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Bundesblatt 114. Jahrgang

Bern, den 29. März 1962

Band I

Erscheint wöchentlich. Preis 33 franken im Jahr, 18 Franken im Halbjahr zuzüglich Nachnahme- und Postbestellungsgebühr Einrückungsgebühr: 60 Kappen die Petitzeile oder deren Baum. -- Inserate franko an Stämpfli & Cie. in Bern

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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Genehmigung des Vertrages über den Schutz und die Förderung der Kapitalinvestitionen und des Abkommens über die technische und wissenschaftliche Zusammenarbeit, beide abgeschlossen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Tunesischen Republik (Vom 12. März 1962) Herr Präsident !

Hochgeehrte Herren !

Wir beehren uns, Ihnen den Vertrag über den Schutz und die Förderung der Kapitalinvestitionen und das Abkommen über die technische und wissenschaftliche Zusammenarbeit, die am 2. Dezember 1961 mit Tunesien abgeschlossen wurden, zur Genehmigung zu unterbreiten.

1. Die Unterzeichnung dieser beiden Vereinbarungen erfolgte nach Verhandlungen zwischen einer schweizerischen und einer tunesischen Delegation auf Grund unserer Ermächtigung vom 24. November 1961. Diese Verhandlungen hatten ein dreifaches Ziel, nämlich : - den Ersatz des Handelsprotokolls vom 9.Mai 1960, das mehrmals, zuletzt bis zum 81. Dezember 1961 erneuert worden war, durch eine dauerhaftere Vereinbarung; - den Schutz der schweizerischen Interessen in Tunesien und die Förderung der schweizerischen Kapitalinvestitionen in diesem Lande; - die Festsetzung eines allgemeinen Eahmens für die technische Hilfe der Schweiz an Tunesien, die bereits seit einigen Jahren praktisch geleistet wird.

Die Besprechungen fanden vom 27. November bis zum 2. Dezember 1961 in der Schweiz statt und erfolgten in einer sehr freundschaftlichen Atmosphäre, Bundesblatt. 114. Jahrg. Bd. I.

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610 trotz Meinungsverschiedenheiten über den einen oder anderen Punkt. Die Verhandlungen führten zum Abschluss von drei gesonderten Vereinbarungen, die am 2. Dezember 1961 in Bern unterzeichnet wurden und die den drei angestrebten Zielen entsprechen. Auf schweizerischer Seite darf man mit den Ergebnissen durchaus zufrieden sein.

Die folgenden drei Vereinbarungen wurden abgeschlossen : - ein Handelsabkommen, das den Handels- und Zahlungsverkehr zwischep den beiden Ländern regelt ; - ein Vertrag über den Schutz und die Förderung der Kapitalinvestitionen; - ein Abkommen über die technische und wissenschaftliche Zusammenarbeit.

2. Wir haben dem Handelsabkommen am 18. Dezember 1961 zugestimmt.

Im 64. Bericht betreffend dio gemäss Bundesbeschluss vom 28. September 1956 (AS 1956, 1553) erlassenen wirtschaftlichen Massnahmen gegenüber dem Ausland haben wir dieses Abkommen erläutert; dieser Bericht ist Ihnen am 22.Dezember 1961 zugekommen und Sie haben davon Kenntnis genommen. Von den beiden anderen Vereinbarungen haben wir Kenntnis genommen, unter Vorbehalt der Genehmigung durch die eidgenössischen Eäte.

Vertrag über den Schutz und die Förderung der Kapitalinvestitionen I

r3* |"1. Der mit Tunesien unterzeichnete Vertrag über den Schutz und die Förderung der Kapitalinvestitionen ist die erste von der Schweiz abgeschlossene Vereinbarung dieser Art. Schweizerischerseits war zunächst beabsichtigt gewesen, die Klauseln dieses Vertrages in das Handelsabkommen einzufügen.

Die tunesische Delegation bestand jedoch auf einer gesonderten Vereinbarung.

Mit Rücksicht auf die Bedeutung unserer Interessen im Verhältnis zu Tunesien wurde dem tunesischen Wunsch, der einesteils verwaltungsmässig begründet war und andernteils darauf abzielte, der Vereinbarung eine gewisse Publizität zu verleihen, entsprochen.

2. Der Vertrag besteht aus gegenseitigen allgemeinen Zusicherungen und begründet infolgedessen für beide Parteien rechtliche Verpflichtungen. Allerdings werden die tunesischen Investitionen in der Schweiz kaum einen bedeutenden Betrag erreichen. Die Tunesier übernahmen die in der Vereinbarung vorgesehenen Verpflichtungen vor allem, um eine Atmosphäre des Vertrauens zu schaffen, die geeignet sein soll, die erwünschten schweizerischen Kapitalinvestitionen nach ihrem Lande zu lenken.

II

1. Die Vereinbarung entspricht zum grossen Teil den schweizerischen Wünschen. Es handelte sich darum, Zusicherungen zu erhalten für den Schutz der schweizerischen Investitionen, Vermögenswerte, Rechte und Interessen in Tunesien, sowohl ini allgemeinen als auch insbesondere zugunsten der in diesem

611 Staate niedergelassenen Landsleute. Angesichts der Vielschichtigkeit der Probleme konnten allerdings nicht alle schweizerischen Begehren durchgesetzt werden.

2. Den tunesischen Zusicherungen liegt das Prinzip zu Grunde, dass den schweizerischen Interessen im gesamten eine gerechte und billige Behandlung zuteil werden soll, die mindestens der den tunesischen Staatsangehörigen zuerkannten gleichkomme. Dies ist eine befriedigende Grundnorm, die bereits ' im allgemeinen Völkerrecht enthalten ist und durch die Vereinbarung bestätigt wird. Allerdings wäre eine allgemeine Meistbegünstigungsklausel vorteilhafter gewesen. Die Tunesier konnten aber nicht dazu bewegt werden, sie anzunehmen.

8. Die für den Investitionsschutz wichtige Transferfrage wird durch eine Klausel geregelt, die weitgehend die bestehende tunesische Gesetzgebung berücksichtigt, jedoch die spätere Einführung einer weniger günstigen internen Eegelung ausschliesst. In diesem Sinne sind vorgesehen der Transfer des tatsächlichen Reingewinns, der Zinsen und Dividenden, der Transfer des Erlöses aus der vollständigen oder teilweisen Liquidation der genehmigten Investitionen und der Transfer eines angemessenen Teils des Arbeitsertrages.

Es ist hier wohlgemerkt die Eede von «genehmigten Investitionen».

Schweizerischerseits wurde verlangt, den Transfer des Liquidationserlöses für sämtliche schweizerischen, in Tunesien gewinnbringend angelegten Vermögenswerte vorzusehen. Tunesischerseits wurde das Begehren abgelehnt mit der Begründung, Tunesien wäre gegenwärtig nicht in der Lage, gegebenenfalls die hiezu nötigen Devisen aufzubringen. Zudem beschränke sich das Interesse Tunesiens auf die industriellen Investitionen, die zur-wirtschaftlichen Entwicklung des Landes beitragen könnten. Die Transferzusage ist daher auf die «genehmigten Investitionen» beschränkt, das heisst auf solche, die von den zuständigen Behörden als sogenannte produktive Investitionen im Rahmen der Pläne zur industriellen Entwicklung des Landes und auf Grund der in Kraft stehenden Gesetzgebung (insbesondere des Dekrets vom 4. Juni 1957 über die Förderung der Kapitalinvestitionen in Tunesien) anerkannt werden.

Beiläufig sei bemerkt, dass mit Bezug auf diejenigen Transfers, welche für die in Tunesien niedergelassenen Schweizerbürger von Interesse sind, im Rahmen der Wirtschafts
Verhandlungen Aufschluss erlangt werden konnte über die Transfermöglichkeiten, die auf Grund der geltenden tunesischen Regelung bestehen, und dass sogar im einen und andern Punkt Verbesserungen erreicht werden konnten.

4. Von grosser Bedeutung sind auch die im Vertrage enthaltenen Bestimmungen für den Fall der Enteignung und der Verstaatlichung. Diese Bestimmungen bestätigen die Regeln des Völkerrechts über die Entschädigung und sichern durch eine Schiedsklausel ihre Anwendung.

5. Die erwähnte Schiedsklausel kann nicht nur bei Enteignungen und Verstaatlichungen angerufen werden, sondern bei jeder Streitigkeit über Investitionsfragen, auf die der Vertrag Anwendung findet. Diese Schiedsklausel, die

612 sich allerdings auf die Vertragsbestimmungen beschränkt, muss vorläufig an die Stelle eines allgemeinen Schiedsabkommens mit Tunesien treten.

6. Der Vertrag über die Investitionen bietet einen weiteren wesentlichen Vorteil. Die schweizerische und die tunesische Delegation kamen überein, dass dieser Vertrag vorläufig den Bedingungen genügen sollte, welche in den Ziffern l und 2 des Artikels 4 des tunesischen Gesetzesdekrets Nummer 61-14 vom 30. August 1961 über die Voraussetzungen zur Ausübung gewisser Handelstätigkeiten festgesetzt sind. So ist es möglich, die Interessen der in Tunesien niedergelassenen schweizerischen Staatsangehörigen und Gesellschaften wahrzunehmen. Deren Eechte waren nämlich seit der Promulgation des vorerwähnten Gesetzesdekrets in Frage gestellt, welches bestimmt, dass eine kommerzielle, Tätigkeit nur durch solche ausländische natürliche und juristische Personen ausgeübt werden dürfe, welche Staaten angehören, die mit dem tunesischen Staat ein Abkommen mit gegenseitigen Garantien für Investitionen oder Niederlassung abgeschlossen haben. Da zwischen der Schweiz und Tunesien bisher keine derartigen Vereinbarungen bestanden, konnten sich schweizerische Staatsangehörige nicht auf das betreffende Gesetzesdekret berufen. Der Ihnen hiermit unterbreitete Vertrag über die Investitionen ermöglicht es, dem abzuhelfen und die schweizerischen juristischen und natürlichen Personen in Tunesien in den Genuss der Bestimmungen des Gesetzesdekrets vom 80. August 1961 zu bringen.

III

Der Vertrag weist insgesamt sechs Artikel auf; wovon die drei ersten die grundlegenden Bestimmungen über den Schutz der Investitionen enthalten.

Der erste Artikel stellt den Grundsatz einer gerechten und billigen Behandlung auf, die mindestens derjenigen gleichkommen soll, welche jede Partei ihren eigenen Staatsangehörigen zuerkennt.

Artikel 2 bezieht sich auf die Transfers, die zu bewilligen die Parteien sich im Eahmen der geltenden oder jeder späteren günstigeren Gesetzgebung verpflichten.

ArtikebS sieht die Zahlung einer effektiven und adäquaten Entschädigung und deren Transfer innerhalb angemessener Frist im Falle der Enteignung oder der Verstaatlichung vor.

Artikel 4 enthält die Schiedsklausel.

Artikel 5 bildet ein «pactum de contrahendo» für einen umfassenderen Vertrag über die Investitionen.

Artikel 6 bestimmt, dass der Vertrag einen Monat nach dem Austausch der Eatifikationsurkunden in Kraft tritt; der Austausch soll in Tunis stattfinden. Die Dauer des Vertrages beträgt zehn Jahre ; sofern ein Jahr vor seinem Ablauf keine schriftliche Kündigung erfolgt, ist er für eine unbestimmte Dauer erneuert, während der er jederzeit auf ein Jahr gekündigt werden kann. Vom

613 Zeitpunkt seines Ablaufs an bleibt der Vertrag für die vor diesem Datum getätigten Investitionen zehn weitere Jahre anwendbar.

Abkommen über die technische und wissenschaftliche Zusammenarbeit

. ·

Das mit Tunesien unterzeichnete Abkommen über die technische und wissenschaftliche Zusammenarbeit ist ebenfalls das erste Abkommen dieser Art, das die Schweiz abgeschlossen hat.

Vom Beginn der Besprechungen an zeigte sich, dass die tunesische Delegation der technischen und wissenschaftlichen Zusammenarbeit besondere Bedeutung beimass. Sie ging daher von Anfang an von der Idee eines separaten Abkommens über dieses Gebiet aus, das die verschiedenen Gesichtspunkte des Problems berücksichtigen sollte. Im Hinblick auf die Verteilung der staatlichen Aufgaben auf tunesischer Seite bot ein derartiges Abkommen zugleich den Vorteil, dass es unter die ausschliessliche Zuständigkeit des Staatssekretariates für Planung und Finanzen fiel. Auf schweizerischer Seite hätte man sich mit einer allgemeinen Klausel über technische Zusammenarbeit begnügen können, deren Einfügung ins Handelsabkommen möglich gewesen wäre. Sobald es sich jedoch darum handelte, diese Zusammenarbeit im einzelnen zu umschreiben, musste der Bindruck vermieden werden, dass wir das von der technischen Hilfe, verfolgte Ziel von unseren handelspolitischen Interessen abhängig machen.

Mit anderen Worten, es galt darüber zu wachen, dass die technische Zusammenarbeit weder mit politischen noch mit kommerziellen Hypotheken belastet werde. Das veranlasste uns, der schweizerischen Delegation Weisung zu geben, die Bestimmungen über die technische Zusammenarbeit in ihrer Gesamtheit von den Handelsklauseln zu trennen - wie dies auch die tunesische Delegation gewünscht hatte.

II

1. Die Zusammenarbeit mit Tunesien auf technischem und wissenschaftlichem Gebiet ist keineswegs neu. Schon seit Jahren gewährt unser Land Tunesien technische Hilfe, relativ sogar in grösserem Umfang als anderen Entwicklungsländern. Die Erfahrungen waren ermutigend, zweifellos weil die Schweiz ihre Hilfe zweckmässig einsetzte, wodurch sie Tunesien wirklich nützlich war.

Unter diesen Umständen erschien es richtig, die Bedingungen dieser bereits bestehenden Zusammenarbeit zu kodifizieren, zumal unsere Unterhändler auf verschiedenen anderen Gebieten wichtige Begehren zu stellen hatten.

2. Die praktische Bedeutung des Abkommens wird verdeutlicht durch einige Daten über die technische Hilfe, welche die Schweiz gegenüber Tunesien in den Jahren 1961 und 1962 geleistet hat :

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- Entsendung von 7 Sachverständigen; davon 4 für die Milchwirtschaft, 2 für den Bau eines Hotels (begleitet von 3 Mitarbeitern) und einer für den Reiseverkehr; - .Lieferung einer grossen Zahl von Behältern für den Milchtransport; - Gewährung von Stipendien auf folgenden Gebieten: Hotelwesen 82, Milchwirtschaft 4, Reiseverkehr l, Verwaltung von Grundstücken des Staates l, Feldvermessung l, Militärärzte 15 (50% der Kosten); - im Sinne der indirekten bilateralen Zusammenarbeit ein Beitrag von 50 000 Franken an das «SHAG» (Schweizerisches Hilfswerk für ausserouropäische Gebiete) für die Schule für Mechanik «AGRO» in Hafouz; - im Sinne der multilateralen technischen Zusammenarbeit die Gewährung dreier Stipendien unter Mitwirkung internationaler Organisationen.

III

Das Abkommen enthält zehn Artikel, welche in einfacher, klarer Weise den allgemeinen Rahmen der Hilfe der Schweiz an Tunesien umschreiben, wie sie bereits seit einigen Jahren praktisch geleistet wird.

Die Artikel l bis 3 sind von allgemeiner Tragweite und bilden die eigentliche Grundlage für die technische Zusammenarbeit, wobei aus grundsätzlichen Erwägungen auf Gegenseitigkeit abgestellt wird.

Artikel 4 bezieht sich auf die Entsendung schweizerischer Sachverständiger und Fachleute nach Tunesien.

Die Artikel 5 und 6 behandeln die Aufnahme tunesischer Stipendiaten, beziehungsweise von Fachleuten in der Schweiz, die ihre schulmässige oder berufliche Ausbildung ergänzen möchten.

Artikel 7 stellt den Grundsatz der gemeinsamen Finanzierung der Hilfsprojekte auf.

Artikel 8 regelt die Zoll- und Fiskalvorrechte, die Tunesien schweizerischen Sachverständigen und Fachleuten und für Gegenstände gewährt, die von der Schweiz im Rahmen des Abkommens geliefert werden.

Artikel 9 nennt die Dienststellen, welche für die Durchführung der Hilfsprogramme verantwortlich sind.

Artikel 10 bestimmt schliesslich, dass das Abkommen für das Kalenderjahr 1962 gilt, wobei es stillschweigend von Jahr zu Jahr erneuert werden kann.

Eine Kündigung hat mindestens drei Monate vor Jahresende zu erfolgen. Das Abkommen ist bereits provisorisch anwendbar, tritt aber erst endgültig in Kraft mit der gegenseitigen Mitteilung, dass jeder der vertragschliessonden Teile den verfassungsmässigen Bestimmungen über den Abschluss und die Inkraftsetzung internationaler Vereinbarungen entsprochen habe. Im Falle der Schweiz behält diese Klausel also die Ratifikation durch den Bundesrat nach der Genehmigung durch die eidgenössischen Räte vor.

615 IV Wir möchten die Unterbreitung des mit Tunesien unterzeichneten Abkommens über die technische und wissenschaftliche Zusammenarbeit zum Anlass nehmen, um Ihnen zu beantragen, dem Bundesrat die Befugnis zu delegieren, künftig solche Verträge aus eigener Kompetenz abzuschliessen. Es ist angebracht, hier hervorzuheben, dass diese Befugnisübertragung nicht vom Bundesbeschluss über die Zusammenarbeit der Schweiz mit den Entwicklungsländern vom 13. Juni 1961 (BEI 1961, I, 1607) hergeleitet werden könnte, weil dieser Beschluss, als nicht allgemein verbindlicher Natur, dem fakultativen Eeferendum nicht unterstellt wurde.

' Nun werden dem mit Tunesien unterzeichneten Vertrage in den kommenden Jahren sehr wahrscheinlich weitere ähnliche Vereinbarungen mit anderen Entwicklungsländern folgen.

Der Abschluss derartiger Verträge ist nichts anderes als die Ausführung der Politik, die wir in unserer Botschaft vom S.Mai 1961 (BEI 1961, I, 1021) über die Zusammenarbeit der Schweiz mit den Entwicklungsländern umschrieben haben - einer Politik, die Sie bereits genehmigten, als Sie den Bundesbeschluss vom 13. Juni 1961 annahmen. Wenn Sie daher zu wiederholten Malen veranlasst würden, sich über Abkommen auszusprechen, die sich nicht wesentlich voneinander unterscheiden und alle auf der gleichen Konzeption beruhen, so ergäbe sich daraus eine nicht unbedeutende, nutzlose und leicht vermeidbare Zunahme Ihrer Tätigkeit.

Wir beantragen Ihnen deshalb, dass Sie uns ermächtigen, künftig solche Vereinbarungen abzuschliessen, ohne sie dem Verfahren der parlamentarischen Genehmigung zu unterstellen.

Wir verstehen diese Befugnisübertragung als beschränkt auf bilaterale Vereinbarungen, welche zwischen der Schweiz und den Entwicklungsländern abgeschlossen werden, die unserer technischen und wissenschaftlichen Hilfe teilhaftig werden sollen. Wir schliessen davon aus - als nicht in den Eahmen der Ihnen dargelegten und von Ihnen genehmigten Politik gehörend - allfällige Vereinbarungen über technische und wissenschaftliche Zusammenarbeit mit anderen Staaten als den Entwicklungsländern, weil diese in der Eegel andere ''Ziele verfolgen werden. Ausgeschlossen bleiben ferner, wegen der besonderen Probleme, die sie stellen, allfällige Vereinbarungen über die Organisation oder Gewährung einer technischen oder wissenschaftlichen Hilfe
auf multilateraler Grundlage.

Abschliessend beantragen wir Ihnen die Annahme zweier Bundesbeschlüsse, deren Entwürfe Sie beigelegt finden. Der erste genehmigt den Vertrag über den Schutz und die Förderung der Kapitalinvestitionen und das Abkommen über die technische und wissenschaftliche Zusammenarbeit, die beide mit Tunesien unterzeichnet wurden, und der zweite überträgt dem Bundesrat die

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Befugnis, bilaterale Vereinbarungen über technische und wissenschaftliche Zusammenarbeit mit Entwicklungsländern abzuschliessen.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 12.März 1962.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : P. Chaudet

Der Bundeskanzler : Ch. Oser

. 617

(Entwurf)

Bundesbeschluss betreffend

die Genehmigung des Vertrages über den Schutz und die Förderung der Kapitalinvestitionen und des Abkommens über die technische und wissenschaftliche Zusammenarbeit, beide abgeschlossen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Tunesischen Republik

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf Artikel 85, Ziffer 5 der Bundesverfassung, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 12. März 1962, beschliesst: Einziger Artikel Es werden genehmigt : a. der Vertrag über den'Schutz und die Förderung der Kapitalinvestitionen; b. das Abkommen über die technische und wissenschaftliche Zusammenarbeit, die beide am 2. Dezember 1961 in Bern zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Tunesischen Kepublik abgeschlossen wurden.

Der Bundesrat wird ermächtigt, sie zu ratifizieren.

618 (Entwurf)

Bundesbeschluss betreffend

den Abschluss von Vereinbarungen über die technische und wissenschaftliche Zusammenarbeit mit den Entwicklungsländern

Die Bundesversammlung der Schweizerischen E i d g e n o s s e n s c h a f t , gestützt auf Artikel 85, Ziffer 2 der Bundesverfassung, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 12. März 1962, beschliesst : Art. l Der Bundesrat wird ermächtigt, Vereinbarungen über die technische und wissenschaftliche Zusammenarbeit mit Entwicklungsländern abzuschliessen.

Art. 2 Für die Vereinbarungen, die unter die Bestimmung des Artikels 89, Absatz 3 der Bundesverfassung fallen, wird die Zuständigkeit der Bundesversammlung vorbehalten.

Art. 3 Dieser Beschluss ist gemäss den Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 17. Juni 1874 betreffend Volksabstimmung über Bundesgesetze und Bundesbeschlüsse zu veröffentlichen.

2 Der Bundesrat setzt den Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Beschlusses fest.

1

619 Übersetzung aus dem französischen Originaltext

Vertrag zwischen

der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Tunesischen Republik über den Schutz und die Förderung der Kapitalinvestitionen

Die Schweizerische Eidgenossenschaft und die Tunesische Eepublik, vom Wunsche geleitet, günstige Voraussetzungen zu schaffen für Kapitalinvestitionen durch Angehörige und Gesellschaften des einen der beiden Staaten auf dem Gebiete des anderen Staates, und in der Erkenntnis, dass ein vertraglicher Schutz dieser Investitionen geeignet ist, in beiden Nationen die private wirtschaftliche Initiative anzuregen und die Wohlfahrt zu fördern, haben folgendes vereinbart : Artikel l Den Investitionen sowie den Vermögenswerten, Eechten und Interessen von Staatsangehörigen, Stiftungen, Vereinigungen oder Gesellschaften einer der Hohen Vertragsparteien auf dem Gebiet des anderen wird eine gerechte und billige Behandlung zuteil, die mindestens derjenigen gleichkommt, welche jede Vertragspartei ihren eigenen Angehörigen zuerkennt.

Artikel 2 Die Hohen Vertragsparteien verpflichten sich, nachstehendes zu bewilligen, indem sie von den Möglichkeiten Gebrauch machen, welche durch die Eegelung geboten werden, die in Ausführung ihrer gegenwärtigen Gesetzgebung oder einer anderen, günstigeren Gesetzgebung, die künftig promulgiert werden könnte, erlassen wird : - den Transfer des Netto-Beingewinns, der Zinsen und Dividenden, welche · natürlichen oder juristischen Personen zukommen, die einem der beiden Staaten angehören; - den Transfer des Erlöses aus der gänzlichen oder teilweisen Liquidation der Investitionen, die vom Staate, in dem sie getätigt werden, genehmigt sind;

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- den Transfer eines angemessenen Teils des, Arbeitsertrages der zur Ausübung ihrer Tätigkeit auf dem Gebiete der einen oder anderen der Hohen Vertragsparteien befugten Staatsangehörigen.

Artikel 3 Falls eine Vertragspartei Vermögenswerte, Eechte oder Interessen von Staatsangehörigen, Stiftungen, Vereinigungen oder Gesellschaften der andern Vertragspartei enteignet oder verstaatlicht oder eine andere Massnahme der Besitzentziehung gegen sie ergreift, muss sie gemäss Völkerrecht Vorsorge treffen für die Zahlung einer effektiven und angemessenen Entschädigung. Der Betrag dieser Entschädigung, welcher zur Zeit der Enteignung, Verstaatlichung oder Besitzentziehung festzusetzen ist, wird dem Berechtigten ohne ungerechtfertigten Verzug ausbezahlt. Der Betrag dieser Entschädigung ist innert angemessener Frist zu transferieren. Die Massnahmen der Enteignung, Verstaatlichung oder Besitzentziehung dürfen jedoch weder diskriminierend sein noch im Widerspruch zu einer bestimmten Verpflichtung stehen.

Artikel 4 Entsteht zwischen den Hohen Vertragsparteien eine Streitigkeit bezüglich der Auslegung oder Durchführung der Bestimmungen der obigen Artikel 1-3, und kann diese Streitigkeit nicht auf diplomatischem Wege innerhalb von sechs Monaten befriedigend beigelegt werden, so wird sie auf Begehren der einen oder andern Vertragspartei einem aus drei Mitgliedern bestehenden Schiedsgericht unterbreitet. Jede Vertragspartei bezeichnet einen Schiedsrichter. Die beiden bezeichneten Schiedsrichter ernennen einen Oberschiedsrichter, der Angehöriger eines dritten Staates zu sein hat.

Hat eine der Vertragsparteien ihren Schiedsrichter nicht bezeichnet und ist sie der Einladung seitens der andern Vertragspartei, innerhalb von zwei Monaten diese Bezeichnung vorzunehmen, nicht nachgekommen, so wird der Schiedsrichter auf Begehren dieser letzteren Vertragspartei vom Präsidenten des Internationalen Gerichtshofes ernannt.

Können die beiden Schiedsrichter sich innerhalb von zwei Monaten nach ihrer Bezeichnung nicht über die Wahl des Oberschiedsrichters einigen, so wird dieser auf Begehren einer der Vertragsparteien vom Präsidenten des Internationalen Gerichtshofes ernannt.

Ist in den Fällen, die in den Absätzen 2 und 3 dieses Artikels erwähnt sind, der Präsident des Internationalen Gerichtshofes verhindert, oder ist er
Angehöriger einer der Vertragsparteien, so erfolgen die Ernennungen durch den Vizepräsidenten. Ist dieser verhindert oder Angehöriger einer der Vertragsparteien, so erfolgen die Ernennungen durch das älteste Mitglied des Gerichtshofes, das nicht Angehöriger einer der Vertragsparteien ist.

621 Sofern die Vertragsparteien es nicht anders bestimmen, setzt das Gericht sein Verfahren selber fest.

Die Entscheide des Gerichts sind für die Vertragsparteien verbindlich.

Artikel 5 Die Hohen Vertragsparteien kommen überein, sobald wie möglich eine Vereinbarung abzuschliessen, um günstige Voraussetzungen für die privaten Investitionen in beiden Staaten zu schaffen und bestimmte Formen der Förderung und des Schutzes dieser Investitionen festzulegen.

Artikel 6 1. Der vorliegende Vertrag ist zu ratifizieren; der Austausch der Eatifikationsurkunden wird so bald wie möglich in Tunis stattfinden.

2. Der vorliegende Vertrag tritt einen Monat nach dem Austausch der Batifikationsur künden in Kraft. Er bleibt zehn Jahre in Kraft und wird für eine unbestimmte Dauer erneuert, sofern er nicht von einer der beiden Hohen Vertragsparteien ein Jahr vor seinem Ablauf schriftlich gekündigt wird. Nach Ablauf der Zeit von zehn Jahren kann der Vertrag jederzeit gekündigt werden; er bleibt aber nach seiner Kündigung noch ein Jahr in Kraft.

3. Für die vor dem Zeitpunkt seines Ablaufs getätigten Investitionen bleibt dieser Vertrag noch zehn Jahre, vom Datum seines Ablaufs an gerechnet, anwendbar.

Geschehen in Bern, am 2. Dezember 1961, in zwei Originalen in französischer Sprache.

Für die Schweizerische Eidgenossenschaft (gez.) Long

Für die Tunesische Eepublik (gez-) Ben Salah

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Übersetzung am dem französischen Originaltext

Abkommen über

die technische und wissenschaftliche Zusammenarbeit zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Tunesischen Republik

Der Schweizerische Bundesrat und die Eegierung der Tunesischen Bepublik, vom Wunsche geleitet, die zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Tunesischen Eepublik bestehenden freundschaftlichen Bande zu festigen, und im Bestreben, die technische und wissenschaftliche "Zusammenarbeit zwischen beiden Ländern zu fördern, haben folgendes vereinbart: Artikel l Die Eegierung der Schweizerischen Eidgenossenschaft und die Eegierung der Tunesischen Eepublik werden im Hinblick auf die technische und wissenschaftliche Entwicklung ihrer beiden Länder nach Massgabe ihrer Möglichkeiten zusammenarbeiten und einander beistehen. Sie werden als gleichberechtigte Partner zusammenarbeiten.

Artikel 2 Die beiden Vertragsparteien stellen im Hinblick auf die Verwirklichung der in diesem Abkommen vorgesehenen Ziele im gegenseitigen Einvernehmen Programme der technischen und wissenschaftlichen Zusammenarbeit auf.

Artikel 3 Die Eegierung der Schweizerischen Eidgenossenschaft erleichtert im Eahmen der schweizerischen Gesetzgebung und der üblichen Gepflogenheiten die Ausführung der Vorschläge, welche die Eegierung der Tunesischen Eepublik auf allen technischen und wissenschaftlichen Gebieten vorzubringen als nützlich erachtet.

Artikel 4 Die Eegierung der Schweizerischen Eidgenossenschaft erwägt im Eahmen der schweizerischen Gesetzgebung und der üblichen Gepflogenheiten die Entsendung von Sachverständigen und Fachleuten nach Tunesien zur Mitwirkung bei der Entwicklung der Hilfsquellen der tunesischen Wirtschaft.

623 Artikel 5 Die Eegierung der Schweizerischen Eidgenossenschaft wird die von den beiden Regierungen in gegenseitigem Einvernehmen ausgewählten Stipendiaten nach bestem Vermögen aufnehmen und ihnen ermöglichen, an höheren Unterrichtsanslialten und technischen Schulen ihren Studien obzuliegen oder Stages zur Fortbildung in Verwaltung, Industrie, Banken oder Betrieben aller anderen Art in der Schweiz zu absolvieren.

Artikel 6 Die Eegierung der Schweizerischen Eidgenossenschaft wird im Rahmen der schweizerischen Gesetzgebung und der üblichen Gepflogenheiten, nach vorheriger Vereinbarung zwischen den zuständigen Behörden beider Staaten, tunesische Fachleute empfangen, die Studienreisen in der Schweiz zu unternehmen wünschen.

Artikel?

Jede der beiden Regierungen übernimmt einen angemessenen Teil der Kosten, die aus der Durchführung der Pläne für die technische Zusammenarbeit, welche auf Grund dieses Abkommens ausgeführt werden, erwachsen. .

Artikel 8 Im Rahmen dieses Abkommens befreit die Regierung der Tunesischen Republik 1. die aus der Schweiz gelieferten Gegenstände öffentlicher wie privater Herkunft, seien sie in der Schweiz oder im Ausland hergestellt, von den Einfuhrgebühren und anderen Fiskallasten ; 2. die schweizerischen Sachverständigen und" Fachleute für die Dauer ihrer Tätigkeit von den Steuern und anderen Fiskallasten auf Gehältern und Nebenbezügen, falls diese von der schweizerischen' Regierung bezahlt werden ; 3. das Mobiliar und die persönlichen Ausrüstungsgegenstände, die von den schweizerischen Sachverständigen und Fachleuten anlässlich der ersten Übernahme ihrer Funktionen in Tunesien und von ihren Familien eingeführt werden, sowie ein Automobil je Familie von den Ein- und Ausfuhrgebühren und andern Fiskallasten.

Artikel 9 Die Durchführung der im Rahmen dieses Abkommens aufzustellenden Programme erfolgt unter der Ägide des Delegierten des Schweizerischen Bundesrates für technische Zusammenarbeit und des Staatssekretariates für Planung und Finanzen auf selten der Tunesischen Regierung.

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Artikel 10 Dieses Abkommen erstreckt seine Wirkungen vom 1. Januar bis zum 81. Dezember 1962. Es kann von Jahr zu Jahr stillschweigend erneuert werden, sofern es nicht von der einen oder anderen Vertragspartei drei Monate vor Jahresende schriftlich gekündigt wird.

Es ist provisorisch anwendbar von der Unterzeichnung an; sein endgültiges Inkrafttreten ist abhängig von der Notifikation jeder Vertragspartei an die andere, dass sie die verfassungsmässigen Bestimmungen über den Abschluss und die Inkraftsetzung internationaler Vereinbarungen beobachtet habe.

Geschehen in Bern, am 2. Dezember 1961, in zwei Originalen in französischer Sprache.

» Für die Eegierung der Schweizerischen Eidgenossenschaft (gez.) Long

Für die Eegierung der Tunesischen Eepublik (gez-) Ben Saldh

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1962

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29.03.1962

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