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Botschaft des

Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend den Entwurf eines Bundesgesezes über die Kontrolirung der Gold- und Silberwaaren.

(Vom 28. November 1879).

Tit.

Am verflossenen 19. Juni hat der Nationalrath folgende Motion der Herren Arnold Grosjean und Genossen angenommen: ,,In Ausführung des ständeräthlichen Postulats vom ,,23. Dezember 1876, Nr. 101, ist der Bundesrath eingeladen, ,,auf die nächste Dezember-Sizung einen Bericht und An,,träge betreffend ein Gesez über Kontrolirung und Garantie ,,der Gold- und Silberwaaren vorzulegen."

Jenes Postulat Nr. 101 lautet wie folgt: ,,Der Bundesrath ist eingeladen, Erhebungen zu machen, ,,ob es nicht statthaft wäre, durch Bundesgeseze zu ordnen : 1) die Kontrolirung der Fabrikation und des Verkaufs ,,der Gold- und Silberwaaren ; ,,2) den Schuz der Fabrikmarken.a Da die Frage der Fabrikmarken Gegenstand einer besondern Botschaft ist, so behandeln wir hier ausschließlich die Frage betreffs Kontrolirung der Gold- und Silberwaaren.

987 I.

Die Frage bezüglich eines Gesezes über die Kontrolirung von Gold- und Silberwaaren wurde nicht allein durch oben genannte Postulate, sondern auch durch eine mit 2154 Unterschriften versehene Petition von Uhrenfabrikanten, Schalenmachern und Uhrenraachern aus Kantonen der französischen Schweiz erhoben. Außerdem haben zahlreiche öffentliche Versammlungen in den bei dieser Frage betheiligten Hauptorten stattgefunden, und sie haben sich eämmtlich dahin ausgesprochen, daß ein schweizerisches Gesez über den Gegenstand erlassen werden sollte.

Am 24. Februar 1877 hat die Delegirtenversammlung des interkantonalen Vereins der Industrien des Jura, wobei die Sektionen von Genf, Sainte-Croix, Neuenburg, Chaux-de-fonds, Locle, die Bezirke Courtelary und Biel vertreten waren, mit großer Mehrheit, ja fast einstimmig die Forderung gestellt: 1) daß ein eidgenössisches Gesez über die Kontrole ausgearbeitet werde ; 2) daß die Anwendung des Gesezes und alles die Verwaltung Betreffende den Kantonen überlassen bleibe; 3) daß das Gesez keinen fiskalischen Charakter habe.

Noch andere, die Einzelnheiten der Frage betreffende Forderungen wurden formulirt.

Gegenüber diesen übereinstimmenden Kundgebungen hat unser Departement des Innern nicht gesäumt, eine eingehende Untersuchung über die Beweggründe zu einer solchen Forderung, sowie über die Mittel anzustellen, welche die Betheiligten befriedigen könnten, so weit die Kompetenz der Eidgenossenschaft dies gestattet.

Der Ursprung jener Forderungen ist zuforderst in der anhaltenden öeschäftskrisis zu suchen, unter welcher die Uhrenindustrie gegenwärtig leidet. Unter den Ursachen, welche diesen Zustand herbeigeführt und die amerikanische und französische Konkurrenz in hohem Grade begünstigten, müssen sicherlich die zahlreichen Betrugsfälle hervorgehoben werden, die in der schweizerischen Fabrikation mit dem zu Uhrenschalen verwendeten Metall begangen wurden.

Für goldene ISkarätige Schalen, d. h. zu 750 Tausendtheilen Feingehalt, sind 14karätige, 9karätige, Skarätige Schalen und sogar solche aus vergoldetem Silber oder polirtem Kupfer verkauft worden; man hat falsche Feingehaltsangaben von Gold und Silber oder solche Angaben auf die Schalen geschlagen, welche geeignet waren, den Käufer zu täuschen, und diese Täuschungen geschahen so zahl-

988 reich, daß eine Liste derselben .nicht leicht aufzustellen wäre. Es fand auch Betrug statt, indem gewisse Theile der Schale zu geringerem Feingehalt als der angegebene oder aus ganz anderem Metall hergestellt wurden. Der gute Ruf der schweizerischen Uhrenfabrikation hat darunter schwer gelitten, ohne daß häufig der schweizerische Fabrikant selber den Hauptgewinn aus diesem Betrug gezogen hatte, der vielmehr in den zahlreichsten Fällen nur ausgeführt wurde, um den Wünschen des ausländischen Bestellers Genüge zu leisten.

Eä ist augenfällig, daß die Fabrikanten, welche sich zu solchen mehr oder weniger verstekten Betrügereien hergeben, ihre Erzeugnisse zu niedrigeren Preisen verkaufen können, als es die Fabrikanten vermögen, die zu solchem Gewerbe ihre Hand nicht reichen wollen.

Deßhalb wird die Lage der Leztern fast unhaltbar, und es ist nicht zu verwundern, daß ihrer Viele endlich sich ebenfalls vom Strome mit fortreißen lassen und ihr Gewissen beruhigen, indem sie sich sagen: Wenn ich auch eine solche mir widerwärtige Bestellung nicht annehme, so wird sie deßhalb doch von meiuem Nachbar ausgeführt. Und dann ist ja der Kaufmann, der den unerlaubten Gewinn aus dem Geschäft zieht, der wirklich Schuldige, nicht ich.

Diese Betrügereien haben außerdem noch zweierlei sehr nachtheilige Folgen für die Arbeiter. Man weiß, daß solche, welche mit der Ornamentirung, dem Polireo, der Fertigstellung der Uhrenschalen sich beschäftigen , ganz oder theilweise mit den von ihrer Arbeit herrührenden Metallabfällen bezahlt werden. Wenn sie sich nicht in schwere Unkosten versezen wollen, so ist es ihnen unmöglich, in jedem einzelnen Falle den Nachweis zu leisten oder leisten zu lassen, ob das ihnen übergebene Stük in Wirklichkeit den angegebenen Feingehalt besizt. Erst, wenn sie ihre Abfälle zur Schmelzung zusammenthun, d. h. sehr oft nach mehreren Monaten erst, werden sie die Betrügereien gewahr, deren Opfer sie geworden; in den meisten Fällen aber sind sie nicht mehr im Stande, die Urheber der Betrügereien nachzuweisen.

Die andere nachtheilige Folge ist die Entwerthung, die als Rükwirkung obiger Betrügerei den Preis der Arbeit der eigentlichen Uhrenmacher trifft, derjenigen nämlich, die das Werk anfertigen.

Bei der ungesunden Konkurrenz, die nur darauf ausgeht, möglichst billig zu verkaufen, wobei man indessen
durch Anwendung betrügerischer Mittel großen Gewinn erzielt, werden alle Bedingungen einer normalen und ehrlichen Fabrikation in Frage gestellt, und schließlich leidet mehr oder weniger alle Welt darunter.

Alles genau erwogen, entsteht daraus dem Auslande gegenüber die Einbuße des guten Rufes der schweizerischen Erzeugnisse, die

989 sämmtlich, die guten wie die schlechten, von demselben Mißkredit betroffen werden ; dazu ein Herabdrüken der Preise, was namentlich für die arbeitende Klasse von schwerem Nachtheil ist. Dies sind die Folgen der Unordnung, unter der die schweizerische Uhrenindustrie gegenwärtig fortexistirt ; dies ist die Quelle der fast einmüthigen Klagen, die sich über den Gegenstand vernehmen lassen.

Nach Ansicht der Betheiligten sind die kantonalen Geseze unzureichend, um mit ihnen dem Uebel zu steuern. Einerseits besizen die meisten Kautone keine Spezialgeseze über die Materie und empfinden das Bedürfniß auch nicht, solche zu erlassen, so daß die in einigen Kantonen gültigen strengen Vorschriften von den Industriellen, welche betrügen wollen und sich nur im Nachbarkanton niederzulassen brauchen, leicht umgangen werden können.

Andererseits, und selbst unter der Voraussezung, daß sämmtliche Kantone Geseze erließen, müßte der Maugel an Uebereinstimmung, der diesen Gesezen unfehlbar anhaften würde, und zwar in einer Materie, wo die unscheinbarsten Einzelnheiten eine große Tragweite haben können, sehr nachteilig wirken.

Der Konkordatsweg kann eben so wenig zum Ziele führen.

Wegen der Kosten, die für jeden Kanton aus einer guten Organisation der Kontrole entstünden, würden nur sehr wenige sich zu diesem Zweke verbinden, und die Betrügereien würden folglich ungehindert auf dem Gebiete des nicht konkordatären Kantons begangen werden.

Von diesen Erwägungen geleitet, haben die Betheiligten demnach sich entschließen müssen, sich an die Eidgenossenschaft zu wenden, die allein im Stande ist, wirksame Maßregeln zu ergreifen, auf daß die Ordnung wieder hergestellt und die Redlichkeit des Geschäftsbetriebes in einer unserer wichtigsten Industrien gesichert werde.

Nachdem unser Departement des Innern aus diesem ersten Theil der vorgenommenen Untersuchung die Ueberzeugung geschöpft, daß es sich hier wirkl ch um eine Lebensfrage für die schweizerische Uhrenindustrie handelt, versammelte dasselbe im April 1877 eine Kommission, bestehend aus den Herren Besancon, Direktor eines Atelier für Graveurs in La Chauxdefonds; Francillon, Uhrenfabrikant in St. Immer; Heß, Uhrerfabrikant und Juwelier in Genf; Montandon, Uhrenfabrikant in Ste-Croix und Thommen, Nationalrath und Uhrenfabrikant in Waldcnburg.

Die dieser Kommission unterbreiteten Fragen waren folgende: 1) Gegenwärtiger Stand der Untersuchung über die Nothwendigkeit der Errichtung der eidgenössischen Konlrole und die

990 'Bedingungen ihrer Organisation. Maßregeln, die zur Vervollständigung der Erhebungen nach jeder Richtung hin zu ergreifen sind: (Aufklärungen über die in den Kantonen und im Auslande in Kraft bestehenden Geseze, über die Vortheile und Nachtheile der verschiedenen Systeme, über die Gebräuche und Bedürfnisse des Handels in den Ausfuhrstaaten, über die technischen Fragen bezüglich der Kontrole der verschiedenen Feingehaltsgrade u. s. w.).

2) Allgemeiner Plan zu einem Bundesgeseze über die Kontrole, namentlich mit Rüksicht auf die Organisation derselben (allgemeine Prinzipien, Vertheilung der Befugnisse zwischen dem Bunde und den Kantonen, Bedingungen betreffend die Gründung von Bureaux, Fähigkeitsnachweise von Seiten der vereideten Probirer, Zahl und Form der Stempel, Tarife, Strafen u. s. w.).

3) Ist es nothwendig, wie die Motion Bodenheimer vorsieht, in das Gesez gleicherweise Bestimmungen über den Handel mit Gold- und Silberwaaren aufzunehmen?

Aus der Diskussion ging die Nothvvendigkeit des Erlasses eines Bundesgesezes hervor, und wurde das Departement ersucht, einen Gesezentwurf auf der durch die Diskussion gelieferten Grundlage auszuarbeiten und für die rein technischen Fragen den Rath einer Kommission von Sachverständigen einzuholen, welche aus den Herren Dr. Lunge, Professor der gewerblichen Chemie am Polytechnikum, Eugen Tissot, vereidetem Probirer am Kontrolbüreau in La Chauxdefonds, und Louis Frutiger, vereidetem Probirer in Genf, bestand.

Zur Vervollständigung seiner Untersuchung verschaffte sich das Departement die kantonalen Gesezesbestimmungen, sowie fremde Geseze über Gold- und Silberwaaren, und gestüzt auf alle diese Nachweisungen veröffentlichte dasselbe im Monat Juni 1877 eine Brochure von 80 Seiten mit dem Titel: Contrôle, garantie et commerce des matières d'or et d'argent; enquête générale, avantprojet de loi et motifs à l'appui.

Diese Arbeit wurde der Beurtheilung der Regierungen der Kantone mit Uhrenindustrie, der interkantonalen Gesellschaft für die Industrien des Jura und ihrer Sektionen, sowie zahlreicher anderer Betheiligten unterbreitet.

Die Kantonsregierungen haben uns keine Bemerkungen zu dem Entwurf zukommen lassen.

Die interkantonale Gesellschaft für die Industrien des Jura hat mehrere Delegirtenversammlungen abgehalten, denen die Frage zur Berathung vorgelegt wurde. Ueber einen Punkt namentlich waren

991 die Ansichten getheilt: Um den Wünschen der Mehrzahl der Bittsteller einigermaßen gerecht zu werden, forderte der erste Gesezeutwurf, daß jede goldene oder silberne Uhrenschale, welches auch ihr Feingehalt sei, durch das Kontroiamt gehen müsse, um hier mit Augabt) des genauen Feingehalts gestempelt zu werden. (Die Bittsteller waren noch weiter gegangen und hatten verlangt, daß jede Uhrenschale, welches auch ihr Metall sei, dem Kontroiamt vorgelegt werde.) Diese Maßregel, obgleich gemildert, wurde als lästig und als der Freiheit der Arbeit zuwiderlaufend betrachtet. Nach langeil Berathungen verständigten sich endlich die Sektionen e i n s t i m m i g über die Prinzipien, die sie als Grundlage des Gesezes angenommen wissen wollten. Diese Prinzipien, welche in Neuenburg in der Versammlung vom 1. Oktober 1878 angenommen wurden, erhielten folgende Fassung: 1) Es soll ein Bundesgesez aber die Kontrolii'ung, die Garantie der Gold- und Silberwaaren und den Handel mit denselben ausgearbeitet werden.

2) Die Anwendung und Handhabung dieses Gesezes soll den Kantonen vorbehalten bleiben.

3) Dieses Gesez darf in keinem Falle einen fiskalischen Charakter haben.

4) Die Kontrole soll für Uhrenschalen und Bijouteriewaaren obligatorisch sein, sie soll die Angabe der Feingehaltsgrade 14 und 18 Karat für das Gold und 800, 900 Tausendtheile und darüber, oder eine gleichwerthige Bezeichnung für das Silber enthalten.

5) Es soll gestattet sein, die Edelmetalle in allen Feingehaltsgraden zu verarbeiten, vorausgesezt, daß die angefertigten Gegenstände keine Angabe des Feingehalts noch eine andere .ähnliche Bezeichnung aufweisen, welche geeignet wäre, den Käufer zu täuschen.

6) Die Fehlergränze bei der Legirung wird 3 /iooo beim Gold und B /iooo beim Silber betragen.

7) Die Kontrolirung der Uhrenschalen geschieht im unvollendeten Zustande derselben.

8) Der Stempel wird auf den Gehäuseböden, dem Schalenring (carrure) und dem Staubdekel (cuvette) angebracht. Das Wort ,,métal11 soll auf die Crisot-Cuvetten geschlagen werden.

9) Der Bund wird die notwendigen Maßregeln ergreifen, daß die Betheiligten im Inlande wie im Auslande von den Bestimmungen dieses Gesezes Kenntniß erhalten.

992 Unter den betheiligten Privaten hat sich nur eine einzige Person, ein Uhrenfabrikant, grundsäzlich gegen Erlaß eines Bundesgesezes ausgesprochen.

Mit. Schluß des Jahres 1878 ging die Frage vom schweizerischen Departement des Innern an das Handels- und Landwirtschaftsdepartement über. Das leztere arbeitete nun einen zweiten Gesezentwurf aus, indem es den Bemerkungen, zu denen der erste Ent-wurf Veranlaßung gegeben halte, Rechnung trug, und legte ihn am 15. Februar 1879 einer Kommission aus den schon genannten Herren Besancon, Francillon, Montandon und Thommen. mit Zuziehung der Herren Arnold Grosjean, Nationalrath und Uhrenfabrikant in La Chauxdefonds; Etienne, Präsident der interkantonalen Gesellschaft der Industrien des Jura in Neuenburg; Bodenheimer, Autor der Motion im Ständerath; Ducret, Präsident der Handelskammer zu Genf, und Fol, Uhrenmacher und Juwelier zu Genf, vor. Herr Heß, Mitglied der ersten Kommission, hatte aus Gesundheitsrüksichten gebeten, ihn zuersezen..

Verschiedene Aenderungen wurden an der neuen Arbeit des Departements vorgenommen und der daraus hervorgegangene dritte Entwurf wurde überdies der Prüfung der Gewerbevereine und Handelskammern unterbreitet.

Hr. Schelhaas, Bijoutier in Zürich, obgleich er in den Wunsch nach Erlaß eines Bundesgesezes über die Kontrolirung von Goldund Silberwaaren einstimmte,, hielt es für noth wendig, einen Gegeng O entwurf auf Grundlage eines von dem System sämmtlicher Sektionen der Gesellschaft der Industrien des Jura vollständig abweichenden.

Systems einzureichen. Das von Hrn. Schelhaas angeführte Hauptmotiv dazu ist die Schwierigkeit für die von den Kantonen der Uhrenindustrie entfernt wohnenden Fabrikanten von Gold- und Silberwaaren, dieselben kontroliren zu lassen. In der That ist in den großen Centren der Uhren- und Bijouteriefabrikation , die in der romanischen Schweiz existiren, die Organisation der Kontrolämter etwas Leichtes und sogar sich Lohnendes. Dasselbe ist in der Ostschweiz nicht der Fall. Hier werden die Kantone nicht die Kosten von Kontrolämtern tragen wollen , die sehr wenig beschäftigt wären, und den in jenem Theile der Schweiz wohnenden Uhrenfabrikanten und Bijoutiers bliebe nichts Anderes übrig, als ihre Arbeiten an die sehr beschäftigten Kontrolämter der romanischen Schweiz zu senden, was Kosten und Zeitverlust
verursachen würde. Um diesem Uebelstande zu begegnen, schlug Hr. Schelhaas vor, den Amtsstempel jedem Fabrikanten zu übergeben, der ihn dann unter seiner eigenen Verantwortlichkeit benuzen würde.

Dieses System müßte aber zur Einrichtung einer eidgenössischen

993 Inspektion, zu Hausdurchsuchungen, zu einer die Geschäfte jedes Fabrikanten treffenden Bundessteuer u. s. w. führen.

Um allen Ansichten und allen Interessen die gebührende Berüksichtigung zu gewähren, legte das Handelsdepartement den Entwurf des Hrn. Schelhaas mit der bezüglichen Motivirung den Gewerbevereinen und Handelskammern zur Beurtheilung vor.

Das Ergebniß der Prüfung sowohl des dritten Gesezentwurfes, wie der Vorlage des Hrn. Schelhaas, war folgendes: Sämmtliche Sektionen der interkantonalen Gesellschaft der Industrien des Jura, nämlich : Genf, das Jouxthal, Ste-Croix, Chauxde-Fonds, Locle, Neuenburg, Biel, St.-Immer, Pruntrut, sprachen sich zu Gunsten des Gesezentwurfes des Departements aus und wiesen den Entwurf Schelhaas zurük, indem sie jedoch , um den Interessen der Fabrikanten der Ostschweiz gerecht zu werden, den Vorschlag machten, daß ein eidgenössisches Kontroiamt in Zürich eingerichtet werde , welches die Arbeiten jener Fabrikanten kontroliren sollte und zugleich eine wissenschaftliche Anstalt wäre, in welcher sich vereidete Probirer ausbilden würden. Diese Anstalt soll auch in lezter Analyse die Proben der andern Kontroiämter im Falle von Anständen revidiren.

Der schweizerische Handels- und Gewerbeverein hat sich ebenfalls zu Gunsten eines wesentlich auf die Vorlage des Departements gegründeten Bundesgesezes ausgesprochen.

Die oben angegebene Kommission , welche durch die Herren H. Dubois, Präsident der Handelskammer zu Locle, Borel-Courvoisier, Sekretär der interkantonalen Gesellschaft der Industrien des Jura zu Neuenburg, die schon genannten HH. Eugène Tissot und Louis Frutiger , vereidete Probirer, und durch Hrn. Jaccard, Uhrenfabrikant in Lausanne, in Ersezung des verhinderten Hrn. Montandon, vervollständigt wurde, versammelte sich lezten 14. und 15. Oktober; sie prüfte ein leztes Mal den Gesezentwurf und berieth den Entwurf zu einer Vollziehungsverordnung für das künftige Bundesgesez.

Dieses ist im Großen und Ganzen das Resultat der vorausgegangenen Enquête. Man kann daraus die Ueberzeugung gewinnen, daß die Frage Gegenstand gründlichen Studiums gewesen und daß die fast unausgesezte Einstimmigkeit, die unter den Betheiligten herrschte, von dem dringenden Bedürfniß nach einem auf den angegebenen Prinzipien basirten Bundesgesez ein beredtes Zeugniß ablegt.

Wir verweisen im Uebrigen, was die Einzelnheiten der Enquête betrifft, auf die der gegenwärtigen Botschaft beigelegte umfangreiche Sammlung der betreffenden Aktenstüke.

994

II.

Die Frage, ob der Bund das Recht habe, über den vorliegenden Gegenstand Geseze zu erlassen, steht unserer Ansicht nach über allem Zweifel. Nach dem Wortlaut des Art. 64 der Bundesverfassung steht dem Bunde die Gesezgebung zu über ,,alle auf den Handel und Mobiliarverkehr bezüglichen Rechtsverhältnisse.11' Augenscheinlich fallen die Bedingungen, denen der "Verkauf von Gold- und Silberwaaren zu unterwerfen ist, in die Materien des Handelsrechts, ebenso wie die Bedingungen, den Viehhandel betreffend GS. den Entwurf zu einem eidg. Obligationenrecht, Art. 276), und z. B. auch die auf den Gebrauch von Fabrikmarken bezüglichen Bedingungen. Man kann nicht verlangen, daß diese speziellen Materien durch das eidg. Obligationenrecht geordnet werden, denn dieses hat ausschließlich allgemeine Rechtsgruudsäze zu enthalten.

Ein Spezialgesez über den Verkauf von Gold- und Silberwaaren ist folglich eben so nothwendig, wie für die übrigen oben erwähnten Materien.

Die Verordnungen über den Verkauf von Gold- und Silberwaaren haben keinen, soliden Boden, wenn sie sich nicht auf Verfügungen der Gewerbepolizei stüzen. Die gewöhnliche Rechtsregel, daß ,,die Faktura Beweis macht unter den Parteien", selbst wenn, sie durch die gesezliche Präsumption ergänzt wird, ,,daß in Ermanglung einer Faktura die Waare zum hohem Feingehalt verkauft worden ist ,"· -- diese Regel, sagen wir, ist zur Abhilfe gegen Mißbrauch ganz und gar unzureichend, wie dies eine lange Erfahrung in der Schweiz und anderswo unwiderleglich nachgewiesen hat.

Darum haben auch alle Staaten , welche ein wenig Ordnung in diesen Handelszweig bringen wollten, verfügt, daß die genannten Waaren, bevor sie zum Verkauf gelangen, den Kontroibeamten behufs Anbringung eines amtlichen Stempels übergeben werden, durch welchen bezeugt wird, daß das Edelmetall den angegebenen Feingehaltsgrad besizt. Eine solche Maßregel beschränkt augenscheinlich die absolute Handels- und Gewerbefreiheit. Diese Freiheit ist durch Art. 31 der Bundesverfassung gewährleistet, jedoch unter Vorbehalt, s. u. A. Litt, e: ,,Verfügungen über Ausübung von Handel und Gewerbentt. Der Bund hat ebensowohl, wie die Kantone,, das Recht, dergleichen Verfügungen zu erlassen. (Man vergleiche, um sich hievon zu überzeugen, den Text der Bundesverfassung von 1848, welcher im Art. 29 b wie folgt lautet:
,,Die Verfügungen der K a n t o n e über die Handels- und Gewerbepolizei"; die Worte ,, d e r K a n t o n e t t sind in der Verfassung von 1874 unterdrükt worden, woraus also die Bundeskompetenz hervorgeht.)

99S Da nun die Kompetenz so klar festgestellt ist, so bleibt nur noch ein Punkt aufzuhellen : Ist der Bund befugt, im Geseze über die Kontrolirung der Gold- und Silberwaaren Strafbestimmungen zu erlassen? Zahlreiche Präcedenzfälle erlauben es, diese Frage zu bejahen. Obgleich die Strafgesezgebung im Allgemeinen den Kan-, tonen vorbehalten ist, so hat doch der Bund in einer Reihe von Gesezen, wie das Gesez über Viehseuchen, dasjenige über den CiviU stand und die Ehe, über Maß und Gewicht, über die Jagd, über den Fischfang, das Gesez über die Forstpolizei, über die Wasserpolizei, das Fabrikgesez, das Gesez über die Eisenbahnpolizei u. s. w., Strafbestimmungen erlassen. Das ist eine logische, oft nothwendige Konsequenz des Rechtes der Gesezgebung, und man begreift schwerlich , wie es in einem wohlgeordneten Staate möglich sei, daß, sobald der Befehl oder das Verbot, dieses oder jenes zu thun, aus der gleichen Regel entspringt, die Strafe im Falle des Ungehorsams hier eine strenge, dort eine nichtssagende sei und anderswo ganz fehle. Die Gleichheit in der Bestrafung ist mindestens eben so legitim, wie die Gleichheit vor dem Geseze.

In dem besondern Falle sehen wir nicht ein, wie es möglich wäre, ein Bundesgesez über die Feingehaltskontrole zu machen, ohne in demselben Strafbestimmungen für die ganz speziellen Uebertretungen aufzustellen, die nach Erlaß des Gesezes vorkommen werden. Für Alles aber, was einen ausgesprochen betrügerischen Charakter an sich trägt und unter die gewöhnlichen Regeln des Strafgesezes fällt, sind wir der Ansicht, daß das Gebiet der kantonalen Gesezgebung einfach beizubehalten sei, und daß man sich darauf beschränken könne, eine gewisse Minimal- und Maximalgrenze der Strafe für die Fälle in Aussicht zu nehmen, in welchen die Kantonsgeseze keine Bestrafung gestatten würden. Dieser Vorschlag wird gewiß alle Stimmen auf sich vereinigen. Außerdem aber und in jedem Falle muß die Eidgenossenschaft im Stande sein, durch spezielle, von ihr ausgehende Verfügungen den Amtsstempel schüzen zu lassen, dessen Einführung sie beschlossen hat. Das wird wohl Niemand bestreiten.

III.

Es handelt sich nun um die Prüfung einer andern Frage, ob nämlich ein Gesez über Fabrikation und Verkauf von Gold- und.

Silberwaaren sich vom Standpunkte einer gesunden Nationalökonomierechtfertigen läßt, oder ob man, wie Einige glauben, auch in diesem^ Falle die Doktrin des Gehenlassens anzuwenden hat?

996 Die Anhänger des Gehenlassens, des laisser faire, begründen ihre Doktrin wie folgt. Sie sagen: Es ist kein Grund vorhanden, die Fabrikation von Gold- und Silberwaaren anders zu behandeln als andere Gewerbe. Man hat einfach die Geseze der freien Konkurrenz walten zu lassen ; sie werden dem Mißbrauch schon Grenzen sezen, ohne daß der Staat sich darein zu mischen braucht; die redliche Produktion wird immer gesucht, die unredliche wird rasch vorn Markte verdrängt werden. Der Konsument soll sich selber zu schüzen wissen uud sich ja nicht daran gewöhnen, auf den Scbm des Staates zu rechnen. Die völlige Freiheit von Handel und Gewerben, das bleibt stets das Beste; sie ist die Lanze des Achilles, welche die von ihr geschlagenen Wunden heilt.

Diese Theorien der sogenannten Manchesterschule sündigen durch ihren nur zu absoluten Charakter, und die Erfahrung, die mit ihnen in der zweiten Hälfte unseres Jahrhunderts ein wenig aller Orten gemacht wurde, hat die mangelhaften Seiten derselben genügend aufgedekt. Es ist nicht wahr, daß Handel und Industrie, sei es nun in ihrem eigenen Interesse, oder in dem des Publikums, der Intervention des Staates im Allgemeinen nicht bedürfen. Wenn man wohl gethan, sich der Schranken zu entledigen, die man nur zu lange und bis in unser Jahrhundert hinein der Ausübung des Handels und industrieller Thätigkeit gesezt, so hat man sich davor .zu hüten, nicht in das entgegengesezte Extrem zu gerathen, welches keine geringen Nachtheile aufweist. Aus dem wirren Durcheinander der Privatinteressen kann das Recht sich nicht anders frei machen und den ihm gebührenden souveränen Plaz einnehmen, als wenn ihm dabei der neutrale Staat, der Repräsentant der Gesammtinteressen, zu Hilfe kommt. In allen civilisirten Ländern, selbst in denen, wo diese Theorien der Manchesterschule, wie in England z. B., am meisten Glük gemacht, sind dem Prinzip der Freiheit des Handels und der Gewerbe vom Staate Grenzen gezogen worden.

Nennen wir nur als Beispiel den Gebrauch von Maß und Gewicht, ·die Nahrungsmittelpolizei, die Aufsicht über die Arbeit in den Fabriken u. s. w. Alle diese Maßregeln wurden vom Staate ergriffen, weil er sich überzeugt hatte, daß, wenn, er die Arbeiter und die Konsumenten schuzlqs den bloßen Gesezen der freien Konkurrenz überließe, er sie der Gefahr aussezte, fast unvermeidlich
von deren unerbittlichem Räderwerk zermalmt zu werden.

Zu den Maßregeln dieser Ordnung» gehört nun auch die Kontrolirung der Gold- und Silberwaaren. Schon seit lange haben die Staaten die Notwendigkeit eingesehen , auf diesem Gebiete zu interveniren, erstlich der Münzen wegen, die allzuoft Fälschungen und Verschlechterungen ausgesezt waren, dann um das Publikum vor den Betrügereien der Goldschmiede und Juweliere zu schüzen.

997 Ohne Uebertreibung darf man behaupten, daß es keinen Zweig des Handels und der Industrie gibt, welcher so sehr die direkte Ueberwachung des Staates erfordert. Es ist in der That für den Konsumenten leichter, mit eigenen Hilfsmitteln nahezu zu beurtheilen, ob man ihm das verlangte Gewicht oder Maß einer Waare gibt, ob ein Wein verfälscht, ein Stük Fleisch verdorben ist, als zu beurtheilen, ob das von ihm gekaufte Edelmetall den angegebenen Feingehalt besizt, ja nur, ob dieses Metall in Wirklichkeit Gold oder Silber ist. Da der Werth der Edelmetalle ein sehr großer ist, so folgt daraus, daß die im Handel mit denselben begangenen Betrügereien auch eine weit größere Bedeutung haben als bei anderen Waaren.

Seit langer Zeit ist der Beweis geleistet, daß troz der schönen Theorien der Manchesterschule das individuelle Interesse des Arbeiters oder Käufers nicht hinreicht, um ihn vor den so leicht auszuführenden Betrügereien in der Legirung der Metalle zu schüzen, während das individuelle Interesse des Produzenten oder Kaufmanns eine wunderbare Geschiklichkeit in der Auffindung von Mitteln zur Hintergehung des Klienten entfaltet. Wenn eine Hausfrau Eßwaaren oder Kleiderstoffe kauft, wird sie durch die Gewohnheit, solche Gegenstände zu beurtheilen, fast immer sieher geleitet. Sie befühlt, sie betastet, sie schmekt. Doch was vermag der Arbeiter, der berufen ist, Edelmetalle zu verarbeiten, oder der Käufer von Goldund Silbergeräthen, der Leztere besonders, im Angesichte jener von der gegenwärtigen Industrie erzeugten wahren Musterstüke des Betrugs, jener kunstvoll gefertigten Uhren und Schmuksachen, die, glänzend polirt, die reichsten Metalle auf das Täuschendste nachahmen und, vvas noch schlimmer ist, lügnerische Feingehaltsangaben aufweisen? Kann er zu den stets schwierigen Proben die nothwendigen chemischen Apparate bei sich tragen oder unmittelbar zu seiner Verfügung haben? Augenscheinlich nicht. Da er nun die ihm verkaufte Waare nicht selber zu kontroliren vermag, so soll der Staat die Soi'o-e dafür übernehmen,i der Staat als natürlicher Beschüzer O derjenigen, die troz besten Willens ohnmächtig sind, sich selber zu schüzen.

So hat z. B. die schweizerische Eidgenossenschaft, um einem ähnlichen Bedürfniß zu genügen, an der polytechnischen Schule eine chemische Versuchsstation für die Kontrolirung der
Düngstoffe und Samen, sowie für die Prüfung des Weins eingerichtet. Wenn Bauern und Weinproduzeuten zu diesem Zweke an den Staat appelliren mußten, so wird man um so eher begreifen, daß Industrielle sowohl wie das Publikum bei dem noch viel trügerischeren, Handel mit Gold- und Silberwaaren des Schuzes bedürfen.

Bundesblatt. 31. Jahrg. Bd. III.

71

998 In der Schweiz betonen die wenigen eingestandenen Gegner eines Bundesgesezes über die Kontrole, dasselbe werde die Entwiklung der Uhren- und Bijouterieindustrie hemmen und unseren Erzeugnissen gewisse Abzugsquellen verschließen. Wir halten einfach diesen Einwurf für schlecht begründet. Wahr ist, daß es in der Schweiz, weil sie viel mehr Uhren und Bijouterie für den Export als für den inländischen Verbrauch erzeugt (während, beiläufig gesagt, in Frankreich und anderswo das Umgekehrte der Fall ist), sehr schwierig ist, ein Gesez zu machen, welches gar kein berechtigtes Interesse schädigt. Diese Schwierigkeit geht außerordentlich klar aus der nachfolgenden tabellarischen Uebersicht hervor, aus welcher die in den verschiedenen zivilisirten Staaten gebräuchlichen obligatorischen oder fakultativen Feingehaltsgrade ersichtlich sind.

Gewiß ist, daß, wenn dieselbe Gesezgebung betreffend die Feingehaltsgrade und den dabei gestatteten Spielraum in sftmmtlichen Staaten der Welt Gültigkeit hätte, unsere Fabrikation unter viel rationelleren Bedingungen sich gestalten würde, und daß dann die Betrügereien aller Art fast nicht mehr zu befürchten wären.

So lange dies aber nicht der Fall ist, wird die Schweiz gezwungen sein, folgendes Programm zu verwirklichen: Die g e w i s s e n h a f t e A u s f ü h r u n g j e d e r r e d l i c h e n B e s t e l l u n g m u ß ermögl i c h t w e r d e n . Und wir glauben in Uebereinstimmung mit den Betheiligten, daß es möglich sei, durch die in unserem Gesezentwurf enthaltenen Bestimmungen dieses Ziel zu erreichen.

Was die unredlichen Bestellungen betrifft, so ist es kein Unglük, wenn dieselben nicht mehr in die Schweiz gelangen, weil eben sie es sind, die unsere Erzeugnisse in Mißkredit gebracht haben. Sie werden übrigens Mühe haben, andern Orts ausgeführt zu werden, so daß selbst mit Rüksicht hierauf ein Bundesgesez uns keine Absazquelle verstopfen, sondern ohne Zweifel uns neue Abnehmer verschaffen wird, die sich uns wegen der Unsicherheit der mit unserem Lande abgeschlossenen Geschäfte entzogen haben.

999 Synoptische Tabelle der in allen zivilisirten Ländern geltenden Feingehaltsgrade.

Obligatorisch.

Fakultativ.

Feingehalt sgrade in Taiisendtlniilen.

Gold.

Amerika : Centralamerika . .

Südamerika Vereinigte Staaten .

Republik Andorra Belgien .

TI Dänemark Deutsches Reich : Anhalt Baden Bayern Brannschweig . .

Bremen Elsaß-Lothringen .

·n n .

T)

1)

.

Gold. Silber.

. .

. .

. .

. .

.

.

Hamburg Hessen Lauenburg LÌDB6 Lübeck

Silber.

920 840 750

950 800 729 Ve

j

.

Mecklenburg-Schwerin Mecklenburg-Strelitz .

Oldenburg Preußen Fürstenthum Reuß Sachsen- Altenburg .

Sachsen-Grotha . . . .

Sachsen-Meiningen .

Sachsen- Weimar

750 750 750

800 750

900 800

580

800

1000

Obligatorisch.

Fakultativ.

Peingehalt sgrade in Taiisemlth eilen.

Gold.

Schaumburg-Lippe . . .

Schwarzburg-Rudolstadt .

Schwarzbg.-Sondershausen Fürstentum Waldeck .

Württemberg . . . .

Donaufürstenthümer . . .

Frankreich . . . .

Griechenland Großbritannien n i> T)

·n Kolonien und Besitzungen Holland

Silber.

920 840 750

950 800

9162/s 750 625 500 375

958 Va 925

916 833 750 583 900 750 500

Italien Montenegro Norwegen .

. . . .

Oesterreich-Ungarn

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Portugal Rußland .j

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Gold. Silber.

750 583Vac 920 840 750 580 840V* 583 Va 750 854 % 947 "/i 2

950 900 800 750 8438/4 875 9162/s 94711/i2

934 833 950 9UO 800

1001 Obligatorisch.

Fakultativ.

Feingehalt sgrade in Tauisendthe ilen.

Gold.

Schweden

11 Schweiz: Aareau Appenzell A.-Rh. .

Appenzell I.-Rh.

Basel-Stadt Basel-Landschaft Bern Frei bürg Genf Glarus. .

. . . .

Graubünden Neuenburg ·n Schaffhausen . . . .

Schwyz Solothurn . . .

. .

St. Gallen Tessin Thurgau Uri Unterwaiden ob d. Wald Unterwaiden nid d. Wald Waadt Wallis Zürich ZuoSerbien

Türkei

Silber. . Gold. Silber.

9752B /86 84728/9 763 /9

8267/is

750

781 V*

750

800

750 583

800

750

800

'750 750

81 2 Va

--

9162/3 833 Vs 750

9162/s 750

900

1002

IV.

Auf welchen Grundlagen soll das Bundesgesez ruhen?

Es ist ein charakteristischer Zug, der übrigens zu allen Zeiten vorhanden war, daß man Gold- und Silbergeräthe gern mit verschiedenem Feingehalt anfertigte, um sie so jedem Vermügensstande zugänglich zu machen. Der Wunsch, zu scheinen, der gegenwärtig nicht weniger allgemein sich geltend macht, als in früheren Epochen, ist die Ursache, daß Diejenigen, welche sich den Luxus ächten Schrnuks nicht gestatten können, mindestens so thun, als ob sie ihn besäßen. Da ISkarätiges Gold für viele Leute zu theucr ist. so haben die Bijoutiers solches zu 14 Karat, zu 9 Karat und noch geringeres Gold angefertigt. Für das Auge kann der Unterschied nicht wahrnehmbar gemacht werden, und die Träger solcher Schmuksachen können so mit wenigen Kosten glänzen und ihre Umgebung täuschen. Doch nach dem alt-französischen Spruch wort: ,,Mancher glaubt, Andere zu betrügen und betrügt sich nur selber", kommt es auch vor, daß Diejenigen, welche ungarantirtes Gold zu niedrigem Feingehalt kaufen, noch zu wenig für ihr Geld bekom.neu.

Als Produktionsland soll die schweizerische Fabrikation anfertigen können, was bei ihr bestellt wird; doch soll sie ihre Erzeugnisse nur für das ausgeben, was sie wirklich sind, und nicht wissentlich dem einheimischen oder fremden Händler helfen, seine Abnehmer zu betrügen. Ehemals hatte man in den Kantonen, in welchen die Uhrenfabrikatiou hauptsächlich zu Hause ist, Neuenburg und Genf nämlich, sehr strenge Gescze zum Scliuze des heimischen Arbeiters und mit Rüksicht auf das Ausland zur Sicherung des guten Rufes der schweizerischen Erzeugnisse erlassen.

Nach dem Vorbild des französischen Gesezes hatte man zu diesem Zweke die obligatorische Kontrolirung aller Gold- und Silberwnaren vorgeschrieben; diese durften zu keinem geringeren Feingehalt als 750 Tausendtheile beim Gold und 800 Tausendtheile beim Silber hergestellt werden. Diese Vorschriften aber wurden wegen des oben erwähnten unwiderstehlichen Zuges zur Verwohlfeilorung nicht beobachtet. Zu wiederholten Malen erhoben sich in den genannten beiden Kantonen Stimmen, und verlangten, das Gesez möge auch andere Feingehalte zulassen; es wurde amtlich festgestellt, daß es unmöglich sei, die genaue Ausführung des Gesezes zu sichern, und deanoch sprach sich die Mehrzahl der Betheiligten stets gegen
jede Aenderung aus.

In den Jahren 1865 und 1866 geschah es dann in Folge sehr lebhafter Agitationen, daß in jenen beiden Kantonen die Freiheit eingeführt wurde, Edelmetalle zu jedem Feingehalt zu verarbeiten,

1003 und zwar mit fakultativer Kontrole. Man ging damit von einem Extrem zum andern über, von einem Uebermaß der Einschränkung zu einem Uebermaß der Freiheit, und heute verlangen die Betheiligten eine Ausgleichung zwischen den beiden Prinzipien, dem der Freiheit, mit jedem Feingehalt zu arbeiten, und dem der obligatorischen Kontrole.

Es war durchaus nicht leicht, diese Ausgleichung zu erlangen.

Es waren so viele verschiedenartige Interessen zu berüksichtigen, daß es nicht überraschen kann, wenn die Verständigung nicht ohne Weiteres zu Stande kam. Jezt aber erklären sich sämmtliche Betheiligte einverstanden, und dies berechtigt wohl zu der Schlußfolgerung, daß die angenommene Kombination eine gelungene sei.

In Folgendem geben wir ihre Grundlagen: Die gegenwärtig für Gold- und Silbcrgeräthe gültigen Feingehalte sind: Für Gold 18 Karat oder 750 Tausendtheile und 14 Karat oder 583 Tausendtheile; darunter, d. h. wenn die Legirung die Quantität Goldes überwiegt, kann man dem betreffenden Metall nicht mehr den Namen Gold geben; es wäre vielmehr richtiger, zu sagen, es sei Kupfer mit so und so viel Theilen Gold vermischt; für Silber 875 Tausendtheile und darüber, und 800 Tausendtheile.

Der Gesezentwurf nimmt in Aussicht, daß wenn diese Feinf gehaltsgrade in irgend einer Sprache, ganz oder abgekürzt, aueiner Waare eingeschlagen sind, man dieselbe der amtlichen Koutrolirung zu übergeben hat. Es steht dem Fabrikanten augenscheinlich frei, keinen Feingehaltsgrad einzuschlagen; in diesem Falle ist er auch nicht verpflichtet, die Kontrole zu benuzen; wenn er jedoch den Vortheil der Feingehaltsangabe für seine Waare in Anspruch nimmt, so muß er den Beweis leisten, daß diese Angabe nicht erlogen ist. Damit wird dem Betrug gesteuert, der z. B. darin bestand, eine Uhrenschale mit höherem Feingehalt zu bezeichnen, während die für den ausländischen Händler ausgestellte Faktura den wirklichen Werth des Metalles angab, es sei d e n n , daß der Fabrikant auch noch der Versuchung nicht widerstand, seinerseits Betrug zu üben. Die obligatorische Kontrolirung jener höheren Feingehalte wird unsern Handel mit andern Ländern nicht beeiuO trächtigen, denn wir haben uns durch die vom Departement des Innern vorgenommene Enquete nur überzeugen können, daß aus dem schweizerischen Stempel kein Grund zu einem Einfuhrverbot entstehen
kann. Mehrere Länder werden auch noch ihren Stempel hinzufügen; wenn jedoch unsere Taxen, wie wir es vorschlagen, mäßig sind, so wird daraus für unsere Erzeugnisse keine merkliche Verteuerung entstehen. Uebrigens stellen wir es den Fabrikanten

1004 frei, ihre Waaren im Bruttozustande in den für dieselben bestimmten Ländern stempeln zu lassen, in welchem Falle der schweizerische Stempel nicht mehr geboten ist.

Was alle geringeren Feingehalte betrifft, so verbietet das Gesez ihre Angabe nicht; die Kontrolirung jedoch ist nicht obligatorisch, mindestens für jezt noch nicht. In der That kennt man, mit Ausnahme von England, jene geringen Feingehalte gesezlich nicht (s. obige Tabelle). Es kann geschehen, daß man später dk; Nothwendigkeit erkennt, ihnen ebenfalls eine amtliche Garantie zu gewähren, und in dieser Voraussicht kann man entweder dem Bundesrath die Ermächtigung ertheilen, die Kontrole zu organisiren, oder auch stillschweigend oder ausdrüklich den Vorbehalt machen, daß die Frage der Bundesversammlung unterbreitet werde, wenn mau sich fürchtet, uns diese Vollmacht zu ertheilen.

Hingegen verbietet das Gesez geradezu, die Edelmetalle, was ihre Zusammensezung oder Legirung betrifi't, anders zu bezeichnen, als mit dei1 genauen Angabe ihres Feingehalts, und es schreibt vor, daß, wenn diese Angabe geschehen ist, daneben auch die regelmäßig deponirte Marke des Fabrikanten eingeschlagen sein muß. Es lag in der That eine fortwährende Gelegenheit zu Betrug in der bisher geduldeten Freiheit, auf Gold- und Silberwaaren oder als solche ausgegebene Geräthe ganz unbestimmte, allgemein gehaltene Angaben stempeln zu lassen, als: or fin, or riche, fine gold, fine silver, argent fin, or, argent, or bas etc. Ist der Fabrikant oder Kaufmann ein redlicher Mann, so hat er nur den genauen Feingehalt unter seiner eigenen Verantwortlichkeit anzugeben; es steht ihm O O 3 sogar frei, gar nichts auf die Waare zu stempeln; doch ist es ihm nicht gestattet, dieselbe in einer Weise zu bezeichnen, die unvermeidlich einen Betrug herbeiführt. Jene unbestimmten Bezeichnungen sind viel trügerischer, als diejenigen unrichtiger Feingehaltsgrade, weil sie zu täuschenden Annahmen und Deutungen die Veranlaßung geben.

Eine andere, sehr übliche Art des Betruges war die Anfertigung von Geräthen, von denen nur ein Theil den angegebenen Feingehalt besaß, während andere Theile von geringerem Feingehalte waren oder aus anderem Metall bestanden. Dabei wurde das Ganze verkauft, als besäße es in allen seinen Theilen einen höhern Feingehalt oder bestände es aus dem reichsten dabei
angegebenen Metalle. In Zukunft muß als Regel feststehen , daß kein Theil der Gold- und Silbefgeräthe einen geringeren als den durch den Stempel angegebenen Feingehalt besizen darf. Es wird Sache der eidgenössischen Ausführungsverordnung sein, darüber das Nähere zu bestimmen. Man wird dabei, leichter als wenn man

1005 die Frage in allen ihren Einzelnheiten durch das Gesez regeln wollte, die veränderlichen Anforderungen berüksichtigen können, die in der Industrie sieh geltend machen, namentlich was die Verzierung der Uhren und Schmuksachen betrifft.

Im Allgemeinen gestatten die ausländischen Geseze eine kleine Fehlergrenze bei den Feiugehaltsgraden, um die Verschiedenheiten in Rechnung zu bringen , die sich sowohl bei den Proben der Löthung wegen, wie bei der Arbeit selbst zeigen können. Nur einige Staaten fordern einen vollen Feingehalt. Wir beantragen die Gewährung der normalen Fehlergrenze ; doch ist es selbstverständlich , daß die Fabrikanten , welche für die lezteren Staaten arbeiten , selber dafür sorgen, daß ihre Waaren den vollen Feingehalt besizen.

Das eben Gesagte soll dazu dienen, den Art. \ des Gesezentwurfes zu begründen.

Mit dem Art. 2 gelangen wir zur Organisation der Kontrole.

So, wie dieselbe in Aussicht genommen ist, entspricht sie den Wünschen der Betheiligten, welche verlangen, daß die Kantone dieselbe übernehmen; doch versteht es sich von selbst, daß die allgemeinen Vorschriften vom Bunde ausgehen, welcher in Betreff alles dessen, was die technischen Fragen angeht, eine direkte Aufsicht über die Kontrolämter ausüben wird. Die Probirer müssen im Besiz eines eidgenössischen Diploms sein. Von dem Augenblik an, wo die Eidgenossenschaft ihren Namen und ihr Ansehen der Stempelung der Gold- und Silberwaaren leiht, muß sie auch über die Vollstrekung des Gese7.es wachen und sich versichern , daß die Kontrolirung alle Bürgschaften für eine ernste Ausführung und wünschbare Genauigkeit biete. Zu diesem Zweke ist es nothwendig, daß sämmtliche Bureaux unter dieselbe Disziplin gestellt werden.

Dem gegenüber fällt den Kantonen, welche über die Einnahmen der Bureaux verfügen, die Unterhaltung derselben, die Besoldung der Beamten und Alles zu, was zur eigentlichen Verwaltung gehört. Es liegt praktisch keine Schwierigkeit vor, daß dem so sei, aber eine solche würde im Gegentheil vorhanden sein, wenn der Bund selber die Kontrolämter einrichten und die Einnahmen an sich ziehen wollte. Weit entfernt, einen Gewinn daraus zu schöpfen , hätte er nur Ausfälle zu verzeichnen , da ja auch die meisten bestehenden Kontrolämter nicht auf ihre Kosten kommen, sondern von den betheiligten Gemeinden Zuschüsse erhalten müssen.

Eine Erhöhung der Tarife würde die Industrie mit einer ziemlich schwofen Steuer belasten; deßhalb wird auch auf die Forderung

1006

großer Nachdruk gelegt, daß die Kontrole keinen fiskalischen Charakter annehme. Die Tarife müssen auch dieselben für die ganze Schweiz sein, denn sonst könnten die Bureaux, welche gute Geschäfte machen, den Tarif zum großen Schaden der Fabrikanten herabsezen, welche in einer Gegend wohnen, wo die Kontroiämter minder beschäftigt sind. Desshalb schreibt das Gesez auch vor, daß die Tarife durch eidgenössisches Reglement festgesezt werden.

Die Kantone oder auch die Gemeinden haben also bei diesem System die Aufgabe, die für nothwendig erachteten Bureaux einzurichten und die etwaigen Ausfälle zu tragen, wie über die eventuellen Ueberschüsse zu verfügen. Damit nun aber auch die abseits von den Centren etablirten Fabrikanten, denen in ihrer Nähe und nicht einmal in ihrem Kanton ein Bureau zu Gebote steht, nicht in die Unmöglichkeit versezt werden, ihre Erzeugnisse kontroliren zu lassen, so schreibt das Gesez vor, daß die Bureaux ,,verpflichtet sind , die ihnen eingesandten Gold- und Silberwaaren, ,,aus welchem Theile der Schweiz sie auch kommen, in der Reihen,,folge, in der sie einlaufen, zu probiren und zu stempeln".

Ein lezter im Art. 2 enthaltener Grundsaz, der jedoch keiner weiteren Rechtfertigung bedarf, ist folgender: ,,daß die Bureaux ,,für ihre Proben und ihre Stempelung verantwortlich sind".

Der Art. 3 ist schon weiter oben motivirt worden (s. S. 6 und 7). Zum Art. 4 bedarf es keines Kommentars.

An den Art. 5 schließt sich die oben schon erörterte konstitutionelle Frage über das Recht der Eidgenossenschaft, Strafbestimmungen wegen mit oder ohne betrügerische Absicht begangener Uebertretung des Gesezes zu erlassen. Die Strafen wegen der speziellen gegen das Gesez vorfallenden Delikte sind ausdrüklich angegeben , weil man es den Kautonen nicht überlassen kann, in diesem Falle nach Belieben das Nöthige festzusezen oder nicht.

Im Uebrigen haben wir, um die Empfindlichkeit der Kantone zu schonen , vorgeschrieben , daß ihre Strafgesezgebung in der Regel zur Anwendung kommen solle, und nur für den Füll , daß die nöthigen Verordnungen in einem Kantone gar nicht existiren, gibt das Bundesgesez ein Minimum und ein Maximum au, zwischen welchen der Richter je nach den Erschwerungsgründen sich bewegen kann. Wenn man von solchen Bestimmungen völlig abstrahirte, so hätte das Gesez keine andere Sanktion
als den Schadenersaz, welcher von der beschädigten Partei gefordert werden könnte; die öffentliche Partei aber, die auf gute Ordnung und die Beobachtung des Gesezes zu halten hat, sähe sich dann vollständig wehrlos, und das Gesez wäre damit bald überflüssig.

1007 Art. 6 enthält die nothwendigen Bestimmungen über den Schuss des eidgenössischen Stempels und gegen die Mißbräuche, deren die Bundesbeamten sich schuldig machen könnten.

Art. 7 enthält die nothwendigen in das Gesez einzuführenden Vorschriften über das Verfahren; ihre Rechtfertigung ergibt sich von selbst. Dasselbe gilt für den Artikel 8.

Art. 9 enthält in seinen beiden lezten Absäzen eine Uebergangsbeòtimmung. Es kann in der That vorkommen , daß Fabrikanten Waaren in Arbeit oder zum Verkauf haben, die den neuen Vorschriften nicht vollständig entsprechen, ohne übrigens mit Stempeln versehen zu sein , welche zu einer Täuschung Veranlassung geben könnten. Man wird diesen Fabrikanten die Möglichkeit bieten, daß solchen Waaren Duldung zu Theil werde.

Was den Artikel 10 betrifft, so bezwekt er, gewisse berechtigte Interessen zu schilzen , die eine spezielle Prüfung verdienen ; was aber nur die Verwaltungsbehörde zu thun vermag, indem sie die notwendigerweise schwankenden Verhältnisse in 'Rechnung bringt, unter welchen dergleichen Fälle sich darstellen.

Von verschiedenen Seiten wurde verlangt, daß das Gesez auch den Handel mit Gold- und Silberwaaren (Barren, Abfälle u. s. w.)

regle. Zur Begründung dieses Verlangens wurde angeführt , daß die Handelspolizei von den Kantonen auf mangelhafte W^eise ausgeführt werde , daß zahlreiche Mißbräuche wohl oft zur Anzeige gebracht, aber nicht immer bestraft worden seien , daß die Kantone, in welchen Edelmetalle verarbeitet werden, sehr oft ein Ausbeutungsfeld für Handlungsreisende bilden , deren Wohnsiz sich in andern Kantonen oder im Auslande befindet und denen gegenüber die Justiz und Polizei folglich wenig Gewalt hat u. s. w.

Alle diese Motive scheinen uns die Aufnahme von Spezialbestimmungen in ein Bundesgesez über die Kontrole nicht genügend zu rechtfertigen. Durch Lösung der Kontrolfrage leistet die Eidgenossenschaft der Uhren- und Bijoulerieindustrie einen Dienst, den die Kantone ihr nicht leisten können. Leztere aber sind bei gutem Willen stark genug, um die Käufer und Verkäufer von Barren, Abfällen, Asche, Kehricht u. s. w., sowie die Gießer und im Allgemeinen alle Diejenigen, die mit Edelmetallen Handel treiben, zu zwingen , daß sie sich gewissen Regeln unterwerfen , sich um gewisse Ermächtigungen bewerben und gewisse Register führen. Die Kantone
können auch eine wirksame Beaufsichtigung über das Thun und Treiben der umherziehenden Händler ausüben. Die Schwierigkeit liegt nicht darin, Gesezesvorschriften oder andere Ver-

1008 fügungen über diese Materie zu erlassen. Mehrere Kantone, Neuenburg z. B., besizen darüber sehr gute Vorschriften in ihren Gesezen ; sie brauchten sie nur streng auszuführen oder, wo dies nöthig ist, zu vervollständigen, um der Mehrzahl der Mißbräuche, über welche Klage geführt wird, zu steuern.

Am Ende dieser Botschaft bleibt uus noch eine lezte Frage zu prüfen , diejenige nämlich , ob die neue Aufgabe, die man der Eidgenossenschaft überbinden w i l l , für dieselbe nicht eine Quelle von mehr oder minder hohen Ausgaben zu werden droht. Das im Art. 3 in Aussicht genommene eidgenössische Bureau wird wahrscheinlich seine Kosten deken und das natürliche Organ für die Ueberwachung der andern Bureaux bilden, so daß, wenn die Eidgenossenschaft doch in Anspruch genommen würde, es sich dabei nur um eine unbedeutende Summe handeln könnte. Bei dieser Gelegenheit ist es nüzlich, daran zu erinnern, daß für die Kontrolirung von Düngstoffen und Samen eine jährliche Summe von Fr. 8000 aufs Budget gebracht worden ist. Es wäre nicht mehr als billig, daß man das, was für die Landwirtschaft geschehen ist, auch für die wichtige Industrie thue, mit der wir uns hier beschäftigen, selbst unter der Voraussezung, die wir nicht theilen, daß unsererseits etwelche Kosten für die Kontrolirung der Gold- und Silberwaaren zu tragen wären.

Indem wir Ihnen die Annahme des nachfolgenden Gesezentwurfes im Interesse einer der wichtigsten Industrien der Schweiz empfehlen , benuzen wir diesen Anlaß , Sie, Tit., unserer vollkommensten Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 28. November 1879.

Im Namen des schweizerischen Bundesrathes, Der Bundespräsident:

Hammer.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Schieß.

1009 (Entwurf)

Bimdesgesez betreffend

die Kontrolirung und Garantie des Feingehalts der Gold- und Silberwaaren.

Die B u n d e s v e r s a m m l u n g der schweizerischen Eidgenossenschaft, in Anwendung der Artikel 31, Litt, c, und 64 der Bundesverfassung ; nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrathes vom 28. November 1879, beschließt: Art. 1. Die Anfertigung und der Verkauf von Goldund Silberwaaren zu allen Feingehaltsgraden sind in der Schweiz unter Vorbehalt folgender Bestimmungen gestattet: Die Gold- und Silberwaaren (Uhren, Gold- und Bijouteriearbeiten), welche in der Schweiz angefertigt oder verkauft werden und in irgend einer Sprache, vollständig oder abgekürzt, eine der folgenden Bezeichnungen oder jede andere entsprechende Bezeichnung führen, nämlich : für das Gold:

18 Karat oder 750 Tausendtheile und darüber, 14 Karat oder 583 Tausendtheile; für das Silber: 875 Tausendtheile und darüber, 800

1010 müssen gemäß den Vorschriften des eidgenössischen Reglements mit dem eidgenössischen Kontrolstempel versehen sein, es sei denn, daß sie den als gleichwertig anerkannten amtlichen Stempel eines andern Staates tragen.

Sollte sich in der Folge das Bedürraiß herausstellen, andere Feingehaltsgrade zu kontroliren, so wird der Bundesrath zu diesem Behuf die nöthigen Bestimmungen treffen.

Gold- und Silberwaaren mit anderen als den amtlich kontrolirten Feingehaltsgraden dürfen, was ihr Mischungsverhältniß oder ihre Legirung betrifft, mit keiner andern Bezeichnung versehen werden als derjenigen ihres wirklichen Feingehalts. Wenn sie diese Bezeichnung aufweisen, so sollen sie außerdem den reglementarischen Vorschriften gemäß mit der Marke oder dem Zeichen des Fabrikanten gestempelt sein.

Bei den Proben ist eine Fehlergrenze von 3 Tausendtheilen für das Gold und 5 Tausendtheilen für das Silber gestattet, welches auch der Feingehalt der betreffenden Waare sei.

Kein Theil der Gold- und Silberwaaren darf einen niedrigeren Feingehalt haben, als derjenige ist, den der aufgedrukte Stempel oder eine andere Bezeichnung angibt. Das Reglement wird die nähern Bestimmungen hierüber und die nöthigen Ausnahmen enthalten.

Es ist verboten, auf Waaren von anderem Metall oder auf plakirten Gegenständen Bezeichnungen anzubringen, welche zum Glauben verleiten können, daß sie aus Gold oder Silber bestehen.

Art. 2. Die Organisation der Kontroiämter ist Sache der Kantone, unter Vorbehalt der folgenden Bestimmungen: Die vereideten Probirer müssen in Besiz eines eidgenössischen Diploms sein. Sie sind in Bezug auf den technischen Theil ihrer Aufgabe den Anleitungen und der Oberaufsicht der Bundesbehörde unterworfen.

1011 Die Bureaux müssen den Bundesvorschriften gemäß mit einer genügenden Anzahl von Probireru und anderen Beamten, sowie mit den zu. den Proben erforderlichen Einrichtungen und Materialien versehen sein.

Sie sind verpflichtet, die ihnen eingesandten Gold- und Silberwaaren, aus welchem Theile der Schweiz sie auch kommen, in der Reihenfolge, in der sie einlaufen, zu probiren und zu stempeln.

Die für Proben und Stempelung zu erhebenden Gebühren werden durch eidgenössisches Reglement festgesezt. Dieselben dürfen keinen fiskalischen Charakter haben.

Die Einnahmen gehören den Kantonen, beziehungsweise den Gemeinden, welche für den Unterhalt und die Lasten der Bureaux aufzukommen haben.

Die Koutrolämter sind für ihre Proben und Stempelungen, sowie für die ihnen übergebenen Gegenstände verantwortlich.

Art. 3. Am eidgenössischen Polytechnikum wird ein eidgenössisches Kontroiamt eingerichtet werden, welches speziell dazu bestimmt ist, vereidete Probirer'auszubilden, sowie, wenn es dazu aufgefordert wird, die Proben anderer Kontrolärnter zu revidiren.

Das eidgenössische Kontroiamt kann auch mit den gewöhnlichen Proben und Sternpelungen betraut werden.

Art. 4. Das schweizerische Handels- und Landwirthschaftsdeparternent übt die der Bundesbehörde im Art. 2 vorbeha.ltene Oberaufsicht aus.

Es liefert den Kontroiämtern gegen Wiedererstattung der Kosten die eidgenössischen Stempel.

Art. 5. Diejenigen, welche Gold- oder Silberwaaren mit Bezeichnung der gesezlicheu Feingehaltsgrade ohne den amtlichen Stempel angefertigt, verkauft oder feilgeboten haben, sind gehalten, den fünffachen Betrag des Stempelungstarifs zu bezahlen, wenn die amtliche Probe beweist, daß die Bezeichnung keine betrügerische ist.

1012 Diejenigen, welche Gold- oder Silberwaaren mit Bezeichnung- anderer Feingeh al tsgrti de ohne die Marke oder das Zeichen des Produzenten angefertigt, verkauft oder feilgeboten haben, sind gehalten, eine Buße von Fr. 10, überdies ein Zwanzigstel des inneren Werthes des Gegenstandes zu bezahlen, wenn die amtliche Probe beweist, daß die Bezeichnung keine betrügerische ist.

In den beulen oben genannten Fällen darf der Gesammtbetrag der Buße indessen nicht die Summe von Fr. 500 übersteigen.

Diejenigen, welche in betrügerischer Absicht mit üebertretung gegenwärtigen Gesezes Gegenstände angefertigt, verkauft oder feilgeboten haben, werden nach den Bestimmungen der kantonalen Strafgeseze und in allen Fällen mit einer Buße von Fr. 20 bis Fr. 1000 bestraft.

Als betrügerisch gilt: a. was die Gold- und Silberwaaren betrifft: 1) in Bezug auf Mischungsverhältnisse oder Legirung jede andere Bezeichnung als diejenige des wirklichen Feingehalts, dieselbe möge auf der Waare selbst angebracht, oder bei Gelegenheit des Verkaufs oder des Feilgebots geschehen sein ; 2) wenn bei einer Waare die Theile derselben von niedrigerem Feingehalt sind, als der Stempel oder eine sonstige Bezeichnung angiebt; b. was Waaren aus anderem Metall oder plakirte Gegenstände betrifft, jede Bezeichnung, welche den Glauben zu erweken sucht, daß sie aus Gold oder Silber bestehen, sei es, daß diese Bezeichnung auf den Waaren selbst angebracht oder bei Gelegenheit des Verkaufs oder des Feilgebots geschehen ist.

Art. 6. Jede Person, welche die amtlichen Stempel auch nur theilweise nachgemacht hat oder sich nachgemachter Stempel in betrügerischer Absicht bedient hat, oder in betrügerischer Absicht die amtlichen Stempel entstellt

1013 hat oder hat entstellen lassen, wird mit Gefängniß von einem Monat bis zu einem Jahre und mit einer Buße von 100 bis 1000 Franken bestraft.

Jede Person, welche wissentlich einen unerlaubten Gebrauch von den amtlichen Stempeln gemacht hat, wird mit ·Gefängniß von 2 Wochen bis zu einem Jahre und einer Buße von 50 bis 1000 Franken bestraft.

Ist der Schuldige ein Kontroibeamter, so trifft ihn außerdem die Absezung und Verlust des eidgenössischen Diploms.

Jede der Verwaltung eines Kontroiamtes zugetheilte Person, welche die im Kontroiamt abgegebenen Waaren kopirt oder kopiren läßt, wird mit einer Buße von 20 bis 200 Franken bestraft und, wenn seinerseits eine böswillige Absicht, oder grobe Fahrläßigkeit vorliegt, so erfolgt außerdem .seine Entlassung und gegebenen Falls der Verlust des Diploms.

Art. 7. Bei Rükfälligkeit kann die Strafe auf das Doppelte des im vorhergegangenen Falle ausgesprochenen Urtheils erhöht werden.

Die nichtbezahlten Bußen können in Gefängniß umgewandelt werden, und zwar im Maßstabe von 3 Franken für «inen Tag.

Das Ergebniß der Bußen und Konfiskationen geht in edi -durch den Kanton bezeichneten Kassen über.

Art. 8. Die Strafverfolgung geschieht auf Antrag der lokalen, kantonalen oder eidgenössischen Aufsichtsbehörde oder der beschädigten Partei.

Die Gerichte werden die Haussuchungen anordnen und die nöthigen vorsorglichen Verfügungen treffen. Sie können bis auf den Belauf des der beschädigten Partei zu entrichtenden vollständigen Schadenersazes und der schuldigen Bußen die Konfiskation der mit Beschlag belegten Gegenstände anordnen. Sie können ebenfalls auf Kosten der Verurtheilten die Einrükung des Urtheils in die öffentlichen Blätter veranstalten.

Bundesblatt. 31. Jahrg. Bd. III.

72

1014 In allen Fällen werden die falschen Stempel eingezogen und zerstört, und die mit betrügerischen Stempeln versehenen, Gegenstände werden zerschnitten.

Art. 9.

Gegenwärtiges Gesez tritt in Kraft den Es hebt von genanntem Tage ab die einschlägigen kantonalen Geseze und- Verordnungen auf.

Während der diesem Zeitpunkte vorangehenden vier Monate können Fabrikanten, Goldschmiede und Juweliere von den Kontroiämtern mit einem Stempel ad hoc die Waaren versehen oder auch plombiren lassen, welche zwar keine auf Betrug abgesehene Bezeichnung führen, aber auch nicht den Bestimmungen gegenwärtigen Gesezes und den Vollziehungsverordnungen entsprechen.

Sobald das Gesez in Kraft getreten ist, wird jede nicht plombirte oder nicht mit dem Stempel ad hoc bezeichnete Waare den Bestimmungen der Art. l, 5 bis 8 gemäß behandelt.

Die Gegenstände indessen, welche sich zur Zeit der Bekanntmachung dieses Gesezes im Auslande befinden, aber später nach der Schweiz zurükgeschikt werden, können zur Bezeichnung mit dem Stempel ad hoc oder zur Plombirung zugelassen werden, wenn der Beweis beigebracht wird, daß der Inhaber der betreffenden Waare verhindert war, zu rechter Zeit dem Geseze nachzukommen. Diese ausnahmsweise Erleichterung hört nach Ablauf von fünf Jahren seit Inkrafttreten des Gesezes auf.

Art. 10. Ein Beschluß des Bundesrathes wird über die Erleichterungen Verfügung treffen, welche fertigen, vom Auslande kommenden und zur Wiederausfuhr bestimmten Waaren gewährt werden können.

Art. 11. Der Bundesrath ist beauftragt, auf Grundlage der Bestimmungen des Bundesgesezes vom 17. Brachmonat 1874, betreffend die Volksabstimmung über Bundesgeseze und Bundesbeschlüsse, die Bekanntmachung dieses Gesezes zu veranstalten.

1015 (Entwurf)

(Beilage)

Keglement betreffend

Kontrolirung und Garantie des Feingehalts der Goldund Silberwaaren.

(Vom

1879.)

Der s c h w e i z e r i s c h e B u n d e s rath, in Ausführung von Art. 3 des Bundesgesezes vom . . .

. . . . betreffend Kontrolirung und Garantie des Feingehalts der Gold- und Silberwaaren, beschließt:

I. Proben und Stempel.

Art. 1. Die zur Kontrolirung der verschiedenen Feingehalte dienenden Stempel sind folgende: (Hier werden in geeigneter Vergrößerung die Zeichnungen der angenommenen Stempel eingeschaltet.)

Art. 2. Die an das Kontroiamt behufs Probirung und Kontrolirung eingesandten Erzeugnisse müssen geordnet und nach ihrem Feingehalt getrennt sein. Jeder Abtheilung ist eine vom Fabrikanten unterzeichnete Erklärung beizulegen, welche Zahl und Natur der Gegenstände, ihr Gewicht, den Feingehalt und die Nummern derselben angibt.

Juwelier- und Goldschmiedarbeiten und alle nicht numerirten Stüke müssen behufs ihrer Kontrolirung mit der Marke des Fabrikanten versehen sein.

1016 Art. 3. Die zur Kontrolirung eingesandten Gold- und Silberwaaren werden in allen ihren Theilen nach der Methode der Kupellation geprüft werden. Zur Vermeidung von Beschädigungen bei der Probe sollen sie vollständig zusammengesezt, nicht gänzlich vollendet, aber doch in so vorgeschrittener Ausführung eingereicht werden, daß bei der schließlichen Vollendung weder die aufgedrükten Stempel noch die Waaren selbst eine Veränderung oder Verschlechterung erleiden können.

Eine spezielle Vorschrift des schweizerischen Handelsund Landwirthschaftsdepartements kann diese Bestimmung mit Riiksicht auf die verschiedenen Waareugattungen weiter ausführen.

Art. 4. Sämmtliche Theile, aus denen eine Gold- oder Silberarbeit zusammengesezt ist, müssen von demselben Feingehalte sein, ohne' daß die bei ihrer Anfertigung oder Verzierung angewandte Farbe der Legirung dabei in Betracht kommt. Ausgenommen davon sind nur die außen sichtbaren Applikationen und Ornamente aus Platina und Silber.

Art. 5. Der Stempel wird auf allen wesentlichen Theilen der Arbeit angebracht, nämlich: 1) Bei den Uhrenschalen: a. auf den Gehäuseböden (les fonds); b. auf dem Staubdekel (la cuvette); c. auf dem Schalenring (la carrure); auf Wunsch des Fabrikanten kann der Stempel auch auf den Bügel (le pendant) und den Bügelring (la boucle) 'geschlagen werden.

Ist die Cuvette von anderem als das gestempelte Metall, so muß sie den Namen dieses Metalls voll und deutlich angeben.

2) Bei den Juwelier- und Goldschmiedwaaren wird der Stempel auf dem Hauptstük der Arbeit angebracht. Die Stempelung geschieht an de>- geeignetsten Stelle und namentlich an derjenigen, die stark\^enug ist, um den Stempel zu tragen.

1017 Art. 6. Die Gold- und Silberwaaren, welche äußerlich Theile von geringerem als dem in der Erklärung (Art. 2) angegebenen Feingehalt enthalten, sollen von dem vereideten Probirer in Gegenwart eines Abgeordneten der Aufsichtskommission , unbeschadet der gesezlich vorgeschriebenen Strafen, zerschnitten werden.

Art. 7. Als ausgefüllt sollen die Gold- oder Silbergeräthe erklärt werden, welche im Innern Theile von geringerem Feingehalt, ein Uebermaß von Schlagloth, Metalle, Legirungen oder Substanzen enthalten, die den Bestandteilen des eigentlichen Geräthes fremd sind.

Gegenstände, die als ausgefüllt gelten, werden vom vereideten Probirer in Gegenwart eines Abgeordneten der Aufsichtskommissiou, unbeschadet der gesezlich vorgeschriebenen Strafen, zerschnitten.

Art. 8. Wenn die der Stempelung unterworfenen Geräthe für ein Land bestimmt sind, welches vollen oder ein wenig höheren Feingehalt erheischt, als derjenige, den das Bundesgesez vorsieht, so ist es Sache des Fabrikanten, deßwegen die nöthigen Vorsichtsmaßregeln zu treffen. Das schweizerische Kontroiamt übernimmt keine Verantwortlichkeit, wenn etwa nach Anbringung des eidgenössischen Stempels, unter Zulassung der gesezlichen Fehlergrenze, die betreffenden Waaren darauf doch zerschnitten oder von einem ausländischen Kontroiamt zurükgewiesen werden.

Art. 9. Der Tarif für die Stempelung ist wie folgt festgesezt: 1) für Gold Fr. 15 das Kilogramm, 2) für Silber Fr. 5 ,, ,, Außerdem wird für die Probe bezahlt: 1) Gold, Fr. 1. 50 bis zur Höhe von \ Kilogramm und Fr. l für je 500 Gramm darüber; 2) Silber, 80 Centimes das Kilogramm.

1018 Diese Taxen müssen streng eingehalten^werden. Der Bundesrath ist indessen befugt, zu Gunsten der Kontrolämter, die ihre Jahreskosten nicht deken, eine geringe Erhöhung eintreten zu lassen.

Die Zurüksendung der Waaren soll ohne' Verpakungskosten stattfinden.

Art. 10. Außer dem offiziellen Stempel drükt jedes Kontroiamt ein ihm vom schweizerischen Handels- und^Landwirthschaftsdepartement geliefertes Zeichen auf, welches Berufung gegen die Entscheidung des betreffenden Kontrolamts ermöglicht.

II. Organisation der Kontroiämter.

Art. 11. Die Kantone übernehmen Alles, was die Verwaltung der Kontroiämter betrifft. In der Regel gibt es für jedes Kontroiamt eine Aufsichtsbehörde.

Die Kantone haben dafür zu sorgen, daß für die Kontrolämter passende Lokalitäten angewiesen werden, so daß die Beamten bequem darin arbeiten können und das Publikum keinen Zutritt zu den Laboratorien und den Bureaux der Probirer hat.

Das schweizerische Handels- und Landwirthschaftsdepartement ertheilt den Kantonen die nöthigen Anweisungen in Bezug auf die Gesammteinrichtung, das Material, die Register und Formulare, Apparate, Werkzeug, Chemikalien u. s. w., mit denen die Kontroiämter versehen sein müssen.

Art. 12. Die Ermächtigung, ein Kontrolamt zu eröffnen, müssen die Kantone jeder Gemeinde oder jeder Vereinigung von Gemeinden gewähren, die den Beweis bei bringt, daß sie im Falle ist, streng dem einschlägigen Gesez und darauf bezüglichen Verordnungen nachzukommen und sich zur Dekung eines eventuellen Ausfalls verpflichtet, welcher auf einem Kontrolamt sich ergeben könnte.

1019 Die eidgenössische Behörde kann sich der Eröffnung eines Kontrolamtes widersezen oder dasselbe schließen, wenn es nicht unter Bedingungen organisirt ist, welche die erforderlichen und genügenden Bürgschaften bieten.

Art. 13. Die Kantone oder Gemeinden, welche die Kosten der Kontroiämter tragen müssen, entscheiden über die Verwendung der aus den Kontroiämtern gewonnenen Einnahmeüberschüsse, indem er jedoch diese Ueberschüsse in erster Linie zur Verbesserung der Büreaueinrichtungen wie zur Erhöhung der Besoldungen der Beamten und zur Gründung eines Reservefonds benuzt.

Art. 14. Die Kontroiämter übersenden vierteljährlich dem schweizerischen Handels- und Landwirthschaftsdepartement einen Bericht über die Anzahl der kontrolirten Gegenstände, die Einnahmen und Ausgaben des Bureau, sowie im Allgemeinen über die Art und Weise, in welcher das Gesez in dem gewerblichen Bezirk ausgeführt wird, für den das Kontroiamt hauptsächlich arbeitet.

Art. 15. Das schweizerische Handels- und Landwirthschaftsdepartement ist berechtigt, zur Inspizirung der Kontrolämter schreiten zu lassen, sobald es dies für nothwendig erachtet.

111. Vereidete Probirer.

Art. 16. Der Titel eines vereideten Probirers gehört ausschließlich denen, welche darüber ein eidgenössisches Diplom besizen.

Das eidgenössische Diplom wird auf Grund von Prüfungen ertheilt. Ausnahmsweise kann es auch nach eingeholtem Gutachten der Prüfungskommission auf Grund von Zeugnissen oder anerkannten Leistungen ertheilt werden.

Das schweizerische Handels- und Landwirthschaftsdepartement ernennt diese Kommission und sezt die Ordnung der Prüfungen fest.

1020 Die Prüfungen haben nur den Bedürfnissen der Kontrolämter zu entsprechen, und die Kosten derselben werden auch von den betheiligten Aemtern getragen.

Die Diplome werden im Namen des Departements ertheilt.

Besondere Ermächtigungen zu zeitweiliger Besorgung des Amtes eines Probirers ohne vorherige Erlangung desDiploms können nur vom schweizerischen Handels- und Landwirthschaftsdepartement und unter ganz ausnahmsweisen Umständen gewährt werden.

Art. 17. Die Kontroiämter müssen mit einer hinreichenden Anzahl von Probirern und anderen Beamten versehen sein, so daß der Dienst angemessen besorgt wird und niemals eine Unterbrechung zu erleiden hat.

Die Ernennung der Probirer und der anderen Angestellten hat nach den vom Kauton aufgestellten Regeln zu geschehen.

Der Kanton erläßt auch Bestimmungen über die Besoldungsweise der Probirer und Angestellten, über die von ihnen zu fordernde Bürgschaft, sowie über die ihnen zufallenden Verpflichtungen betreffs Dauer und Vertheilung der Arbeit.

Die Probirer und Kontrolangestellten dürfen sich in keinem Falle mit dem Handel von edlen Metallen oder mit demjenigen von Gold- und Silberwaaren befassen.

Das schweizerische Handels- und Landwirthschaftsdepartement kann die zeitweilige Einstellung oder Absezung eines Probirers oder Angestellten verlangen, der seinen Posten nicht regelmäßig versieht. Bei schwerer Vernachläßigung von Seiten eines vereideten Probirers ist das Departement berechtigt, ihm, unter Vorbehalt des Rekurses an den Bundesrath, sein Diplom zu entziehen.

Art. 18. Es ist den Probirern und Angestellten, sowie den Mitgliedern der Aufsichtsbehörde ausdrüklich untersagt^ von den ins Bureau behufs Feingehaltsprobe gesandten

1021 Waaren Abdrüke, wörtliche oder geschriebene Schilderungen zu nehmen oder zu geben, oder den Typus, Zeichnungen oder Verzierungen derselben zu kopiren oder kopiren zu lassen.

IV. Verschiedene Bestimmungen.

Art. 19. Jedes Kontroiamt ist im Besiz von zwei Metallplatten, welche in fortlaufender Nummer den Abdruk der Marken oder Unterscheidungszeichen der Fabrikanten von Gold- und Silberwaaren aufzunehmen .bestimmt sind (Art. l, Absaz 4 des Gesezes). Das schweizerische Handels- und Landwirthschaftsdepartement wird die nöthigen Verfügungen über Abgabe dieser Marken erlassen.

Jeder Fabrikant, der zur Abgabe seiner Marke gehalten ist, hat zu gleicher Zeit seinen Wohnort und sein Gewerbe anzugeben. Diese Erklärung wird in ein Register ad hoc eingetragen, welches auch die Angabe der Nummer des Abdruks enthält.

Art. 20. Sobald ein Kontroiamt eine Uebertretung des Gesezes gewahr wird, hat es dieselbe sofort der Ortskommission anzuzeigen, die darüber an die kantonale Justizbehörde berichtet, damit dem Geseze Genüge geschehe.

Art. 21. Die sogenannten Handelsproben (von Barren u. s. w.) können in einem Kontroiamt besorgt werden, doch darf daraus kein Zeitverlust für die Proben und die Stempelung der Gold- und Silberwaaren entstehen.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend den Entwurf eines Bundesgesezes über die Kontrolirung der Gold- und Silberwaaren. (Vom 28.

November 1879).

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1879

Année Anno Band

3

Volume Volume Heft

54

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

06.12.1879

Date Data Seite

986-1021

Page Pagina Ref. No

10 010 516

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