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85.019

Botschaft betreffend den Vertrag über die Zusammenarbeit zwischen der Schweiz und Ägypten im Bereiche der friedlichen Verwendung der Kernenergie vom I.Mai 1985

Sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, Wir unterbreiten Ihnen mit dem Antrag auf Zustimmung den Entwurf zu einem Bundesbeschluss über den vom Chef des Eidgenössischen Departementes für auswärtige Angelegenheiten am 13. November 1984 unterzeichneten Vertrag über die Zusammenarbeit zwischen den Regierungen der Schweiz und der Arabischen Republik Ägypten im Bereiche der friedlichen Verwendung der Kernenergie.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

1. Mai 1985

1985-416

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Purgier Der Bundeskanzler: Buser

3 Bundesblatt. 137.Jahrgang. Bd.II

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Übersicht Das vorliegende Abkommen zwischen der Schweiz und Ägypten setzt den öffentlich-rechtlichen Rahmen für die nukleare Zusammenarbeit zwischen privaten Firmen bzw. staatlichen Institutionen beider Vertragsparteien. Der Vertrag enthält keine Liefer- oder Bezugsverpflichtungen. Er hat folgenden Inhalt: - Die Vertragsparteien erklären sich bereit, die Zusammenarbeit im Nuklearbereich zwischen öffentlichen und privaten Organisationen beider Staaten zu er-, weitern und zu fördern.

- Die Nonproliferationsbedingungen für diese Zusammenarbeit bilden den Hauptgegenstand des Vertrages. Sie umfassen die Erklärung der Vertragsparteien, die ausgetauschten nuklearen Güter ausschliesslich für friedliche und nichtexplosive Zwecke zu verwenden, diese Verwendung durch die Internationale AtomenergieAgentur kontrollieren zu lassen, die Güter nur mit den gleichen Auflagen, einige nur mit der Zustimmung des ursprünglichen Lieferlandes, an Drittstaaten weiterzugeben und schliesslich den physischen Schutz dieser Güter zu garantieren.

- Ausserdem enthält der Vertrag Bestimmungen über die zur Durchführung dieser Austauschbedingungen nötigen Massnahmen und die üblichen Klauseln betreffend Streitschlichtung, Kündigung und Geltungsdauer.

Diese für beide Staaten im gleichen Masse geltenden Nonproliferations-Zusicherungen entsprechen denjenigen, welche auf internationaler Ebene multilateral vereinbart bzw. abgesprochen worden sind. Sie sind enthalten in dem 1968 abgeschlossenen Vertrag über die Nichtverbreitung von Kernwaffen, dessen Lieferauflagen in einer informellen Exportstaaten-Gruppe (im sogenannten Zangger-Komitee) konkretisiert wurden, und in den Absprachen, die unabhängig vom Atomsperrvertrag, im sogenannten Londoner Klub, ebenfalls einer Gruppe von nuklearen Lieferstaaten, getroffen wurden. Der Atomsperrvertrag und diese informellen Absprachen sind die unentbehrlichen Grundlagen der internationalen nuklearen Kooperations- und Nonproliferationsordnung, welche die Entstehung neuer Kernwaffenstaaten verhindern soll. Ohne diese Ordnung wäre eine internationale Zusammenarbeit im Nuklearbereich kaum denkbar. Die Schweiz unterstützt die Ziele der Nonproliferation, hat den Atomsperrvertrag ratifiziert und ist Mitglied der beiden Exportstaaten-Gruppen.

Der vorliegende Vertrag hat politische und wirtschaftliche
Bedeutung. Politisch leistet die Schweiz damit einen Beitrag zur Stärkung der internationalen Nonproliferationsordnung. Mit dem Abschluss von umfassenden Kooperationsabkommen mit Staaten, die wie Ägypten dem Atomsperrvertrag angehören und dessen Nonproliferationsziele anerkennen, gewinnt diese Ordnung an Attraktivität auch für Staaten, die ihr bisher ferngeblieben sind.

Unseren Exportinteressen kommt der Vertrag insofern entgegen, als er mit der generellen Regelung der Lieferbedingungen die zeitaufwendigen Verfahren, die sonst bei jedem einzelnen Kooperationsfall ohnehin nötig wären, erspart und damit unserer Industrie die gleichen Zugangschancen zum umfangreichen ägyptischen Nuklearenergieprogramm verschafft wie sie ihre Konkurrenz aus Staaten hat, welche mit Ägypten bereits ein nukleares Kooperationsabkommen abgeschlossen haben.

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Botschaft I II

Allgemeiner Teil Ausgangslage

Die Notwendigkeit von bilateralen nuklearen Zusammenarbeitsabkommen ist durch die Besonderheit des internationalen Handels mit Nukleargütern begründet. Dieser unterliegt einem internationalen Regime zur Verhinderung der Weiterverbreitung von Atomwaffen, das sich im wesentlichen auf den am l. Juli 1968 abgeschlossenen Vertrag über die Nichtverbreitung von Kernwaffen (Atomsperrvertrag; SR 0.515.03) und die im Jahre 1977 verabschiedeten Richtlinien der wichtigsten nuklearen Lieferländer, des sogenannten Londoner Klubs, abstützt. Ohne Garantien gegen eine missbräuchliche Verwendung der gelieferten nuklearen Güter würden sich kaum noch Staaten zu einer entsprechenden internationalen Zusammenarbeit bereit finden.

Das internationale Nonproliferationsregime Der Atomsperrvertrag bezweckt, zur Verminderung der Gefahr eines Atomkrieges die Verbreitung von Kernwaffen, d. h. die Entstehung neuer Kernwaffenmächte, zu verhindern. Daher haben die dem Vertrag beigetretenen Nichtkernwaffenstaaten darauf verzichtet, Kernwaffen oder sonstige Kernsprengkörper selber herzustellen oder zu erwerben. Als Gegenleistung für diesen Verzicht und für die sich daraus ergebende Ungleichbehandlung verpflichten sich die Vertragsparteien, die internationale Zusammenarbeit bei der friedlichen Nutzung der Kernenergie zu fördern; der Vertrag beeinträchtigt nicht das unveräusserliche Recht auf friedliche Nutzung der Kernenergie. Die dem Vertrag beigetretenen Nichtkernwaffenstaaten sind bereit, ihre nukleare Tätigkeit der Kontrolle der Internationalen Atomenergie-Agentur (IAEA) zu unterstellen. Die zu den Vertragsparteien zählenden Kernwaffenstaaten haben sich verpflichtet, in redlicher Absicht Verhandlungen zur Beendigung des nuklearen Wettrüstens und zur nuklearen Abrüstung zu führen.

Im Zusammenhang mit dem vorliegenden Abkommen ist Artikel III Absatz 2 des Atomsperrvertrages von Bedeutung, der jeden Staat, der Vertragspartei ist, dazu verpflichtet, a) Ausgangs- und besonderes spaltbares Material oder b) Ausrüstungen und Materialien, die eigens für die Verarbeitung, Verwendung oder Herstellung von besonderem spaltbarem Material vorgesehen oder hergerichtet sind, einem Nichtkernwaffenstaat für friedliche Zwecke nur dann zur Verfügung zu stellen, wenn das Ausgangs- oder besondere spaltbare Material den nach diesem Artikel erforderlichen Sicherungsmassnahmen unterliegt.

Diese Exportvorschrift ist, um ihre einheitliche Handhabung sicherzustellen und damit Wettbewerbsverzerrungen im internationalen Nukleargeschäft zu vermeiden, im sogenannten Zangger-Komitee, einer informellen Gruppe von Delegierten aus Nuklearlieferländern, die dem Atomsperrvertrag angehören, 1974 interpretiert und konkretisiert worden (IAEA-Dokument: INFCIRC/209).

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Den Hauptbestandteil der Absprache dieses Komitees bildet die Nukleargüterliste, d. h. die Liste jener Güter, die ein dem Atomsperrvertrag angehörender Staat einem Nichtkernwaffenstaat nur liefern soll, wenn der Empfängerstaat die Lieferbedingungen des Atomsperrvertrages annimmt.

Im sogenannten Londoner Klub einigte man sich als Reaktion auf die indische Testexplosion 1974 über zusätzliche, erweiterte und präzisierte Auflagen bei Lieferungen von Nukleargütern, insbesondere in bezug auf die Weitergabe der gelieferten Güter und den Transfer von Technologie. Die im Zangger-Komitee ausgehandelte Liste der kontrollpflichtigen Güter wurde vom Londoner Klub übernommen und gleichzeitig ergänzt (IAEA-Dokument: INFCIRC/254, sogenannte Londoner Richtlinien).

Die Dokumente weder des Zangger-Komitees noch des Londoner Klubs haben Völkerrechtscharakter; beide sind als Gentlemen's Agreements aufzufassen, deren Beschlüsse die Mitgliedstaaten autonom, auf der Basis und im Rahmen ihres jeweiligen internen Rechts anwenden. Zusammen mit dem Atomsperrvertrag stellen sie das heute multilateral vereinbarte internationale Nonproliferationsregime dar. Letzteres ist nicht ein für allemal festgelegt, sondern wird, wenn nötig, an die sich verändernden technischen und politischen Umstände angepasst.

Die Schweiz hat den Atomsperrvertrag 1977 ratifiziert. (Vgl. Botschaft vom 30. Okt. 1974 betreffend den Vertrag über die Nichtverbreitung von Kernwaffen, BB1 1974 II 1009, und Zusatzbericht vom 28. Jan. 1976, BB1 19761 712). Sie hat die Richtlinien sowohl des Zangger-Komitees wie des Londoner Klubs angenommen. Da die Beschlüsse beider Gremien, wie oben erwähnt, keinen Völkerrechtscharakter haben, lag deren Übernahme in der Kompetenz des Bundesrates. Er hat durch die Verordnung vom 17. Mai 1978 über Begriffsbestimmungen und Bewilligungen auf dem Gebiet der Atomenergie (total revidiert am 18. Jan. 1984, SR 732.11) den Inhalt der Londoner-Klub-Abmachungen in das interne Recht umgesetzt und sich damit die für die Durchführung der Exportkontrolle sowie für die bei Einfuhren dem Lieferstaat abzugebenden Garantien notwendige Rechtsgrundlage geschaffen.

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Bilaterale nukleare Zusammenarbeitsabkommen

Sowohl gemäss Atomsperrvertrag als auch gemäss Londoner Klub sollen die Listen-Güter einem Nichtkernwaffenstaat nur geliefert werden, wenn dieser die notwendigen Nonproliferationszusicherungen in völkerrechtlich verbindlicher Weise abgibt.

Das kann zwischen Liefer- und Empfängerstaat fallweise, d. h. für jede einzelne Lieferung, geregelt werden. Diese fallweisen Regelungen haben jedoch Nachteile: Der wichtigste ist der für die jeweiligen Verhandlungen und die anschliessenden staatsinternen Prozeduren nötige Zeitaufwand.

Solche Fristen erschweren jeweils die beabsichtigten kommerziellen Operationen oder können sie gar verunmöglichen, da zu deren Abschluss oft nur kurze Zeit zur Verfügung steht.

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Für die Schweiz sind diese Überlegungen von zweifacher Bedeutung: als Lieferland, wenn sie Exportbewilligungen nur aufgrund der Garantien des Empfängerlandes erteilen kann und als Empfängerland, wenn sie Lieferungen in die Schweiz nur nach Abgabe der Garantien erhalten kann.

Umfassende bilaterale Zusammenarbeitsabkommen regeln diese Nonproliferationsbedingungen für einen festgelegten Zeitraum generell. Sie schaffen somit für die Zusammenarbeit zwischen privaten bzw. staatlichen Unternehmen der Vertragsparteien im Nuklearbereich den rechtlichen Rahmen, enthalten aber keine Liefer- oder Bezugsverpflichtungen.

Mit ihnen wird das multilaterale Nonprpliferationsregime auf bilateraler Ebene, auf das entsprechende Vertragsverhältnis also, übertragen und allenfalls an die besonderen Umstände dieses Verhältnisses angepasst. Diese bilaterale Komponente des Nonproliferationsregimes ist vor allem deshalb nötig, weil das multilaterale Regime keine universelle Geltung hat; es sind ihm nicht alle Staaten beigetreten. Ausserdem gehen gewisse Lieferstaaten mit ihren Nonproliferationsbedingungen über den multilateralen Rahmen hinaus.

Abgesehen von den Nonproliferationsbedingungen können solche Zusammenarbeitsabkommen je nach Bedarf auch die nötigen Rahmenbedingungen für die zwischenstaatliche Lösung spezifischer Fragen enthalten wie Sicherheitsmassnahmen (vor allem bei Nachbarstaaten), wissenschaftliche Zusammenarbeit, Behandlung und Beseitigung von Abfällen usw.

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Besonderer Teil

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Die Bestimmungen des Vertrages im einzelnen

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Präambel

Die einleitende Präambel enthält im wesentlichen die Absicht beider Vertragsparteien, ihre Zusammenarbeit im Nuklearbereich auf bilateraler und multilateraler Ebene - insbesondere im Rahmen der IAEA - zu erweitern, und sie den Zielen und Bestimmungen des Atomsperrvertrages, denen beide Staaten verpflichtet sind, zu unterstellen.

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Gegenstand des Vertrages (Arti und II)

Das Abkommen ist umfassend; Artikel I sieht dementsprechend die Zusammenarbeit grundsätzlich in allen Domänen der friedlichen Nutzung der Kernenergie vor. Artikel II konkretisiert diese Zusammenarbeit. Er deckt grundsätzlich Spezialabkommen zwischen privaten und öffentlichen Organisationen beider Staaten und insbesondere industrielle und kommerzielle Zusammenarbeitsund Lieferverträge ab.

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Die Nonproliferationsgarantien (Art. III-IX)

Dieser Hauptteil des Vertrages wird mit der grundsätzlichen Verpflichtung beider Staaten eingeleitet, die dem Abkommen unterworfenen nuklearen Güter für nichtexplosive Zwecke zu verwenden (Art. III). Dies entspricht dem Atomsperrvertrag. Das zusätzlich stipulierte Verbot jeglicher militärischer Nutzung ist schon seit langem in solchen bilateralen Abkommen zu finden; es entspricht somit internationaler Praxis.

Artikel IV umschreibt in Abschnitt l und 2 die nuklearen Güter, die den Nonproliferationsbedingungen unterliegen. Es sind dies die im Anhang A und B gemäss Richtlinien des Londoner Klubs umschriebenen Materialien, nuklearen Materialien, Ausrüstungen und Technologien, die gemäss Abschnitt l Buchstabe a von einem Staat in den ändern transferiert werden ; die nuklearen Materialien inklusive Folgegenerationen, die gemäss Abschnitt l Buchstabe b mit Hilfe dieser gelieferten Güter hergestellt, verarbeitet oder verwendet werden und Materialien, die gemäss Abschnitt l Buchstabe c mit Hilfe gelieferter Ausrüstungen oder Anlagen hergestellt werden und zusätzlich die nuklearen Materialien inklusive Folgegenerationen, die mit Hilfe der hergestellten Materialien gewonnen werden.

Zur Illustration von Buchstabe c sei folgendes Beispiel aufgeführt: Schweres Wasser, das in einer von der Schweiz gelieferten Schwerwasserproduktionsanlage hergestellt wird, untersteht den Nonproliferationsbedingungen.

Den gleichen Bedingungen untersteht auch das nukleare Material, z. B. Uran, und dessen Folgegenerationen (z. B. die in abgebrannten Brennelementen enthaltenen nuklearen Materialien), das mit diesem Schweren Wasser verarbeitet wird, auch wenn das Uran nicht von der Schweiz geliefert worden war.

In der sogenannten Proportionalitätsklausel (Abschn. 3) wird stipuliert, dass im Falle einer Vermischung von nuklearem Material verschiedenen Ursprungs jene Menge des Endproduktes unter das Abkommen fällt, die der Menge entspricht, die ursprünglich geliefert worden ist.

Artikel F regelt die internationale Kontrolle der gelieferten nuklearen Güter. Sie wird durch die IAEA sichergestellt. Beide Staaten haben zwecks Überwachung der Atomsperrvertragsverpflichtungen bereits ein Abkommen mit der Agentur abgeschlossen. Wenn aus irgendeinem Grund eines der jetzt geltenden Kontrollabkommen mit der IAEA nicht mehr angewendet wird,
kommt Absatz 3 zur Anwendung, der für die Kontrolle der gelieferten Güter eine Ersatzlösung vorschreibt.

Artikel VI stipuliert eine Sonderregelung für «sensitive» Anlagen und «waffengrädiges Material». Die Londoner Richtlinien empfehlen den Lieferstaaten beim Export von Anreicherungs-, Wiederaufarbeitungs- und Schwerwasserproduktionsanlagen und deren Technologie, sowie von «waffengrädigem Material» zurückhaltend zu sein. Diese Anlagen respektive deren Technologie gelten als «sensitiv», weil mit ihnen unmittelbar Waffenmaterial hergestellt werden kann (Anreicherungs- und Wiederaufarbeitungsanlagen) oder weil sie die direkte Verwendung von Natururan in Reaktoren ermöglichen (Schwerwasserproduktions54

anlagen). Sensitiv sind ausserdem «waffengrädiges Material» - dazu gehören hochangereichertes Uran (20 % oder mehr) und Plutonium - und Schweres Wasser.

Artikel VII setzt die Dauer fest, während der die einzelnen Güter dem Vertrag unterworfen sind.

Artikel VIII regelt den physischen Schutz der gelieferten Güter. Darunter versteht man Vorkehrungen, die verhindern sollen, dass solches Material in falsche Hände gerät oder zu Erpressungen, Terror usw. verwendet wird. Zum Schutz des nuklearen Materials verweist Absatz 3 auf die entsprechende IAEA-Empfehlung INFCIRC/225/Rev. l (vgl. Bst. d, Beilage A). Änderungen dieser Empfehlung gelten für das Vertragsverhältnis erst, wenn beide Parteien sich gegenseitig ihre Zustimmung zu deren Änderung mitgeteilt haben. Damit ist eine vorgängige Bindung an Vorschriften, deren Inhalt wir heute noch nicht kennen und auf deren Ausgestaltung wir allenfalls, keinen Einfluss nehmen können, ausgeschaltet.

ArtikelIX legt schliesslich die sogenannten Retransferbedingungen fest: Die dem Vertrag unterworfenen nuklearen Güter dürfen nur dann an Dritte weitergegeben werden, wenn das entsprechende Empfängerland die gleichen Garantien abgibt, die im vorliegenden Abkommen festgelegt sind.

Die Weitergabe sensitiver Anlagen, ihrer wesentlichen Bestandteile, ihrer Technologie oder der davon abgeleiteten Anlagen, sowie von waffengrädigem Material und Schwerem Wasser ist zusätzlich von der vorherigen schriftlichen Zustimmung des ursprünglichen Lieferlandes abhängig.

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Ausführungsbestiminungen (Art. X-XV) ·

Die Ausführungsbestimmungen enthalten teils Artikel, die zum Standard internationaler Verträge gehören, teils Bestimmungen, die spezifisch sind für nukleare Zusammenarbeitsabkommen.

Artikel X behandelt Konsultationen und Verwaltungsverfahren. Absatz l schlägt bei Bedarf die Bildung gemischter Kommissionen vor, welche Konsultationen bezüglich der Anwendung des Abkommens oder zur Lösung spezifischer Probleme durchführen können.

Absatz 2 gibt den zuständigen Verwaltungsstellen die Kompetenz, sogenannte «administrative arrangements» abzuschliessen. In diesen arrangements - die sich im Rahmen des Abkommens halten müssen - werden Verwaltungsverfahren (Notifikationen, Führung der Inventare) für die Durchführung des Abkommens festgelegt. Für die Schweiz ist das Bundesamt für Energiewirtschaft dafür zuständig.

Artikel XI enthält die Schiedsgerichtsklausel, die schon in andere von der Schweiz ratifizierte Staatsverträge aufgenommen wurde.

Artikel XII legt in Absatz l die Revisionsprozeduren fest. Absatz 2 gibt eine gewisse Gewähr, dass der jeweilige Lieferstaat Revisionen nicht dazu benützt, einseitig höhere Bedingungen zu stellen, sondern sich soweit wie möglich an 55

IAEA-Vereinbarungen hält. Die Schweiz vertritt dieses Anliegen gegenüber ihren Lieferländern und gesteht die Klausel konsequenterweise auch Ägypten zu.

Die in Artikel XIII festgelegte Vertragsdauer von 30 Jahren gewährt der bilateralen nuklearen Zusammenarbeit die nötige Stabilität. Die von der Schweiz früher abgeschlossenen Abkommen sehen eine ebenso lange Vertragsdauer vor.

Die Geltungsdauer des Atomsperrvertrages ist aus demselben Grund auf 25 Jahre festgelegt worden.

Gemäss Artikel XIV gelten die Nonproliferationsbestimmungen für die unter den Vertrag fallenden Güter und Technologien auch dann, wenn der Vertrag selbst gekündigt worden ist. Es handelt sich dabei folglich um eine Art dinglicher Bindung von Bedingungen an die gelieferten Güter und Technologien, Damit soll verhindert werden, dass der Empfängerstaat das Kooperationsabkommen kündigen und dann die fraglichen Güter ohne irgendwelche Auflagen nutzen kann. Diese Vorkehren stehen in Übereinstimmung mit entsprechenden Richtlinien des IAEA-Gouverneursrates (GOV. 1621), welche übrigens auch in den Richtlinien des Londoner Klubs übernommen wurden.

Artikel XV bestimmt, dass die Beilagen A und B mit den international vereinbarten Definitionen und der Güterliste integrierenden Bestandteil des Vertrages bilden. Er regelt ausserdem die Vertragssprachen und hält das Datum der Unterzeichnung fest.

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Beilagen (Definitionen und Güterlisten)

Beilage A enthält in den Buchstaben a, b, c und e die international geltenden Definitionen der unter den Vertrag fallenden nuklearen Güter, nämlich von Ausrüstungen, Material, nuklearem Material und Technologie. Änderungen der Definition von nuklearem Material durch die IAEA können für das Vertragsverhältnis, analog zu der unter Artikel VIII erwähnten Bemerkung, erst dann in Kraft treten, wenn beide Parteien ihre Zustimmung einander schriftlich mitgeteilt haben. Absatz d bezieht sich auf Artikel VIII und verweist zur Umschreibung des «physischen Schutzes» der unter den Vertrag fallenden nuklearen Materialien auf die entsprechenden IAEA-Empfehlungen und deren mögliche zukünftige Änderungen. In bezug auf solche Änderungen gilt die unter Artikel VIII aufgeführte Bemerkung. Absatz f bezeichnet die für die Durchführung des Abkommens zuständigen Verwaltungsstellen beider Parteien. Für die Schweiz ist das Bundesamt für Energiewirtschaft zuständig.

Beilage B enthält die detaillierte Liste der unter den Vertrag fallenden nuklearen Güter. Diese ist identisch mit der den Londoner Richtlinien beigelegten Güterliste.

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Würdigung des Vertrages

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Modellcharakter des Vertrages

Die Nonproliferationsbestimmungen dieses Vertrages, die reziprok gelten, entsprechen den unter «Ausgangslage» dargestellten multilateralen Vereinbarungen und Absprachen, die unter Lieferländern auf der Basis des Atomsperrvertrages und des Londoner Klubs getroffen worden sind. Die Schweiz ist bestrebt, sich bei ihrer bilateralen Zusammenarbeit an dieses internationale Niveau zu halten. Der vorliegende Vertragsentwurf entspricht genau dieser Linie und hat deshalb Modellcharakter.

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Wirtschaftliche Bedeutung des Vertrages

Wie oben dargestellt, bringt das generelle Zusammenarbeitsabkommen prozedurale Vorteile gegenüber fallweisen Regelungen der Lieferbedingungen.

Im konkreten Fall wird der interessierten schweizerischen Exportindustrie die Möglichkeit für eine Mitarbeit am umfangreichen ägyptischen nuklearen Ausbauprogramm erschlossen. Dieses Ausbauprogramm sieht (bis zum Jahr 2005) den Bau von acht Kernkraftwerken vor, mit denen rund 40 Prozent des Elektrizitätsbedarfs gedeckt werden sollen. Unsere Industrie bekommt dadurch die gleichen Wettbewerbschancen wie die Industrie anderer Staaten, die mit Ägypten bereits ein nukleares Kooperationsabkommen abgeschlossen haben.

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Politische Bedeutung des Vertrages

Mit dem Abschluss bilateraler Zusammenarbeitsabkommen leistet die Schweiz einen Beitrag zur Stärkung des internationalen Nonproliferationssystems.

Die bisherigen internationalen Beziehungen und Erfahrungen im Bereich der friedlichen Nutzung der Kernenergie haben unzweifelhaft erkennen lassen, dass es ohne eine entsprechende internationale Ordnung in diesem Gebiet keine internationale Zusammenarbeit, und somit für die meisten Staaten auch keine Nutzung der Kernenergie geben kann.

Für die Schweiz sind deshalb beide Ziele gleichwertig und komplementär. Sie setzt sich auf internationaler Ebene für das Recht der friedlichen Nutzung der Kernenergie ein und unterstützt in angemessener Weise die internationalen Bemühungen gegen die Weiterverbreitung von Atomwaffen.

Das Nonproliferationssystem, an dem sie mitwirkt, ist nicht universell. Die Schweiz vertritt deshalb wie viele andere Staaten die Ansicht, dass die Wirksamkeit dieses Systems durch die besondere Förderung der friedlichen Zusammenarbeit unter Atomsperrvertragsmitgliedern verbessert werden kann, weil dadurch der Vertrag für Nichtmitglieder attraktiver gemacht wird. Die Förderung der Zusammenarbeit ist übrigens in Artikel IV des Atomsperrvertrages vorgesehen.

Mit dem Abschluss von Zusammenarbeitsabkommen mit Staaten, welche dem Atomsperrvertrag angehören und dessen Nichtverbreitungsziele verfolgen, wie 57

Ägypten, trägt damit unser Land zur Stärkung des Nonproliferationsregimes bei.

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Finanzielle und personelle Auswirkungen

Dieser Vertrag hat keine finanziellen und personellen Auswirkungen. Die Durchführung des Vertrages kann mit den bestehenden finanziellen und personellen Mitteln erfolgen. Die Generalisierung der Nonproliferaüonsbedingungen bringt im Gegenteil insofern Vereinfachungen, als Einzelfallregelungen überflüssig werden.

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Richtlinien der Regierungspolitik

Die Vorlage ist in den Richtlinien der Regierungspolitik 1983-1987 enthalten (BEI 19841 157, Anhang2).

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Verfassungsmässigkeit

Die Verfassungsmässigkeit der Vorlage ergibt sich aus Artikel 8 der Bundesverfassung, durch den der Bund zum Abschluss von Staatsverträgen mit fremden Staaten ermächtigt wird. Die Zuständigkeit der Bundesversammlung beruht auf Artikel 85 Ziffer 5 der Bundesverfassung. Der Vertrag ist befristet und kündbar.

Dass gemäss Artikel XIV bestimmte Vertragsbestimmungen auch im Falle einer Kündigung weiterbestehen, bis die von ihr erfassten Güter sich nicht mehr auf schweizerischem Territorium befinden oder bis sie unbrauchbar geworden sind, ändert daran nichts. Denn allein diese «dingliche Bindung» von Vertragspflichten macht den Vertrag nicht zu einem unkündbaren Abkommen im Sinne vom Artikel 89 Absatz 3 Buchstabe a BV. Der Genehmigungsbeschluss unterliegt somit nicht dem fakultativen Staatsvertragsreferendum (Art, 89 Abs. 3 BV).

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Bundesbeschluss

Entwurf

betreffend den Vertrag über die Zusammenarbeit zwischen der Schweiz und Ägypten im Bereiche der friedlichen Verwendung der Kernenergie

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf Artikel 8 der Bundesverfassung, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 1. Mai 19851', beschliesst: Art. l 1 Der Vertrag über Zusammenarbeit zwischen den Regierungen der Schweiz und der Arabischen Republik Ägypten betreffend die friedliche Nutzung der Kernenergie, unterzeichnet am 13. November 1984, wird genehmigt.

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Der Bundesrat wird ermächtigt, den Vertrag zu ratifizieren.

Art. 2

Dieser Beschluss untersteht nicht dem Staatsvertragsreferendum.

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'> BB1 1985 II 49 59

Abkommen

Übersetzung')

über die Zusammenarbeit zwischen der Regierung der Schweiz und der Regierung der Arabischen Republik Ägypten im Bereiche der friedlichen Verwendung der Kernenergie

Die Regierung der Schweiz, die Regierung der Arabischen Republik Ägypten, im folgenden als Vertragsparteien bezeichnet, im Wunsche, ihre freundschaftlichen Beziehungen weiterzupflegen und zu vertiefen, in Erwägung der Bedeutung, die sie der friedlichen Verwendung der Nuklearenergie beimessen, in Bestätigung ihrer Absicht, die Zusammenarbeit sowohl auf bilateraler Ebene als auch im Rahmen der Internationalen Atomenergie-Agentur - im folgenden als Agentur bezeichnet - zu erweitern und zu vertiefen, in Erwägung der Tatsache, dass die Schweiz in ihrer Eigenschaft als Nichtkernwaffenstaat Mitglied des Vertrages über die Nichtverbreitung von Kernwaffen ist, der am I.Juli 1968 in London, Moskau und Washington unterzeichnet wurde - im folgenden als Atomsperrvertrag bezeichnet - und dass sie am 6. September 1978 im Zusammenhang mit dem Atomsperrvertrag ein Kontrollabkommen mit der Agentur abgeschlossen hat, in Erwägung der Tatsache, dass die Arabische Republik Ägypten, in ihrer Eigenschaft als Nichtkernwaffenstaat Mitglied des Atomsperrvertrages ist und am 30. Juni 1982 im Zusammenhang mit dem Atomsperrvertrag ein Kontrollabkommen mit der Agentur abgeschlossen hat, in Bestätigung ihrer Verpflichtung, ihre Zusammenarbeit im Bereich der Nuklearenergie für ausschliesslich friedliche Zwecke zu verwenden und sie der Kontrolle der Agentur zu unterstellen, sind wie folgt übereingekommen: Artikel I Die Vertragsparteien erklären sich bereit, ihre Zusammenarbeit für die friedliche Verwendung der Kernenergie auszubauen.

Artikel II Die Vertragsparteien erklären sich bereit, gemäss den Bestimmungen von Artikel I dieses Abkommens >> Übersetzung des englischen Originaltextes.

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Friedliche Verwendung der Kernenergie - den Abschluss von Spezialabkommen zwischen den Behörden sowie zuständigen staatlichen und privaten Organisationen beider Vertragsparteien, - den Abschluss von Verträgen über Projekte auf dem Gebiet der Kernenergie, über industrielle Zusammenarbeit in Bereichen, die im Zusammenhang mit der Kernenergie stehen, und'über die Lieferung von Informationen, Material, Kernmaterial, Ausrüstungen und Technologie zu fördern.

Artikel III

Die Vertragsparteien erklären, dass das unter dieses Abkommen fallende Material, Kernmaterial, die Ausrüstungen und die Technologie weder für die Herstellung oder den Erwerb von Kernwaffen oder sonstigen Kernsprengkörpern, noch für die Erforschung und Entwicklung von Kernwaffen oder sonstigen Kernsprengkörpern, noch für irgendeine militärische Verwendung benutzt oder abgezweigt werden.

Artikel IV

1. Die in den Artikeln III. V, VII, Vili und IX aufgeführten Lieferbedingungen gelten für: a) Material, Kernmaterial, Ausrüstungen oder Technologie, die im Rahmen dieses Abkommens von einer Vertragspartei oder einer bevollmächtigten Person in ihrem Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei oder einer bevollmächtigten Person in deren Hoheitsgebiet weitergegeben werden; b) Kernmaterial, das unter Verwendung der in Paragraph l a) dieses Artikels erwähnten Gegenstände hergestellt, verarbeitet oder verwendet wird. Miteingeschlossen sind alle Folgegenerationen von besonderem spaltbarem Material, das als Nebenprodukt gewonnen wird; c) Material, das in Ausrüstungen gemäss Paragraph l a) dieses Artikels hergestellt wird, sowie Kernmaterial, das mittels dieses Materials gewonnen wird, miteingeschlossen alle Folgegenerationen von besonderem spaltbarem Material, das als Nebenprodukt gewonnen wird.

2. Die Definition der Begriffe «Material», «Kernmaterial», «Ausrüstungen», «Technologie» ist Gegenstand der Beilagen A und B dieses Abkommens.

3. Im Falle einer Vermischung von Kernmaterial verschiedenen Ursprungs oder dessen gleichzeitiger Bestrahlung im gleichen Reaktor fällt diejenige Menge des als Nebenprodukt daraus gewonnenen besonderen spaltbaren Materials unter den Vertrag, die dem Anteil entspricht, den das unter den Vertrag fallende Material in der ursprünglich vermischten Gesamtmenge ausmacht.

Artikel V

1. Wenn Ägypten Bestimmungsland der unter Artikel IV, Paragraph l a) oder im Besitz der unter Artikel IV, Paragraph l b) und c) erwähnten Güter ist, wird 61

Friedliche Verwendung der Kernenergie die Einhaltung der Bestimmungen von Artikel III dieses Abkommens durch das Kontrollabkommen garantiert, das am 30. Juni 1982 zwischen Ägypten und der Agentur im Zusammenhang mit dem Atomsperrvertrag abgeschlossen worden ist.

2. Wenn die Schweiz Bestimmungsland der unter Artikel IV, Paragraph l a) oder im Besitze der unter Artikel IV, Paragraph l b) und c) erwähnten Güter ist, wird die Einhaltung der Bestimmungen von Artikel III dieses Abkommens durch das Kontrollabkommen garantiert, das am 6. September 1978 zwischen der Schweiz und der Agentur im Zusammenhang mit dem Atomsperrvertrag abgeschlossen worden ist.

3. Sollte die Agentur die in diesem Artikel vorgesehenen Kontrollen auf dem Hoheitsgebiet der einen oder anderen Vertragspartei nicht ausführen können, verpflichten sich die Vertragsparteien, innerhalb einer möglichst kurzen Frist ein gegenseitig vereinbartes Kontrollsystem für die unter den Vertrag fallenden Güter einzurichten, das den Grundsätzen und den Verfahren des Kontrollsystems der Agentur entspricht.

Artikel VI

Die Lieferung von Material, Kefnmaterial, Ausrüstungen und Technologie gemäss Artikel IX, Paragraph 2 a), b) und c) dieses Abkommens ist spezifischen Bedingungen unterworfen, die von beiden Vertragsparteien im gegenseitigen Einvernehmen vor der Durchführung der Lieferung festgelegt werden.

Artikel VII 1. Das in Artikel IV aufgeführte Kernmaterial wird den Bestimmungen dieses Vertrages unterstellt bleiben bis: a) festgestellt wird, dass es nicht mehr verwendbar ist, oder b) festgestellt wird, dass es praktisch nicht mehr in eine Form gebracht werden kann, welche irgendeine gemäss Artikel V kontrollrelevante nukleare Verwendung erlaubt, oder c) es wieder aus dem Hoheitsgebiet des Empfängerlandes gemäss den Bestimmungen von Artikel IX dieses Abkommens ausgeführt worden ist, oder d) die Vertragsparteien anders darüber befinden.

2. Zur Bestimmung des Zeitpunktes, in dem das unter dieses Abkommen fallende Kernmaterial nicht mehr verwendet oder nicht mehr in eine Form gebracht werden kann, welche eine gemäss Artikel V kontrollrelevante nukleare Verwendung erlaubt, nehmen beide Vertragsparteien den Entscheid der Agentur an. Für die Bedürfnisse dieses Abkommens trifft die Agentur diesen Entscheid gemäss den Bestimmungen betreffend die Aufhebung der Kontrollen, die im Kontrollabkommen zwischen der Agentur und der betroffenen Vertragspartei enthalten sind.

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Friedliche Verwendung der Kernenergie 3. Das unter Artikel IV erwähnte Material und die Ausrüstungen bleiben den Bestimmungen dieses Abkommens unterworfen, bis a) sie wieder aus dem Hoheitsgebiet des Empfängerlandes gemäss den Bestimmungen von Artikel IX dieses Abkommens ausgeführt worden sind oder b) die Vertragsparteien anders darüber befinden.

4. Die Technologie bleibt den Bestimmungen dieses Abkommens während einer Zeitdauer unterworfen, die von den Vertragsparteien vor der Lieferung vereinbart wird.

Artikel VIII 1. Die Vertragsparteien sind dafür besorgt, dass die unter Artikel IV dieses Abkommens aufgeführten Güter innerhalb ihres Hoheitsgebietes ausschliesslich im Besitze von dazu ermächtigten Personen sind.

2. Die Vertragsparteien treffen auf ihrem Hoheitsgebiet die nötigen Massnahmen, um die Sicherung des unter diesen Vertrag fallenden Materials, Kernmaterials und der Ausrüstungen zu garantieren.

3. In bezug auf die Sicherung des Kernmaterials verpflichten sich die Vertragsparteien, sich an die diesbezüglichen Empfehlungen der Agentur (vgl. Beilage A, d) zu halten.

Artikel IX 1. Wenn eine der Vertragsparteien beabsichtigt, unter Artikel IV, Paragraph l a) dieses Abkommens erwähnte Güter aus ihrem Hoheitsgebiet wiederauszuführen oder unter Artikel IV, Paragraph l b) und c) dieses Abkommens erwähnte Güter aus ihrem Hoheitsgebiet auszuführen, tut sie es nur, nachdem sie vom Empfänger dieser Güter die gleichen Zusicherungen erhalten hat, wie sie in diesem Abkommen vorgesehen sind.

2. Zusätzlich holt die jeweilige Vertragspartei bei der anderen, die ursprünglich geliefert hat, die vorherige schriftliche Zustimmung ein: a) für jede Wiederausfuhr von Aufarbeitungs-, Anreicherungs- und Schwerwasserproduktionsanlagen, von deren wesentlichen kritischen Bestandteilen oder von deren Technologie ; b) für jede Ausfuhr von Anlagen oder deren wesentlichen kritischen Bestandteilen, die aus Gütern gemäss Paragraph 2 a) dieses Artikels gewonnen oder abgeleitet werden; c) für jede Ausfuhr oder Wiederausfuhr von angereichertem Uran mit einem Anteil an U235 oder U233 von 20 Prozent oder mehr, von Plutonium und von Schwerem Wasser, das unter dieses Abkommen fällt.

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Friedliche Verwendung der Kernenergie

Artikel X

1. Um die Durchführung dieses Abkommens zu erleichtern, beschliesseh die Vertragsparteien die Schaffung einer gemischten Verbindungsgruppe, die sich je nach Bedarf abwechselnd in einem der beiden Länder trifft. Die gemischte Verbindungsgruppe überprüft die Fortschritte, die in den von diesem Abkommen vorgesehenen Aktivitäten erzielt worden sind und führt Konsultationen über Massnahmen, die allenfalls in diesem Zusammenhang zu treffen sind. Ausserdem können gemischte Expertengruppen zur Behandlung von spezifischen Fragen aufgestellt werden.

2. Die zuständigen Behörden der Vertragsparteien können Verwaltungsabsprachen treffen, um die wirksame Durchführung der in den Artikeln IV-X dieses Abkommens festgehaltenen Verpflichtungen zu gewährleisten. Die in diesem Paragraphen vorgesehenen Verwaltungsabsprachen können mit Zustimmung der zuständigen Behörden beider Vertragsparteien geändert werden.

Artikel XI

Jede Meinungsverschiedenheit in bezug auf die Auslegung oder Anwendung dieses Abkommens, die nicht auf dem Verhandlungswege oder auf andere von den Vertragsparteien genehmigte Weise geregelt werden kann, ist auf Ersuchen der einen oder anderen Vertragspartei einem Schiedsgericht bestehend aus drei Schiedsrichtern zu unterbreiten. Jede Vertragspartei bezeichnet einen Schiedsrichter, und die so bezeichneten Schiedsrichter wählen einen dritten, aus einem Drittstaat stammenden Richter, der das Gericht präsidiert. Wenn in den dreissig (30) auf das Schiedsgesuch folgenden Tagen eine der Vertragsparteien ihren Schiedsrichter noch nicht bezeichnet hat, kann die andere Vertragspartei beim Präsidenten des Internationalen Gerichtshofes an Stelle der Vertragspartei, die ihren Richter nicht bezeichnet hat, die Ernennung eines Richters verlangen.

Wenn in den dreissig (30) auf die Bezeichnung oder Ernennung der Richter der zwei Vertragsparteien folgenden Tage der dritte Richter noch nicht gewählt ist, kann jede der Vertragsparteien vom Präsidenten des Internationalen Gerichtshofes die Ernennung des dritten Richters verlangen. Alle Entscheide werden mit Stimmenmehrheit aller Mitglieder des Schiedsgerichts getroffen. Das Schiedsverfahren wird vom Gericht festgelegt. Die Gerichtsentscheide sind für die Vertragsparteien verbindlich und durch sie anzuwenden. Die Entschädigung der Richter ist auf der gleichen Grundlage festzulegen wie für Ad-hoc-Richter am Internationalen Gerichtshof.

Artikel XII

1. Dieses Abkommen kann jederzeit mit der schriftlichen Zustimmung beider Parteien revidiert werden. Die angenommenen Revisionen treten erst in Kraft, wenn sie von beiden Vertragsparteien gemäss dem in Artikel XIII dieses Abkommens vorgesehenen Verfahren genehmigt oder ratifiziert worden sind.

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Friedliche Verwendung der Kernenergie 2. Die von der einen oder anderen Vertragspartei vorgeschlagenen Revisionen sollten so weit wie möglich in der Agentur vereinbarte Bedingungen berücksichtigen.

Artikel XIII

Dieses Abkommen tritt in Kraft, nachdem jede Vertragspartei der anderen den Abschluss der für die Genehmigung oder Ratifikation verlangten Verfassungsprozeduren notifiziert hat. Das Abkommen bleibt dreissig Jahre in Kraft, von dem Tag des Empfanges der letzten Genehmigungs- oder Ratifikationsnotifikation an gerechnet. Es wird stillschweigend für jeweils fünf Jahre verlängert, es sei denn, es werde von der einen oder anderen Vertragspartei gekündigt. Die Kündigung ist wenigstens sechs Monate vor Ablauf der nächstfolgenden Verfallfrist schriftlich mitzuteilen.

Artikel XIV

Im Falle der Nichterneuerung oder Kündigung dieses Abkommens bleiben die in Artikel II erwähnten Verträge und Abkommen in Kraft, solange sie nicht von der einen oder anderen Vertragspartei gekündigt werden. Die wesentlichen Bestimmungen der Artikel III, IV, V, VII, Vili und IX gelten in jedem Falle für das unter den Vertrag fallende Material, nukleare Material, die Ausrüstungen und die Technologie weiter.

Artikel XV

Die in Artikel IV erwähnten Beilagen A und B sind integrierender Bestandteil dieses Abkommens.

Zu Urkund dessen haben die dazu gehörig bevollmächtigten Vertreter der beiden Regierungen dieses Abkommen unterzeichnet.

Geschehen in Bern, im Doppel, in arabischer, französischer und englischer Sprache, am 13. November 1984. Die drei Texte sind gleichermassen massgebend. Im Falle von Interpretationsunterschieden geht die englische Version vor.

Für die Regierung der Schweiz: gez. P. Aubert

Für die Regierung der Arabischen Republik Ägypten: gez. M. M. Abaza

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Friedliche Verwendung der Kernenergie Beilage A Definitionen a) «Ausrüstungen» bedeutet die Güter und wesentlichen Bestandteile, die in Teil A der Beilage B umschrieben sind.

b) «Material» bedeutet das nicht-nukleare Material für Reaktoren, das in Teil B der Beilage B umschrieben ist.

c) «Kernmaterial» bedeutet «Ausgangs-» oder «besonderes spaltbares Material» gemäss Definition dieser Begriffe in Artikel XX des Statuts der Agentur. Jeder Entscheid des Gouverneursrates der Agentur gemäss Artikel XX des Statuts der Agentur, der die Liste der Materialien, die als «Ausgangs-» oder «besonderes spaltbares Material» gelten, abändert, ist im Rahmen dieses Abkommens nur dann anwendbar, wenn beide Vertragsparteien sich gegenseitig ihre Zustimmung zu einer solchen Änderung schriftlich mitgeteilt haben.

d) «Empfehlungen der Agentur» im Zusammenhang mit der Sicherung bedeutet die Empfehlungen im Dokument INFCIRC/225/Rev. l mit dem Titel «The Physical Protection of Nuclear Material», das von Zeit zu Zeit an den aktuellen Stand angepasst wird, oder jedes folgende Dokument, das INFCIRC/225/Rev. l ersetzen könnte. Abänderungen der Empfehlungen für die Sicherung sind im Rahmen dieses Abkommens nur dann anwendbar, wenn beide Vertragsparteien sich gegenseitig ihre Zustimmung zu einer solchen Abänderung schriftlich mitgeteilt haben.

e) «Technologie» bezeichnet technische Daten in physischer Form, mit eingeschlossen technische Pläne, negative und positive photographische Dokumente, Aufzeichnungen, Projekt-Grundlagen, Verfahrensbücher und Betriebsanweisungen, die von dem Lieferland nach Konsultation mit dem Empfängerland vor der Lieferung als wichtig für Auslegung, Bau, Betrieb und Wartung von Anreicherungs-, Wiederaufarbeitungs- oder Schwerwasserproduktionsanlagen bezeichnet werden oder wesentlichen kritischen Bestandteilen solcher Anlagen, jedoch ausschliesslich der der Allgemeinheit zugänglichen Daten, beispielsweise in veröffentlichten Büchern und Zeitschriften oder Daten, die ohne Beschränkung ihrer Weiterverbreitung international zur Verfügung gestellt worden sind.

f) «Zuständige Behörden» bezeichnet für die Regierung der Arabischen Republik Ägypten «The Nuclear Power Plants Authority» und für die schweizerische Regierung das «Bundesamt für Energiewirtschaft» oder eine andere Behörde, die eine Vertragspartei der anderen gegebenenfalls notifizieren kann.

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Friedliche Verwendung der Kernenergie Beilage B Teil A 1. Kernreaktoren, die geeignet sind, eine kontrollierte, sich selbst fortsetzende Kettenreaktionsspaltung aufrechtzuerhalten, ausgenommen Nullenergiereaktoren, d. h. Reaktoren mit einem festgelegten Durchsatz der Plutoniumherstellung von höchstens 100 g im Jahr.

2. Reaktordruckbehälter: Metallbehälter als vollständige Einheiten oder wichtige vorgefertigte Teile dafür, die eigens zur Aufnahme des Kerns eines Kernreaktors im Sinne der Nummer l vorgesehen oder hergerichtet sind und dem Betriebsdruck des Primärkühlmittels standhalten können.

3. Reaktorbrennstoff-Lade- und -Entlademaschinen: Fernbedienungsausrüstungen, die eigens für die Einführung oder Entfernung von Brennstoff in einem Kernreaktor im Sinne der Num'mer l vorgesehen oder hergerichtet sind und während des Reaktorbetriebs gefahren werden können oder technisch hochentwickelte Positionierungs- oder Ausrichtungsteile verwenden, um komplexe Beschickungsvorgänge bei abgeschaltetem Reaktor zu ermöglichen, bei denen eine direkte Beobachtung des Brennstoffs oder der Zugang zu diesem in der Regel nicht gegeben ist.

4. Reaktorregelstäbe: Stäbe, die eigens für die Steuerung der Reaktionsgeschwindigkeit in einem Kernreaktor im Sinne der Nummer l vorgesehen oder hergerichtet sind.

5. Reaktordruckrohre: Rohre, die eigens für die Aufnahme von Brennelementen und des Primärkühlmittels in einem Reaktor im Sinne der Nummer l bei einem Betriebsdruck von über 50 Atmosphären vorgesehen oder hergerichtet sind.

6. Zirkoniumrohre: Zirkonium-Metall und -Legierungen in Form von Rohren oder Rohrbauteilen und in Mengen über 500 kg im Jahr, die eigens für die Verwendung in einem Reaktor im Sinne der Nummer l vorgesehen oder hergerichtet sind und bei denen das Verhältnis von Hafnium zu Zirkonium weniger als l zu 500 Gewichtsteilen beträgt.

7. Primärkühlmittelpumpen: Pumpen, die eigens für den Umlauf von Flüssigmetall als Primärkühlmittel für Kernreaktoren im Sinne der Nummer l vorgesehen oder hergerichtet sind.

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Friedliche Verwendung der Kernenergie 8. Anlagen zur Wiederaufarbeitung bestrahlter Brennelemente sowie eigens dafür vorgesehene oder hergerichtete Ausrüstungen.

9. Anlagen zur Herstellung von Brennelementen.

10. Ausrüstungen - mit Ausnahme von Analyseinstrumenten - die eigens für die Trennung von Uranisotopen vorgesehen oder hergerichtet sind.

11. Anlagen zur Herstellung von Schwerwasser, Deuterium und Deuteriumverbindungen sowie eigens dafür vorgesehene oder hergerichtete Ausrüstungen.

Teil B 12. Deuterium und Schwerwasser Deuterium und Deuteriumverbindungen, bei denen das Verhältnis von Deuterium zu Wasserstoff mehr als l zu 5000 beträgt, zur Verwendung in einem Kernreaktor im Sinne der Nummer l. in Mengen, die 200 kg Deuteriumatome innerhalb von zwölf Monaten überschreiten.

13. Graphit für nukleare Zwecke Graphit mit einem Reinheitsgrad von mehr als 5 ppm Boräquivalent und einer Dichte von mehr als 1,5 g/ccm in Mengen, die 30 metrische Tonnen innerhalb von zwölf Monaten überschreiten.

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Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft betreffend den Vertrag über die Zusammenarbeit zwischen der Schweiz und Ägypten im Bereiche der friedlichen Verwendung der Kernenergie vom 1.Mai 1985

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1985

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