018 eingereicht. Auch als Nichtmitglied beteiligt sich die Schweiz mit unvermindertem Engagement an den substanziellen Arbeiten des Rates.

Sie bemüht sich, ihre prioritären Themen einzubringen und die Debatten zugunsten 1157

der Opfer von Menschenrechtsverletzungen zu beeinflussen. 2014 lancierte die Schweiz mehrere erfolgreiche Initiativen: Der Menschenrechtsrat nahm im März eine Resolution zur Frage des Schutzes der Menschenrechte bei friedlichen Demonstrationen an, im Juni verabschiedete er eine Resolution zur Todesstrafe, und im September verlängerte er das Mandat des Sonderberichterstatters zur Förderung der Wahrheit, der Gerechtigkeit und der Wiedergutmachung (vgl. Beilage: Bericht über die Aussenpolitik im Bereich Menschenrechte: Bilanz 2011­2014 und Perspektiven). Ebenfalls prioritär waren für die Schweiz der Schutz der Privatsphäre im digitalen Zeitalter, die Rechte von Frauen und Kindern sowie der Themenbereich Menschenrechte und Unternehmen (vgl. Ziff. 3.3.4). Die Schweiz engagierte sich des Weiteren für die Bekämpfung der Straflosigkeit und die Stärkung der Rechenschaftspflicht, beispielsweise in Syrien und Nordkorea. Mit der Unterstützung von 47 gleichgesinnten Ländern hat sie auf die anhaltend problematische Menschenrechtslage in Bahrain aufmerksam gemacht. Darüber hinaus nahm die Schweiz aktiv an der allgemeinen periodischen Überprüfung der Menschenrechtslage von annähernd 30 Staaten teil, gab zahlreiche Empfehlungen ab und bemühte sich, zur Universalität und Glaubwürdigkeit dieses Mechanismus beizutragen.

Frieden und Sicherheit Im Bereich der UNO-Friedensmissionen führte die Schweiz ihr Engagement als Vorsitzende der Burundi-Friedenskonsolidierungskonfiguration aktiv weiter. Im Juli 2014 wurde die Schweiz ausserdem als Mitglied der Landes-Konfiguration für die Zentralafrikanische Republik bestätigt. Die Teilnahme auf Niveau Staatssekretär an der Jahressitzung der Kommission für Friedenskonsolidierung bekräftigte das aktive Engagement der Schweiz in diesem Bereich. Die Schweiz liegt mit ihrer finanziellen Unterstützung der UNO-Friedensmissionen auf dem 15. Platz aller Beitragszahler.

Mit der Entsendung von insgesamt 29 Angehörigen von Polizei und Militär liegt die Schweiz im internationalen Vergleich im hinteren Mittelfeld.

In der UNO-Generalversammlung nahm die Schweiz aktiv an der Debatte zur Verbesserung der politischen und institutionellen Rahmenbedingungen der sogenannten Politischen Sondermissionen der UNO teil. Diese gewinnen stetig an Bedeutung und sollen institutionell stärker verankert werden.
Das Thema der organisierten Kriminalität wird in verschiedenen internationalen Foren, auch im Rahmen der UNO und ihrer Spezialorganisationen, zunehmend wichtig. 2015 wird die Schweiz am UNO-Kongress in Doha zu den Themen Kriminalitätsbekämpfung und Strafverfolgung teilnehmen.

Die Schweiz führte 2014 ihre Initiative für eine Überweisung der Situation in Syrien an den Internationalen Strafgerichtshof durch den UNO-Sicherheitsrat konsequent fort. Sie trat auch aktiv als Gastgeberin der Syrien-Konferenz in Montreux und der nachfolgenden Gespräche zwischen den Konfliktparteien unter der Leitung des damaligen Sondergesandten auf. Die Schweiz begrüsst die Fortsetzung der Friedensgespräche der UNO und hat dem neuen Sondergesandten ihre Unterstützung zugesichert. Die UNO bleibt entschlossen, den Prozess in Genf weiterzuführen. Im Mai engagierte sich die Schweiz zusammen mit Frankreich für die Gewinnung von schliesslich 65 Mitgliedstaaten für eine Überweisungsresolution des UNO-Sicherheitsrates. Diese Resolution scheiterte zwar am Doppelveto Russlands und Chinas, die damit einhergehende Debatte im Sicherheitsrat verlieh jedoch der Forderung nach Gerechtigkeit für die Opfer des Syrienkrieges auf dem internationalen Parkett Auftrieb (vgl. Ziff. 3.4.1 Naher Osten und Nordafrika).

1158

Zivilgesellschaft und Jugendarbeit Der Schweiz ist es ein konstantes Anliegen, dass im System der UNO neben den Mitgliedstaaten auch die Position von Vertretern der Zivilgesellschaft gehört werden. In verschiedenen Politikbereichen ­ zum Beispiel bei der Prävention und Bekämpfung von Verbrechen und Korruption sowie in der Drogenpolitik ­ hat sich die Schweiz aktiv für einen stärkeren Einbezug der Zivilgesellschaft engagiert.

Nichtregierungsorganisationen können mit ihrer Perspektive zu einer umfassenderen Gesamtbetrachtung beitragen und so den UNO-Diskurs um neue Ideen bereichern.

Auch aus diesem Grund erregt ihre Präsenz ­ und sei es nur als Beobachter ­ in vielen Gremien bisweilen Widerstand.

2014 jährte sich das Projekt der UNO-Jugenddelegierten zum zehnten Mal. In Zusammenarbeit mit der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft der Jugendverbände (SAJV) wurden wiederum drei Jugenddelegierte ausgewählt. Diese lieferten substanzielle Beiträge bei Verhandlungen, nahmen an internationalen Konferenzen teil und erzeugten einen Mehrwert für Schweizer Delegationen. Ein Jugenddelegierter begleitete den Bundespräsidenten anlässlich der Eröffnung der 69. Generalversammlung an den UNO-Hauptsitz nach New York. Im Rahmen von Vorträgen und Schulbesuchen informierte das EDA Jugendliche über die UNO und die Aktivitäten der Schweiz.

UNESCO Ein Aktionsplan für die Umsetzung der schweizerischen UNESCO-Strategie 2015+, die Ende 2013 dem Bundesrat vorgelegt wurde, ist in Erarbeitung. Das Engagement der Schweiz im Rahmen von UNESCO 2015+ basiert auf den drei Grundpfeilern Stabilität der Institution, Relevanz der Programme und Nutzung des Expertennetzes.

Das Mandat dieser UNO-Organisation, die sich mit Bildung, Wissenschaft, Kultur und Kommunikation auseinandersetzt, erfordert die enge Zusammenarbeit von verschiedenen Akteuren. In Kooperation mit mehreren Bundesämtern aller Departemente sowie der Schweizerischen UNESCO-Kommission und den Kantonen setzt sich das EDA weiterhin für ein aktives Engagement der Schweiz ein.

Im Berichtsjahr hat die Schweiz ihre Kandidatur für einen Sitz im Exekutivrat der UNESCO für die Periode 2016­2019 eingereicht, um ihre Anliegen im wichtigsten Entscheidungsgremium der Organisation noch besser einbringen zu können. Die Wahl wird an der UNESCO-Generalversammlung im Herbst 2015 erfolgen.
UNO-Reformen Die Schweiz unterstützte die verschiedenen Reformbemühungen der UNO-Verwaltung hin zu einer modernen und effizienten Betriebsführung der Organisation. Einen besonderen Fokus richtete die Schweiz dabei auf einen zielgerichteten und strategischeren Budgetprozess der UNO. In diesem Zusammenhang lancierte die Schweiz im Sommer 2013 mit acht anderen Staaten eine Initiative zur Budgetreform. Der Bericht der Expertengruppe wurde im Herbst 2014 vorgestellt und ist Gegenstand von Diskussionen unter den Mitgliedstaaten. Die Schweiz verfügt dank ihrem obligatorischen Beitrag von durchschnittlich 108 Millionen Franken über die letzten drei Jahre oder 1,047 % des Gesamtbudgets der UNO (17. Rang aller Beitragszahler) über eine wichtige Stimme.

Im Bereich der Reform des Sicherheitsrates hat die Schweiz eine führende Stellung.

Sie leitet die sogenannte ACT-Gruppe (accountability, coherence, transparency), 1159

deren 23 Mitglieder auf eine Verbesserung der Arbeitsmethoden hinsichtlich Rechenschaft, Kohärenz und Transparenz zielen. Weiter ist es ein Anliegen der Schweiz, die Mitwirkungsmöglichkeiten der Nichtmitgliedstaaten zu verbessern. Für die Reform der Arbeitsmethoden steht die Schweiz regelmässig in Kontakt mit den ständigen und gewählten Mitgliedern des Sicherheitsrates.

Die Schweiz beteiligt sich aktiv an den Vorbereitungen für die 2015 geplante Überprüfung der Friedenskonsolidierungsarchitektur der UNO und engagiert sich insbesondere im Bereich der besseren Einbindung der Zivilgesellschaft in die Arbeiten der Kommission für Friedenskonsolidierung. Sie unterstützt im Rahmen der Geneva Peacebuilding Platform einen Reflexionsprozess zu Friedenskonsolidierung mit verschiedenen Interessengruppen. Die Schweiz verfolgt ausserdem aufmerksam die Arbeiten des UNO-Sekretariats für die Überprüfung der Friedenssicherungseinsätze.

Weiter werden die Arbeiten des UNO-Sekretariats zur Stärkung der Früherkennung von Menschenrechtsverstössen sowie der Handlungsfähigkeit des UNO-Systems im Krisenfall unterstützt, die einen wichtigen Beitrag zur Konfliktprävention leisten.

Kandidaturen und Platzierung der Schweiz im UNO-System Die sowohl quantitative als auch qualitative Platzierung von Schweizer Staatsangehörigen in den internationalen Instanzen dient der Wahrung der Schweizer Interessen. Die interdepartementale Zusammenarbeit ermöglichte 2014 die folgenden Wahlen und Nominierungen von Schweizer Persönlichkeiten in UNO-Organisationen: Patricia Schulz wurde für die Periode 2015­2018 als unabhängige Expertin für den Ausschuss für die Beseitigung der Diskriminierung der Frau (CEDAW) und Awilo Ochieng Pernet als Präsidentin der Codex Alimentarius Kommission (CAC) für die Periode 2014­2017 gewählt; Flavia Schlegel wurde von der Generaldirektorin der UNESCO zur beigeordneten Generaldirektorin der Naturwissenschaften der Organisation ernannt; Kurt Grüter wurde zum Mitglied des Evaluations- und Auditkomitees der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation (ICAO) gewählt. Im Rahmen der Nachwuchsförderung konnte die Schweiz auch mehrere Positionen für Hochschulabsolventinnen und -absolventen innerhalb des UNO-Systems besetzen.

Das internationale Genf Das internationale Genf oder «La Suisse internationale par Genève» ist
ein wertvoller Standortvorteil mit vielen Vorzügen für unsere Aussenpolitik: Die Schweiz erhält auf internationaler Ebene wesentlich mehr Einfluss und kann ihre Positionen wirkungsvoller einbringen. Zudem gewinnt die Schweiz einen vereinfachten Zugang zu wichtigen Institutionen und geniesst eine grosse Visibilität auf dem internationalen Parkett. Die einzigartige Konzentration verschiedener internationaler Akteure in Genf schafft für die internationale Gemeinschaft ein wichtiges Synergiepotential. So konnte sich Genf zunehmend als anerkanntes Zentrum der globalen Gouvernanz etablieren, in welchem internationale Konferenzen und diplomatische Treffen auf höchstem Niveau durchgeführt werden ­ zum Beispiel die internationale Friedenskonferenz zu Syrien im Januar 2014 in Montreux und Genf oder die Genfer UkraineGespräche vom April 2014. Dazu kommen wichtige internationale Konferenzen wie die statutarischen Generalversammlungen von UNO-Sonderorganisationen wie der ILO oder der WHO, an denen jedes Jahr zahlreiche politische Persönlichkeiten teilnehmen. Dies wiederum ermöglicht der Schweiz wertvolle bilaterale Treffen.

In Genf werden internationale Regeln und Standards erarbeitet, die den Alltag von Milliarden von Menschen mitbestimmen. So legt beispielsweise die Internationale 1160

Fernmeldeunion (ITU) weltweit gültige Standards für die Telekommunikation fest und sorgt für die globale Koordination und Zuweisung von Funkfrequenzen und den Aufbau und Betrieb von Telekommunikationsnetzen. Als weiteres Beispiel kann die WHO aufgeführt werden, die bei Ausbruch einer Krankheit, die sich zu einer Pandemie auszubreiten droht, Präventions- und Schutzmassnahmen festlegt und die Verteilung von Medikamenten koordiniert, wie dies im Hinblick auf die Eindämmung der Ebola-Krise geschieht. Zudem tragen die Aktivitäten des internationalen Genf in zahlreichen thematischen Bereichen zur Verwirklichung der Ziele unserer Aussenpolitik bei. Durch die Unterstützung des internationalen Genf mittels einer aktiven Gaststaatpolitik verstärkt die Schweiz somit nicht nur ihre eigene Position, sondern sie leistet gleichzeitig einen wichtigen Beitrag zur globalen Gouvernanz und trägt erheblich zum reibungslosen Funktionieren friedlicher internationaler Beziehungen sowie zur Lösung der grossen Probleme der Gegenwart bei.

2014 beherbergte der Standort Genf den Sitz von 30 internationalen sowie von mehr als 300 nichtstaatlichen Organisationen, darunter 250 mit Beraterstatus beim UNOWirtschafts- und Sozialrat (ECOSOC). 173 Staaten verfügen in Genf über eine ständige Mission bei der UNO. Genf steht mit jährlich rund 2700 internationalen Konferenzen, an denen 220 000 Delegierte und Sachverständige aus aller Welt teilnehmen, weltweit an erster Stelle der Tagungsorte. Hinzu kommen jedes Jahr etwa 3000 Besuche von Staats- und Regierungschefs sowie von Ministerinnen und Ministern. Der Grossraum Genf ist der Wohnsitz von rund 47 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie Familienangehörigen internationaler Organisationen, ausländischer Vertretungen und Nichtregierungsorganisationen.

Die im Juni 2013 vom Bund gemeinsam mit Kanton und Stadt Genf entwickelte Strategie zur Stärkung der Attraktivität und Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz als Zentrum der globalen Gouvernanz wurde im Verlaufe des Jahres 2014 bereits in verschiedenen Bereichen umgesetzt. Der Austausch zwischen dem Bund, dem Kanton Genf und dem Büro der UNO in Genf hat sich im Berichtsjahr noch intensiviert und erfolgt in zwei Stossrichtungen: Einerseits wurden weitere Verbesserungen bei Infrastruktur und Dienstleistungen, andererseits die Entwicklung der
konzeptuellen und der Ausbildungskapazitäten sowie des Know-hows im Bereich globale Gouvernanz von Genf und der Schweiz angestrebt.

Im Hinblick auf die Sanierung des veralteten Immobilienparks der internationalen Organisationen in Genf hat das Parlament im Juni 2014 die Gewährung von Darlehen für die Finanzierung der Vorstudien für die Neubauprojekte der WHO sowie der Internationalen Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften (IFRC) bewilligt. Die Gewährung von Darlehen für die Finanzierung der Gesamtkosten dieser beiden Projekte sollen dem Parlament zu einem späteren Zeitpunkt unterbreitet werden. Die genauen Modalitäten für die Gewährung eines Schweizer Darlehens für die Renovation des UNO-Hauptgebäudes in Genf (Strategic Heritage Plan) waren 2014 Gegenstand von Verhandlungen mit der UNO.

Der mit der Strategie beabsichtigte Aufbau von Bildungs- und Analysekapazitäten sowie die Stärkung des Schweizer Knowhows im Bereich der globalen Gouvernanz ist mit der Ansiedlung mehrerer internationaler Institute und themenübergreifender Plattformen (Global Initiative against Transnational Organized Crime, Geneva Internet Platform, Green Growth Knowledge Platform) im Verlaufe des Jahres 2014 gut vorangeschritten. Auf dem Gebiet der Terrorismusbekämpfung ist ausserdem die Etablierung des Global Community Engagement and Resilience Fund (GCERF) im Juni 2014 zu erwähnen (vgl. Ziff. 3.3.6). Die Präsenz dieser neuen Organismen 1161

sowie das im Oktober 2014 neu eröffnete Maison de la Paix werden eine verstärkte Nutzung von Synergien zwischen den verschiedenen Akteuren des internationalen Genf ermöglichen.

Im Bereich der Stärkung der Universalität der ständigen Vertretungen von UNOMitgliedstaaten in Genf ist 2014 ein erster Erfolg mit der Eröffnung einer UNOMission von Fidschi zu verzeichnen. Weitere Staaten haben ihr Interesse an der Eröffnung einer solchen Vertretung bekundet. Schliesslich sind 2014 verschiedene Projekte im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit zur Rolle der Schweiz als Gaststaat und der Bedeutung des internationalen Genf in der globalen Gouvernanz initiiert worden.

2014 beteiligte sich die Schweiz als Gaststaat an den Feierlichkeiten zum 60-jährigen Bestehen des CERN, der Europäischen Organisation für Kernforschung. Die etablierte Präsenz dieser weltweit führenden internationalen Forschungsorganisation mit ihren 10 000 Wissenschaftlern aus über 100 Nationen trägt zum Ruf Genfs als globales Zentrum nicht nur für die Kernforschung, sondern auch für die Wissenschaftsdiplomatie bei.

3.4.3

Nachhaltige Entwicklung

An der UNO-Konferenz im Juni 2012 über nachhaltige Entwicklung (Rio+20) wurde beschlossen, Ziele für eine Nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDG) zu erarbeiten. Im September 2013 hielt die Staatengemeinschaft anlässlich des Spezialanlasses zu den MDG bei der Eröffnung der 68. UNOGeneralversammlung fest, den SDG-Prozess mit demjenigen zur Bestimmung der MDG-Nachfolge zusammenzuführen. Eine Arbeitsgruppe erstellte einen Bericht mit Vorschlägen zu den SDG und legte diesen im September 2014 der UNO-Generalversammlung vor. Die Schweiz teilte sich zusammen mit Deutschland und Frankreich einen der insgesamt 30 Sitze in dieser Arbeitsgruppe. Der Bericht schlägt 17 Ziele und 169 Unterziele vor, in denen sich die Anliegen der Schweiz weitgehend reflektieren. Dank dem Schweizer Engagement wurde beispielsweise der Vorschlag für ein Wasserziel übernommen. Zudem finden sich im Schlussdokument konkrete Unterziele zu sexueller und reproduktiver Gesundheit und Rechten, zur Verringerung des Katastrophenrisikos, zu Migration, Ressourceneffizienz, Klima, Chemikalien- und Abfallmanagement sowie zur Bedeutung der Biodiversität. Ausserdem gelang es der Schweiz in Abstimmung mit anderen Ländern, ein Ziel zu Frieden und inklusiven Gesellschaften zu verankern.

Der Bericht der Arbeitsgruppe stellt eine wesentliche Grundlage für die 2015 stattfindenden zwischenstaatlichen Verhandlungen zur Post-2015-Agenda dar (vgl.

Ziff. 3.3.3). Diese soll im September 2015 anlässlich eines Gipfeltreffens verabschiedet werden. Der Bundesrat hat im Juni 2014 bestätigt, dass sich die Schweiz als übergeordnetes Ziel der Post-2015-Agenda für die Verwirklichung der nachhaltigen Entwicklung und die Beseitigung extremer Armut in all ihren Formen bei gleichzeitiger Berücksichtigung der Belastungsgrenzen der Erde, der Förderung von Frieden und Sicherheit sowie der Erfüllung menschenrechtlicher Verpflichtungen einsetzt.

Sie stützt sich dabei auf die folgenden fünf Prinzipien: Menschenrechte, planetarische Grenzen, soziale Inklusion und Gerechtigkeit, Universalität und Politikkohärenz. Die Schweiz setzt sich insbesondere für Einzelziele in den vier Themenfeldern Wassersicherheit, Gesundheit, Frieden und inklusive Gesellschaften sowie Ge1162

schlechtergleichstellung ein. Weiter unterstützt sie aktiv die Berücksichtigung der Themen Verringerung des Katastrophenrisikos, Übergang zu nachhaltigem Konsum und nachhaltige Produktion sowie Migration im Schlussdokument der Post-2015Agenda. Die Schweizer Position wurde in einem vom EDA koordinierten breiten nationalen Konsultationsprozess vorbereitet.

Hochrangiges politisches Forum für eine nachhaltige Entwicklung Basierend auf dem Rio+20-Konferenz-Beschluss haben die Staaten in Verhandlungen im Rahmen der 67. UNO-Generalversammlung ein universelles hochrangiges politisches Forum für eine nachhaltige Entwicklung geschaffen, das an die Stelle der Kommission für nachhaltige Entwicklung tritt und künftig das universelle Steuerungsorgan für nachhaltige Entwicklung darstellen soll. Das Forum, dessen Mandat noch spezifiziert werden muss und dessen Mission in der Verbesserung der Kohärenz und der Koordination der Massnahmen zugunsten der nachhaltigen Entwicklung liegt, tagt seit der ersten Sitzung im Rahmen des UNO-Wirtschafts- und Sozialrates ECOSOC im Juli 2014 künftig alle vier Jahre im Rahmen der UNOGeneralversammlung und jährlich unter der Schirmherrschaft des ECOSOC. Die Schweiz setzt sich dafür ein, dass das Forum wirkungsvoller als die frühere Kommission wird. Sie hat ihr Engagement für einen effektiven universellen Mechanismus zur regelmässigen Überprüfung, Rechenschaftsablegung und Berichterstattung an das Forum über die Umsetzung und Zielerreichung der Post-2015-Agenda fortgesetzt und zusammen mit einer kleinen repräsentativen Gruppe von Staaten die Diskussion zu einem Überprüfungsmechanismus informell gefördert.

Arktischer Rat Aufgrund der durch den Klimawandel verbesserten Zugänglichkeit wird das nördliche Eismeer als Schifffahrtsroute und Abbaugebiet von Rohstoffen wirtschaftlich immer attraktiver. Der Arktische Rat wird als regionales Forum an Gewicht gewinnen und eine verstärkte Koordination insbesondere bei der Forschung und beim Umwelt- und Katastrophenschutz ermöglichen. Der Bundesrat hat deswegen beschlossen, ein Gesuch für die Gewährung des Beobachterstatus zu stellen. Die acht Mitgliedstaaten des Arktischen Rats werden einen diesbezüglichen Entschluss an ihrer nächsten Ratssitzung im Frühjahr 2015 fassen.

Alpen Die Alpenkonferenz, das höchste Organ der Alpenkonvention20, hat
im November 2014 unter italienischem Vorsitz in Turin stattgefunden, und die Schweiz wurde von Bundesrätin Leuthard vertreten. Schwerpunktthemen waren Energie, Klimawandel, nachhaltiger Tourismus sowie demographischer Wandel. Zudem wurde das künftige Zusammenwirken der im Dezember 2013 vom Europäischen Rat beschlossenen makroregionalen Strategie für den Alpenraum (EUSALP) diskutiert. Die Schweiz hat auf Einladung der Europäischen Kommission an der Ausarbeitung der Strategie EUSALP teilgenommen und wird auch bei der Umsetzung ­ mit Ausnahme des Zugangs zu Mitteln der Kohäsions- und Strukturpolitik der EU ­ mit den teilnehmenden EU-Staaten gleichbehandelt. Ziel der Schweiz ist es, mit diesem neuen transnationalen Instrument die Zusammenarbeit im Alpenraum zwischen den Alpenstaaten und den Alpenregionen zu stärken.

20

Übereinkommen vom 7. Nov. 1991 zum Schutz der Alpen, SR 0.700.1

1163

Grüne Wirtschaft Mit der Konferenz von Rio+20 im Jahr 2012 wurde die Grüne Wirtschaft im Kontext der Armutsbekämpfung und der nachhaltigen Entwicklung auf die weltpolitische Agenda gesetzt. In der Schweiz markiert die Verabschiedung eines Revisionsentwurfs des Umweltgesetzes durch den Bundesrat im Februar 201421, der eine effizientere Nutzung der Ressourcen vorsieht, eine wichtige Etappe des Übergangs zu einer grünen Wirtschaft. Der Entwurf sieht eine Ausweitung des internationalen Engagements der Schweiz in diesem Bereich vor. Bemühungen dazu sind bereits im Gang, namentlich mit der Lancierung neuer, von der Schweiz unterstützter, internationaler Initiativen, die alle in Genf ansässig sind und in denen die wichtigsten Akteure der weltweiten Förderung der grünen Wirtschaft wie Weltbank, Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), Umweltprogramm der UNO (UNEP) und das Global Green Growth Institute (GGGI) vertreten sind. Ein Problem, das immer mehr zum Hauptthema der grünen Wirtschaft wird, ist die nachhaltige Finanzierung. Sie war auch Hauptthema des zweijährlichen Gipfels der Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung (UNCTAD) im Oktober 2014 in Genf. Die Lancierung der neuen Plattform Swiss Sustainable Finance, einer neuen Dachorganisation der Schweizer Akteure im Bereich nachhaltige Finanzgeschäfte, stellt einen weiteren wichtigen Schritt zur Verstärkung des internationalen Engagements und der Sichtbarkeit der Schweiz in diesem Bereich dar. Mit ihrer Mitwirkung im Beratenden Ausschuss der internationalen Initiative Inquiry into the Design of a Sustainable Financial System engagiert sich die Schweiz dafür, den Übergang zu einer grünen Wirtschaft durch eine nachhaltige Finanzierung zu fördern.

3.4.4

Sektorielle Aussenpolitiken

Umwelt Internationale Umweltgouvernanz: Die Schweiz hat sich im Rahmen der Konkretisierung der Beschlüsse der Rio+20-Konferenz aktiv für die Stärkung des UNOUmweltprogramms (UNEP) engagiert: Der UNEP-Verwaltungsrat wurde durch eine UNO-Umweltversammlung mit universeller Mitgliedschaft ersetzt, welche Ende Juni 2014 in Nairobi zum ersten Mal tagte. Mit der universellen Zusammensetzung dieses Gremiums dürften Umweltanliegen im UNO-System an Gewicht gewinnen.

Klimawandel: Übergeordnetes Ziel ist es, bis Ende 2015 ein neues, mit globaler Geltung und universeller rechtlicher Wirkung ausgestattetes Klima-Abkommen für die Zeit nach 2020 auszuhandeln. Bis 2020 sind die meisten Staaten, darunter zum ersten Mal auch die USA und die Schwellenländer, freiwillige Reduktionsziele eingegangen. Eine begrenzte Anzahl Staaten, darunter auch die Schweiz, haben sich parallel dazu bis 2020 zu verbindlichen Emissionsreduktionen unter dem KyotoProtokoll verpflichtet. Der UNO-Klimarat (Intergovernmental Panel on Climate Change, IPCC) hat im Berichtsjahr die Arbeiten zu einem neuen Sachstandsbericht abgeschlossen. Dieser macht deutlich, dass die bisherigen Klimaschutzmassnahmen bei Weitem nicht ausreichend sind, um irreversible Auswirkungen des Klimawandels auf Umwelt und Gesellschaft zu verhindern.

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BBl 2014 1817

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Während des gesamten Berichtsjahres wurden die internationalen Klimaverhandlungen fortgesetzt und gipfelten im Dezember 2014 in der Klimakonferenz von Lima.

Ziel der Verhandlungen war insbesondere, im Hinblick auf ein neues KlimaAbkommen, das an der Klimakonferenz 2015 in Paris verabschiedet werden soll, bereits Ende 2014 Einigung über zentrale Elemente für das künftige universelle Klimaregime zu erzielen. Um zusätzliche Impulse zu vermitteln, lud der UNOGeneralsekretär anlässlich der 69. UNO-Generalversammlung im September 2014 zu einem Klima-Gipfel ein. Bundesrätin Leuthard hat für die Schweiz teilgenommen und namentlich das fortwährende Engagement der Schweiz im Klimabereich zugesichert.

Daneben bewahren von der Schweiz aktiv unterstützte Initiativen wie die Friends of Fossil Fuel Subsidy Reform, die Climate and Clean Air Coalition oder das sogenannte Champion Duo Programm zur Errichtung von Cleaner Production Centers in EcoIndustrial Parks ihre Bedeutung, da sie ­ parallel zu den Verhandlungen und über allfällige Differenzen zwischen verschiedenen Ländergruppen hinweg ­ Wirkung zeigen. Die Schweiz fördert strategische Partnerschaften in der Klima-Aussenpolitik: Im Rahmen der UNO-Klimaverhandlungen ist die Schweiz Vorsitzende der Environmental Integrity Group, welcher auch Mexiko, Südkorea, Liechtenstein und Monaco angehören. Zudem ist die Schweiz Mitglied weiterer Allianzen, beispielsweise der Cartagena Dialogue for Progresssive Action, einer Koalition von Staaten aller Kontinente, die sich gemeinsam für ein ambitiöses und rechtlich verbindliches globales Klima-Abkommen einsetzen.

In der paneuropäischen Zusammenarbeit engagiert sich die Schweiz auch im Rahmen eines freiwilligen Prozesses der UNECE (Verkehr, Umwelt) und der WHO (Gesundheit), der sich sektorübergreifend in den Bereichen Verkehr-GesundheitUmwelt für mehr Nachhaltigkeit einsetzt. Seit 2002 wird in diesem tripartiten Prozess THE PEP (Transport-Health-Environment, Pan-European Program) mittels Prioritätszielen und Aktionsplänen Wissenstransfer und Erfahrungsaustausch in Richtung nachhaltige und gesundheitsfördernde Mobilitätsgestaltung praktiziert. Die Nachhaltigkeitszielsetzungen betreffen auch die Wirtschaftsaktivitäten, insbesondere die grüne Wirtschaft. Im April 2014 konnte in Paris an einem ministeriellen hochrangigen Treffen
eine neue Fünfjahresperiode mit erweitertem Arbeitsplan unter Einbezug der Raumplanung in die nachhaltige Mobilitätsgestaltung als fünftem Prioritätsziel lanciert werden. Die Schweiz war am Treffen auf hoher Beamtenstufe (ARE, BAG) vertreten.

Im Berichtsjahr wurde zudem die erstmalige Kapitalisierung des Green Climate Fund beschlossen. Über diesen Fonds soll ein wesentlicher Teil der für die Bekämpfung und Anpassung an den Klimawandel in den Entwicklungsländern benötigten Mittel bereitgestellt werden. Der Beitrag der Schweiz für die Jahre 2015­2017 beträgt insgesamt 100 Mio. US-Dollar.

Biodiversität: Die Schweiz hat am 11. Juli 2014 das Protokoll von Nagoya von 2010 über den Zugang zu genetischen Ressourcen und die ausgewogene und gerechte Aufteilung der sich aus ihrer Nutzung ergebenden Vorteile ratifiziert.22 Das NagoyaProtokoll soll die Rechtssicherheit bei der Verwendung von genetischen Ressourcen erhöhen, den Zugang zu genetischen Ressourcen erleichtern und die ausgewogene 22

Protokoll von Nagoya vom 29. Okt. 2010 über den Zugang zu genetischen Ressourcen und die ausgewogene und gerechte Aufteilung der sich aus ihrer Nutzung ergebenden Vorteile zum Übereinkommen über die biologische Vielfalt, SR 0.451.432

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und gerechte Aufteilung der Vorteile aus der Nutzung der genetischen Ressourcen sicherstellen. Mit dem Vorliegen der nötigen Anzahl von Ratifikationen ist das Protokoll zeitgleich mit der Durchführung der Vertragsstaatenkonferenz des Übereinkommens über die biologische Vielfalt im Oktober 2014 in Kraft getreten.

Die internationale Walfangkommission IWC soll die Erhaltung der Walbestände sichern und sie vor übermässiger Jagd schützen. Der Delegationschef der Schweiz bei der IWC, Bruno Mainini (EDI/BLV) wurde für die Periode 2014­2016 zum Präsidenten der IWC gewählt. Die Wahl unterstreicht die Vermittlerrolle der Schweiz in diesem politisch sensiblen Umfeld.

Gewässer und Wald: Die Schweiz hat sich auch im Berichtsjahr in den Fora der internationalen Wassergouvernanz engagiert. Sie nahm dabei eine führende Rolle beim Einschluss der Wasserthematik in die Post-2015-Agenda ein (vgl. Ziff. 3.4.3).

In Bezug auf die blockierten Verhandlungen für eine pan-europäische Waldkonvention wurden auch im Berichtsjahr keinerlei Fortschritte erzielt.

Chemikalien- und Abfallcluster: Nach erfolgreichem Abschluss der Verhandlungen der Quecksilberkonvention anfangs 2013 in Genf hat die Schweiz mit 91 weiteren Staaten die Konvention im Oktober 2013 in Japan unterzeichnet. Ziel der MinamataKonvention ist es, die menschliche Gesundheit und die Umwelt vor anthropogenen Quecksilberemissionen zu schützen, indem diese weltweit gesenkt werden. Die Schweiz hat eine zentrale Rolle in der Erarbeitung und Verabschiedung dieser Konvention gespielt. Bis zum Inkrafttreten unterstützt die Schweiz aktiv den Ratifikationsprozess und erste Umsetzungsarbeiten in verschiedenen Ländern. Zudem setzt sie sich dafür ein, dass das Sekretariat der Konvention in das bestehende Sekretariat der globalen Abfall- und Chemikalienkonventionen in Genf integriert wird.

Bildung, Forschung, Innovation (BFI) Der Stärkung und Erweiterung der internationalen Vernetzung der schweizerischen BFI-Akteure und der grenzüberschreitenden Forschungskooperation kommt grosse Bedeutung zu. Primär nehmen die Forschenden und die Hochschulen diese Aufgaben selber wahr. Sie werden jedoch unterstützt von den fachlich zuständigen Departementen der Bundesverwaltung und den vom Bund finanzierten Förderagenturen (Schweizerischer Nationalfonds, Kommission für Innovation und
Technologie). Alle Akteure setzen sich dafür ein, dass der Schweizer Denk- und Forschungsplatz international auch weiterhin möglichst gut vernetzt bleibt und die hervorragende Position der Schweiz als führende Wissenschaftsnation konsolidiert werden kann. Zum Beispiel wird die internationale Vernetzung der Schweizer Forschenden durch die Teilnahme an der Europäischen Zusammenarbeit in Forschung und Technologie (COST) massgeblich unterstützt, im Speziellen auch durch die Förderung von jungen Forschenden. Im Rahmen von COST leistet die Schweiz auch einen Beitrag an den Einbezug der forschungsschwächeren europäischen Länder in die internationale Forschungsgemeinschaft.

In Bezug auf die EU konnte eine Teilassoziierung an das 8. EU-Forschungsrahmenprogramm Horizon 2020 sowie die parallel dazu geführten Programme Euratom und ITER erreicht werden. Die Unterzeichnung des Abkommens erfolgte Anfang Dezember 2014, ab Mitte September 2014 wurde es indes vorläufig angewendet, um Forschenden in der Schweiz Zugang zu wichtigen Ausschreibungen zu verschaffen.

Das Abkommen gilt bis Ende 2016. In Bezug auf die von der Teilassoziierung nicht abgedeckten Programmbereiche hat der Bundesrat Ende Juni beschlossen, For1166

schende in der Schweiz, die für ihre Beteiligung in Horizon-2020-Verbundprojekten keine Fördermittel von der Europäischen Kommission erhalten können, übergangsmässig direkt zu finanzieren. Die Verhandlungen über die Beteiligung der Schweiz am EU-Jugend- und Bildungsprogramm Erasmus+ sind aufgrund der von der EU gemachten Verknüpfung mit der Personenfreizügigkeit nach der Annahme der Initiative «Gegen Masseneinwanderung» weiterhin sistiert. Der Bundesrat hat interne Übergangsmassnahmen verabschiedet, um Schweizerinnen und Schweizern die indirekte Teilnahme an Erasmus+ zu ermöglichen, solange die Assoziierung ausstehend ist.

Die Schweiz beteiligt sich aktiv am Aufbau und Betrieb zahlreicher Forschungsinfrastrukturen, deren Komplexität und Kosten die Möglichkeiten eines einzelnen Landes übersteigen würden ­ wie die in Genf ansässige Europäische Organisation für Kernforschung (CERN) oder die Europäische Südsternwarte (ESO). Die Schweizer Vertretungen im Ausland haben 2014 wiederum das Angebot des Sekretariats der Eidgenössischen Stipendienkommission für ausländische Studierende (ESKAS) im Ausland bekanntgemacht. Für das akademische Jahr 2014/2015 wurden insgesamt 184 neue Stipendien für Postgraduierte vergeben.

Die Schweiz hat im Juni 2014 die einjährige Präsidentschaft der paneuropäischen Forschungsinitiative EUREKA übernommen. Im Zentrum des Schweizer Vorsitzes stehen die verstärkte internationale Vernetzung sowie die Abstimmung der EUREKA-Instrumente auf die Bedürfnisse von in der Forschung und Innovation tätigen Unternehmen. Einen Höhepunkt im Schweizer Vorsitzjahr bildete im November 2014 der EUREKA-Innovationsanlass in Basel, an dem Bundesrat Schneider-Ammann die Innovationspreise vergab.

Im April 2014 wurde in Rio de Janeiro das sechste Schweizer Haus für wissenschaftlichen und technologischen Austausch (swissnex) eingeweiht. Das von EDA und WBF gemeinsam unterhaltene internationale BFI-Netzwerk bestehend aus swissnex und den Wissenschafts- und Technologierätinnen und -räten in den Botschaften dient der Aufrechterhaltung einer substanziellen Präsenz des BFI-Standorts Schweiz in besonders dynamischen Ländern und Regionen. Gemäss BFI-Botschaft 2013­2016 und der vom Bundesrat 2010 verabschiedeten internationalen Strategie der Schweiz im BFI-Bereich liegen die Schwerpunkte der bilateralen
Zusammenarbeit neben Europa und den USA auf den BRICS-Ländern, Japan sowie Südkorea.

Das duale Berufsbildungssystem der Schweiz stösst in vielen Ländern auf grosses Interesse. Der internationale Berufsbildungskongress, der im September 2014 in Winterthur durchgeführt wurde, bot Delegierten aus zahlreichen Ländern die Möglichkeit, sich aus erster Hand zu informieren, und wird es erlauben, die bilaterale Zusammenarbeit in diesem Bereich zu vertiefen.

Raumfahrt: In ihrer Rolle als Co-Präsidentin der europäischen Weltraumorganisation ESA hat die Schweiz den Ministerrat der ESA vom 1./2. Dezember 2014 in Luxemburg präsidiert. Die Ministerinnen und Minister der 20 ESA-Mitgliedstaaten trafen in Luxemburg strategische Entscheidungen in dem für den Zugang Europas zum Weltraum zentralen Thema der Trägerraketen, bezüglich des europäischen Beitrags zur internationalen Raumstation sowie zur Weiterentwicklung der ESA und ihres Verhältnisses zur EU.

Zudem hat die Schweiz ihr internationales Engagement für eine friedliche und langfristige Nutzung des Weltraums fortgesetzt. So wirkt sie an der Entwicklung neuer internationaler Instrumente mit, zum Beispiel, innerhalb der UNO, der Leitli1167

nien für Weltraumaktivitäten, welche die langfristige Nutzung des Weltraums gewährleisten sollen, oder, unter der Führung der EU, des Entwurfs eines internationalen Verhaltenskodex für Weltraumaktivitäten. Die Schweiz setzt sich dafür ein, dass diese internationalen Instrumente untereinander komplementär und kohärent sind.

Kultur Die Schweiz entwickelt und pflegt intensive kulturelle Kontakte mit dem Ausland auf bilateraler und multilateraler Ebene. Viele Schweizer Botschaften engagieren sich im Rahmen der Interessenwahrung stark für Kulturprojekte und den kulturellen Austausch. Sie arbeiten dabei eng mit kulturellen Institutionen in den jeweiligen Gaststaaten und in der Schweiz zusammen.

Führendes Kulturförderungsgremium auf regionaler Ebene ist heute die EU. Sie ist der wichtigste Partner der Schweiz im Bereich der internationalen Kulturpolitik. Der Bundesrat setzte sich 2014 deshalb für den Abschluss eines Abkommens mit der EU ein, das der Schweiz die Teilnahme am EU-Förderprogramm «Kreatives Europa» 2014­2020 (Teilprogramme MEDIA und Kultur) ermöglicht. Im Nachgang zur Annahme der Initiative «Gegen Masseneinwanderung» am 9. Februar 2014 setzte die EU die Fortsetzung der Gespräche vorübergehend aus. Um den Ausschluss der Schweiz vom MEDIA-Programm für das Jahr 2014 zumindest teilweise zu kompensieren, wurde am 1. Juli 2014 eine Verordnung des EDI über MEDIA-Ersatzmassnahmen verabschiedet, die rückwirkend auf den 1. Januar 2014 in Kraft trat.23 Das Ziel dieser Übergangslösung, die es Filmschaffenden erlaubt, Unterstützung für europäische Projekte zu beantragen, ist eine möglichst nahtlose Fortsetzung von mehrjährigen Projekten sowie die Erleichterung eines Wiedereinstiegs der Schweiz in das MEDIA-Programm. Hingegen wurde 2014 keine Übergangslösung gefunden, die es der Schweiz ermöglicht hätte, ganz oder teilweise am Programm «Kreatives Europa» (Teilprogramme MEDIA und Kultur) teilzunehmen.

Im Rahmen der UNESCO setzt sich die Schweiz im Kulturbereich weiterhin für das Welterbe, den Kulturgüterschutz und -transfer, die Vielfalt kultureller Ausdrucksformen und das immaterielle Kulturerbe ein. 2014 gehörte die Schweiz letztmals während ihrer 4-jährigen Amtszeit dem Zwischenstaatlichen Komitee des Übereinkommens zum Schutz und zur Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen an. 2014 wählte
der Bundesrat eine Anzahl lebendiger Traditionen aus, welche die Schweiz der UNESCO ab 2015 sukzessive als Kandidaturen zur Aufnahme in die Repräsentative Liste des Übereinkommens zur Bewahrung des immateriellen Kulturerbes einreichen will. Im Dezember 2014 präsentierte die Schweiz der UNESCO zudem ihren ersten periodischen Bericht über die Umsetzung dieses Übereinkommens.

Die Schweiz nahm im Oktober 2014 zum ersten Mal am Treffen der Kulturminister des Dialogforums Asien-Europa (ASEM) teil. Die Delegation stand unter der Leitung von Bundesrat Alain Berset.

Im Bibliotheksbereich hielt das Réseau francophone numérique (RFN) auf Einladung der Schweizerischen Nationalbibliothek (NB) am 10. April 2014 seine Jahresversammlung in Bern ab. Erörtert wurden der Ausbau des Web-Portals des RFN und Möglichkeiten, die Nutzung des Portals zu steigern.

23

Verordnung des EDI vom 16. Juni 2014 über die MEDIA-Ersatz-Massnahmen (MEDIA-Ersatz-Verordnung), SR 443.122

1168

Auf bilateraler Ebene ist das Inkrafttreten der bilateralen Vereinbarungen über den Kulturgütertransfer mit China (8. Januar 2014)24 und Zypern (15. Februar 2014)25 zu erwähnen. Diese Vereinbarungen haben zum Ziel, den Schutz, die Erhaltung und den Austausch des Kulturerbes beider Staaten zu fördern und den rechtswidrigen Handel mit Kulturgütern zu verhüten.

Die Schweizer Kulturstiftung Pro Helvetia hat das thematisches Programm «Swiss made in Russia 2013­2015» entwickelt, um die kulturellen Kontakte mit Russland auszudehnen und zu festigen. Die Programmaktivitäten waren unter anderem in das 200-Jahr-Jubiläum der diplomatischen Beziehungen zwischen der Schweiz und Russland eingebettet.

Im Rahmen des grenzüberschreitenden Austauschs ist die Lancierung des Programms «Viavai» der Stiftung Pro Helvetia (Herbst 2014­Frühjahr 2015) zu erwähnen. Ziel der Initiative ist es, den kreativen und produktiven Austausch zwischen schweizerischen und lombardischen Institutionen und Kulturschaffenden durch 19 binationale Projekte zu fördern. Dieses Programm wurde auch im Rahmen der Sitzung der schweizerisch-italienischen beratenden Kommission für kulturelle Fragen vom 21. Oktober 2014 erörtert, neben anderen bilateralen Diskussionsthemen wie etwa der Förderung der italienischen Sprache und der Filmförderung.

Verkehr, Energie, Gesundheit Beim Staatsvertrag im Bereich des Luftverkehrs zwischen Deutschland und der Schweiz ist die Ratifikation von deutscher Seite noch ausstehend. Auf technischer Ebene werden Gespräche zu operationellen Fragen im Zusammenhang mit einer allfälligen Umsetzung des Abkommens zwischen den deutschen und schweizerischen Behörden sowie den Flugsicherungsorganisationen der beiden Staaten geführt.

Im Bereich Landverkehr stand das Jahr im Zeichen des Abschlusses verschiedener Finanzierungsabkommen und -übereinkommen mit unseren Nachbarn zur Verbesserung der Anschlüsse und des grenzüberschreitenden Verkehrs. Zuerst unterzeichneten die Transportminister am 28. Januar 2014 ein Abkommen mit Italien über das Vorgehen bei der Planung und Finanzierung der Arbeiten zum Ausbau der Eckhöhe, dem sogenannten 4-Meter-Korridor auf der Luino-Linie zwischen der Schweizer Grenze und Gallarate/Novara. Mit Frankreich wurde im Bereich Regionalverkehr am 19. März 2014 das Abkommen über die grenzüberschreitende
Bahnverbindung CEVA (Cornavin­Eaux-Vives­Annemasse) unterzeichnet, rund 130 Jahre nach dem ersten Abkommen zwischen den beiden Ländern über eine Bahnverbindung zwischen Genf und Annemasse. Das Abkommen über die Wiedereröffnung der Bahnlinie Delle­Belfort, die insbesondere einen Anschluss an die Hochgeschwindigkeitslinie Rhein-Rhone ermöglicht, wurde am 11. August 2014 unterschrieben. Im Verlauf des Sommers wurden ausserdem wichtige Elektrifizierungs- und Modernisierungsarbeiten der Strecke La Plaine­Bellegarde auf der TGV-Linie Genf­Paris durchgeführt.

24

25

Vereinbarung vom 16. Aug. 2013 zwischen dem Bundesrat der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Regierung der Volksrepublik China über die rechtswidrige Einfuhr und Ausfuhr sowie die Rückführung von Kulturgut, SR 0.444.124.91 Vereinbarung vom 11. Jan. 2013 zwischen dem Schweizerischen Bundesrat und der Regierung der Republik Zypern über die Einfuhr und die Rückführung von Kulturgut, SR 0.444.125.81

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Die Schweiz hat ihre technischen Kontakte mit Frankreich und Deutschland über das Projekt einer Bahnanbindung des Flughafens Basel-Mulhouse weitergeführt. Dieses Projekt steht im Zusammenhang mit den französisch-schweizerischen Diskussionen über Steuerfragen an diesem Flughafen..

Im Bereich grenzüberschreitender Strassenverkehr (Personen- und Güterbeförderung) konnten im Berichtsjahr ein neues Abkommen mit der Russischen Föderation (Totalrevision eines bestehenden Abkommens mit der UdSSR) sowie mit Belarus (Änderung eines bestehenden Abkommens) unterzeichnet werden.

Im Energiebereich wurden die Verhandlungen mit der EU über ein bilaterales Stromabkommen mit Blick auf die Vollendung des Binnenmarktes im Jahr 2015 in technischen Fragen vorangebracht und intensiviert (vgl. Ziff. 3.2.1). Bundesrätin Leuthard traf im Berichtsjahr mehrmals den EU-Kommissar für Energie. Parallel hierzu nimmt die Schweiz seit Februar 2011 als Beobachterin am Pentalateralen Energieforum teil, zu dem sich jene Länder zusammengeschlossen haben, in denen die Umsetzung der Binnenmarktmechanismen am weitesten fortgeschritten ist (Frankreich, Deutschland, Österreich und Benelux-Länder). Infolge der UkraineKrise nahm die Schweiz auf Einladung der EU an einem Gasversorgungs-Stresstest teil, welcher die Risiken von Unterbrüchen bei der Gasversorgung Europas evaluiert.

Die zahlreichen Interdependenzen mit den Nachbarländern im Energiebereich erfordern eine Vertiefung der bilateralen Beziehungen. Die Kontakte zu Österreich, Italien und Deutschland ­ und hier sowohl zur deutschen Regierung als auch zu Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen ­ wurden ausgebaut.

Auch Frankreich ist im Energiebereich für die Schweiz eine Priorität. Der Dialog mit Norwegen wurde weiterverfolgt, und die Zusammenarbeit mit den Vereinigten Arabischen Emiraten wurde mit der Unterzeichnung eines MoU intensiviert. Vertreterinnen und Vertreter des Schweizer Energiesektors unter Leitung von Bundesrätin Leuthard reisten im April nach Saudi-Arabien und im Juli in die USA. Im Nachgang an den USA-Besuch von Bundesrätin Leuthard unterzeichnete das Bundesamt für Energie Ende Dezember ein MoU mit dem Massachusetts Clean Energy Center.

Die Schweiz setzte sich weiterhin für eine Stärkung der multilateralen Institutionen ein, darunter die Internationale
Energieagentur (IEA), die internationale Atomenergie-Organisationen (IAEA der UNO und NEA der OECD), die Energiecharta und die Internationale Organisation für erneuerbare Energien (IRENA). Im Rahmen der IAEA verfolgte die Schweiz ihr Engagement für die weltweite Verbesserung der nuklearen Sicherheit (safety) und hat die Einberufung einer diplomatischen Konferenz 2015 zur Verstärkung des Übereinkommens über die nukleare Sicherheit (CNS) erreicht. Im Bereich nukleare Sicherung (security) lag der Schwerpunkt der Aktivitäten 2014 auf dem Gipfel in Den Haag (Nuclear Security Summit), an welchem Bundespräsident Burkhalter teilgenommen hat (vgl. Ziff. 3.3.2).

Das Thema Energie ist ein wichtiges Thema der Schweizer Entwicklungszusammenarbeit. Die Schweiz unterstützt den Zugang zu modernen Energiedienstleistungen sowie die Verbesserung von Rahmenbedingungen und professionellen Beratungsleistungen zur Erhöhung der Energieeffizienz und zur Förderung erneuerbarer Energien. Sie legt dabei ein besonderes Augenmerk auf die Förderung nachhaltiger Ansätze und Technologien. In der Energieproduktion unterstützt die Schweiz Projekte und Institutionen, die neben der Bereitstellung von Energie auch zusätzlichen Nutzen schaffen, beispielsweise durch die Schaffung von Erwerbsmöglichkeiten 1170

oder durch die Reduktion von gesundheitsschädigenden oder klimawirksamen Emissionen. Die Entwicklungszusammenarbeit setzt zudem einen besonderen Akzent auf die Energienutzung im urbanen Kontext, zum Beispiel im Bereich der Mobilität, der Wasser- und Abwasserversorgung sowie der Abfallbewirtschaftung.

Im Gesundheitsbereich engagiert sich die Schweiz in verschiedenen internationalen Organisationen. Die Schweiz setzt sich weiterhin für die Reform der Finanzierung und der Verwaltung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ein. Dieser Prozess zur Steigerung der Effizienz und Wirksamkeit der Organisation wurde 2011 eingeleitet.

Ebenfalls im Rahmen der WHO spielte die Schweiz eine wichtige Rolle im sogenannten «CEWG-Prozess» (Consultative Expert Working Group on Research and Development: Financing and Coordination) für die Koordinierung und Finanzierung der Erforschung und Entwicklung neuer Medikamente gegen vernachlässigte Tropenkrankheiten, einem wichtigen Thema auf der schweizerischen und internationalen Gesundheits- und Entwicklungsagenda. Ferner trug die Schweiz mit finanzieller Unterstützung und Expertise zur Erstellung des ersten weltweiten Suizid-Berichts der WHO bei, der im September 2014 in Genf vorgestellt wurde. Zunehmend in den internationalen Blickpunkt rückt das Thema der Beziehung zwischen Gesundheit und Klima, dies vor allem im Hinblick auf die Klimakonferenz, die Ende 2015 in Paris stattfindet. Die Schweiz nahm an einer von der WHO im August 2014 in Genf organisierten Konferenz zu diesem Thema teil, bei welcher der parallele Nutzen für die Gesundheit aus den Massnahmen zur Eindämmung von Treibhausgasemissionen aufgezeigt wurde.

Ebenfalls wichtig war die Aufnahme eines spezifischen und messbaren Gesundheitsziels in die Post-2015-Agenda. Die Schweiz engagiert sich zudem weiter im Globalen Fonds zur Bekämpfung von AIDS, Tuberkulose und Malaria sowohl als Stellvertreterin im Verwaltungsrat zusammen mit Kanada wie auch als 2014 gewähltes Mitglied im Ausschuss für Audits und Ethik. Schliesslich kann der Einsatz der Schweiz zugunsten von sicheren und fairen Lebensmitteln mit der Wahl einer Schweizerin zur Präsidentin der Kommission des Codex Alimentarius verstärkt werden.

Im Bereich der bilateralen Zusammenarbeit mit den Nachbarländern hat sich Bundesrat Berset im Verlauf des Jahres mit seinen
deutschen, österreichischen und liechtensteinischen Amtskollegen zum Austausch über gemeinsame Anliegen im Gesundheitsbereich getroffen. Daneben empfing er die Gesundheitsminister der deutschsprachigen Länder zu deren zweitem Jahrestreffen. Neben den letztjährigen Teilnehmern Deutschland, Österreich und Luxemburg beteiligte sich erstmals auch Liechtenstein. Schwerpunkte des sogenannten «Gesundheitsquintetts» waren Fragen der Qualitätssicherung und Strategien im Umgang mit Demenz. Beendet wurde die Veranstaltung mit einer gemeinsamen Schlusserklärung der Gesundheitsminister.

Die im Herbst 2013 begonnenen Verhandlungen zu einem künftigen Abkommen mit China über eine Vertiefung der Behördenzusammenarbeit in den Bereichen Lebensmittel, Arzneimittel, Medizinprodukte und Kosmetika konnten abgeschlossen werden.

Im Rahmen von bilateralen Dialogen mit verschiedenen lateinamerikanischen Staaten stiess die Vier-Säulen-Politik der Schweiz im Bereich Drogen auf Interesse. Die Schweiz brachte auch 2014 die gesundheitspolitischen Aspekte sowie die Menschenrechte in die internationalen Drogendiskussionen ein. Dafür engagierte sie sich 1171

in verschiedenen multilateralen Fora wie der Betäubungsmittelkommission (CND), der UNO-Generalversammlung oder im UNO-Menschenrechtsrat. Die Schweiz äusserte sich gegen die Anwendung der Todesstrafe für Drogendelikte.

Parallel zu den laufenden institutionellen Verhandlungen mit der EU (vgl.

Ziff. 3.2.1) wurden auch die Gespräche mit der EU in spezifischen Verhandlungsbereichen weitergeführt: Im Bereich der öffentlichen Gesundheit erachtet die Schweiz ihre Einbindung in das neue EU-weite Dispositiv bei schwerwiegenden grenzüberschreitenden Gesundheitsbedrohungen ­ ein neu strukturierter gemeinsamer Krisenbekämpfungsmechanismus, der eine verbesserte Koordination ermöglicht ­ als Priorität. Daneben soll die Zusammenarbeit im Rahmen des vorgesehenen Gesundheitsabkommens auch auf anderen Gebieten der Gesundheitspolitik verstärkt werden. Basierend auf dem revidierten Lebensmittelgesetz strebt die Schweiz ausserdem einen Ausbau der Zusammenarbeit mit der EU im Bereich der Lebensmittelsicherheit an. So soll der Zugang der Schweiz zur EU-Agentur für Lebensmittelsicherheit (EFSA) und zum EU-Schnellwarnsystem für Lebens- und Futtermittel (RASFF) den Informationsaustausch erleichtern und Sicherheit und Gesundheit der Konsumentinnen und Konsumenten erhöhen.

Informationsgesellschaft und Internet-Gouvernanz Die Ergebnisse des UNO-Weltgipfels über die Informationsgesellschaft (WSIS) von Genf 2003 und Tunis 2005 bilden den Rahmen für die internationale Zusammenarbeit zur Schaffung einer alle Menschen einschliessenden und entwicklungsorientierten Informationsgesellschaft. Seit 2013 laufen die Vorbereitungsarbeiten für eine Bilanz über die Umsetzung der WSIS-Ergebnisse (WSIS+10), die im Dezember 2015 im Rahmen der UNO-Generalversammlung gezogen wird. Die Schweiz hat sich auch 2014 aktiv an den Arbeiten zur Umsetzung der WSIS-Resultate beteiligt und insbesondere die ITU und die UNESCO bei ihren Arbeiten im Rahmen des hochrangigen WSIS+10-Bilanztreffens vom Juni 2014 aktiv unterstützt. Dabei hat sie sich dafür eingesetzt, dass die Menschenrechte weiterhin im Zentrum des WSISProzesses bleiben und dass die WSIS+10-Bilanz nicht nur von den Regierungen unter sich ausgehandelt wird, sondern nichtstaatliche Akteure möglichst weitgehend in die Arbeiten einbezogen werden.

Die Schweiz setzt sich dafür ein, dass sich die
Internet-Gouvernanz auf der Basis von freiheitlichen, demokratischen und rechtsstaatlichen Grundprinzipien und unter dem Einbezug aller Ansprechgruppen weiterentwickelt und dass die diesbezüglichen Rollen und Verantwortungen der Regierungen, aber auch der Privatwirtschaft und anderer nichtstaatlicher Akteure geklärt werden. Die Erfahrungen der Schweiz mit partizipatorisch, direktdemokratisch und föderalistisch geprägten Regierungsmodellen (bottom-up) stossen dabei bei vielen auf grosses Interesse und ermöglichen es der Schweiz, sich prominent in die Debatten über die Weiterentwicklung des Multistakeholder-Ansatzes einzubringen. Sie hat 2014 die seit dem WSIS geschaffenen Plattformen für einen Multistakeholder-Dialog, insbesondere das Internet Governance Forum (IGF) der UNO und den von der Schweiz mitinitiierten europäischen Dialog zur Internet-Gouvernanz (EuroDIG), aktiv unterstützt und mitgeprägt. Sie hat sich ­ in enger Zusammenarbeit mit dem Europarat, der diesbezüglich international eine Führungsrolle einnimmt ­ dafür eingesetzt, dass Menschenrechte, gute Regierungsführung, Transparenz und Partizipation als Basis für die Entwicklung der Internet-Gouvernanz akzeptiert werden. Diese Debatten bildeten die Grundlage für die Ergebnisse der von Brasilien initiierten NETmundial-Multistakeholder-Konfe1172

renz in São Paulo vom April 2014, an der es zum ersten Mal gelang, unter gleichwertigem Einbezug von Regierungen, Privatwirtschaft und Zivilgesellschaft einen über alle Anspruchsgruppen hinweg weitestgehend geteilten Konsens über Grundprinzipien zur Internet-Gouvernanz und über die Weiterentwicklung des InternetGouvernanz-Ökosystems zu erzielen. Die im Frühjahr 2014 von der Schweiz lancierte Geneva Internet Platform (GIP) soll ebenfalls zu einem besseren Verständnis aller Stakeholder, insbesondere aus Entwicklungsländern, beitragen. Im November 2014 organisierte die Schweiz unter der Ägide der GIP die Geneva Internet Conference, welche Lösungsansätze zu strukturellen Fragen der Internet Gouvernanz aufzeigte.

Auch im Rahmen der Arbeiten der für die Verwaltung des globalen Systems der Internet Domain Namen zuständigen kalifornischen Gesellschaft Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) arbeitet die Schweiz aktiv mit und geniesst eine hohe Aufmerksamkeit und Glaubwürdigkeit. Die ICANN funktioniert nach einem Multistakeholder-Ansatz unter der Führung des Privatsektors, bei welchem die Regierungen in einem Beirat beratend mitwirken. Der Input der Schweiz im Rahmen des ICANN-Regierungsbeirates (GAC) wird als konstruktiv und wertvoll geschätzt. Im Oktober 2014 wurde der Schweizer Regierungsvertreter Thomas Schneider zum Vorsitzenden des GAC gewählt.

3.5

Unterstützung von Schweizer Staatsangehörigen im Ausland und konsularische Dienstleistungen

Konsularische Aufgaben Für Schweizerinnen und Schweizer im Ausland stellt die Konsularische Direktion des EDA ein umfassendes Dienstleistungsangebot als «Guichet unique» zur Verfügung. Dieses beinhaltet Präventions- und Betreuungsaufgaben und ergänzt sich mit dem Krisenmanagement-Zentrum.

Die Helpline EDA beantwortet als zentrale Anlaufstelle rund um die Uhr und 365 Tage im Jahr Fragen zu konsularischen Dienstleistungen von Privatpersonen, Behörden, privaten Dienstleistern und anderen. Darüber hinaus nimmt die Helpline im Sinne steter Prozessoptimierungen und Effizienzsteigerungen sowie mit Blick auf einen optimalen Service Public eine wichtige Unterstützungsfunktion für die Auslandvertretungen wahr, indem diese ausserhalb der lokalen Arbeitszeiten Anrufe ebenfalls auf die Helpline umleiten können. 2014 gingen rund 40 000 Anfragen ein, wobei 97 % davon durch die allesamt konsularisch geschulten und über mehrjährige Auslanderfahrung verfügenden Mitarbeitenden der Helpline EDA direkt beantwortet wurden, während die übrigen Fälle an die Fachdienste oder die zuständigen Auslandvertretungen zur weiteren Bearbeitung überwiesen wurden.

Das EDA stellt den konsularischen Schutz sicher. Schweizerinnen und Schweizer unternehmen jährlich rund neun Millionen Auslandreisen. Geraten sie in eine Notlage, die sie nicht selbst bewältigen können, bietet das EDA im Rahmen des konsularischen Schutzes umfassende und kompetente Hilfeleistung. Die Reisehinweise des EDA leisten einen wichtigen Beitrag zur sorgfältigen Reisevorbereitung und zu präventiven Massnahmen im Rahmen der Eigenverantwortung der Reisenden.

Dennoch haben sich die im Rahmen des konsularischen Schutzes vom EDA zu

1173

behandelnden neuen Fälle zwischen 2007 (463) und 2013 (1068) mehr als verdoppelt.

Mit der Applikation Itineris unterstützt und informiert das EDA Schweizerinnen und Schweizer weltweit direkt über deren Mobilgeräte. 2014 wurde diese Applikation für die schweizerischen Fans an den Fussball-Weltmeisterschaften speziell ausgerichtet, womit ein Download von über 70 000 Apps erreicht werden konnte.

Die Konzentration konsularischer Dienstleistungen in regionalen Konsularzentren, die oft für mehrere Länder zuständig sind, hat für nicht wenige Auslandschweizerinnen und -schweizer bei Geschäftsfällen, welche eine persönliche Vorsprache zwingend erfordern, längere Anreisewege zur Folge. Entsprechend nimmt die Nachfrage nach den seit 2012 eingesetzten mobilen und damit nicht an einen Vertretungssitz gebundenen Passstationen weiter zu, vor allem an Standorten in Übersee, von wo aus ein regelmässiger Heimaturlaub mit gleichzeitiger Erneuerung der Ausweise keine Selbstverständlichkeit ist.

Um die steigende Nachfrage befriedigen zu können, erwarb das EDA 2013 die von den Kantonen Zürich und Neuenburg nicht mehr benötigten mobilen Passstationen.

Damit sind im Ausland nun acht mobile Stationen im Einsatz, mit denen 2013 die biometrischen Daten von über 3300 und in der ersten Hälfte 2014 bei 20 Einsätzen von über 1000 Auslandschweizerinnen und -schweizern erfasst werden konnten.

Dies bedeutet eine Zunahme von 51 % im Vergleich zur ersten Hälfte 2013. Aufgrund der hohen Anzahl Ausweise, die im Jahr 2005 ausgestellt wurden und nun das Ende ihrer zehnjährigen Gültigkeit erreichen, ist sodann mit einem weiteren Anstieg der Anträge für das Jahr 2015 zu rechnen.

Gemäss der Bewegungsstatistik des Bundesamts für Statistik für 2012 sind 30 016 Schweizerinnen und Schweizer ins Ausland ausgewandert, während im gleichen Zeitraum 24 006 Schweizerinnen und Schweizer in die Schweiz zurückgekehrt sind.

Bürgerinnen und Bürger, die einen Auslandaufenthalt planen, auswandern oder in die Schweiz zurückkehren möchten, können kostenlos das umfassende Informationsangebot von Auswanderung Schweiz (Swissemigration) nutzen, dessen Internetauftritt mit jährlich rund 120 000 Besucherinnen und Besuchern zu den meist aufgerufenen Internetseiten des EDA zählt.

Krisenprävention und Krisenmanagement Im Berichtsjahr verfolgte das
Krisenmanagement-Zentrum die Entwicklungen in Nordafrika (Ägypten, Libyen) und im Nahen Osten (Libanon, Syrien, Israel/Gaza) genau. Seit Jahresbeginn bildet zudem der Konflikt in der Ukraine mit der Entsendung von Sicherheits- und Krisenvorsorgemissionen in Kooperation mit dem VBS einen Schwerpunkt der Krisenvorbereitung des EDA. Darüber hinaus unterstützte das Krisenmanagement-Zentrum die Task Force des OSZE-Vorsitzes der Schweiz 2014: Nach der vorübergehenden Festsetzung von OSZE-Beobachtern in der Ostukraine, darunter einem Schweizer, organisierte das Krisenmanagement-Zentrum mit der Schweizer Luftwaffe den Rückflug in die Schweiz. Nach dem Absturz der Maschine MH-17 der Malaysian Airlines koordinierte es die Entsendung von DVISpezialisten (Disaster Victims Identification) von Fedpol in die Ukraine.

Neben der Krisenbewältigung bildete die Eventualplanung auf sportliche Grossereignisse einen Tätigkeitsschwerpunkt des Krisenmanagement-Zentrums: Zusammen mit den beteiligten Diensten der Bundesverwaltung (VBS, Fedpol), den Sportverbänden und den betroffenen Auslandsvertretungen bereitete es sich mit Eventualpla1174

nungen auf die Olympischen Winterspiele in Sotschi und auf die FussballWeltmeisterschaft in Brasilien vor.

Entführungsfälle mit terroristischem Hintergrund beschäftigten das Krisenmanagement-Zentrum auch im Berichtsjahr intensiv. Gemeinsam mit den Diensten anderer Departemente bemüht es sich weiterhin um die Freilassung des im Februar 2012 auf den Philippinen entführten Schweizers. Die Geisel ist am 6. Dezember 2014 freigekommen und kehrte am 12. Dezember 2014 in die Schweiz zurück. Hinzu kamen die Entführung und spätere Freilassung einer Schweizer Vertreterin der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen beziehungsweise die vorübergehende Gefangennahme und Freilassung eines Schweizers in Syrien.

Die Politik des Nichtzahlens von Lösegeld in Entführungsfällen in der Terrorismusbekämpfung bleibt eine Priorität des EDA. Auf den drei Achsen der diesbezüglichen Politik entfaltete das Krisenmanagement-Zentrum seine Aktivitäten. Es intensivierte erstens die Prävention mittels Veranstaltungen für Nichtregierungsorganisationen aus dem humanitären und Menschenrechtsbereich, um möglichst zu verhindern, dass deren Mitarbeitende Opfer von Entführungen werden. Zweitens bildete die Frage der Entführung gegen Lösegeld einen Schwerpunkt der vom Schweizer OSZE-Vorsitz im April 2014 in Interlaken organisierten internationalen Konferenz zur Terrorismusbekämpfung. Das Ziel der Konferenz war es, die Anzahl Staaten und privater Akteure zu erhöhen, die in Entführungsfällen eine strikte Politik des Nichtzahlens von Lösegeld anwenden. Drittens arbeitete das Krisenmanagement-Zentrum intensiv mit anderen betroffenen Staaten in konkreten Entführungsfällen (Syrien, Philippinen) zusammen.

Auslandschweizerbeziehungen Nachdem 2011 die Grenze von 700 000 Auslandschweizerinnen und -schweizern überschritten wurde, erreicht diese Zahl 2014 bereits mehr als 750 000. Die Fünfte Schweiz ist bevölkerungsmässig somit mit den grössten Kantonen der Schweiz vergleichbar. Rund drei Viertel unserer Landsleute im Ausland sind Doppelbürger.

Knapp zwei Drittel der Auslandschweizerinnen und -schweizer leben in Europa, davon rund 96 % in den Ländern der EU. Von den 20 % minderjähriger Auslandschweizerinnen und -schweizer erreichen jährlich rund 10 000 die politische Mündigkeit. Diese Gruppe stand im Fokus des Präsidialjahres von Bundespräsident
Burkhalter. In Zusammenarbeit mit der Auslandschweizer-Organisation (ASO) realisierte die Konsularische Direktion eine Serie ausserordentlicher Jugendanlässe mit nachhaltiger Wirkung. Eines dieser Projekte war die Jungbürgerfeier der Stadt Bern, an die auch der Bundespräsident und Auslandschweizerinnen und -schweizer eingeladen wurden, die 2014 das 18. oder 19. Lebensjahr vollendeten. Diese Anlässe dienten der Sensibilisierung der Auslandschweizer-Jugend für das politische System der Schweiz.

Der Entwurf des von Ständerat Lombardi mittels parlamentarischer Initiative (11.446) eingeleiteten «Bundesgesetzes über Schweizer Personen und Institutionen im Ausland» (Auslandschweizergesetz) befand sich 2014 im parlamentarischen Prozess. Der Gesetzesentwurf wurde in der Frühlingssession vom Ständerat und im Sommer vom Nationalrat diskutiert. In der Herbstsession 2014 wurden die Differenzen bereinigt und das Gesetz in der Schlussabstimmung angenommen.26 Das Aus26

Bundesgesetz vom 26. Sept. 2014 über Schweizer Personen und Institutionen im Ausland (Auslandschweizergesetz, ASG), BBl 2014 7229

1175

landschweizergesetz, bei dessen Ausarbeitung das EDA die federführende Staatspolitische Kommission des Ständerates unterstützte, wird voraussichtlich auf den 1. November 2015 in Kraft treten. Es fasst vor allem verschiedene bereits in anderer Form bestehende Bestimmungen, die hauptsächlich Auslandschweizerinnen und -schweizer betreffen, in einem Erlass übersichtlich und kohärent zusammen.

Im Auftrag des Bundes unterstützt das EDA Institutionen finanziell, die auf privater Basis den Auslandschweizerinnen und -schweizern Dienstleistungen anbieten, wie beispielsweise die im Ausland tätigen schweizerischen Hilfsgesellschaften. Mit der Auslandschweizerorganisation (ASO) als wichtigster Ansprechpartnerin arbeitet das EDA im Rahmen einer Leistungsvereinbarung eng zusammen. Die ASO veröffentlichte im Berichtsjahr sechs Ausgaben der «Schweizer Revue», die Zeitschrift für die Fünfte Schweiz. Das EDA steuert zu jeder Ausgabe Informationen und Berichte «aus dem Bundeshaus» bei. Darüber hinaus nutzt es weitere Kanäle, wie beispielsweise swissinfo.ch zur Information der Landsleute im Ausland.

Internationale Zusammenarbeit bei konsularischen Dienstleistungen Nachdem vier Jahre lang eine starke Zunahme der Visumanträge zu verzeichnen war, ging ihre Anzahl 2014 leicht zurück und stabilisierte sich auf hohem Niveau (503 443 Anträge). Sowohl der Bundesrat als auch das Parlament betonten in unterschiedlichen Kontexten die Notwendigkeit, einen einfachen Zugang zur Schweiz als Wirtschafts- und Tourismusstandort sicherzustellen und in diesem Sinne auch Genf als Standort internationaler Organisationen zu berücksichtigen. Die internationale Zusammenarbeit im konsularischen Bereich trägt hierzu bei, indem sie die zahlenmässige Zunahme der Annahmestellen fördert, an denen Visumanträge eingereicht werden können. Diese war unumgänglich geworden, als infolge der schrittweisen Einführung biometrischer Visa die persönliche Vorsprache jeder antragstellenden Person zwecks Abnahme der Fingerabdrücke notwendig geworden war.

Im Rahmen einer Auslagerungsstrategie werden 75 % der Visumanträge für die Schweiz von den Firmen TLScontact und VFS Global entgegengenommen. Dank dieser Lösung kann der Einsatz zusätzlicher Ressourcen, der durch die Zunahme der Anträge und die Einführung der Biometrie notwendig wurde, beschränkt und die Anzahl
der Annahmestellen erhöht werden: In Russland, Indien, der Türkei, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Saudi-Arabien oder Südafrika, wo die Schweiz nur über eine oder zwei (Indien und Südafrika) Visumsektionen verfügt, kann die Anzahl der bürgernahen Annahmestellen erhöht werden (fünf Annahmestellen in Russland, zwölf in Indien, zwei in den anderen Ländern); auch in Ländern wie Bahrain, in denen die Schweiz nicht präsent ist, kann die Dienstleistung angeboten werden.

Der Abschluss einer Schengen-Vertretungsvereinbarung erlaubt der Schweiz, die Ausstellung der in ihre Zuständigkeit fallenden Visa an einen anderen SchengenStaat zu delegieren und damit die Dienstleistungen für Reisende, die sich in die Schweiz begeben wollen, zu erweitern. Da dieses System in beide Richtungen funktioniert, arbeitete die Schweiz am Stichtag 1. November 2014 mit 16 SchengenStaaten zusammen und vertrat deren Interessen in 41 Fällen, während sie selbst an 56 Standorten vertreten wurde (Ende 2013: 30).

Konsularische Zusammenarbeit Während die Einführung des E-Government im konsularischen Bereich gleichbedeutend ist mit der Entwicklung der Online-Dienste, erfordern manche Demarchen 1176

sowie Fälle konsularischen Schutzes persönlichen Kontakt mit einem Vertreter des Bundes. Dies sowie die Reorganisation des Aussennetzes, die in vielen Fällen eine grössere Entfernung zur nächsten Vertretung zur Folge hat, veranlassten das EDA, nach neuen Formen der Zusammenarbeit zu suchen. Die konsularischen Dienste Neuseelands haben sich bereit erklärt, in manchen Inselstaaten des Südpazifik Schweizer Bürgerinnen und Bürgern, die in eine Notlage geraten sind, als erste Anlaufstelle zu dienen, bevor die Schweizer Botschaft in Wellington die Angelegenheit übernimmt. Mit Österreich wurde ein Abkommen über konsularische Zusammenarbeit paraphiert, das Fragen des diplomatischen Schutzes sowie eine Reihe administrativer Verfahren regelt.

Einige grössere Ereignisse gaben Anlass zu Gesprächen über konsularische Fragen mit Russland (nach Sotschi und mit Blick auf die Eishockey-Weltmeisterschaft 2016 und mittelfristig auch auf die Fussball-Weltmeisterschaft 2018) und Brasilien (nach der Fussball-Weltmeisterschaft 2014 und mit Blick auf die Olympischen Spiele 2016).

3.6

Information und Kommunikation

2014 verfügte die Schweiz bei der breiten Bevölkerung im Ausland weiterhin über ein positives und gut gefestigtes Image. Im Nations Brand Index (NBI) ­ einem Imagevergleich zwischen fünfzig Ländern ­ belegt die Schweiz den achten Rang.

Dieses Resultat bestätigen auch in europäischen Ländern durchgeführte Bevölkerungsumfragen, in denen die Schweiz gut abschneidet. Das generell positive Bild der Schweiz wird dabei weiterhin stark von traditionellen Bildern und Produkten geprägt. In einigen Ländern wird die Schweiz vermehrt auch als Steuerparadies wahrgenommen, was angesichts der breiten medialen Berichterstattung über prominente ausländische Persönlichkeiten, die aus steuerlichen Gründen ihren Wohnsitz oder Bankkonten in der Schweiz haben, nicht erstaunt. In der Tendenz etwas kritischer als in der breiten Öffentlichkeit sieht die Wahrnehmung der Schweiz in den ausländischen Medien aus. Speziell Finanz- und Steuerthemen sowie die Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU, insbesondere vor dem Hintergrund der Abstimmung über die Volksinitiative «Gegen Masseneinwanderung», fanden dort 2014 grosse Beachtung. Dies sind einige zentrale Ergebnisse des systematischen Monitorings, mit dem die Schweiz die Imageentwicklung und die ausländische Medienberichterstattung über die Schweiz im Auge behält. Die Auswertung der so gewonnenen Erkenntnisse dient der Erarbeitung der strategischen Grundlagen der Landeskommunikation sowie der Früherkennung potenzieller Imagekrisen.

Das Image der Schweiz beeinflusst Faktoren wie den aussenpolitischen Handlungsspielraum, die Investitionen, den wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Austausch und den Tourismus. Präsenz Schweiz (PRS) hat den Auftrag, die Interessenwahrung der Schweiz mit der Landeskommunikation zu unterstützen und die positive Wahrnehmung der Schweiz im Ausland zu fördern. Grundlage dafür ist die vom Bundesrat verabschiedete Strategie der Landeskommunikation 2012­2015. Um diese Ziele zu erreichen, kooperiert PRS mit den Vertretungen im Ausland, mit Fachämtern des Bundes, mit den Kantonen sowie mit zahlreichen weiteren Partnern aus Wirtschaft und Gesellschaft.

2014 boten die Auftritte an den Olympischen Winterspielen in Sotschi, an der Fussball-Weltmeisterschaft in Brasilien sowie im Rahmen des «Giro del Gusto» in 1177

Italien der Schweiz die Gelegenheit, ihre Stärken und ihre Vielfalt an mehreren internationalen Grossveranstaltungen der Öffentlichkeit und den Medien zu präsentieren. Spezifisch für solche Anlässe wurde das Rahmenkonzept «House of Switzerland» (HoS) als Instrument der Public Diplomacy erweitert. Das Konzept bietet der Schweiz und ihren Partnern ein flexibles Gefäss, um Themen der Landeskommunikation ­ von Politik über Wirtschaft, Wissenschaft, Bildung und Sport bis hin zu Kultur und Gastronomie ­ attraktiv darzustellen und dem Publikum so das facettenreiche Bild einer traditionsbewussten und gleichzeitig innovativen Schweiz zu vermitteln. Zum Konzept gehört auch die Begleitung der Anlässe auf OnlinePlattformen und Social Media.

Dieses Konzept hat sich bewährt. Das HoS 2014 generierte zahlreiche Medienberichte, und Umfragen belegen den positiven Einfluss auf die Wahrnehmung der Schweiz durch die Besucherinnen und Besucher. Zu erwähnen ist an dieser Stelle die grosse Resonanz auf Online-Plattformen und in sozialen Netzwerken. In Sotschi besuchten über 100 000 Personen das mobile Holzhaus, um sich über die Leistungen der Schweiz in Bereichen wie Bildung, Forschung, Innovation und Wirtschaft zu informieren. Auf Facebook wurden über 600 000 und via Twitter über 2,3 Millionen Personen erreicht. Das HoS bot zudem einen attraktiven Rahmen für die Besuche von Vertretern von Bundesbehörden, Kantonen und Städten. In Brasilien wurde das Konzept des HoS während der Fussball-Weltmeisterschaft als Fanzone in lokalen Räumlichkeiten in Rio de Janeiro umgesetzt. Auch hier bot sich dem Publikum und den Medien die Möglichkeit, mehr über ein Land zu erfahren, das in Brasilien gemäss einer vorgängig durchgeführten Imagestudie noch nicht sehr bekannt ist. Der Auftritt in Rio bildete den Auftakt für das Landeskommunikationsprogramm 2014­2016 in Brasilien. In Italien führte die Schweiz im Vorfeld der Weltausstellung 2015 in Mailand den «Giro del Gusto» mit Etappen in Mailand, Rom und Turin durch. Passend zum Oberthema «Ernährung» der Weltausstellung bot das Offerieren kulinarischer Spezialitäten aus der Schweiz eine gute Gelegenheit, um in Italien das Bild eines offenen und sympathischen Nachbarlandes zu fördern und Themen von gemeinsamem Interesse wie beispielsweise den Gotthard-Basistunnel zu präsentieren. An den
Leichtathletik-Europameisterschaften im August in Zürich mit ihrem internationalen Publikum hatte das HoS schliesslich auch einen Auftritt in der Schweiz.

Über die Präsenz an Grossanlässen hinaus führte die Schweiz 2014 sowohl im Ausland als auch im Inland zahlreiche weitere Projekte durch. Jubiläen zur Aufnahme von diplomatischen Beziehungen boten ­ zum Beispiel in Japan ­ Anlass dazu, vielfältige Events in Bereichen wie Wirtschaft, Bildung, Forschung und Kultur durchzuführen. Einen Schwerpunkt bildete der Austausch mit europäischen Staaten.

So wurden in verschiedenen Ländern im Rahmen des Programms «Schweiz im Dialog» Podiumsdiskussionen zu Themen wie Verkehr, Energie und Bildung organisiert, die sich speziell an Meinungsführende aus Politik und Wirtschaft richteten.

Im März 2014 erhielt der von mehreren Partnern gemeinsam organisierte Auftritt der Schweiz als Schwerpunktland an der Buchmesse in Leipzig grosse Aufmerksamkeit und ein positives Echo.

Von den 2014 insgesamt rund 40 ausländischen Delegationsbesuchen in der Schweiz mit über 700 Teilnehmenden stammte rund die Hälfte aus europäischen Staaten. Aber auch aus anderen Ländern wie den USA, Brasilien, Indien, Japan oder Südafrika wurden Delegationen empfangen. Neben dem politischen System der Schweiz und der direkten Demokratie ging es bei solchen Besuchen auch darum, die 1178

Standortqualitäten der Schweiz im Bereich Bildung, Forschung und Innovation aufzuzeigen. Gezielt auf in der Schweiz tätige Auslandkorrespondentinnen und -korrespondenten zugeschnitten waren die «Rösti-Lunches» zu aktuellen Themen wie dem OSZE-Vorsitz der Schweiz oder dem Finanzplatz. Unterstützt wurden die Aktivitäten der Landeskommunikation im In- und Ausland mit speziell auf das Zielpublikum ausgerichteten Informations- und Promotionsmitteln. So wurde für den OSZE-Vorsitz der Schweiz eine eigene Produktelinie kreiert. 2014 wurden im Ausland über eine halbe Million solcher Artikel abgegeben.

3.7

Ressourcen und Aussennetz

Das universelle Netz der 172 Auslandsvertretungen und rund 200 Honorarvertretungen ist ein wesentliches Instrument zur Umsetzung der Schweizer Aussenpolitik und zur Wahrung der Interessen der Schweiz. Das Aussennetz muss verschiedensten Bedürfnissen und Anforderungen gerecht werden und möglichst flexibel auf veränderte politische Situationen und Rahmenbedingungen reagieren können. Bei der ständigen Überprüfung der Funktionalität und Sachdienlichkeit des Netzes orientiert sich das EDA am Verfassungsauftrag, an den aussenpolitischen Schwerpunkten des Bundesrates für die laufende Legislaturperiode sowie an den Prinzipien Universalität, Kohärenz und Effizienz.

In der konkreten Ausgestaltung des Aussennetzes ist das EDA bemüht, die Tätigkeiten der einzelnen Auslandsvertretungen auf Kernaufgaben zu fokussieren und einen effizienten Ressourceneinsatz zu gewährleisten. Dies erlaubt dem EDA, das Aussennetz in seiner Universalität zu erhalten und punktuell auszubauen. So wurde in den letzten Jahren beispielweise die Erbringung von konsularischen Dienstleistungen in sogenannten regionalen Konsularzentren zusammengelegt. Gleichzeitig konzentrieren sich die Botschaften, die nun keine konsularischen Dienstleistungen mehr erbringen, vermehrt auf die Bereiche Interessenwahrung sowie, je nach Standort, internationale Zusammenarbeit. Im Bereich der konsularischen Dienstleistungen erlaubt der technologische Fortschritt zusammen mit der Einführung neuer Angebote, zum Beispiel der Einsatz von mobilen Biometrie-Erfassungsgeräten, die Dienstleistungen zu erhalten oder sogar noch auszubauen. Beispielsweise werden Standorte, an denen es keine Schweizer Berufsvertretung gibt, nun direkt mit der mobilen Biometrie bedient; dazu gehören Auckland, Mauritius oder Standorte in Australien.

Das EDA ist bestrebt, die Kohärenz der Schweizer Aussenpolitik noch weiter zu erhöhen. Die Schaffung von integrierten Botschaften mit dem Ziel «1 Standort = 1 Schweizer Vertretung» führt Botschaften mit den Büros der DEZA zusammen.

Dieser Prozess betrifft 49 Standorte und soll bis 2017 überall initiiert sein. Des Weiteren strebt das EDA an, die verschiedenen im Aussennetz aktiven Akteure und Tätigkeiten möglichst unter einem Dach zusammenzubringen (z. B. Swiss Business Hubs und swissnex Bangalore).

Die Umsetzung der verschiedenen Massnahmen
wird begleitet durch die Harmonisierung der Führungs- und Unterstützungsprozesse, die Unterbringung in einem gleichen Gebäude, die stärkere Zusammenarbeit der verschiedenen im Aussennetz präsenten Akteure, die Optimierung des Service public durch das Bereitstellen von zeitgemässen E-Government-Lösungen sowie die ständige Anpassung der Ressourcen im Einklang mit den prioritären Aufgaben jeder Vertretung.

1179

Um einen effizienten Ressourceneinsatz zu gewährleisten und die Universalität des Aussennetzes punktuell ausbauen zu können, greift das EDA auch auf die Möglichkeit von sogenannten «Co-Locations» zurück. Dabei wird eine offizielle Vertretung der Schweiz im selben Gebäude wie die offizielle Vertretung eines ausgewählten Partnerlandes untergebracht oder umgekehrt. Dadurch können mit vergleichsweise geringem finanziellen Aufwand neue Vertretungen eröffnet werden: So wurden 2014 «Co-Locations» mit den Niederlanden in Muskat, mit Dänemark in Abuja sowie mit Österreich in Dublin und Los Angeles umgesetzt. Die im Rahmen der Aufgabenüberprüfung 2014 beschlossene Schliessung der Generalkonsulate in Chicago, Dschidda und Toronto wurde 2014 abgeschlossen. Ausserdem musste die Schweizer Botschaft in Libyen aus Sicherheitsgründen geräumt und vorübergehend geschlossen werden.

2014 hat der Bundesrat beschlossen, ab 2015 zusätzliche Ressourcen für den VisaBereich im Voranschlag einzustellen. Damit soll die starke Zunahme des Visavolumens bewältigt werden; und die zusätzlichen personellen Mittel sollen einen sicheren, rechtmässigen, effizienten und kundenfreundlichen Visaservice auf den Schweizer Auslandsvertretungen sicherstellen ­ dies insbesondere im Hinblick auf die Tourismus- und Handelsförderung sowie die Wichtigkeit des Standorts Genf als Zentrum der internationalen Gouvernanz.

In einer Welt im Wandel, in der sich die globalen Gewichte verschieben, in der neue Akteure verstärkt eine bedeutende Rolle spielen (BRICS, G20-Länder, weitere Schwellenländer) und andere gleichzeitig ihre Bedeutung für die Schweiz behalten (USA, EU), muss ein unabhängiges Land wie die Schweiz mit einer eigenständigen Aussenpolitik über ein leistungsfähiges und universelles Aussennetz verfügen. Nur so kann es seinen Einfluss wahren, ihn weiter ausbauen und seine Interessen sowie diejenigen der Unternehmen und der Bürgerinnen und Bürger verteidigen. Die umgesetzten Massnahmen und die mit der Aufgabenüberprüfung 2014 eingeleitete umfassende Reorganisation mit Schliessungen erlaubten dem EDA, auf neue Bedürfnisse zu reagieren und das Aussennetz punktuell auszubauen.

Die Aufsicht des EDA stärkt die Rechtmässigkeit des staatlichen Handelns und den wirtschaftlichen Ressourceneinsatz im Departement. Jede Organisationseinheit an der Zentrale
und im Aussennetz erfasst, bewertet und bearbeitet ihre Risiken im dokumentierten «Internen Kontrollsystem» (IKS). Dabei werden nicht nur finanzielle Risiken, sondern beispielsweise auch Reputationsrisiken beachtet. Mit risikoorientierten Prüf- und Beratungsmandaten werden die Organisationseinheiten sowie die Departementsleitung in Aufsichts- und Wirtschaftlichkeitsfragen unterstützt.

Zusätzlich besteht im Departement eine Meldestelle zur Anzeige von Unregelmässigkeiten und Missständen. Mit der Eidgenössischen Finanzkontrolle findet ein regelmässiger Austausch statt. Schliesslich wurde 2014 eine Workplace Policy «Chancengleichheit» in Kraft gesetzt, um Chancengleichheit und ein diskriminierungsfreies Arbeitsumfeld für alle Mitarbeitenden an der Zentrale und im Aussennetz zu gewährleisten.

1180

Abkürzungsverzeichnis ASG

Auslandschweizergesetz vom 26. September 2014 (BBl 2014 7229)

AIA

Automatischer Informationsaustausch

ALBA

Bolivarische Allianz für Amerika (Alianza Bolivariana para los Pueblos de Nuestra América)

AMISOM

Mission der Afrikanischen Union in Somalia (African Union Mission to Somalia)

APEC

Asiatisch-pazifische wirtschaftliche Zusammenarbeit (Asia-Pacific Economic Cooperation)

ASEF

Asien-Europa-Stiftung (Asia-Europe Foundation)

ASEM

Asien-Europa-Treffen (Asia-Europe Meeting)

AU

Afrikanische Union

BAFU

Bundesamt für Umwelt

BAK

Bundesamt für Kultur

BAKOM

Bundesamt für Kommunikation

BASPO

Bundesamt für Sport

BFI

Bildung, Forschung, Innovation

BJ

Bundesamt für Justiz

BPS

Bundesgesetz vom 27. September 2013 über die im Ausland erbrachten Sicherheitsdienstleistungen (BBl 2013 7353)

BRICS

Gruppe der folgenden fünf grossen Schwellenländer: Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika

BSV

Bundesamt für Sozialversicherungen

CEVA

Bahnlinie Cornavin ­ Eaux Vives ­ Annemasse

CITES

Übereinkommen vom 3. März 1973 über internationalen Handel mit gefährdeten Arten frei lebender Tiere und Pflanzen (SR 0.453) (Convention on International Trade in Endangered Species of Wild Fauna and Flora)

DAC

Ausschuss für Entwicklungshilfe der OECD (Development Assistance Committee)

DBA

Doppelbesteuerungsabkommen

DCAF

Genfer Zentrum für die demokratische Kontrolle von Streitkräften (Geneva Centre for the Democratic Control of Armed Forces)

DEZA

Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit

DR

Direktion für Ressourcen

EAP

EuroAirport Basel-Mülhausen

1181

ECOSOC

Wirtschafts- und Sozialrat der UNO (Economic and Social Council)

ECOWAS

Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft (Economic Community of West African States)

EDA

Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten

EDI

Eidgenössisches Departement des Innern

EFD

Eidgenössisches Finanzdepartement

EFTA

Europäische Freihandelsassoziation (European Free Trade Association)

EGMR

Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte

EJPD

Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement

EMRK

Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention; SR 0.101)

ESM

Europäischer Stabilitätsmechanismus

EU

Europäische Union

EUFOR

EU-geführte Einsatzkräfte (European Union Force)

EuGH

Gerichtshof der Europäischen Union

EZB

Europäische Zentralbank

FATCA

Foreign Account Tax Compliance Act der USA

FATF

Arbeitskreis Massnahmen zur Geldwäschebekämpfung (Financial Action Task Force; franz.: Groupe d'Action financière/ GAFI)

Fedpol

Bundesamt für Polizei

FRB

Fachstelle für Rassismusbekämpfung

FZA

Abkommen vom 21. Juni 1999 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit (SR 0.142.112.681)

G20

Gruppe der 20 (USA, Japan, Deutschland, China, Grossbritannien, Frankreich, Italien, Kanada, Brasilien, Russland, Indien, Südkorea, Australien, Mexiko, Türkei, Indonesien, Saudi-Arabien, Südafrika, Argentinien, Europäische Union)

GCSP

Genfer Zentrum für Sicherheitspolitik (Geneva Centre for Security Policy)

GCTF

Globales Forum zur Bekämpfung des Terrorismus (Global Counterterrorism Forum)

GFATM

Globaler Fonds zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria (Global Fund to Fight AIDS, Tuberculosis and Malaria)

1182

HRD

Menschenrechtsverteidigerinnen und Menschenrechtsverteidiger (Human Rights Defenders)

IAEA

Internationale Atomenergiebehörde International Atomic Energy Agency)

IFAD

Internationaler Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung (International Fund for Agricultural Development)

IGAD

Zwischenstaatliche Entwicklungsbehörde (Intergovernmental Authority on Development)

IKRK

Internationales Komitee vom Roten Kreuz

IStGH

Internationaler Strafgerichtshof

IWF

Internationaler Währungsfonds (auch IMF, International Monetary Fund)

JRR

Justice Rapid Response

KAIPTC

Kofi Annan International Peace Training Centre

KGRE

Kongress der Gemeinden und Regionen

MDG

Millenniumentwicklungsziele (Millennium Development Goals)

MERCOSUR Gemeinsamer Markt Südamerikas (Mercado Común del Sur) MINUSMA

Multidimensionale integrierte Stabilisierungsmission der Vereinten Nationen in Mali (United Nations Multidimensional Integrated Stabilization Mission in Mali)

MONUSCO

Mission der Vereinten Nationen in der Demokratischen Republik Kongo (Mission de l'Organisation des Nations Unies en République Démocratique du Congo)

MoU

Absichtserklärung (Memorandum of Understanding)

NATO

Nordatlantisches Bündnis (North Atlantic Treaty Organisation)

NEAT

Neue Eisenbahn-Alpentransversale

NGO

Nichtregierungsorganisation (Non-Governmental Organisation)

NNSC

Neutrale Überwachungskommission für den Waffenstillstand in Korea (Neutral Nations Supervisory Commission)

NPT

Vertrag über die Nichtverbreitung von Kernwaffen (Non-Proliferation Treaty)

OAS

Organisation Amerikanischer Staaten (Organisation of American States)

1183

OCHA

UNO-Büro für die Koordination der humanitären Hilfe (Office for the Coordination of Humanitarian Affairs)

OECD

Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (Organisation for Economic Cooperation and Development)

OPCW

Organisation für das Verbot chemischer Waffen (Organisation for the Prohibition of Chemical Weapons)

OSZE

Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa

PEP

Politisch exponierte Personen (Politically exposed person)

PRS

Präsenz Schweiz

PVER

Parlamentarische Versammlung des Europarates

SADC

Südafrikanische Entwicklungsgemeinschaft (Southern African Development Community)

SDGs

Ziele der Nachhaltigen Entwicklung (Sustainable Development Goals)

SECO

Staatssekretariat für Wirtschaft

SKH

Schweizerisches Korps für Humanitäre Hilfe

StGB

Schweizerisches Strafgesetzbuch

SWISSCOY

Swiss Company

swissmedic

Schweizerisches Heilmittelinstitut

TAP

Transadriatische Pipeline

TIEA

Steuerinformationsabkommen (Tax Information Exchange Agreement)

UNAIDS

Gemeinsames Programm der Vereinten Nationen zu HIV/Aids (Joint United Nations Programme on HIV/AIDS)

UNCAC

Übereinkommen vom 31. Oktober 2003 der Vereinten Nationen gegen Korruption (SR 0.311.56) (United Nations Convention against Corruption)

UNCITRAL

Kommission der Vereinten Nationen für internationales Handelsrecht (United Nations Commission on International Trade Law)

UNDP

Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (United Nations Development Program)

UNECE

Wirtschaftliche Kommission für Europa der Vereinten Nationen (United Nations Economic Commission for Europe)

UNEP

Umweltprogramm der Vereinten Nationen (United Nations Environment Program)

UNESCO

Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur (United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization)

1184

UNFPA

Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen (United Nations Population Fund)

UNHCR

Hoher Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (United Nations High Commissioner for Refugees)

UNICEF

Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (United Nations International Children's Emergency Fund)

UNO

Organisation der Vereinten Nationen (United Nations Organisation)

UNODC

Büro der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (United Nations Office on Drugs and Crime)

UNRWA

Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästinaflüchtlinge im Nahen Osten (United Nations Relief Agency for Palestine Refugees in the Near East)

USG

Umweltschutzgesetz vom 7. Oktober 1983 (SR 814.01)

UVEK

Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation

VBS

Eidgenössisches Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport

WBF

Eidgenössisches Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung

WHO

Weltgesundheitsorganisation (World Health Organisation)

WTO

Welthandelsorganisation (World Trade Organisation)

1185

Länderindex

A Afghanistan ......................................................... 1076, 1111, 1118, 1145, 1148, 1150 Ägypten................................. 1063, 1076, 1102, 1119, 1126, 1130, 1152, 1153, 1174 Albanien .................................................................................. 1085, 1102, 1105, 1106 Algerien ............................................................................................ 1076, 1154, 1156 Angola ......................................................................................................... 1154, 1155 Argentinien ............................................................................. 1131, 1145, 1147, 1182 Armenien .......................................................................................... 1087, 1107, 1108 Aserbaidschan ......................................................................... 1086, 1087, 1107, 1108 Äthiopien .......................................................................................... 1130, 1154, 1156 Australien ........................................ 1076, 1131, 1137, 1138, 1148, 1151, 1179, 1182 B Bahrain .................................................................................... 1152, 1153, 1158, 1176 Bangladesch ................................................................................................ 1148, 1150 Belarus ........................................................................................................ 1107, 1170 Belgien .................................................................................................................. 1105 Bhutan ................................................................................................................... 1119 Bolivien....................................................................................................... 1119, 1147 Bosnien und Herzegowina .... 1086, 1091, 1106, 1116, 1121, 1123, 1128, 1129, 1134 Brasilien ...................... 1059, 1137, 1145, 1146, 1172, 1175, 1177, 1178, 1181, 1182 Bulgarien..................................................................................................... 1106, 1123 Burkina Faso ......................................................................................................... 1124 Burundi ......................................................................... 1126,
1129, 1130, 1131, 1158 C Chile ........................................................................................ 1120, 1145, 1147, 1148 China ................ 1071, 1118, 1119, 1134, 1137, 1148, 1149, 1153, 1155, 1158, 1169, .......................................................................................................... 1171, 1181, 1182 Costa Rica ......................................................................................... 1131, 1135, 1147 D Dänemark .................................................................................................... 1131, 1180 Deutschland .............. 1057, 1069, 1076, 1077, 1078, 1081, 1082, 1090, 1097, 1098, ........................................................ 1100, 1137, 1153, 1162, 1169, 1170, 1171, 1182 E Ecuador ................................................................................................................. 1147 Estland .................................................................................................................. 1105 F Finnland .................................................................................. 1093, 1105, 1109, 1111 Frankreich .................. 1057, 1078, 1081, 1087, 1098, 1118, 1136, 1153, 1154, 1158, ................................................................................................ 1162, 1169, 1170, 1182

1186

G Georgien .................................................................................. 1086, 1087, 1102, 1107 Ghana ..................................................................................................................... 1129 Griechenland ...................................................................................... 1064, 1106, 1137 Grossbritannien ...................................................................................................... 1182 Guatemala .................................................................................................... 1133, 1147 Guinea .................................................................................................................... 1064 H Haiti ............................................................................... 1116, 1117, 1119, 1143, 1147 Honduras ...................................................................................................... 1119, 1147 I Indien ..................................... 1118, 1148, 1149, 1150, 1155, 1176, 1178, 1181, 1182 Indonesien .......................................................................................... 1148, 1150, 1182 Irak ......................................... 1058, 1063, 1071, 1102, 1114, 1115, 1145, 1151, 1154 Iran ......................................... 1064, 1071, 1102, 1109, 1138, 1145, 1146, 1152, 1153 Irland ...................................................................................................................... 1111 Israel ...................................... 1063, 1076, 1102, 1126, 1129, 1151, 1152, 1154, 1174 Italien ........................... 1057, 1059, 1163, 1076, 1091, 1099, 1169, 1170, 1178, 1182 J Japan ...................................... 1076, 1137, 1148, 1149, 1150, 1166, 1167, 1178, 1182 Jemen ....................................................................................... 1063, 1130, 1134, 1156 Jordanien ...................................................................................................... 1076, 1115 K Kambodscha .......................................................................................................... 1119 Kamerun ...................................................................................................... 1154, 1156 Kanada
....................................................... 1059, 1076, 1145, 1146, 1148, 1171, 1182 Kasachstan ............................................................................................................. 1107 Kenia .................................................................................................. 1129, 1135, 1156 Kirgistan ................................................................................................................ 1107 Kiribati ................................................................................................................... 1151 Kolumbien ................................................. 1071, 1120, 1127, 1130, 1131, 1145, 1147 Kongo, Demokratische Republik ..................................................... 1126, 1129, 1183 Kosovo ........................ 1085, 1086, 1102, 1105, 1106, 1111, 1125, 1129, 1131, 1134 Kroatien ..................................................... 1057, 1075, 1086, 1091, 1103, 1106, 1124 Kuba......................................................................................... 1119, 1145, 1146, 1147 L Laos ....................................................................................................................... 1119 Lettland .................................................................................................................. 1105 Libanon ........................................................................................................ 1129, 1174 Liberia .......................................................................................................... 1064, 1115 Libyen .......................... 1059, 1063, 1102, 1119, 1126, 1129, 1130, 1152, 1174, 1180 Liechtenstein .................................................................. 1057, 1100, 1115, 1165, 1171 Luxemburg......................................................................................... 1105, 1167, 1171

1187

M Mali ....................................... 1102, 1127, 1128, 1129, 1130, 1131, 1154, 1156, 1183 Malta ........................................................................................................... 1105, 1111 Marokko .............................................................. 1076, 1116, 1119, 1126, 1131, 1152 Mauretanien .......................................................................................................... 1127 Mauritius ............................................................................................................... 1179 Mazedonien........................................................................................................... 1106 Mexiko .......................................................................... 1145, 1146, 1148, 1165, 1182 Monaco ................................................................................................................. 1165 Mongolei ........................................................................................... 1076, 1119, 1150 Montenegro ........................................................................................................... 1086 Mosambik ................................................................................................... 1118, 1154 Myanmar ............................................................. 1119, 1120, 1125, 1130, 1149, 1150 N Nepal ................................................................................................. 1118, 1125, 1150 Neuseeland .................................................................................................. 1151, 1177 Nicaragua .................................................................................................... 1119, 1147 Niederlande ............................................................... ........................................... 1180 Niger ..................................................................................................................... 1127 Nigeria ...................................................... 1071, 1121, 1127, 1132, 1134, 1154, 1155 Nordkorea ................................................................................................... 1150, 1158 Norwegen .................................................................................................... 1135,
1170 O Oman ........................................................................................................... 1059, 1152 Österreich .......... 1057, 1076, 1077, 1089, 1097, 1099, 1111, 1170, 1171, 1177, 1180 P Pakistan ................................................................................... 1117, 1118, 1148, 1150 Palästina .. 1152, 1058, 1063, 1071, 1072, 1102, 1119, 1126, 1141, 1142, 1151, 1154 Panama ........................................................................................................ 1139, 1147 Peru ......................................................................................... 1120, 1145, 1147, 1148 Philippinen .................................................................... 1121, 1129, 1131, 1135, 1175 Polen ............................................................................. 1062, 1078, 1104, 1123, 1137 Portugal ................................................................................................................. 1105 R Republik Moldau ............................ 1060, 1083, 1084, 1095, 1102, 1107, 1123, 1128 Ruanda .................................................................................................................. 1154 Rumänien .............................................................................................................. 1123 Russland ........... 1062, 1063, 1068, 1071, 1076, 1078, 1079, 1080, 1081, 1082, 1083, ............... 1084, 1086, 1087, 1088, 1093, 1095, 1096, 1101, 1102, 1107, 1123, 1130, ................ 1134, 1138, 1139, 1145, 1153, 1158, 1169, 1170, 1176, 1177, 1181, 1182 S Salomoneninseln ................................................................................................... 1151 Samoa.................................................................................................................... 1151 Saudi-Arabien ......................................................................... 1059, 1170, 1176, 1182 Schweden .................................................................................................... 1111, 1135 1188

Senegal............................................................................................... 1071, 1134, 1156 Serbien .............. 1068, 1069, 1076, 1077, 1082, 1083, 1084, 1085, 1086, 1088, 1089, .......................... 1090, 1091, 1092, 1093, 1094, 1095, 1096, 1097, 1102, 1105, 1106, ................................................................................................. 1116, 1123, 1125, 1134 Sierra Leone ........................................................................................................... 1064 Singapur ................................................................................................................. 1150 Slowakei ...................................................................................................... 1088, 1104 Somalia ................................................................ 1117, 1126, 1129, 1155, 1156, 1181 Spanien .................................................................................................................. 1105 Sri Lanka.................................................................................. 1121, 1125, 1148, 1150 Südafrika ........................................................................ 1155, 1176, 1178, 1181, 1182 Sudan ................................................................................................ 1129, 1155, 1156 Südkorea .............................................................. 1076, 1148, 1150, 1165, 1167, 1182 Südsudan ................................ 1058, 1071, 1114, 1116, 1126, 1129, 1130, 1154, 1156 Syrien ................ 1058, 1063, 1064, 1071, 1073, 1091, 1102, 1110, 1114, 1115, 1126, ........................... 1129, 1130, 1134, 1151, 1152, 1153, 1154, 1158, 1160, 1174, 1175 T Tadschikistan ........................................................................... 1071, 1107, 1123, 1134 Tansania ....................................................................................................... 1118, 1131 Thailand ................................................................................... 1076, 1119, 1130, 1148 Tonga ..................................................................................................................... 1151 Tschad ................................................................................................ 1118,
1127, 1131 Tschechische Republik .......................................................................................... 1104 Tunesien................................. 1063, 1076, 1119, 1121, 1126, 1128, 1130, 1134, 1152 Türkei......................................................... 1082, 1093, 1106, 1108, 1155, 1176, 1182 U Ukraine ............. 1057, 1062, 1063, 1068, 1069, 1073, 1076, 1077, 1078, 1079, 1080, ................ 1081, 1082, 1083, 1084, 1086, 1088, 1092, 1093, 1095, 1096, 1098, 1101, ........................... 1102, 1107, 1108, 1115, 1123, 1130, 1138, 1145, 1160, 1170, 1174 Ungarn ......................................................................................................... 1104, 1105 USA .................. 1059, 1071, 1076, 1079, 1080, 1084, 1087, 1101, 1120, 1135, 1136, ....... 1137, 1144, 1145, 1146, 1148, 1155, 1163, 1164, 1167, 1170, 1178, 1180, 1182 Usbekistan ............................................................................................................. 1107 V Vanuatu .................................................................................................................. 1151 Venezuela .............................................................................................................. 1145 Vereinigte Arabische Emiraten ......................................................... 1155, 1170, 1176 Vietnam ..................................................... 1059, 1071, 1119, 1120, 1134, 1148, 1150 Z Zentralafrikanische Republik ................... 1058, 1064, 1071, 1102, 1114, 1115, 1127, ........................................................................................................... 1154, 1156, 1158 Zypern .................................................................................................................... 1169

1189

Anhang

Ergänzende Angaben zum Europarat Die Schweizer Schwerpunkte im Europarat sowie die wichtigsten Herausforderungen, mit denen sich die Strassburger Organisation konfrontiert sieht, werden unter Ziffer 3.3.1 des Aussenpolitischen Berichtes 201427 behandelt. Dieser Anhang enthält ergänzende Informationen zu den Aktivitäten der Schweiz in den verschiedenen Organen des Europarates.

1 1.1

Organe Ministerkomitee

An der 124. Tagung des Ministerkomitees vom 6. Mai 2014 in Wien wurde das 65-jährige Jubiläum des Europarates gefeiert. Im Zentrum der Gespräche stand die Krise in der Ukraine, entsprechend hoch war die Teilnahme der Mitgliedstaaten auf Ministerebene. Diskutiert wurde über die Notwendigkeit zur Deeskalation der Krise und Möglichkeiten zur friedlichen Beilegung des Konfliktes. Bereits zuvor hatte das Ministerkomitee in einer seiner Entschliessungen die Abhaltung eines Unabhängigkeitsreferendums auf der Krim und die folgende Annexion durch die russische Föderation als illegal verurteilt. Gewürdigt wurde die aktive Rolle des Generalsekretärs sowie die nützlichen Beiträge verschiedenerer Expertengremien des Europarates wie etwa der Venedig-Kommission bei der Beratung verfassungsrechtlicher Fragen oder des beratenden Ausschusses zum Schutz nationaler Minderheiten. Bereits zu Beginn des Jahres gab das Ministerkomitee seine Zustimmung zur Schaffung eines internationalen Beratergremiums für die Ukraine mit der Aufgabe, die Untersuchung begangener Menschenrechtsverletzungen während der Demonstrationen auf dem Maidan in Kiew und später in Odessa zu begleiten.

Ferner diskutierte das Ministerkomitee den vom Generalsekretär erstmals herausgegebenen Bericht zur Situation der Demokratie, der Menschenrechte und der Rechtstaatlichkeit in Europa. Darin werden Rassismus, Intoleranz, Diskriminierung, Extremismus, Korruption, die soziale Kohäsion sowie der Schutz der individuellen Freiheiten, insbesondere der Meinungsäusserungs- und Medienfreiheit, als grösste Herausforderungen des Kontinents bezeichnet. Der Bericht soll inskünftig jährlich erscheinen und die erzielten Fortschritte und verbleibende Herausforderungen darstellen.

Nach der Wiederwahl von Generalsekretär Jagland für eine zweite fünfjährige Periode durch die Parlamentarische Versammlung des Europarates hielt dieser im Ministerkomitee seine Antrittsrede und stellte seine Ziele und Prioritäten für die folgenden Jahre vor, welche den Schutz und die Verstärkung des EGMR, die Verstärkung der Kooperation mit den Mitgliedstaaten sowie die Fortsetzung der Unterstützung der Nachbarstaaten beinhalten.

Ausserdem verabschiedete das Ministerkomitee während des Jahres die Konvention gegen Wettkampfmanipulation im Sport sowie die Konvention gegen illegalen Handel von menschlichen Organen und hielt ausführliche Debatten zu den Themen 27

BBl 2015 1055

1190

Gewalt gegen Frauen sowie die Rolle von Nichtregierungsorganisationen im Europarat ab.

1.2

Parlamentarische Versammlung

Die vier Tagungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates (PVER) im Jahr 2014 waren vor allem geprägt durch die Lage in der Ukraine, zu der mehrere Dringlichkeitsdebatten stattfanden. An der Januartagung wählte die PVER die Luxemburgerin Anne Brasseur zu ihrer Präsidentin.

An der Apriltagung verabschiedete die Versammlung eine Resolution, in der sie die Annexion der Krim durch Russland verurteilte und das Trennungsreferendum für unrechtmässig und verfassungswidrig erklärte. Mit einer weiteren Resolution setzte sie die Stimmrechte der russischen Delegation und ihr Recht auf Teilnahme an Wahlbeobachtungsmissionen bis zum Ende der Session 2014 aus.

An der Junitagung wählte die Versammlung den Norweger Thorbjørn Jagland im ersten Wahlgang erneut für eine fünfjährige Amtszeit als Generalsekretär des Europarates.

An der vierten Tagung verabschiedete die Versammlung eine Resolution, die darauf abzielt, Neonazismus und Rechtsextremismus einzudämmen. In diesem Zusammenhang unterstützte die Versammlung einen Vorschlag junger Aktivisten, den 22. Juli zum «Europäischen Tag für die Opfer von Hasskriminalität» zu machen. An der gleichen Tagung nahm sie des Weiteren eine Resolution an, in der sie Georgien aufrief, die Polarisierung zu überwinden, um die Demokratisierung fortzusetzen. Die Versammlung zeichnete schliesslich einen Aktivisten für Grundrechte und Grundfreiheiten, den Aserbaidschaner Anar Mammadli, mit dem Vaclav-Havel-Menschenrechtspreis aus.

1.3

Kongress der Gemeinden und Regionen Europas

Die beiden Tagungen des Kongresses im Jahr 2014, an denen die Schweizer Delegation teilnahm, widmeten sich insbesondere dem Thema «Der Platz Jugendlicher in der Gesellschaft: Gemeinsame Verantwortung der Städte und Regionen». Ihr Ziel war es, ein Forum für den Gedankenaustausch zwischen politischen Vertretern auf lokaler und regionaler Ebene über die Teilnahme junger Menschen als Akteure der lokalen und regionalen Demokratie vorzuschlagen. Dieses Ziel wurde namentlich dank der aktiven Mitwirkung von Delegierten des Jugendparlaments aus den meisten Mitgliedstaaten erreicht.

2 2.1

Menschenrechte Demokratischer Zusammenhalt ­ Menschenrechtsfragen/Follow-up Interlaken

Im Zentrum der Aktivitäten des Lenkungsausschusses für Menschenrechte (CDDH) standen die Reform des EMRK-Kontrollsystems, Arbeiten im Bereich Entwicklung und Förderung der Menschenrechte sowie ein erster Gedankenaustausch über die längerfristige Ausrichtung des CDDH.

1191

Nachdem im letzten Berichtszeitraum die Reformprotokolle 15 und 16 zur EMRK verabschiedet werden konnten,28 stand die Reformdiskussion im laufenden Jahr im Zeichen der langfristigen Reform des EMRK-Kontrollmechanismus. Die Vorarbeiten werden derzeit von einer dem CDDH und dessen Expertenausschuss (Groupe de rédaction, GDR) unterstellten Arbeitsgruppe (GDR-F) geführt; am Anfang dieser Arbeiten stand ein öffentlicher Aufruf an alle interessierten Kreise und Personen, Vorschläge zur langfristigen Reform des Kontrollsystems zu unterbreiten, wobei ausdrücklich auch radikale Änderungen des Systems zur Sprache kommen sollten (thinking out of the box). Die Arbeitsgruppe ist gemischt zusammengesetzt, in dem Sinn, dass neben den Staatenvertretern auch externe Expertinnen und Experten beigezogen werden. Im April 2014 hat zudem in Oslo eine Konferenz über die langfristige Zukunft des Gerichtshofs stattgefunden. Diskutiert wurden die Themen: (1) Geschichte, bisherige Reformen und verbleibende Herausforderungen; (2) Der Gerichtshof im Jahr 2030; (3) Die Umsetzung der Urteile durch die Mitgliedstaaten.

Auch die Ergebnisse dieser Konferenz, an der sich Vertreter aus der Schweiz aktiv beteiligt haben, werden in die laufenden Arbeiten einfliessen.

Was den Bereich Entwicklung und Förderung der Menschenrechte betrifft, hat der CDDH im Berichtsjahr von den laufenden Arbeiten verschiedener Experten- oder Redaktionsgruppen Kenntnis genommen und Stellung bezogen zu den ihm unterbreiteten Fragen. Das gilt insbesondere für die Arbeiten des CDDH-CORP (Groupe de rédaction sur les droits de l'homme et les entreprises), des CDDH-DC (Groupe sur les droits de l'homme dans les sociétés culturellement diverses) sowie des DH-BIO-psy (Groupe de rédaction pour l'élaboration d'un Protocole additionnel relatif à la protection des droits de l'homme et de la dignité des personnes atteintes de troubles mentaux à l'égard du placement et du traitement involontaires)29.

Die Aussprache über die künftige Ausrichtung des Lenkungsausschusses hat verschiedene Gründe: Der CDDH hat sich in den letzten Jahren v. a. mit der Reform des EGMR und dem Beitritt der EU zur EMRK befasst, während andere, menschenrechtsrelevante Themen in den Hintergrund getreten sind. Der CDDH wird deshalb heute v. a. als «Reformausschuss» wahrgenommen. Hinzu kommt, dass
sich mit der kürzlich erfolgten Zusammenlegung verschiedener anderer Komitees zum Comité Européen pour la Cohésion sociale, la dignité humaine et l'Egalite (CDDECS) neue Abgrenzungsfragen ergeben werden. Anlass für die Diskussion ist schliesslich der Umstand, dass der CDDH nach seinem bisherigen Verständnis v. a. allem im Bereich des «standard setting» tätig war und sich mehr und mehr die Einsicht durchsetzt, dass Defizite im Bereich Menschenrechte nicht primär im Normativen liegen, sondern in der mangelhaften Umsetzung der bestehenden Standards. Die Diskussion im Berichtszeitraum war gewissermassen eine Eintretensdebatte. Sie wird in den kommenden Monaten fortgesetzt und konkretisiert werden.

28 29

Vgl. Aussenpolitischer Bericht 2013, BBl 2014 1055, hier 1159.

Geplantes Zusatzprotokoll zur Bioethikkonvention vom 4. April 1997, SR 0.810.2.

1192

2.2

Die Schweiz vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte

Im Berichtszeitraum fällte der Gerichtshof in Schweizer Beschwerdefällen 18 Urteile. In 9 Urteilen wurde mindestens eine Verletzung der EMRK festgestellt.

Die 18 Urteile waren (in chronologischer Reihenfolge)30:

30

­

A.A. (7. Januar 2014): Verletzung des Verbots der Folter und der unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung (Art. 3 EMRK) für den Fall der Ausweisung des Beschwerdeführers in den Sudan. Keine Verletzung des Rechts auf wirksame Beschwerde (Art. 13 EMRK) in Verbindung mit Artikel 3 EMRK.

­

Ruiz Rivera (18. Februar 2014): Verletzung des Rechts auf Freiheit und Sicherheit (Art. 5 Abs. 4 EMRK) des verwahrten Beschwerdeführers wegen der Weigerung der Gerichte, ein neues psychiatrisches Gutachten einzuholen und eine kontradiktorische Anhörung durchzuführen. Keine Prüfung von Artikel 5 Absatze 1 EMRK.

­

Howald Moor und andere (11. März 2014): Verletzung des Rechts auf Zugang zum Gericht (Art. 6 Abs. 1 EMRK) der Angehörigen eines AsbestOpfers wegen der systematischen Anwendung der Verjährungs- oder Verwirkungsfristen. Keine Prüfung des Diskriminierungsverbots (Art. 14 EMRK) in Verbindung mit Artikel 6 Absatz 1 EMRK.

­

Palanci (25. März 2014): Keine Verletzung des Rechts auf Achtung des Privat- und Familienlebens (Art. 8 EMRK) im Fall der Ausweisung eines rückfälligen Straftäters in die Türkei.

­

El Mentouf (22. April 2014): Keine Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren (Art. 6 Abs. 1 und 3b EMRK) wegen der unterlassenen Mitteilung eines Einvernahmeprotokolls betreffend einen Mitbeschuldigten, zu welchem sich der Beschwerdeführer später äussern konnte.

­

Buchs (27. Mai 2014): Keine Verletzung des Rechts auf Achtung des Privatund Familienlebens (Art. 8 EMRK) und des Diskriminierungsverbots (Art. 14 EMRK) in Zusammenhang mit einem Verfahren betreffend Zuweisung der gemeinsamen elterlichen Sorge.

­

Ukaj (24. Juni 2014): Keine Verletzung des Rechts auf Achtung des Privatund Familienlebens (Art. 8 EMRK) im Fall der Ausweisung eines straffälligen Beschwerdeführers in den Kosovo.

­

A.B. (1. Juli 2014): Verletzung der Freiheit der Meinungsäusserung (Art. 10 EMRK) aufgrund der strafrechtlichen Verurteilung eines Journalisten wegen Veröffentlichung amtlicher geheimer Verhandlungen (Art. 293 StGB). Der Fall ist vor der Grossen Kammer des EGMR hängig.

­

M.P.E.V. und andere (8. Juli 2014): Verletzung des Rechts auf Achtung des Privat- und Familienlebens (Art. 8 EMRK) für den Fall der Ausweisung des

Ausführlichere Zusammenfassungen der Schweizer Fälle (und wichtiger Fälle betreffend anderen Staaten) werden seit 2008 in den Quartalsberichten des Bundesamtes für Justiz publiziert (www.bj.admin.ch > Staat & Bürger > Menschenrechte > Rechtsprechung des EGMR).

1193

straffälligen Beschwerdeführers, dessen Tochter und die von ihm getrennt lebende Ehefrau in der Schweiz leben, nach Ecuador.

­

Rouiller (22. Juli 2014): Keine Verletzung des Rechts auf Achtung des Privat- und Familienlebens (Art. 8 EMRK) durch die gerichtlich angeordnete Rückkehr der von der Mutter in die Schweiz entführten Kinder nach Frankreich.

­

Schmid (22. Juli 2014): Keine Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren (Art. 6 Abs. 1 EMRK), weil der Beschwerdeführer genügend Zeit hatte, auf die relativ kurzen Stellungnahmen der anderen Parteien zu replizieren.

­

Gajtani (9. September 2014): Verletzung des Rechts auf Zugang zu einem Gericht (Art. 6 Abs. 1 EMRK) wegen Nichteintretens auf eine infolge fehlerhafter Rechtsmittelbelehrung verspätete Beschwerde. Keine Verletzung des Rechts auf Achtung des Privat- und Familienlebens (Art. 8 EMRK) durch das Verbringen der Kinder der Beschwerdeführerin nach Mazedonien.

Unzulässigkeit der Beschwerde gestützt auf Artikel 3 EMRK.

­

C.W. (23. September 2014): Keine Verletzung des Rechts auf Freiheit und Sicherheit (Art. 5 Abs. 1 EMRK) wegen Verlängerung einer stationären therapeutischen Massnahme um fünf Jahre ohne Einholung einer zusätzlichen Expertise einer externen Fachstelle. Unzulässigkeit der Beschwerde gestützt auf Art. 6 EMRK.

­

Gross (30. September 2014, Grosse Kammer): Beschwerde wegen Verletzung des Rechts auf Achtung des Privat- und Familienlebens (Art. 8 EMRK) durch das Fehlen einer genügenden gesetzlichen Regelung für die Beihilfe zum Suizid von nicht todkranken Personen (Urteil der Kammer vom 14.05.2013) unzulässig infolge Missbrauchs des Beschwerderechts (Art. 35 Abs. 3 Bst. a EMRK).

­

Pelterau-Villeneuve (28. Oktober 2014): Verletzung der Unschuldsvermutung (Art. 6 Abs. 2 EMRK) durch die Einstellungsverfügung des Staatsanwaltes, wonach der Beschwerdeführer den Tatbestand erfüllt habe, aber die Handlungen verjährt seien.

­

Tarakhel et al. (4. November 2014): Verletzung des Verbots unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung (Art. 3 EMRK) für den Fall der Rückschaffung afghanischer Staatsangehöriger mit Kindern nach Italien (DublinVerfahren) ohne individuelle Zusicherungen hinsichtlich der Betreuung und des Zusammenbleibens der Familie. Unzulässigkeit der Beschwerden gestützt auf Artikel 8 EMRK und Artikel 13 i.V. mit Artikel 3 EMRK.

­

M.A. (18.11.2014): Verletzung des Verbots der Folter und der unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung (Art. 3 EMRK) für den Fall der Ausweisung des Beschwerdeführers in den Sudan.

­

Perrillat-Bottonet Jean-François (20.11.2014): Keine Verletzung des Folterverbots und/oder des Rechts auf eine wirksame Untersuchung behaupteter polizeilicher Übergriffe (Art. 3 EMRK).

1194

2.3 2.3.1

Diskriminierung und Rassismus Bekämpfung des Rassismus

Im Anschluss an ihren Besuch in der Schweiz im Oktober 2013 veröffentlichte die Europäische Kommission gegen Rassismus und Intoleranz (ECRI) am 16. September 201431 ihren fünften Bericht über die Schweiz (fünfter Überwachungszyklus).

Die Kommission würdigte das kontinuierliche Engagement der Behörden in der Schweiz und deren unmissverständliche Verurteilung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit. Als positiv erachtete sie insbesondere die Bereitstellung von Beratungsangeboten für Diskriminierungsopfer im Rahmen der kantonalen Integrationsprogramme KIP, den verstärkten Einsatz gegen Rassismus und Diskriminierung in der Schule, die Angebote in der Menschenrechtsbildung sowie die Unterstützung einzelner Kantone und Gemeinden für LGBT-Personen (Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transgender). Die Kommission übte aber auch Kritik an der Schweiz. Der ausländerfeindliche und teilweise rassistische politische Diskurs beeinträchtige die Lebensbedingungen von dunkelhäutigen Menschen, Jenischen und Fahrenden. Nach wie vor komme es auch auf dem Arbeitsmarkt oder bei Dienstleistungen zu Diskriminierungen.

Die Kommission empfahl namentlich einen weiteren Ausbau der Integrationsmassnahmen, verstärkte Sensibilisierung der Medien für die Thematik sowie den Aufbau unterstützender Strukturen und Angebote für LGBT-Personen in allen Landesteilen.

2.3.2

Minderheitenschutz

Am 28. Mai 2014 verabschiedete das Ministerkomitee des Europarates seine dritte Resolution über die Umsetzung des Rahmenübereinkommens zum Schutz nationaler Minderheiten durch die Schweiz. Nachdem das Ministerkomitee auf verschiedene positive Entwicklungen hingewiesen hatte, formulierte es an die Adresse der Schweiz Empfehlungen zu drei Bereichen, in denen seiner Auffassung nach umgehendes Handeln erforderlich ist. Die Bundesbehörden, Kantone und Gemeinden wurden erstens ersucht, den gravierenden Mangel an Stand- und Durchgangsplätzen für Fahrende möglichst rasch zu beheben. Sie wurden zweitens aufgerufen, angemessene Massnahmen zu ergreifen, um Rassismus in all seinen Ausprägungen zu bekämpfen und sämtliche Formen von Intoleranz - einschliesslich im politischen Diskurs und im Internet - öffentlich zu verurteilen. Und sie wurden schliesslich ermutigt, ihre Anstrengungen fortzusetzen, das Bundesgesetz vom 5. Oktober 200732 über die Landessprachen und die Verständigung zwischen den Sprachgemeinschaften (SpG) umzusetzen, damit die Gleichstellung der Amtssprachen des Bundes in der Praxis voll und ganz verwirklicht wird und die Angehörigen sprachlicher Minderheiten in der Bundesverwaltung ihre eigene Sprache verwenden können und in den Verwaltungsstrukturen anteilsmässig vertreten sind. Der Bundesrat muss darlegen, welche Massnahmen von den Behörden getroffenen Massnahmen von den Behörden getroffen wurden, um auf die verschiedenen Empfehlungen des 4. Berichts über die Umsetzung des Rahmenübereinkommens zum Schutz nationaler Minderheiten einzugehen.

31 32

Der Bericht ist abrufbar unter: www.news.admin.ch/NSBSubscriber/message/attachments/36505.pdf SR 441.1

1195

Die Schweiz arbeitete auch 2014 im Ad-hoc-Sachverständigenausschuss für RomaFragen (CAHROM) mit. Das Bundesamt für Kultur informierte den Ausschuss über die Frage des Schulbesuchs der Kinder von Fahrenden einschliesslich der Probleme und der derzeitigen Projekte. Die Schweiz bekundete ihr Interesse an der Teilnahme an einer thematischen Arbeitsgruppe zur Frage des Fernunterrichts für die Kinder von Fahrenden.

2.3.3

Gleichstellung von Frau und Mann

Die Schweiz nimmt aktiv an den verschiedenen Anlässen teil, die die Kommission des Europarates für die Gleichstellung der Geschlechter (DECS-GEC) zum Thema Zugang von Frauen zur Justiz organisiert. An einem Seminar über die Frage, wie Lücken in der Forschung und der Erhebung von geschlechterdifferenzierten Daten zum Zugang von Frauen zur Justiz geschlossen werden können (Combler les lacunes dans la recherche et la collecte des données ventilées par sexe en matière d'égalité d'accès des femmes à la justice), das am 26./27. Juni 2014 in Paris stattfand, stellte ein Schweizer Sachverständiger verschiedene bewährte Verfahren aus der Schweiz vor.

2.4

Wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte

Der Bundesrat hat am 2. Juli 2014 einen Bericht über die revidierte Europäische Sozialcharta (CSE) genehmigt. Er entspricht damit dem Postulat der Aussenpolitischen Kommission des Ständerates «Vereinbarkeit der revidierten Europäischen Sozialcharta mit der schweizerischen Rechtsordnung». Der Bericht kommt zum Schluss, dass die Schweiz aus rechtlicher Sicht die Mindestanforderungen für die Ratifikation erfüllen würde. Die Schweiz könnte ohne Gesetzesänderungen die folgenden sechs Artikel der Kernbestimmungen akzeptieren: Artikel 1 (Recht auf Arbeit), Artikel 5 (Vereinigungsrecht), Artikel 6 (Recht auf Kollektivverhandlungen), Artikel 7 (Recht der Kinder und Jugendlichen auf Schutz), Artikel 16 (Recht der Familie auf sozialen, gesetzlichen und wirtschaftlichen Schutz) und Artikel 20 (Recht auf Chancengleichheit und Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf ohne Diskriminierung aufgrund des Geschlechts). Hinsichtlich der Vereinbarkeit der CSE mit dem dualen System der beruflichen Grundbildung hat der Europäische Ausschuss für soziale Rechte (CEDS) in einem Abkommen mit den Schweizer Behörden festgehalten, dass dieses System nicht unter Artikel 7 CSE (Recht der Kinder und Jugendlichen auf Schutz), sondern unter Artikel 10 CSE (Recht auf berufliche Bildung) fällt, bei dem es kein Problem darstellt. Nach Abschluss dieser rechtlichen Prüfung kam der Bundesrat zum Schluss, dass er sich erst nach der Kenntnisnahme des Berichts durch das Parlament zum Grundsatz einer Ratifikation äussern wird. Er unterbreitete den Bericht im September und Oktober 2014 dem Parlament, zuerst der Delegation bei der Parlamentarischen Versammlung des Europarats, dann der Aussenpolitischen Kommission des Nationalrats, der Aussenpolitischen Kommission des Ständerats und der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Ständerats.

1196

2.5

Rechtstaatlichkeit und Menschenrechte in der Informationsgesellschaft

Seit einigen Jahren befasst sich der Europarat unter der Führung des Lenkungsausschusses für Medien und Informationsgesellschaft (CDMSI) intensiv mit Fragen der Förderung der Rechtsstaatlichkeit und der Menschenrechte in der Informationsgesellschaft, insbesondere bezüglich der Nutzung und Gouvernanz des grenzüberschreitenden Internets. Er hat eine Reihe von Empfehlungen und Erklärungen hierzu verabschiedet, darunter eine mit zehn Grundprinzipien zur Internet-Gouvernanz, die auf rechtstaatlichen und Menschenrechts-Überlegungen beruht. Zudem beschäftigt er sich mit der Informations-, Meinungs- und Versammlungsfreiheit und mit dem Schutz von Privatsphäre und Menschenwürde bei Internetdiensten und neuen Medien. Im Jahr 2011 hat der Europarat einen neuen Medienbegriff entwickelt, der vorschlägt, einen abgestuften und differenzierten Ansatz für den Umgang mit (neuen) Medien zu wählen. Dieser soll es erlauben, die Rechte und Pflichten der Medien- und der Internetdiensteanbieter, aber auch der Nutzer, abgestuft nach Funktion und Relevanz eines Dienstes oder Mediums zu definieren. Im April 2014 hat der Europarat einen Menschenrechtsleitfaden für Internetnutzer verabschiedet, welcher die Nutzer in einer einfachen Sprache über ihre Rechte im Internet und über die Möglichkeiten, diese geltend zu machen informiert. Die Schweiz hat bei der Erarbeitung dieser Texte wesentlich mitgearbeitet.

Diese nichtbindenden Instrumente des Europarates beeinflussen die Debatten zwischen Regierungen, Wirtschaft und Zivilgesellschaft im Rahmen des vom Europarat und der Schweiz mit weiteren Partnern initiierten europäischen Dialog zur InternetGouvernanz (EuroDIG) und werden vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte bei seiner Arbeit beigezogen. Auch auf globaler Ebene gilt der Europarat als Vorreiter in der Behandlung von Menschenrechtsthemen in der Informationsgesellschaft. Seine Arbeiten fliessen in die Multistakeholder-Debatten im Internet Governance Forum der UNO ein und haben auch die Ergebnisse der NETmundialMultistakeholder-Konferenz vom April 2014 in São Paulo mitgeprägt.

Im Juni 2014 hat ein von einem Schweizer Regierungsvertreter mitverfasster Bericht des Europarates zu Menschenrechtsaspekten der Aktivitäten von ICANN eine breite Debatte innerhalb der ICANN und einen die verschiedenen Anspruchsgruppen übergreifenden
Prozess ausgelöst, welcher zum Ziel hat, die Menschenrechtsaspekte der Aktivitäten von ICANN systematischer zu erkennen und zu behandeln. Während ICANN bis anhin von vielen als Institution verstanden wurde, die für technische Fragen des Domain-Namen-Systems (DNS) zuständig ist, ist das Thema der angemessenen Berücksichtigung von internationalem Recht und Menschenrechten im Rahmen von ICANN nun dauerhaft auf der Agenda.

2.6

Bioethik

Im Berichtszeitraum wurden vom leitenden Ausschuss für Bioethik (DH-Bio) folgende Arbeiten erbracht: Der Entwurf für eine Empfehlung zum Thema «Prédiction, test génétique et assurance» wurde im Plenum diskutiert. Die Mehrheit sprach sich dafür aus, den Geltungsbereich nicht auf genetische Daten zu beschränken. Zum weiteren Vorgehen wurde beschlossen, interessierte Delegationen zu einer Sitzung einzuladen, an der der Überarbeitungsbedarf festgestellt wird. Ein Berichterstatter (ein Mitglied des Plenums) wird beauftragt, eine neue Textversion zu erstellen.

1197

Der Entwurf der revidierten Empfehlung (2006)4 des Ministerkomitees über Forschung an biologischem Material menschlichen Ursprungs befand sich von März bis August 2014 in der öffentlichen Anhörung. Danach wurden die Resultate ausgewertet, die wohl im Jahr 2015 veröffentlicht werden.

Die Erarbeitung des neues Zusatzprotokolls zur Bioethik-Konvention des Europarates betreffend den Schutz der Würde und der Grundrechte von Personen mit psychischen Krankheiten im Hinblick auf Zwangsmassnahmen wurde vorangetrieben, insbesondere mithilfe eines Symposiums, bei dem Stakeholders zu Wort kommen konnten. Strittige Punkte betrafen den Geltungsbereich, den Umgang mit Minderjährigen sowie die Bezeichnung einer Vertrauensperson ausserhalb der üblichen gesetzlichen Vertretung.

In Bezug auf die ethische Analyse aufstrebender Technologien konnte die Erarbeitung der ersten Studie, die den Stand der wissenschaftlich-technischen Entwicklung in den ausgewählten Technologien (Nanotechnologie, Biotechnologie, Informationstechnologie, Kognitionswissenschaften) darstellen sollte, abgeschlossen werden. Als Hauptresultat wurde eine zunehmende Interaktion, Konvergenz und Verflechtung zwischen Technik und Natur (Biologie) postuliert. Zugleich wurde die zweite Studie, die zusätzlich zur ersten Studie die ethischen Implikationen herausarbeiten soll, auf den Weg gebracht, und es wurde die Organisation des für Anfang 2015 geplanten Symposiums aufgenommen.

Schliesslich wurde beschlossen, die Kooperation mit den Nationalen (Bio-) Ethikkommissionen der Mitgliedsländer zu vertiefen und einen intensiveren Informationsaustausch anzustreben. Auch sollen jeweils Vertretungen der nationalen Kommissionen zu den Veranstaltungen des DH-Bio eingeladen werden.

2.7

Elektronische Stimmabgabe (E-Voting)

Am 28. Oktober 2014 fand das 5. Review-Meeting des Europarates zum Thema E-Voting statt. Das Review-Meeting wurde von Österreich einberufen. Die Schweiz hat diese Initiative unterstützt und das österreichische «Non-Paper» mitgesponsort.

Im Rahmen des 5. Review-Meetings wurde die Aktualisierung der Empfehlungen des Europarates besprochen. Die anwesenden Länder hatten ausserdem die Möglichkeit, den Stand des E-Voting-Projekts vorzustellen. Am Treffen sind die anwesenden Mitgliedstaaten übereingekommen, dass die einschlägige Empfehlung des Ministerrates zu E-Voting aus dem Jahr 2004 aktualisiert und insbesondere den bei den Versuchen gemachten Erfahrungen sowie den neuen technischen Erkenntnissen angepasst werden muss.

Die Teilnehmer des 5. Recommendation Rec(2004)11 Evaluations-Treffens zu den juristischen, operationellen und technischen Normen der elektronischen Stimmabgabe haben sich für eine Aktualisierung der CM Rec(2004)11 ausgesprochen, die so schnell wie möglich, spätestens aber in der Periode des Programms und Budgets 2016­2017 durch eine Ad-hoc-Expertengruppe durchgeführt werden sollte. Um Kosten zu sparen, sollten, wenn möglich, elektronische Austausch- und Verhandlungsmittel eingesetzt werden. Um eine höchstmögliche Qualität der Aktualisierungsresultate zu gewährleisten, sollte die Expertengruppe aus Regierungsvertretern, die für Wahlprozedere zuständig sind, bestehen. Diese sollten, wenn nötig, durch

1198

andere relevante Akteure wie Akademiker, Wirtschaftsvertreter sowie Vertreter der Zivilgesellschaft unterstützt werden.

Zum Schweizer Projekt. Die Schweiz hat auch im Jahr 2014 erfolgreich Versuche mit der elektronischen Stimmabgabe in zwölf Kantonen durchgeführt. Seit Projektbeginn wurden mehr als 180 Versuche mit dem elektronischen Stimmkanal durchgeführt. Nach wie vor gelten die Auslandschweizer Stimmberechtigten als priorisierte Zielgruppe. Langfristiges Ziel des Bundes ist die Einführung dieses dritten, komplementären Stimmkanals für alle Stimmberechtigten.

2013 hat der Bundesrat den dritten Bericht zu Vote électronique erarbeitet, der die Versuche seit 2006 auswertet und gestützt auf diese Erkenntnisse aufzeigt, wie die Stimmabgabe via Internet künftig ausgedehnt werden soll. Gestützt auf diesen Bericht wurden die Rechtsgrundlagen für die elektronische Stimmabgabe revidiert.

Die Bestimmungen der Verordnung über die politischen Rechte wurden angepasst und eine neue Verordnung der Bundeskanzlei über die elektronische Stimmabgabe wurde geschaffen. Die neuen Rechtsgrundlagen sind am 15. Januar 2014 in Kraft getreten.

3 3.1

Rechtstaatlichkeit Völkerrecht

Zweimal jährlich treffen sich die Rechtsberater der europäischen Aussenministerien im Rahmen des CAHDI (Comité ad hoc des conseillers juridiques sur le droit international public) ­ ein Organ des Europarates ­ zum Erfahrungs- und Gedankenaustausch. Die Schweiz, in der Person des Direktors der Direktion für Völkerrecht, nimmt regelmässig an den Treffen des CAHDI teil. Das Forum bietet die Gelegenheit, über aktuelle völkerrechtliche Entwicklungen zu diskutieren, Erfahrungswerte zu Fragen der nationalen Umsetzung völkerrechtlicher Normen auszutauschen, sowie die Möglichkeit, allfällige Stellungnahmen unter den Mitgliedstaaten des Europarates zu koordinieren.

Neben zahlreichen anderen Rechtsfragen wurde im Berichtsjahr insbesondere die Frage der Vorrechte und Immunitäten von Sondermissionen diskutiert. Der Ausdruck Sondermission bezeichnet eine einen Staat vertretende zeitweilige Mission, die von einem Staat mit Zustimmung eines anderen Staates in diesen entsandt wird, um mit ihm über besondere Fragen zu verhandeln oder dort eine bestimmte Aufgabe zu erfüllen. Insbesondere mit Blick auf das internationale Genf, Austragungsort zahlreicher internationaler Konferenzen, misst die Schweiz dieser völkerrechtlichen Thematik eine grosse Bedeutung zu. Sie nutzte die Gelegenheit, um über die schweizerische Gesetzgebung und deren praktische Umsetzung zu informieren sowie um aktuelle Fragestellungen zu Vorrechten und Immunitäten im Kontext des Völkergewohnheitsrechts zu diskutieren.

1199

3.2 3.2.1

Strafrecht Bekämpfung des Menschenhandels

Am 1. April 2013 trat das Übereinkommen des Europarats vom 16. Mai 200533 zur Bekämpfung des Menschenhandels für die Schweiz in Kraft. Ein Überwachungsmechanismus gewährleistet die wirksame Umsetzung des Übereinkommens. Dieser besteht aus der unabhängigen Expertengruppe GRETA (Group of Experts on Action against Trafficking in Human Beings), die für die Bewertung der Konventionsumsetzung zuständig ist, sowie aus dem Ausschuss der Vertragsparteien, der die GRETA-Mitglieder wählt und Massnahmen empfehlen kann, die auf den Schlussfolgerungen der GRETA-Mitglieder basieren. In Absprache mit der ständigen Vertretung der Schweiz beim Europarat nimmt die Geschäftsstelle der KSMM an den Sitzungen des Ausschusses teil. Sie war zuletzt an der 14. Sitzung vom 7. Juli 2014 durch den Geschäftsführer vertreten.

Gemäss Praxis evaluiert die GRETA die Umsetzungsmassnahmen des jeweiligen Unterzeichnerstaates ein erstes Mal ein Jahr nach dem Inkrafttreten des Übereinkommens. So erhielt die Geschäftsstelle der KSMM, deren Geschäftsführer die Kontaktperson der GRETA ist, am 1. April 2014 einen umfangreichen Fragebogen vom Sekretariat der GRETA. Die Fragen bezogen sich vor allem auf die rechtlichen Grundlagen, die statistischen Erhebungen und die staatlichen Tätigkeiten gegen Menschenhandel. Die Geschäftsstelle beantwortete den Fragebogen unter Einbezug diverser Bundesstellen sowie von Organisationen, welche im Steuerungsorgan der KSMM vertreten sind. Die konsolidierte Antwort wurde am 31. Juli 2014 der GRETA zurückgeschickt.

In Anschluss an die Beantwortung des Fragebogens findet ein Länderbesuch durch eine Delegation der GRETA statt, um die Umsetzung des Übereinkommens in der Praxis zu beurteilen. Der Präsident, die Vizepräsidentin und zwei Sekretäre der GRETA besuchten dazu in der Woche 40 die Schweiz. Die Delegation traf sich Vertreterinnen und Vertretern des Bundes, besuchten Runde Tische gegen Menschenhandel in der Deutsch- und Westschweiz, und es fand eine Sitzung mit einer Vertreterin und einem Vertreter des Nationalrates statt. Die Delegation der GRETA erhielt einen umfassenden Einblick in die Aktivitäten der Schweiz gegen Menschenhandel, und sie zeigte sich mit den Besuchen, welche die Geschäftsstelle der KSMM organisiert und begleitet hatte, zufrieden. Unabhängig von den Besuchen bei den Bundes- und Kantonsstellen
trafen sich die GRETA-Delegierten während der Besuchswoche auch mit Vertreterinnen und Vertretern von NGO, die in der Schweiz in der Bekämpfung von Menschenhandel aktiv sind.

Im Frühling 2015 ist der erste Berichtsentwurf der GRETA zu erwarten. Die Schweiz wird Gelegenheit haben, dazu Stellung zu nehmen. Der definitive Bericht wird voraussichtlich Ende 2015 veröffentlicht werden.

33

SR 0.311.543

1200

3.2.2

Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch

Das Übereinkommen des Europarates vom 25. Oktober 200734 zum Schutze von Kindern vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch (Lanzarote-Konvention) ist das erste internationale Instrument, das die verschiedenen Formen sexuellen Kindsmissbrauchs umfassend für strafbar erklärt. Nebst den Straftatbeständen enthält die Konvention Bestimmungen über Prävention, Opferschutz und Strafverfahren sowie Regeln zur internationalen Zusammenarbeit.

Die für einen Beitritt der Schweiz notwendige Revision des Strafgesetzbuches35, namentlich die Strafbarerklärung der Freier von 16- bis 18-jährigen Prostituierten, trat am 1. Juli 2014 in Kraft. Am gleichen Datum trat die Konvention für die Schweiz in Kraft.

3.2.3

Cyberkriminalität

Das Übereinkommen des Europarates vom 23. November 200136 über die Cyberkriminalität ist für die Schweiz am 1. Januar 2012 in Kraft getreten. Neu ins innerstaatliche Recht eingeführt wurde dabei der Straftatbestand des unbefugten Eindringens in ein Datenverarbeitungssystem (Art. 143bis StGB, sog. Hacking-Tatbestand) sowie eine neue Regelung über elektronische Verkehrsdaten in der internationalen Zusammenarbeit (Art. 18b des Rechtshilfegesetzes vom 20. März 198137).

Die Vertragsstaaten des Übereinkommens treffen sich zweimal jährlich, um gemeinsam über die Implementierung und Weiterentwicklung des Übereinkommens zu befinden. Die Schweiz wird regelmässig durch das EJPD (BJ/Fedpol) vertreten.

Besondere Beachtung finden zurzeit die Arbeiten zur Ausdehnung der Möglichkeiten für Strafverfolgungsbehörden, um direkt auf im Ausland befindliche Computerdaten zugreifen zu können (transborder access to data). Die Schweiz ist in der mit dieser Aufgabe befassten Arbeitsgruppe vertreten.

3.2.4

Terrorismus

An der zweiten Jahrestagung des Expertenkomitees des Europarates zur Terrorismusbekämpfung (CODEXTER) im November 2014 vereinbarten die Teilnehmerstaaten neue strafrechtliche Massnahmen, um die Bekämpfung von Terrorismus in den 47 Mitgliedstaaten des Europarates zu verstärken. 2015 soll ein Zusatzprotokoll zum Übereinkommen des Europarates zur Verhütung des Terrorismus ausgearbeitet und fertiggestellt werden, das die Rekrutierung, Ausbildung, Vorbereitung und Finanzierung von Reisen, die zur Begehung terroristischer Handlungen unternommen werden, unter Strafe stellt. CODEXTER bereitet ausserdem eine Empfehlung zu Präventivmassnahmen, Radikalisierung über das Internet sowie geeignete Mittel bei der Rückkehr von Terrorismuskämpfern vor. Diese Schritte stehen in Verbindung mit der Umsetzung der Resolution 2178 (2014) des UNO-Sicherheitsrates in 34 35 36 37

SR 0.311.40 SR 311.0 SR 0.311.43 SR 351.1

1201

Europa. Das Protokoll zielt darauf ab, die Gesetzgebung in Europa zu harmonisieren und so die zwischenstaatliche Zusammenarbeit zu erleichtern.

3.2.5

Organhandel

Die Konvention des Europarates gegen den Organhandel wurde am 9. Juli 2014 vom Ministerkomitee angenommen und liegt ab März 2015 für die Mitgliedstaaten und die Nichtmitgliedstaaten des Europarates zur Unterzeichnung auf.

Die Konvention ist grundsätzlich mit der rechtlichen Grundlage in der Schweiz konform. Die Opportunität der Unterzeichnung und Ratifizierung dieser Konvention durch die Schweiz wird gegenwärtig geprüft.

3.3

Drogen

Die Gruppe für die Zusammenarbeit im Kampf gegen den Missbrauch und den illegalen Handel mit Betäubungsmitteln (Groupe Pompidou) wurde im Jahr 1971 auf Initiative des damaligen französischen Präsidenten Pompidou gegründet. 1980 wurde sie in die Organisation des Europarates in Strassburg eingegliedert und zählt heute 36 Mitgliedsländer. Die Schweiz (Bundekriminalpolizei/Fedpol) präsidiert seit dem 1. Januar 2011 die Airports Group. Diese besteht aus Zoll-, Grenzwacht- und Polizei-Vertretern aus 36 Ländern. Sie zielt auf die Harmonisierung sowie Verbesserung von Kontrollmassnahmen im Drogenbereich auf europäischen Flughäfen und die Verbesserung von Kontrollmassnahmen im Bereich General Aviation ab.

Anlässlich des 29. Jahrestreffens der Airports Group im Juni 2014 wurde die Teilnahme der Mitgliedsländer der medNET-Group (Mediterranean Network) der Groupe Pompidou in die Aktivitäten der Airports Group konkretisiert. Algerien, Tunesien, Jordanien, Ägypten und der Libanon beteiligen sich, zusammen mit Japan, Mexiko und Belarus als Beobachter an den Sitzungen der Airports Group.

Die im Arbeitsprogramm der Groupe Pompidou 2011­2014 vorgesehenen Aktivitäten und Konferenzen konzentrierten sich auf den Austausch von Informationen, Trends und Entwicklungen unter den Polizei-, Zoll- und Grenzwachtbehörden, internationalen Organisationen sowie Aufsichtsbehörden. 2014 wurde im Rahmen des Programms «Law Enforcement Activities» eine Tagung der Unterarbeitsgruppe General Aviation und das 29. Jahrestreffen der Airports Group durchgeführt. 2014 wurde zudem eine Konferenz zu den neuen Bedrohungen im Bereich der Vorläuferstoffe und eine Konferenz im Bereich Internetkriminalität organisiert. Die Schweiz (Bundeskriminalpolizei/Fedpol) war im Rahmen ihres Vorsitzes und als Mitglied des Organisationskomitees aktiv an der Organisation der Konferenzen beteiligt.

Die Groupe Pompidou koordiniert unter den Mitgliedsländern Aspekte der Drogenpolitik, die von gemeinsamem Interesse sind. Die Pompidou-Gruppe soll Politik, Wissenschaft und tägliche Drogenarbeit vernetzen. Die offenen Diskussionsfora, frei von rechtlich oder politisch bindender Wirkung, sind für alle Mitgliedstaaten von grosser Bedeutung, da sie eine Voraussetzung für eine innovative Politik darstellen.

Für die Schweiz ist die Pompidou-Gruppe das einzige Gremium,
an dem sie sich mit anderen europäischen Staaten über drogenpolitische Themen austauschen kann. Im Gegensatz dazu stehen der Mehrzahl der Mitgliedstaaten der Gruppe, darunter auch den Nicht-EU-Staaten Norwegen und Türkei, die Fora der Europäischen Union für 1202

den drogenpolitischen Austausch zur Verfügung. Von Bedeutung ist hier insbesondere die Europäische Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (EBDD).

Die diesjährigen Arbeiten der Gruppe konzentrierten sich auf die Vorbereitung der alle vier Jahre abgehaltenen Ministerkonferenz, welche im November stattfand und dem Thema «Trends in Drogenkonsum und -schmuggel, eine Herausforderung für traditionelle Drogenpolitiken» gewidmet war. Dabei wurden die neue Generation Konsumenten, neue psychoaktive Substanzen und Abhängigkeiten sowie die Herausforderungen und Möglichkeiten des Internets in diesem Bereich sowie mögliche Gegenstrategien diskutiert.

An der Konferenz wurden das neue Arbeitsprogramm 2015­2018 verabschiedet, das folgende Schwerpunkte umfasst: ­

Menschenrechte im Drogenbereich,

­

Analyse von politischen Interventionen,

­

die sich verändernden Muster in Konsum, Produktion und Nachschub und Möglichkeiten und

­

Herausforderungen des Internets.

Des Weiteren wurde Norwegen als neue Präsidentschaft und Italien als Vizepräsidentschaft für die kommenden vier Jahre gewählt.. Als «Friend of the Chair» war die Schweiz in der Unterstützung der scheidenden französischen Präsidentschaft auf der Suche nach einer Nachfolge erfolgreich gewesen.

Des Weiteren wurde während der Ukraine-Krise eine Delegation für eine medizinische und humanitäre Mission in die Ukraine entsendet, die sich vor Ort ein Bild machen sollte, welche Lösungen man für die substituierten Drogenabhängigen finden konnte.

3.4

Grenzüberschreitende Zusammenarbeit

Die Arbeit an der Kodifizierung des grenzüberschreitenden Rechts, die vom Europäischen Ausschuss für lokale und regionale Demokratie (CDLR) koordiniert wurde, ist mit der Inkraftsetzung des Protokolls Nr. 3 zum Madrider Rahmenübereinkommen abgeschlossen worden. Für die Aufgaben des CDLR ist seit Januar 2014 der neue Lenkungsausschuss für Demokratie und Regierungsführung (CDDG) zuständig, in dem die Schweiz nunmehr durch das Bundesamt für Justiz (Föderalismusfragen) vertreten ist. Für den neuen Ausschuss war das Jahr 2014 vor allem ein Übergangsjahr.

3.5

Venedig-Kommission, Beirat der Europäischen Richter, Europäische Kommission für die Wirksamkeit der Justiz

Der Gemeinsame Rat für Verfassungsgerichtsbarkeit (Venedig-Kommission) hat im Berichtsjahr die Verbreitung der staatsrechtlichen Rechtsprechung über das «Bulletin de jurisprudence constitutionnelle» und über die Datenbank CODICES weiter vorangetrieben.

1203

Der Beirat europäischer Richterinnen und Richter (CCJE) hat im Oktober 2014 seine 17. Stellungnahme zum Thema «Justiz, Evaluation und Unabhängigkeit» verabschiedet.

Die Europäische Kommission für die Wirksamkeit der Justiz (CEPEJ) hat im Oktober 2014 eine aktualisierte Fassung (Daten 2012) seines Berichts über die Evaluation der Europäischen Justizsysteme publiziert. Sie hat ihre Kooperationstätigkeiten zur Optimierung des Funktionierens der Gerichte in den Mitgliedstaaten des Europarates sowie in den Nachbarländern fortgesetzt. Schweizer Expertinnen und Experten präsidieren die Arbeitsgruppen «Verfahrensdauer» und «Qualität» der CEPEJ.

3.6

Zusammenarbeit in Steuerfragen

Die Schweiz hat am 15. Oktober 2013 das Übereinkommen der OECD und des Europarates über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen in seiner Fassung vom 1. Juni 2011 unterzeichnet. Das von der OECD und dem Europarat im Jahr 1988 gemeinsam entwickelte Übereinkommen wurde im Jahr 2010 revidiert und gewann in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung. Einschliesslich der Schweiz haben per Ende 2014 69 Staaten das revidierte Übereinkommen unterzeichnet. Es bietet die Rechtsgrundlage für verschiedenste Formen der Zusammenarbeit in Steuersachen.

Insbesondere sind der Informationsaustausch auf Ersuchen sowie der spontane Informationsaustausch als zwingende Elemente enthalten. Der automatische Informationsaustausch kann optional zwischen zwei oder mehreren Vertragsstaaten vereinbart werden. Mit der Unterzeichnung des Übereinkommens unterstreicht die Schweiz ihren Willen, die internationalen Standards in Steuerfragen zu erfüllen. Die Unterzeichnung bekräftigt zudem das Engagement der Schweiz bei der weltweiten Bekämpfung von Steuerbetrug und Steuerhinterziehung im Hinblick auf die Wahrung der Integrität und die Reputation des Finanzplatzes Schweiz. Der Bundesrat wird die Vernehmlassung voraussichtlich Anfang 2015 eröffnen.

4 4.1 4.1.1

Demokratie Gesundheit Pharmazeutische Produkte und Pflege

Die Schweiz engagierte sich bei verschiedenen Aktivitäten des Europäischen Komitees für pharmazeutische Produkte und Pflege (CD-P-PH) der Europäischen Direktion für Arzneimittelqualität und Gesundheitsfürsorge (EDQM) mit Sitz in Strassburg sowie in den zugehörigen Expertenkomitees: Expertenkomitee zur Qualität und Sicherheit in der pharmazeutischen Praxis und der medizinischen Betreuung (CD-P-PH/PC), Expertenkomitee zur Reduzierung der Risiken für die öffentliche Gesundheit verursacht durch Arzneimittelfälschungen (CD-P-PH/CMED), Comité d'experts sur la classification des médicaments en matière de leur délivrance (CD-P-PH/PHO). Im Berichtsjahr wurde ein weiteres Expertenkomitee gegründet, welches sich mit der Qualität der Versorgung mit Arzneimitteln in der Pädiatrie befasst (CD-P-PH/Paedform).

Im Expertenkomitee zur Qualität und Sicherheit in der pharmazeutischen Praxis und der medizinischen Betreuung (CD-P-PH/PC) unterstützt die Schweiz vier spezifische Projekte. Namentlich ein Projekt zur Qualität und Sicherheit von Arzneimitteln, 1204

die in Apotheken sowie anderen Betrieben einschliesslich der Herstellung auf den Stationen in Spitälern zulassungsbefreit hergestellt oder zubereitet werden, ein Projekt zum Einfluss traditioneller aussereuropäischer Arzneimittel auf die Patientensicherheit in Europa, ein Projekt zur Qualität der Versorgung (Pharmaceutical Care) und Indikatorenentwicklung und ein Projekt zur Entwicklung von Empfehlungen zum Einsatz von sogenannten Dose-Dispensing-Systemen. Die Schweiz beteiligte sich im Berichtsjahr an Umfragen, Expertenmeetings und an der Erarbeitung von Empfehlungen in diesen Themen. Im neugegründeten Expertenkomitee CD-P-PH/Paedform setzt die Schweiz drei Experten ein, um die Entwicklungen zur Verbesserung der Qualität der Versorgung in der Pädiatrie voranzutreiben.

Im Expertenkomitee zur Reduzierung der Risiken für die öffentliche Gesundheit verursacht durch Arzneimittelfälschungen (CD-P-PH/CMED) hat die Schweiz in der Amtsperiode von 2014­2015 den Vorsitz. Die Schweiz engagierte sich aktiv bei den Projekten des Komitees wie der Konkretisierung einer zentralen Europäischen Datenbank zur Erfassung von Arzneimittelfälschungen und der weiteren Verbreitung eines Behörden-Netzwerks, genannt Single Points of Contact (SPOCs). Die Expertensitzung vom Herbst 2014 fand in der Schweiz statt, swissmedic war Gastgeber für die Expertinnen und Experten aus dem ganzen Gebiet der Mitgliedstaaten.

Am 28. Oktober 2011 unterzeichnete die Schweiz die Medicrime-Konvention des Europarates, die eine Gefährdung der öffentlichen Gesundheit durch gefälschte Heilmittel (Arzneimittel und Medizinprodukte) verhindern soll. Die Konvention, das erste internationale Übereinkommen, das diesen Bereich regelt, stellt die Herstellung und die Abgabe von sowie den Handel mit gefälschten Produkten unter Strafe und schützt die Rechte der Opfer solcher Handlungen. Es regelt auch die innerstaatliche und die internationale Zusammenarbeit der zuständigen Behörden. Das Ratifikationsverfahren wird unter der Leitung des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) und in enger Zusammenarbeit mit swissmedic und anderen unmittelbar zuständigen Ämtern wie dem Bundesamt für Justiz durchgeführt.

4.1.2

Pharmakopöe

Die Europäische Pharmakopöe (Ph. Eur.) ist eine unter der Ägide des Europarates erarbeitete Sammlung von Vorschriften über die Qualität von Arzneimitteln (einschliesslich Wirkstoffe), pharmazeutischen Hilfsstoffen und einzelnen Medizinprodukten.

Die Ph. Eur. enthält über 2500 Monographien und allgemeine Texte. Bei den spezifischen Monographien lag der Schwerpunkt bis anhin bei Wirk- und Hilfsstoffen sowie bei Fertigproduktmonographien besonderer Arten von Arzneimitteln wie beispielsweise Impfstoffen, Immunsera, radioaktiven Arzneimitteln oder homöopathischen Zubereitungen. Im März 2014 beschloss die Europäische Pharmakopöekommission, erstmals einen Monographieentwurf für ein Fertigprodukt mit einem chemisch definierten Wirkstoff zur öffentlichen Vernehmlassung freizugeben.

Zusätzlich zur Ausarbeitung neuer Vorschriften werden auch bereits bestehende Vorschriften der Ph. Eur. laufend überarbeitet. Diese stete, nötigenfalls auch dringliche Anpassung der Pharmakopöe an den Stand von Wissenschaft und Technik gewährleistet eine angemessene Kontrolle der Rohstoffe und Präparate in einem globalisierten Markt und leistet zudem einen wichtigen Beitrag zur Bekämpfung von Arzneimittelfälschungen.

1205

Die Ph. Eur. stellt in den 37 Vertragsstaaten des Übereinkommens über die Ausarbeitung einer Ph. Eur. und in der Europäischen Union ein rechtsverbindliches Werk dar. In der Berichtsperiode (Januar bis Dezember 2014) wurden die achte Ausgabe und die Nachträge 8.1 und 8.2 der Ph. Eur. implementiert.

Jeder Vertragsstaat ist verpflichtet, sich an den Arbeiten der Ph. Eur. zu beteiligen, die unter der Federführung der Europäischen Direktion für Arzneimittelqualität und Gesundheitsfürsorge (EDQM) in Strassburg stattfinden, und die beschlossenen Qualitätsvorschriften in nationales Recht zu überführen. Die Aktivitäten der Ph. Eur.

werden ausserdem durch acht europäische und siebzehn aussereuropäische Beobachterstaaten sowie die Taiwan Food and Drug Administration (TFDA) und die Weltgesundheitsorganisation (WHO) näher verfolgt. Damit hat die Arbeit der Ph. Eur. einen weltweiten Einfluss auf die Qualität von Arzneimitteln und Arzneistoffen.

swissmedic, das Schweizerische Heilmittelinstitut, stellt mit der Abteilung Pharmakopöe die Nationale Pharmakopöebehörde der Schweiz. Sie koordiniert den Schweizer Beitrag zur Ph. Eur. Dieser wird durch Schweizer Expertinnen und Experten aus Industrie, Hochschulen, Apotheken und Behörden erbracht, die Einsitz in den meisten der insgesamt siebzig Fachgremien der Ph. Eur. nehmen und hierbei jährlich mehr als acht Personenjahre an Facharbeit leisten. Über 50 % dieser Arbeiten erfolgen durch Mitarbeitende von swissmedic.

Im Berichtsjahr feierte die Ph. Eur. ihr 50-jähriges Bestehen. Zu diesem Anlass fand im Oktober 2014 in Strassburg eine internationale Konferenz statt. Hierbei erfolgte sowohl ein aktiver Beitrag als auch eine rege Teilnahme von zahlreichen Schweizer Expertinnen und Experten.

Der durch die Schweiz erbrachte Beitrag verdeutlicht einerseits den hohen Stellenwert der Pharmakopöe, andererseits die Expertise, welche die Schweiz als eines der weltweit wichtigsten Länder mit pharmazeutischer Industrie einbringen kann.

4.1.3

Gesundheitsschutz der Konsumentinnen und Konsumenten

Die Schweizer Delegation hat weiter an den Sitzungen des Sachverständigenausschusses für Verpackungen für Lebensmittel und pharmazeutische Erzeugnisse (P-SC-EMB) teilgenommen, namentlich an den Sitzungen in Strassburg (Mai) und Ljubljana (November).

Die Resolution (2013)9 betreffend Metalle und Legierungen, die mit Lebensmitteln in Kontakt kommen, wurde im Juni 2013 vom Ministerkomitee des Europarates verabschiedet. Sie wurde am 6. und 7. November 2014 in Ljubljana an einem Symposium vorgestellt, das unter der Schirmherrschaft des Europarates und des slowenischen Gesundheitsministeriums stand. Dieses Symposium informierte die slowenischen Kontrollbehörden, Unternehmen und Verbraucherverbände genauer über die verschiedenen gesetzlichen Vorschriften und Empfehlungen und insbesondere über die Resolution betreffend Metalle und Legierungen, die mit Lebensmitteln in Kontakt kommen mit dem Ziel, die Unbedenklichkeit dieser Metalle und Legierungen nachzuweisen.

In der Expertengruppe P-SC-EMB konzentriert sich die Arbeit im Anschluss an die Veröffentlichung der Resolution auf die Überarbeitung früherer Resolutionen, die an 1206

neue wissenschaftliche, toxikologische und technische Erkenntnisse anzupassen sind. Für viele Arten von Materialien sind die Resolutionen des Europarates die einzigen Empfehlungen (Soft Law) und mithin wichtig für die in den jeweiligen Bereichen tätigen Verbände. Die Arbeiten zu Verpackungstinten werden im Wesentlichen unter Federführung von Deutschland und der Schweiz fortgesetzt. Die beiden Länder stellen eine Liste der evaluierten Stoffe auf, die dem Europarat als Bezugsgrundlage dienen soll.

Die Schweizer Delegation beteiligte sich weiter an den Arbeiten des Sachverständigenausschusses für Kosmetika (P-SC-COS). Dieser Ausschuss redigiert Empfehlungen zur Verwendung ätherischer Öle insbesondere in Kosmetika und stützt sich hierbei auf zwei Publikationen aus Frankreich. Die Schweizer Delegation beteiligt sich aktiv an diesen Arbeiten; Bericht wird neu von Irland erstattet.

Die Ad-hoc-Gruppe für Tätowierungen und Permanent Make-up ist zurzeit mit der Fertigstellung eines Dokuments über Mindestanforderungen an die toxikologische Bewertung von Tinten für Tätowierungen und Permanent Make-up befasst. Dieses Dokument ist umso wichtiger, als die Europäische Kommission (GD SANCO) eine Regelung dieser Produkte durch neue Harmonisierungsvorschriften prüft, um der Bevölkerung bestmöglichen Schutz zu bieten.

Zudem setzte dieser Ausschuss seine Arbeit an einem Dokument fort, das sich mit einem für die öffentliche Gesundheit erheblichen Problem befasst, der Kreuzresistenz im Zusammenhang mit dem Einsatz von Azol-Antimykotik. Derzeit finden Gespräche über die Modalitäten der Publikation statt.

Die Ad-hoc-Gruppe Amtliche Laboratorien für die Kontrolle von Kosmetika (OCCL) befasste sich 2014 mit den Eignungsprüfungen für Paraphenylendiamin (PPD) in Haarfärbemitteln sowie für Formaldehyd. Ein drittes Weiterbildungsseminar zum Sonnenschutz wurde organisiert, das dem Thema In-Vitro-Methode zur Bewertung des Sonnenschutzfaktors gewidmet war.

4.2

Kultur, Bildung, Jugend und Sport

Im Zuge der Reform der zwischenstaatlichen Strukturen des Europarates wurden 2012 der Lenkungsausschuss für Kultur (CDCULT) und der Lenkungsausschuss für Kulturerbe und Landschaft (CDPATEP) zusammengelegt. Der neue Lenkungsausschuss für Kultur, Kulturerbe und Landschaft (CDCPP) kommt seitdem einmal jährlich zu einer Tagung zusammen; das jüngste Treffen fand im März 2014 statt.

An allen drei Tagungen bemühte sich der Ausschuss, die drei im CDCPP vertretenen Bereiche zu einem Dialog zu führen. Zu diesem Zweck setzte sich die Schweizer Delegation aus Vertretern des Bundesamtes für Kultur (BAK / Internationales) und des Bundesamtes für Umwelt (BAFU/Sektion Ländlicher Raum) zusammen.

Ebenso wie alle anderen Lenkungsausschüsse des Europarates wurde auch der CDCPP Ende 2013 vom Ministerkomitee einer Evaluation unterzogen und erhielt einen entsprechenden Haushaltsplan. Auf der Grundlage der Evaluation wurde die Dauer der CDCPP-Plenartagung um einen halben Tag verkürzt. Die Schweiz wurde für den Zeitraum 2014­2015 in den Vorstand des Lenkungsausschusses gewählt. Sie ist in dieser Amtsperiode im Vorstand als einziges Land vertreten, das nicht Mitglied der Europäischen Union ist.

1207

4.2.1

Kultur

Am 30. Januar 2013 trat die Schweiz dem Erweiterten Teilabkommen über die Kulturwege des Europarates bei. Sie verfügt nun über einen Sitz im Verwaltungsrat dieses Abkommens, der sich jährlich trifft, um die Wege zu begutachten und neue Projekte zu prüfen, den Vorstand des Teilabkommens zu wählen und zum Tätigkeitsprogramm Stellung zu nehmen. An der zweiten Sitzung des Verwaltungsrates mit Schweizer Beteiligung am 11. April 2014 wurden drei neue Wanderrouten zertifiziert: «Atrium, zur Architektur der totalitären Regime des 20. Jahrhunderts», «Netzwerk Jugendstil» und «Via Habsburg ­ auf den Spuren der Habsburger»; bei Letzterer arbeitet die Schweiz mit Deutschland, Frankreich und Österreich zusammen. Der Beitrag des Bundes an das Erweiterte Teilabkommen über die Kulturwege des Europarates belief sich 2014 auf rund 10 000 Euro.

4.2.2

Kulturerbe

Das System HEREIN (europäische Kulturerbepolitik), das seit vielen Jahren von der Schweiz unterstützt wird, konnte erfolgreich wieder anlaufen. Seine Hauptaufgabe ist das Monitoring folgender Abkommen: Übereinkommen vom 3. Oktober 198538 zum Schutz des baugeschichtlichen Erbes in Europa, Europäisches Übereinkommen vom 16. Januar 199239 zum Schutz des archäologischen Erbes und Rahmenübereinkommen des Europarates über den Wert des Kulturerbes für die Gesellschaft (von der Schweiz noch nicht ratifiziert). Die Plattform HEREIN wird damit zu einem Informations- und Vernetzungssystem der einschlägigen Fachkreise und Behörden Europas. Die Schweiz ist zudem Mitglied der Internationalen Non-ProfitOrganisation AISBL HEREIN, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, den Erfahrungs- und Informationsaustausch über Kulturerbepolitik zu fördern.

4.2.3

Landschaft

Der finanzielle Beitrag des BAFU zum Landschaftsübereinkommen beträgt 40 000 Franken. In diesem Rahmen konzentriert das BAFU seine Aktivitäten auf Workshops zum Landschaftsübereinkommen sowie auf den Austausch und die Veröffentlichung von Forschungsergebnissen und bewährten Verfahren.

4.2.4

Medien (Eurimages)

Der Vorstand von Eurimages unterstützt europäische Koproduktionen, Filmverleihe und Kinos. 2014 wurden neun Projekte mit Schweizer Partnern angenommen und dem Vorstand zur Genehmigung unterbreitet. Bei sechs dieser Projekte war die Schweizer Beteiligung zentral. Schliesslich erhielten vier Projekte eine Förderung, darunter insgesamt 1,27 Millionen Euro für die Schweizer Produzenten. Der Beitrag des Bundes an Eurimages belief sich 2014 auf 540 000 Euro, während die Schweiz

38 39

SR 0.440.4 SR 0.440.5

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im gleichen Jahr von Eurimages Unterstützung in der Höhe von mehr als 1,92 Millionen Euro erhielt. (revoir en fin d'année)

4.2.5

Erziehungs- und Hochschulwesen

Im Bereich Hochschulbildung will der Lenkungsausschuss für Bildungspolitik und Praxis (CDPPE) die strategische Rolle des Europarates in den Bereichen Anerkennung von Qualifikationen, Aufbau des Europäischen Hochschulraums (BolognaProzess) und Förderung des demokratischen Auftrags der Hochschule beibehalten und ausbauen. Der Ausschuss hat die Einsetzung einer informellen Ad-hoc-Gruppe beschlossen, deren Aufgabe es ist, Kontakte zu den Entscheidungsträgern im Hochschulwesen zu knüpfen und in Bezug auf Hochschulfragen Beratung anzubieten.

Der Ausschuss bestätigte Bernard Wicht (Schweizer Delegierter) in seinem Amt als Berichterstatter des Vorstands für Geschlechtergleichstellung.

Im Bildungsbereich konnte dank dem Pilotprojekt Schweiz­Ukraine (2010­2012) zur staatsbürgerlichen Erziehung und Menschenrechtsbildung diese Initiative im Jahr 2014 weiterentwickelt und auf andere Mitgliedstaaten des Europarates ausgedehnt werden: Mehrere Länder arbeiten zusammen, um sich über einschlägige Erfahrungen und Unterrichtsmethoden auszutauschen. Im Bereich der Fremdsprachen setzte die Schweiz ihre Mitarbeit im Europäischen Fremdsprachenzentrum (EFSZ) in Graz insbesondere bei folgenden Themen fort: «Sprachliches und interkulturelles Lernen in Mobilitätsaufenthalten», «Referenzrahmen für mehrsprachige und multikulturelle Ansätze». Die Schweiz schlug zudem die Sprachkompetenzen der Lehrkräfte als neues Arbeitsthema vor.

4.2.6

Jugend

Der Europäische Lenkungsausschuss für die Jugend (CDEJ) setzte seine Aktivitäten im Rahmen der vorrangigen Themen 2014­2015 der Generaldirektion Demokratie fort, namentlich Demokratische Regierungsführung sowie Innovation, Vielfalt und Partizipation. Zu den zwischenstaatlichen Aktivitäten gehören insbesondere eine Analyse der Jugendpolitik in Griechenland und der Beginn der Analyse von Serbien (2014­2015) sowie Aktivitäten im Zusammenhang mit der Partizipation von Kindern und Jugendlichen (ein Instrument für die Evaluation soll in mehreren Ländern getestet werden), mit der Information von Jugendlichen und mit dem Gütesiegel des Europarates für Jugendzentren.

Im Anschluss an die Jugendministerkonferenz (St. Petersburg 2012) setzte Ausschuss seine Arbeiten zum Zugang Jugendlicher zu ihren Rechten fort.

Frühjahr 2014 wurde eine Redaktionsgruppe eingesetzt, um einen Entwurf diesbezügliche Empfehlungen auszuarbeiten (die dem Ministerkomitee 2016 Genehmigung unterbreitet werden sollen).

der Im für zur

Die im März 2013 lancierte Europaratskampagne «Bewegung gegen Hassreden» ist vor allem wegen ihres Erfolgs bis Frühjahr 2015 verlängert worden. Ebenso wie 36 andere Mitgliedstaaten nimmt die Schweiz seit Anfang 2014 daran teil. Unter Aufsicht einer Lenkungsgruppe (Bundesamt für Sozialversicherungen, Fachstelle für Rassismusbekämpfung, NGO) entwickelt die Schweizerische Arbeitsgemeinschaft

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der Jugendverbände (CSAJ) einen Internetauftritt (www.nohatespeech.ch) und verschiedene Aktivitäten auf Landesebene.

4.2.7

Sport

Bis Ende 2014 haben sich 35 Staaten dem Erweiterten Teilabkommen über Sport (EPAS) angeschlossen; die Schweiz trat am 1. Januar 2008 bei. 29 Sportorganisationen sind im Beratenden Ausschuss des EPAS vertreten. Das wichtigste Ereignis im Jahr 2014 war die Ausarbeitung eines Übereinkommens gegen Wettkampfmanipulation, bei welcher die Schweiz, vertreten durch das Bundesamt für Sport, das Bundesamt für Justiz und die Lotterie- und Wettkommission, aktiv mitgewirkt hat.

Dieses Übereinkommen wurde den Staaten anlässlich der 13. Sportministerkonferenz am 18. September 2014 in Magglingen zur Unterzeichnung vorgelegt. 17 Staaten ­ darunter im Namen der Schweiz der Vorsteher des VBS ­ haben es unterzeichnet. Weitere Staaten kündigten eine baldige Unterzeichnung an. Hauptthema dieser Konferenz, die vom Bundesamt für Sport organisiert wurde, war die «Gefahr der Korruption im Sportmanagement». Die Schweiz will als Gaststaat zahlreicher internationaler Sportverbände und -organisationen in diesem Bereich eine führende Rolle spielen.

Die allgemeinen Hauptthemen des EPAS im Jahr 2015 sind die Ethik im Sport, die Geschlechtergleichstellung und die Partnerschaft zwischen der Europäischen Union und dem Europarat.

Die Schweiz arbeitet in mehreren Arbeitsgruppen mit, die im Rahmen des Übereinkommens gegen Doping geschaffen wurden. So kann sie ihren Beitrag zur Weiterentwicklung der weltweiten Dopingbekämpfung leisten. Durch ihre Mitwirkung im Programm «Einhaltung der Verpflichtungen», das überprüft, ob die Vertragsstaaten ihren Pflichten nachkommen, trägt die Schweiz erheblich zur Umsetzung dieses Übereinkommens des Europarates bei. Der Direktor von Antidoping Schweiz ist noch bis Ende 2014 Vorsitzender der Arbeitsgruppe «Naturwissenschaften».

Im Rahmen des Europäischen Ad-hoc-Ausschusses für die Welt-Anti-DopingAgentur (CAHAMA) werden die Positionen der Staaten des Europarates abgestimmt, um gegenüber der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) einheitlich aufzutreten. Der Ad-hoc-Ausschuss tagt mindestens dreimal pro Jahr, um die Sitzungen der zuständigen Ausschüsse der WADA vorzubereiten. Im Mittelpunkt der Arbeiten des Jahres 2014 stand die bevorstehende Umsetzung des revidierten WADA-Codes.

Die Schweiz konnte ihre Vorstellungen im Rahmen der CAHAMA erfolgreich einbringen.

Nach den dramatischen Ereignissen von 1985 im
Brüsseler Heysel-Stadion hat der Europarat die erste europäische Konvention über Gewalttätigkeiten und Ausschreitungen von Zuschauern bei Sportveranstaltungen ausgearbeitet. Der Ständige Ausschuss, welcher die Umsetzung des Übereinkommens vom 19. August 198540 über Gewalttätigkeiten und Ausschreitungen von Zuschauern bei Sportanlässen, insbesondere bei Fussballspielen, überwacht, hat seine Aktivitäten auf den Kampf gegen und die Vorbeugung von Gewalt in Zusammenhang mit Sportveranstaltungen fokussiert. Die Schweiz ist dem Übereinkommen im November 1990 beigetreten und wird 40

SR 0.415.3

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vom Fedpol an den Sitzungen des Ständigen Ausschusses vertreten. Ein Vertreter der Sektion Hooliganismus vom Fedpol nimmt zudem als Vizevorsitzender im Vorstand des Ständigen Ausschusses Einsitz. Er wurde an der Sitzung des Ständigen Ausschusses im April 2014 für die nächsten zwei Jahre wiedergewählt.

Das 38. und das 39. Treffen des Ständigen Ausschusses fanden im April 2014 und im Dezember 2014 in Strassburg statt. An beiden Treffen wurden die Revisionsarbeiten am Übereinkommen vorangetrieben und an der Zusammenfassung und Vereinheitlichung der verschiedenen Empfehlungen gearbeitet. Diese Zusammenfassung der vielzähligen Empfehlungen des Ständigen Ausschusses in ein einziges Dokument mit den Pfeilern Safety, Security und Services ist ein wichtiger Schritt hinsichtlich einer übersichtlicheren und einheitlicheren Anwendung in den einzelnen Mitgliedstaaten. Insbesondere wird es so einfacher, die einzelnen Ansprechpartner wie die Klubs, Verbände, Fanorganisationen etc. über die Empfehlungen zu informieren und zur Umsetzung zu bewegen. Die Schweiz hat mit ihren Massnahmen gegen die Bekämpfung von Gewalt anlässlich von Sportveranstaltungen bereits vieles umgesetzt und erreicht. Nicht zuletzt gestützt auf die Empfehlungen des Europarates sind (die) Massnahmen ausgearbeitet worden. Die Schweiz wird auch in Zukunft einerseits ihre Ideen einbringen und andererseits die Empfehlungen möglichst rasch und präzise umzusetzen versuchen.

4.3

Sozialer Zusammenhalt, Menschenwürde und Gleichberechtigung

Der Europäische Ausschuss für sozialen Zusammenhalt, Menschenwürde und Gleichberechtigung (CDDECS) ist der Nachfolger des Europäischen Ausschusses für sozialen Zusammenhalt. Sein Mandat umfasst nunmehr auch Fragen der Menschenwürde und der Bekämpfung von Gewalt und Diskriminierung. Für die Bereiche, die von diesem Ausschuss abgedeckt werden, verfügt der Europarat bereits über eine vollständige Reihe von Rechtsnormen. Der neue Ausschuss will sich im Rahmen seines Mandats bemühen, diese Normen besser bekannt zu machen und ihre effektive Umsetzung zu verbessern. Zurzeit konzentriert sich der Ausschuss auf die Erhebung relevanter Daten und die Bestimmung der Haupthindernisse namentlich für den Zugang zu den wirtschaftlichen und sozialen Rechten.

Unter Aufsicht des CDDECS wird ein neuer Expertenausschuss für die Strategie 2016­2019 des Europarats über die Rechte der Kinder (DECS-ENF) im Herbst 2014 beauftragt, über die Umsetzung der derzeitigen Strategie 2012­2015 über die Rechte der Kinder Bericht zu erstatten. Er erhält zudem den Auftrag, einen Entwurf einer neuen Strategie für die Jahre 2016­2019 auszuarbeiten, der dem Ministerkomitee bis zum 31. Dezember 2015 unterbreitet wird.

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4.4

Umwelt

Das Übereinkommen vom 19. Dezember 197941 über die Erhaltung der europäischen wildlebenden Pflanzen und Tiere und ihrer natürlichen Lebensräume (Berner Konvention) lässt genügend Spielraum, um übermässige Schäden an Viehbeständen zu verhindern. Eine Kündigung der Berner Konvention mit anschliessendem Wiederbeitritt mit einem Vorbehalt betreffend den Schutzstatus des Wolfs ist für den Bundesrat juristisch und staatspolitisch heikel. Der Bundesrat geht davon aus, dass die 2014 in Kraft getretenen Änderungen der Verordnung vom 29. Februar 198842 über die Jagd und den Schutz von wildlebenden Säugetieren und Vögeln (JSV) sowie die Vorlage des neuen Wolfskonzepts die Anliegen zur Herabsetzung des Schutzstatus des Wolfes adäquat umsetzen. Abschüsse von einzelnen schadenstiftenden Tieren sind nach Artikel 9 der Berner Konvention ausnahmsweise auch für in Anhang II aufgeführte Tiere möglich. Eine Kündigung der Berner Konvention ist demnach auch fachlich nicht hinreichend begründet. Der Bundesrat ist im Übrigen bereit, die gesetzlichen Grundlagen anzupassen, so dass ein nachhaltiges Zusammenleben zwischen Mensch, Nutztieren und Wolf möglich wird.

4.5

Datenschutz

Die Modernisierung des Übereinkommens vom 28. Januar 1981 zum Schutz des Menschen bei der automatischen Verarbeitung personenbezogener Daten (ETS Nr. 108) ist weiterhin eine vorrangige Aktivität des Europarates. Der vom Beratenden Ausschuss des Übereinkommens (TPD) angenommene Entwurf wird zurzeit von einem Ad-hoc-Ausschuss (CAHDATA) geprüft, dessen Aufgabe es ist, ein Änderungsprotokoll mit dem Ziel vorzubereiten, das Recht auf Datenschutz zu stärken und es zugleich mit der Ausübung anderer Grundrechte und Grundfreiheiten in Einklang zu bringen. Zudem sollen die Mechanismen für die Überwachung und die Umsetzung des Übereinkommens verbessert werden.

Der Beratende Ausschuss (TPD) hat unter dem Vorsitz der Schweiz die Revision der Empfehlung Nr. R (89) 2 über den Schutz personenbezogener Daten im Arbeitsbereich abgeschlossen. Er verabschiedete eine Stellungnahme zu den Implikationen eines automatischen zwischenstaatlichen Datenaustauschs zu behördlichen und steuerlichen Zwecken für den Schutz personenbezogener Daten. Er verabschiedete des Weiteren eine Stellungnahme zu Empfehlung 2041 (2014) der Parlamentarischen Versammlung zum Thema «Verbesserung des Schutzes der Nutzer und der Sicherheit im Internet».

4.6

Entwicklungsbank des Europarates

Die Entwicklungsbank des Europarats (CEB) setzte während der Berichtsperiode den Schwerpunkt auf die Verbesserung der strategischen und operativen Steuerung der Institution und vermochte dabei Fortschritte zu erzielen. Zentrale Aspekte betrafen die Kommunikation und die ergebnisorientierte Berichterstattung. Die Bestrebungen der Institution wurden fortgesetzt, die Gouvernanz der Bank zu verbessern 41 42

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und ihre regionale und sektorielle Ausrichtung verstärkt auf transitions- und armutsrelevante Schwerpunkte zu fokussieren. Diesen Aspekten mass die Schweiz in den Leitungsgremien der Institution erneut besondere Bedeutung bei. Nach den Unwettern in Kroatien, Serbien sowie Bosnien und Herzegowina im Mai vermochte die Bank schnell Mittel für Hilfeleistungen zur Verfügung zu stellen.

Das Jahrestreffen der Institution fand im Juni in Sarajewo statt.

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