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Schweizerisches Bundesblatt.

3l. Jahrgang. III.

Kr. 51.

15. November 1879.

J a h r e s a b o n n e m e n t (portofrei in der ganzen Schweiz); 4 Franken.

Einr ükungsgebühr per Zeile 15 Rp. -- Inserate sind franko an die Expedition einzusenden.

Druk und Expedition der Stämpflischen Buchdrukerei in Bern.

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Botschaft des

Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung zum Gesezentwurf betreffend die Kosten der Bundesrechtspflege.

(Vom 4. November 1879.)

Tit. !

Unterm 26. März H. J. haben Sie unsern Antrag vom 7. gl. Bits., betreffend eine theilweise Revision des Bundesgesezes über die Kosten der Bundesrechtspflege, vom 24. Herbstmonat 1856 (Amt). Samml., Bd. V, S, 408), an uns zurükgewiesen behufs Einbringung einer einheitlichen Vorlage über die Revision des ganzen Gesezes.

Wir entsprechen diesem Auftrage, indem wir einen Entwurf vorlegen, welcher sowohl dem Auftrage vom 20. Dezember 1878, womit wir eingeladen wurden, Maßregeln behufs einer angemessenen Erhöhung der Einnahmen des Bundesgerichtes vorzuschlagen, genügen soll, als auch die in Folge der neuen Organisation des Bundesgerichtes nöthig gewordenen Modifikationen und Ergänzungen zu umfassen bestimmt ist.

Auch diese Vorlage ist von dem Bundesgerichte geprüft und begutachtet worden. Wir schließen uns durchweg den Anträgen des Bundesgerichtes an.

Zur Vermeidung von Wiederholungen verweisen wir auf die zwei frühem Berichte über diese Materie. (Bundesbl. 1875, Bd. IV, S. 1058 und 1060, und 1879, .Bd. L S. 389.)

Bundesblatt. 31. Jahrg. Bd. III.

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«56 Im Einzelnen bleibt noch Folgendes zu bemerken : Art. 1. Gemäß Art. 14 des Bundesgesezes über die Organisation der Bundesrechtspflege, vom 27. Brachmonat 1874 (Amtl. Samml.

n. F., Bd. I, S. 136), beziehen die Mitglieder des Bundesgerichtes und die Gerichtschreiber gegenwärtig fixe Jahresgehalte. Die Ersazmänner und übrigen Justizbeamten dagegen werden durch Taggelder entschädigt, deren Betrag durch besondere Beschlüsse geregelt · werden soll.

In Folge der bezüglichen Botschaft vom 16. November 1874 (Bundesbl. 1874, Bd. III, S. 539) wurde mit Bundesbeschluß vom 22. Dezember 1874 (Amtl. Samml. n. F., Bd. I, S. 221) die Entschädigung der Mitglieder des Bundesgerichtes und der Gerichtschreiber, im Falle sie in Amtsgeschäften von Lausanne sich entfernen müssen, auf Fr. 15 und das Taggeld der Ersazmänner auf Fr. 25 festgesezt.

Diese Ansäze werden im vorliegenden Entwürfe beibehalten.

Was die Taggelder der übrigen Beamten betrifft, so wird lediglich für den Untersuchungsrichter in Strafsachen eine Erhöhung von Fr. 5 per Tag beantragt, weil der gegenwärtig bestehende Ansaz für die heutigen Verhältnisse offenbar ungenügend ist.

In dem oben erwähnten Bundesbeschluß betreffend die provisorische Feststellung der Entschädigung einiger Justizbeamter, vom 22, Dezember 1874, wurde in Abänderung des Schlußsazes vom Art. l des zu revidirenden Gesezes und in Bestätigung vom Art. 2 des Bundesbeschlusses betreffend die Taggelder und ReiseentSchädigungen der Mitglieder des Nationalrathes etc., vorn 22. Dez.

1869 (Amt. Samml., Bd. X, S. 2), die Reiseentschädigung der Mitglieder und Ersazmänner des Bundesgerichtes, sowie der Gerichtschreiber auf Fr. l per Wegstunde festgesezt.

Mit Bundesgesez betreffend Reiseentschädigungen, vom 16. August 1878 (Amtl. Samml. n. F., Bd. III, S. 656), wurden aber diese beiden neuem Bestimmungen wieder aufgehoben und dahin abgeändert, daß die Reiseentschädigung 20 Rappen für jeden zurükgelegten Kilometer, sowohl für die Hin- als für dieRükreise,, und falls die Reise über einen schweizerischen Alpenpaß stattfindet, auf welchem eine erhöhte Posttaxe erhoben wird, überdies für die der Taxerhöhung unterworfeneStrekee eine Zulage von 10 Rappen per Kilometer, betragen soll. Dagegen sind bezüglich des Untersuchungsrichters in Strafsachen, des Aktuars desselben, der Experten, der Zeugen
und der Beamten der Staatsanwaltschaft immer noch die Vorschriften des Bundesgesezes von 1856 in Kraft geblieben, wonach das Reisegeld 70 Rappen für- die Stunde Hin- und Herreise

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betrug. Es empfiehlt sich aber gegenwärtig, die ursprüngliche Einheit des Reisegeldes für die gerichtlicher! Beamten und fil r die bei der Rechtspflege mitwirkenden Personen (Art. l und Art. 3 - 5) wieder herzustellen, indem für Alle der im Art. l des zitirten Bundesgesezes vom 16. August 1878 bestimmte Ansaz anerkannt wird. Mit der vorgeschlagenen Redaktion fällt die Wiederholung in den spätem Artikeln dahin.

Art. 3. Die bisherige Entschädigung der E x p e r t e n von Fr. 25 wird von dem Bundesgerichte als zu gering erklärt, so daß sehr oft von der gesezlich gestatteten Ausnahme Gebrauch gemacht wurde.

Die neuen Ansäze entsprechen denjenigen, welche im Art. 2 des Bundesrathsbeschlusses vom 26. November 1878 für die Experten in administrativen Angelegenheiten aufgestellt sind. (Amtl. Samml.

n. F., Bd. m, S. 623.)

Art. 4. Der Ansaz für Entschädigung von Z e u g e n mit Fr. 4 nebst dem Reisegeld stimmt mit dem alten Geseze überein, Im Absaz 3 ,, Richter" statt ,,Gericht", da die Bestimmung gewöhnlich vom Instruktionsrichter ausgeht. Im Art. 185 des Gesezes über die Bundesstrafrechtspflege, vom 27. August 1851 (Amtl.

Samml., Bd. H, 8. 743), ist die Entschädigung der Zeugen auf Fr. 3 festgesezt und diejenige der Experten in das Ermessen des Gerichtes gelegt; für Beide ist dort das Reisegeld auf 70 Rappen per Stunde bestimmt. Nachdem dieser Artikel, soweit er sich auf die Entschädigung der Zeugen und Experten bezieht, schon durch die Art. 3 und 4 des spätem Gesezes über die Kosten der Bundesrechtspflege von 1856 thatsächlich aufgehoben worden war und, soweit er die Reisegelder betrifft, durch Art. l des gegenwärtigen Gesezes hinfällig wird, so muß derselbe zur Vermeidung von Mißverständnissen gänzlich aufgehoben werden.

Art. 5. Durch das neue Gesez über die Organisation der Bundesrechtspflege, vorn 27. Juni 1874 (Amtl. Samml. n. F., Bd. I, S. 136), ist das Gesez betreffend den Geschäftskreis des Generalanwaltes von 1850 aufgehoben und im Art. 37 bestimmt worden, daß der Bundesrath in jedem einzelnen Falle den Bundesanwalt zu bezeichnen habe. Es ist daher auch angemessen, daß seine Entschädigung vom Bundesrathe bestimmt werde. Das bisherige Gesez hat die Entschädigung einer amtlichen Verteidigung nicht vorgesehen. In Lemma 3 vom Art. 49 des Gesezes über die Bundesrechtspflege ist jedoch der Präsident des Assisenhofes ermächtigt, dem Angeklagten nöthigenfalls einen Vertheidiger zu bestimmen,

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Es muß daher auch auf dessen Entschädigung Bedacht genommen werden, Art. 6 ist identisch mit Art. 6 des bisherigen Gesezes.

Art. 7 ebenso mit dem ersten Saz vom Art. 7.

Art. 8 resümirt den zweiten Theil vom Art, 1 und den Inhalt der Art. 23 und 26 des Bundesgesezes über das Verfahren in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten. (Amtl. Samml., Bd. II, S. 77.)

Art. 9 stimmt üherein mit Art. 8 des alten Gesezes, mit der Ausnahme, daß unter Litt. C der Ansaz für das Kassationsgericht gestlichen ist, da, es sich in diesem Artikel nur um die Gebühren im Zivil prozesse handelt und das Gesez über den eidgenössischen Zivilprozeß kein besonderes Kassationsgericht .kennt. Vielmehr ist dieses Gericht durch Art, 55 des Organisationsgesezes von 1874 über die Bundesrechtspflege ganz richtig- unter das Kapitel der S t r a f r e c h t s p f l e g e aufgenommen. Es ist zu vermuthen, daß das alte Gesez das Kassationsverfahren gegen kantonale Urtheile wegen Uebertretung fiskalischer und polizeilicher Bundesgeseze (Art. 18 des Bundesgesezes vom 30. Juni 1849, Amtl. Samml., Bd. I, S. 87), zu denen jezt auch noch Urtheile wegen Werbung (Bundesgesez vorn 30. Juli 1859, Amtl. Samml., Bd. VI, S. 312) beizuzählen wären, unter diese Rubrik versezt hatte; allein es ist logisch richtiger, die Urtheile wegen Uebertretung der erwähnten Bundesgeseze in die Abtheilung Strafrechtspflege zu verweisen.

Ad d. Das bisherige Gesez sezt im Art. 8 d für das Einprotokolliren und Ausfertigen eines Urtheiles oder Beschlusses per Seite Fr. l fest, und es wird auch gegenwärtig Fr. l per Seite für die Ausfertigung eines jeden Urtheiles berechnet, während für sonstige Abschriften und Ausfertigungen nur 60 Rappen per Seite bezogen werden. Dem Bundesgericht erscheint der leztere Ansaz genügend, und es schlägt vor, denselben gleichmäßig für a l l e Ausfertigungen einzuführen. Wir unsererseits dagegen möchten bei dem Ansaze von Fr. l per Folioseite beharren und den gleichen Ansaz auch für alle anderen Kopiaturen im Interesse von Privaten einführen. Diesen Ansaz haben wir schon in dein ersten Entwurf zu dem Geseze von 1856 angetragen (Bundesbl. 1856, Bd. I, 8. 251 und 256) ; er ist kaum zu hoch und wird nur eine kleine Vermehrung der Einnahmen bringen.

Dagegen, fällt nun selbstverständlich die Kanzleigebühr für das ,, Einprotokolliren a der Urtheile und Beschlüsse weg, da die Bundesgerichtschreiber gegenwärtig auch fixe Besoldungen aus der Bundesbasse beziehen.

659 Art. 10 ist, übereinstimmend mit unserem Vorschlage, den «ir mit Bericht vom 7. März 1879 begründet haben. (Bundesbl. 1879, Bd. I, S. 3890 Art. 11. Eine bezügliche Bestimmung findet sich auch im Art. 9 des alten Gcsezes. Nach deren "Wortlaut hätte in Expropriationsprozessen die Gerichtsgebühr immer unter der Hälfte des gesezlichen Maximums zu bleiben und dürfte also nicht mehr als Fr. 250 beiragen. Nach dem Berichte des Bundesgerichtes hat die Praxis dahin interpretirt, daß in Expropriationsprozessen die Gebühr nicht über die Hälfte des Maximums und nicht unter die Hälfte des Minimums gehen dürfe. Von einer Reduktion des Minimums auf die Hälfte steht -zwar nichts im Geseze. Das Bundesgericht bemerkte aber, daß bei der Natur der Expropriationsstreitigkeiten in vielen Fällen auch die gewöhnliche Minimalgebühr von Fr. 25 unbillig wäre. Dieser Thatsache kann bei der im Entwurfe, angenommenen Redaktion hinlänglich Rechnung getragen werden.

Art. 12. Mit Rüksicht auf viele Arbeiten, welche die Liquidationen der Eisenbahnen verursachen, ist der Bezug einer Gerichtsgebühr gerechtfertigt, abgesehen von den Urlheilen, welche in einzelnen daraus entspringenden Prozessen nöthig werden mögen. Das Bundesgericht hat diesem Gedanken prinzipiell zugestimmt, und wir haben die von ihm angetragenen Summen im Entwurfe angenommen, Art. 13. Wir verweisen auf unsern schon erwähnten Bericht vom 7. März 1879 und bemerken, daß nachträglich noch die Vergleiche den Abstandserklärungen gleichgestellt worden sind.

Art, 14 ist in der Hauptsache identisch mit Art. 10 des bisherigen Gesezes. Die Bürgerrechtsstreitigkeiten zwischen Gemeinden verschiedener Kantone im Sinne vom Art. 27 des Organisationsgesezes fallen nicht unter den Begriff von Streitigkeiten über Heimatlosigkeit und sind daher auch nicht des Benefiziums der Befreiung von den Gerichtsgebühren theilhaftig.

Art. 15, Lemma l ist übereinstimmend mit Art. 62 des Gesezes über die Organisation der Bundesrechtspflege von 1874. (Amtl.

Samml. n. F., Bd. I, S. 136.) Lemma 2 enthält die nothwendige Ergänzung zu 1. Bezüglich der Höhe des eventuellen Gerichtsgeldes schließen wir uns der Ansicht des Bundesgerichtes an, daß es zwekmäßiger sein möchte, von einem Minimum gänzlich abzusehen und das Maximum auf Fr. 100 festzusezen, damit der freien Würdigung des konkreten Falles volle Rechnung getragen werden kann. Der Inhalt von Lemma 3 scheint eich von selbst zu verstehen. Lemma 4 ist ein Antrag des Bundesgerichtes, den wir

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unterstüzen. Dasselbe bemerkt zur Begründung: Es fallen unter die Rubrik, vom Art. 57 des Organisationsgesezes über die Bundesrechtspflege oft Streitigkeiten, die halb staatsrechtlicher, halb ziviler .Natur seien und zudem manchmal einen Umfang annehmen, daß es gegenüber dem Staate und der siegenden Partei unbillig wäre, wenn man sich lediglich an die allgemeine Vorschrift des Art. 62 des Organisationsgesezes halten wollte. Hieher gehören z. B. Grenzstreitigkeiten zwischen Kantonen oder Streitigkeiten der Art, wie eine solche gegenwärtig zwischen Waadt und Genf bezüglich der Wasserverhältnisse des Genfersees vor Bundesgericht schwebe, l» solchen Fällen erscheine der beantragte Zusaz vollkommen gerechtfertigt, Art, 16 ist in Uebereinstimmung mit den Art. 184 und 188 des Gesezes über die Bundesstrafrechtspflege. (Amt!. Samml., Bd. II, S. 786.)

Die Ansäze der Gerichtsgebühren bei dein Assiseu- und Kassationshof sind die gleichen, wie im Art. 184 und Art. 8, II, des bisherigen Gesezes.

Art. 17 enthält einzig eine etwelche Erhöhung des Maximums der bisherigen Ansäze, in Uebereinstimmung mit dem Antrage des Bundesgerichtes. Der übrige Inhalt ist gleichlautend mit Art. 12 des bisherigen Gesezes.

Art. 18 und 19 geben zu keinen Bemerkungen Anlaß.

Art. 20, Der erate Saz ist gleichlautend mit dem ersten Saz vom Art. 15 des bisherigen Gesezes. Bezüglich der Begründung des zweiten Sazes wird auf den Bericht vom 7. März 1879 verwiesen.

Wir benuzen diesen Anlaß, Sie, Tit., unserer vollkommensten Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 4. November 1879.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes.

Der B u n d es p r ä s i d e n t : Hammer.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft:

Schiess.

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(Entwarf)

Bimdcsgesez über

die Kosten der Bundesrechtspflege.

Die Bundesversammlung der schweizerischen E i d g e n o s s e n s c h a f t , nach Einsicht eines Berichtes und Antrages des Bundeerathes vom 4, November 1879.

beschließt:

A. Taggelder und Beiseentschädigungen.

Art. 1. Die Mitglieder des Bundesgerichtes und die Bundesgeriehtsschreiber beziehen, wenn sie in Amtsgeschäften von Lausanne sich entfernen müssen, für jeden Tag ihres Aufenthaltes an einem andern Orte eine Entschädigung von .

.

.

.

.

' .

.

Fr. 15 Die Ersazmänner des Bundesgenchtes erhalten ein Taggeld von 25 T Der Untersuchungsrichter in Strafsachen erhält ein solches von .

.

.

.

.

^ 20 Wenn er außer dem Wohnorte fuoktionirt .

,, 25 Der Aktuar des Untersuchungsrichlers .

^ 10 Außer seinem Wohnorte .

.

, .

,, 15 Ein Geschworner n 6 Daneben erhalten sowohl diese Beamten als auch die in den nachfolgenden Artikeln 3--5 genannten Personen die im Art. l des Bundesgesezes vom 16. August 1878 fest-

662 gesezte Reiseentschädigung. (Amtl. Sammlg, n. F., Bd. III.

8. 656.} Art. 2. Für besondere Arbeiten der Ersazmänner außerhalb der Gerichtssizungen bestimmt das Gericht die Entschädigung im Verhältnisse des Zeitaufwandes.

Art. 3. E x p e r t e n erhalten ein Taggeld bis auf Fr. 35. Für die Abfassung von Berichten wird vom Bundesgerichte für den Arbeitstag, je nach der Natur des Gegenstandes, eine Entschädigung von Fr. 15--30 festgesezt.

Ausnahmsweise kann das Gericht auch eine höhere Entschädigung ausrichten.

Art. 4. Z e u g e n , welche außerhalb ihres Wohnortes abgehört werden, erhalten ein Taggeld von Fr. 4.

Findet die Abhörung an ihrem Wohnorte selbst oder in deren nächsten Umgebung statt, so kann eine entsprechende Ermäßigung eintreten. Für Mehrauslagen eines Zeugen kann, der Richter eine weitere Entschädigung bestimmen.

Art. 5. Die Entschädigung des B u n d e s an w a l t e swird vom Bundesrathe festgesezt; diejenige des a m t l i c h e n V e r t h e i d i g e r s vom Bundesgerichte.

Wenn in wichtigern Fällen dem Bundesanwalte ein Aktuar beigegeben werden muß, so ist derselbe zu entschädigen wie der Aktuar des Untersuchungsrichters, Art. 6. Die Besoldung von Kopisten, Weibein, Wachen,, Bedekungen und Gefangenwärtern wird in jedem Falle vom Gerichte festgesezt, das sich hierüber, soweit es nölhig ist, mit den betreffenden Kantonsbehörden ins Einvernehmen sezt und im Uebrigen auf den Ortsgebrauch Rüksicht nimmt..

Art. 7. Die in den Artikeln l bis 6 erwähnten Entschädigungen werden von der Bundeskasse bezahlt, beziehungsweise im Sinne der folgenden Bestimmungen aus der Gerichtskasse vorgeschossen.

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B. Gebühren und Kosten zuhanden des Gerichtes.

I. Im Civilprozeß.

Art. 8. Jede Partei hat die durch ibre Handlungen entstehenden Kosten vorzuschieben, beide Parteien zusammen aber diejenigen, welche durch gemeinschaftliche Anträge oder durch das Gericht von Amtes wegen veranlaßt werden.

(Artikel 23 und 26 des Bundesgesezes über das Verfahren in bürgerlichen .Rechtsstreitigkeiten. Amt!. Sammig., Bd. II.

8. 77.} Art. 9. Die Prozeßkosten, welche von den Parteien an das Bundcsgericht zu bezahlen sind, bestehen: a. in den Auslagen des Instruktionsrichters; b. in den Baarauslagen der Kanzlei für Augenscheine, Zeugen, Experten, Porti etc.; c. in einer Gerichtsgebühr von Fr. 25--500; d. in den Kanzleigebuhreu für jede Ausfertigung eines Urtheües oder Beschlusses, sowie für Kopiaturen, die Folioseite zu Fr. 1.

Die Gebühren sub Litt, c und d fallen in die Gerichtskassse.

Art. 10. Die Bestimmungen der Artikel 8 und 9 finden auch dann Anwendung, wenn das Bundesgericht als prorogirter Gerichtsstand handelt.

In diesem Falle jedoch beträgt die. Gerichtsgebühr 100 bis '1000 Franken.

Art. 11. Ebenso finden die Bestimmungen der Artikel 8 und 9 auch auf Expropriationsprozesse ihre Anwendung, mit der Beschränkung jedoch, daß die Gerichtsgebühr die Hälfte des gesezliohen Maximums nicht übersteigen darf.

Art. 12. Im Falle der Zwangsliquidation einer Eisenbahn ist, abgesehen von den einzelnen Urtheilen, eine Gerichtsgebühr von Fr. 200--1000 zu erheben, nebst den im Art. 9 a, b und d erwähnten Auslagen und Gebühren.

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Art. 13. Bei Abstandserklärungen und Vergleichen hat die betreffende Partei nebst den Auslagen und Kanzleigebühren (Art. 9 a, b und d) eine Gerichtsgebühr bis auf die Hälfte der in den Artikeln 9, 10, 11 und 12 festgestellten Ansitze zu entrichten.

Art. 14, In Prozessen, welche der Bundesrath in Vollziehung des Bundesgesezes über die Heimatlosigkeit bei dem Bundesgerichte einleitet, ist keine Gerichtsgebühr zu entrichten.

II. In staatsrechtlichen Streitigkeiten.

Art. 15. Für die Entscheidungen staatsrechtlicher Streitigkeiten sollen der Regel nach weder Gerichtsgebühren bezogen, noch Parteientschädigungen zugesprochen werden.

Doch kann das Gericht Ausnahmen machen in Fällen, wo die Anhebung oder Veranlaßung des Streites oder die Art der Prozeßführung es rechtfertigen sollte. (Art. 62 des Bundesgesezes über die Organisation der Bundesrechtspflege.

Amt!. Sammlg, n. F., Bd. L, 8. 136.)

Eine allfällige Gerichtsgebühr beträgt im Maximum 100 Franken.

Die Auslagen und die Kanzleigebühren im Sinne von Art. 9 und 13 müssen immer vergütet werden.

Bei Streitigkeiten gemischter Natur, z. B. nach Art, 57 des Bundesgesezes vom 27. Juni 1874 über die Organisation der Bundesrechtspflege, ist das Bundesgericht ermächtigt, bezüglich Gerichtsgebühr, Kosten und Parteientschädigung die Vorschriften für den Civilprozeß in analoge Anwendung zu bringen.

III. Im Strafprozesse.

Art. 16. Die im Sinne vom Art. 183 des Gesezes über die Bundesstrafrechtspflege von den Verurtheilten zu bezahlenden Prozeßkosten bestehen:

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a, in sämmtlichen Auslagen, welche der Prozeß verursachte, ausgenommen die Besoldungen und Taggelder der Beamten und Angestellten, die Entschädigung des Bundesanwaltes, die Entschädigung und die Reisekosten des amtlichen Vertheidigers und der Geschwornen, sowie die Kosten für die Vollziehung des Urtheils.

b, in einer Gerichtsgebühr: ^ bei dem Assisenhofe von 100 bis 1000 Franken; bei dem Kassationshofe von 40 bis 100 Franken; c, in den Kanzleigebühren gemäß Art. 9, Litt, d (Art. 184 und 188 des Gesezes über die Bundesstrafrechtspflege.

Amtl. Sammlg., Bd. H, S. 786).

C. Anwaltsgebühren.

Art. 17. Die Entschädigung des Rechtsanwaltes durch die Prozeßpartei oder durch die Angeklagten bleibt zunächst der gegenseitigen Uebereinkunft überlassen. Wenn jedoch diese Entschädigung der Gegenpartei auferlegt wird, so hat das Gericht die Rechnung de.s Anwaltes nach folgendern Tarif festzusezen : a. für einen Vorstand vor dem Instruktionsrichter Fr. 15-- 50 b. für einen Vorstand vor dem Bundesgericht, Kassations- oder Assisenhofe , ,, 25--200 c. für jeden Tag wegen dieser Vorstände notwendigen Zeitversäumniß .

. ,, 20 d. Reisegeld per Kilometer 20 Rappen.

Die Entschädigung für Aktenstudium und für die Rechtsschriften etc. hat das Gericht in jedem einzelnen Falle nach billigem Ermessen festzusezen.

D. Parteientschädigung.

Art. 18. Für die Entschädigung, welche das Gericht der unterliegenden Partei im Civilprozesse auferlegt (Art, 24 des Bundescivilprozesses) ist folgender Tarif maßgebend:

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a. ein Taggeld bis auf Fr. 10 für jeden durch das Erscheinen vor Gericht oder dessen Kommittirten noth wendig versäumten Tag und ein Reisegeld von 20 Rappen für den Kilometer; b. der Betrag der nach Art, 17 festgesezten Rechnung des Anwaltes der Gegenpartei; c. die Gebühr für die Urtheilsausfertigung.

Art. 19. Wenn Civilparteien im Strafprozesse interveniren, so ist deren Entschädigung im gegebenen Falle nach Art. 18 zu bestimmen.

E. Allgemeine Bestimmungen.

Art, 20. Das vorstehende Gesez bezieht sich auf die Rechtspflege, welche von dem Bundesgerichte und seinen Abtheilungen geübt wird.

In denjenigen Strafprozessen, welche wegen Verlezung des Bundesstrafgesezes vorn 4, Februar 1853, des Bundesgesezes betreffend die Werbung, vom 30. Juli 1859, und wegen Uebertretung der Polizei- und Fiskalgeseze des Bundes an die kantonalen Gerichte gelangen, hat im Falle der Verurtheilung der Angeklagte die Prozeß- und Vollziehungskosten zu bezahlen. Im Falle seiner Zahlungsunfähigkeit oder Freisprechung sind die Prozeßkosten von der Bundeskasse zu vergüten, jedoch mit Ausnahme von Gerichtsgeldern, Besoldungen und Diäten an funktionirende Beamte und Geschworne.

Die Bußen fallen dagegen in die Bundeskasse.

Art. 21. Mit; diesem Geseze treten außer Kraft: das Bundesgesez über die Kosten der Bundesrechtspflege, die Gerichts- und Anwaltsgebühren und Entschädigungen, vom 24. Herbstmonat 1856 (Aliiti. Sammlg., Bd. V, S. 408) ; der Bundesbeschluß betreffend provisorische Feststellungder Entschädigung einiger Justizbeamter, vom 22. Christ-

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monat 1874 (Amtl. Sammlg. n. F., Bd. I, S. 221), und Art. 185 des Gesezes über die Bundesstrafrechtspflege, vom 27. August 1851 (Amtl. Sammlg., Bd. II, S. 743).

Art. 22. Der Bundesrath wird dieses Gesez nach Vorschrift des Bundesgesezes vorn 14. Brachmonat 1874 bekannt machen und den Beginn der Wirksamkeit desselben festsezen.

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Botschaft des

Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung zum Entwurf eines Bundesgesezes betreffend Ankündigung und Vertrieb von sogenannten Geheimmitteln, Patentmedizinen und Spezialitäten.

(Vom 12. November 1879.)

Tit.!

Der Widerstand des Einzelnen gegen den Geheimmittelschwindel ist machtlos. Auch das gegen denselben ins Feld geführte Mittel der Belehrung und Aufklärung ist darum wirkungslos, weil es nicht mit gleicher Ausdauer, gleicher Energie und allüberall zu gleicher Zeit angewendet werden kann, wie dies bei der keine Kosten scheuenden Reklame der Geheimmittelindustrie der Fall ist. Einzelne Regierungen sind daher schon früher zu der Ueberzeugung gekommen, daß nur die starke Hand des Staates das Geheimmittelunwesen, wenn nicht zu beseitigen, doch wenigstens wesentlich zu beschränken im Stande ist. Von dieser Ueberzeugung getragen, haben den angestellten Erhebungen zufolge die Kantone Zürich, Bern, Luzern, Zug, Freiburg, Basel-Stadt, Basel-Land, Schaffhausen, Appenzell A.-Rh., Appenzell I.-Rh., St. Gallen, Graubünden, Aargau, Tessin, Waadt, Wallis und Neuenburg über diese Materie bereite mehr oder weniger genaue Bestimmungen erlassen. Von Uri, Obwalden und Genf erhielten wir keine Antwort, während Schwyz, Nidwaiden, Glarus, Solothurn und Thurgau erklärten, daß sie keine gesezlichen Vorschriften über den Geheim mittelverkauf besizen.

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Botschaft des Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung zum Gesezentwurf betreffend die Kosten der Bundesrechtspflege. (Vom 4. November 1879.)

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1879

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51

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

15.11.1879

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655-668

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10 010 485

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