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Schweizerisches Bundesblatt.

3l. Jahrgang. I.

Nr. 14.

29. März 1879.

J a h r e s a b o n n e m e n t (portofrei in der ganzen Schweiz): 4 Franken.

Einrükungsgebühr per Zeile 15 Rp. -- Inserate sind franko an die Expedition einzusenden Drnk und Expedition der Stämpflischen Buchdrukerei in Bern.

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[Bericht der

Mehrheit der ständeräthlichen Kommission zur Vorberathung der Revision des Artikels 65 der Bundesverfassung.

(Vom 18. März 1879.)

Herr Präsident!

Herren Ständeräthe!

Während der ordentlichen Wintersession der Bundesversammlung vom Dezember 1878 bahnte sich in mehreren Kantonen der Schweiz, vorab in St. Gallen, Schaffhausen, Bern, Freiburg und der Waadt eine Bewegung an, welche sich zum Ziele setzte, die Aufhebung von Artikel 65 der bestehenden Bundesverfassung zu erwirken, welcher Artikel lautet : ,,Die Todesstrafe ist abgeschafft.

,,Die Bestimmungen des Militärstrafgesezes bleiben jedoch "in Kriegszeiten vorbehalten.

,,Körperliche Strafen sind untersagt."

Diese Bewegung war noch während gedachter Session durch eine Anzahl von Eingaben und durch einen in Ihrem Rathe gestellten Anzug des Abgeordneten von Schaffhausen, Freuler, zum Gegenstand der Berathung der Bundesversammlung geworden.

Dieser Anzug lautet in seiner dem Rathe vorgetragenen Schlußredaktion : Bundesblatt. 31. Jahrg. Bd. I.

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Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft wolle beschließen: 1) Artikel 65 der Bundesverfassung ist aufgehoben.

2) An seine Stelle tritt folgender Artikel : Auf politische Verbrechen und Vergehen darf im Gebiete der Eidgenossenschaft die Todesstrafe nicht verhängt werden.

3) Dieser Beschluß ist als Aenderung des Grundgesetzes und als neues Gesetz zu promulgiren.

4) Der Bundesrath ist mit Vollzug dieses letztern Beschlusses beauftragt.

Dieser Anzug wurde vom Ständerathe in seiner Sitzung vom 17. Dezember 1878 mit Einmuth erheblich erklärt und durch Beschluß vom 18. Dezember 1878 mit 30 gegen 13 Stimmen an den Bundesrath zur Begutachtung gewiesen sammt den in gleichem Sinne eingelangten und etwa nachträglieh noch einkommenden Volksbegehren. Der Nationalrath trat mit Beschluß vom 18. Dezember 1878 diesem Beschlüsse des Ständerathes bei mit dem weitern, daß die Berathung dieser Revisionsfrage in einer auf den Monat März anzuberaumenden Fortsetzung der Wintersitzung 1878 stattzufinden habe, welchem Beschlüsse hinwiederum auch der Ständerath am 19. Dezember 1878 beitrat. Zur Vorberathung der bundesräthlichen Botschaft wurde eine Sieonerkommission des Ständerathes bestellt aus den Herren Ständeräthen N a g e l , K o p p. C o r n a z , F r e u l e r, K e l l e r , B i r m a n n und E v ê q u o z . Diese Kommission ist in ihren Sitzungen vom 27., 28. Februar und 1., 14. und 15. März d. J. ihrer Aufgabe nachgekommen, konnte sich aber leider nicht auf einen einheitlichen Antrag verständigen, sondern theilte sich in zwei einander gerade entgegengesetzte Anschauungen und Anträge.

Die Minderheit nämlich, bestehend aus den Herren C o r n a z , K e l l e r und B i r m a n n pflichtet in allen Stücken der bundesräthlichen Botschaft und ihrem Schlußantrage bei, der folgendermaßen lautet : ,,Es sei auf die Motion des Herrn Ständerath Freuler und auf die Petitionen von Schweizerbürgern, betreffend Revision der Bundesverfassung und die Wiedereinführung der Todesstrafe, nicht einzutreten ."· Die Mehrheit Ihrer Kommission, bestehend aus den Herren N a g e l , K o p p , E v ê q u o z und dem gefertigten Berichterstatter, beantragt Ihnen dagegen, Sie wollen beschließen : 1) Artikel 65 der Bundesverfassung ist aufgehoben.

2) An seine Stelle tritt der frühere Artikel 54 der Bundesverfassung von 1848, lautend: ,,Wegen politischen Verbrechen darf kein Todesurtheü gefällt werden."-

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3) Dieser Revisionsartikel ist der Volksabstimmung zu unterbreiten.

4) Der Bundesrath ist mit der Vollziehung dieses letztern Beschlusses beauftragt.

Diesen Antrag erlaubt sich Ihre Kommissions - Mehrheit mit Folgendem zu begründen :

r.

Die Frage der Revision des Artikels 65 der Bundesverfassung ist zunächst eine p o l i t i s c h e , eine V e r f a ss u n g s f r a g e.

Als solche muß sie zuerst ins Auge gefaßt werden, ganz abgesehen davon, wie man vom kriminalistischen, vom Standpunkte des St r a f r e c h tes aus zur Todes- und zur Prügelstrafe sich stelle; ob man diese als erlaubte Strafarten dem Strafgesetze einverleibt oder sie aus demselben ausgemerzt wissen möchte. Hiebei fällt aber sofort auf, daß diese Spaltung der Frage etwas Unnatürliches ist, und daß es an sich gegeben und wohl einzig richtig wäre, die Feststellung von Strafarten, gleichgültig, welche diese sein mögen, der S t r a f g e s e t z g e b u n g anheimzustellen, nicht aber einen so kleinen, an sich untergeordneten Theil dem der Buadesgesetzgebung gar nicht unterstellten Strafrechte zu entziehen und ihn künstlich zum p o l i t i s c h e n R e c h t e zu stempeln. Daß dies geschehen , ist offenbar ein Fehler der Bundesverfassung von 1874 , da sie damit über ihre einzige Aufgabe, die politische Organisation der Eidgenossenschaft festzustellen , hinausgegangen ist.

Es wurde dies auch schon 1872 von einem großen Theile der konstituirenden Bundesversammlung bei den Verfassungsdebatten in scharfer Weise betont und zwar gerade im Ständerathe auch von solchen Mitgliedern, welche ausgesprochene Gegner der fraglichen Strafarten waren, so von den Herren Blumer, Vigier, Hoffmann*; die bezügliche, vom Nationalrath mit 73 gegen 39 Stimmen angeregte Verfassungsbestimmung wurde auch im Ständerathe nur mit 21 gegen 20 Stimmen adoptirt. Mit der am 19. April 1874 erfolgten Annahme der Verfassung durch die Stände und das Volk ist nun aber jene Bestimmung als Artikel 65 bestehendes Verfassungsgesetz geworden ; ja in Ihrer Kommission wurde von einem Mitgliede geltend gemacht, daß gerade diese Bestimmung, das Verbot der Todes- und Prügelstrafe, mil ein wesentlicher Beweggrund gewesen sei, der einen Theil der Bevölkerung zu der Annahme der *

Siehe Eeferate des ,,Bund", 1872, III, Seite 48/87.

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gegenwärtigen Verfassung bestimmt hätte. Gewiß läßt sich dies als eine Möglichkeit nicht bestreiten; aber sehr unrecht würde man doch thun, wollte man die 340,000 Ja gegen 198,000 Nein vom 19. April 1874 zu einem wesentlichen Theile gerade aus dieser Verfassungsbestimmung erklären. Wir sind nämlich nicht genöthigt, Ober diesen Punkt in allgemeinen vagen Vermuthungen uns zu ergehen. Das Schweizervolk ist wohl das einzige Volk der Welt, welches über diese Frage der Todes- und der Prügelstrafe als solche schon zu besonderer Volksabstimmung berufen worden ist, und wir besitzen also ein besonderes Volksverdikt. Im Jahre 1866 nämlich wurden von den Räthen an das Schweizervolk eine Reihe von Verfassungsfragen gestellt, ob es dieselben in diesem oder jenem Sinne gelöst wissen wolle auf dem Wege der Partialrevision. Der siebente ihm unterbreitete Revisionspunkt lautete: ,,Der Bundesgesetzgebung bleibt es anheimgestellt, einzelne Strafarten als unzulässig zu erklären." Es war schon damals außer Zweifel gestellt, daß unter diesen zu verbietenden Strafarten die Todesstrafe und die Prügelstrafe zu verstehen seien. Was gab das Schweizervolk zur Antwort? 108,304 Ja und 208,617 N e i n ! * -- eine Antwort, welche an· Deutlichkeit jedenfalls nichts zu wünschen übrig läßt und" welche mit, Zahlen unbestreitbar b e w e i s t , daß die große M e h r h e i t des S c h w e i z e r v olkes am 3 1 . J a n u a r 1874 d i e g e g e n w ä r t i g e B u n d e s v e r fassung a n g e n o m m e n hat, nicht wegen, sondern t r o t z des Art. 65 d e r s e l b e n .

Die Aufnahme- dieses Artikels war also nicht blos ein Mißgriff an sich, sondern sie war dies doppelt, weil damit dem Volke, das in seiner Mehrheit der Revision um anderer Ideen willen zugethan war, von einer knappen Mehrheit der Räthe eine Bestimmung eingeschoben wurde, gegen die es des deutlichsten sich ausgesprochen hatte, ein Vorgehen, das ein Fehler wäre jedes Grundgesetzes, vorab aber ein solcher ist desjenigen einer Republik. Solch' schwere Mißgriffe rächen sich bei Zeiten. Noch besteht die Verfassung kaum fünf Jahre zu Recht, so bahnt sich mitten aus dem Volke eine Revisionsbewegung an gegen dieselbe und zwar eben gegen diesen künstlich aufgezwungenen Art. 65. Trotzdem, daß ein Anzug in den Räthen der Bewegung gerecht zu werden und ihr zuvorzukommen sucht,
trotzdem der größere Theil der schweizerischen Presse wie aus einem Hörn zum Rückzuge bläst, trotzdem Politiker, Geistliche, Professoren mit Vorträgen und Broschüren , mit allen Mitteln und unter Anrufung aller Schreckgespenster des Mittelalters und der Barbarei dieselbe zu beschwichtigen und nach Kräften zu * Volksabstimmung vom 14. Januar 1866.

Bundesblatt 1866.

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,,bremsen"- suchen, (rotzdem gegenüber diesem Treiben der Abolitionisten die Gegner des Art. 65 sich in tiefes Stillschweigen verhüllen und Jenen freies Feld lassen, -- trotz alledem wächst die Bewegung in aller Stille immer mächtiger an; aus den wenigen tausend Unterschriften , welche zur Zeit der Dezembersession vorlagen, sind heute schon dreißigtausend geworden Der erste Blick in dieselben zeigt, daß wir es in diesem Falle durchaus mit keiner von irgend einer politischen Partei unseres Vaterlandes ausgehenden und geschürten Bewegung zu thun haben, sondern mit einer aus allen Volksschichten und politischen Parteien herausgewachsenen, mit einer ganz urchigen, ächten , reellen , vaterländischen Volksbewegung.

Schon die Herkunft der Zuschriften beweist dies.* Niemand wird glauben, daß außer diesen Petenten keine Gesinnungsgenossen derselben mehr in diesen Kantonen sich finden und noch weniger, daß in allen den nicht repräsentirten Kantonen keine Unterzeichner, keine Unterschriften sich aufbringen ließen, wenn dies gesucht oder gar eine förmliche Bewegung hiefür organisirt würde. Ja kaum wird ein auf die reellen Verhältnisse fußender Politiker einen Augenblick daran zweifeln können, daß, wenn das Letztere geschähe, in jedem Falle weitere zwanzigtausend Unterschriften, oder soviel als nach Abzug der nicht gehörig ausgewiesenen zur Kompletirung von fünfzigtausend noch nöthig wären, sich unschwer finden würden.

Wie soll nun die schweizerische Bundesversammlung diesen Begehren, diesem Anzüge, dieser ganzen Bewegung gegenüber sich stellen, was thun? Der Bundesrath und die Minderheit Ihrer Kommission, welche Ihnen besonderen Bericht erstatten wird, antwortet: ,,Abweisen"-. Eine Antwort, die wenigstens an Einfachheit nichts zu wünschen übrig läßt und der deßhalb auch viele dem Artikel 65 der Bundesverfassung sonst abholde Politiker werden zustimmen können, sofern es gelingt, sie zu überzeugen, daß mit derselben jede Revisionsbewegung wirklich für lange Zeit ab- und zur Ruhe gewiesen sein wird.

Es begründet nämlich der Bundesrath und die Kommissionsminderheit ihren Antrag mit einem Motive, dessen Richtigkeit im Allgemeinen die Kommissionsmehrheit völlig anerkennt, ja das auch sie zu einem wesentlichen Theile leitet, aber freilich zum entgegengesetzten Schlüsse. E s i s t d i e ß d e r g e w i ß ü b e r
h a u p t u n b e s t r i t t e n e Satz, d a ß a m G r u n d g e s e t z e möglichst wenig gerüttelt und bevor nur dessen * Leider hat die bundesräthliche Botschaft nicht zusammengestellt, aus welchen Kantonen und wie viel Unterschriften ans jedem eingegangen sind.

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A u s b a u m ö g l i c h w a r , n i c h t es selber, das Fundament, kaum gelegt, wieder angegriffen werden sollte.

Wie gesagt, die Kornmissionsmehrheit theilt völlig diese Anschauung und ihr gegenüber war und ist es deßhalb nicht nöthig, sie weitläufig zu begründen; sie unterstützt alle Raisonnements, welche in dieser Beziehung vorgetragen worden sind ; es ist also hierüber die ganze Kommission mit dem Bundesrathe durchaus einig. Allein der Entscheid über die Frage, ob und wann und wie weit eine Revision der Verfassung einzutreten habe, liegt nach Art. 120 der letztern nicht allein und nicht in letzter Linie bei den Rätlien, sondern beim Volke selber. Wenn, wie wir gesehen haben, aus dem Volke selber eine Revision der Verfassung sich anbahnt, wenn sie durch Begehren, Petitionen, Anzüge Gegenstand der Rathsbehandlung wird, so liegt die Frage nicht mehr so : Ist eine Revision angezeigt? sondern so: Ist es angezeigt, der schon v o r h a n d e n e n Revisionsbewegung entgegenzutreten oder ihr Hand zu bieten ? Die Beantwortung dieser Frage kann aber von einem praktischen Politiker nicht bloß davon abhängig gemacht werden, ob nach jenem obigen theoretischen Fundamentalsatze oder aus andern Gründen die begehrte Revision ihm genehm oder nicht genehm, zeitig oder unzeitig erscheine, vielmehr wird er sie abhängen lassen von der Beantwortung der weiteren Frage: welche möglichen, welche wahrscheinlichen Folgen wird ein Ablehnen, welche ein Entgegenkommen von Seite der Räthe haben? Denn keineswegs ist ja mit der Ablehnung der Revision von Seite der Räthe diese selbst abgelehnt und abgethan. Ob das Letztere der Fall sein wird oder nicht, hängt erstlich davon ab, ob für die Revision die nöthige Zahl von fünfzigtausend gültigen Unterschriften sich finden und zuletzt davon, ob die Mehrheit der stimmberechtigten Schweizerbürger dem Begehren der Revisionisten zugethan sei oder nicht. So lange eine Abstimmung dieß nicht erhärtet hat, muß die Kombination, die Vermuthung Platz greifen. Auf diesen Boden war auch im konkreten Falle Ihre Kommission angewiesen. Die Mehrheit derselben nun glaubt aus den oben ausgeführten Erwägungen und Zahlen wenigstens als sicher annehmen zu dürfen: das Zustandekommen von fünfzigtausend gültigen Unterschriften, welche die Beseitigung des Artikels 65 der Bundesverfassung im Sinne des
Artikels 120 derselben verlangen werden, gleichgültig wie viele man von den bis heute eingegangenen als solche anerkenne oder nicht.

Es sind nämlich von der, bundesräthlichen Botschaft* und den einzelnen Voten des Rathes, abgesehen von einer Anzahl nicht *

Freilich sehr im Allgemeinen.

559 gehörig beglaubigter Unterschriften, diejenigen, welche gegenwärtig mit Eingaben von der Bundesversammlung die Aufhebung des Artikels 65 verlangen, ausgeschieden worden in Petenten und Initianten und es ist bemerkt worden, daß nur die letztern Berücksichtigung im Sinne des Artikels 120 der Bundesverfassung finden könnten. Wirklich machten auch einige Eingaben, z. B. die von Lichtensteig, · selbst diesen Unterschied und bezeichnen sich dort die Subskribenten ausdrücklich als Petenten im Sinne von Artikel 57 der Bundesverfassung und nicht als Initianten irn Sinne von Artikel 120 derselben, während andere ausdrücklich die Aufhebung des Artikels 65 ,,verlangen"1 und nicht ,,bitten"', dritte in ihren Ausdrücken in der Mitte bleiben.

Es sagen nämlich : Die Petenten aus dem Toggenburg: ,,In voller Würdigung dieses berechtigten Wunsches hat die letzten Sonntag den 1. dieß, Nachmittags, in Dietfurt getagte Versammlung von Delegirten aus den Gemeinden des Toggenburgs den Beschluss gefaßt: ,,Es solle im Sinne von Artikel 57 der Bundesverfassung durch das Mittel der St. Gallischen Abgeordneten eine Petition an die Bundesversammlung gerichtet werden behufs Wiedereinführung der Todesstrafe und der körperlichen Züchtigung.tt Dagegen sagen: DiePetentenvonHerisau: ,,Die unterzeichneten stimmfähigen Schweizerbürger der herwärtigen Gemeinde ersuchen hiemit die hohe Bundesversammlung, die Streichung des § 65 der Bundesverfassung betreffend Todes- und Prügelstrafe der Volksabstimmung zu unterbreiten."· D i e P e t e n t e n v o n St. G a l l e n : ,,Die unterzeichneten stimmberechtigten Schweizerbürger der politischen Gemeinde St. Gallen verlangen in Gemäßheit von Artikel 120 der Bundesverfassung die Aufhebung des Artikels 65 der Bundesverfassung, wornach die Todesstrafe abgeschafft und körperliche Strafen untersagt sind.a Die Petenten von Tablât und Goßau: ,,Angesichts der traurigen Thatsache etc. etc. -- wurde folgender Beschluß gefaßt : an die hohe Bundesversammlung die Petition zu richten, es möge dieselbe noch während der

560 gegenwärtigen Session in Anwendung von Artikel 118 und 119 der Bundesverfassung 'den Art. 65 derselben in dem Sinne einer Revision unterwerfen, daß derselbe etwa folgenden Wortlaut erhält : Ein Bundesgesetz wird feststellen, unter welchen Bedingungen die Todesstrafe und andere körperliche Strafen angewendet werden dürfen."

Die Petenten aus dem Kanton Zürich: ,,Wir ersuchen Sie, die Bundesverfassung in der Weise in Revision zu ziehen, daß der Artikel 65 gestrichen wird, und benützen diesen Anlaß etc. etc."

Die Petenten aus dem K a n t o n Schaffhausen: ,,In Anbetracht etc. etc. verlangen die Unterzeichneten: die Prügel- und Todesstrafe wird in der schweizerischen Eidgenossenschaft wieder eingeführt."

Die Petenten aus dem Kanton Freiburg: ,,Aus diesen Beweggründen verlangen wir Schweizerbürger, daß die hohe eidgenössische Bundesversammlung, kraft der Befugniß, welche ihr der Artikel 119 der Bundesverfassung gibt, den Artikel 65 der gegenwärtigen Verfassung streiche und durch den Artikel 54 der Bundesverfassung vom Jahr 1848 ersetze, ferner, daß dieser Beschluß in Gemäßheit des Artikels 121 der Verfassung dem Volke und den Kantonen zur Annahme unterbreitet werde."

Die P e t e n t e n von Saanen: ,,Von dieser Erwägung geleitet und im Hinblick auf Artikel 120 der Bundesverfassung verlangen wir unterschriebenen Schweizerbürger, daß man das Schweizervolk anfrage, sich über die Revision des Artikels 65 der Bundesverfassung auszusprechen."

Die Petenten aus dem Kanton Waadt: ,,Nous soussignés, citoyens suisses, demandons que le peuple suisse soit appelé à se prononcer sur la révision de l'article 65 de la Constitution fédérale.

Abgesehen nun davon, daß ein Unterschied zwischen Petent und Initiant oft sehr schwer herauszufinden sein wird, abgesehen davon, daß bei einer solch' subtilen Unterscheidung unter Umständen der Bürger für Anstand und Höflichkeit mit Entzug eines ihm verfassungsmäßig zugesicherten Rechtes bestraft würde, so kennt die

561 Verfassung selbst in ihrem Artikel 120 diesen unterschied nicht und können wohl die Petenten, selbst wenn sie sich selbst so bezeichnen, nicht als solche im Sinne von Artikel 57 der Bundesverfassung anerkannt, sondern muß ihr Ansinnen als Initiativbegehren aufgefasst werden, da eine Petition, wie sie der Artikel 57 voraussieht, offenbar die Bitte um eine persönliche Vergünstigung an den Petenten ist, nicht aber unter jener Flagge jedem Schweizerbürger ein Vorschlagsrecht in den Räthen zugesichert sein will.

(Vergi. Art. 93 der Bundesverfassung.) Höchstens könnte man vielleicht von ganz streng juristischem Standpunkte aus, wie die bundesräthliche Botschaft dies thut, sagen, daß die Eingaben Solcher, die sich ausdrücklich als Petenten betrachtet wissen wollen, gar nicht zu berücksichtigen seien. Es ist jedoch unschwer einzusehen, wie rasch und leicht dann aus den Petenten Initianten werden würden.

Solche formale Subtilitäten mögen wohl mitunter den Richter zieren, nicht aber eine politische Körperschaft, ein Parlament.

Es ist also wieder darauf zurückzukommen, daß nach Ansicht der Mehrheit Ihrer Kommission die Einbringung von fünfzigtausend im Sinne des § 120 der Bundesverfassung gültigen Unterschriften bei Revision des Artikel 65 der Verfassung im Falle der Ablehnung der Petitionen und Motionen als eine sicher eintretende Thalsache vorausgesehen werden durfte und m u ß t e . Was dann ? Darüber sagt der wiederholt angerufene Artikel 120 der Verfassung: ,,Wenn eine Abtheilung der Bundesversammlung die ,,Revision beschließt und die andere nicht zustimmt, oder ,,wenn fünfzigtausend stimmberechtiglie Schweizerbürger die ,,Revision der Bundesverfassung;Overlangen, so muß im einen, " o ' ,,wie im andern Falle die Frage, ob eine Revision stattfinden ,,soll oder nicht, dem schweizerischen Volke zur Abstimmung ,,vorgelegt werden.

,,Sofern in einem dieser Fälle die Mehrheit der stimmenden ,,Schweizerbürger über die Frage sich bejahend ausspricht, ,,so sind beide Räthe neu zu wählen, um die Revision zur ,,Hand zu nehmen."

Dieß ist die einzige gesetzliche Bestimmung, welche Auskunft giebt, wie eine Verfassungsrevision legal eingeleitet werden müsse.

Daneben bestimmen die Artikel 118 und 119, daß eine Revision jederzeit und zwar auf dem Wege der Gesetzgebung möglich sei, und endlich sagt der Schlußartikel
121: ,,Die revidirte Bundesverfassung tritt in Kraft, wenn sie ,,von der Mehrheit der an der Abstimmung theilnehmenden ,,Bürger und von der Mehrheit der Kantone angenommen ist.

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,,Bei ,,Stimme ,,Das ,,gilt als

Ausmittlung der Mehrheit der Kantone wird die eines Halbkantons als halbe Stimme gezählt.

Ergebniß der Volksabstimmung in jedem Kantone Standesstimme desselben. u

Das ist die ganze Gesetzgebung über die Revision der Bundesverfassung, somit auch das ganze zu Kraft bestehende legislatorische Material zur Interpretation des oben citirten Artikels 120. Fassen wir nun diesen Artikel 120 näher ins Auge, so ist unbestritten, daß sein Wortlaut sagt: Wenn fünfzigtausend stimmberechtigte Schweizerbürger die Revision der Bundesverfassung verlangen, so muß die Frage, ob eine Revision stattfinden soll oder nicht, dem schweizerischen Volke zur Abstimmung vorgelegt werden.

Daß die fünfzigtausend Schweizerbürger ihr Verlangen erst den gesetzgebenden Rätheu zu unterbreiten und an diese zu richten hätten, steht n i c h t geschrieben, auch nicht, daß diesen ein Recht oder eine Pflicht der Vorberathung zukomme. Es erlaubt also der Wortlaut der angerufenen Bestimmung unzweifelhaft die Auslegung, daß ein Initiativ begehren nur an die Behörde gerichtet zu sein brauche, welche im Falle ist, die Unterschriften nach ihren gesetzlichen Erfordernissen zu prüfen und eine Volksabstimmung anzuordnen, also an den Bundesrath, so daß dieser das Recht und die Pflicht hat, die Abstimmung sofort anzuordnen, sobald er sich davon überzeugt hat, daß die nöthige Anzahl gültiger Unterschriften vorliegt.

Auch das ist in der Verfassung nicht gefordert, daß die Initianten bestimmte Vorschläge machen und die Punkte näher bezeichnen, welche sie revidirt wissen wollen; doch kann ihnen dies jedenfalls "auch nicht verboten sein; aber es genügt ein Begehreu um Revision.

Und weiter bestimmt der Wortlaut, daß im Falle eines solchen Initiativbegehrens einfach d i e Frage dem schweizerischen Volke zur Abstimmung vorgelegt werden müsse: ,,ob eine Revision stattfinden solle oder nicht ,a also kurz gesagt: Die Frage der T o t aire v i s i o n . Ist dies auch der Sinn dieser Verfassungsbestimmung?

Darüber sind in und außer den Räthen anläßlich der vorliegenden Bewegungen verschiedene Ansichten geäußert worden.

Ein hervorragender schweizerischer Staatsrechtslehrer, der in jüngster Zeit über die vorwürfige Frage geschrieben hat, * und seither nun der Bundesrath in seiner Botschaft selbst**, halten dafür, daß Obiges unzweifelhaft der Sinn der Verfassung sei. ,,Eine Befugniß", sagt jener, ,,von 50,000 .Schweizerbürgern, eine Abstimmung darüber und unter * Prof. Hilty, ,,Ueber die Wiedereinführung der Todesstrafe, Seite 19/20.

** Botschaft des Bundesrathes, Seite 19/20.

563 allen Umständen zu verlangen, ob ein bestimmter Artikel der Bundesverfassung gestrichen, ergänzt oder durch einen andern ersetzt werden solle, besteht konstitutionell nicht. Es wäre dies gar nichts Anderes, als das bei Berathung der jetzigen Bundesverl'assung abgelehnte Volksrecht der Initiative, wie es allerdings im KantonalStaatsrecht, nicht aber im eidgenössischen vorkommt. u ,,Man glaubt", sagt dieser, ,,die Revision auf den Artikel 65 einschränken zu können, ohne, dafür zuverlässige Gründe anzugeben. Sobald die Revisionsfrage wieder flüssig wird, finden sich für weitere Revisionswünsche und Anträge Stoff und Vertreter. Die Verfassung selbst gibt kein Mittel an die Hand, es zu hindern und etwa von vorneherein die Bewegung in eine Partialrevision einzudämmen. Dies so wenig in Beziehung auf das Antragstellungsrecht der Mitglieder der Räthe, als auch rücksichtlich der Volksinitiative. Kommt es zwischen den beiden Räthen oder zwischen einem ablehnendem Beschlüsse derselben und einer Volksinitiative zu einem Konflikte, so ist im Sinne des Art. 120 die Anfrage an das Volk in der allgemeinen Formel zu fassen: Soll die Bundesverfassung revidirt werden? Ja oder Nein?

Was als schließliches Resultat herauskommen wird, ob viele oder mehrere oder nur ein Artikel abgeändert werden, ist ein faktisches Verhältniß, das mit Sicherheit nicht voraus bestimmt werden kann.a In der, That scheinen auch die übrigen citirten Revisionsbestimmungen diese Ansicht zu unterstützen. Der Schlußsatz des § 120 verordnet nämlich, daß wenn die Mehrheit des Volkes die Frage bejaht, beide Räthe neu zu wählen seien, ,,um die Revision an Hand zu nehmen11. Ihre Revisionsarbeit unterliegt hernach laut § 121 der Volks- und Ständeabstimmung. Dies Beides wäre offenbar unnöthig, wenn unter der ursprünglich au das Volk zu stellenden Frage schon bestimmte Revisionsanträge verstanden wären.

Denn wenn das Volk beispielsweise die Frage: Wollt Ihr den Artikel 65 der Bundesverfassung aufgehoben und au seine Stelle den Artikel 54 der Verfassung von-1848 gesetzt wissen? bejaht hat, so wäre es unnsinnig, es nachher noch zu veranlassen, die Räthe neu zu bestellen ,,zur Anhandnahme der Revision", und die entsprechende Vorlage derselben hernach einer nochmaligen Volksabstimmung zu unterwerfen. Das ganz Gleiche bezüglich der Anfrage an das Volk
und das spätere Verfahren schreibt nun aber das Gesetz vor für den Fall, ,,daß eine Abtheilung der Bundesversammlung die Revision beschließt und die andere nicht zustimmt". Auch in diesem Falle tritt also nach dem obigen die Frage der T o t a l r e v i s i o n an das Schweizervolk.

Man mag freilich einwenden, daß es unvernünftig sei, einem Volke das Recht anheim zu geben, jederzeit eine vollständige Um-

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gestaltung seines Grundgesetzes zu verlangen und zu veranlassen, zu keiner Zeit aber eine tîieilweise; daß in der Demokratie das Volk sein eigener Herr sei und daß, wenn ihm selbstverständlich zustehe, jeden Augenblick vollständigen Umbau seines eigenen Hauses zu verlangen und zu beschließen, es nicht, daran gehindert sein könne, jederzeit die Beseitigung oder die Einschaltung einzelner, vielleicht ganz unbedeutender Theile vorzunehmen, da es damit in keine andern Rechte eingreife, als in seine eigenen, was nie etwas Unerlaubtes sei. Aber dieses Raisonnement, so richtig es an sich sein mag, steht nicht im Gesetze und wäre wohl besser bei dessen Erlaß als bei dessen Anwendung geltend gemacht worden. Jedenfalls könnte bei einer solchen Auslegung der höchst fatale Fall eintreten, daß die schweizerische Bundesversammlung bezüglich einer Verfassungsinterpretation mit der Mehrheit des Schweizervolkes in offenen Widerspruch geriethe.

Gibt es nun aber denn keinen über alle Zweifel erhabenen Weg, eine Revision der Bundesverfassung auf eine P a r ti a I r e v i s i o n zu beschränken, sie streng und sicher in diesem Rahmen zu halten?

Wir antworten : es ist ein solcher WegO angezeigt; die eben anO O J gerufenen Verfassungsbestimnumgen kennen ihn. Artikel 120 spricht von dem Fall, daß eiue Abtheilung der Bundesversammlung die Revision beschließt, die andere nicht; wie aber, wenn beide Räthe sie beschließen? Ist dann ein nichtiger Beschluß zu Stande gekommen ; einer von weniger Bedeutung und Tragweite, als wenn die Räthe im Widerspruch sich befänden? Offenbar Nein. Der Artikel 120 bestimmt ja nur die Ausnahme von der allgemeinen Regel des Artikels 119: ,,Die Revision geschieht auf dem Wege der Buudesgesetzgebung.t: Auf diesem Wege können also jederzeit die Räthe nach Inhalt von Artikel 85, Ziff. 14, der Verfassung einzelne Bestimmungen derselben revidiren. Sind sie, die Räthe, uneinig, so treten die Folgen ein von Artikel 120, sind sie einig, so treten offenbar jene nicht ein, sondern die beschlossene Revision tritt in Kraft, ,,wenn (Artikel 121) sie von der Mehrheit der an der Abstimmung theilnchmenden Bürger und von der Mehrheit der Kantone angenommen ist.tt Es tritt beim Bund dasselbe ein, was bei vielen Kantonen : Die Frage, ob Partial- oder Totalrevision hängt nicht von dem angestrebten Umfange der
letztern ab, sondern davon, von wem die Initiative ausgegangen sei. Der Berichterstatter hat hier die Ausdrücke Partial- und Totalrevision gebraucht; damit soll keineswegs gesagt sein, daß diese Eigenthum der Verfassung seien oder daß sie derselben bei ihrem Erlaß vorgeschwebt hätten; sie wurden nur gewählt vom Berichterstatter zu Verdeutlichung der Anschauungen, welche die Kommission über die etwaigen

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Folgen einer Abweisung oder einer Nichtanerkennung der gegenwärtigen Revisionsbewegung sich bilden konnte.

Soll nun im gegenwärtigen Momente die schweizerische Bundesversammlung die gegen den Artikel 65 der Verfassung eingeleitete Bewegung von vornherein an die Hand nehmen und in den Rahmen einer auf diesen Artikel beschränkten Partialrevision einzwängen, oder soll sie es darauf ankommen lassen, ob dieselbe zur Totalrevision führe ? Die Mehrheit Ihrer Kommission verneint ebenso bestimmt die letztere Frage, als sie deßhalb die erstere bejaht.

Nicht bloß die hier Bericht erstattende Abtheilung Ihrer Kommission, auch andere Mitglieder derselben und gewiß ein großer Theil der Räthe, gleichgültig welcher Anschauung er bezüglich des Artikels 65 sei, kann sich nämlich der Ueberzeugung nicht erwehren, daß die Bundesverfassung von 1874 bis zur Stunde noch nicht das Glück derjenigen von 1848 habe theilen können, fortwährend ihre Gegner sich mindern und zu aufrichtigen, ja begeisterten Anhängern sich bekehren zu sehen, je länger je mehr Fleisch und Blut des Volkes, wahres, wirkliches Volkseigentum, Volksinstitution und Konstitution zu werden. Wohl eher eine gegentheilige Erfahrung machte bis beute die gegenwärtige Bundesverfassung. Ihre Gegner mehren sich, ihrer Ausführung stellen sich stets schwere Hindernisse entgegen, so daß ein wirklicher, vollständiger Ausbau derselben fast zweifelhaft erscheint, während wiederum neueren im Volke wurzelnden Ideen, wie der der verschiedenen Monopole als Einnahmsquelle, oder vielleicht anläßlich der heutigen Frage der einer Vereinheitlichung des 8trafrecht.es sie sich selbst;, als Hiuderniß entgegenstellt. "Wenn daher heute die Frage der Totalrevision an das Volk gestellt werden müßte oder wenn nur nach ariderer Auffassung in Folge einer Partialrevision die Räthe als Verfassungsräthe neu bestellt werden würden, so ist vorauszusehen, daß alle Gegner, alte und neue, der jetzigen Bundesverfassung sich geltend machen und damit auch diejenigen unzweifelhaften Errungenschaften der gegenwärtigen Bundesverfassung, die sämmtliche Mitglieder Ihrer Kommission und wahrscheinlich auch Ihres Rathes nicht wieder Preis geben möchten, in Frage gestellt wären. Es ist eine Möglichkeit, daß dies Alles nicht zutrifft, aber mit S i c h e r h e i t w i r d es nur v e r h ü t e t , wenn die
gegenwärtige Revisionsbewegung von vornherein in den engen Rahmen einer Frage der Partialrevision eingespannt wird. Damit kommt also die Berichterstattung auf den Punkt zurük, von welchem sie ausgegangen ist: u m d a s s e l b e z u e r r e i c h e n , w a s d e r Bundesrath und die andere K o m m i s s i onsab theilung a n s t r e b t , n ä m l i c h eine a l l g e m e i n e R e v i s i o n m ö g l i c h s t

566 zu v e r h ü t e n , b e a n t r a g t Ihnen Ihre Korn missionsmehrh e i t die P a r t i a l r e v i s i o n des A r t i k e l 65.

Es wird eingewendet, ein solches Vorgehen könnte aus den angeführten Gründen im konkreten Falle an sich angezeigt erscheinen; aber in einem solchen Entgegenkommen der Räthe gegenüber der ersten Revisionsbewegung läge eine Ermunterung für alle Unzufriedenen, auf gleiche Weise vorzugehen; diesem Revisionsbegehren würden sofort andere folgen und konsequenter Weise, und aus den ganz gleichen Gründen wie heute müßte jedesmal' die Bundesversammlung die Partialrevision beschließen. So9 würde der Revision im Allgemeinen erst recht Thür und Thor offiziell geöffnet. In dieser Anschauung liegt sicherlich Wahrheit ; aber in- ihrem Schlüsse, daß deswegen der obige Antrag verwerflich sei, ist sie wohl eben so sicherlich irrig. Liegt denn die Sache anders, wenn wir heute Petition und Motion abweisen? Wenn wir sie heute abweisen, so wird die Folge sein, daß wir sie in zwei Monaten wieder haben und dann in einer Form, daß mit oder ohne Räthe, wenn der Verfassung Zwang angethan werden soll, die Fi-age der Partialrevision, wenn nach ihrem Wort uud Sinn gehandelt werden will, die Frage der Totalrevision an das Volk gerichtet werden m u ß . Ist es nun besser, ist es politisch klüger, diesen Zeitpunkt abzuwarten? werden durch ein solches Verhalten andere Unzufriedene von ähnlichen Begehren abgeschreckt werden? Das ist möglich, aber nicht wahrscheinlich. Abgesehen davon, daß alle Revisionsfreunde auf Grund der Verfassung berechtigt sind, zu erwarten , daß im Falle des Zustandekommens von fünfzigtausend Unterschriften für irgend eine Revision auch ihre Zeit gekommen sei, so wird die Ermunterung zur Revision nicht wesentlich von dem Schicksal des ersten Begehrens in denRäthen abhängen, sondern von dessen Aufnahme im Volke; in jedem Falle davon, ob man für die gewünschte Aenderung auf eine zustimmende Mehrheit des Schweizervolkes, von Anfang an aber auf fünfzigtausend Unterschriften mit großer Wahrscheinlichkeit zählen könne. Mit jenen Faktoren wird jede Revisionsbewegung zunächst rechnen müssen und mit dem letztern jeweils die Bundesversammlung. In d e r I m p o p u l a r i t ä t einzelner Verfassungsbestimmungen l i e g t d i e m ä c h t i g s t e E r m u n t e r u n g z u r R e v i s i
o n ! Nicht jedes Begehren um Partialrevision wird die Bundesversammlung deshalb nach dem Obigen am richtigsten zu den ihrigen machen und so die Partialrevision sichern, sondern nur ein solches, bei dem sie mit Sicherheit die Einbringung von fünfzigtausend Unterschriften voraussehen muß. Im letztern Falle wird wohl die Bundesversammlung jeweils gut thun, von sich aus den Volks-

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entscheid über die einzelne Frage als solche anzubahnen, es sei denn, daß selbe eine fundamentale Frage der Eidgenossenschaft berühre, deren Aenderung nach Ansicht der Räthe für das Vaterland absolut unheilvoll sein müßte. Daß aber die Herausnahme eines Artikels über einzelne Strafarten, welcher augenscheinlich nie in die Verfassung gehört hätte, dessen A iisstreich ung die ganze politische Organisation und die politischen Rechte der Bürger nicht in leisester Weise alterirt, keine solche principale Verfassungsfrage ist, liegt auf der Hand.

D a ß a b e r e n d l i c h m i t einer R e v i s i o n d e r V e r f a s s u n g ü b e r h a u p t m ö g l i c h s t lang kein Anfang g e macht werde, das vermag die B u n d e s v e r s a m m l u n g heute nicht mehr zu e r w i r k e n ; der A n f a n g ist gem a c h t u n d wird voraussichtlich um so weitere Folgen haben, mit je g r ö ß e r e r G e r i n g s c h ä t z u n g die B u n d e s v e r s a m m l u n g ü b e r i h n w e g g e h t . D d e r ü*er gegentheilige Antrag der Mehrheit Ihrer Kommission.

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II.

Ihre Kommissionsmehrheit könnte füglich mit Obigem ihre Berichterstattung abschließen und sich entheben, selber den Fehler zu begehen, in eine Verfassungsdebatte diejenige über einzelne Strafarten hineinzuzwängen, und das um so mehr, als d i e S t r e i c h u n g d es Art i k e l s 65 j a d u r c h a u s n i c h t i d e n t i s c h ist mit der W i e d e r e i n f ü h r u n g der darin verbotene S t r a f a r t e n , vielmehr nur den Strafgesetzgebungen unseres Landes die Möglichkeit, die Freiheit gewährt, dieselben künftig in ihr Strafrecht aufzunehmen oder nicht. Dem Privilegium der V e r b r e c h e r w e l t , das sie unter allen Umständen vor der ihr gebührenden'Strafe schützt, soll einzig die B u n d e s g a r a n t i e entzogen werden. Die Frage liegt also keineswegs so: S o l l die Todesstrafe und die Prügelstrafe in der Schweiz eingeführt werden?

sondern einzig so : d a r f dies geschehen, wenn es in einer Strafgesetzgebung für gut und nöthig erachtet wird?

Allein der Umstand, daß in und außer dem Rathe, auch in der Botschaft des Bundesrathes, der materielle Inhalt des Artikel 65 einläßlicher Würdigung unterzogen worden ist, veranlaßt uns, ebenfalls etwas näher auf denselben einzutreten.

Von der Todes- und P r ü g e l s t r a f e sprachen wir eben; der Artikel 65 spricht von der Todesstrafe und den ,, körperlichen Strafen "·. Da sowohl die Todesstrafe selber als auch, Ehrenstrafen und Geldstrafen ausgenommen, alle übrigen Strafarten: Gefangenschaft, Dunkelarrest, Zwangsarbeit, schmale Kost, Deportation etc.

,,körperliche" Strafen sind, diese wohl aber nicht mit jener Verfassungsbestimmung alle untersagt sein wollen, was sonst einer fast völligen Aufhebung des Strafrechtes gleichkäme, so mag die vulgäre Auffassung die richtige sein, daß unter den körperlichen Strafen die Verfassung die ,,Prügelstrafe" verstehe. Weder in den Räthen, auch nicht in der bundesräthlichen Botschaft, noch außerhalb derselben ist bis heute die Aufhebung des Artikels 65 aus Grund der ,,Prügelstrafe" angefochten worden ; sei es, daß man deren Einführung als sehr unwahrscheinlich oder als richtig betrachte. Da Ihre Kommission die Debatte nicht von sich aus weiter ausdehnen will, als die gegenwärtige Aktenlage ihr es nöthig erscheinen läßt, so hat. sie deshalb zur Stunde auch keinerlei Veranlassung, auf diese Strafart, die Prügelstrafe, näher einzutreten, sondern kann sie ebenfalls unberührt lassen und sogleich sich zu derjenigen Frage wenden, welche von

569 den Gegnern als Kardinalfrage in den Vordergrund gestellt wird, nämlich der T o d e s s t r a f e .

Auch bezüglich dieser müssen wir erst die Frage sicher stellen, -wie sie liegt, entgegen der, wie sie von abolitionistiseher Seite gewöhnlich unterschoben wird. Nicht das ist heute die Frage, haben wir oben schon gesehen: soll die Todesstrafe eingeführt werden? Dieso kann vielmehr auch bei Aufhebung des Artikel 65 in der ganzen -Schweiz oder in einem Theile derselben uneingefuhrt bleiben; noch viel weniger ist es daher die : Soll künftig jeder Mörder oder gar noch jeder Todtschläger in der Schweiz enthauptet werden? Kein Mensch denkt wohl heute daran, und vor allen Dingen kein Mitglied Ihrer Kommission, die Todesstrafe auf ein anderes Verbrechen zu verhängen, als auf den Mord, und noch viel weniger daran, s i e a n j e d e m M ö r d e r z u v o l l z i e h e n . Eine solche A n nahme verließe schon von vornherein allen geschichtlichen Boden ; denn Niemand wird weiter, ja kaum Jemand so weit gehen wollen, als es vor Erlaß des Artikels 65 geschehen ist, in welcher Zeit, nämlich 1851--1874, von 96 Todesurtheilen 371i sage siebenunddreißig vollzogen w u r d e n , also weniger Todesurtheile vollzogen wurden, als in jedem einzelnen Jahre seit Bestehen des Artikels 65 in der Schweiz Personen gewaltsam niedergemacht worden sind, da diese^Zahl in den fünf Jahren 228, somit per Jahr 45 beträgt. Es -werden also auch nach Aufhebung des Artikels 65 so wenig, wie bis zum Jahre 1874, nicht überall Guillotinen aufgerichtet werden im Vaterlande wie Feuer am Funkensonntag; nach wie vor wird der Boden erst vom Blute zwanzig Ermordeter geröthet sein, bevor ihn das Eines Mörders färbt. Unsere Frage liegt demnach bloß so : darf in der Schweiz ein Mörder unter keinen Umständen von Rechtes wegen getödtet werden?

· Soweit die Menschheit zurückreicht, so weit wenigstens die Geschichte sie verfolgen kann, bis hinein mitten in die Gegenwart erseheint diese Frage allgemein bejaht. Erst in neuester Zeit, seit dem zweiten Viertel dieses Jahrhunderts, haben einige kleine Staaten, mit zusammen zirka 15 Millionen Einwohnern, nämlich Rumänien, Portugal, Holland, die Schweiz und einige Staaten der Union, 2 einigen Gelehrten folgend, dieselbe theilweise, wir sagen theil weise verneint, indem sie dem S t a a t e unter allen Umständen
verboten, den Mörder zu tödten. 3 Bis zu jenen Gelehrten war die Berechtigung der Todesstrafe gegenüber dem Mörder als n a t ü r l i c h e s R e c h t gar nie Frage geworden. Viel älter nätn1 Sämmtliche Anmerkungen zum zweiten Theile dieses Berichtes finden .sich, mit den entsprechenden Ziffern versehen, auf Seite 626 u. ff. hienach.

Bundesblatt. 31. Jahrg. Bd. L

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lieh als die Strafrechtstheovien ist jedes Strafrechfc selber, wie die Erziehung viel älter ist als die Pädagogik; wie die Menschen sich schon lange von Fleisch und Pflanzen nährten, bevor die Gelehrten anatomisch., physiologisch und chemisch die Notwendigkeit hievon erwiesen. Der Gelehrte freilich, indem er die Gesetze der Natur verfolgt, aufsucht, baut oft selbstständig wieder solche Gesetze auf und sucht beispielsweise darzuthun, daß der Mensch richtiger blos von Pflanzen sich ernähre und alle animalische Nahrung meide. Wenn er seine Sache mit Geschick zu verfechten weiß, wird er sicherlich bald eine Anzahl Anhänger gewinnen und diese werden mit Recht von sich rühmen können, daß bei ihnen alle diejenigen Krankheiten, welche von einem vernunftswidrigen oder gar -übermäßigen Fleischgenuß herrühren, nie vorkommen ; auch werden sie, wenn ihre Zahl sehr klein ist, sie selber sehr gesund sind und ihre Kur noch kurze Zeit dauert, sehr leicht statistisch darzuthun vermögen, daß die Sterblichkeit bei ihnen keine größere sei, als bei Leuten von animalischer Kost, oder im gleichen Zeitraum, als sie selbst noch solche eingenommen hätten. Auch wird außer in denjenigen Fällen, in welchen nachweisbar der Tod gerade die Folge dieser Ernährungsweise war, Niemand darthun können, daß ihre Sterblichkeit eine noch geringere gewesen wäre bei Zuzug von animalischer Nahrung. Es giebt auch wirklich solche ^Vegetarianer-Anstalten a , und wenn einmal Eine prosperili, ist es "klar, daß da und dort ebenfalls Versuchsstationen entstehen und daß, sich die Zahl ihrer Apologeten stets mehrt; ja wenn es etwa gelänge, eine in der ganzen Welt verzweigte Gesellschaft für die Theorie zu interessiren, so würden gleichzeitig an den verschiedensten Orten der Welt Redaktoren, Professoren, Oratoren' und andere Autoren sich erheben, um dieses neue Evangelium unter gegenseitig; bewunderndem Bezug auf sich zu .verkünden. Sie würden auch keinen öffentlichen Schaden anrichten, denn so lange die Sache auf einige kleine wenige Stationen beschränkt bliebe, so lange würde die Gesellschaft nicht darunter leiden. Wenn aber auch die ganze Gesellschaft zur neuen Lehre überginge, so geschähe dies jedenfalls nicht auf die Dauer; denn die Einsicht müßte dann allgemein werden, daß auf diese Weise das Thierreich dem Menschen den Platz abgewänne und daß
daher schon der Kampf um's Dasein eine andere Lebensweise erfordere. Doch wird es damit niemals eine Gefahr haben. So überzeugend auch, namentlich für den Laien, die Vegetarianer ihre Lehre vortragen möchten, so stutzig es den letztern machen müßte, wenn überall geistreiche Männer sonst verschiedener Denkungsweise für die neue Lehre aufträten, nie würde die große Masse sich deßwegen zu ihr bekehren lassen, weil sie nicht wahr ist, weil sie höhern Naturgesetzen widerspricht..

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Die für seine Existenz prinzipalen Naturgesetze aber erkennt der Mensch nicht blos mit seinem Verstande, sondern, soweit sie auf seinen Körper Bezug haben, durch seinen Instinkt, soweit sie ethischer Natur sind, durch sein Gewissen, sein Gemüth. Daher athmet der Mensch, auch ohne etwas von fl Chemismus der Athmung a zu wissen, daher kennt er das Verbrechen, ohne das Strafgesetz gelesen zu haben ; daher hat er die Todesstrafe vollzogen, bevor die Gelehrten sie rechtfertigten, und wird sie vollziehen, auch nachdem sie dieselbe angefochten und die These aufgestellt haben, daß die Todesstrafe in jedem Falle ungerechtfertigt und unnütz sei.

Es ist etwa hundert Jahre her, seit diese These zum ersten Male mit besonderem Nachdruck von einigen Gelehrten aufgestellt worden ist. Seither hat sie viele Anhänger, namentlich bei einem Theile der Gelehrtenwelt und bei einem Theile der Geistlichkeit, sich erworben; fast kein Parlament der Welt gibt es, in dem sie nicht schon verfochten wurde; ja, wie wir oben gesehen haben, hat sie in einigen Staaten auch schon praktische Verwirklichung gefunden.

Es sind deren schon mehr gewesen, als die oben angeführten, allein die Mehrzahl ist davon wieder zurückgekommen nach kurzer Zeit.

Sogar ein Großstaat, Oesterreich, hat unter Joseph II. im Jahr 1787 die Strafart für das ordentliche Verfahren gänzlich aufgehoben, sie aber anno 1795 wieder eingeführt 4 ; das Herzogthum Toscana hat die Todesstrafe 1786 aufgehoben, 1790 wieder eingeführt; 1847 sie wieder aufgehoben, 1852 sie wieder eingeführt; 1859 sie wieder abgeschafft, 1861 durch seine Verschmelzung mit Italien sie wieder eingeführt.5 In Belgien wurde 1866 die Abschaffung der Todesstrafe von dem Ministerium warm empfohlen, vom Senate über in zweitägiger Debatte mit 33 gegen 15 Stimmen abgelehnt. 0 Der deutsche Reichstag hat 1870 in Art. l des deutschen Strafgesetzbuches in zweiter Lesung mit 118 gegen 81 Stimmen die Todesstrafe gestrichen, sie aber schließlich in dritter Lesung mit 127 gegen 119 Stimmen wieder hergestellt. 7 In Italien wurde der Antrag ebenfalls eingebracht, die Todesstrafe aufzuheben, konnte aber nicht durchdringen.8 Die These der Abschaffung der Todesstrafe war, wie alle solche Ideen, ein Kind ihrer Zeit ; die letzten Jahrhunderte, die ihr vorangingen, die fünfzig ersten Jahre, die sie begleiteten,
lassen sie selbst, sowie die Thatsache, daß sie sich rasch viele Anhänger erwarb, sehr erklärlich finden. In den letzten Jahrhunderten vorher und in der sie bis zu der ersten Stufe unseres Jahrhunderts begleitenden Zeit hatte das Schwert der Gerechtigkeit aufgehört, ein Richtschwert zu sein, es war herabgesunken zum abscheulichsten

572 Mordbeil. Alle Mörder der Welt zusammen waren nie so gräßlich als Eine mordende Obrigkeit! Ueber hunderttausend Menschenleben haben die Hexenprozesse gekostet. Unter Heinrich dem VIII. von England (1509--1547) wurden 72,000, unter Elisabeth (1558--1563) 89,000 Menschen hingerichtet. Der Vater des modernen Strafrechtes, Carpzow, hat in den Jahren 1620--1666 angeblich 20,000 Todesurtheile unterzeichnet. Die Ordonnanzen und Gesetze noch des vorigen Jahrhunderts strotzen von Verhängen der Todesstrafe auf alle möglichen Delikte. Und diese Todesstrafe war nicht etwa die einfache Enthauptung, sie war geschärft durch alle möglichen Grausamkeiten , welche eine verthierte Phantasie nur erfinden kann.

Dabei die geheime Inquisition als allgemeine Prozeßregel. Kein Entlastungsbeweis, keine Vertheidigung, kein irgendwie motivirter Richterspruch ! ,,Wenn man mich anklagte,1'' sagte noch im vorigen Jahrhundert der Franzose de Harlei, ,,die große Glocke von Notre-Dame in meine Tasche gesteckt zu haben, so würde ich zuvörderst ,,fliehen und mich aus der Ferne vertheidigen.a Solche Zustände mußten Geister wecken, die ihnen entgegentraten. Von diesen Flammen des Schreckens ist das Feuer edler Begeisterung angefacht worden, das Montesquieu zu seinem ,,Esprit des lois", Rousseau zu seinem ,,Contrat social" erwärmte. Für die Menschenrechte traten große Menschen ein und selbstverständlich traten diese auch entgegen der abscheulichen offiziellen Mordschlächterei.9 Alle verurtheilten sie, und ein Theil von ihnen kam nach dem Gesetze, daß ein Extrem dem andern ruft, so weit, zu behaupten, die Todesstrafe habe überhaupt keine Berechtigung. Sie, diese Abolitionisten (welche die Todesstrafe aboliren, wegschaffen wollen) haben rasch Anhänger gefunden. Die französische Revolution am Ende des vorigen Jahrhunderts, welche nachmals das Fallbeil zum großen Mordstahl des Staates stempelte, hat ihre Zahl nicht wenig vermehrt, und heute theilen sich nunmehr Philosophen, Juristen, Theologen und in Folge dessen auch die Parlamentarier in Abolitionisten und Apologeten der Todesstrafe. Selbstredend hat sich auch eine entsprechende Literatur entwickelt,10 beide Parteien haben ,,Autoritäten" für sich.11 So umfangreich aber auch die Literatur, so groß die Zahl der abolitionistisehen ,,Autoritäten"1 geworden ist, eine so eintönige repetitio
in perpetuum ist jene und läßt sich auf wenige mehr oder minder scharf betonte Punkte zusammendrängen. Nicht als ob alle Abolitionisten die Todesstrafe vom gleichen Standpunkte aus bekämpften ; sie stehen unter einander sogar im Widerspruch, indem beispielsweise die einen ausdrüklich erklären : der Staat hat das Recht zur Todesstrafe, die andern ihm dieses Recht ebenso ent-

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schieden bestreiten,12 andere sogar, wie vornehmlich Luccas, ihm überhaupt das Recht, zu strafen, absprechen. Aber aller ihre Gründe zusammen sind nicht viele und, wie wir sehen werden, nicht ein einziger, der sich nicht gegen jede andere gewaltthätige Strafart, vorab die Gefangenschaft, ebenfalls vorbringen ließe. Treten wir auf dieselben näher ein.

Alle Verfechter der Abolition bekämpfen die Todesstrafe, weil sie die B e s s e r u n g des Verbrechers ausschließe.

So schön dieses Wort klingt, Besserung, so unklar sind die Begriffe, welche sich auf dem Gebiete des Strafrechtes dahinter verstecken. Warum soll der Verbrecher gebessert werden ? Schon auf diese Frage geben die Anhänger der Besserungstheorie die verschiedensten Antworten. Damit er wieder als tüchtiges und nützliches Glied der menschlichen Gesellschaft zurückgegeben werden könne, sagen die einen, -- damit die letztere künftig nach seinerseits überstandener Strafe vor ihm gesichert sei, andere, und dritte : um seiner selbst, um seiner eigenen Seele, seiner Seele Seligkeit willen. Gewiß sind die ersten beiden Gründe die wesentlichsten und stichhaltigsten. Aber eben gerade darum ist die Abolition gar nicht berechtigt, die Besserungstheorie für sich in Anspruch zu nehmen, weil sie ja darin einig ist, daß der Mörder l e b e n s l a n g in Gefangenschaft gehalten werden soll. Die Besserung kann also bei ihm weder den Zweck haben, ihn wieder für die Gesellschaft tüchtig zu machen, noch den, diese vor ihm zu sichern. Es bleibt also nur noch die Besserung zum Zwecke der Rettung seiner eigenen Seele. Worin soll diese bestehen ? Was ist sie überhaupt diese Seele? Wir stehen damit sofort vor der letzten Frage der Fragen, die für Alle verbindlich kein Sterblicher lösen wird, da sie außerhalb des menschlichen Wissens im Reiche des Glaubens liegt. Ob nach dem Tode des Körpers noch eine Seele fortlebe, ob sie je nach ihrem diesseitigen Zustande und nach dem zur Zeit ihrer Trennung vom Körper in eine glückliche, eine selige, oder eine unglückliche, qualvolle Fortexistenz übergehe, ob wieder auf Zeit oder für Ewigkeit: wer will diese Fragen lösen? Wir stehen aber keinen Augenblik an, unsere Ueberzeugung dahin auszusprechen, daß die große Mehrheit des Schweizervolkes, gleichgültig welcher gesellschaftlichen Schichte oder welchen Bildungsgrades, ja daß,
mit Uebersehung vereinzelter Ausnahmen, das ganze Schweizervolk des christlichen Glaubens lebe an eine Fortexistenz der menschlichen Seele. Auch dessen s i n d w i r ü b e r z e u g t , d a ß e i n gutes Strafgesetz in seiner letzten Grundlage sich s t ü t z e n müsse auf den Glauben des Volkes, auf dessen ethische Ueberzeugung.

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Wenn aber auch anerkannt werden muß, daß der Glaube unseres Volkes an eine Fortexistenz der Seele ein allgemeiner sei, so ist dagegen wohl sicher, daß die Frage, in welcher Form sie geschehe, die, von welchen Bedingungen sie abhänge und noch mehr von welchen, ob sie eine glückliche oder unglückliche sein werde, nicht bloß so viel verschiedene Antworten erhält, als es Konfessionen und Sekten, sondern so viele, als es denkende Menschen gibt. Daß die letzte Oelung einzig die Himmelspforten öffne, mag wohl die aufrichtige Ueberzeugung manches gläubigen Katholiken sein, aber deswegen ist sie noch weit entfernt, diejenige der Mehrheit oder gar des ganzen Schweizervolkes zu bilden. Solche einzelne Anschauungsweisen herauszugreifen und darauf eine allgemeine Strafrechtstheorie zu begründen oder zu bekämpfen, erscheint daher unstatthaft13.

Daß die Fortexistenz der Seele und zwar eine glückliche durch die Todesstrafe verunmöglicht werde, kann also weder durch das Wissen noch mit dem Glauben begründet werden. Sprach doch Christus zum Schacher, der mit ihm die Todesstrafe erlitt: Noch heute wirst du mit mir im Paradiese sein. Seit jeher war dieser Glaube jedenfalls der viel weniger allgemeinere der ganzen Menschheit, als jener, daß die Blutschuld auch dem eigenem Gewissen gegenüber durch den Tod und nur durch ihn gesühnt werde14. Wenn aber das im Sterben Vorbereitet-Sein die Bedingung der Seligkeit ist, geschieht dem Mörder etwas Anderes als Gerechtigkeit, wenn ihm, dem Schuldigen, die Gnade versagt wird, um die er selber einen Unschuldigen gebracht hat? Und soll das Strafrecht etwas Anderes schaffen, eine andere Richtschnur haben als Gerechtigkeit? Nein.

Der viel ernsthaftere Gedanke, der von der Besserungstheorie für den Mörder einzig übrig bleibt, ist wohl bloß der, es sollte ihm möglich gemacht werden, das offenbar gestörte moralische Gleichgewicht wieder in sich herzustellen, durch Einsicht seines Unrechtes, durch Wiederbelebung seines guten Willens, durch Reue. Braucht es aber nun hiezu so viel Zeit, daß es bei der Todesstrafe unmöglich wird ? Als ob die eigene innerliche Besserung, die aufrichtige Reue, ein aufrichtiges Gebet um Verzeihung von einer Zeitdauer, die sich nach Stunden, Tagen oder Jahren bemäße, abhinge? Als ob in der Gefängnißstrafe eine mächtigere Ermunterung zu dieser Besserung läge,
als in dem vor die Augen tretenden Tode? Als ob in der Verhängung einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe eine Gewähr läge, daß diese Strafe eine l a n g e , eine Woche, Monate und Jahre dauernde sei15; als wie wenn diese eine Gewähr wäre für die Besserung ; als ob die in der Zwangsanstalt beurkundete Besserung den Werth einer aus freiem sittlichen Willen hervorgegangenen

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hätte16? Als ob, auch wenn die Todesstrafe im Gesetze steht, sie jedem gegenüber, auch demjenigen, der die Keime der Besserung offenbar in sich trägt, jeweils zur Anwendung käme; als ob die Abolitionisten nicht auch jene Fälle kennten, auf welche sie sich 2,ur Bekämpfung der Abschreckungstheorie so gerne berufen, in denen der 'vor die Augen tretende Tod nicht einmal das Gewissen aufzuschrecken vermochte 17 und der Verurtheilte mit brennender Cigarre im Munde das Schaffet bestieg? Nicht jene Fälle, in welchen der scheinbar gebesserte Sträfling entwich, um sofort neue Schandthaten zu verüben ; wo er, wieder eingebracht, das Leben der Wärter und der Mitgefangenen gefährdet und neuerdings ausbricht oder aus Mordlust arn Ende diese tödtet 18 ? Als ob den Abolitionisten die Thatsache unbekannt wäre, daß auch beim Bestehen der Todesstrafe im geordneten Staate dieser nurin einer höchst bescheidenen Zahl von Fällen sie zur Anwendung bringt19, dagegen der Prozentsatz der unverbesserlichen Mörder ein sehr bedeutender ist; daß dagegen weitaus die meisten Mörder das Schaffet reuig, manche sogar willig, ja mit einem großen Verlangen besteigen und die Todesstrafe als ihr Recht fordern 20 .

Die Todesstrafe schließt also die innere Besserung, die Reue, von welcher, wie wir oben gesehen, hier einzig die Rede sein kann, nicht nur nicht aus, sondern sie ist ein mindestens so geeignetes Strafmittel, sie zu erwecken, als eine lebenslängliche Freiheitsstrafe.

Die ganze Besserungstheorie überhaupt steht aber praktisch wie theoretisch auf äußerst schwachen Füßen, praktisch schon deßhalb, weil sie voraussetzt, unsere Zuchthäuser seien geeignet, Besserungsanstalten zu sein, jeder Verbrecher sei verbesserbar und die Gefangenschaft sei hiefür ein stets geeignetes Besserungsmittel, jedenfalls eine über allen Zweifel erhabene, für alle Verbrechen passende Strafart. Alle diese drei Voraussetzungen sind falsch, widersprechen dem Thatbestand, wie ihn die Kriminalgeschichte und das Leben zeigt. Welches ist denn der Zustand dieser Zuchthäuser 21 ? ist lebenslänglich gefangen im einen gleichviel wie lebenslänglich gefangen im anderen? Wie viele verlassen dieselben gebessert, wie viele gleich schlecht, wie sie eingetreten, wie viele schlechter?

Für wie viele ist die Gefangenschaft nichts Anderes gewesen, als die Schule des
Lasters, die Hochschule des Verbrechens 22 ? Ist der Kerker, ist die Einzelhaft, alles Strafarten, die in Ländern, wo die Todesstrafe abgeschafft ist, vorkommen, sind sie geeignet, den sittlich schon verfallenen Menschen zu heben oder nicht vielmehr, ihn zu verthieren oder wenigstens völlig abzustumpfen, zumal, wenn er weiß, daß dieser Zustand unlösbar ist bis an seines Lebens Ende?

576 * Wer beweist aber, daß überhaupt die Freiheitsstrafe die Lösungder Frage sei: wodurch sollen die Vergehen bestraft werden? Man mag so viel Philosophie und so viel Sophisterei anwenden, als man will, darüber wird man nicht hinwegkommen, daß im Grunde doch die Talion das leitende Princip sei, das jedem Strafgeseze zu Grunde liegt. Nur sie begründet, warum verschiedene Vergehen verschiedenartig, und selbst bei gleichartiger Strafe, Gefangenschaft, mit verschiedener Dauer in verschiedenen Graden bestraft werden; sonst müßte erklärt sein, die Strafe daure in jedem Falle so kurz oder so lange, bis die Besserung eingetreten sei ; oder aber, die Strafe sei die gleiche auf alle Vergehen23. Die Talion ist nicht roh, sie ist gerecht; kein einziger, auch nicht der strengste Kriminalist versteht sie wörtlich: ,,Auge um Auge, Zahn um Zahn"; doch ihr Sinn ist durch alle Zeiten und bis heute in allem Strafrecht herrschend, nämlich der, daß das Maß der Strafe sic.h richten soll nach der Schwere des Verbrechens. Auch das ist sicher, daß selbst bei viel wörtlicherer Auffassung das ,,Rohea der Talion nur in einer kriminalistisch rohen Auffassung derselben liegt, die von den Gegnern der Todesstrafe absichtlich oder unabsichtlich geltend gemacht wird. Wenn einer im Raufhandel dem Andern das Auge ausschlägt, sagen sie, dem soll das Auge auch wieder a.usgerissen werden? So liegt die Frage aber nicht, sondern so: Wenn einer einen Anderen, Unschuldigen angreift, mit dem bestimmten vorbedachten Entschlüsse, ihn um das Augenlicht zu bringen , und diesen Vorsatz vollführt, kann es ein gesundes, ethisches Gefühl verletzen, wenn der Richter in diesem Fall sagt: ,,Dafür sollst auch du dein Augenlicht verlieren ?a Wenn die Schandthat Landenbergs an Heinrich von Melchthal von des Letztern Sohn Arnold, dem damals die Rache zustand, mit Gleichem, ja mit dem Tode Landenbergs vergolten worden wäre, wer wollte einen Stein auf ihn werfen um seiner Rohheit willen ? Hat je ein Schweizer sich darüber entsetzt, daß die Mönche, welche dem greisen, sittenstrengen Abt Breno zu Einsiedeln die Augen ausstachen, ihre That von Rechtes wegen nicht blos mit ihren Augen, sondern mit ihrem Leben büßten? Ja wohl, die Talion ist's und nichts Anderes, welche das Maß der Strafe bis heute bestimmt, und nur künstlich wird von der modernen Humanität die
,,rohe" Talion in die ,,feine"' vielleicht lebenslange Gefangenschaft übersetzt. Aber dieses Gezwungene, dieses Unnatürliche, dieses erkünstelte System fängt schon heute an im Volk und in der Wissenschaft bemängelt zu werden; nicht blos gegenüber dem Mörder ist es oft unhaltbar. Die Frage z. B., ob es für den Schänder nicht angemessenere, besserndere und sicherndere Strafarten gebe, als die Gefängnißstrafe, wird heut zu Tage mit Recht überall aufgeworfen. Die Freiheitstrafe, so wie

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sie heute vollzogen wird, ist daher wohl die letzte Lösung aller Strafarten nicht und am allerwenigsten die, welche eine Besserung des Delinquenten am meisten sichert. 23a Bei welcher Strafart es aber auch sei, eine Besserung des Delinquenten wird nur dort möglich sein, wo schon die Erziehung die Grundlage derselben gelegt hat und wo der verbrecherische Wille und Lebenswandel die letzten Regungen des Gewissens blos zu einem zeitweiligen Schweigen gebracht, nicht aber schon völlig erstickt hat, welch' Letzteres m ö g l i c h i s t 2 4 . Daß eine gute Erziehung überhaupt die beste Bewahrerin vor dem Verbrechen sei, ist nicht etwa eine Lehre der Abolitionisten, es ist ein allgemein anerkannter Grundsatz; aber alle Erziehung kann nur prophylaktisch wirken, das b e g a n g e n e Verbrechen -- und nur davon ist beim Mörder die Rede -- kann keine ,,Erziehung'0 mehr unmöglich machen, und so lange die Menschen Menschen bleiben, wird es auch Verbrecher, Mörder geben 25. In allen ihren faktischen Voraussetzungen ist also die Besserungstheorie im faktischen Irrthume.

Auf keinen bessern Füßen steht sie aber philosophisch-theoretisch, wenn sie die ,,Besserung" als Grund angibt, um dessentwillon der Staat strafe. Nicht in der Zukunft des Verbrechers, in seiner Vergangenheit, in dem begangenen Verbrechen liegt der Grund der Strafe, erst in zweiter Linie, als sekundärer Zweck, kann daher bei der Strafe die Besserung (wie die Abschreckung) in's Auge gefaßt werden 26. Wenn die Besserung Grund und Zweck der Strafe wäre, mit welchem Rechte würde dann der zweifellos Gebesserte (z. B. Der, welcher sich selbst denunzirt) noch bestraft oder noch länger gefangen gehalten? 2 7 Berner 28 , ein Abolitionist, sagt daher in seinem Lehrbuch des deutschen Strafrechtes treffend : ,,Die Kritik hat nicht auf die schätzbaren Einzelheiten dieser ,,Theorie einzugehen. Sie fragt dieselbe nur, wo denn ihre Beg r ü n d u n g des Strafrechtes sei. Nach einer solchen forscht man ,,vergeblich. Die Besserungstheorie will Strafen, weil gebessert ,,werden müsse; sie begründet aber nicht, weßhalb die Besserung ,,gerade d u r c h S t r a f e herbeizuführen sei; es bleibt somit die ,,Strafe selbst ohne alle Begründung. Läge der Rechtsgrund der ,,Strafe in dem Besserungszwecke, so müßte man den u n v o r ,, b e s s e r l i c h e n B ö s e w i c h
t u n g e s t r a f t l a s s e n , weil b e i ,,ihm der Besserungszweck keine Anwendung mehr findet."

Wenn auch Jeder zugeben wird, daß es wünschbar sei, daß die Strafe auch bessere, so läßt sich also auf Basis der ,,Besserungstheorie" die Zulässigkeit einer Strafart, speziell die der Todesstrafe, weder aus praktischen noch theoretischen Motiven stichhaltig bekämpfen.

578 Ein anderes Motiv wendet die Abolition gegen die Todesstrafe ein : D e r l r r t h u m des Richters sei bei ihr irreparirbar.

Es ist gewiß ein sehr fataler Standpunkt, eine Sache wegen ihrer möglichen i r r i g e n Anwendung im Prinzipe anzugreifen, und auf diesen wurmstichigen Ast müssen sich am Ende die Abolitionisten flüchten 29 . Daß eine irrige Anwendung der Todesstrafe etwas sehr Fatales sei, ist freilich ein Ausspruch, den kein Apologete derselben bestreiten wird. Aber Niemand wird die Frage so stellen: Ist eine irrige Anwendung der Todesstrafe möglich, sondern so : Ist eine richtige Anwendung unter Umständen erlaubt?

Wenn Alles unterdrückt werden müßte, was durch Irrthum oder bösen Willen geschändet oder mißbraucht werden könnte, so wäre kein Gut möglich, vor allem nicht unsere Freiheit, unsere Presse, unser Recht überhaupt. Zudem aber besteht dieser Irrthurn in Todesurtheilen in der Schweiz nur in der Theorie, und nicht ein einziger Fall eines v o l l z o g e n e n T o d e s u r t h e i les -- denn nur darum kann es sich hier handeln -- ist in unserem Lande aus der Zeit der frühern Verfassung in Wirklichkeit bekannt, welches einen erwiesenermaßen Unschuldigen vorn Leben zum Tode gebracht hätte. Die oben mehrfach angeführte Statistik über die sehr geringe Zahl der in der Schweiz in den letzten 23 Jahren vor Erlaß der neuen Bundesverfassung gefällten Todesurtheile und die erfolgte Begnadigung, auch die Art und Weise, wie in unserer Republik der Richterstand gebildet wird und sich zusammensetzt,l nämlich nicht etwa aus einer geschlossenen JuristenO käste ; das Interesse, mit welchem das Volk selbst wichtigen Gerichtshandlungen folgt, sind Gewähr dafür, daß die Zukunft so wenig Justizmorde in der Schweiz zu verzeichnen haben wird, als die Vergangenheit. Um dies Gespenst an die Wand zu malen, mußte man daher in die Fremde greifen. Von in einer jüngsten Schrift zitirten eilf Fällen gehören zehn der Schweiz gar nicht an und der einzige, der ihr angehörte, ist -- eine Ente. 80 Um diesen faulen Einwand ihrer Theorie aber noch mit ,,Humanität" zu beschönigen, nimmt die Abolition wohl auch noch zu dem faulern Satze Zuflucht: Lieber zehn Schuldige laufen lassen, als einen Unschuldigen verurtheilen. Als ob es sich in unserer Frage um Freisprechen oder Verurtheilen handelte! Darum handelt es sich
ja gar nicht, sondern darum, wie der schon s c h u l d i g B e f u n d e n e zu bestrafen sei. Die Abolition bewegt sich also hier in einem circulus vitiosus, indem sie dann sofort wieder an dieses ,,Schuldig befunden11 die Frage des Irrthums ansetzen muß.

Der obige Satz ist aber überhaupt, so passend er für das alltägliche Leben erscheinen mag, ein für die Handhabung des Straf-

579 rechtes durchaus verwerflicher und keineswegs identisch mit dem dort geltenden: in dubio pro reo. Er setzt dem Gewissen die Gewissenlosigkeit, dem Recht das Unrecht, dem moralischen Muth die energielose Humanität als ebenbürtig, als gleichgute, ja als vorzüglichere Eigenschaft des Richters entgegen. Der Richter hat allerdings die Pflicht, wo die Akten Zweifel offen lassen, die dem Angeklagten günstigere Meinung zu adoptiren ; aber er hat ebenso die Pflicht, da, wo die Akten keinen Zweifel offen lassen, wo nach menschlichen Begriffen der Beweis erbracht ist, das Schuldig auszuspreehen, und darf nicht, wenn dieses eine große oder gar die Lebensstrafe zur Folge hat, aus lauter Muthlosigkeit und Angst, daß eine von ihm nicht einzusehende und begründbare Möglichkeit einer Nichtschuld doch vorläge, gegen seine Einsicht das Unrecht ungestraft lassen 31. Stellt sich selbst später heraus, daß einmal ein solches Urtheil ein unrichtiges gewesen sei. so trifft die Verantwortung nicht den Richter, sondern diese für ihn unverkennbaren und uneinsehbaren Umstände. Die Konsequenz jenes angefochtenen Satzes ist allerdings die Abolition: Lieber j ä h r l i c h d u t z e n d e , h u n d e r t e , tausende, soviel es ü b e r h a u p t dem Mörder g e f ä l l t , u n s c h u l d i g e Menschen a u f a l l e m ö g l i c h e , grausige W e i s e i n M a s s e o d e r i n E i n z e l f ä l l e n m o r d e n lassen, als E i n e n M ö r d e r t ö d t e n ! Das ist das A und das 0, das ist die g a n z e H u m a n i t ä t der Abolition.

Der Bundesrath weist nach, daß die Schweiz gegenwärtig bei 2 */2 Millionen Einwohnern jährlich 45 Morde aufweise, a n d e r e L ä n d e r m e h r . Es darf also wohl, sehr bescheiden gerechnet, angenommen werden, daß auf dem ganzen Erdkreis jährlich hunderttausend gemordet werden, inzehn Jahren eine Million, in fünfunddreißig Jahren, einem Menschenalter, drei und eine halbe Million Menschen.

Dennoch soll nach der Theorie der Abolition, wenn sie überall siegen soll, was sie ja will, was ihr Endziel sein muß, nicht ein einziger Mörder getödtet werden, wenn der Staat es verhüten kann; dafür, für Letztere verlangen die Abolitionisten die Aufrechterhaltung einer Garantie in der schweizerischen Bundesverfassung.

Warum ?

O

O

Damit sind wir sofort bei einem neuen Einwände der heutigen Abolition angelangt : die Todesstrafe stehe im Widerspruche mit unserer ,,Civilisation"' ; sie wäre ein Rückschritt derselben. Als ob ihre Abschaffung einen Fortschritt beurkundete ! Ja, sagen die Abolitionisten, ganz gewiß ist sie ein Sieg der ,,Humanität"' und jeder solcher ist ein Fortschritt der ,,Civilisation."'

,,Da, -wo die Begriffe fehlen, ,,Da stellt ein "Wort sich ein zu rechter Zeit."

580 Was ist Civilisation, was ist Humanität ? Jeder weiß es, aber Keiner wird es erklären.

Das sind für die letzte Grundlage eines positiven Rechtes, vor Allem des Strafrechtes, oder gar für die Bestimmung von Strafarten Worte, leere Worte, welche keine defiuirbaren Begriffe decken ; es sind Bastardbegriffe, welche einer unnatürlichen Verschmelzung und beliebigen Verwechslung ethischer Begriffe mit solchen äußerer Gesittung entsprungen sind. Wohl unterscheiden wir civilisirte und uncivilisirte Völker, aber wenn wir dem Kriterium genau nachspüren, so liegt der Maßstab am allerwenigsten in der Sittlichkeit, vielmehr wird gemessen nach dem Entwicklungsgrad der äußeren Lebensformen. Paris ist hienacfr die civilisirteste Stadt der Welt.

Wer diese Zustände der thatsächlichen Gesittung, ihre Anschauungen, ihre beanspruchten Rechte und anerkannten Pflichten als die Richtschnur der Beurtheilung und dei' Gesetzgebung anerkennt und sie an die Stelle setzt der innern Sittlichkeit und ihrer Forderungen und Pflichten: der handelt ,,human tt , der Civilisation entsprechend, im ,,Geist der Zeit", ist mit ihr fortgeschritten, und rückwärts schreitet, wer auf jene ,,zurückkommen" will; das ist doch wohl im Grunde das ganze Evangelium der modernen Humanität und Civilisation, soweit es vorher allgemein als ethisches Recht anerkannte Auffassung als mit ihm im Widerspruch stehend bestreitet und bekämpft. Bei dieser Anschauung kann man allerdings beispielsweise dazu gelangen, gewisse Arten von Betrug als erlaubte, auf der Höhe der Civilisation stehende Handlung und bei jedem Morde den Mörder als Märtyrer aufzufassen, als ein Subjekt, das ein besonderes Recht auf Inanspruchnahme der ,,Humanität" in hervorragender Weise beurkundet hat. Diese letztern Sätze mögen als Uebertreibung erscheinen, sind es vielleicht auch; aber sie sind am Ende doch die durchaus nöthige Konsequenz der Abolition, wenn man sie vom Standpunkte der ,,Humanität", der ,,Civilisation" aus rechtfertigen will. Darum ist eben diese Argumentation unrichtig, weil sie zu Schlüssen führt, die unserem sittlichen Bewußtsein widersprechen. Kein Messer der Anatomen, kein Mikroskop der Physiologen wird sie zwar je im Nerven-, im Blut- oder im Knochensystem entdecken und nachweisen die jedem Menschen innewohnenden sittlichen Gesetze ; aber dennoch wissen wir,
daß sie existiren, wenn wir auch den letzten Grund dieser Thatsache als außerhalb des Horizontes menschlichen Erkennens liegend nie begreifen werden. Auf diese Thatsache der jedem Menschen innewohnenden s i t t l i c h e n Gesetze basirt sich in erster Linie das Strafrecht, überhaupt ; sie geben die letzte Antwort auf die Frage: Warum darf man nicht verläumden, betrügen, stehlen, brennen,

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rauben, morden ? und auf die: warum, wenn Letzteres doch geschiebt, strafen wir den Uebelthäter ? Daß anders die gesellschaftliche Ordnung nicht bestehen könnte, ist eine gelehrte Einsicht, eine Folgerung, die erst lange hintennach hinkt ; in ihr liegt nicht der Ursprung, der innere Grund der Strafe. Nicht den Formen der äußeren Gesittung, welche mit der steigenden Intelligenz und Arbeitsleistung sich verfeinern, hat das Strafrecht gerecht zu werden, sondern einzig dem innern sittlichen Bewußtsein des Volkes 32 , das sich näher nicht begründen, aber als Thatsache konstatiren läßt.

Denn daß Betrug, Raub, Mord verbotene Handlungen seien, das sagt das Gewissen jedem Menschen, das weiß er, auch wenn er ein Strafgesetz noch nie von außen, geschweige von innen gesehen hat. Das Sittengesetz verlangt aber auch, daß die Strafe gerecht sei, und es, und nicht die Gesittung wird daher in letzter Linie auch die Frage des Strafmaßes und der Strafart bestimmen. Wo die jeweilige Gesittung, die Civilisation, statt nach ethischem Gesetze nach ihrem Brauche das Strafrecht, das Strafmaß und die Strafart bestimmen, da sehen wir Unrecht für Recht ausüben; da sehen wir alle Fehler einer Zeit in schreckendster Weise in der Strafjustiz ausgeprägt. Solcher Auffassung, solchem Mißgriff verdanken alle die Gräuel der Strafjustiz ihre Entstehung, welcher wir oben gedacht haben, und so werden wir heute denselben Fehler begehen, wenn wir umgekehrt unser Strafrecht anpassen den sittlich schlaffen Begriffen der Humanität und der Civilisation.33 Es beweisen nämlich die äußeren Sitten noch keineswegs eine Erhöhung der Sittlichkeit. Als Rom den Höhepunkt seiner Civilisation erreicht hatte, war seine Sittlichkeit bis auf die niederste Stufe gesunken. Was aber Rom begegnet ist, kann auch andern Völkern widerfahren. Es läge die Sache ganz anders, wenn die Abolition darthun könnte, daß unsere Sittlichkeit die Todesstrafe unnöthig erscheinen lasse. Das wird dann der Fall sein, wenn sie in unserm Vaterlande keinen Mord mehr geschehen läßt. Ja, dann wollen wir stolz sein auf unsere ,,Civilisation11 ; dann wollen wir sie zertrümmern unsere Sehaffote und weiße Fahnen aufhissen auf unsern Richtplätzen! So lange aber nur der Mörder in der Schweiz nicht getödtet wird, so lange haben wir wohl wenig Veranlassung, auf die Höhe unserer ,,Civilisation"
so besonders stolz zu sein.

Daß aber die Sittlichkeit unseres Volkes gegen frühere Zeiten wesentliche Fortschritte gemacht habe und ein Zurückkommen auf diesem Gebiete ein sittlicher Rückschritt wäre, ist eine Verkehrung der Thatsachen.34 Der Bundesrath weist uns in seiner Botschaft nach, daß die Zahl der todeswürdigen Verbrechen sich in unserem Vaterlande in den letzten fünf Jahren bedeutend gemehrt

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habe 86 ; er weist nach, daß im benachbarten Deutschland dies in noch viel größerem Maßstabe der Fall ist,36 daß sich seit 1872 dort eine Vermehrung bis über hundert Prozent zeigt, bei den Verbrechen im Allgemeinen, z. B. der Körperverletzungen in Wurtemberg eine Vermehrung bis auf zweihundert Prozent; er berichtet, daß nur im Jahr 1877 in unserem Vaterlande sechshundert Selbstmorde, darunter 530 von Schweizerbürgern, auch solche der unreifen Jugend, vorgekommen sind. Und wie erklärt sich dies der Bundusrath und mit ihm die Minorität Ihrer Kornmission?

Mit den schlechten Zeiten, dem Nothstand. In einem Athenzug werden aber auch genannt: Ueberhandnehmeride Genußsucht und Ausschweifung, ,,reißende Fortschritte machende materialistische Lebensanschauung" und die ,,leider so stark zunehmende Trunksucht".37 Das ist also die ,,Höhe der Civilisation"1, auf der wir auf sittlichem Gebiete angelangt sind und mit der Schritt zu halten die moderne ,,Humanität" sich anstrengt, die Humanität, die den Mörder schonen will.

,,Der Zeichen genug treten uns entgegen,"1 sagt in einer neuesten Schrift ein schweizerischer Schriftsteller, 3S ,,da.ß die Klarheit und Festigkeit sittlicher Gesinnung in unseren Tagen vielmehr im Abnehmen als im Zunehmen begriffen ist, daß Laxheit und Verschwommenheit der sittlichen Grundsätze in zahllosen Erscheinungen zu Tage tritt, und daß die werthvollste aller Eigenschaften, die einen Menschen als Glied der Familie oder des Staates zieren kann, die unerschütterliche Gewissenhaftigkeit, oft gerade da fehlt, wo sie am meisten nöthig wäre.a Und diese allgemeine Laxheit, dieses allgemeine Sinken des sittlichen Barometerstandes soll eine Aufmunterung sein, auch in der Handhabung des Strafrechtes diesen ,,Fortschritt" zu machen, auf diese ,,Höhe" sich zu begeben und für das letzte Verbrechen die letzte Strafe zu streichen ?

Doch nein. Der ,,Nothstanda hat die Verbrechen vermehrt und -- wird ein Theil der Kommissionsminderheit hinzusetzen 39 -- die Kriege. Daß Kriege Mörder erzeugen, ist keine Frage und ist natürlich ; aber daß sie unsere erzeugt hätten, ist ebenso falsch,40 denn bekanntlich waren wir nicht im Kriege und ist bei uns durchaus kein Mord der letzten fünf Jahre erwiesen, der von einem ehemaligen ,,Krieger"' herrührte. Aber auch da, wo die Verwilderung des Krieges die Ursache der
Ueberhandnahme von todeswürdigen Verbrechen wäre oder ist, ist das ein Grund, das Strafrecht zu mildern, das ja im Kriege selber überall noch verschärft ist? Aber der ,,Nothstand", die schlechte Zeit. Erstlich ist die schlechte Zeit bei uns noch lange nicht zum ,,Nothstand" angewachsen, wo weder Arbeit noch Bitte den Hunger stillen, den Körper kleiden und ein Obdach finden kann. Wohl

583 gibt es viele gedruckte Familien gegenwärtig in der Schweiz, nicht bloß im unteren, nein namentlich im mittleren Stande Aber, daß in der Schweiz ein Nothstand herrsche ; daß für den rechtschaffenen Mann auf rechtschaffenem Wege das absolut Nothwendige nicht mehr erhältlich wäre, ist nicht wahr, ist eine Uebertveibung, die wir vor Allem offiziell nicht schützen dürfen. Baut man nicht Meiringen schon wieder auf? Hat man nicht jüngst in Genf in wenigen Tagen über hunderttausend Franken für die unbeschäftigten Arbeiter zusammengelegt? Bestehen nicht überall Armenbehörden, Pflegeanstalten, Waisenhäuser, Spitäler? Sind nicht in neuester Zeit Suppenanstalten wie Pilze aus der Erde geschossen ?

Baut nicht bald jeder Fabrikherr Arbeiterwohnungen? Bestehen nicht überall kirchliche und weltliche Unterstützungsfonds, die keineswegs erschöpft, ja nicht einmal alle voll angesprochen sind? Nein, die Schweiz lebt allerdings, wie ganz Europa, heute in gedrückten Zeiten, aber ein Nothstand existirt bei uns nicht.

Der Nothstand erklärte aber auch nicht den Mord, sondern nur den Diebstahl. Jeder Kriminalist weiß, daß schlechte Zeiten den Diebstahl mehren, und das ist auch wieder natürlich. Aber er weiß ebenso sicher, daß in den allerselteusten Fällen 41 der Mord die Folge unverschuldeter Noth ist. Haß, Eifersucht, Habgier, Genußsucht, Arbeitsscheu, ungezügelter Geschlechtstrieb, sie sind die Motive des Mordes und diese sind wirksam in guter Zeit ganz gleich wie in schlechter, in letzterer jedenfalls nicht mehr als in ersterer. Je verbreiteter diese werden, je mehr ihnen allerdings die Trunksucht, oder sagen wir lieber das ,,Kneipenleben" den Boden ebnet und Nahrung gibt, in desto größeren Dimensionen werden die Verbrechen sich mehren und wohl nicht weniger, j e laxer ihnen das Strafgesetz e n t g e g e n t r i t t . Daß aber die Trunksucht selbst in den meisten Fällen das Motiv der That sei, kann nicht zugegeben werden ; sie unterstützt, sie kräftigt den gefaßten Entschluß ; daß sie einzig aber ihn erzeuge, ist wohl weniger wahrscheinlich, als daß er ein Produkt der Liederlichkeit, der Verstumpftheit sei, welche eine natürliche Folge des Alkoholismus ist. Mit einem Wort, welches deren Ursache sei: i n d e r s i t t l i c h e n E n t a r t u n g d e s V e r b r e c h e r s l i e g t das M o t i v des M o r d e
s und nach ihrem Grade, wie sie sich vor, in und nach der That kundgibt, muß sich die Strafe, der sittliche Ausgleich, bemessen. Nach der Theorie der modernen Humanisten allerdings im verkehrten Verhältniß: d. h. je größer die Verkommenheit, je mehr sie schon habituell geworden, den ganzen Menschen ergriffen hat, sein Charakter geworden ist, je leichter die Strafe 4 2 ; nach anderer Ansicht aber, je mehr sie selbst verschuldet und die Frucht eigenen bösen Willens ist, je strenger die Strafe.

584 Doch weg mit aller Theorie über die Ursachen des Mordes.

Sehen wir uns einige Fälle an aus diesen letzten Jahren aus unserem Vaterlande und lassen wir einfach Akten 48 sprechen.

Basel-Landschaft.

Auszug aus dem Protokoll des Kriminalgerichts in L i e s tal, d. d. 6. November 1875. In Sachen W i t t l i n , Joseph, von Oberwil, 56 Jahre alt, verheirathet, Vater von 4 Kindern, Landarbeiter, und Mohler, Katharina, von Diegten, 59 Jahre alt, Wittwe betreffend Mord und Anstiftung hiezu, ward nach geheimer Umfrage und Berathung erwägend, es ist hergestellt, daß die Leiche des seit 29. Juli d. J.

vermißten Heinrich Weibel am 14. August in einer Waldung zunächst dem Hofe Kienberg, Banne Sissach, aufgefunden worden ist und zwar unter Umständen, die absolut auf ein Verbrechen, auf Mord, haben schließen lassen. Die öffentliche Meinung hatte den Verdacht sofort auf Wittlin und Wittwe Mohler, die Mutter des Gemordeten, gelenkt und zwar gestützt auf das auffällige Zusammenleben dieser beiden Personen seit dem Tode des zweiten Gatten der Wittwe Mohler ; diese Meinung hatte sich dann bald als die richtige erwiesen, indem Wittlin im vierten Verhöre sich als Thäter, als Mörder Weibels dargegeben hat ; nach seinen Angaben hätte er den Mord auf Anstiften der Mitangeklagten begangen, welche wiederholt sich geäußert, wenn nur der Heinrich auf die Seite geschafft werden könnte und ihm am 29. Juli beim Weggehen beider zugeflüstert habe: ,,bring ihn numme nümme heim;"' als weiterer Grund hat Wittlin angegeben, er habe beabsichtigt, sich von seiner Frau scheiden zu lassen, deßwegen auch schon Schritte gethau, um die Mohler ehelichen zu können; über die That selber hatte Wittlin sich vernehmen lassen : als er und Heinrich Weibel den Wald, in dem sie Getreidebänder zu schneiden beabsichtigt hatten, betreten, habe dieser ihm unter .der Aeußerung, er wolle ihm jetzt den Meister zeigen, einen Stoß versetzt, worauf er ihn zu Boden gerannt, demselben den bei sich getragenen ,,Hälsig"· entrissen, um dessen Hals gelegt, Weibels Kopf zwischen die Beine gelegt, geklemmt, den Strik mit beiden Händen gedreht, bis die Erstickung seines Opfers stattgefunden und dann die Enden des Seiles um einige junge Auswüchse eines Mehlbaurnstockes befestigt, um den Finder der Leiche annehmen zu lassen, es habe hier ein Selbstmord stattgefunden.

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Schaffhausen.

Dienstag den 28. November 1876, Vormittags zwischen 11 und 11 1/a Uhr, wurde eine Frau, Anna Keller von Beringen, auf der Straße, welche über die sogenannten Engewalduagen von Schaffhausen nach Beringen führt, ermordet. Die Ermordung muß mittelst eines stumpfen Instrumentes, z. B. einer Axt, stattgefunden haben.

Die Inspektion des Leichnams der Ermordeten ergab, daß auf der linken obern Seite des Kopfes der Schädel total eingeschlagen war ; ein Stük des Schädelknochens stand bedeutend vor. Unterhalb dieses Schädelbruches vom Ohr quer gegen das Auge zulaufend, zeigte sich eine zweite weitklaffende Wunde, von etwas kleinerem Umfange.

Die damals angehobene Untersuchung blieb mit Bezug auf den Thäter resultatlos, und hat sich derselbe erst am 6. August 1878 , anläßlich eines andern begangenen kleinen Vergehens, den Gerichten als solcher freiwillig denuncirt und zwar in der Person eines zur Zeit der That noch nicht ganz 17 Jahre alten Burschen, Namens Jakob Grieshaber, von Sehaffhausen, derSohn rechtschaffener Eltern, von guter Erziehung und bei seinen Eltern auf ihrem Bauerngütchen an gedachtem Walde wohnend.

Die Hauptverhöre mit demselben lauten: Im Verhör vom 6. August 1878 deponirt Grieshaber : Am 28. Nov.

1876 war ich damit beschäftigt, an der Halde im sogenannten Oerlifall Holz auszureuten. Ich hatte damals und früher schon Mangel an Geld. Ich faßte hiebei den Entschluß, auf irgend eine Weise mir Geld zu verschaffen. Hiebei war ich mir bewußt, daß aus dem Klettgau Weibspersonen in die Stadt kommen, um daselbst Schmalz zu verkaufen.

Von dem Orte aus, wo ich arbeitete, ging ich nach 11 Va Uhr gegen die Engestraße, beziehungsweise die Straße zu, die auf dem Plateau der Enge in die eigentliche Engestraße einmündet.. Von da aus ging ich dann diese letztere Straße gegen den Köpfenplatz hinunter, traf dort eine Frau in der Gegend, wo das sogenannte Schleifgäßchen in jene Straße einmündet.

Ich ging sofort mit ihr und gab ihr vor, daß ich trunken wäre, für die Gemeinde Gächlingen gearbeitet habe und im Begriff sei, dorthin zu gehen, ich wüßte aber den Weg nicht. Sie eröffnete mir, daß ich nur mit ihr bis zum Engebrunnen gehen solle, worauf ich den Weg wohl finden werde.

Die Frau trug an ihrem Arme einen Korb und ich setzte voraus, daß sie Geld bei sieh tragen werde.

Bundesblatt 31. Jahrg. Bd. I.

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41

586 Als wir dann über das Wetter und dergleichen sprechend auf der andern Seite der Enge und zwar an der Stelle angekommen waren, die ich mir Sonntags vorher schon zur Ausführung meines Vorhabens, Jemanden niederzuschlagen, um Geld zu erwerben, ausgemittelt hatte, zog ich meine Axt auf und versetzte ihr mit derselben von hinten einen Streich. Auf dies hin fiel sie vorwärts auf das Gesicht und jammerte beim Fallen : ,,Wa mo au da sie." Darauf gab ich keine Antwort und auch sie äußerte keinen Laut mehr.

Ich gab ihr dann noch zwei bis drei Streiche, bis ich sah, daß der Kopf zerschmettert war.

Ich hatte die Absicht, sie zu plündern, allein beim Anblick der Frau ergriff mich ein Schauder, denn es floß Blut vor mir, so daß meine Stiefel und meine Hosen blutig davon wurden.

Bevor ich wegsprang, sah ich, daß die Frau in ihrem Korbe einen Gertel und Reisten bei sich führte. Der Korb fiel ihr aber auf den Schlag zu Boden.

Ich floh dann der ,, Hochfluh tt zu, beziehungsweise ungefähr 50 Schritte von der That. Auf der andern Seite der Straße traf ich einen Ameisenhaufen, bei dem ich meine Stiefel und meine Hosen vom Blut reinigte.

Nachher ging ich nach Haus, aß zu Mittag mit meinen Geschwistern, trug meinem Vater, der die Gaslaternen putzt, das Mittagessen zu und ging nachher an meine Arbeit zurück.

Haben Sie die Frau gekannt, auf die Sie Ihre Axt geschwungen haben?

Nein, ich vermuthete nur, daß sie Geld habe und deshalb lauerte ich ihr auf.

Wie kommen Sie dazu, erst heute an amtlicher Stelle Ihr Geständniß über die begangene That abzulegen?

Ich habe wohl von den amtlichen Nachforschungen, die man angestellt hat, gehört, allein ich wollte erst zur Sache mich bekennen nach dem Falle, der heute passirt ist. Das Leben mit meinem Vater war mir erleidet und ich ging schon seit 14 Tagen mit dem Gedanken um, Anzeige von der Sache zu machen, zum Zwecke, damit ich von Hause weg komme.

Was war denn heute vorgefallen?

Ich habe heute bei Metzger Schwarz einen Vierling Schwartenmagen geholt, der 15 Cent, kostete; ich gab ihm ein 20-Centimesstück, und während er sich anschickte, mir den Rest zu holen, nahm ich eine Wurst, was entdeckt worden ist, weßhalb ich verfolgt und von den Metzgerknechten und Schwarz aufgegriffen wor-

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den bin. Nachdem ich dann auf die Wache geführt wurde, dachte ich an die Schande, die mir wartete, und da habe ich gedacht, ich wolle Alles sagen.

Haben Sie vor oder nach der That nicht auch derartige Sachen projektirt gehabt?

Schon vorher, als ich die That an der Enge beging, faßte ich den Entschluß, es müsse etwas geschehen, damit ich mir Geld verschaffen könne, und war eben die erzählte That die Ausführung dieses Entschlusses. Seitdem hatte ich wiederum circa Fr. 10 Schulden im Schwanenstübli, und um diese zu decken, nahm ich mir letzten Sonntag vor, Jemanden zu plündern.

In Ausführung dieses Vorhabens bewaffnete ich mich letzten Sonntag Nachts mit einer ,,Scheiea aus einem Staketenhage visà-vis der Bierbrauerei zum Mühlenthal und ging dann auf die Promenade; dort lauerte ich beim Eingang der Straße durch die Promenade auf einen Passanten. Die Gelegenheit, meinen Entschluß auszuführen, bot sich aber deßhalb nicht, weil eben vom Tanze vom Schützenhaus stetsfort Leute je zu zweien kamen, deßwegen ging ich dann unverrichteter Sache circa 5 Minuten vor 111lz Uhr nach Haus.

(Sig.) Jakob Grieshaber.

Auszüge aus dem Verhör mit Grieshaber vom 8. August: Sie hätten also den Mord an der Keller kurze Zeit n.ach Ihrer Konfirmation verübt?

Ja, 7 Monate nachher beging ich die That.

Sind Sie direkt hinter ihr (der Frau) oder neben ihr gelaufen?

Ich lief von Anfang an direkt hinter ihr, immer von der Absicht geleitet, ihr dann am passenden Orte den Streich mit der Axt zu versetzen Ich war stets mit dem Gedanken beschäftigt, daß ich das Geld, das sie meiner Ansicht nach bei sich tragen mußte, nicht anders erhalten könne, als eben durch Verübung des Mordes, und so lief ich dann eben hinter ihr nach bis zu jenem Orte, den ich, wie erwähnt, vorher schon als den passendsten zur Verübung einer solchen Handlung ausgelesen hatte.

Zur Charakterisirung Grieshabers mag noch folgender Umstund aus den Untersuchnngsakten erwähnt werden : Als die Untersuchungsbehörde in Begleit des Thäters einen Augenschein auf dem Thatorte einnahm, wurde auf dem Gange dorthin die Schwester des Grieshaber betroffen, die über die Sache furchtbar weinte, wobei Grieshaber in wegwerfendem kaltem Tone

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zu den ihn begleitenden Landjägern meinte : ,,Wenn's der (nämlich der Schwester) nur wieder besser werde."

Aus dem Bericht der Staatsanwaltschaft St. Gallen: R a u b m o r d an G i u s e p p e C a l i o t e r r a von Cuggiano, Provinz Milano.

Am 9. November 1876 wurde in Berg in einem Bächlein ein unbekannter männlicher Leichnam aufgefunden. Der vorhandene Reisepaß lautete auf den rubrizirten Namen. An dem Kopfe des Todten fanden sich zwei starke Verletzungen, je mit Schädelbrüchen, und auf der Brust drei Stichwunden vor. Die Ausmittlung der Thäterschaft blieb ohne Erfolg.

G e r t r u d B r a n d e r v o n K r u m m e n a u , pto. M o r d e s .

Die 31 Jahre alte Gertrud Brander, wiederholt im Armenhause untergebracht, hatte ihre zwei unehelichen Kinder bei ihren Eltern versorgt. Es war ihr nicht möglich, den Eltern eine verhältnißmäßige Unterstützung für den Unterhalt der beiden Kinder zu leisten. Denselben war die Last auch zu schwer geworden. Sie nahm das jüngere Kind, ein fünfjähriges Mädchen, von den Eltern weg und beim Nachdenken, was sie mit dem Kinde anfangen könne, kam sie zum Entschluß, es zu beseitigen und warf es über eine Felswand in einen Bach hinunter, wo das Kind todt aufgehoben wurde.

Urtheil: wegen Mordes lebenslängliches Zuchthaus.

Carl Gy g er. von Q u i n t e n , pto. M o r d e s .

Am Morgen des 25. März 1877 wurde die Frau des Josef Melcher zur Tümmelen in Wallenstadt beim sogenannten Türnmelenstadel todt aufgefunden und in dem weiter oben am Berge gelegenen Wohnhaus der Eheleute Melcher der Ehemann Josef Melcher in der Küche, resp. dem Hausgange, ebenfalls todt und in seinem Blute schwimmend angetroffen, während in Stube und Kammer Kommode, Kästen und Koffer erbrochen waren und der Inhalt zerstreut auf dem Boden herumlag.

Das amtsärztliche Gutachten konstatirte an den beiden Leichen nebst verschiedenen anderen Verletzungen bedeutende Knochenbrüche des Schädels, beigebracht durch ein stumpfes Instrument.

Der Angeklagte gestund nach anfänglichem Läugnen ein, er habe mit der Absicht auf unrechtmäßigen Gelderwerb sich Nachts ValO Uhr Eingang in die Melcher'sche Wohnung verschafft und

589 mit einem Knüttel den Josef Melcher im Hausgange niedergeschlagen, worauf er der Ehefrau, die mit einer Flinte unter der Kammerthüre erschienen, dann aber durch die Hinterthüre des Hauses entflohen, auf ihrer Flucht nachgeeilt sei und selbe mit dem Knüttel niedergeschlagen habe. Hierauf sei er in das Haus zurückgekehrt, wo er mit der der Frau entfallenen Flinte den Josef Melcher noch gänzlich stumm gemacht und nun vergebens nach Geld gesucht habe, worauf er davon geeilt sei und auf dem Heimwege die wimmernde Frau Melcher ebenfalls noch gänzlich todtgeschlagen habe.

Gyger, 27 Jahre alt, verehelicht, ist eine diabolische Natur.

Er ist mehr Thier als Mensch. Mit niederen Geistesanlagen versehen, auf einer tiefen Stufe der Erkenntniß und des Gefilhllebens stehend, verbindet er -- eine Erscheinung, welche dem psychologischen Beobachter in der Verbrecherwelt sich oft darbietet -- mit seiner moralischen Stumpfheit und Unentwickeltheit der intellektuellen Seite doch einen grossen Grad von Verschmitztheit.

Urtheil : wegen Mordes lebenslängliche Zuchthausstrafe.

Mord an der Tochter K a t h a r i n a Brandii in Kaltbrunn.

Die obenbezeichnete Tochter ist am '23. April 1878 todt in einer Wasserlache neben dem elterlichen Hause aufgefunden worden.

Die Verletzungen am Kopfe und am Halse haben den Erstickungstod herbeigeführt. Als Urheber dieser gewaltsamen Tödtung war der Pflegevater derselben in Untersuchung gezogen worden. Das Strafverfahren gegen denselben wurde jedoch Mangels rechtsgenüglichen Beweises aufgehoben.

o1J a k o b K e l l e r , G o s s a u , pto. M o r d e s .

Rubrikat, 15 Jahre alt, hatte mit der Wittwe Brunner fleischlichen Umgang gehabt. Diese drohte ihm, wenn er ihr nicht Fr. 10 Entschädigung gebe, werde sie ihn bei den Eltern verklagen. Das brachte den Knaben zum Entschlüsse, die Brunner um's Leben zu bringen. Als sie ihm später beim zufälligen Begegnen auf der Straße nochmals mit der gleichen Klage drohte, hieß er sie niederliegen, öffnete ihr das Oberkleid, schob die Kleider bei Seite und gab ihr mit einem Messer einen Stich in die Brust, dann mit dem geschlossenen Messer mehrere Streiche auf den Kopf, und als die Unglückliche sich noch erhob und um ihr Leben bat, nochmals mehrere Stiche in den Hals, worauf sie todt niedersank. In dem jungen Verbrecher erwachte in Folge rascher körperlicher Entwicklung frühzeitig der Geschlechtstrieb.

Durch unzüchtige Reden über geschlechtlichen Umgang, welche er mit Alters- und

590 Schulgenossen öfters hielt, wurde der Trieb zur mächtigen Begierde angefacht und der Wille wurde das Opfer einer unbändigen Lustgier. Zu seinem Unglücke traf er mit einer Person zusammen, welche sich ihm gerne preisgab. Bei Androhung der Anzeige wurde in dem Knaben das Gefühl der Furcht und Angst gesteigert und wohl unter dessen Einfluß die furchtbare That begangen.

U r t h e i l über den Minderjährigen: wegen Mordes zwei Jahre Arbeitshaus.

J o h a n n e s B l e i k e r v o n W a t t w y l , pto. M o r d e s .

Bleiker hat am 22. November v. J. das Töchterlein des Bauern Bruggmann im Feld, Oberhelfenschwyl, geb. 17. Januar 1868, auf öffentlicher Straße überfallen und es zu Boden geworfen, um es geschlechtlich zu mißbrauchen. In Folge der daherigen Gewalttätigkeiten wurden die Genitalien des Mädchens verletzt. Im Zorne über das Mißlingen des Wollustfrevels trug Bleiker sein Opfer von der Straße weg in das Gehölz hinein, dort versuchte er nochmals, seine Geschlechtslust zu befriedigen.

Um das Schreien des Kindes zu verhindern, versetzte er ihm Schläge in das Gesicht und hierauf würgte er es am Halse so lange, bis es endlich todt war. Er warf sodann die Kinderleiche über eine Felswand hinunter.

Aus dem Geständnisse des Mörders verdienen folgende Stellen herausgehoben zu werden: ,,Ich konnte die grausige That begehen, ohne daß ich welche Reue darüber verspürte, ich war mir sogar bewußt, was für Folgen ein derartiges Verbrechen nach sich ziehen müsse. Mit kaltem Blute setzte ich meinen Weg weiter fort."

,,Das elende Leben, welches ich zum großem Theile aus Mangel an Arbeit zu führen gezwungen, war mir recht sehr verleidet und ich hatte bei mir beschlossen, demselben dadurch ein Ende zu machen, daß ich eine That begehe, für welche ich auf längere Zeit ein Unterkommen im Zuchthaus finden würde.a ,,Ich habe über meine schreckliehe That öfters, nachgedacht ohne jedoch gerade besondere Reue zu empfinden, indem ich mir sagte, daß der Schnaps eigentlich mich zur That veranlaßt habe.

Wenn ich jeweilig etwas Schnaps zu mir genommen, so gerathe ich in eine Aufregung, welche mich dazu drängt, irgend etwas zu zerstören oder die erste beste Persönlichkeit, welche mir in den Weg kommt, anzupacken. Es war diese Aufregung jedoch mehr sinnlicher Natur, welche mir das Betasten und Prügeln der Mädchen besonders begehrlich erscheinen ließ.

591 Mit dem gewaltsamen geschlechtlichen Mißbrauche und der Ermordung des Mädchens Frieda Bruggmann konkurrirten drei Nothzuchts versuche, ein Versuch des Raubes, zwei Versuche des gewaltsamen fleischlichen Mißbrauches von Unmündigen, eine Körperverletzung, acht Fälle körperlicher Gewalttätigkeiten, sieben boshafter Drohungen gegen Unmündige, ein einfacher und ein qualifizirter Diebstahl.

Waadt. L'affaire dite de St.-Prex. (Aus dem ,,Journal des tribunaux14, 1876.)

Nos lecteurs savent que le 24 Octobre 1876 les cadavres de ces deux jeunes femmes furent trouvés : l'un sur la grève du lac de Genève, à 3 minutes au nord-est du village de St.-Prex, l'autre dans le ruisseau du Boiron, en amont du pont, à peu de distance de ce village.

On n'a pas oublié l'impression profonde que produisit la découverte de ces deux corps inanimés, portant .les traces des violences qui ont causé la mort.

La mort de ces deux femmes paraissant devoir être attribuée à un crime, le juge de paix décida d'ouvrir immédiatement une enquête. Il commmença par procéder à l'examen et à la levée des corps. Le premier cadavre trouvé près de la grève du lac, au lieu dit Eu Taille-cou, était déposé à 22 pieds environ de l'eau, au bas d'un ravin garni de buissons, dominé par la route. Loffice constata que le corps n'avait d'autres vêtements qu'une chemise, un mantelet brun et des manchettes. Cette femme paraissoit être âgée de 25 ans; elle était étendue sur le côté gauche, la tête portait des blessures nombreuses dont plusieurs paraissaient avoir été faites avec un instrument tranchant. On ne remarquait ni sur le corps, ni sur la place où il reposait, du sang répandu, pouvant faire supposer une hémorrhagie.

Le second cadavre gisait à 6 pieds de la base du pont du Boiron, dans le ruisseau. Comme le premier, c'était le cada.vre d'une femme vêtue seulement d'une chemise et d'un mantelet bleu.

Le crâne était enfoncé et dénudé; on constatait l'existence de blessures nombreuses faites avec un instrument tranchant; le crâne paraît avoir été enfoncé à coups de hache. Cette femme semble plus âgée que la précédente.

Der Befund war richtig. Der eine war der Cadaver der Frau Louise Maurer geb. Paquier, der andere der der ledigen Alice Cuérel. Wer ist der Thäter? Der Verlobte der letzteren, Samuel Gringet à Cugy, ein Fuhrhalter.

592 Et comment cela se fait-il? Fragt der Staatsanwalt.

/ Gringet appartenait pourtant à une honnête famille.

Son père fut un magistrat respecté, ses soeurs sont honorablement mariées.

D'où vient que Gringet seul, d'une nombreuse famille, vienne ici répondre de crimes épouvantables?

Messieurs, à un moment qu'il nous est difficile de déterminer d'une manière positive, mais qui peut remonter à 2 ou 3 ans, Gringet préféra le métier de maquignon, les foires, la vie échevelée, à la vie simple et tranquille des champs.

Les excès de boisson, les courses incessantes sur nos places de marché l'amenèrent insensiblement au libertinage, à l'ivrognerie et à la paresse. Ces trois vices qui mènent toujours à la dégradation morale, souvent au crime, poussèrent Gringet, après une ignoble nuit de débauche, à pratiquer sur ses deux maîtresses les violences qu'il avait l'habitude de commettre sur ses chevaux.

Et après avoir transporté ces cadavres sur son char, dont il fit un corbillard, il alla jeter ses victimes rière le territoire de St.-Prex.

C'est ainsi que le 24 Octobre 1876, d'honnêtes pêcheurs de ce village aperçurent, depuis leur petit bateau, alors qu'ils rentraient dans leurs paisibles demeures, 'un cadavre gisant sur la grève du lac. Peu après on annonça qu'un second cadavre avait été trouvé sous le pont du Boiron.

Gringet est célibataire, il avoue qu'il s'est adonné à la boisson depuis la mort de sa mère. Il n'a connu Alice Cuérel que quelques jours avant le tir fédéral; c'est depuis cette époque qu'ils ont vécu ensemble et qu'il lui avait promis de l'épouser. Il reconnaît avoir donné la mort à Alice Cuérel et à la Maurer étant en état d'ivresse et c'est pour cacher son crime qu'il a écrit aux parents de la première, quelque temps après l'assassinat, qu'elle l'avait quitté depuis un mois, et c'est aussi dans ce but qu'il a affirmé l'avoir rencontrée à Genève le 5. Novembre 1876.

M. le Président. Qu'avez-vous fait le samedi 21 octobre? -- R. Nous avons été à Lausanne avec Alice Cuérel.

M. le Président. A quelle heure êtes-vous parti de Cugy le samedi matin? -- R. Entre onze heures et demie et midi.

M. le Président. Ensuite que s'est-il passé?

L'accusé raconte alors avec beaucoup de détails que Alice Cuérel ayant trouvé des connaissances à Lausanne, ils se sont mis

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à boire avec elles. Ils sont ainsi couru plusieurs cabarets. Revenus à l'hôtel de France pour prendre le char, la fille Cuérel manifesta le désir d'aller voir la femme Maurer, qu'elle connaissait. Ils la trouvent dans un café et boivent avec elle, faisant ainsi le tour d'un grand nombre d'estaminets. Ils reviennent ensuite à l'hôtel de France, où la femme Maurer, absolument ivre, occasionne des attroupements. Là encore on s'arrête pour boire, puis on boit encore au Mont et entre le Mont et Cugy. Tous trois étaient ivres, mais · les deux femmes plus que Gringet. Ils arrivent ainsi à Cugy vers les onze heures du soir.

M. le Président. Pourquoi avez-vous tant bu? -- R. On était en route, il fallait boire.

M. le Président. Où les deux femmes se sont-elles couchées?

-- R. A la chambre en haut.

M. le Président. Et vous, où vous êtes-vous couché? -- R. Sur le regain.

M. le Président. Qu'avez-vous fait en arrivant? -- R. J'ai dételé, j'ai mené mon cheval à l'écurie, puis je suis rentré à la cuisine. On y est resté un moment. La, Maurer allumait le feu pour faire du café, mais on n'avait point de lait. On est alors monté à la chambre. On a causé; puis les femmes m'ont dit: il te faut aller coucher sur le foin.

M. le Président. Quand êtes-vous remonté? -- R. J'ai mené abreuver mon cheval, puis je suis monté. Sur le regain, j'ai entendu les femmes parler de Genève. Je me suis couché. Au bout de dix minutes, j'ai senti que mon porte-monnaie manquait. Je suis descendu à la cuisine; j'ai vu de la lumière à la chambre; je suis monté et ai cherché dans le bureau, mais je n'ai rien trouvé. J'ai trouvé le porte-monnaie dans les habits de la Maurer. J'ai jeté par terre les habits en disant: ,,Vous enlève pour des p et des voleuses."1 J'ai saisi un marteau sur la fenêtre et les ai frappées.

Le marteau dont s'est servi l'accusé et qu'il reconnaît est présenté aux jurés. Il est court, mais massif et très-lourd. La vue de cet instrument fait impression sur l'assistance.

M. le Président. Vous devez comprendre que nous ne pouvons ajouter foi à cette histoire de vol. C'est une pure invention de votre part. -- R. C'est comme cela, c'est la vérité.

M. le Président. Il n'est pas probable que ces femmes aient été prendre le porte-monnaie dans votre pantalon que vous aviez sur vous dans ce moment. -- R. Cela leur était facile en s'amusant avec moi ; les femmes sont habiles, allez seulement.

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M. le Président. Combien contenait-il, votre porte-monnaie ?

-- R. Cent francs.

M. le Président. Pourquoi ne l'avez-vous pas caché en arrivant? -- R. Je ne me méfiais pas d'elles; je ne pensais pas qu'elles le prennent.

M. le Président. Comment ces femmes qui avaient bu ontelles pu vous prendre ce porte-monnaie? -- R. Je ne sais pas comment elles l'ont pris ; je ne m'en suis pas aperçu.

M. le Président. Pourquoi l'auraient-elles pris? -- R. Pour partir pendant la nuit.

M. le Président. Sur laquelle des femmes avez-vous frappé en premier lieu ? -- R. Sur la Maurer, qui se trouvait au bord du lit.

. M. le Président. Pourquoi avez-vous tué Alice Cuérel? -- R. Parce que j'ai pensé qu'elle était d'accord avec l'autre.

M. le Président. N'est-ce pas plutôt pour faire disparaître le témoin de votre premier crime? -- R. Non, du tout. J'ai dit puisque ça va comme ça, hardi! toutes les deux.

M. le Président. Vous avez tué sans motif Alice Cuérel, à qui vous aviez promis de l'épouser? -- R. Oui, parce qu'elle était d'accord avec l'autre et voulait partir pour Genève.

M. le Président. Vous avez trouvé le marteau sur la fenêtre?

-- R. Oui.

M. le Président. Qu'avez-vous fait après les avoir tuées? -- R. Je les ai tirées en bas du lit.

M. le Président. Pourquoi cela? -- R. Je n'en sais rien, car je les ai remises après sur le lit.

M. le Président. Vous avez donné aussi des coups de couteau? -- R. J'ai tiré mon couteau et leur, ai donné quelques coups pour voir si elles étaient mortes.

M. le Président. C'était pour les saigner? -- R. Ce n'était pas seulement tant pour les saigner; c'était pour voir si elles étaient mortes.

M. le Président. Ont-elles crié? -- R. Non.

M. le Président. Elles ont été assommées du coup ? -- R. Oui.

M. le Président. Combien de temps cela a - t - i l duré? -- R. Cela a d'abord été fait.

M. le Président. Quand vous avez vu qu'elles étaient mortes, qu'a.vez vous fait? -- R. Je les ai couvertes et j'ai été me coucher

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M. le Président. Vous avez dormi? -- R. Je n'ai rien pu dormir.

M. le Président. Et le dimanche, qu'avez-vous fait? -- R. J'ai été boire à la pinte; je me suis changé; j'ai été à Morrens, Cheseaux et Lutry. J'ai passé chez ma soeur en allant.

M. le Président. Quand vous avez été de retour, votre beaufrère ne vous a-t-il pas vu pleurer? -- R. Oui. Je lui ai dit que ma bonne m'avait quitté. Il m'a fait entrer; j'ai bu et mangé chez lui.

M. le Président. Vous la regrettiez? Vous vouliez l'épouser?

-- R. Oui.

M. le Président. Votre beau-frère vous a fait entrer et vous a questionné. Vous lui avez dit que ce que vous aviez fait vous ne vouliez pas le dire, que vous alliez partir? -- R. Oui, il m'a consolé ; il m'a dit que j'en trouverais bien une autre.

Les deux sacs dans lesquels ont été transportés les cadavres sont présentés à l'accusé; il les reconnaît.

M. le Président. Comment avez-vous fait avec les cadavres ?

-- R. Je les ai mises les jambes les premières. J'avais plié les jambes. Je les ai mises sur mon char.

M. le Président. Comment étaient-elles placées? -- R. La tête contre le banc. Elles avaient les jambes ployées; elles étaient couchées; cela faisait juste la longueur du char.

M. le Président. Comment les avez-vous chargées? -- R. Je les ai portées sur mon épaule depuis le lit. Je les ai mises sur le char et j'ai mis du foin dessus.

ZUrich.

Der D o p p e l m o r d in E l l i k o n . Am 7. Juli 1877 machte Ulrich Engeler von Ellikon beim Gemeindeammannamt in Rickenbach die Anzeige, daß er in einem kleinen Bachtobel unweit der von Rickenbach nach Ellikon führenden Landstraße die zwei Kiuder Marie und Julius Frey, Schusters, von Ellikon, todt und in einem Zustand gefunden habe, aus welchem man habe schließen müssen, daß sie von fremder Hand ermordet worden seien.

Der ärztliche Befund ergab Folgendes: Marie Frei, 5 Jahre alt, zeigte sehr -bedeutende Verletzungen der Geschlechtstheile, welche in Verbindung mit zahlreichen Quetschungen an Beinen und Annen es außer Zweifel setzten, daß das Kind genothzüchtigt worden.

Ferner finden sich über die obere Hälfte des Gesichts, beinahe

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kontinuirlich an einander sich reihend, so heftige und ausgebreitete Quetschungen und Schürfungen, kleine Hautwunden etc. etc., daß die Vermuthung nahe liegt, das Kind habe einen oder mehrere gewaltige Streiche mit einem groben stumpfen Werkzeuge, z. B. einem Knebel, in jener Gegend erlitten. Am Halse linkerseits zeigen sich Quetschungen und Schürfungen, die den Verdacht des Würgens erregen.

Julius Frei, 3 Jahre alt, zeigt auf dem Schädel zwei große, tiefe, gerissene Hautwunden und zahlreiche starke Quetschungen und Schürfungen, so daß die Vermuthung nahe liegt, diese Verletzungen seien durch einen oder mehrere Streiche mit einem groben, stumpfen Werkzeuge, z. B. einem Knebel, entstanden.

Bei beiden Kindern waren die Kleider so naß, daß angenommen werden muß, sie seien im Wasser gelegen.

Das ärztliche Gutachten bezüglich Todesursache etc. sagt: Die Geschwister Marie und Julius Frei sind durch Erstickung getödtet worden. Der Erstickungstod erfolgte vor dem Inswassergeworfenwerden, resp. die Kinder wurden als Leichen ins Wasser geworfen. Die Erstickung kam dadurch zu Stande, daß beiden Kindern durch Verschluss von Mund und Nasenöffnungen der Zutritt der Luft zu den Athmungsorganen unmöglich gemacht wurde.

Das Mädchen wurde vor seiner Ermordung geschlechtlich gebraucht u. s. w. Der Ermordung beider Kinder durch Ersticken giengen zahllose rohe Mißhandlungen voraus. Offenbar hat sich das Mädchen gegen seine Mißbrauchung gewehrt, daher mußte der Mörder sich sehr anstrengen, um es festzuhalten, daher die vielen Verfärbungen am linken Arm, am linken Schenkel. Um das schreiende und sich wehrende Kind mundtodt zu machen, versetzte er ihm wahrscheinlich in dieser Phase des Verbrechens einige derbe Schläge auf den Mund und den Kopf. Erst nach befriedigter Geschlechtslust schritt der Thäter zur direkten Tödtung seines Opfers.

Wer war der Thäter? Antwort : der 30 Jahre alte Ulrich Eugeler von Ellikon, der die Sache selbst zur Anzeige brachte.

Im Verhöre vom 13. Juli 1877 gibt er nach vorhergegangenem Leugnen Folgendes zu Protokoll: Ich bin bereit, über das von mir begangene Verbrechen volles Geständniß abzulegen : Ich war etwas angetrunken und wollte in den Wald rechts von der Straße gehen, um dort zu sehen, wo es Weiden habe; ein Instrument trug ich nicht bei mir, ich beabsichtigte noch nicht, Weiden zu schneiden, sondern bloß, zu sehen, wo es solche gebe.

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-- Ich begegnete den Kindern Frey, welche mit ihrem Wägelchen auf der Straße dahin fuhren, und sie erzählten mir, daß sie beabsichtigten, Kuhkoth zu sammeln und nach Brdbeeren im Walde zu suchen. Ich führte das Mädchen an der Hand und wir gingen eine Strecke weit mit einander, dann verließ ich sie und ging meines Weges weiter. Unweit der Stelle, an welcher das Wägelchen der Kinder stehen blieb, ging ich rechts in den Wald. Ich kam aber nicht weit in denselben, bis ich ein Geschrei der Kinder hörte. Zurückeilend und dem Geschrei nachgehend, fand ich die Kinder unten im Tobel, sie waren über das Bord hinuntergekugelt und lagen unweit vom Bach bord, nahe der Stelle, wo sich nachher eine Blutspur fand. Als ich zu ihnen hinkam, fingen sie' noch lauter an zu schreien, wahrscheinlich, weil sie sich verletzt hatten oder sich fürchteten ; ich hieß sie ruhig sein, aber sie weinten und schrieen noch lauter. Da schlug ich dem Kinde mit der Faust eins ins Gesicht ; als es weiter schrie, wurde ich so ,,wild" und aufgeregt, daß ich immer weiter auf die Kinder einschlug, mit der Faust und auch mit den Schuhen, ob ich sie auch in die Höhe gehoben, und gegen den Boden geworfen habe, kann ich nicht sagen. Als ich wieder zur Besinnung kam, waren beide todt, wenigstens gaben sie keinen Laut mehr von sich; ich bereute in jenem Augenblick meine That, und weil die Kinder stark bluteten, hielt ich sie ins Wasser, um das Blut abzuspühlen und mich zu vergewissern, ob noch eins vielleicht lebe. Sie gaben aber keinen Laut mehr von sich und ich nahm sie wieder heraus und legte sie ans jenseitige Bachbord. Ich blieb noch wohl eine Viertelstunde bei ihnen stehen, dann ging ich, um den Verdacht von mir abzulenken, nach Rickenbach und machte selbst Anzeige von dem Tode der Kinder.

Das ist nicht wahr, daß ich den Kindern aus dem Grunde und mit der Absicht nachgegangen sei, um mich an dem Mädchen zu vergreifen oder es zu nothzüchtigen. Ich weiß auch nichts davon, daß ich ihm mit der Hand oder einem Finger seinen Geschlechtstheil berührt habe, daß es dadurch an demselben hätte verletzt werden können. Wenn es eine derartige Verletzung hat, so muß sie durch die Thätlichkeiten entstanden sein, welche ich verübte, als ich in halbem Wahnsinn immer auf die Kinder einschlug.

In einem zweiten Verhöre vom 1. August bleibt Engeler im Wesentlichen
auf seiner ersten Darstellung, und bestreitet, das Mädchen geschlechtlich gebraucht zu haben. Auf die Frage : ,,Einzelne Verletzungen, hauptsächlich des Knaben sind derart, daß sie unmöglich von bloßen Faustschlägen herrühren können, habt Ihr nicht irgend ein Instrument gebraucht? antwortet Engeler: Nein,

598 das nicht, ob ich aber die Kinder oder eines derselben gegen einen Baumstamm stieß oder warf, das kann ich nicht sagen.

Die Anklage gegen Engeler lautete: Er habe am 7. Juli vorsätzlich und mit Vorbedacht die beiden Kinder Frey nach vorheriger arger körperlicher Mißhandlung durch Abschließung der Luftwege von der atmosphärischen Luft (Verhinderung des Athmungsprozesses) rechtswidrig getödtet und sich deßhalb des zweifachen Mordes schuldig gemacht. J In der Verhandlung vom 30. August 1877 gab Engeler die Anklage in ihrem ganzen Umfange zu, wurde demgemäß schuldig erklärt und zu lebenslänglichem Zuchthaus verurtheilt.

Bern.

Biel. R u d o l f ' M e y e r , d e s M o r d e s u n d d e s M o r d versuchs, sowie des Diebstahls beklagt.

Mit Bezug auf erstere Punkte sagt die Anklageschrift im Wesentlichen Folgendes : ,,Der angeklagte Rudolf Meyer hat von der Polizeibehörde seines Wohnortes ein gleichgültiges, aber doch kein eigentlich schlechtes Leumundszeugniß erhalten. Ein gewesener Lehrer dagegen, welcher während 5 Jahren Gelegenheit hatte, ihn zu beobachten und sich mit ihm zu beschäftigen, gibt die schriftliche Erklärung ab, er sei ein Thierquäler gewesen und er habe auf händelsüchtige Weise seine Gespielen und auch Erwachsene verfolgt und ihnen auf der Sti-aße Schimpfworte zugerufen und Steine und Koth nachgeworfen. Trotz. Luffe, Jähzorn und Schlauheit sind bei ihm allmälig zur andern Natur geworden.

Meyer erscheint auch nicht in den Strafkontrolen der Centralpolizei, allein dessen ungeachtet ist er doch schon bestraft worden und zwar vom Amtsgerichte Biel am 22. September 1869, korrektionell, wegen Mißhandlung einer Weibsperson, z u 30 T a g e n G e f a n g e n s c h a f t . Er hatte dieselbe zwischen Biel und Bözingen zur Nachtzeit angegriffen, in der Absicht, sie zu mißbrauchen, und so zu Boden geworfen, daß sie ein Bein brach.

Um nun die Anklage auf Mordversuch, begangen an der Person der Elisabeth Reußer, und diejenige auf Mord, begangen an der Person der Anna Barbara Jetter, zu begründen, ist es nothwendig, einen neuen Blick zu werfen, sowohl auf die Person des Angeklagten als auf den Schauplatz, auf welchem er sich zur Nachtzeit herumzutreiben pflegte und auf welchem mehrfache Verbrechen begangen worden sind.

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Meyer hat seine Jugend in Mett zugebracht, wohnte später mit seiner Familie in Bözingen und in der letzten Zeit auf der Ländte zwischen Biel und Nidau. Diese ihm auf das Genaueste bekannte Gegend ist denn auch das Revier seiner nächtlichen verbrecherischen Abenteuer.

Im Juni 1869 überfiel er um Mitternacht zwischen Biel und Bözingen, wie schon oben angedeutet, eine ältere Weibsperson, Namens Maria Schindler, mußte aber von seinem Vorhaben abstehen , weil auf ihr Geschrei Leute herbeieilten ; doch konnte er ihr noch rasch einen Stoß oder Sehlag geben, in Folge dessen sie zu Boden fiel und ein Bein brach. Von der Anklage auf Nothzuchtsversuch rettete ihn blos der Umstand, daß o die Schindler früher ein liederliches Leben geführt hatte und schon 57 Male bestraft worden war.

Die Elisabeth Berchtold, ein junges Mädchen, welche am 26. Dezember 1872 Abends um 9 Uhr von Nidau nach Biel ging, griff er bei den Torfschuppen in der gleichen Absicht an, wie die Schindler, warf sie zu Boden, kniete auf sie, schlug sie und drohte ihr, sie zu tödten, wenn sie sich nicht hingebe. Er wurde zwar von Vorübergehenden verscheucht, allein erst, nachdem er die Berchtold so mißhandelt und gewürgt hatte, dass sie aus Mund und Nase blutete.

Auf gleiche Weise griff er in der Umgegend von Biel auch andere Weibspersonen an, wurde aber in der Regel oder doch häufig verscheucht.

Zwei gleiche Angriffe erlitt zwischen Biel und Bözingen die Elisabeth Mühlstein, welche noch dazu eine gute Bekannte und Freundin des Meyer war. Das erste Mal wollte er sie erwürgen und das zweite Mal erstechen. Das zweite Mal war er übrigens nicht allein, sondern begleitet von zwei andern Burschen, und Meyer raubte ihr noch ihr weniges Geld, bestehend in Fr. 3. 50.

Auch die Magdalena Bürgin, eine alte Vagantiu, welche vor einigen Jahren im Brüggwalde von andern Vaganten ermordet worden ist, kannte er näher und wollte sie einmal unter ähnlichen Umständen in die Scheuß werfen.

Meyer ließ sich aber nicht immer verscheuchen. Ein gewisser Johann Graber, ferner Jakob und Gottlieb Gräber, Gottlieb Bitter und Jakob Pilloud trafen ihn einmal um Mitternacht auf dem Wege von Biel nach Bözingen mit einer Weibsperson und wollten ihn stören, er zog aber das Messer, so daß Gottlieb Graber sich flüchten mußte. Die Uebrigen konnten ihn aber überwältigen und klopften ihn tüchtig aus, allein noch lange Zeit später drohte er ihnen

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thatsächlieh und mit Worten, sie dieses Vorfalles wegen umzubringen.

Einen gewissen Jean Gloor wollte er einmal in der Nacht aus unbekannten Gründen in die Scheuß werfen, wurde aber durch dritte Personen daran verhindert.

Im November 1872 hatte nun Meyer einen ganz besondern Anfall von maßloser Liederlichkeit und Wildheit. Nachdem er in Biel und Umgebung bereits mehrere Tage mit Trinken, Spielen und andern Ausschweifungen zugebracht, miethete er am 25. November in Nidau ein Fuhrwerk und fuhr, ohne weiteres Motiv als Liederlichkeit und Démoralisation, nach Bern, wo gerade Messe war. Er begegnete daselbst auf der Straße einer Weibsperson, Namens Elisabeth Reußer, welche er weitläufig von Bözingen her kannte, führte sie in mehrere Meßbuden, trank mit ihr eine Flasche Wein, gab sich als einen ledigen Mann aus, der gerade eine Haushälterin nöthig habe -- er, der zu Hause eine Frau und 5 Kinder hatte -- und lud sie ein, den Platz als Haushälterin bei ihm zu übernehmen. Arglos nahm sie den Vorschlag an, stieg zu ihm ins Fuhrwerk und reiste mit ihm ab, den Weg über die Steinbrücke, wo noch eingekehrt wurde und wo er sie als seine Schwester ausgab. Vor Maikirch, in einem Walde, packte er sie nun plötzlich, würgte sie und nahm ihr mit Gewalt die 3 -Junfìfrankeii thaler, welche er ihr als Haftpfennig gegeben hatte, und wollte sie tödten; sie konnte zwar aus dem Fuhrwerk springen, allein er verfolgte sie, holte sie ein, versetzte ihr 15 Messerstiche in Hals, Kopf, Brust, Arme, Bauch und andere Körpertheile, suchte ihr noch mit seinen Stiefelabsätzen den Todesstoß zu geben und ließ sie endlich in ihrem Blute schwimmend als todt im Walde liegen. Er fuhr hierauf seines Weges weiter, kehrte aber bald zurück mit dem Fuhrwerk, stieg aus bei der Stelle, wo er das Verbrechen begangen hatte, untersuchte noch sein Opfer, ob es wirklich todt sei, und fuhr dann, als er sich davon überzeugt zu haben glaubte, zurück in die Gegend von Bern und von da über die Tiefenaubrücke nach Lyß und über Aarberg nach Nidau, wo er ungefähr Morgens um 3 Uhr mit dem zum Einsinken ermatteten Pferde wieder anlangte.

Natürlich wählte er diese diametral veränderte Richtung für seine Heimreise, um die Spuren seiner Anwesenheit auf Ort und Stelle des Verbrechens zu verwischen und nötigenfalls beweisen zu können, daß er nicht die Richtung über
Maikirch eingeschlagen habe.

Die Stunde der Elisabetha Reußer hatte indessen noch nicht geschlagen ; am Morgen erwachte sie aus ihrer Bewußtlosigkeit, schleppte sich aus dem Walde auf die Straße und wurde aufgefunden und in den Inselspital verbracht, wo sie 48 Tage lang verpflegt wurde.

601 In der Untersuchung über dieses in seinen Motiven unbegreifliche Verbrechen wies Meyer jede Beteiligung von der Hand und läugnete hartnäckig, allein der außerordentliche Untersuchungsrichter, Hr. Gerichtspräsident Burri in Buren, führte die Untersuchung so scharfsinnig und förderte so schlagenden Beweis zu Tage, daß Meyer endlich die Fruchtlosigkeit des fernem Läugnens einsah und, überwältigt von der Klarheit des Beweises, ein, wenn auch gewundenes, Geständniß ablegte.

Am 6. März 1873 war in Biel Jahrmarkt, beim Gasthof zum Bären wurde getanzt. Meyer, der anwesend war, tanzte ebenfalls.

Eine junge Weibsperson, Namens Elise Pilloud, tanzte ebenfalls und verließ im Lauf des Abends den Saal; sie wurde nicht wieder gesehen, bis ihr Leichnam am 31. März beim Einflüsse des Scheußkanales in den See im Wasser gefunden wurde.

Meyer hatte im Laufe des Abends, ungefähr zur nämlichen Zeit wie die Pilloud, den Saal ebenfalls verlassen, war aber wieder zurückgekehrt und hatte fortgefahren, zu tanzen.

Obgleich es gar keinem Zweifel unterliegen kann, daß die Pilloud an diesem Abend ermordet worden sei und, obgleich bei der Frage nach dem Thäter unwillkürlich der Gedanke an Meyer erwacht, haben sich doch nicht genug Anhaltspunkte finden lassen, um den Meyer auch dieses Mordes wegen den Assisen zu überweisen.

Ungefähr Abends um 11 Uhr verließ nun Meyer den Tanzsaal noch einmal und zwar gleichzeitig mit der Anna Barbara Jetter, einem Mädchen,i welches sonst in Bözina:en wohnte.

O Der Zufall fügte es nun so, daß die Elisabeth Berchtold, welche Meyer im Dezember 1872 bei den Torfschuppen hatte zwingen und auf ihren Widerstand hatte erwürgen wollen, das Paar sich entfernen sah. Die Erinnerung an den von Meyer erlittenen Ueberfall .veranlaßte sie, den Beiden heimlich zu folgen und sie sah dieselben zusammen durch die Nidaugasse gegen die Kanalbrücke gehen, wo sie mit zweimal rechtsum abschwenkten und gegen das neue Quartier zugingen. Beim ersten Hause links bogen 'sie ab auf die dort befindliche Wiese, durch welche der sogenannte Kesselgraben führt, und verschwanden zusammen in der Dunkelheit auf einen Platz am Graben, auf welchen solche Paare sich auf kurze Zeit begeben.

Am folgenden Tage wurde die Jetter todt und beraubt im Graben gefunden, in einer Lage und Stellung, welchen keinem Zweifel Raum lassen, daß sie damals durch Mörderhand den Tod gefunden hat.

»

Bundesblatt. 31. Jahrg. Bd. I.

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602 Bei den Vorgängen, welche über Meyer bekannt sind und da, er die Jetter auf den Platz geführt hat, an welchem sie am folgenden Tage ermordet aufgefunden worden, kann kein Zweifel obwalten: Meyer ist es, der sie ermordet hat.

Dem Antrag der Staatsanwaltschaft gemäß wurde Meyer am.

23. März 1874 von dem Assisenhof des vierten Geschwornenbezirks des Kantons Bern des Mordes an der Anna Barbara Jetter und des Mordversuchs an der Elisabetha Reußer schuldig erklärt u n d z u m T o d e verurt-heilt.

Gegen das Urtheil hatte Meyer ein Kassationsbegehren eingereicht, das vom Kassationshof allerdings verworfen wurde; allein i n z w i s c h e n t r a t d i e neue B u n d e s v e r f a s s u n g m i t d e m d i e T o d e s s t r a f e a b s c h a f f e n d e n Artikel 6 5 i n K r a f t , und k o n n t e deshalb das T o d e s u r t h e i l nicht mehr vollzogen w e r d e n .

Freiburg.

Extrait des protocoles de la Préfecture de la Sarine, du fi octobre Ì878.

Avisé par le gendarme appointé Grivel à Fribourg que l'on avait trouvé le cadavre d'une jeune fille pendu à une poutre dans un hangar situé vis-à-vis de la gare, entre le restaurant des Fillettes et la routeer de la basse ville, le préfet accompagné dû docteur Python et du 1 secrétaire de la Préfecture, s'est transporté sur les lieux pour constater le fait et procéder à la levée du cadavre..

A notre arrivée un nombreux public stationnait autour du hangar et le corps de la victime qui avait été détaché par le gendarme Grivel, gisait à terre, recouvert d'un sac.

Le cadavre est celui d'un enfant de 10 à 11 ans, il avait été suspendu, au moyen d'une ficelle, neuve en apparence, à une poutre (bois en travail) placée à 1 mètre 30 cm. du sol et longue de il mètres 50 cm., l'une des extrémités repose sur un tas de planches et l'autre a terre. Une partie est enroulée autour de la poutre, faisant autour d'elle un double tour, les deux extrémités sont pendantes dans le vide 5 l'autre partie se trouve autour du cou dans un état de relâchement. A l'extrémité de la corde, sur la, nuque est un noeud coulant dans lequel sont pris quelques cheveux de même couleur que ceux de la victime. (Les cheveux sont pris dans le noeud lui-même.) Dans l'oeillet de ce noeud coulant est passée la corde qui fait ensuite un second tour autour du cou. La longueur du lien entier est de 1 mètre 73 cm.

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Les jambes légèrement fléchées touchaient le sol,-la tête un peu renversée penchait à gauche et les bras pendaient le long du corps (déclaration du gendarme Grivel).

On ne remarque aucune trace de lésions sauf deux petites excoriations à droite de la bouche, les habillements sont propres et ne portent aucune trace de lutte.

Wer hat dieses Kind getödtet? Seine Mutter. Wer ist sie?

Seit dem Januar 1878 die Frau des Julius Ruchat, Wagner.

Warum? Damit ihr Mann nicht erfahre, daß sie ein uneheliches Kind besitze. Wie hat sie es gemacht? Im Verhör vom 18. November 1878 sagt sie: J'avoue avoir pris le train à Berne pour Friboiirg avec ma petite sans être accompagnée de personne, le train six heures vingtcinq le seize octobre. Arrivées à la gare de Fribourg nous sommes descendues et après avoir descendu le perron de la gare nous nous sommes dirigées par la route neuve qui descend à la basse ville; cherchant un endroit favorable, ayant fait un bout de chemin elle me dit ne me mène pas si loin afin qu'on me trouve, il y a là quelque chose, allons y, et nous y sommes allées, là nous avons encore prié, puis nous étant relevées, elle se mit elle-même la corde au cou et je l'attachais dans ce hangar; après quoi elle me dit, laisse-moi, et je me suis en allée avant qu'elle ait expiré.

Je confirme cette déposition comme étant véritable.

sig. Henriette Ruchat-Berger.

Im Schlußverhör, pag. 57 der Akten, heißt es : Frage: Avez-vous usé de violence pour activer sa mort?

Antwort: Je l'ai fortement serrée contre moi, je lui ai mis la corde au cou, et voyant qu'elle n'était pas morte, je lui bouchait avec la main les organes respiratoires afin d'empêcher ses cris, je l'avais avant cela attachée à la poutre qui se trouvait dans ce hangar.

So sprechen die Akten, denen also noch über zweihundert weitere Fascikel aus diesen fünf Jahren beigefügt werden könnten.

Wir lassen sie alle ohne Kommentar.

Aber sie sei so abscheulich, sagen die Abolitionisten, die Todesstrafe. Der Henker, der Scharfrichter, der am Ende den ersten Streich noch fehlt ! Sie strengen sich an, die Phantasie ihrer Leser und Hörer von dem Bilde eines womöglich verfehlten, skandalösen Vollzuges der Todesstrafe einzunehmen, bis der Hörer, und namentlich wenn er dem zarten, wohlgezogenen Geschlecht angehört, mit Abscheu sich abwendet und sagt: fort doch, fort mit diesen Hin-

604

richtungen.44 Es erinnert das an das Bild, welches dem BuuL?

Beccaria's vorgedruckt ist: der Scharfrichter erscheint mit zwei Köpfen in der Hand vor der Justitia und diese wendet sich ab von ihm und wirft ihr Schwert weg. Wenn aber die Herren Abolitionisten von der erhitzten Phantasie ein gerechtes Urlheil haben wollen, dann müssen sie ihr nicht bloß die Hinrichtung vorführen, sondern gleichzeitig in eben so bunten und viel wahreren Farben jene Stunden, jene Minuten des seelischen Schreckens und körperlichen Leidens, die der arglose Mensch, das unmündige Kind schuldlos erlitten hat, als die mordende Hand, vielleicht die der eigenen Mutter, es erfaßte und zernichtete; dann müssen sie heute den Scharfrichter nicht mit zwei Köpfen vor die Justitia treten lassen, sondern mit leerer, entwaffneter Hand und um ihn die Gerippe von über zweihundert ermordeten Männern, Weibern und Kindern ; dann wird sie, wenn sie wirklich ein thalkräftiges, edles und nicht ein weibisches Weib ist, auch sich abwenden, die Justitia, aber abwenden, um ihr voreilig weggeworfenes Schwert wieder aufzuheben, nicht vielleicht, um es sofort zu zücken, aber um der Welt und diesen Schatten zu zeigen, daß nicht alles gemordete Blut in Zukunft ungerächt bleiben soll. Wer sich übrigens in seiner Phantasie in die Lage von lebenslänglich Verurtheilten hineindenkt, der wird, wie dieß von Seite der letzteren in Wirklichkeit geschieht und durch Selbstmorde bestätigt ist, schwanken, ob er den Tod nicht vorzöge. Von dem ästhetischen Standpunkte aus läßt sich die Todesstrafe also stichhaltig auch nicht bekämpfen.

Die ö f f e n t l i c h e n Hinrichtungen sind allerdings ein wüster «nd unnöthiger Spektakel, der keineswegs geeignet ist, den Ernst der Strafe einzuprägen. Haben sie ja doch in Rom eine Zeit lang au den Volksbelustigungen gehört! Der Umstand, daß der Hiugerichtetej als Held des Tages erscheint, daß der Todesmoment ein sehr kurzer und anscheinend ohne körperliche Schmerzempfindung vorübergehender ist, da Blut Blut reizt, so mag die Thatsache unangefochten bleiben, daß die öffentliche Hinrichtung rohe Gemüther eher anregt, als abschreckt.45 m

Allein die Frage der Berechtigung der Todesstrafe ist durchaus nicht identisch mit der der öffentlichen Hinrichtung. Die Todesstrafe kann bestehen ohne Hinrichtung, und am allermeisten ohne öffentliche Hinrichtung. Der Vollzugsakt kann sich mildern, wenn auch dio Strafnrt bleibt. Vorwürfe gegen die cratere betreffen daher nicht die Berechtigung der letzteren.

O O Ein Einwand der Abolition von noch viel weniger Bedeutung, der wenigstens einem Kriminalisten kaum ernst sein wird, sei hier

605 angereiht, ohne daß wir demselben viele Worte schenken wollen.

,,Wenn man den Mörder tödte, werde ja der .Gemordete doch nicht wieder lebendig; man mache das Uebel, das Blutvergießen nur größer.tt Ganz sicher wird durch die Todestrafe kein Gemordeter wieder lebendig, auch nicht, wenn man den Mörder frei laufen läßt oder wenn man ihn lebenslänglich einsperrt. Die Verletzung" ungeschehen zu machen, den objektiven Thatbestand zu vernichten, vermag keine Strafe; ihr Zweck ist auch nicht, den Schaden dem Geschädigten gegenüber wieder gut zu machen. Die Gefangennehmung des Betrügers, Dieben, Räubers, Schänders, Schlägers, Mörders macht nie die That wieder gut und auch bei Eigenthumsschädigungen führt sie in den wenigsten Fällen zur Entschädigung, verhindert dieselbe vielleicht noch eher. Wenn also Strafe und Strafart davon abhinge, daß der Schaden wieder gut gemacht werde, so müßte man von vornherein alle Mörder, Schänder, Todtschläger ungestraft lassen und auch die Eigenthumsverbrecher aus den Zuchthäusern entlassen -- mit andern Worten alle Strafen aufheben.

Diese Theorie ist also von vornherein kaum einer Antwort würdig.

Wenn sie sagt, der Staat füge mit der Todesstrafe ein neues Uebel hinzu, so ist dies eben ihr unstatthafter Schluß gegen das Strafen überhaupt; denn jede Strafe ist ein Uebel ; darum ist sie eben Strafe und dieses Uebel ist um so größer, je größer das Vergehen ist; in jedem Falle, wie wir oben gesehen, eine künstliche Anwendung, eine Uebersetzung, wenn man will, der Talion. Dieses Uebel trifft in vielen Fällen nicht blos die Person des Verbrechers, sondern seiner ganzen Familie. Wenn man aber, indem man beide Mal das Wort Uebel gebraucht, damit andeuten will, es geschehe in beiden Fällen etwas moralisch Gleichartiges, in der Todesstrafe werde der Staat selbst Mörder, so ist das wieder eine eben so plumpe Verkehrung und Verkennung aller Grundlagen des Strafrechtes. Wenn wir in der Zeitung lesen, daß weit über dem Océan ein abscheulicher Mord begangen worden sei, an Leuten, welche wir also durchaus nicht kennen und an einem Orte, daß wir uns in unserer eigenen Sicherheit durch denselben keineswegs gefährdet fühlen, so empört es uns und wir nehmen daran Anthcil, bekümmern uns, ob der Mörder entdeckt, eingefangen sei oder nicht -- nicht weil ein Menschenleben untergegangen, nicht
weil einige Liter Blut vergossen sind, denn täglich lesen wir ja in den Todesanzeigen jeder Zeitung, daß Menschen jedes Alters und jedes Geschlechts gestorben sind, ohne daß uns das, wenn sie nicht zu unserer Bekanntschaft gehören, irgendwie moralisch affizirt; aber deswegen wird ein Mord in jeder Zeitung mitgetheilt, weil jeder Mensch moralisch verletzt worden ist und sich in seinem Innern empört, wenn ein Menschenleben mit U n r e c h t zerstört worden ist. Darin

606 liegt das Kriterium des Mordes ; das ist, was ihn zum Verbrechen, was die Tödtung zum Morde macht.

Nicht daß ein Bestohlener, Beraubter um sein Geld gekommen ist, empört unser Sittlichkeitsgefühl; der Bestohlene kann ja reich und der Diebstahl für ihn gering sein, aber daß er von bösem Willen, mit Unrecht darum gebracht wurde, das macht das Uebel des Diebstahls zum Raube; nicht daß der Geschlechtsakt an einer Person vollzogen wurde, daß es mit Gewalt, mit Zufügung von Unrecht geschah, das macht ihn zur Nothzucht. Wenn der Staat den Dieben zur Strafe eine Geldbuße auflegt, so fügt er ihm dieses Uebel nicht mit schlechter Absicht, nicht mit Unrecht, sondern kraft seines Strafrechtes zu ; seine Handlung ist also moralisch durchaus nicht adoequat der des Diebes und er begeht damit gerade so wenig einen Diebstahl, als er, wenn er den Mörder zur Strafe tödtet, damit selbst einen Mord begeht. Auf die Berechtigung der Handlung oder anderseits auf den bösen, unsittlichen Willen, darauf kommt es an ; darum spricht man von dem, der in der Nothwehr tödtet ; vom Arzte, unter dessen Operationsmesser der Patient stirbt; darum vom Soldaten, darum vom Teil und Winkelried nicht als von Mördern ; darum spricht man von der Todesstrafe und dem Justizmorde !

Damit ist auch der noch weniger erwähnenswerthe Vorwurf, den oft heißspornige Abolitionisten der Todesstrafe machen : sie verrathe Blutgier, sie entspringe im Grunde derselben Leidenschaft, wie der Mord selbst, widerlegt. Mit demselben Rechte müßte man den, der eine Giftpflanze in seinem Garten ausrottet, einen Pflanzenfeind; der, den einen todten, faulen Ast vom Baume schneidet, einen Baumschänder; den Kutscher, der die Stechfliege, welche sich am Nacken seines Pferdes eingesogen hat, erschlägt, einen blutgierigen Thierquäler nennen. Gerade die höchste Heilighaltung des Rechtes aufs Leben beweist die Todesstrafe. ,,Die Verantwortlichkeit für das Blut eines Mörders, welches etwa die Wiedereinführung der Todesstrafe im Laufe der Jahre kosten könnte, äußerte ein Mitglied Ihrer Kommission, diese Verantwortlichkeit will ich gerne tragen helfen, aber frei will ich mich wissen von der des Blutes aller Gemordeten in unserem Vaterlande! 46 Eine Reihe von Einwendungen viel ernsthafterer Natur gegen die Berechtigung der Todesstrafe, als die vorigen, können wir gleichwohl
hier nur kurz berühren : es sind diejenigen konfessionell r e l i g i ö s e r N a t u r . Ob die Todesstrafe sich mit dem konfessionellen Christenthum vertrage und auf Grund von dessen Satzungen sich rechtfertigen lasse, darüber sind die Meinungen ganz verschieden.

D.iß das alte Testament die Todesstrafe für den Mord als einzige

607

Strafe kennt, ist unbestreitbar : ,,den Todtschläger soll man tödten.a Und Ihr sollt keine Versöhnung nehmen um der Seele des Todt·schlägers, denn er ist des Todes schuldig und soll des Todes sterben ; ·denn wer Blut schuldig ist, der schändet das Land, und das Land kann vom Blute nicht versöhnt werden, das darinnen vergossen wird, ohne durch das Blut dessen, der es vergossen hat. 47 Ob das neue Testament, ob Christus, der gesagt hat : ,,Ich bin nicht gekommen, das Gesetz aufzuheben, sondern zu erfüllen11, anderer Anschauung gehuldigt habe, darüber sind heutzutage die Theologen verschiedener Ansicht. Sie berufen sich namentlich einerseits auf die Stelle Römer 13, l--4, lautend: 1. ,,Jedermann sei unterthan der Obrigkeit, die Gewalt über ihn hat. Denn es ist keine Obrigkeit, ohne von Gott; wo aber Obrigkeit ist, die ist von Gott verordnet.'1 2. ,,Wer sich nun wider die Obrigkeit setzet, der widerstrebet Gottes Ordnung; die aber widerstreben, werden über sich ein Urtheil empfangen".

3. ,,Denn die Gewaltigen sind nicht den guten Werken, sondern den bösen zu fürchten. Willst du dich aber nicht fürchten vor der Obrigkeit, so thue Gutes, so wirst du Lob von derselbigen haben11.

4. ,,Denn sie ist Gottes Dienerin, dir zu gut. Thust du aber Böses, so fürchte dich; denn sie trägt das Schwert nicht umsonst, sie ist Gottes Dienerin, eine Rächerin zur Strafe über den, der Böses thut" 48 ; anderseits auf Matth. 5, 38, 40 : 38. Ihr habt gehöret, daß da gesagt ist: ,,Auge um Auge, Zahn um Zahn a .

39. ,,Ich aber sage Euch, daß Ihr nicht widerstreben sollt dem Uebel, sondern so dir Jemand einen Streich gibt auf deinen rechten Backen, dem biete den linken auch dar".

40. ,,Und so Jemand mit dir rechten will ] und deinen Rock nehmen, dem laß' auch den Mantel"1. *9 Auf welcher Seite die Mehrzahl der Theologen stehen, können wir nicht entscheiden; aber ihr Kampf beweist, daß die Frage vom neuen Testament offen gelassen ist. Sie war auch durch die ganze Kirche hindurch bis in die neuste Zeit, einige Sekten ausgenommen, nicht Frage. Zwar hieß es: ecclesia abhorret a sanguine; deßhalb wurden die Ketzer verbrannt. Im Kirchenstaat hat unter päpstlicher Herrschaft die Todesstrafe rechtlich und faktisch bestanden und sämmtliche Reformatoren haben sich für dieselbe ganz energisch ausgesprochen, so Luther, Zwingli, Calvin. -- Offenbar, will uns

608

scheinen, hat Christus mit der Abolition sich gar nicht befaßt. Er ist ja selbst zum Tode verurtheilt worden, er s e l b s t h a t d i e T o d e s s t r a f e e r l i t t e n . 5 0 Er hätte also alle Veranlassung gehabt, wenn er der Ansicht gewesen wäre, daß diese an sich eine dem Menschen unerlaubte Strafart seie, dies auszusprechen ; aber hievon nirgends Ein Wort. Wohl findet er, daß sie ungerecht gegen ihn verhängt sei, nicht aber, daß überhaupt sie zu verhängen, nicht in der Berechtigung des Staates liege. In dieser Frage hat er sich nach seinem Ausspruche: ,,Gebt Gott was Gottes ist und dem Kaiser, was des Kaisers isttt, 51 gar nicht gemischt, als eine Frage des Rechtes hat er sie dem Staate überlassen und nicht vom Staudpunkte der dogmatischen Religion aus gelöst. Folgen wir diesem Beispiel und kehren wir zu unsern Rechtserörterungen zurück.

Weil die Abolition mit all' ihren Theorien der Besserung, der Civilisation, der Humanität, der Religion der Todesstrafe nicht beikommen kann, so wirft sie sich scheinbar, wir sagen scheinbar auf ein praktisches Gebiet : die Statistik. Zahlen sagt sie, sprechen unwiderleglich. Dieser Satz ist wahr; aber nicht minder wahr ist der, daß nicht alle Dinge, vor Allem psychologische Vorgänge, in Zahlen sich darstellen und feststellen lassen. Stelle einmal Einer Liebe und Treue in Zahlen dar ; oder stelle er nur in Zahlen fest, wie oft die Liebe eine aufrichtige gewesen sei und wie oft nicht !

Welchen Werth haben solche Zahlen, welche Glaubwürdigkeit wollen Sie ihnen beimessen ? Diese Zahlen werden bei den Matrimonialbehörden erhoben werden müssen und diese werden sie geben, die einen nach der Zahl der begehrten, die andern nach der Zahl der ausgesprochenen Ehescheidungen, die dritten geben vielleicht bloß die Fälle an des erwiesenen Ehebruches und die vierten werden berichten, daß sie gar nicht im Falle seien, sie zu beantworten. Was wollen Sie mit all' diesem Quark machen ? Das ist aber ungefähr der Charakter der Statistik, welche der Bundesrath bezüglich der Todesstrafe in unserem Lande erhoben und in seiner Botschaft an die Räthe als deren wesentlichster Inhalt zusammengestellt hat. Es konnte derselbe aber auch kein anderer sein, allüberall ist er derselbe. B2 ,,Wir haben,u schreibt z. B. der Stand Solothurn, ,,über Todtschlag und Kindsmord keine Erhebungen
machen lassen, weil diese Verbrechen im angegebenen Zeitraum nie ein Todesurtheil zur Folge hatten.'1 St. Gallen : ,,Vom Jahr 1851--65 ist eine Statistik der zur Anzeige gelangten Fälle, deren Urheber nicht ermittelt wurde oder überhaupt nicht zur gerichtlichen Beurtheilung gelangt ist, nicht erstellbar.a Baselstadt: ,,Es wird ausdrücklich hervorgehoben , daß in dieser Tabelle diejenigen Fälle nicht enthalten

60» sind, bei welchen entweder Freisprechung erfolgte oder die Untersuchung wegen mangelnden Beweises eingestellt wurde." Bern hat die Rubrik ,,Angezeigte Fälle" nirgends ausgesetzt. Ob unter den ,,angezeigten Fällen" alle solche, welche überhaupt zur Kenntniß der Untersuchungsbehörde kamen, oder nur solche, welche klagend angezeigt wurden, oder endlich nur solche, welche dem Strafgerichte überwiesen wurden, zu verstehen seien, die Frage lassen die bundesräthlichen Tabellen und die Antworten offen. Es ist also aus.

dieser Statistik durchaus nicht ersichtbar, wie viele Fälle gewaltsamer Todesart in dem betreffenden Zeitraum vorgekommen sind; denn es ist anzunehmen, daß von den in der allgemeinen Statistik aufgeführten Fällen zweifelhafter Todesart noch ein angemessener Prozentsatz auf die Rubrik gewaltsamer Tod zu übertragen wäre.

Es bleibt also, wie etwa bei obigem Beispiel, nur so viel sicher, daß allerwenigstens die erhobene Zahl von 228 für die letzten fünf Jahre eine über alle Zweifel erhabene, jedenfalls die Minimalziffer sei, die wohl ohne Scheu aus den angegebenen Gründen auf 250 erhöht werden dürfte, so daß also fünf Jahre vor 1874 gegenüberstehen mit 150 Fällen gewaltsamer Tödtungsart den 250 seit 1874, oder eine Vermehrung um 75°/o. Worin die Ursache hievon liege, darüber sind von der bundesräthlichen Botschaft, wie wir oben gesehen, keine Erhebungen gemacht worden ; sie bewegt sich einzig auf dem Boden der Vermuthung, und auf diesem sind wir ihr oben gefolgt und haben gesehen. daß zu ihren Erklärungen sich dio Botschaft in die Fremde flüchten muß und daß ihre Erklärungsweise jedenfalls wenig geeignet sein dürfte, die Berechtigung der Abolition zu begründen. Eine einzige Vermuthung scheint der bundesräthlichen Botschaft gar nicht zu Sinn gekommen oder von vornherein so ausgeschlossen zu sein, daß sie derselben auch kaum mit einem Satze als mit der einfachen Negation erwähnt, B3 nämlich vor Allem die, ob die als Verfassungsgesetz laut proklamirte Abschaffung der Todesstrafe dazu beigetragen haben könnte, den Mord als ein weniger schweres, zu verabscheuendes und für den Verbrecher selbst gefährliches Verbrechen zu betrachten und die Scheu vor der verbrecherischen Antastung des menschlichen Lebenszu vermindern?

Mit diesen Zahlen der Statistik bleiben wir also nach wie vor auf dem Boden
der bloßen Vermuthung, der Kombination. Wenn daher die Abolitionisten behaupten: Zahlen beweisen, so haben sie rechtj wenn sie aber sagen, u n s e r e Zahlen beweisen, so widersprechen sie der Wahrheit, und wenn sie heute in der Schweiz sagen wollten, unsere Zahlen sprechen f ü r u n s , so schlagen sie ihr mit der Faust in's Gesicht. Die Statistiker selbst müssen zugeben, daß eine Statistik

«10 über unsere Frage, abgesehen von ihrer psychologischen Unmöglichkeit, auch aus rein technischen Gründen, weil noch ganz jung, weil zumal in der Schweiz in den meisten Kantonen noch gar nicht eingeführt, ohne Verlaß sei,^4 aber auch das, daß auf eine so kurze in Vergleich gestellte Periode, wie es eben eine fünfjährige ist, kein großes Gewicht gelegt werden kann.55 A b e r folgt denn daraus, daß a n z u n e h m e n ist, daß die nächsten fünfJahreein fürdieAbolitiongünstigeres Resultat aufweisen werden?

Selbst wenn man die Ursachen der Vermehrung todeswürdiger Verbrechen einzig dort sucht, wo der Bundesrath : in dein Nothstand, der Trunksucht und den materialistischen Lebensanschauungen, ist denn hohe Wahrscheinlichkeit dafür vorhanden, daß diese in den nächsten fünf oder zehn Jahren verschwinden oder sieh wesentlich mindern werden ? sind nicht nach der bundesräthlichen Botschaft eigener Anschauung vielmehr Anzeichen dafür d a , daß wenigstens die letztern Eigenschaften in dieser Zeit eher eine breitere Grundlage gewinnen werden ? Und wenn die Abschaffung der Todes- und Körperstrafe am Ende doch mitwirkt, wenn vielleicht auch nur zu einem bescheidenen Theil, wird sie dieß nicht je länger je mehr thun, je mehr sie allgemein in's Volksbewußtsein dringt?

Das scheinen z u r S t u n d e der bundesräthlichen Botschaft und auch der Kommissionsminderheit müßige Fragen. ,,Die Abschaffung der Todesstrafe10, sagt die erstere, ,, m a g als ein k ü h n e s E x p e r i m e n t betrachtet werden. Noch haben wir in dieser kurzen Zeit keine Erfahrungen gemacht, die mit überwältigender Ueberzeugungskraft darthun, daß man damals ein schädliches, die gesellschaftliche Sicherheit bedrohendes Prinzip angenommen habe und der V e r s u c h n i c h t w e i t e r f o r t g e s e t z t w e r d e n d ü r f e , sondern jetzt schon aufzugeben und auf den früheren Standpunkt zurückzugehen sei.tt Wann wird dann diese Erfahrung gemacht sein?

Wie lange und wie viel muß noch gemordet werden? Die Antwort ist einfach. Für die Abolitionisten, welche um jeden Preis die Todesstrafe beseitigt wissen wollen, wird der Beweis nie erbracht sein ; für die Vertheidiger der Todesstrafe ist er nicht nöthig, ist er heute schon mehr als zur Genüge geleistet.

Wir sagen, für den Abolitionisten wird der Beweis nie erbracht werden, da er ja
angeblich von der Ueberzeugung ausgeht, daß die Todesstrafe unter keinen Umständen dazu diene, die todeswürdigeu Verbrechen zu mindern ; da er sie ja nicht blos möglichst sparsam angewendet, sondern überhaupt gar nie und unter keinen Umständen in die Gesetzgebung aufgenommen wissen will. Sobald er zugibt, daß die Statistik für ihn beweisen könne ; daß, wenn die Morde sich

611 in erschreckender Zahl (welche es für ihn sein wird, ist freilich nicht zu erhärten) mehrten, er dannzumal die Todesstrafe wieder einführen wolle, so verläßt er damit sein ganzes Prinzip; denn damit gibt er unzweideutig zu, daß er der Todesstrafe als Strafart 56 eine abschreckende, die Verbrechen mindernde Kraft zuschreibe.

Mit dem Einschalten jenes Ausspruches fällt sein ganzes, so künstlich aufgebautes System in sich selber wie ein Kartenhaus zusammen. Das' trifft nun aber freilich bei weitaus der überwiegenden Zahl von Abolitionisten zu, so namentlich auch bei denjenigen, welche dem Staate das Recht der Todesstrafe anerkennen, aber nur zu e i g e n e r N o t h w e h r , d. h. wenn er selbst im Nothstande ist 5T. Offenbar sind diese selbst unklar darüber, worin dieser Nothstand bestehen soll ; denn entweder verstehen sie darunter blos ' den Fall, daß eine sehr große Anzahl, deren Höhe, deren Prozentsatz der Bevölkerungszahl etwa sie ganz unbestimmt lassen, von Morden eintrete, dann kommen sie vollständig mit den vorhin erwähnten E x p e r i m e n t a l - A b o l i t i o n i s t e n zusammen ; oder sie denken sich einen Fall, in welchem die Zahl der Mörder so groß würde, daß der Staat seine Ordnung gegen sie gar nicht mehr aufrecht erhalten könnte, weil sie die Mehrzahl bilden, wie es in manchen Bezirken Spaniens, Italiens gegenüber den Räuberbanden zeitweise schon der Fall war, dann kommt aber auch die Todesstrafe zu spät, welche die Abolitionisten erst in diesem Falle zu Hülfe rufen wollen; dann hat das Strafrecht aufgehört und ist das Unrecht Recht. Es geben aber die Vertreter der gedachten Nothwehr-Abolition mit ihrer Theorie zu, daß die Todesstrafe d e i N o t i ! des M o r d e n s w e h r t .

Wenn sie aber mit jener nur sagen wollen, der Staat solle ohneNoth die Todesstrafe nicht zur Anwendung bringen, so ist dies kein Einwand gegen die Todesstrafe als Strafart und gehen die Vcrtheidiger der Todesstrafe vollständig mit dieser Ansicht einig.

Freilich in der Annahme weichen sie, wie wir gleich begründen werden, von der Ansicht mancher Nothwehr-Abolitionisten ab, daß diese Noth durchaus in der Gefährdung der Staatsordnung oder des öffentlichen Lebens überhaupt bestehen müsse; vielmehr gibt es auch für den strafberechtigten und strafverpflichteten Staat eine m o r a l i s c h e Noth,
die ihm die Verhängung und Ausführung der Todesstrafe zur Pflicht machen kann, wenn auch jene Voraus-Setzungen nicht zutreffen.

Aber abgesehen davon, daß die Expérimental-Abolition ohne bestimmtes Ziel und im Widerspruche mit sich selbst sich befindet, so ist doch wohl das Leben rechtschaffener Menschen kein Gegenstand, der dem ,,Experiment"1 des Staates unterstellt sein sollte.

612 Sind von den 250 gewaltsamen Tödtungen der letzten fünf Jahre nur zehn, ja nur eine, die auf Rechnung des Artikel 65 der Bandesverfassung zu schreiben ist, so tragen alle für das vergossene Blut eine Verantwortlichkeit mit, welche jene haben erkämpfen und erstimmen helfen 58. Wohl haben wir zu gewärtigen, daß bei Belassung des Artikel 65 die Mörder fortfahren werden, mit dem Leben von rechtschaffenen Männern, Frauen, ja Kindern zu ,,experimentiren"1 ; daß man dagegen bei Streichung desselben mit dem Leben der Mörder experimentire, ist nicht zu fürchten, sind doch deren in 23 Jahren nur 37 gerichtet worden und zwar in stets fallendem Verhältniß.

Wir haben oben gesagt, daß wir sehr der Ansicht, huldigen,.

daß der Staat sein Schwert nicht ohne Noth gebrauche, aber ebenso bestimmt, daß er es nicht leichtfertig ohne Noth fortwerfe.

Wo ist nun die Noth in unserem Vaterlande, die hiezu geführt hat? Wo sind die Menschenschlächtereien des Staates, wo die Justizmorde, die anderorts der Reaktion gegen die Abschaffung der Todesstrafe riefen, in unserem Vaterlande? Nirgends, gar nirgends. Aus ferner Zeit, aus fernen Ländern müssen diese Gespenster herbeigeholt werden. Aus rein theoretischen Gründen, nur um den Anschauungen einer modernen Philanthropie gerecht zu werden, nur um sicher zu sein, daß wenigstens das Leben nicht Eines Mörders gefährdet sei, sollen alle andern Leben den Experimenten der Mörder ausgesetzt bleiben. Wie viele und in welcher Weise von Mörderhänden in unserem Vaterlande künftig wieder ergriffen und niedergemacht werden sollen -- nur das ist sicher, daß die Mörder leben werden; denn nur Ein Leben ist vom Bunde unter seine besondere Garantie genommen : das des Mörders !

Es sieht diese Wahrheit, dieser ,,Triumph der Civilisation tt so unglaublich aus, daß man versucht ist, zu glauben, so könne sie nicht wahr sein, es liege darin eine Uebertreibung. Aber es ist dem so, so und durchaus nicht anders will es die Abolition haben, so bestimmt es Artikel 65 der Bundesverfassung. Die Abolitionisten ·wenden zwar etwa ein: wir wollen ja den Mörder auch bestrafen und sperren ihn lebenslänglich ein. Aber abgesehen davon, daß dieß nicht in jedem Falle einer gerechten Strafe gleichkommt, so ist dieß wieder bloß Theorie. Denn faktisch gibt es kein Gefängniß der Welt, das absolut Sicherheit bietet,
daß der Gefangene wirklich lebenslang gefangen bleibe. Vor .dem unverbesserlichen Mörder ist die Gesellschaft nicht gesichert, so lange er lebt. Aber wenn es die Gesellschaft im Allgemeinen sein soll, wie stellen sich denn die Herren Abolitionisten den Vollzug der Strafe vor? ,,Den Mörder sperrt man einfach ein," antworten sie, ,,in eine gute, aus-

613 bruchssichere Anstalt. " Gut. Wenn er sich aber nicht einsperren läßt? Wenn er sich widersetzt? ,,Da nimmt man einen Polizisten, der soll ihn binden, soll ihn mit Gewalt festnehmen.11 Wenn er aber diesen Polizisten niederschlägt? ,,Dann nimmt man zwei, drei, bis er bewältigt ist." Aber wie wollen sie ihn bewältigen, ohne ihm körperlich wehe zu thun, ohne ihn für seine Widersetzlichkeit sofort körperlich zu strafen ? Aber noch mehr. Wird er denn an Ketten in einen Kerker geschmiedet, denn er nie wieder verläßt, sobald sein Fuß ihn einmal betreten hat? Ist das Ihre humanere, Ihre der ,,Besserung11 gewidmete Strafart? ,,Nein, bewahre Gott, nein, a lautet die Antwort. ,,Der Gefangene kommt in eine einfache, gut verschließbare Gefangenenzelle und wird durch Wachen, durch Polizeisoldaten aus ihr zur Arbeit und von der Arbeit wieder zu ihr geführt."1 Wenn er aber in dieser Zelle Alles zerschlägt, fortwährend spektakelt und offen und geheim alle Versuche zum Ausbruche macht? ,,Dann führen wir ihn in eine andere Zelle."

Wenn er es aber dort wieder so macht? ,,Dann bekömmt er Dunkelarrest und schmale Kost." Wenn er aber nachher sein Benehmen doch nicht ändert? ,,Dann wiederholen wir die Strafe."

Und dann? Und hernach? Dann bleibt es eben dabei und Ihre ganze Kunst ist aus oder Sie lassen ihn sein Leben lang im Dunkelarrest, wie einst eine österreichische Priorin die Nonne Barbara Ubrik; das müßten wir antworten. Aber mehr. Wenn der Angeklagte sich nicht zur Arbeit, nicht in den Dunkelarrest führen läßt? Wenn er sich über den Wachsoldaten herwirft, ihn niedermacht? Wenn er Gefangene zur Revolte einladet, oder am Ende aus Mordlust vom Staate detenirte, mit Gewalt mit dem Betreffenden unter ein Dach gebrachte Gefangene in ihrer Zelle überfällt und niedermacht? ,,Dann müssen eben alle Wärter, alle Wächter zu Hülfe." Wenn diese aber nicht wollen, weil sie ihr Leben gefährdet sehen? ,,Sie müssen wollen, sie haben die Pflicht, selbst ihr Leben in einem solchen Falle für die Anstalt einzusetzen, darauf sind sie beeidigt." Wenn er diese aber auch niedermacht und sich in Freiheit setzt? ,,Dann muß man ihn verfolgen." Wenn er den Verfolger tödtet? ,,Dann muß man so viele nachsenden, bis er eingeholt und gebändigt ist." Wenn aber Keiner gehen will, da er sein Leben dabei auTs Spiel setzt ? ,,Der Polizeisoldat muß
unter solchen Umständen sein Leben einsetzen, darauf ist er beeidigt, das ist die Pflicht seines Standes." Da sind wir ja aber auch auf dem Punkte angekommen, wo die Abolition sich selber widerspricht, und über welchen sie nun einmal nicht wegkommen kann.51' Also die Wächter haben die Pflicht, ihr Leben einzusetzen, und nur die Erfüllung dieser sichert am Ende unter allen Umständen

614 in letzter Linie die Gesellschaft vor dem gefangenen Mörder. Wem gegenüber besteht die Pflicht? Wer ist der Berechtigte? Die Strafjustiz, der Staat. Also ein Leben eines Polizisten -- und das ist doch auch ein Menschenleben -- das darf der Staat ohne Bedenken verlangen und opfern für den Mörder, aber heilig halten soll er das Leben des Mörders ! Es ist also nicht Theorie, es ist Wahrheit, daß die Abolition das Leben des Mörders höher schätzt, als das braver Bürger, und daß nach ihr der zu lebenslänglicher Gefangenschaft verurtheilte Verbrecher ein Mensch ist, dem die a b s o l u t e Freiheit, die Pflichtenlosigkeit, verfassungsmäßig garantirt ist.

Das ist aber nicht die Freiheit, die wir Alle meinen, auf die wir Alle stolz sind und für deren Erhaltung unser eigenes Leben unter Umständen einzusetzen, wir verpflichtet sein sollten! Daß aber Fälle, wie wir oben sie erörterten, vorkommen, daß sie unter dem Régime der gegenwärtigen Bundesverfassung vorkommen, darüber mögen die Akten sprechen.

Basel-Stadt.

Polizei r apport des Gefreiten G u n z e n h a m e n , s t a t i o n i r t a u f d e m St. J o h a n n p o s t e n .

Basel, den 20. Juli 1876.

Heute Nachts zirka um 4 V* Uhr wurde ich von Herrn Keller, Sohn des Oberaufsehers Keller in der Strafanstalt und daselbst wohnhaft, gerufen, welcher mir die Mittheilung machte, es seien 2 Sträflinge aus ihren Zellen ausgebrochen, wovon es einem gelungen sei, aus der Strafanstalt zu entfliehen, daß er aber von dem Wärter Surbeck verfolgt werde. Ich begab mich sofort mit Landjäger Gertsch und mit dem Karabiner bewaffnet in die Strafanstalt. Beim Eintritt in die innere Strafanstalt fanden wir in einem Corridor die Leiche des erstochenen Wärters und Anstaltschneiders Hiller. Auf der Stiege in den ersten Stock lag die Leiche des Sträflings Marciali, der sich selbst mit seinem Revolver getödtet hatte. Auf Anordnung des Herrn Strafanstaltdirektors, der sich uns gleich von Anfang an beigesellt hatte, machten wir noch Nachsuchungen in den Höfen der Anstalt und fanden im zweiten Hofe den mit einem Hammer erschlagenen Wärter Poster todt atn Boden liegen. Die Leichen der Getödteten wurden sodann auf Anordnung des Herrn Direktors Salis in ein Wartzimmer gelegt, 'und wir begaben uns dann, um dem, den entkommenen Sträfling verfolgenden Wärter Surbeck nachzuforschen, in die Stadt und trafen denselben auf dem Petersplatz, wo er uns mittheilte, der entsprungene Sträfling, Emil Bienz von Basel, sei im Nachtigallenwäldchen, d. h. im Weidengäßlein herwärts dem Viadukt, verhaftet worden.

61&

Auf dies hin begaben wir uns nochmals in die Strafanstalt, wo uns noch mitgetheilt wurde, es sei noch ein dritter Wärter getödtet, d. h. erstochen worden.

Da für uns sodann nichts mehr vorzukehren war, verfügten wir uns zirka um 5 Va Uhr wieder auf den Posten.

, sig. Gunzenhamen, Gefreiter.

D. n. s. R a p p o r t von G e f r e i t e r M a t h ä u s M ü l l e r , stationirt auf dem Steinenposten.

f

Heute Morgen zirka um 5 Uhr wurden wir von einem Unbekannten durch Klopfen an den Posten geweckt, der uns mittheilte, es werde beim Nachtigallenwäldchen geschossen. Bossart, Landjäger, und ich zogen uns sofort an und nachdem wir uns bewaffnet hatten, eilten wir dem uns bezeichneten Orte zu. Herwärts dem Viadukt, am Weidenweg im Nachtigallenwäldchen, fanden wir dea Wärter Surbeck und noch verschiedene Privatleute um einen am Boden liegenden Sträfling stehend, der sich, nachdem er sich von dea ihn Verfolgenden eingeholt gesehen und nachdem er noch zwei Mal auf dieselben geschossen hatte, mit einem Messer selbst zwischen Brust und Bauch 4 Stichwunden beigebracht hatte. Surbeck gab mir an, es sei der Verwundete der Sträfling Emil Bienz, der vor kurzer Zeit aus der Strafanstalt ausgebrochen sei.

Bienz wurde dann durch Bossart und mich auf den Steinenposten getragen, wo er von dem herbeigerufenen Dr. med. Rumpf' provisorisch verbunden wurde. Nachdem dies geschehen, ließ ich den Bienz auf einem Wagen in den Spital verbringen, wo er in die chirurgische Abtheilung aufgenommen wurde.

Das Messer, mit dem sich Bienz verwundet hatte, lege ich anmit bei. Die Pistole, mit der er auf seine Verfolger geschossen,, ist im Besitze des Wärters Surbeck.

sig. Müller, Gefreiter.

Verhör am 20. Juli 1876.

Der Sträfling Carl Schmieder von Bettiugen, Zelle 240 (wegen Todtschlags seiner Frau eine 18jährige Strafe verbüßend), gibt an : Kurz vor 4 Uhr heute früh wurde ich durch einen furchtbaren Schrei geweckt und sprang ich auf. Die Thüre meiner Zelle wurde von außen geöffnet, hiebei fiel der Schlüssel zu Boden und der Aufseher Heß schleppte sich blutend herbei und rief: ,, Ach Gott, Marciali ; tt ich legte ihn aufs Bett, worauf Heß wieder rief: ,, Mein Gott und Heiland, mit mir ist's fertig * und bald nachher verschied.

616 Da draußen Lärm war, so ging ich vor die Zelle und sah nun unten im Erdgeschoß vor der Wachtstube Jemand liegen und zwei Männer mit Karabinern im Gang herumspringen. Es fielen nachher Schüsse, einer nach der Gegend, wo ich stand, ein zweiter .Schuß soll dem Meister Müller gegolten haben.

Noch vor den Schüssen trug sich aber im obern Stockwerk etwas zu. Ich hörte nämlich den Nirk, welcher in einer Zelle des ·obern Stockwerkes ist, den Namen ,, Marciali a schreien und hörte, daß in der Zelle des Nirk ein furchtbarer Kampf statthatte. Erst nachher fielen die zwei Schüsse. Ich hatte inzwischen den von Heß fallen gelassenen Schlüssel am Boden gefunden und war, um Hülfe für den sterbenden Heß zu holen, zu der nahen Zelle des Ernst geeilt, hatte diese geöffnet und war mit ihm in meine Zelle zurückgekehrt. Ehe ich den Schlüssel fand, hatte ich dem Ernst durch
Zuletzt fiel wieder ein Schuß, das war jedenfalls der, womit sich Marciali tödtete.

Der Sträfling Friedrich Nirk von Basel (10. Oktober 1874 wegen Blutschande zu 2 Jahren Gefängniß verurtheilt") gibt in seiner Zelle 279, woselbst er zu Bette liegt, an : Um 4 Uhr heute früh erwachte ich von einem markdurchdringenden Schrei, legte mich, au den Ueberfall eines Wärters denkend, etwas an, hörte dann weiter vorn Thüren aufschließen und Stimmen, dann gegen meine Zelle laufen. Diese wurde geöffnet und Marciali streckte seinen Kopf herein, während er in einer Hand einen Karabiner, in der andern ein Messer trug. Marciali hatte schon seit längerer Zeit einen Haß auf mich geworfen wegen meiner
Stieftochter Heuberger, in die er verliebt war. Da ich das Schlimmste von ihm zu befürchten hatte, so fiel ich ihm in den Karabiner, worauf er mir mit der andern Hand Stiche mit dem Messer versetzte. In dem nun folgenden verzweifelten Kampf brachte

617

ich ihn zuerst unter mich, nachher rang er sich wieder auf und bekam, da ihm das Messer entfallen war, einen Schraubenzieher in die Hände und schlug damit auf meinen Kopf los. Ich bat ihn nun, er möge mir das Leben schenken, ich habe genug. Er sagte, ja er schenke mir das Leben, reichte mir die Hand und entfernte sich. Nachher fielen 2 Schüsse in der Anstalt, später noch ein dritter.

Bei dem Kampf zerriß ich ihm den Riemen des Karabiners, ein Stück davon blieb in der Zelle zurück.

Verhör vom 22. Juli 1876.

Emil Bienz gibt an: Marciali sollte mit seinem hölzernen Schlüssel unsere beiden Zellen, sowie die der Gefangenen Boder, Buhbach, Bügel, Frey, Tischbun, Flückiger, Sommerhalder und noch ein paar Andern öffnen. Dann wollten wir das Heraufkommen des Wärters, welcher Abends 8 Uhr das Gas anzündet, abwarten, diesen dann überfallen und knebeln. Marciali sollte zu diesem Zwecke Schnüre mitbringen.

Wir dachten dann, daß die Wärter sich nicht widersetzen würden, wenn wir in so großer Anzahl auftreten würden. Die Messer wollten wir unsern Mitgefangenen geben. Marciali kam aber dann zu spät zu mir, das Gas war schon angezündet etc. Er sagte, er habe die Stricke nicht bei sich, es müsse jetzt anders gehen, wir müßten die Wärter überfallen. Ich wehrte mich dagegen, wollte in meine Zelle zurück, er hielt mich aber zurück und sagte, ich würde ja Alles verrathen. Ich sagte, wir wollten dem Wärter mit dem Nastuch die Hände binden. Wir gingen dann zur Zelle hinaus.

Im Augenblick, wie wir oben an der Treppe waren, kam Heß die Treppe herauf aus dem ersten Stock. Wir packten ihn gleich an, auch versetzte Marciali ihm Stiche, es schien mir wenigstens so.

Dann eilten wir hinunter und machten den Killer vor der Wachtstube nieder. Da wir keinen Schlüssel bei ihm fanden, so suchten wir in der Wachtstube danach. Wir hatten ganz die Besinnung verloren und sprangen hin und her. Ich eilte auch hinauf in den zweiten Stock und löschte das Gas. Dann polterte ich unten an die Hofthüre, bis mir Pfister aufmachte. Bei der Umfassungsmauer stieg ich auf einen schwarzen Hag beim Hühnerhof, setzte die Hackenstange beim Draht an und kletterte daran in die Höhe.

Die Pistole schoß ich nur einmal ab und zwar im Garten von Schaub auf einen meiner Verfolger.

Frage: Ihr habt jedenfalls die Tödtung der Wärter mit Ueberlegung ausgeführt. Ihr mußtet wissen, daß dieselben sich unter Bundesblatt, 31. Jahrg. Bd. I.

43

618 allen Umständen zur Wehre setzen würden und daß ein Entkommen, ohne sie bei Seite zu schaffen, unmöglich gewesen wäre. Da& Knebeln und Binden hätte Euch zu viel Zeit weggenommen, auch hattet Ihr ja kein Material dazu?

Antwort: Nein, ich habe nicht mit Ueberlegung gehandelt.

Frage: Warum habt Ihr denn die Zellen der andern Gefangenen, Eurem Plane gemäß, nicht vorher geöffnet, um den Wärtern zu ,,imponiren"1?

Antwort: Marciali hatte alle Besinnung verloren. Ich habe die Sache viel zu leicht genommen, ich wollte nicht, daß Blut fließe.

sig. Emil Bienz.

Ob wohl diese drei braven Männer auch Leichen wären, wenn der Artikel 65 der Bundesverfassung nicht bestünde?

Darüber wird denn freilich die Statistik niemals Aufschluß geben, wie viele der begangenen Verbrechen nicht begangen worden wären, hätte die Todesstrafe existirt, und noch viel weniger, wie viele da, wo sie existirt, mehr begangen worden wären, wäre sie abgeschafft gewesen. Eben weil dies zu allen Zeiten unerweisbar sein wird, darum rufen wohl die Abolitionisten sie so gerne an, als wären die Vertheidiger der Todesstrafe hier beweispflichtig, als hätten sie versprochen oder versucht, einen Beweis zu leisten, der gar nicht erbringbar ist. Aber das ist sicher, daß da, wo die Todesstrafe besteht, die todeswürdigen Verbrechen jedenfalls auch begangen worden wären, wäre sie abgeschafft gewesen. Aber das wird die Abolition nie erweisen, daß da, wo die Todesstrafe abgeschafft ist, die todeswürdigen Verbrechen auch vorgekommen wären, hätte sie bestanden. Bis zu einem gewissen Grade ist sogar der Gegenbeweis möglich. So hat dem Berichterstatter voriges Jahr ein Raubmörder 60, als dessen Vertheidiger er amtlich bestellt war, in Gegenwart des Direktors der Strafanstalt ohne besondere Anfrage von sich aus gestanden, daß er bei Fassung seines Entschlusses , acht Tage vor der That, sich daran erinnert, daß im Konfirmationsunterricht gelehrt worden wäre, es dürfe nach der neuen Bundesverfassung auch ein Mörder nicht mehr getödtet werden; daran hätte er sich auch unmittelbar vor der That wieder erinnert, es erwogen, andernfalls hätte er sicherlich die That nicht begangen. So weit also ein Mörder Glauben verdient -- und einer, der sich, durchaus unentdeckt, freiwillig denunzirt und sehr umfassende Geständnisse abgelegt hat, verdient ihn sicherlich in Bezug auf sein Vergehen -- soweit ist erwiesen, daß dieser Artikel 65 schon seine Opfer, schon Menschenbiut und Leben gekostet hat.

619 Solcher Fälle wird es wohl noch mehr geben; allein die Statistik kann sie nicht ergründen; auch da, wo die Todesstrafe besteht, kann sie ja blos zählen, wie viel von der Strafe n i c h t abgeschreckt wurden; aber wo in aller Welt wird einer sich melden und sagen: ich habe mich mit Mordgedanken beschäftigt, aber es blieb bei den Gedanken, denn mich schreckte das Fallbeil.

Aber, wenn sie auch das ergründen könnte, die Statistik, sie würde keine viel anderen Zahlen ergeben als heute; denn die Zahl der mordlustigen Menschen im Verhältniß zu den anderen, wird hoffentlich immer nur ein sehr kleiner Bruchtheil der Letztoren sein.

Aber andere Zahlen würden wir wohl erhalten, wenn statt, wie wir oben gesehen haben, auf einzelnen Oasen, auf der ganzen Welt, für die ganze Menschheit plötzlich die Todesstrafe abgeschafft würde.

Wir verweisen hiebei zu unserem Verständniß auf das Eingangs zitirte Beispiel von den Vegetarianern. Hier noch ein anderes. Es gibt eine Theorie, nach welcher es nicht blos nicht heilsam ist, Kinder oft zu schlagen, sondern nach welcher dies in allen Fällen ein grober, ,,der Civilisation nicht entsprechender01 Erziehungsfehler ist, der absolut verboten sei. Und wirklich gibt es ganz gut erzogene Kinder, welche nie geschlagen wurden, und auch bei Kindern mit bösen Anlagen kommt man sogar hin und wieder ohne Schläge leidlich aus ; eine Statistik könnte vielleicht leicht darthun, daß nicht mehr Kinder mißrathen sind, welche Schläge erhielten, als solche, bei welchen dies nicht der Fall war.

Verbieten Sie aber einmal im ganzen Lande jedem Vater, jedem Lehrer absolut, seine Kinder unter Umständen körperlich mit einer Ohrfeige, mit einem ,,Hösis" zu strafen ; noch mehr, verbieten Sie das für die ganze ,,zivilisirtea Welt und sehen Sie dann nach 25 Jahren, wie die Erziehung steht, um wie viel sie sich gebessert, wie viele Prozente besserer Menschen sie herangezogen haben wird !

Das Resultat wird doch höchst wahrscheinlich ein sehr negatives sein. Und so dürfte es auch gehen mit der Todesstrafe. Wenn aber die Abolition eine wahre Theorie ist, so muß deren Anwendung wünschbar sein für die ganze Menschheit, und auch die bundesräthliche Botschaft begründet hier die Solidarität der Gesellschaft, indem sie in ihrer Statistik im Wesentlichen auf fremde Länder verweist. Oder will vielleicht,
nach dem Satze, das Volk habe das Strafgesetz, das es verdiene 61 , eingewendet werden: für weniger .,zivilisirtett Völker sei die Todesstrafe noch am Platze -- also für die Deutschen, Franzosen, Italiener, Oesterreicher, Engländer, Amerikaner -- nicht aber für die Holländer, Rumänen, Portugiesen, St. Mariner, Louisianer und Schweizer? Wir denken, doch wohl nicht im Ernste!

620 Ueberall, wenn die Abolition richtig wäre, stünde ja der Besserungszweck und die A b s c h r e e k u n g entgegen. Die Todesstrafe habe nämlich keine abschreckende Wirkung, behaupten die Vertreter der Abolition. Das ist's ja gerade, was sie mit ihrer Statistik beweisen wollen, aber, wie wir nunmehr dargethan, nicht können. Wie weit dieser Satz richtig ist, daß der V o l l z u g der Todesstrafe durch ö f f e n t l i c h e H i n r i c h t u n g nicht blos abschrecke, sondern hin und wieder das Gegentheil zur Folge haben könne, haben wir oben schon erörtert62; daß aber die Strafart selbst abschreckend wirke, das anerkennen ihr nicht blos, wie wir ebenfalls oben schon betont, die Vertreter der Expérimental- und der Nothwehr-Abolition, das beweist nichts schlagender, als gerade eben die Abolitionisten, denn sämmtliche Abolitionisten wollen die Todesstrafe abgeschafft wissen, e b e n w e i l sie e t w a s S c h r e c k 1 i c h e s , der Tod der größte, ja ein so großer Schrecken sei, daß ihn nur anzudrohen der Gesetzgebung nicht zustehe. Mit jener Ansicht vom Schrecken des Todes sind aber auch die Apologeten daß eine auf so kurze Zeit gezogene und so mangelhaft vorbereitete Statistik keinerlei bemerkenswerthe Vermehrung der Verbrechen erweisen werde und er für seine Person daher füglich auf Erhebung einer solchen verzichten könne 63. Die Abschreckungstheorie ist zwar schon werthvoller als die Besserungstheorie, aber auch die Abschreckung erschöpft den Begriff des Strafzweckes nicht, auch sie ist nur ein sekundärer Zweck der Strafe und nie ihr

621 Grund; denn die Abschreckung hat ja auch die Zukunft des Verbrechers, ja sogar bei der Todesstrafe nur die der Andern im Auge.

Die Strafe wird aber dem Verbrecher, wie wir oben betont, wegen seiner Vergangenheit, seines begangenen' Verbrechens, seines beurkundeten bösen Willens (beim Versuch), um seiner, nicht um Anderer willen zugefügt. Wenn die Abschreckung der Strafzweck wäre, so müßte man den, der sich nicht abschrecken läßt, straffrei lassen oder alle Strafarten aufheben, die diesen Zweck im Allgemeinen oder dem Einzelnen gegenüber nicht erfüllen. So vor allem die Gefängnißstrafe ; denn trotz unserer Zuchthäuser wird täglich gestohlen, unterschlagen, gefälscht u. s. w., ja jedes Zuchthaus hat an gewissen Gewohnheitsverbrechern eine stets wiederkehrende Kundschaft 6*.

Damit sind wir denn endlich bei der Frage angelangt, welche Jeder zuerst lösen muß, wenn er über die Berechtigung einer Strafe oder gar einer Strafart, wie die Todesstrafe, absprechen soll, nämlich d i e : W e l c h e s i s t d e r e i g e n t l i c h e G r u n d , w e l c h e s d e r e i g e n t l i c h e Z w e c k d e r S t r a f e ? W i r antworten : Dieser Zweck ist kein anderer als -- sie selbst. D i e S t r a f e i s t S e l b s t z w e c k . Man mag alle die zahlreichen, absoluten, relativen und gemischten Theorien durchgehen, sie alle mögen eine Seite der Strafe, eine mögliche oder wünschbare Wirkung derselben herausgefunden haben, keine aber wird sie ganz, keine für alle Fälle stichhaltig erklären, als diese: man b e s t r a f t d e n V e r b r e c h e r , d a m i t e r g e s t r a f t sei.

Die Strafe ist der natürliche Rückschlag, den die öffentliche moralische Ordnung dem Eingreifenden versetzt. Die Heftigkeit dieses Rückschlags muß entsprechen der Heftigkeit des Eingriffes, wenn die moralische Ordnung wieder in's Gleichgewicht, wenn der versetzte Schlag m o r a l i s c h aufgehoben und ungeschehen gemacht werden soll. Wenn der Eingriff so heftig und tief war, daß der Rückschlag nothwendigerweise den Eingreifev selbst zerstören muß, so muß er gleichwohl erfolgen, wenn anders nicht die moralische Ordnung bleibend gestört werden soll. Wer gegen eine feststehende Kugel von Elast mit der Faust aufschlägt, dessen Haud wird zurückgeschmissen mit der gleichen Heftigkeit, mit der er aufgeschlagen hat; dadurch wird die
ursprüngliche Form der Kugel wieder hergestellt und unversehrt erhalten. Wenn sie die Elastizität verliert, wenn sie den Streich nicht mehr mit derselben Heftigkeit zurückzuversetzen vermag, wenn sie erschlafft, dann bleibt auch der Eindruck auf ihr haften. Nicht die eingedrückte Stelle allein leidet aber unter dem Schlage, sondern die ganze Kugel, der ganze Körper; darum wirkt auch stets die ganze Kugel beim Rückschlag mit oder

622 soll es wenigstens thun bei normalen Verhältnissen. Jedes Gleichniß hinkt; aber wir wollten damit unsere Ansicht an ihm verdeutlichen, um mehr theoretischen Erörterungen enthoben zu sein. In diesem Rückschlag liegt die Gerechtigkeit; nicht in seiner äußeren Form, aber nach seinem Werthe, nach seiner Kraft muß er das Ebensoviel, die Talion sein, wenn er gerecht, wenn das sittliche Gleichgewicht wieder hergestellt werden,i ihm Genüge geschehen soll.

o O O ö Nicht jenes durch lange Untersuchungen, durch die Presse, durch die verstrichene Zeit schon wieder erschlaffte sittliche Bewußtsein des Volkes, nein, jenes Bewußtsein in seiner vollen Spannkraft zur Zeit des Eingriffes, in ihm äußert sich die Gerechtigkeitsliebe des N^olkes. Das moralische Gleichgewicht muß hergestellt werden, Genugthuung muß geschehen. Dieses Verlangen läßt sich weiter, wie jedes rein ethische, nicht erklären, aber ebenso wenig als ein solches leugnen. Die ,,Rache", die nichts Anderes verlangt, als die Bestrafung, Sühnung wirklichen Unrechtes, beruht auf keinem bösen, sondern auf einem guten, auch in allen Menschen als ethisches Gesetz lebenden Willen.65 Darum hat auch der alte Staat, der die Handhabung des Strafrechtes den Privaten überließ, die Rächung des Verbrechens erlaubt, ja sogar, und darauf legen wir Gewicht, in vielen Fällen sie, namentlich Blutrache den Verwandten, zur Pflicht gemacht,06 wie wir das oben schon in der mosaischen Gesetzgebung gefunden haben. Eben weil 'das Verbrechen eine Störung der allgemeinen moralischen Ordnung ist, so darf es nicht ungerächt bleiben, wenn diese nicht selber Schaden leiden soll, und das um so weniger, je tiefer der Eingriff war. Die Strafe ist daher nicht bloß ein Recht, sie ist eine Pflicht. Warum, haben wir schon oben gefragt, warum geht ein Schrei der Entrüstung durch die ganze Welt, wenn irgendwo ein schreckliches Verbrechen sich ereignet?

Warum fragt man jeden Tag: hat man den Thäter? Warum fühlen wir uns erst befriedigt, wenn es heißt: ja, oder wenn wir hören, daß die Strafe an ihm vollzogen wurde, und wenn es auch die T o d e s s t r a f e ist; ja vielleicht geradezu dann und nur dann?

Fühlen wir hier in unserer Sicherheit uns dann bedroht, wenn aus Habgier ein Traupmann auf den Feldern von Pantin Menschen schlachtet oder ein Thomas auf weiten Meeren sie mit Dynamit in
die Luft sprengt ? Nein, aber weil auch u n s e r sittliches Gefühl durch die That verletzt ist und es nur Genugthuung, Ruhe findet, wenn die Gerechtigkeit wieder hergestellt ist. Schon das Kind verlangt die Strafe als ethische Forderung. ,,Erzählt einem aufgeweckten Kinde von einer großen Frevelthat und von dem Unschuldigen, der darunter litt, es wird energisch und mit Entrüstung Strafe verlangen, und die Geschichte verliert ihm allen Werth, wenn die

623

Strafe ausbleibt; es dichtet zum Voraus selbst das Fehlende dazu, denn in der sittlichen Welt muß Ordnung sein, auch nach seiner noch ganz unvollkommenen Philosophie.a 67 Aber nicht blos, daß das Verbrechen gestraft werde, ist eine ethische Forderung und Pflicht, sondern daß es g e r e c h t gestraft werde ; daß die Strafe dem Verbrechen entspreche. Dabei kommt es aber nicht auf die äußere Form an, in welcher das Vergehen sich darstellt, sondern auf seine innere Kraft, die Heftigkeit des bösen Willens. Der Todtschlag ist nicht dem Morde gleich, weil er das sittliche Gefühl nicht so tief verletzt, darum darf die Strafe für den Todtschlag nicht die gleiche sein, wie für den Mord.

Und wenn wir noch feiner unterscheiden wollen, so können wir auch für jedes Vergehen verschiedene Abstufungen herausfinden, und sie werden sich im geordneten Strafrechte auch finden 68.

Aber welches wird dann der Ausgangspunkt und der Endpunkt für die Bemessung der Strafarten sein? So lange die Menschheit besteht, ist es die Talion und zwar in erster Linie die gegenüber dem Morde gewesen, die ihn mit dem Tode bestraft. Sie wird es bleiben, da kein anderes System zur Gerechtigkeit führen und sie ausüben kann 69. Der Tod für den Mord ist ein durch die ganze Menschheit aller Zeitalter, Religionen und Bildungsgrade durchgehende ·ethische Forderung 70, dem sogar die Kunst aller Zeit im Drama und in Poesie gerecht werden mußte. Ihre Unterdrückung ist die eines im Menschen wirksamen moralischen Naturgesetzes und daher auf die Dauer nicht haltbar ; die ethischen Naturgesetze lassen sich so wenig vergraben und vermauern, als die der körperlichen Welt.

Ein ethisches Gesetz, das seit Jahrtausenden ein Eigenthum war der Menschheit, kann wohl durch eine parlamentarische Mehrheit da oder dort als abgeschafft erklärt werden, es ist dies ja schon der ,,Religion" passirt; ja es kann die positive Gesetzgebung ihm entgegentreten, aber sicher nie auf die Dauer und nie ungerächt.

Nach dieser Ausführung bedarf die Frage: hat der S t a a t das R e c h t , einen M e n s c h e n zu t ö d t e n ? keiner weitereu Erörterung. Nachdem er die Privatrache aufgehoben, verboten und sie zu der seinigen gemacht, so hat er nicht blos ihre Rechte, sondern auch deren Pflichten übernommen. Ihre Rechte, indem die Nothwehr, die dem Einzelnen als Recht zukam
und theilwcise noch zukommt, mit ihren Rechten auf den Staat übergegangen ist; ihre Pflichten, indem er in denjenigen Fällen, in welchen der Verbrecher die Nothwehr überwand, unmöglich machte, sie durch die Strafe ersetzt und die Gerechtigkeit herstellt. Der Staat ist heute der Rächer der Gemordeten, und diese haben das ideelle Recht, zu verlangen, daß er seine Pflicht erfülle. Das Blut der Gemordeten

624 schreit zunächst zu den Ohren des Staates. Ist es recht, einem Menschen das Auge auszustechen, das Bein abzuschneiden? Diese Frage verneinen wir Alle. Aber hat der Arzt das Recht, ein krankes Auge auszuschneiden, ein krankes Bein abzunehmen ? Die bejahen wir. Damit soll natürlich nicht gesagt sein : jedes kranke Bein, jedes kranke Auge. So mit der Todesstrafe. Nur zu weisem, sparsamen Gebrauche soll der Obrigkeit das Schwert, das ihr genommen, wieder zurückgegeben werden, oder vielmehr ihr erlaubt sein, es zu ergreifen; sie soll es nicht brauchen ohne Noth, aber sie soll nicht dessen beraubt sein ohne Noth oder gar während derselben! Sie soll es haben, weil es ihr gebührt, damit sie in jedem Falle und zu jeder Zeit volle Gerechtigkeit üben kann! Das ist die Garantie, die das Volk zu verlangen berechtigt ist und sie ist jedenfalls eine höhere als die Garantie des Mörderlebens, die in vielen Fällen eine Garantie des Unrechtes ist. N i c h t den Tod soll e s j e d e m M ö r d e r b r i n g e n , d a s S c h w e r t u n s e r e r J u s t i t i a ; aber d e r g a n z e n W e l t soll e s v e r k ü n d e n : auch'in der freien Schweiz wird volle Gerechtigkeit geübt, auch in der freien S c h w e i z d a r f man den Mörder tödten.

Herr Präsident!

Herren Ständeräthe!

Dies zur Frage der Berechtigung der Todesstrafe. Die Besprechung derselben als eine der letzten Fragen des Strafrechtes, welche von allen möglichen Seiten der Kriminalphilosophie, der Theologie, der Staatswissenschaft, der Statistik, der Medizin in und außer dem Rathe besprochen wird, mußte zu einer Reihe von Erörterungen führen, die sonst mehr geeignet sind, der Gegenstand von akademischen als parlamentarischen Debatten zu sein. Allein der Zusammenfluß mußte hier geschehen und konnte auch bei ähnlichem Anlaß in anderen Parlamenten nicht yermieden werden.

Ebenso ist es selbstverständlich, daß die Begründung dieses zweiten Theiles nicht als das durchaus gemeinsame Produkt der Kommissionsdebatten angesehen werden darf, vielmehr mußte Ihre Kommission, damit die Einlieferung wenigstens in einem geordneten Zusammenhang geschehe und von Einem Gesichtspunkte aus geleitet sei, der besonderen Natur des Gegenstandes wegen dem Berichterstatter freien Spielraum lassen, und ist er zunächst allein für seine Berichterstattung verantwortlich. Jedes Mitglied der Kommission behält sich dabei vor, nach seiner persönlichen Ansicht von dieser Begründung anzuerkennen, wegzunehmen oder hinzuzusetzen, was

625 ihm gut scheint. Endlich ist der Berichterstatter einzig und ausschließlich der übrigen Mitglieder verantwortlich für die als III. Theil des Berichtes von ihm persönlich ausgeführten Erläuterungen litterarischen und polemischen Inhaltes. In der H a u p t s a c h e g e h t j e d o c h d i e K o m m i s s i o n e i n i g u n d v o r Allem ganzentschieden in dem Schlüsse: Daß a u c h vom Standpunkte der Frage der Todesstrafe aus die Revision des A r t i k e l s 65 der B u n d e s v e r f a s s u n g h ö c h s t wünschb a r sei.

B e r n , den 18. März 1879.

Namens der Kommissionsmehrheit, Deren Berichterstatter: H. Freuler.

626

III.

Erläuterungen des Berichterstatters zum II. Theil.

1 2

S. bundesräthliche Botschaft, pag. 5.

Aus der jüngst von einem verehrlichen Mitgliede des Nationalrathes, Hrn. J. Philippin, veröffentlichten Tabelle (La peine de mort, pag. 511) sind nämlich in jedem Falle zu streichen: 1) F i n n l a n d . Allerdings verordnete Nikolaus I. in einem Ukas vom 21. April 1826, daß die Todesstrafe nur bei s c h w e r e n p o l i t i s c h e n Verbrechen eintrete, auf Mord dagegen Verbannung nach Sibirien erfolgen sollte. In dem noch geltenden flnnländischen Strafgesetzbuch von 1846 ist aber in fünf Artikeln die Todesstrafe für Hoch- und Landesverrath und in drei Fällen bei Uebertretung der Quarantänegesetze gedroht. Faktisch wurde die Todesstrafe sogar häufig vollzogen, da jene und oft auch andere Verbrechen von dem Militärgerichte abgeurtheilt werden. Ganz gleich verhält es sich mit Rußland, das die Todesstrafe nach der bundesräthlichen Botschaft abgeschafft haben soll, aber nicht für Majestäts-, nicht für politische Verbrechen. Ueberhaupt besteht ja kein Gesetz, dem gegenüber nicht durch Ukas Ueberweisung an andere Stelle oder überhaupt ein anderes gegenübergestellt werden könnte. Das sind Verhältnisse, die sich mit den unsrigen gar nicht vergleichen lassen. Zu erinnern an die "Sassulitsch Ob die Deportation in ein Quecksilberbergwerk des Urals etwas Anderes sei, als die Todesstrafe, langsam und grausam vollzogen, darüber ließe sich streiten. 2) Die d e u t s c h e n S t a a t e n : Nassau, Oldenburg, Braunschweig, Koburg, Weimar, Meiningen, Sachsen, welche seit 1. Januar 1871 unter der Herrschaft des Strafgesetzbuches für den Norddeutschen Bund stehen, dessen § l lautet : ,,Eine mit dem T o d e , mit Zuclithaus oder mit Festungshaft von

627 mehr als 5 Jahren bedrohte Handlung ist ein Verbrechen." 3) In M e x i k o herrschen eigentlich mehr die Kriegszustände, als die ordentlichen, und sind deßhalb dort Tödtung und Hinrichtung nicht selten. Holland hat nicht 1864, sondern 1870 die Todesstrafe abgeschafft. Für Louisiana ist allerdings ein Entwurf Livingston's, der die Todesstrafe abschafft, ausgearbeitet worden; ob er Gesetz geworden, weiß der Berichterstatter nicht ; dagegen ist sie allerdings seit 1852 abgeschafft in Rhode-Island, ebenso in Otahaiti auf die Rede des Priesters Tati : ,,Soll nicht das neue Testament unser Leitstern sein? Wer kann darin Verordnungen für Todesstrafe finden ?"

3

Nicht aber dem Privaten in der Nothwehr oder dem Staate selbst im Kriegsrecht.

4 Es ist hiebei nicht zu vergessen, daß in solchen MilitärMonarchien das ,,standrechtliche" Verfahren sich leicht weit ausdehnen läßt.

5 Es wurden jeweils nach Einführung auch wieder Todesurtheile vollzogen, das letzte 1830. Uebrigens war die Milde seit O , O 1765, welche die Abolitionisten gerne nachrühmen, nur die natürliche Reaktion auf die vorangegangenen staatlichen Ausschreitungen.

Ein Gesetz von 1638 gab den Beamten von Toscana und sogar den Privaten die Macht, ohne Weiteres nicht allein die Verbannten und in contumaciam Verurtheilten, sondern auch alle Diejenigen zu tödten, welche die öffentliche Stimmung als Banditen oder Mörder bezeichnete. Wie damit gehaust wurde, läßt sich denken. Hetzel: Die Todesstrafe, 1870, pag. 137.

6 7

Beyerle, a. a. 0., pag. 21.

Stenographisches Bulletin über die Verhandlungen des Reichstages von 1870. Berlin bei Kortkampf. Wenn etwa eingewendet werden will, es sei dies die einzige Folge des Auftretens des deutschen Reichskanzlers und seiner Erklärung, daß anderen Falles der Bundesrath die ganze Vorlage zurückziehen werde, so sind dem vor Allem gegenüberzuhalten die Voten Reichensperger Dr. Leonhardt v. Brauchtisch, Dr. Aegidi, v. Thadden, W a g n e r , v. Schulenburg, v. Dreiß, unter denen das des Herrn ,,Bundeskanzler v. BismarckSchönhausen"- vielleicht nicht einmal das hervorragendste ist. Man könnte mit dem gleichen Rechte behaupten, die früheren 118 Stimmen seien nur die Folge der Rede des Abgeordneten Lasker geweseu, obgleich es doch gewiß dann Unrecht wäre, die Voten von Dr. Schwarze, Kirchmann, Klemm, Handjery Dr. Kuenzer, Gnast und Dr. Becker völlig zu übersehen. Uebrigens wird Niemand

628

bestreiten, daß gerade damals der Reichskanzler Bismarck in der Blüthe seiner Kraft stand und daß deshalb die Apologeten der Todesstrafe dieses entschiedenen Gesinnungsgenossen sich freuen dürfen; auch Niemand bezweifeln, daß wenn die Todesstrafe 1870 in Deutschland abgeschafft worden wäre, sie heute wieder eingeführt sein würde.

8

Der eifrige Abolitionist Mazini, Justizminister geworden, berief eine Kommission von Professoren und Advokaten, welche sich lebhaft gegen die Todesstrafe aussprachen; ebenso thaten es im Parlamente mit leidenschaftlichem Feuer die Abgeordneten aus Toscana, und der Franzose Lucas schrieb ihnen und an verschiedene einflußreiche Personen eine Anzahl von zustimmenden offene und private Briefe. S ä m m t l i c h e R i c h t e r k o l l e g i e n hatten sich abei; auf Anfrage des Ministers Vegliani g e g e n Streichung dieser Strafart ausgesprochen.

Herbst: ,,Zur Frage der Aufhebung der Todesstrafe."1 Wien 1879, pag. 19/20.

9

Die Wittwe des am 9. März 1762 in Toulouse durch einen Justizgräuel unschuldig hingerichteten Jean Calas konnte, nach Genf sich flüchtend, den dort in seiner Villa zu Fernex lebenden Voltaire für ihre Sache begeistern. (Eine kurze, erschöpfende Darstellung der Fälle Calas, Sirven und de la Barre siehe in Pfotenhauer : ,,Die Todesstrafe,"· Bern, 1863.) Schon vor Abfluß eines Jahres seit der Hinrichtung hatte durch seine Verwendung der Staatsrath von Versailles die Angelegenheit an die Hand genommen ' und am dritten Jahi'estag der Exekution wurde das Urtheil kassirt, die noch einzig mögliche Satisfaktion der Hinterbliebenen. Voltaire war von da ab der eifrigste und einflußreichste Schriftsteller gegen die Todesstrafe; an seinen Schriften entzündete sich der mit den Pariser Encyklopädistea durch Vermittlung eines Mailänderklubs in Verbindung stehende Marchese Cesare Beccarla, der in seinem 27. Jahre die von den Abolitionisten stets so hochgepriesene Schrift: Dei delitti et della pene (Monaco 1764) schrieb. Man würde sich sehr irren, zu glauben, daß dies ein hoch philosophisches, die Frage der Todesstrafe tief erschöpfendes Werk sei. Letztere füllt bei Beccaria nicht einmal einen vollen Paragraphen (§ 26) aus, indem im selben Paragraphen noch von der Gefangennehmung die Rede ist. Er geht vom Vertragsstaate aus und bestreitet von diesem aus dem Staate das Recht der Todesstrafe: überdieß hält er sie für eine ,,unnütze Verschwendung von Pein, wodurch die Menschen nie besser werden." Man rühmt Beccaria auch nach, er habe die Folter beseitigt. Beccaria bekämpft aber die Folter nur als Inquisitionsmittel, durchaus nicht als Strafart. Seine Abhandlung hat

629 überhaupt mehr den Charakter einer kriminalphilosophischen Träumerei. In § 19 z. B. sagt er vom Diebstahl : ,,Allein gleichwie dieses insgemein nur ein Verbrechen des Elendes und der Verzweiflung ist, ein Verbrechen jenes unglückseligen Theils der Menschen, dem das Eigentumsrecht (erschreckliches, aber vielleicht uothwendiges Recht) nur ein bloßes Dasein übrig gelassen* u. s. w.

(Uebersetzung von Beccarla, Ulm 1767.) Fast gleichzeitig mit Beccarla hat (1764) auch der österreichische Professor der Politik, J o s e p h von Son n en fei s, in einer öffentlichen Disputation den Satz vertheidigt: ,,Die Todesstrafen sind dem Endzwecke der Strafen entgegen." Im Jahre 1825 hat wieder ein ganz junger, damals 24 Jahre alter französischer Advokat, Charles Luccas, zur Lösung einer Preisaufgabe der Société de la morale chrétienne in Paris eine abolitionistische Schrift geschrieben (denn dies mußte sie wohl sein, wenn man den Preis erwerben sollte) und er hat sich seither die Abolition zur Lebensaufgabe gestellt. Im Uebrigen ist Luccas noch konfuser als Beccaria. Selbst der viel bedeutendere und nicht minder eifrige deutsche Abolitionist, der Prediger Hetzel, resümirt sich folgendermaßen über ihn : Luccas' Theorie ist in nuce folgende : ,,Die G e s e l l s c h a f t h a t ü b e r h a u p t kein Strafrecht, weil es für sie unmöglich ist, eine wahrhaft vergeltende Gerechtigkeit zu üben , am wenigsten hat sie das Recht der Todesstrafe.

Sie hat vielmehr nur das Regressivrecht, zum Behuf ihrer Sicherung den Verbrecher durch zeitliches Gefängniß zu bessern. Es ist im Wesentlichen Fichte's Sicherheitstheorie (auch acceptirt von Hrn. Philippin und theilweise von Hrn. Prof. Hilty) und im Ganzen nicht haltbar, so treffend auch Vieles in Betreff der Todesstrafe ist.

Der Staat hat entschieden das Strafrecht, wenn er es auch in keinem Falle dem Verbrechen völlig adäquat sollte ausüben können. Das Hauptproblem unserer Frage, die Ungerechtigkeit der Todesstrafe auf dem Gebiete des Strafrechtes zu zeigen, hat Luccas noch nicht erfaßt.11 (Hetzel a. a. 0., pag. 242.)

10 Nichts ist lächerlicher, als wenn im Streit um die Todesstrafe noch erörtert werden will, wer die z a h l r e i c h e r e Literatur auf seiner Seite habe. Das ist doch mehr ein Standpunkt für den Käsehändler, welcher den Werth der Literatur nach dem Gewicht
bemißt, als für den Gebildeten, der ihn nach dem Inhalt schätzt.

Daß die Abolition zahlreichere literarische Erzeugnisse aufzuweisen habe , scheint mir nöthig und selbstverständlich , denn da die Todesstrafe im großen Allgemeinen überall bestehendes Recht ist und keine Gefahr läuft, es in nächster Zeit nicht mehr zu sein, so haben alle Anhänger derselben keine Veranlassung, schriftstel-

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lerisch für sie aufzutreten, sondern diese besteht nur für die Gegner derselben und Diejenigen, welche durch sonstige Arbeiten auf literarischem oder parlamentarischem Gebiete genöthigt sind, Letztern zu antworten.

Die Verfechtung der Abolition ist aber auch wiederholt zur Preisaufgabe gemacht, auch von Logen betrieben worden, und stets haben zahlreiche Bewerber sich gefunden, welche, gleichgültig, ob sie den Preis erhielten oder nicht, später ihre Schriften veröffentlichten und schon honoris causa eifrige Abolitionisten blieben.

11

Nicht viel gehaltvoller, als der vorige, ist der Handel um die bessern und gewichtigern Autoritäten. Der hat die bessern Autoritäten auf seiner Seite, welche ihm zu dieser Frage die zwingendem Gründe liefern , denn für einen denkenden Menschen ist die Logik die einzige Autorität. Was muß doch den Herren Abolitionisten der gute Mittermaier herhalten (noch ein Lehrer des Berichterstatters), daß er, ein alter, schwacher Greis geworden, in dieser Frage bekämpfte (Strafrechtszeitung 1862) und in einem kurz vor seinem Tode geschriebenen Brief (mitgetheilt in ,,Herbsta, pag. 15), was er in seinen bessern Jahren, 1825, 1826 und 1834, geschrieben hatte! Ueberhaupt lag ja zweifellos die Bedeutung Mittermaier's im Sammeln und Zusammenstellen, nicht in seinen eigenen Ideen. Uebrigens können sich also mit Recht beide Seiten auf ihn beziehen.

Berühmte Philosophen für Abolition sind beispielsweise Voltaire, Lamartine, Fichte, Herder, Sehleiermacher; ihnen gegenüber stehen u. A. Montesquieu , Rousseau , Kant, Hegel, Strauß. Berühmte Kriminalisten der Abolition sind beispielsweise: Henke, Zöpfl, Köstlin, Holtzendorff, Glaser, Berner; ihnen gegenüber stehen u. A.

Feuerbaeh , Gmelin , Roßhirt, Richter , Wächter , Zachariä. Die Redner des deutschen Reichstages für und wider haben wir oben, Anmerkung 7, kennen gelernt.

12 So stehen die neuesten, wiederholt citirten Schriften der Herren Philippin und Hilty zu einander in dem wesentlichsten Gegensatze. Letzterer anerkennt ausdrücklich dem Staate die Berechtigung zur Todesstrafe: ,,Das R e c h t zur Todesstrafe kann man vernünftigerweise nicht bestreiten"- (pag. 5) ; Ersterer dagegen verneint sie, vom Vertragsstaate ausgehend, ebenso bestimmt: ,,La société a-t-elle le droit de supprimer l'un de ses membres? Je réponds non sans la moindre hésitation" (pag. 13).

Siehe Weiteres oben in Anmerkung 13: Luccas.

18

Wie z. B. von Philippin: ,,Y en a-t-il beaucoup parmi eux qui, en s'interrogeant solennellement devant leur conscience,

631 voudraient, au risque de ce qu'il y a au-delà de la tombe, déclarer qu'ils prennent la responsabilité de l'âme d'un supplicié en état d'impénitence ?"· (pag. 14.)

14

Hilty, a. a. 0. pag. 14 : Das Gefühl ist wahr, und tief in dem menschlichen Herzen eingewurzelt, daß der Tod a l l e i n große Verschuldungen abnimmt, im Gewissen des Verbrechers sowohl, wie in der Empfindung der Mitwelt tilgt.

15 Wie viele sterben sehr bald nach ihrer Haft, oder nehmen sich selbst das Leben, oder werden bei Fluchtversuchen getödtet?

Leider enthält die bundesräthliche Botschaft wie über vieles andere für diese Frage Wissenswerthe auch hierüber keinerlei Erhebungen als die von Zürich: ,,der zehnte Mörder entleibte sich vor Vollziehung der Todesstrafe.10 16

In der Kommission wurde von Herrn Cornaz ein Fall aus Neuenburg erwähnt, ein gewisser Flottron, der seine Geliebte ermordet habe und ursprünglich ein sehr verwahrloster und verwilderter Mensch, nun völlig gebessert und der beliebteste Sträfling sei. Er habe sich mit den Verwandten seiner ermordeten Geliebten durch einen rührenden Verzeihungsakt ausgeglichen und ihnen auch aus seinem Peculium Fr. 600 dargeliehen.

17

Auch hierüber enthält die bundesräthliche Botschaft leider keine Erhebungen.

18 Auch hierüber sind die bundesräthlichen Akten nur sehr dürftig. (Fall Bienz & Konsorten in Basel.)

Ä

Siehe hierüber den Fall Bienz.

20

Wir haben oben schon hierauf hingewiesen nnd verweisen hier wiederholt auf pag. 5 und 6 der bundesräthlichen Botschaft, nach welcher in der Schweiz in den Jahren 1851--1873 von 644 wegen todeswürdigen Verbrechen überwiesenen Personen nur 96 zum Tode verurtheilt, und von diesen 96 wieder 51 begnadigt wurden. Ja, noch unter der alten Bundesverfassung haben laut bundesräthlicher Botschaft (pag. 7) vierzehn Kantone, welche das halbe Areal der Eidgenossenschaft einnehmen und circa ein Drittel der Einwohner enthalten, mindestens 23 Jahre lang vor d e r B u n d e s v e r f a s s u n g v o n 1874 d a s Schaffet n i c h t g e b r a u c h t .

Aehnlich in andern Ländern, in welchen heute noch die Todesstrafe existirt. Siehe bundesräthliche Botschaft pag. 9--12.

21

Auch hierüber gibt leider die bundesräthliche Botschaft keine Auskunft; doch wäre dieser Satz sehr leicht aus der allgemeinen Kriminalliteratur zu erweisen. Vergi. Hilty, a. a. 0.

32 22

Auch hierüber enthält die bundesräthliche Botschaft leider keine Erhebungen.

23

Auch hierüber ist leider die bundesräthliche Botschaft ohne Instruktion.

23a Sofern die ,,rohe"1 Talion der ,, ausgebildetencc Talion gegenübergestellt werden will, so liegt darin die Anerkennung, daß das Prinzip der Talion richtig sei. Absichtlich und unabsichtlich wird übrigens das obige kriminalistische Mißverständniß der Talion auch übertragen auf den Mord. ,,Was, sagt man, der, welcher vielleicht in berechtigter Aufregung, im Raufhandel, zu dem er -angereizt wurde, einen andern erschlagen hat, der vielleicht der beste Mensch der Welt ist, er soll getödtet werden können ?" Hier handelt es sich aber ja gar nicht um Mord, sondern um Tod.schlag, um Tödtung nicht mit kaltem Vorbedacht, sondern im Affekte; eine Unterscheidung, die alle Strafgesetzbücher schon seit .römischer Zeit machen.

24 Vergleiche unten in den Beispielen aus neuester Zeit. Vergleiche übrigens auch einen Dumolard u. s. w. aus der allgemeinen Kriminalgeschichte.

25 Unter dieser Erziehung darf man aber nicht etwa bloß an 'Schulen denken und Versorgungshäuser für ,,verwahrloste Kinder", wie etwa Herr Philippin am Schlüsse seiner Broschüre dieß andeutet. Die tieferen Ursachen des Mordes liegen gar nicht bloß in den Zuständen des niederen Proletariates. Oben und von oben, wie dieß auch Herr Hilty andeutet, pag. 26 ff., muß die Erziehung beginnen. Die höheren und höchsten Klassen in und außer der Republik, sie müssen mit dem Beispiele vorangehen, in jedem Mitmenschen den Menschen zu respektiren, ihn nicht als einen Gegenstand zu behandeln, der nur so viel Werth hat, als er ihnen leistet oder verdient. Nicht den Armen bloß soll man das Ohristenthum und die ewige Seligkeit predigen lassen, damit sie sich über ihr Elend mit dem jenseitigen Leben vertrösten mögen; dem Reichen zuvörderst soll man predigen von der werkthätigen Bruderliebe und von den Pflichten gegen den Nächsten. Nicht bloß dem niederen Proletariat soll man die Pflicht der Arbeit vorhalten, sondern vor Allem dem vornehmen, das, in seinem Müßiggang schwelgend, fremde Laster bei uns groß zieht und durch böses Beispiel schlechte Neigung weckt. Die höchsten Klassen sollen vor allen Dingen streng ihre Hände sauber halten von Unrecht und nicht etwa solches übertünchen, so daß die Ueberzeugung Platz greift, man hänge nur die kleinen Schelmen und die großen lasse man laufen. Aber auch den niederen Klassen muß man nicht stets bloß von ihren Rechten

633

predigen, sondern auch von ihren Pflichten, nicht bloß von ihren politischen, sondern auch von denen gegen sich, ihre Familie und ihre Mitmenschen. Vor Allem aber soll man die Herde und Schulen des Lasters säubern. Jene feine ,,Civilisation", die mit dem TingelTangel einzieht, die den Pintenwirth, aus dessen Schenke von des Morgens früh bis in späte Nacht die Graste betrunken austreten, nur als Geschäftsmann besteuert, welche diese Trinker polizeilich nach Hause begleiten läßt, nur zu ihrem Schütze; diese moderne Civilisation, diese moderne Humanität, die den Gemordeten beweint und den Mörder hätschelt, sie ist die Pflanzschule des Verbrechens.

Ihr gegenüber muß eine gesunde Volkserziehung Platz greifen, wenn am Ende nicht wahr werden solle, was der Berichterstatter in der Kommission äußerte, welche Ansicht freilich nicht allseitig getheilt wurde, daß unser Vaterland, unser Freistaat noch zu Grunde gehe an unseren Wirthshäusern und -- an unserer Presse.

26

Vergleiche Pfotenhauer, a. a. 0. pag. 14, 15.

27

Warum setzen die Neuenburger den nach Aussage des Herrn Ständerath Cornaz vollständig gebesserten Flotteron, Mörder nicht in Freiheit? Mit welchem Rechte halten sie ihn noch lebenslang gefangen, nachdem doch offenbar bei seiner Freilassung die Gesellschaft nicht gefährdet wäre, und nach Herrn Philippin die gefährdete Sicherheit des Staates die einzige Berechtigung der Strafe ist?

28

1872.

Berner, Lehrbuch des deutschen Strafrechtes.

§ 9.

Leipzig

29 So bildet dieß die Hauptargumentation des Herrn Philippin, pag. 70--82.

30

Philippin, a. a. 0. Von den eilf Fällen Philippins (pag. 57-70) ist nur der Fall Wegmann aus der Schweiz und dieser einzige ist eine Ente des Anzeigers von Uster. Auch die acht ausländischen neueren Fälle, welche Herr Philippin anführt, beruhen zum Theil auf zweifelhaften Mittheilungen und auf Umständen, unter welchen allerdings ein Schuldurtheil kassirt, aber damit die Unschuld des Angeklagten nicht erwiesen war; darin liegt aber ein gewaltiger Unterschied.

So in der Affaire Lerondeau. Von den acht nicht schweizerischen Fällen des Herrn Philippin handelt es sich aber überhaupt nur in dreien um die Todesstrafe, und nur in einem, du Heinaut, um deren Exekution; in den andern, Mallet, Wood und Nr. 10, ist sie nicht vollzogen worden, und in allen übrigen handelt es sich bloß um F r e i h e i t s s t r a f e . Herr Philippin kommt also mit seinem Beweis am rechten Ort an, wohin die Konsequenz ihn und alle die, ßundesblatt. 31. Jahrg. Bd. I.

M

634

welche die Todesstrafe wegen eines möglichen Irrthums des Richters bekämpfen, nothwendig führen muß, nämlich dahin, daß a l l e S t r a f e , alles Strafrecht unterbleiben muß, da in jedem Straffalle Irrthum unterlaufen kann und keine erlittene Strafe, die Geldstrafe vielleicht ausgenommen, wirklich reparirbar ist. Es ist ja auch gar nicht gesagt, daß die Unschuld eines zu lebenslänglichem Zuchthause Verurtheilten noch bei seinen Lebzeiten entdeckt werde.

31

Die Ansicht, daß nur da, wo ein Geständniß vorliege, ein Schuldig wegen Mordes ausgesprochen werden dürfe,' ist total falsch; es können für den Mord keine anderen Bestimmungen gelten, als die für jedes Verbrechen, nur wird wegen der Höhe der Strafe und namentlich, wo er ein Todesurtheil ausfällt, der Richter ängstlicher, sorgfältiger im Prüfen sein. Wenn mitten in einem öffentlichen Lokale, auf offener Straße Jemand den Andern niedersticht und die Leute stürzen aus ihren Häusern herbei, bringen den Mörder, der noch das blutige Messer in Händen hält und auch die Leiche; sie, lauter glaubwürdige (denn hierauf kommt dabei viel an), ohne Beziehung zu einander stehende Personen erzählen und beschwören den Thatbestand, der Mörder leugnet: darum soll er nun freigesprochen und unter keinen Umständen getödtet werden?

Ein Geständniß beweist auch nicht immer die Schuld. In seiner Praxis als Staatsanwalt ist dem Berichterstatter vorgekommen, daß ein berüchtigter Dieb geständig war, einen großen Roßhaardiebstahl begangen zu haben. Er erzählte den Hergang ausführlich, auch fand man bei ihm das Roßhaar; auch vor Gericht erklärte er sich schuldig und wurde zu vierzehn Monaten Gefangenschaft verurtheilt.

Nachdem er etwa zwölf Monate abgesessen hatte, ergab sich anläßlich einer andern Untersuchung, daß er, jener geständige Angeklagte, den Diebstahl gar nicht ausgeführt hatte und zur Zeit der Ausführung von demselben gar nichts wußte ; daß er vielmehr später von dem wirklichen Thäter sich hatte überreden lassen, die gestohlene Sache aufzunehmen und sich als Schuldigen zu stellen.

In . einem anderen unbedeutenden Falle stellte sich während der Gerichtsverhandlung heraus, daß statt des Angeklagten sein Bruder erschienen war, ,,weil er besser Zeit hätte, zu sitzen, als sein Bruder".

32 Damit ist keineswegs gemeint, daß das gesammte ethische Gesetz auch als positives Recht erklärt werden müsse. Die Lüge, die Onanie u. s. w. ist nirgends bestraft, aber die Bestimmungen des Strafgesetzes dürfen nicht im Widerspruch stehen mit dem ethischen Bewußtsein, sollen vielmehr dieses zu ganzem und vollem Ausdruck bringen und dürfen darin nicht schwankend werden, wenn die äußere Gesittung sich je länger, je mehr vom Sittengesetze

635 abwendet und es, soweit es nicht Strafgesetz ist, mißachtet. Gerade solche Zeiten machen es gegentheils nothwendig, wenigstens die allerersten und obersten Grundsätze des Strafgesetzes in Achtung zu halten.

33

Es ist durchaus nicht gesagt, daß anderseits diese ,,Humanität1' nicht auch abscheuliche Rohheit unbewußt verüben könne.

Schwerlich wird nach einigen Jahrhunderten man dem unserigen vorwerfen, daß es die Todesstrafe, die so alt ist als die Menschheit und nach heutiger Voraussicht wohl auch so alt werden wird als dieselbe, abgeschafft habe. Aber die lebenslängliche Zuchthausstrafe auch da, wo sie faktisch zwanzig und mehr Jahre überdauert, ob sie uns nicht als eine abscheuliche Rohheit wird vorgeworfen werden, ist eine ganz andere Frage. Jene Humanität, welche den selbstmörderischen Verbrecher mit allen Künsten der Wissenschaft am Leben zu erhalten sucht, um ihm noch einige Zugeständnisse abzulocken ; die den Sterbenden in jedem freien Augenblick mit der Inquisition überfallt und in Fiebern erhält, die ihn retten will, um ihn nachher verurtheilen und strafen zu können, ist noch von viel zweifelhafterem sittlichem Werthe, als die Genfer Konvention und das rothe Kreuz im weißen Felde, das den Massenmord, den Krieg a 11humanisiren will.

34

Diese Gesellschaft (die heutige) mit ihrem oft so schalen Gerede, ihrem oft so unnützen Geschwätz über die Nichtigkeiten des täglichen Lebens, mit ihrer so losen und schlaffen Moral, m i t i h r e m s i t t l i c h e n U r t h e i l e , d a s mehr v o n d e r Mode d i k t i r t w i r d , als von den festen U e b e r z e u g u n g e n . Lang (der Reformer), religiöse Vorträge, I, pag. 53.

85

pag. 13, bundesräthliche Botschaft.

Leider kennt die bundesräthliche Botschaft einläßlichere allgemeine Daten nur von einigen deutschen Ländern und gar keine aus dem eigenen Lande.

36

37

Bundesräthliche Botschaft, pag. 17.

38

F. Zehnder, Vorträge über Fragen der Erziehung.

1879, pag. 58.

39 40

Zürich

So auch Hilty.

Die bundesräthliche Botschaft hat leider über die Herkunft der Verbrecher, ihr Alter, den Zeitpunkt der Begehung der Tbat und die Motive und äußern Umstände derselben keine, über letztere nur sehr dürftige Erhebungen gemacht, trotz eingelegter Bitte des Berichterstatters. So weit dies in den paar Tagen seit Eingehung

636

der Botschaft möglich war, hat der Berichterstatter selbst die Akten zu vervollständigen gesucht, und er verdankt den einschlägigen Strafbehörden ihr allseitig freundliches und promptes Entgegenkommen bestens. Er konnte keinen Mord erfahren, der von einem deutschen oder französischen Soldaten, welcher den letzten Krieg mitgemacht hatte, begangen worden war. Einige Morde rühren von Italienern her, aber höchstens acht von solchen, welche der Gotthardbau in die Schweiz gebracht, welcher ebenfalls schon zur Erklärung der Morde angegangen worden ist. Ganz zuverlässig sind die Angaben nicht, so lange aber nichts Anderes erwiesen wird, muß der Berichterstatter an denselben festhalten.

*1 Z. B. einigen jüngst in Irland vorgekommenen. Es gibt auch zu allen Zeiten Noth, finanzielle und moralische, die schreckliche Entschlüsse erzeugt hat, z. B. Tödtung des eigenen Kindes.

Für solche Fälle hat aber auch das Gesetz die mildernden Umstände vorgesehen, und wo sie vorhanden sind, werden sie auch stets dem Angeklagten zu Gute kommen, und er wird in einem solchen Falle nie den Tod erleiden.

42

Es ist jedes Verbrechen Geisteskrankheit und ein Theil der ,,Humanisten" würde daher konsequenter Weise am richtigsten jeden Verbrecher als Kranken behandeln, um so mehr und um so sorgfältiger, je scheußlicher sein Verbrechen ist. Gewiß würde ein großer Theil der Irrenärzte und ein Theil der Aerzte überhaupt, um ihre pathologischen Kenntnisse zu beurkunden, dies unterstützen.

Die nähere Erörterung dieser medizinischen Einwürfe gehört nicht hieher ; der Berichterstatter ist gerade an einer Separatarbeit hierüber durch die vorliegende unterbrochen worden. Es ist Schade, daß so wenig Kriminalisten so viel anatomische und physiologische Kenntnisse sich erwerben, um auch in dieser Beziehung genau wissen und beurtheilen zu können, wie die Wissenschaft steht und die z. B. neuern Forschungen von Wundt, Rothnagel, Erb, Hügenin, Hitzig, Reklame der Untersuchungen des physiologischen Institutes zu Heidelberg u. A. zu verfolgen. Würden sie dies thun, so wäre von ihnen leicht einzusehen, daß in sehr vielen Fällen ärztlicher Gutachten über völlige oder theilweise Zurechnungsfähigkeit, die ärztliche Behauptung, der medizinische Hochmuth der Wissenschaft selbst um vielleicht viele Jahrhunderte vorausgeeilt ist. Die Nervenphysiologie liegt erst in ihren Anfängen. Erst seit Albrecht v. Haller wissen wir, daß Bewegung und Empfindung von den Nerven ausgeht; erst seit Charles Bell (1811) hat man Bewegungs- und Empfindungsnerven zu unterscheiden gelernt. Heute ist noch physiologisch unerklärt, was schläft im Schlafe, ob blos das Hirn oder Hirn und Rükeumavk ; wir wissen noch nicht einmal, wie der

637

Mensch aufrecht steht, ob der Impuls hiezu vom pons, vom kleinen Gehirn oder woher ausgeht. Dies nur zur Andeutung. Wie und ob Hirnkrankheit nothwendig sich als Geisteskrankheit äußere, wie und ob Geisteskrankheit sich nothwendig als Hirnkrankheit äußere, darüber kann nur in außerordentlich wenigen Fällen sichere Antwort gegeben werden. Aus blos mehr oder minder großen Verstössen gegen die Moral oder die Logik auf eine bestimmte körperliche Krankheit zu schliessen und hernach die Sache umzukehren und diese als die Ursache und zwar als die z w i n g e n d e Ursache jener (denn hierauf kommt es im Strafrecht an) zu erklären, ohne daß z. B. körperlich nur Anfänge von Paralyse sich zeigten, sind Behauptungen eines Arztes, die sich im günstigsten Falle auf wissenschaftliche Hypothese stützen, aber nicht auf wissenschaftliche Erkenntniß. Vor solchen Theorien der Pathologen, in so dreistem Gewände sie auch auftreten mögen, hat das Strafrecht sich zu hüten, denn für eine geordnete Strafrechtspflege gibt es heut zu Tage keine gefährlicheren Irren als die Irrenärzte.

43 Der beste Dank des Berichterstatters an die verehrlichen Staatsanwaltschaften, welche die bezüglichen Akten im Original oder Auszug ihm zukommen ließen.

44 Ein Redner, Herr Professor Kinkel, hat sogar jüngst in einem Vortrage in Zürich für die Abolition die Phantasie seiner Zuhörer noch für seinen persönlichen Kopf in Anspruch genommen, der sehr nahe gestanden habe, der Todesstrafe zu unterliegen.

,,N. Z. Ztg.* 45 Der Vollzug, der auf eine Zerstörung des Körpers gerichtet, ist anstössig. Oeffnen der Ader, Vergiftung durch die Speise, durch subcutane Injectionen, durch Kohlendampf, letzteres z. B., ehe daß der Verurtheilte die Zeit weiß, indem man ihm die Exekution auf einige Tage später ansagt, und Aehnliches sind jedenfalls gemilderte Vollzugsarten.

46 Die ernsthafte Frage hat sogar mit Witz, aber sicherlich mit schlechtem Witz bekämpft werden wollen. Rohe Abolitionisten schämten sich nicht, die Vertheidiger der Todesstrafe als HenkersFreunde darzustellen. Solch' eine läppische Bemerkung bedarf wohl keiner Antwort, obgleich die ,,Mörderfreunde" zutreffender wäre.

Das Anstößige der ,,Henker" rührt übrigens durchaus nicht von der Todesstrafe als Strafart, sondern blos von der früheren Vollzugsweise her. Den Knopf der Guillotine zu drücken,
ist jedenfalls für den Polizeisoldaten keine degradirende Handlung; sie ist kein anderer Akt als das Zielen und Losdrücken eines Schusses gegen den flüchtigen Verbrecher oder gegen den gegenüberstehenden Soldaten.

638

Ein schweizerisches ,,Witzblatt" schrieb im Dezember, daß sämmtliche Metzgermeister gedächten, dem Berichterstatter zwanzig Eimer Blut als Neujahrsgeschenk zu senden. Hat es wohl daran gedacht, daß es der Quantität nach fast möglich gewesen wäre, so viel Blut in jenem Jahre gemordeter Menschen im Vaterlande aufzutreiben ?

47 4. Mose, 35, 31. Noch eine Anzahl anderer Stellen wären hier aus der alten jüdischen Gesetzgebung der ersten vier Bücher Mose und dem jüngeren, dem fünften Buche, anzuführen. Auf siebenzehn Vergehen hatte die jüdische Gesetzgebung Todesstrafe verhängt. In andern Fällen konnte sie aber umgewandelt und ausgelöst werden; im Falle des Mordes aber, das bestimmt unsere Stelle: ,,Sollt Ihr keine Versöhnung nehmen". Todtschlag ist hier als Mord zu lesen. Einige gelehrte Streitfragen über die richtige Uebersetzung des hebräischen Textes der bezüglichen Stellen sind erörtert von L. Nörlinger, Rechtskonsulent in Stuttgart (1865), welche dem Berichterstatter anonym zugekommen sind, jedoch eine Kenntniß der hebräischen Sprache voraussetzen, die ihm abgeht.

Daß das alte Testament Gott nicht auch den Tod des Kain verlangen, sondern blos ihn verfluchen läßt (1. Mose 4, 9--15) ist selbstredend, da ja die eigenen Eltern nach dem vorhergehenden Kapitel nothwendig die Exekutoren hätten sein müssen.

Die Stelle Ezeehiel 33, 11 : ,,So wahr als Ich lebe, spricht ,,der Herr Herr, ich habe keinen Gefallen am Tode des Gottlosen, ,,sondern daß sich der Gottlose bekehre von seinem Wege und ,,lebe. So bekehret Euch doch nun von Euren bösen Wegen.

,,Warum wollt Ihr sterben, Du Haus Israel" (übers, v. Stier) ist nicht auf das Strafrecht zu beziehen und ani allerwenigsten auf die Todesstrafe am Mörder. Das ganze Kapitel spricht von der Zerstörung Jerusalems. Jedenfalls kann diese Prophetenstelle die Thatsache der jüdischen Gesetzgebung nicht in Zweifel stellen.

48 - Ferner auf Evangelium Matth. 26, 52 : ,,Da sprach Jesus ,, zu ihm : Stecke dein Schwert an seinen Ort; denn wer das Schwert ,, nimmt, der soll durch's Schwert umkommen. " 49 Diese Stelle kann offenbar nicht Bezug auf das Strafrecht haben, da sie ja alles solche absolut ausschließen würde, so wenig wie Römer 12, 17 und Matth. 16, 27. Auch beruft sich die Abolition auf Joh. Kap. 8, l--11, die Geschichte der Ehebrecherin: ,,Wer sich von Euch ohne
Sünde fühlt, der werfe den ersten Stein auf sie, " als ein Beweis, daß Christus das Steinigen habe abschaffen wollen. Gewiß läßt sich diese Stelle viel ungezwungener und schöner in anderem Sinne auslegen. Für abolitionistische Auslegung der Schrift schrieb übrigens wohl am besten Bitzius.

639 50

Christus wurde zum Tode verurtheilt wegen Gotteslästerung; Matth. 26, 65 : ,, Da zerriß der Hohepriester seine Kleider und ,,sprach: Er hat Gott gelästert, was bedürfen wir weiter Zeugniß ?

" Siehe, jetzt habt ihr seine Gotteslästerung gehört."

66: ,,Was dünkt euch? Sie antworteten und sprachen: Er des Todes schuldig."

ist Offenbar nach 3 Mose 24, 16: ,,Wer den Namen Gottes ,,, lästert, der soll des Todes sterben, die ganze Gemeine soll ihn .,, steinigen. Wie der Fremdling, so soll auch der Einheimische ,, sein, wenn er den Namen lästert, so soll er sterben. a 51

Matth. 22, 21.

52

Wie der Berichterstatter an der Hand des im statistischen Bureau damals vorliegenden Materials schon bei Begründung seiner ·Motion ausführlich auseinander gesetzt hat.

53 Bundesräthliche Botschaft, III, 3, pag. 16: ,,Es liegen keine bestimmten Anzeichen vor, daß die nicht bestreitbare Vermehrung der Kriminalität in der Schweiz im Kausalzusammenhange mit der Abschaffung der Todesstrafe stehe. "· 64

Bundesräthliche Botschaft ibid.

ibid. pag. 19.

56 Wobei die Einwendungen gegen die öffentliche Hinrichtung und daß sie als Vollzugsakt nicht abschrecke, aufrecht bestehen bleiben können, wie wir oben gesehen haben.

67 Auf die Theorie der Staatsnothwehr stellt sich namentlich Herr Prof. Hilty in seiner mehrfach erwähnten Broschüre. Auch im deutschen Reichstage wurde sie s. Z. mehrfach verfochten. Siehe die citirten Verhandlungen vom 28. Februar und 1. März 1870.

58 Damit sind freilich auf die Eingangs erwähnte indirekte Art am Ende alle Freunde der Revision, auch die Gegner des Artikels 65, mit in die Verantwortung hineingezogen worden. Es wird eine Anekdote erzählt aus dem Leben Ludwigs XL von Frankreich, der seine Entrüstung darüber aussprach, daß nun zum dritten Mal wegen neuer Verbrechen ein Mörder ihm vorgeführt wurde, um dessen Enthauptung es sich handelte. Da sagte ihm der nebenstehende Narr: nur das erste Verbrechen fällt allein dem Mörder zur Last, das zweite und dritte fällt dir ebenso gut zur Last, da du ihn begnadigtest. Reichensperger im deutschen Reichstag, a. a. 0., pag. 5.

59 Selbst die Holtzendorff sehe Allgemeine deutsche Strafrechtszeitung, die Air und Jedes, was die Abolition je schon ersonnen, 55

640

in allen Tonarten wiederbringt und mit einer Gewissenhaftigkeit, die einer bessern Sache werth wäre, alle gegenteilige Ansicht ausihren Spalten fernhält, muß doch in einem kurzen Aufsatze diesen Punkt zugestehen.

60 Der in den oben erwähnten Fällen zitirte Grieshaber in Schaffhausen. Er hätte zwar wegen seines jugendlichen Alters auch nach den vor 1874 in Kraft bestehenden Bestimmungen des Strafgesetzes für den Kanton Schaff hausen nicht zum Tode verurtheilt werden dürfen. -- Auch das Begnadigungsgesuch Hug's von Luzern (vom 11. September 1866, pag. 8 und 11) enthält Aehnliches.

Daß übrigens auch der Kanton Luzern sein Richtschwert jedenfalls nicht hartherzig mißbrauchte, beweist, daß gedachtes Begnadigungsgesuch einen Fall, wo Begnadigung eintrat, erwähnt, in welchem der Angeklagte gestund : eine Katze oder einen Menschen zu tödten, sei ihm gleichviel (Luternauer) und u. A. in folgendem Falle : Die Gemordete war die Frau des Wilhelm Schüpfer, mit welcher er sich im Jahre 1855 verheirathete. Sie soll damals eine gesunde, robuste Person gewesen sein, und wie sah sie aus in einem Jahre ?

Auf einem Strohsack lag in einer dunkeln Kammer oben, vollständig nackt, voll Läuse und Ungeziefer eine abgemagerte Jammergestalt, ein Bild der Abmagerung und Abzehrung mit dem Ausdruck kummerhafter Ergebung. Die Beklagte, Katharina Schüpfer, sowie der Ehemann des Opfers gestunden selbst ihre scheußliche That. Die erste sagte: Es ist erschrecklich, was ich gemacht habe, ich bin immer und ewig verloren. Beide bekennen, sie haben sich schon bald nach der Heirath verabredet, der Dulderin immer weniger zu essen zu geben, so daß sie es auf die Länge nicht aushalten könne. .Und diesen schrecklichen Entschluß haben sie fürchterlich und konsequent durchgeführt. Es hat sie nicht gerührt, wenn diese Jammergestalt mit gefalteten Händen sie bat: ,, Gebt mir au öppis z'esse, i ha au Hunger". Was der Hunger nicht ausrichtete, suchte man durch Mißhandlung noch zu vervollständigen.

Ein Zeuge sagt: fl Los au, wie d'Frau überäne erschrecklich schreit" etc. Die Katharina Schüpfer gestand: sie haben sich verabredet , daß sie durch Hunger und Mißhandlung sterben müsse, man müsse ihr das Geblüt entziehen. Er habe oft recht viel Sala in die Suppe gethan, warum? Damit sie so den Magen verderbe und dann nichts mehr ertragen möge ! ! Laut
Geständniß haben sie beschlossen, das Opfer in die Kammer zu sperren, damit die Sonne sie nicht mehr bescheine und sie desto eher sterbe. Vater Schüpfer äußerte sich sogar lachend, als das Opfer vor Elend einmal umfiel : ,,eusi Marei schnoget afett u. s. w. Und doch kein Todesurtheil !

61 Prof. Hilty a, a. 0., pag. 35.

641 62 Die fürchterlichen Uebertreibungen cter Abolitionisten in diesem Punkt grenzen geradezu ans Lächerliche. Es fehlt dabei nicht viel, so würden sie beweisen, d. h. b e h a u p t e n , daß jeder, der einer Hinrichtung beiwohne, nothwendig auch wieder morden müsse. Einige dieser abenteuerlichsten Behauptungen, welche allerdings aufgestellt worden, finden sich reproduzirt in Philippin a. a. 0.

HI. pag. 17--51.

68 Der Erfolg hat nun freilich ein anderes, aber für die Anschauungen des Motionstellers nicht ungünstigeres Resultat ergeben.

64

Dem Berichterstatter ist in seiner fast zehnjährigen Amtsdauer als Staatsanwalt z. B. ein Vagant so regelmäßig wiedergekehrt, daß er, als dieser einmal Ende November noch nicht da war, nach ihm frug. Es zeigte sich nachher, daß er gerade in einer andern Strafanstalt versorgt war ; er traf aber denn doch noch Ende Dezember ein. Ein ähnlicher Kunde der Staatsanwaltschaft, ebenfalls Vagant, denunzirte sich s. Z. fälschlich im Kanton Aargau als der Thäter eines nicht unbedeutenden Diebstahls; die Unrichtigkeit der Denunziation wurde sofort erkannt. Klingenfuß, so hieß der Betreffende, erklärte, er hätte gern einmal für einige Zeit in das schöne Zuchthaus von Lenzburg gewollt. Die Zuchthäuser wirken also keineswegs auf alle Delinquenten abschreckend !

65 Hegel, Philosophie des Rechts: §112. ,,Das Aufheben des Verbrechens ist in dieser Sphäre der Unmittelbarkeit des Rechts zunächst Rache, dem Inhalte nach gerecht, insofern sie Wiedervergeltung ist.a Sogar im Thiere finden wir die Anlage hiezu. Darwins Zuchtwahl, übersetzt von Viktor Caens, 1875, I, 90.

60 Vgl. Osenbrüggen: Das Alamanische Strafrecht, Schaffhausen 1860, pag. 30 ff., wo namentlich unsere schweizerischen Gesetzgebungen berücksichtigt sind.

67 Zehnder a. a. 0., pag. 65.

63 Eben auf die Qualität des Verbrechens kommt es immer an, auch bei denen derselben Art, und daher ist alle Statistik, welche sie nur nach ihrer Quantität bemißt, von kriminal-philosophisch geringem Werthe.

69 Es ist ja schon ungerecht, daß ein minderes Verbrechen, z. B. Todtschlag, Diebstahl, dieselbe Strafe, nicht blos Strafart erleide , wie der Mord, letzterer möge gestaltet sein, wie er wolle.

Hegel, Philosophie des Rechts, VHI, 137: ,,Wenn das Verbrechen und dessen Aufhebung, als welche sich weiterhin die Strafe bestimmt, nur als ein Uebel überhaupt betrachtet wird, so kann man

642

es freilich als unvernünftig ersehen, ein Uebel blos deßwegen zu wollen, weil schon ein anderes Uebel vorhanden ist. (Klein, Grundsatz des peinlichen Rechtes.) Dieser oberflächliche Charakter eines Uebels wird in den verschiedenen Theorien über die Strafe der Verhütungs-, Abschreckungs-, Androhungs-, Besserungs- u. s. w.

Theorie als das erste vorausgesetzt, und was dagegen herauskommen soll, ist ebenso oberflächlich als ein Gutes bestimmt. Es ist aber weder blos um ein Uebel, noch um dies oder jenes Gute zu thun, sondern es handelt sich bestimmt um Unrecht und um Gerechtigkeit.a 70 Hilty a. a. 0., pag. 14: ,,Das Gefühl ist wahr und tief in dem menschlichen Herzen eingewurzelt, daß der Tod allein große Verschuldungen abnimmt, im Gewissen des Verbrechers sowohl wie in der Empfindung der Mitwelt tilgt.

Die dunkle Gluth sittlicher Empörung, die in uns auflodert gegen einen Menschen wie der Mörder von Lichtensteig oder die Mörderin von Freiburg, wird nicht gelöscht, wenn wir dieselben in das Zuchthaus wandern sehen, und ein großer Verbrecher selbst, der seine Schuld tief empfindet, wird allein in dem Tode seine Sühne, seine wahre Versöhnung mit Gott und der Menschheit, erblicken. a Pag. 15: ,,Und die Gesellschaft empfindet dabei (bei dem Tode eines Verbrechers) jedesmal, als ob eine solidare Last des Verbrechens, die dumpf auf ihren Schultern lag, von ihr genommen sei. Sie ist ausgesöhnt mit jedem ihrer Glieder und mit sieh selbst.

zugleich.

Das Alles ist ein unmittelbares Gefühl und das was für die Todesstrafe mehr als alles Andere im hintersten Winkel eines Herzens spricht. Das Zuchthaus ist wohl eine Strafe, aber nicht immer eine Sühne; ,,auf Erden wandelt Ein Versöhner, der heißt Tod."

Pfotenhauer a. a. O., pag. 14 : ,,Das Bewußtsein Aller von der gleichen Menschenwürde und der gleichen Berechtigung jedes Einzelnen , in Verbindung mit der uns eingebornen Notwendigkeit einer Vergeltung, wie des Guten mit Gutem, so des Bösen mit Bösem, hat, gleichwie alle Strafen, so auch die höchste, die Lebensstrafe, hervorgerufen.a Kant, Metaphysik der Sitten, V, 167: ,,Welche Art aber und welcher Grad der Bestrafung ist es, welche die öffentliche Gerechtigkeit sich zum Prinzip und Richtmaße macht? Kein anderes als das Prinzip der Gleichheit (im Stande des Züngleins an der Waage der Gerechtigkeit, sich nicht mehr auf die eine als auf die andere Seite hinzuneigen). Also: was für unverschuldetes Uebel du einem

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Andern im Volke zufügst, das thust du dir selbst an. Beschimpfst du i h n , so beschimpfst du dich selbst; bestiehlst du ihn, so bestiehlst du dich selbst; schlägst du ihn, so schlägst du dich selbst; tödtest du ihn, so tödtest du dich selbst. Nur das Wiedervergeltungsrecht (jus talonis), aber wohl zu verstehen, vor den Schranken des Gerichts (nicht in deinem Privaturtheile) kann die Qualität und Quantität der Strafe bestimmt angeben , alle andern sind hin und her schwankend und können anderer sich einmischenden Rücksichten wegen keine Angernessenheit mit dem Spruch der reinen und strengen Gerechtigkeit enthalten. Nun scheint es zwar, daß der Unterschied der Staude das Prinzip der Wiedervergeltung, Gleiches mit Gleichem, nicht verstatte; aber wenn es gleich nicht nach dem Buchstaben möglich sein kann, so kann es doch der Wirkung nach, resp. auf die Empfindungsart der Vornehmeren, immer geltend bleiben. So hat z. B. Geldstrafe wegen eiuer Verbalinjurie gar kein Verhältniß zur Beleidigung, denn der des Geldes zuviel hat, kann sich diese wohl einmal zur Lust erlauben ; aber die Kränkung der Ehrliebe des Einen kann doch dem Wehthun des Hochmuthes des Andern sehr gleichkommen, wenn dieser nicht allein öffentlich abzubitten , jenen , ob er zwar niedriger ist, etwa zugleich die Hand zu küssen , durch Urtheil und Recht genölhigt würde. Ebenso, wenn der gewaltthätige Vornehme für die Schläge, die er dem niedern, aber schuldlosen Staatsbürger zumißt, außer der Abbitte noch zu einem einsamen und beschwerlichen Arreste verurtheilt würde, weil hiemit außer der Ungemächlichkeit noch die Eitelkeit des Thäters schmerzhaft angegriffen und so durch Beschämung Gleiches mit Gleichem vergolten würde.a Was heißt das aber: ,,bestiehlst du ihn, so bestiehlst du dich selbst"? Wer da stiehlt, macht aller Anderer Eigenthum unsicher; er beraubt sich also (nach dem Rechte der Wiedervergeltung) der Sicherheit alles möglichen Eigenthums; er hat nichts und kann auch nichts erwerben, will aber doch leben, welches nun nicht anders möglich ist, als daß ihn Andere ernähren. Weil dieses aber der Staat nicht umsonst thun wird, so muß er diesem seine Kräfte zu ihm beliebigen Arbeiten (Karren oder Zuchthausarbeit) überlassen und kommt auf gewisse Zeit oder nach Befinden auch auf immer in den Sklavenstand ; hat er aber gemordet, so muß
er sterben. Es gibt hier kein Surrogat zur Befriedigung der Gerechtigkeit. Es ist keine Gleichartigkeit zwischen einem noch so kummervollen Leben und dem Tode, also auch keine Gleichheit des Verbrechens und der Wiedervergeltung, als durch den am Thäter gerichtlich vollzogenen , doch von aller Mißhandlung, welche die Menschheit in der leidenden Person zum Scheusal machen könnte, befreiten Tod.

Selbst wenn sich die bürgerliche Gesellschaft mit aller Glieder Ein-

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Stimmung auflöste (z. B. das eine Insel bewohnende Volk beschlösse, auseinander zu gehen und sich in alle Welt zu zerstreuen), müßte der letzte im Gefängniß befindliche Mörder vorher hingerichtet werden, damit Jedermann das widerfahre, was seine Thaten werth sind, und die Blutschuld nicht auf dem Volke hafte, das auf diese Bestrafung nicht gedrungen hat, weil es als Theilnehmer an dieser öffentlichen Verletzung der Gerechtigkeit 'betrachtet werden kann.a

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# S T #

Bericht der

Minderheit der ständeräthlichen Kommission zur Vorberathung der Revision des Artikels 65 der Bundesverfassung.

(Vom 18. März 1879.)

Tit. !

In seiner Botschaft betreffend den Artikel 65 der Bundesverfassung verzichtet der Bundesrath auf alle theoretischen Erörterungen über die Rechtmäßigkeit, Zuläßigkeit und Zweckmäßigkeit der Todesstrafe. Er nimmt an, daß für solche Erörterung der Zeitpunkt gegeben war, als es sich um Aufnahme der betreffenden Bestimmung in die Bundesverfassung handelte. Er fragt, nachdem vor fünf Jahren nach einläßlicher Diskussion die Abschaffung der Todesstrafe für die ganze Schweiz beschlossen worden ist, heute einfach nach den Folgen, welche solche Aufhebung für das sittliche und rechtliche Leben unseres Volkes gehabt hat, und kommt zu dem Schlüsse, daß von einer maßgebenden Erfahrung noch nicht geredet werden könne, daß aber durchaus noch kein Grund der Befürchtung sich ergeben habe.

Ihre Kommission hätte nun freilich gar gerne eine etwas einläßlichere Prüfung der Frage erhalten und auch im Rahmen einer bloß fünfjährigen Erfahrung gerne Näheres vernommen über die Naturanlagen und die Lebensgeschichte der aufgetretenen Mörder und über die eigentlichen Triebfedern ihrer That. Eine einfache

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht der Mehrheit der ständeräthlichen Kommission zur Vorberathung der Revision des Artikels 65 der Bundesverfassung. (Vom 18. März 1879.)

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1879

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

29.03.1879

Date Data Seite

553-645

Page Pagina Ref. No

10 010 264

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