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Schweizerisches Bundesblatt.

3l. Jahrgang. II.

Nr. 25.

24. Mai 1879.

J a h r e s a b o n n e m e n t (portofrei in der ganzen Schweiz): 4 Franken, Einrükungsgebühr per Zeile 15 Kp. -- Inserate sind franko an die Expedition einzusenden.

Druk und Expedition der Stämpflischen Buchdrukerei in Bern.

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Kreisschreiben des

eidg. Justiz- und Polizeidepartements an die Regierungen sämmtlicher Kantone, betreffend die Transportbefehle für Individuen, welche aus der Schweiz an auswärtige Staaten auszuliefern sind.

(Vom 20. Mai 1879.)

Tit. !

Es sind schon wiederholt Reklamationen erhoben worden wegen des mangelhaften Inhaltes der T r a n s p o r t b e f e h l e für I n d i viduen, die aus der Schweiz an auswärtige Staaten a u s g e l i e f e r t w e r d e n , so daß Zweifel entstanden sind, ob es sich um eine förmliche Auslieferung handle, oder bloß um eine polizeiliche Abschiebung, oder auch darüber, welche Behörde die Auslieferung verlangt und welche dieselbe bewilligt habe, und wegen welchen Verbrechens etc.

Wir sehen uns daher veranlaßt, Sie zu ersuchen, allen Behörden die sorgfältige Redaktion solcher Transportbefehle im Sinne folgender Instruktionen angelegentlich zu empfehlen.

Diese Transportbefehle müssen enthalten: 1) den Namen, die Heimat, das Alter, den Beruf etc. des betreffenden Individuums ; 2) die genaue Bezeichnung derjenigen Behörde, an welche dasselbe ausgeliefert werden soll; Bundesblatt. 31. Jahrg. Bd. II.

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3) die Benennung der Regierung, welche die Auslieferung verlangt und derjenigen schweizerischen Behörde, welche sie bewilligt hat; 4) die Bezeichnung des Verbrechens oder des Vergehens, dessen das betreffende Individuum angeklagt oder durch Urtheil bereits schuldig erklärt ist ; 5) die Bezeichnung des Verhaftbefehls, des Stekbriefes oder Urtheils, worauf gestüzt die Auslieferung nachgesucht und1 bewilligt wurde, w e l c h e A k t e n s t ü k e z u g l e i c h dem Transportbefehle beizufügen sind; 6) die Unterschrift und das Siegel der den Transport anordnenden Behörde.

*

Mit Bezug auf Ziffer 5 bemerken wir, daß die Verhaftsbefehlo, Urtheile etc., welche von einer auswärtigen Regierung zur Begründung des Auslieferungsbegehrens dem Bundesrathe zugestellt worden sind, immer auch der Regierung desjenigen Kantons, in welchem das verfolgte Individuum sich befindet, mitgetheilt werden, behufs der Kenntnißgabe an dieses Individuum und der Entgegennahme seiner Erklärung im Sinne unseres Kreisschreibens vom 26. Januar 1875 (Bundesblatt 1875, Bd. I, S. 122). Sie müssen dann aber mit dem in Ziffer VIE dieses leztern Kreisschreibens vorgeschriebenen Berichte wieder zurükgesendet werden, damit sie dem Bundesrathe, oder eventuell dem Bundesgerichte, bei dem Entscheide über die Auslieferung vorliegen. Mit diesem Entscheide werden sie abermals der Kantonsregierung zugestellt, um im Sinne der gegenwärtigen Instruktion dem Transportbefehle behufs Vollziehung der Auslieferung beigefügt zu werden.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r nu&, den 20. Mai 1879.

Der Vorsteher des Schweiz. J u s t i z - und Polizeidepartements:.

Anderwert.

·oBioaao«

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Kreisschreiben des

schweizerischen Militärdepartements an die Justizoffiziere.

(Vom 16. Mai 1879.)

Tit.!

Der Artikel 379 des Bundesgesezes über die Strafrechtspflege der eidgenössischen Truppen vom 27. August 1851 (Amtl. Samml.

Bd. II, S. 606) enthält im zweiten Lemma die Vorschrift: ,, Jeden Wahrspruch fassen die Geschwornen mit Stimmen,,mehrheit. Bei der Anwesenheit von zwölf Geschwornen ist eine ,,Stimmenmehrheit von zehn, und wenn weniger als zwölf Ge,,schworne anwesend sind, eine Mehrheit von je zwei weniger als ,,sämmtliche Anwesende erforderlich.tt" Eine wörtlich gleichlautende Vorschrift findet sich auch im Art. 108 des Bundesgesezes über die Bundesstrafrechtspflege vom 27. August 1851 (Amtl. Sammlung Bd. II, S. 743).

Bei Anlaß der Schwurgerichtsverhandlung gegen Paul Brousse ist Zweifel entstanden, ob Angesichts dieser Gesezesvorschrift d r e i Stimmen eine Freisprechung bewirken könnten. Eine nähere Untersuchung der Frage hat indessen diese Zweifel völlig gehoben, indem es sich herausgestellt hat, daß nicht nur nach dem Wortlaut: ,, J e d en Wahrspruch fassen die Geschwornen mit Stimmenmehrheit", sondern auch nach Sinn und Geist des Gesezes nicht bloß das S c h u l d i g , sondern auch das N i c h t s c h u l d i g mit einer Stimmenmehrheit in dem angegebenen Zahlenverhältniß gefaßt werden muß.

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Kreisschreiben des eidg. Justiz- und Polizeidepartements an die Regierungen sämmtlicher Kantone, betreffend die Transportbefehle für Individuen, welche aus der Schweiz an auswärtige Staaten auszuliefern sind. (Vom 20. Mai 1879.)

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Jahr

1879

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Volume Volume Heft

25

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

24.05.1879

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691-693

Page Pagina Ref. No

10 010 332

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