# S T #

85.033

Botschaft zur Änderung des Übereinkommens über die internationale Zivilluftfahrt

vom 8. Mai 1985

Sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, wir unterbreiten Ihnen den Entwurf eines Bundesbeschlusses betreffend ein Protokoll vom 10. Mai 1984 über eine Änderung des Übereinkommens über die internationale Zivilluftfahrt mit dem Antrag auf Zustimmung.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

8. Mai 1985

1985-400

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Purgier Der Bundeskanzler: Buser

185

Übersicht Das am 7. Dezember 1944 in Chikago abgeschlossene Übereinkommen über die internationale Zivilluftfahrt (im folgenden «das Übereinkommen») wurde bis heute von 154 Staaten unterzeichnet. Es bildet den rechtlichen Rahmen, der nach dem Zweiten Weltkrieg den Aufschwung der internationalen Zivilluftfahrt ermöglicht hat.

Am 10. Mai 1984 hat eine ausserordentliche Versammlung der Internationalen Zivilluftfahrt-Organisation (ICAO) einstimmig die Ergänzung des Übereinkommens durch einen Artikel 3 bls beschlossen. Dieser verankert einerseits den im internationalen Recht bereits enthaltenen Grundsatz der Nichtanwendung von Waffen gegen zivile Luftfahrzeuge und enthält anderseits Bestimmungen, welche auf die Verstärkung der Souveränität der Staaten im Luftraum über ihrem Gebiet zielen. Unmittelbarer Anlass für diese Ergänzung bildete der Abschuss einer Boeing 747 der Korean Airlines über der Insel Sachalin durch ein sowjetisches Jagdflugzeug am 1. September 1983, wobei 269 Menschen das Leben verloren. Der neue Artikel 3bis wird in Kraft treten, sobald das Änderungsprotokoll von 102 Staaten - zwei Drittel der Mitgliedstaaten der ICAO - ratifiziert sein wird. Mit der vorliegenden Botschaft beantragen wir Ihnen, dass entsprechende Protokoll zu genehmigen und den Bundesrat zur Ratifikation zu ermächtigen.

186

Botschaft I

Allgemeiner Teil

II

Das Übereinkommen über die internationale Zivilluftfahrt

Das Überankommen vom 7. Dezember 1944 (im folgenden «das Übereinkommen») ist gleichzeitig Rechtsgrundlage der Internationalen Zivilluftfahrt-Organisation (ICAO) und eigentliche Charta des internationalen öffentlichen Luftrechts (AS 1971 1305, 7975 1552, 7976496, 79S0418). Es trat am 4. April 1947 mit 26 erstratifizierenden Staaten, darunter der Schweiz, in Kraft. Derzeit zählt es 154 Mitgliedstaaten.

Änderungen des Übereinkommens müssen von der Versammlung der Mitgliedstaaten der Organisation mit Zweidrittelsmehrheit genehmigt werden; sie treten in Kraft, wenn sie mindestens von zwei Dritteln der Gesamtzahl der Mitgliedstaaten ratifiziert worden sind (Art. 94). Bisherige Änderungen betrafen mit einer Ausnahme (Art. 83bis, siehe BB1 1984 l 665) mehr administrative Belange wie die Häufigkeit der Versammlungen oder die Mitgliederzahlen des Rates und der Luftfahrtkommission.

12

Das Änderungsprotokoll vom 10. Mai 1984

Die 25. ausserordentliche Versammlung der ICAO (Montreal, 24. April-10. Mai 1984) genehmigte am 10. Mai 1984 das Gegenstand dieser Botschaft bildende Änderungsprotokoll, welches einerseits den an sich im internationalen Recht anerkannten Grundsatz der Nichtanwendung von Waffen gegen Zivilluftfahrzeuge im Übereinkommen ausdrücklich verankert und anderseits in ergänzenden Bestimmungen auf die strikte Respektierung der Souveränität der Staaten hinzielt. Die Genehmigung erfolgte mit den Stimmen aller 107 vertretenen Staaten. Die Übereinkommensänderung wird in Kraft treten, sobald das Protokoll von 102 Mitgliedstaaten ratifiziert sein wird. Gleichzeitig mit der Genehmigung des Änderungsprotokolls verabschiedete die Versammlung eine Resolution, welche die Mitgliedstaaten dringend ersucht, dieses Änderungsprotokoll ohne Verzug zu ratifizieren.

Der Grundsatz der Nichtanwendung von Waffengewalt gegen zivile Luftfahrzeuge wird von der Schweiz als Bestandteil des Völkerrechts anerkannt. Er hat auch in der kürzlich erlassenen Verordnung vom 17. Oktober 1984 über die Wahrung der Lufthoheit (AS 1984 1195), die im Lichte von Artikel 3bis zu lesen ist, seinen Niederschlag gefunden.

13

Vorgeschichte

Die Geschichte der Luftfahrt verzeichnet eine Reihe tragischer Fälle von Gewaltanwendung gegen zivile Luftfahrzeuge. Einer Zusammenstellung der ICAO vom 2. April 1984 sind die folgenden Angaben entnommen: - 29. April 1952: Eine DC-4 der Air France wird von einem sowjetischen Jagdflugzeug beschossen und zur Landung in Berlin-Tempelhof gezwungen.

187

- 25. Juni 1955: Eine Constellation der El AI (Israeli Airline) wird an der griechisch-bulgarischen Grenze von zwei bulgarischen Jagdflugzeugen abgeschossen.

-21. Februar 1973: Eine Boeing 727 der Libyan Arab Airlines wird über dem Sinai abgeschossen.

- 21. April 1978: Eine Boeing 707 der Korean Airlines muss nach Beschiessung durch ein sowjetisches Jagdflugzeug auf einem gefroreren See südlich Murmansk notlanden.

Am 1. September 1983 wurde eine Boeing 747 der Korean Airlines über der Insel Sachalin von einem sowjetischen Jagdflugzeug abgeschossen, wobei 269 Menschen das Leben verloren. Angesichts dieses die Sicherheit der internationalen zivilen Luftfahrt in schwerwiegender Weise beeinträchtigenden Vorfalls beschloss der Bundesrat am 14. September 1983, für die Dauer von zwei Wochen den zivilen Luftverkehr zwischen der Schweiz und der Sowjetunion zu suspendieren und den schweizerischen Luftraum für sowjetische Flugzeuge zu sperren. Die Regierungen mehrerer anderer westlicher Staaten trafen entsprechende Anordnungen. Am 16. September 1983 beschloss der Rat der ICAO auf Initiative Frankreichs neben ändern Massnahmen (Untersuchung des Vorfalles durch die ICAO, Überprüfung der das Abfangen von Luftfahrzeugen betreffenden Anhänge zum Übereinkommen) gegen den Widerstand der UdSSR die Einberufung einer ausserordentlichen Versammlung zwecks Ergänzung des Übereinkommens im ersten Vierteljahr 1984. Die auf den 20. September 1983 einberufene, vom Vorfall vom 1. September 1983 überschattete ordentliche Versammlung der ICAO stellte sich am 1. Oktober mit 65 gegen 10 Stimmen bei 26 Enthaltungen hinter diesen Beschluss des Rates. Die schweizerische Delegation setzte sich aktiv für diesen Beschluss ein. Am 16. Oktober 1983 berief der Rat der ICAO auf den 24. April 1984 eine ausserordentliche Versammlung der Mitgliedstaaten ein mit dem Ziel, den Grundsatz der Nichtanwendung von Waffen gegen Zivilluftfahrzeuge im Übereinkommen ausdrücklich zu verankern.

Am 30. Dezember 1983 unterbreitete der Generalsekretär der ICAO den Staaten den unter seiner Leitung ausgearbeiteten Bericht über den Vorfall vom 1. September 1983.

Gestützt auf diesen Bericht beschloss der Rat der ICAO am 6. März 1984 mit 20 gegen 2 Stimmen bei 9 Enthaltungen eine Resolution, welche - die Gewaltanwendung, welche zur Zerstörung des koreanischen
Linienflugzeuges und zum tragischen Verlust von 269 Menschenleben führte, verurteilt; - die mangelnde Mitarbeit der sowjetischen Behörden bei den Such- und Rettungsmassnahmen sowie bei der Vorbereitung des vom Generalsekretär zu erstattenden Berichtes (unter anderem durch Verweigerung von Auskünften) tief bedauert; - die Mitgliedstaaten dringend zu voller Mitarbeit anlässlich der ausserordentlichen Versammlung vom April 1984 und bei der Überprüfung vorbeugender Vorkehrungen aufruft.

Auch ohne den neuen Artikel 3bis des Übereinkommens ist gemäss heutiger Rechtslage grundsätzlich davon auszugehen, dass der Abschuss eines unbewaffneten zivilen Luftfahrzeuges, das unerlaubt in den Luftraum eines anderen 188

Staates eindringt, gegen das im Völkerrecht geltende Prinzip der Verhältnismässigkeit der Mittel verstösst.

Beilage A zu Anhang 2 (Verkehrsregeln) des Übereinkommens enthält besondere Empfehlungen über das Abfangen von zivilen Luftfahrzeugen. Demnach sollte dieses grundsätzlich vermieden und nur als letztes Mittel angewendet werden und sich auf die Identifikation des Luftfahrzeuges und die zur Führung des Fluges notwendige Leitung beschränken. Nach diesen Empfehlungen sollten sich die abfangenden Luftfahrzeuge des Waffengebrauches gegen ein ziviles Luftfahrzeug enthalten.

Obwohl nur in die Form einer Empfehlung gekleidet, war dies schon bisher geltendes Völkerrecht. Die Verankerung des Grundsatzes im Übereinkommen ist seiner politischen Bedeutung angemessen und fördert seine allgemeine Anerkennung. Die eingangs erwähnten Vorfälle bekräftigen die Notwendigkeit dieser Übereinkommensergänzung.

14

Vorbereitende Arbeiten und Konferenzverlauf

Im November 1983 unterbreiteten Frankreich und Österreich der ICAO einen gemeinsamen Vorschlag auf Einfügung eines neuen Artikels 16bis in das Übereinkommen. Unmittelbar anschliessend reichten die Vereinigten Staaten und im Dezember die UdSSR ihrerseits Vorschläge ein.

Während der Vorschlag der UdSSR weniger den Grundsatz der Nichtanwendung von Waffen gegen Zivilluftfahrzeuge als Vorkehrungen zur Vermeidung von Souveränitätsverletzungen in den Vordergrund rückte, waren den Vorschlägen der drei westlichen Staaten folgende drei Elemente gemeinsam: 1. Der Verzicht auf Gewaltanwendung gegen Zivilluftfahrzeuge; 2. das Recht der Staaten, von unbefugterweise ihren Luftraum benutzenden Zivilluftfahrzeugen die Landung zu verlangen; 3. die Pflicht der Staaten, die Befolgung derartiger Anordnungen sicherzustellen.

Zu Beginn der ausserordentlichen Versammlung vom April wurden die drei erwähnten Vorschläge noch durch einen Vorschlag der Republik Korea vermehrt.

Zum Präsidenten der Versammlung wurde der Präsident des Rates der Organisation, der Libanese Dr. Assad Kotaite gewählt. Dieser appellierte bereits in seiner Eröffnungsansprache an den Geist der Zusammenarbeit und warnte wie der Gang der Versammlung zeigen sollte mit Erfolg - vor gegenseitigen Beschuldigungen im Zusammenhang mit dem Vorfall, der unmittelbaren Anlass für die Versammlung gegeben hatte. Er liess im weitern schon sehr früh seine feste Absicht erkennen, wenn immer möglich eine Änderung des Übereinkommens durch Konsens herbeizuführen.

Nach den einleitenden, mehrere Tage beanspruchenden Erklärungen der einzelnen Staaten konnte davon ausgegangen werden, dass zwar eine Mehrheit der Staaten einer Ergänzung des Übereinkommens durch Aufnahme eines Gewaltverbotes im Sinne der westlichen Vorschläge zustimmte, dass sich aber die Staaten des Ostblocks und eine Gruppe der Drittweltstaaten unter Führung Indiens 189

und Algeriens einer solchen Änderung widersetzten. Eine gewisse Hoffnung auf eine einvernehmliche Lösung konnte indessen aufrechtgehalten werden, weil sich die UdSSR bereits in ihrer ersten Erklärung dahin hatte vernehmen lassen, dass sie ihre grundsätzlich ablehnende Haltung zu überprüfen bereit sei, wenn es sich zeigen sollte, dass eine Mehrheit der Staaten eine Änderung des Übereinkommens befürworten würde.

In der Folge wurde in der Mitte der zweiten Konferenzwoche gestützt auf ein vom Präsidenten ausgearbeitetes, die vertretenen Standpunkte verarbeitendes Arbeitspapier eine 23 Staaten umfassende, alle Regionen der Welt berücksichtigende Arbeitsgruppe eingesetzt, welche sämtliche Vorsehläge unterbreitende Staaten sowie von europäischer Seite zusätzlich Grpssbritannien und Italien mitumfasste. Dieser Arbeitsgruppe unter der Leitung des Ägypters N. Elaraby (Präsident) und des Jamaikaners K. Rattray (Vizepräsident) gelang es, sich nach sieben Sitzungen zu Beginn der letzten Konferenzwoche auf einen Text zu einigen, der in der Folge, weil ein sorgfältig erarbeitetes Gleichgewicht darstellend, unverändert in den definitiven Text (Art. 3bis Abs. a-c) übernommen wurde.

Bei der Beratung des Vorschlages der Arbeitsgruppe im Plenum nahm Polen einen Vorschlag, mit welchem es in der Arbeitsgruppe nicht durchgedrungen war, wieder auf. Dieser Vorschlag ging dahin, dem Vorschlag der Arbeitsgruppe (Art. 3b!s Abs. a-c) einen Absatz d folgenden Inhaltes anzufügen: Die Staaten verpflichten sich, geeignete Massnahmen zu treffen zur Verhinderung von Verletzungen der Souveränität anderer Staaten durch Luftfahrzeuge, nicht bewilligte Abweichungen von den Luftstrassen zu korrigieren und der Benutzung der Zivilluftfahrt zu unerlaubten,, mit den Zielen dieses Übereinkommens unvereinbaren Zielen entgegenzuwirken.

Dieser Vorschlag hatte, wie die Beratung zeigte, keine Chance, eine Mehrheit auf sich zu vereinigen; denn es überwogen - bei allem Verständnis für das im Vorschlag zum Ausdruck kommende Anliegen als solchem - die Bedenken, die Nichtbeachtung einer derartigen Verpflichtung könnte als Vorwand für die Gewaltanwendung gegen zivile Luftfahrzeuge benutzt werden und insofern die Bedeutung des Gewaltverzichts unerträglich relativieren. Die Beratungen des polnischen Vorschlages machten aber auch deutlich, dass ohne eine zusätzliche, den Artikel 4 des Übereinkommens (Verbot der missbräuchlichen Verwendung der Zivilluftfahrt) konkretisierende Bestimmung nicht mehr mit der Zustimmung von zwei Drittel der Staaten zur Übereinkommensänderung gerechnet werden konnte. Diese Beurteilung führte zu einem neuen Vorschlag Ghanas, zu dessen Gunsten Polen den seinen zurückzog. Dieser Vorschlag verpflichtete die Staaten, die vorsätzliche Verwendung von Zivilluftfahrzeugen für Zwecke, die mit den Zielen des Übereinkommens unvereinbar sind, zu verbieten und hielt im weitern fest, dass diese zusätzliche Bestimmung die in den Absätzen a, b und c enthaltenen Verpflichtungen der Staaten in keiner Weise ändere. Auf Intervention des Präsidenten noch leicht modifiziert führte dieser Vorschlag am Morgen des 10. Mai zum Konsens. Die Übereinkommensänderung konnte in einem unzweifelhaft heiklen, weil die Souveränität der Staaten unmittelbar berührenden Punkt beschlossen werden, ohne dass während der ganzen Versammlungsdauer (abgesehen von einer Abstimmung über einen Ordnungsantrag) jemals hätte abgestimmt werden müssen.

190

2

Besonderer Teil

21

Einordnung des neuen Artikels

Nach dem französisch-österreichischen Vorschlag und dem Vorschlag der UdSSR wäre die neue Bestimmung als Artikel 16bis im Kapitel II (Flüge über dem Hoheitsgebiet der Vertragsstaaten) ins Übereinkommen einzuordnen gewesen.

Entsprechend dem Vorschlag der Republik Korea und dem Vorschlag der Arbeitsgruppe wurde indessen einer Einordnung nach Artikel 3 (welcher in Absatz d die Staaten verpflichtet, beim Erlassen von Vorschriften für ihre Staatsluftfahrzeuge auf die Sicherheit des Verkehrs mit Zivilluftfahrzeugen gebührend Rücksicht zu nehmen) als Artikel 3bis im Kapitel I (Allgemeine Grundsätze und Anwendung des Übereinkommens) der Vorzug gegeben.

22

Artikel 3bis Absatz a

Erster Satz: Das Vorbestehen des Grundsatzes der Nichtanwendung von Waffen (Die Vertragsstaaten «anerkennen...») konnte, obwohl in keinem der vor Versammlungsbeginn vorgelegten Vorschläge enthalten, in den Text aufgenommen werden, ohne dass nennenswerte Einwände geäussert worden wären.

Der Beschränkung auf die Nichtanwendung von «Waffen» statt «Gewalt» (entsprechend dem französisch-österreichischen Vorschlag und dem Vorschlag der USA) liegt die Überlegung zugrunde, dass das Abfangen von Luftfahrzeugen, welches, soweit es das Leben der Personen an Bord und die Sicherheit des Luftfahrzeuges nicht gefährdet, zulässig bleibt, bereits den Anfang einer Gewaltanwendung darstellt.

Der Grundsatz der Nichtanwendung von Waffen gilt gegenüber «im Fluge befindlichen» Zivilluftfahrzeugen. Gegenüber am Boden befindlichen Zivilluftfahrzeugen soll im Hinblick auf die Bekämpfung des Luftterrors Waffenanwendung nicht zum vornherein ausgeschlossen werden.

Zweiter Satz: Die Charta der Vereinten Nationen (BEI 1982 l 585), welche allen ändern internationalen Übereinkünften vorgeht (Art. 103), behält in ihrem Artikel 51 im Falle eines Angriffs gegen ein Mitglied der Vereinten Nationen das «naturgegebene Recht zur individuellen und kollektiven Selbstverteidigung» vor. Es wurde als richtig erachtet, in der Übereinkommensänderung allgemein auf die Charta der Vereinten Nationen, nicht aber besonders auf diesen Artikel 51 hinzuweisen.

23

Artikel 3bis Absatz b

Dieser Absatz anerkennt das Recht, die Landung erstens bei unbefugtem Überflug sowie zweitens dann zu verlangen, wenn ausreichende Gründe zur Annahme bestehen, das Luftfahrzeug werde zu Zwecken benützt, die mit den Zielen des Übereinkommens nicht vereinbar sind. Ausgehend vom Wortlaut der Präambel des Übereinkommens können neben der unmittelbaren Zielsetzung 191

der Entwicklung der internationalen Zivilluftfahrt in sicherer und geordneter Weise folgende mittelbare Zielsetzungen genannt werden: «Freundschaft und Verständnis zwischen den Staaten und Völkern der Welt zu schaffen und zu erhalten, ... Unstimmigkeiten zu vermeiden und die Zusammenarbeit zu fördern, von welcher der Frieden der Welt abhängt.»

24

Artikel 3bis Absatz c

Während im Vorschlag der USA bloss eine Verpflichtung der Staaten enthalten war, alle geeigneten Vorkehrungen zu treffen, damit ihre Luftfahrzeuge Landeanordnungen befolgen, hat nach dem beschlossenen Text jeder Vertragsstaat deren Befolgung in seiner Gesetzgebung verbindlich zu machen und bei Verletzungen der Landepflicht «strenge Sanktionen» vorzusehen. Diese Verpflichtung gilt nicht nur hinsichtlich der im Register des betreffenden Staates eingetragenen Luftfahrzeuge, sondern auch hinsichtlich der Luftfahrzeuge anderer Nationalität, die von einem Halter dieses Staates betrieben werden. Nach den Beratungen kann davon ausgegangen werden, dass die Sanktionen strafrechtlicher oder administrativer Natur sein können.

25

Artikel 3bis Absatz d

Während die Absätze a, b und c Regelungen für den Fall aufstellen, dass ein Zivilluftfahrzeug die Souveränität eines Vertragsstaates verletzt, zielt Absatz d auf Verhinderung derartiger Verletzungen. Die besondere Bedeutung dieses Absatzes liegt weiterhin, wie unter Abschnitt 14 ausgeführt, darin, dass seine Annahme für die Übereinkommensänderung durch Konsens entscheidend war.

Zur näheren Erläuterung nachstehend folgende Hinweise: Im Verlaufe der Versammlung wurde von kleineren Drittweltstaaten zunehmend darauf hingewiesen, dass das in Absatz b vorgesehene Abfangen von Luftfahrzeugen für sie zufolge Fehlens der erforderlichen Einrichtungen für die Luftraumüberwachung und der geeigneten Flugzeuge höchstens theoretisch ein Mittel zur Abwehr von Souveränitätsverletzungen bilde. Gleichzeitig wurde auf Vorfälle hingewiesen, welche unbestreitbar eine missbräuchliche Verwendung der internationalen Zivilluftfahrt darstellen: Benutzung von Zivilluftfahrzeugen für Spionage aus der Luft, für Transporte von Söldnern, für nicht bewilligte Waffentransporte, für Drogenhandel. Unter diesem Blickwinkel schien es durchaus folgerichtig, den Grundsatz der Nichtanwendung von Waffen nicht im Übereinkommen zu verankern, ohne gleichzeitig die Staaten auch zu verpflichten, einen Beitrag für die Vermeidung von Souveränitätsverletzungen durch Zivilluftfahrzeuge zu leisten.

Durch den zweiten Satz des Absatzes d, welcher den zentralen Absatz a (Grundsatz der Nichtanwendung von Waffen) noch von den Absätzen b und c abhebt, dürfte das Mögliche vorgekehrt worden sein, damit das Argument der Verletzung der im ersten Satz enthaltenen Verpflichtung nicht als Vorwand für den Waffeneinsatz gegen Zivilluftfahrzeuge dienen kann.

192

3

Die Frage landesrechtlicher Ausführungsbestim mutigen

Es kann davon ausgegangen werden, dass der neue Artikel 3bis zufolge der erforderlichen 102 Ratifikationen erst in einigen Jahren in Kraft treten wird. Im Hinblick auf die anstehende Teilrevision des Luftfahrtgesetzes sollte daher die Ratifikation des Protokolls vom 10. Mai 1984 durch die Schweiz erfolgen können, ohne dass vorgängig das Inkrafttreten von Änderungen des,Luftfahrtgesetzes, welche im Zusammenhang mit diesem Protokoll allenfalls als angezeigt erachtet werden, abgewartet werden muss. Dies ist umsomehr Angebracht, als die Schweiz an der völkervertragsrechtlichen Verankerung der fraglichen Grundsätze (insbesondere, soweit es um die Konkretisierung eines Menschenrechtes geht) Interesse hat und am Zustandekommen der nun gefundenen Lösung aktiv beteiligt war. Es ist deshalb nur folgerichtig, die bisher gezeigte Solidarität mit einer baldigen Ratifikation fortzuführen.

Nach dem Beschluss der ausserordentlichen Versammlung der ICAO vom 10. Mai 1984 wird bei Revisionen gewisser Erlasse unterer Stufe - Verordung über die Rechte und Pflichten des Kommandanten eines Luftfahrzeuges (SR 748.225.1), Verordnung über die Verkehrsregeln für Luftfahrzeuge (SR 748.121.11) und Verordnung über die Betriebsregeln im gewerbsmässigen Luftverkehr (SR 748.127.1) - zu prüfen sein, ob die Pflicht der Besatzungen zur Befolgung von Anordnungen namentlich zur Landung (als Gegenstück zum Grundsatz der Nichtanwendung von Waffen gegen im Fluge befindliche zivile Luftfahrzeuge) nicht stärker hervorgehoben werden sollte. Aus den nachstehenden Gründen stellt sich indessen in zweifacher Beziehung auch die Frage der Anpassung des Luftfahrtgesetzes.

31

Sanktionen bei Nichtbefolgung von Anweisungen namentlich zur Landung (Est. e dritter Satz)

Bei Artikel 3 bls Buchstabe c erster Satz («Jedes Zivilluftfahrzeug hat eine in Übereinstimmung mit Absatz b dieses Artikels erteilte Anweisung zu befolgen») handelt es sich vermutlich um eine vom Zeitpunkt der Veröffentlichung in der Amtlichen Gesetzessammlung an für die Besatzungen unmittelbar anwendbare Bestimmung. Es fehlt indessen in unserer luftrechtlichen Gesetzgebung eine Regelung, welche diese Bestimmung, wie es Buchstabe c zweiter Satz vorsieht, auch für ausländische Luftfahrzeuge, welche von schweizerischen Haltern eingesetzt werden, im Ausland verbindlich macht. Das schweizerische Luftrecht ist auf ausländische Luftfahrzeuge, die sich im Ausland befinden, nur in präzise umschriebenen Ausnahmefällen (vgl. die Art. 11 und 96 LFG) anwendbar.

Anlässlich der bevorstehenden Teilrevision des Luftfahrtgesetzes dürfte es angezeigt sein, eine entsprechende Bestimmung aufzunehmen, die das gesamte Problem regelt. Wenn unerwartet rasch 102 Staaten Artikel 3 bis ratifizieren und dieser Artikel für die Schweiz in Kraft treten würde, könnte der Bundesrat bis zur endgültigen gesetzlichen Regelung die erforderlichen Massnahmen auch gestützt auf Artikel 109 Buchstabe a LFG auf dem Verordnungswege treffen.

193

Nach den Beratungen der Übereinkommensergänzung in Montreal kann davon ausgegangen werden, dass unter den strengen Sanktionen, zu welchen Absatz c die Staaten bei Nichtbefolgung von Anweisungen verpflichtet, strafrechtliche oder administrative Sanktionen verstanden werden können.

311

Schweizerische Zivilluftfahrzeuge

Besatzungen schweizerischer Luftfahrzeuge müssen Träger schweizerischer oder von der Schweiz validierter Ausweise sein (Art. 32 Bst. 2 des Übereinkommens).

Das Bundesamt für Zivilluftfahrt wird daher - gestützt auf Artikel 92 LFG, der die Verletzung von Bestimmungen «zwischenstaatlicher Vereinbarungen» ausdrücklich als Grund für Massnahmen anerkennt - in jedem Falle, unabhängig von der Nationalität der Besatzung oder vom Ort des Vorfalles, für Administrativmassnahmen (namentlich Ausweisentzug) zuständig sein.

Auch die Voraussetzungen für, Übertretungsstrafen im Sinne von Artikel 91 LFG (welcher die Zuwiderhandlung gegen Bestimmungen «zwischenstaatlicher Vereinbarungen» ausdrücklich miteinschliesst) werden in diesem Bereiche stets gegeben sein. Es sei auf den Artikel 3 des von der Schweiz ratifizierten Übereinkommens vom 14. September 1963 über strafbare und bestimmte andere an Bord von Luftfahrzeugen begangene Handlungen (AS 1971 312) und auf die Artikel 97 und 98 LFG hingewiesen. Ergänzend sei hier auch vermerkt, dass gegen fehlbare Besatzungen schweizerischer Luftfahrzeuge gestützt auf die Artikel 6 und 7 der Verordnung über die Rechte und Pflichten des Kommandanten eines Luftfahrzeuges (SR 748.225.1) schon nach dem geltenden Recht sowohl Administrativmassnahmen nach Artikel 92 LFG als auch Übertretungsstrafen nach Artikel 91 LFG ausgesprochen werden könnten.

312

Ausländische Zivilluftfahrzeuge, welche von Haltern mit Hauptgeschäftssitz oder ständigem Aufenthalt in der Schweiz eingesetzt werden

Während die Zuständigkeit des Registerstaates in der Regel gegeben sein dürfte, liegt auf unserer Seite die Rechtsgrundlage für schwere Sanktionen bei Vorfällen, die sich im Ausland ereignen, nicht auf der Hand. Immerhin dürfte den schweizerischen Aufsichtsbehörden, sollte sich in diesen von vornherein wenig zahlreichen Fällen eine Besatzung je die Nichtbefolgung einer Anweisung zur Landung zuschulden kommen lassen, die indirekte, aber zweifelsohne wirksame Sanktion des Entzugs der Bewilligungen, welche im gewerbsmässigen Luftverkehr nach den Artikeln 102 Absatz 3 und 116 Absatz 2 LFV erforderlich sind, aller Voraussicht nach zugestanden werden. Es ist auch denkbar, dass die schweizerischen Aufsichtsbehörden die Erteilung der vorerwähnten Bewilligungen von vornherein davon abhängig machen werden, dass die Besatzungsmitglieder nicht nur Träger von Ausweisen des Eintragungsstaates, sondern auch Träger schweizerischer oder von der Schweiz validierter Ausweise sein müssen.

Auf diesem Wege könnte die direkte Zuständigkeit zu Administrativmassnahmen gegenüber den Besatzungen sichergestellt werden.

194

313 Gestützt auf die vorstehenden Ausführungen darf davon ausgegangen werden, dass unser Landesrecht die geforderten Sanktionen in befriedigendem Umfange schon heute ermöglicht. Immerhin dürfte es im Interesse der Sicherheit der Luftfahrt mit Rücksicht auf den unmittelbaren Zusammenhang zwischen dem Grundsatz der Nichtanwendung von Waffen gegen Zivilluftfahrzeuge und der Pflicht zur strikten Befolgung von Landeanordnungen angezeigt sein, bei der bevorstehenden Teilrevision des Luftfahrtgesetzes zu prüfen, ob die Nichtbefolgung von Anordnungen im Sinne von, Artikel 3bis Buchstabe b nicht als selbständiger Vergehenstatbestand (der neben schweizerischen Luftfahrzeugen ausdrücklich auch von schweizerischen Haltern eingesetzte ausländische Luftfahrzeuge erfassen würde) ausgestaltet werden sollte.

32

Massnahmen im Hinblick auf ein Verbot der vorsätzlichen missbräuchlichen Verwendung von Zivilluftfahrzeugen (Bst. d)

In Artikel 4 des Übereinkommens erklären sich die Mitgliedstaaten damit einverstanden, «die Zivilluftfahrt nicht für Zwecke zu benützen, die mit den Zielen dieses Übereinkommens unvereinbar sind». Diese Bestimmung verpflichtet nach unserem Verständnis ausschliesslich die Staaten; sie enthält keine unmittelbare Rechtswirkung für den Einzelnen. Durch die Kompromissformel von Artikel3bis Buchstabe d, auf deren Bedeutung für den Erfolg der ausserordentlichen Versammlung bereits hingewiesen worden ist, soll diese Verpflichtung, wenn auch bloss mittelbar und nur soweit die vorsätzliche missbräuchliche Verwendung der Zivilluftfahrt betreffend, für den Einzelnen wirksam gemacht werden.

Sofern die'Nichtbefolgurig einer Anweisung zur Landung im Luftfahrtgesetz als selbständiger Vergehenstatbestand ausgestaltet werden sollte, dürfte es angezeigt sein, im Gesetz gleichzeitig auch jede Benutzung von Zivilluftfahrzeugen zu Zwecken, die mit den Zielen des Übereinkommens über die internationale Zivilluftfahrt nicht vereinbar sind, zu untersagen, womit die Missachtung dieses Verbotes grundsätzlich als Übertretungstatbestand unter Artikel 91 fallen würde. Eine andere Lösung könnte darin bestehen, dieses Verbot als Auflage nach Artikel 91 Ziffer l zweiter Absatz LFG in die Verkehrsbewilligung sämtlicher schweizerischer Luftfahrzeuge aufzunehmen.

4

Ergebnis von Konsultationen

Die Eidgenössische Luftfahrtkommission, der die Begutachtung von wichtigen Fragen der Luftfahrt obliegt (Art. 5 LFV; SR 748.0; Verordnung vom S.Juni 1950 über die Luftfahrtkommission; SR 748.112.3) hat sich an ihrer Sitzung vom 29. Mai 1984 für die Ratifikation des Protokolls vom 10. Mai 1984 ausgesprochen.

195

5

Finanzielle und personelle Auswirkungen

Der neue Artikel 3bis bringt für die Schweiz keine finanziellen oder personellen Auswirkungen, welche unter Berücksichtigung seiner Bedeutung für die Sicherheit der internationalen Zivilluftfahrt ins Gewicht fallen können.

6

Richtlinien der Regierungspolitik

Die Richtlinien der Regierungspolitik 1983-1987 (BB1 1984 I 251) sehen im Anhang 2 generell Staatsverträge im Bereich der Luftfahrt vor.

7

Verfassungsmässigkeit

Die Bundesversammlung ist gestützt auf Artikel 85 Ziffer 5 der Bundesverfassung für die Genehmigung des Protokolls vom 10. Mai 1984 zuständig. Grundsätzlich sind nur solche Verträge der Bundesversammlung vorzulegen, die der Schweiz neue Verpflichtungen auferlegen oder mit welchen sie auf bisher zugestandene Rechte verzichtet. Die Schweiz hat die im Artikel 3bis niedergelegten Grundsätze schon bisher im wesentlichen anerkannt. Man könnte sich deshalb fragen, ob: die Ergänzung des Übereinkommens der Bundesversammlung vorzulegen ist. Die Frage kann indessen offen bleiben, da die politische Bedeutung des Übereinkommens und namentlich dieser Ergänzung eine Genehmigung durch das Parlament rechtfertigt.

Das Übereinkommen ist nach Artikel 95 jederzeit kündbar, wobei die Kündigung nach zwölf Monaten wirksam wird. Die Übereinkommensänderung sieht im übrigen keinen Beitritt zu einer internationalen Organisation vor und enthält auch keine Rechtsvereinheitlichung mit Kodifikationscharakter, mit welcher ein bestimmtes Rechtsgebiet umfassend geregelt würde. Sie untersteht deshalb dem fakultativen Referendum gemäss Artikel 89 Absatz 3 der Bundesverfassung nicht.

0588

196

Bundesbeschluss zur Änderung des Übereinkommens über die internationale Zivilluftfahrt

Entwurf

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf Artikel 8 der Bundesverfassung, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 8. Mai 1985'>, beschliesst:

Art. l 1 Das, Protokoll vom 10. Mai 1984 betreffend eine Änderung des Übereinkommens vom,7. Dezember 19442) über die internationale Zivilluftfahrt wird genehmigt.

2 Der Bundesrat wird ermächtigt, das Protokoll zu ratifizieren.

Art. 2 Dieser Beschluss untersteht nicht dem Staatsvertragsreferendum.

') BB1 1985 II 185 > SR 0.748.0

2

197

Protokoll

Übersetzung1)

über eine Änderung des Übereinkommens über die Internationale Zivilluftfahrt Beschlossen in Montreal am 10. Mai 1984

Die Versammlung der Internationalen Zivilluftfahrt-Organisation, Zusammengetreten zu ihrer fünfundzwanzigsten (ausserordentlichen) Tagung in Montreal am 10. Mai 1984, !

In Kenntnisnahme dessen, dass die internationale Zivilluftfahrt in hohem Masse dazu beitragen kann, Freundschaft und Verständnis zwischen den Staaten und Völkern der Welt zu schaffen und zu erhalten, ihr Missbrauch jedoch zu einer Gefahr für die allgemeine Sicherheit werden kann, In Kenntnisnahme dessen, dass es wünschenswert ist, zwischen den Staaten und Völkern Unstimmigkeiten zu vermeiden und die Zusammenarbeit zu fördern, von welcher der Friede der Welt abhängt, In Kenntnisnahme dessen, dass es notwendig ist, dass sich die internationale Zivilluftfahrt in sicherer und geordneter Weise entwickeln kann, In Kenntnisnahme dessen, dass im Einklang mit grundlegenden Erwägungen der Menschlichkeit die Sicherheit und das Leben von Personen an Bord von Zivilluftfahrzeugen gewährleistet sein müssen, In Kenntnisnahme dessen, dass in dem am 7. Dezember 1944 in Chicago abgeschlossenen Übereinkommen über die Internationale Zivilluftfahrt die Vertragsstaaten - anerkennen, dass jeder Staat im Luftraum über seinem Hoheitsgebiet volle und ausschliessliche Lufthoheit besitzt, - sich verpflichten, bei dem Erlassen von Vorschriften für ihre Staatsluftfahrzeuge auf die Sicherheit des Verkehrs von Zivilluftfahrzeugen gebührend Rücksicht zu nehmen, - sich einverstanden erklären, die Zivilluftfahrt nicht für Zwecke zu benützen, die mit den Zielen des Übereinkommens unvereinbar sind, In Kenntnisnahme des Entschlusses der Vertragsstaaten, geeignete Massnahmen zu treffen, um die Verletzung des Luftraums anderer Staaten und die Benützung der Zivilluftfahrt für Zwecke, die mit den Zielen des Übereinkommens unvereinbar sind, zu verhindern und die Sicherheit der internationalen Zivilluftfahrt weiter zu erhöhen, In Kenntnisnahme des allgemeinen Wunsches der Vertragsstaaten, den Grundsatz der Nichtanwendung von Waffen gegen im Flug befindliche Zivilluftfahrzeuge zu bekräftigen, ') Gemeinsame deutsche Übersetzung der Schweiz, der Bundesrepublik Deutschland und Österreichs.

198

Internationale Zivilluftfahrt 1. Beschliesst, dass es deshalb wünschenswert ist, das am 7. Dezember 1944 in Chicago abgeschlossene Übereinkommen über die Internationale Zivilluftfahrt zu ändern, 2. Genehmigt gemäss den Bestimmungen des Artikels 94 Absatz a des vorgenannten Übereinkommens den folgenden Vorschlag einer Änderung des Übereinkommens : Nach Artikel 3 ist ein neuer Artikel 3bls einzufügen: «Artikel 3bis a) Die Vertragsstaaten anerkennen, dass sich jeder Staat der Anwendung von Waffen gegen im Flug befindliche Zivilluftfahrzeuge enthalten muss und dass im Falle des Abfangens das Leben der Personen an Bord und die Sicherheit des Luftfahrzeuges nicht gefährdet werden dürfen. Diese Bestimmung ist nicht so auszulegen, als ändere sie in irgendeiner Weise die in der Charta der Vereinten Nationen niedergelegten Rechte und Pflichten der Staaten.

b) Die Vertragsstaaten anerkennen, dass jeder Staat in Ausübung seiner Souveränität berechtigt ist, die Landung eines Zivilluftfahrzeuges auf einem bezeichneten Flughafen zu verlangen, wenn dieses unbefugt sein Hoheitsgebiet überfliegt oder wenn ausreichende Gründe für die Schlussfolgerung vorliegen, dass es zu Zwecken benützt wird, die mit den Zielen dieses Übereinkommens unvereinbar sind; er kann einem solchen Luftfahrzeug auch alle sonstigen Anweisungen erteilen, um derartige Verletzungen zu beenden. Zu diesem Zweck können sich die Vertragsstaaten aller geeigneten Mittel bedienen, die im Einklang mit den einschlägigen Regeln des Völkerrechts stehen, einschliesslich der einschlägigen Bestimmungen dieses Übereinkommens, insbesondere mit Absatz a dieses Artikels. Jeder Vertragsstaat erklärt sich einverstanden, seine geltenden Vorschriften über das Abfangen von Zivilluftfahrzeugen zu veröffentlichen.

c) Jedes Zivilluftfahrzeug hat eine in Übereinstimmung mit Absatz b dieses Artikels erteilte Anweisung zu befolgen. Zu diesem Zweck nimmt jeder Vertragsstaat alle erforderlichen Bestimmungen in seine nationalen Gesetze oder Vorschriften auf, um eine derartige Befolgung für alle Zivilluftfahrzeuge verbindlich zu machen, die in diesem Staat eingetragen sind oder von einem Halter betrieben werden, der seinen Hauptgeschäftssitz oder seinen ständigen Aufenthalt in diesem Staat hat. Jeder Vertragsstaat unterwirft jegliche Verletzung dieser anzuwendenden Gesetze oder Vorschriften strengen Sanktionen und unterbreitet den Fall seinen zuständigen Behörden gemäss seinen Gesetzen oder Vorschriften.

199

Internationale Zivilluftfahrt d) Jeder Vertragsstaat trifft geeignete Massnahmen im Hinblick auf ein Verbot der vorsätzlichen Verwendung eines Zivilluftfahrzeuges, das in diesem Staat eingetragen ist oder von einem Halter betrieben wird, der seinen Hauptgeschäftssitz oder seinen ständigen Aufenthalt in diesem Staat hat, für Zwecke, die mit den Zielen dieses Übereinkommens unvereinbar sind. Diese Bestimmung lässt Absatz a unberührt und schränkt die Absätze b und c dieses Artikels nicht ein.» 3. Setzt aufgrund der Bestimmung des genannten Artikels 94 Absatz a des besagten Übereinkommens die Anzahl der Vertragsstaaten, nach deren Ratifikation der vorgenannte Änderungsvorschlag in Kraft tritt, auf einhundertzwei fest, und ; 4. Beschliesst, dass der Generalsekretär der Internationalen Zivilluftfahrt-Organisation in englischer, französischer, russischer und spanischer1 Sprache, wobei jeder Wortlaut gleichermassen verbindlich ist, ein Protokoll abfassen soll, das den oben genannten Änderungsvorschlag und die nachstehenden Bestimmungen enthält: a) Das Protokoll wird vom Präsidenten der Versammlung und ihrem Generalsekretär unterzeichnet.

b) Das Protokoll steht jedem Staat, der das besagte Übereinkommen über die Internationale Zivilluftfahrt ratifiziert hat oder ihm beigetreten ist, zur Ratifikation offen.

c) Die Ratifikationsurkunden werden bei der Internationalen Zivilluftfahrt-Organisation hinterlegt.

d) Das Protokoll tritt für die Staaten, die es ratifiziert haben, mit dem Zeitpunkt der Hinterlegung der einhundertzweiten Ratifikationsurkunde in Kraft.

e) Der Generalsekretär notifiziert unverzüglich allen Vertragsstaaten den Zeitpunkt der Hinterlegung jeder Ratifikationsurkunde zu dem Protokoll.

f) Der Generalsekretär notifiziert unverzüglich allen Vertragsstaaten des besagten Übereinkommens den Zeitpunkt des Inkrafttretens des Protokolls.

g) Für jeden Vertragsstaat, der das Protokoll nach dem vorgenannten Zeitpunkt ratifiziert, tritt es mit der Hinterlegung seiner Ratifikationsurkunde bei der Internationalen Zivilluftfahrt-Organisation in Kraft.

Infolgedessen, aufgrund des vorgenannten Beschlusses der Versammlung, Wurde dieses Protokoll vom Generalsekretär der Organisation abgefasst.

200

Internationale Zivilluftfahrt Z« Urkund dessen unterzeichnen der Präsident und der Generalsekretär der vorgenannten fünfundzwanzigsten (ausserordentlichen) Tagung der Versammlung der Internationalen Zivilluftfahrt-Organisation, von der Versammlung hierzu bevollmächtigt, dieses Protokoll.

Geschehen zu Montreal am 10. Mai 1984 in einer einzigen Urkunde in englischer, französischer, russischer und spanischer Sprache, wobei jeder Wortlaut gleichermassen verbindlich ist. Dieses Protokoll wird im Archiv der Internationalen Zivilluftfahrt-Organisation hinterlegt; beglaubigte Abschriften hievon werden vom Generalsekretär der Organisation allen Vertragsstaaten des am 7. Dezember 1944 in Chicago abgeschlossenen Übereinkommens über die Internationale Zivilluftfahrt übermittelt.

Assad Kotaite Präsident der 25. (ausserordentlichen) Tagung der Versammlung

Yves Lambert Generalsekretär

0588.

201

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft zur Änderung des Übereinkommens über die internationale Zivilluftfahrt vom 8.

Mai 1985

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1985

Année Anno Band

2

Volume Volume Heft

24

Cahier Numero Geschäftsnummer

85.033

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

25.06.1985

Date Data Seite

185-201

Page Pagina Ref. No

10 049 682

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.