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Botschaft des

Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend das Begnadigungsgesuch des Jakob Meyer von Teuffenthal, in Steffisburg (Bern).

(Vom 5 April 1881.)

Tit.

Durch Urtheil des Kriegsgerichts der III. Division vom 4. November 1878 wurde Jakob Meyer von Teuffenthal, in Anwendung der Art. 131, 132, Litt, e, 133, Litt, b, 134, 135, Litt, b, 150, 152, 34, Lemma l und Art. 6, Lemma 2 des Bundesgesezes über die Strafrechtspflege für die eidg. Truppen verurtheilt : 1) zu 3 Jahren Zuchthaus, 2) zu dem Verluste des Aktivbürgerrechts während weitern 3 Jahren, 3) zu den Kosten, liquidirt auf die Summe von Fr. 798. 30.

Die diesem Urtheil zu Grunde liegenden thatsächlichen Verhältnisse sind folgende : Meyer, Jakob, von Teuffenthal, geb. 1832, wohnhaft in der Gemeinde Steffisburg, verwitwet, Vater von 8 Kindern, hat seit vielen Jahren als Puzer in der Kaserne in Thun gedient. Im Herbstmonat 1878 wurde er des Diebstahls verdächtig und infolge dessen in Strafuntersuehung gezogen. Die Untersuchung konstatirte durch den Wahrspruch der Geschwornen, daß Meyer

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1) zum Nachtheil von Offizieren und Soldaten unter verschiedenen Malen l Paar Pantoffeln, 11 Taschentücher, 5 Hemden und zahlreiche andere Gegenstände gestohlen; 2) zum Nachtheil der Kasernenverwaltung 4 Offiziersbetttücher,, 2 Soldatenbetttücher, 2 Kissenanzüge und 3 Waschtücher veruntreut habe.

Der Werth der gestohlenen Gegenstände überstieg einzeln genommen die Summe von Fr. 40 nicht, wohl aber war dies in Betreff des unterschlagenen Bettzeuges der Fall.

Meyer wurde nach seiner Verurtheilung in das Zuchthaus nach Bern versezt, wo er sich seit dem 4. November 1878 befindet.

In einem vom 2. dieses Monats datirten Begnadigungsgesuche stellt nun der Einwohnergemeinderath Steffisburg bei dem Bundesrathe zuhanden der Bundesversammlung das Gesuch, es möchte Jakob Meyer für den Rest seiner Strafzeit begnadigt werden.

Zur Begründung dieses Gesuchs wird im Wesentlichen angebracht, Meyer sei ein armer Familienvater, dem es schwer oder unmöglich geworden sei, mit seinem Verdienste sich und 8 Kinder zu ernähren; er habe sich geschämt, offen Unterstüzung zu verlangen, und sei so auf den Gedanken gekommen, auf unerlaubtem Wege Hilfe zu suchen. Seit bald 1lk Jahren habe sich Meyer in der Strafanstalt Bern gut verhalten, und der Gemeinderath dürfe die Versicherung geben, daß Meyer sich nicht wieder solche Fehler zu Schulden kommen laßen werde. Eine Begnadigung sei namentlich auch im Interesse der unschuldigen Kinder Meyer zu wünschen, ' die dermalen in kläglichen Verhältnissen leben und sehnlichst die Rükkehr ihres Vaters erwarten.

Der Verwalter der Strafanstalt Bern gibt dem Petenten Meyer das Zeugniß, daß er sich während seines Aufenthalts in der Strafanstalt gut betragen habe. Das Gleiche wird vom Zuchthausprediger, Herrn Pfarrer Stauffer, bestätigt, mit dem Bemerken, das ganze Wesen des Meyer laße weniger auf Verdorbenheit, als auf Beschränktheit schließen. Endlich wird von dem Arzte der Strafanstalt, Herrn Dr. Schärer, berichtet, Meyer habe bei seinem Eintritt in die Strafanstalt an bedeutenden Hautgeschwüren am linken Vorderarm gelitten, von denen er nun vollständig geheilt sei.

Obschon wir die im Begnadigungsgesuch ausgesprochene Ansicht des Gemeinderathes von Steffisburg nicht theilen können, daß, wer sich in die Lage Meyers zu versezen suche, sagen möchte, es sei das, was Meyer gethan, vor Gott
und den Menschen kein Unrecht, so wenig wir eine ernstliche Eotschuldiguog der inkriminirten Handlungen darin erbliken könnten, daß die gestohlenen Effekten meist solchen

601 Personen angehörten, die eine materielle Beschädigung nicht verspürt haben, so ist doch andererseits zu berüksichtigen : 1) daß Jakob Meyer von der ihm auferlegten ziemlich intensiven Strafe bereits mehr als 2ls ausgehalten und sieh während dieser Zeit nach dem Zeugniß des Strafhausverwalters und des Anstaltpfarrers gut betragen hat; 2) daß Meyer vorher noch nie bestraft worden war und der Gemeinderath von Steffisburg, wo Meyer mit seiner Familie, seit vielen Jahren wohnhaft gewesen, die bestimmte Versicherung abgeben darf, daß Meyer, einmal wieder zu seiner schwergeprüften Familie zurükgekehrt, sich nicht mehr solcher Fehler schuldig machen werde.

Deßhalb wird bei der hohen Bundesversammlung beantragt : Es möchte dem Jakob Meyer der Rest seiner Strafe in Gnaden, erlaßen werden.

B e r n , den 5. April

1881.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der Vizepräsident:

Bavier.

Der Kanzler der Eidgenoßenschaft i Schieß.

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Botschaft des Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend das Begnadigungsgesuch des Jakob Meyer von Teuffenthal, in Steffisburg (Bern). (Vom 5 April 1881.)

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