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Nachtrag zu

der unterm 25. Februar 1881 erstatteten Botschaft des Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend die Wahlen in den Nationalrath.

(Vom 29. März 1881.)

Tit.

Nachdem die Bundesversammlung zur Behandlung der durch das Ergebniß der Volkszählung vom 1. Dezember 1880 bedingten Aenderungen der Volksvertretung im Nationalrathe sich bis zum 19. April d. J. zu vertagen beschießen hatte, überwies uns der Nationalrath unterm 1. März eine Anzahl bezüglicher, wegen verspäteten Eingangs in unserer Botschaft vom 25. Februar noch nicht zur Berüksichtigung gelangter Petitionen, mit der Einladung, hierüber sowohl, wie über allfällig ferner eingehende Eingaben unsern begutachtenden Bericht zu erstatten.

In Vollziehung dieses Auftrages beehren wir uns, Ihnen mitzutheilen, daß mit Bezug auf die zu revidirende Wahlkreiseintheilung neue Eingaben eingelangt sind aus den Kantonen B e r n , F r e i b u r g und S o l o t h u r n .

Es verlangen nämlich fünf gleichlautende, mit Unterschriften von Gemeindevorstehern und Privaten bedekte Petitionen aus dem b e r n i s c h e n J u r a , daß der bisherige X. eidgenößische Wahlkreis in zwei Kreise getheilt werde, wovon der eine die Bezirke Pruntrut, Delsberg, Laufen und den katholischen Theil des Bezirks Münster, mit drei Repräsentanten, der andere dagegen den protestantischen

327 Theil des Bezirks Münster, sowie die Bezirke Courtelarj und Neuenstadt, mit zwei Repräsentanten, umfaßen würde. Zur Unterstüzung dieses Begehrens wird geltend gemacht, daß der katholische Theü des Jura, mit einer kompakten Bevölkerung von beiläufig 60,000 Seelen und 8000 Wählern, bei der gegenwärtigen Kreiseintheilung die ihm gebührende Vertretung im Nationalrathe nicht zu erlangen vermöge.

Diesem Begehren gegenüber wünschen 49 gleichlautende, ebenfalls mit Unterschriften von Gemeindebehörden und Privatpersonen versehene Petitionen die Beibehaltung der gegenwärtigen Umschreibung des X. eidgenößischen Wahlkreises. In dieser Gegenpetition wird geltend gemacht, daß der bernische Jura von jeher in der Regel durch drei katholische und zwei protestantische Abgeordnete vertreten gewesen sei, und daß diejenige politische Partei, welche nun eine andere Wahlkreiseintheilung verlange, in einer frühern Wahlperiode den Jura einmal ausschließlich repräsentirt und gerade gegenwärtig wieder zwei Vertreter im Nationalrathe habe. Die beantragte Zweikreiseintheilung nehme lediglich die Konfessionsangehürigkeit der Wähler zum Ausgangspunkte, sie wolle aus dem bernischen Jura, der ein zusammengehöriges Ganzes bilde, einen protestantischen und einen katholischen Jura, d. h. zwei Theile bilden, die sich feindlich gegenüberstehen würden und wo im katholischen Theile die Freisinnigen unterdrükt werden könnten.

Im Weitern verlangt eine Fünferkommission Namens einer zahlreichen Versammlung von Abgeordneten der f r e i b u r g i s c h e » u B e z i r k e d e s S e e s , d e r S a a n e u n d d e r B r o y c , welche am 31. Januar ab hin in Murten stattfand, eine andere Eintheilung der Nationalrathswahlkreise des dortigen Kantons. Die bisherige Zweikreiseintheilung wird sowohl in Bezug auf topographische Verhältnisse, Sitten und Gebräuche, Arbeit und Kultur, Verkehrsmittel und Interessengemeinschaft der im gleichen Kreise vereinigten Gegenden als unlogisch und irrationell bezeichnet, welchem Uebelstande nur durch eine Dreikreiseiutheilung, zu je zwei Abgeordneten , abgeholfen werden könne. In dieser Absicht und um der freisinnigen Opposition die Möglichkeit zu eröffnen, im Nationalrathe ebenfalls vertreten zu werden, wird der Vorschlag gemacht, den Kanton Freiburg in drei Wahlkreise einzuteilen, nämlich in einen südlichen,
bestehend aus den Bezirken Greyerz, Veveyse und Glane; in einen mittlern, bestehend aus den Bezirken Sense, Saane (ohne Freiburg und Belfaux) und Broye (ohne Dompierre), und in einen nördlichen Wahlkreis, bestehend aus dem Seebezirke, der Stadt Freiburg und den Kreisen Belfaux und Dompierre.

328 Endlich verlangt eine Versammlung von Delegirte der konservativen Partei des Kantons S o l o t h u r n , daß der leztere, der bisanhin einen einzigen Nationalrathswahlkreis gebildet hat, in vier Wahlkreise abgetheilt werde, um der kantonalen Opposition, welche sich aus konservativen und liberal-unabhängigen Elementen zusammenseze und einen Drittheil der Bevölkerung betrage, eine Vertretung im Nationalrathe möglich zu machen. Zur Erreichung" dieses Zwekes werden vier Kreise, zu je einem Vertreter, in Vorschlag gebracht, ,, nämlich I. Kreis, bestehend aus den Amteien Solothurn und Lebern; II. Kreis, bestehend aus den Amteien Ölten und Gösgen ; III. Kreis, bestehend aus den Amteien DorneckThierstein und Balsthal-Thal ; IV. Kreis, bestehend aus den Amteien Bucheggberg, Kriegstetten und Balsthal-Gäu.

Indem wir. auch bezüglich dieser Eingaben den Standpunkt festhalten, der in unserer Botschaft vom 25. Februar dargelegt ist?

haben wir keine Veranlaßung, dermalen in eine nähere Prüfung jener Eingaben einzugehen oder Abänderungen an dem Entwurf zu einem Bundesgesez über die Wahlen in den Nationalrath vorzuschlagen.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer vollkommensten Hochachtung.

B e r n , den 29. März 1881.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der Bundespräsident: Droz.

Der Kanzler der Eidgenoßenschaft : Schieß.

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Nachtrag zu der unterm 25. Februar 1881 erstatteten Botschaft des Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend die Wahlen in den Nationalrath. (Vom 29. März 1881.)

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